Zusatzvertrag zwischen dem Kanton Schwyz, den Bezirken Einsiedeln und Höfe sowie den Schweizerischen Bundesbahnen SBB AG über die Steuerung des Sihlsees bei Hochwassergefahr
SRSZ 1.2.2024 1 sowie den Schweizerischen Bundesbahnen SBB AG über die Steuerung des Sihlsees bei Hochwassergefahr 1 (Vom 15. März 2023 )
1. Gegenstand der Vereinbarung
1.1 Basierend auf der Etzelwerk - Konzession betreibt die Konzessionärin in
Altendorf ein Elektrizitätswerk zur Produktion von Bahnstrom.
1.2 Die vorliegende Vereinbarung regelt Art und Umfang der Massnahme n im
Interesse des Hochwasserschutzes und die Entschädigungspflicht gemäss Ziffer 20 der Etzelwerkkonzession. Die Massnahmen im Interesse des Hoch- wasserschutzes haben zum Ziel, das Hochwasserrisiko, insbesondere das Ri- siko an Personen - und Sachschäden durc h Hochwasser entlang der Sihl zu reduzieren. Alle Massnahmen müssen im Sinne des Hochwasserschutzes verhältnismässig sein.
1. 3 In der Etzelwerk - Konzession ist festgelegt:
a. Ziffer 20.1. Die Parteien gehen davon aus, dass das Etzelwerk und sein Betrieb die Hochwassergefährdung insbesondere der Unterlieger gegenüber dem Zustand vor der Erstellung des Etzelwerks nicht verschlechtern. Ändern die Parteien diese Beurteilung der Hochwassergefährdung, insbeson- dere, weil sich die tatsächlichen Verhältnis se ändern, oder weil neue Erkenntnisse vorliegen, vereinbaren sie Massnahmen zur Verbesserung der Hochwassersicherheit, die der Verursacher trägt. b. Ziffer 20.2. Jeder Konzedent kann die Konzessionärin auffordern, verhältnismässige Massnahmen im In teresse des Hochwasserschutzes zu treffen, insbe- sondere den Seespiegel innert einem bestimmten Zeitraum auf eine be- stimmte Kote abzusenken. c. Ziffer 20.3. Die Parteien, seitens der Konzedenten insbesondere die Bezirke Einsie- deln und Höfe, regeln das Weitere, insbesondere auch die Entschädi- gungspflicht für die Absenkung des Seespiegels im ZUSATZVERTRAG über die Steuerung des Sihlsees bei Hochwassergefahr.
2. Grundlagen
[1] Etzelwerk - Konzession vom 1. Januar 2023. [2] Etzelwerk AG / Stauanlage Sihlsee; Wehrreglement V1.0 vom 23.2.2018 [3] Scherrer (2020) Ergänzung zum « Factsheet Sihlsee » hinsichtlich der verwendeten Niederschlag - Szenarien in Scherrer AG (2013) und WSL (2014) vom Juli 2020 [4] Scherrer (2013) Hochwasser Hydrologie der Sihl (12/159) [5] WSL (2018) Einfluss des Sihlsees auf den Abfluss der Sihl, Nachrech- nungen mit PR EVAH [6] SBB (2020) Factsheet «Hochwasserschutz Sihl/Egg, Schwammwirkung Moorfläche ohne Sihlsee» vom 14. Mai 2020
2
11.1.2019 (mit Stellungnahmen SBB vom 14 Mai 2020 un d Scherrer
vom Juli 2020 ) [8] TK Consult AG (2021), Fliesszeiten Sihl, vom 14.12.2021 SRSZ 1.2.2024
3. Hochwasserabflüsse und Haftung
3.1 Als massgebende Hochwasser (Basis ohne Stauanlage) werden folgende Ab-
flüsse definiert: Wiederkehrperiode in Jahren Natürlicher Abfluss bei In den Schlagen in m 3 /s
10 160
30 200
100 260 (300) (320) Länge der vorliegenden Datenreihe gemäss gängiger Hochwassersta t istik ungenügend Tabelle 1 Massgebende Abflüsse
3.2 Die Abflüsse gemäss Tabelle 1 entsprechen den Hochwasserabflüssen vor
dem Bau des Stausees.
3.3 Für den Hochwasserschutz im Unterlauf gelten die Schutzziele gemäss Na-
turgefahrenstrategie des Kantons Schwyz. Die SBB muss sich an den bauli- chen Massnah men nicht beteiligen.
3.4 Die Haftung der Parteien richtet sich nach dem Gesetz.
3.5 Bei Wehrabflüssen grösser als 260 m
3 /s (natürliches Hochwasser mit einer Wiederkehrperiode von 100 Jahren, vgl. Ziffer 3.1) hält die SBB die Unter- lieger schad los, sofern der Abfluss aufgrund der Bewirtschaftung des Sihlsees grösser ist, als die massgebenden Hochwasserabflüsse ohne Stau- see. Die Beweispflicht liegt bei der SBB.
4. Wehrreglement und aktive Sihlseesteuerung
4.1 Das Wehrreglement regelt die Han dhabung der Entlastungs - und Ablassvor-
richtungen der Stauanlage Sihlsee im Falle eines Hochwassers. Die vorlie- gende Vereinbarung ergänzt das Wehrreglement. Grundlage ist das Wehrreg- lement von 2018 mit der aktiven Sihlseesteuerung.
4.2 Die aktive Sihls eesteuerung steuert den Abfluss aus dem Sihlsee bei einem
Hochwasser unter Einbezug der Abflüsse von Alp und Biber. Ziel ist es, den Abfluss von Sihl, Alp und Biber im Gebiet „Dreiwässern“ auf max. 220 m 3 /s zu limitieren. Während der Abfluss von Alp und Bi ber nicht beeinflusst wer- den kann, ist der Überlauf bei der Staumauer In den Schlagen regulierbar. Die aktive Sihlseesteuerung ist beizubehalten. Der Betrieb, die Instandhal- tung, die Instandstellung und ein allfälliger Rückbau der Anlageteile der aktiven S ihlseesteuerung gehen zulasten der SBB.
SRSZ 1.2.2024 3 ziel bei 889.34 m.ü.M bewirtschaftet.
4.4 Der Normalbetrieb gemäss Wehrreglement 2018 wird eingestellt, wenn
a. der Sihlsee ober halb einer Kote von 888.70 m.ü.M mit einer Geschwin- digkeit von mehr als 2 cm innerhalb einer halben Stunde ansteigt. ln diesem Fall tritt die vorsorgliche Entlastung (Phase 1 gemäss Wehrreg- lement, Ziff. 6.1ff) in Kraft. b. der Sihlsee über das Stauzie l (889.34 m. ü. M) steigt, und es tritt Phase
2 gemäss Wehrreglement Ziff. 6.2.2 in Kraft. Die Entlastung wird unter Einhaltung der 3 - Wässernbedingung erhöht, mit dem Ziel, den Seestand wieder auf das Stauziel (889.34 m.ü.M) zu bringen. c. der Seestan d 889.59 m.ü.M. übersteigt, und es tritt die Phase 3 Stau- anlagensicherheit in Kraft. Die Entlastung erfolgt gemäss Regulierta- belle des Wehrreglements. In dieser Phase nimmt die Entlastungsmenge bei einem Pegelanstieg aufgrund der Stauanlagensicherheit star k zu. Die
3 - Wässernbedingung wird nicht mehr eingehalten. Um das Hochwasser- risko entlang der Sihl zu minimieren, ist die Phase 3 möglichst zu ver- meiden.
4.5 Einstellung des Normalbetriebs aufgrund von Prognosen
Bei Prognosen, die ohne vorsorgliche Entlastung einen Seestand über
889.59 m.ü.M voraussagen, tritt eine vorsorgliche Entlastung gemäss dieser
Vereinbarung (Ziffer 5) in Kraft.
5. Seeabsenkung bei Hochwassergefahr und Entschädigung
5.1 Die Konzessionärin verpflichtet sich, die Entwicklung der Zuflüsse, des See-
pegels und des Wehrabflusses durch geeignete, dem neusten Stand der Technik entsprechende Werkzeuge vorherzusagen.
5.2 Ergibt eine Dreitagesprognose, trotz 100% Turbineneinsa tz und Verzicht auf
einen Pumpeinsatz, einen Pegelanstieg von über 889.59 m.ü.M., ist der See vorsorglich abzusenken. Der Umfang der Vorabsenkung hat das Ziel, die Phase 3 des Wehrreglements zu vermeiden.
5.3 Während der Seeabsenkung bei Hochwasserg efahr aufgrund dieser Verein-
barung dürfen weder die Bevölkerung gefährdet werden noch grössere Schä- den entstehen. Dazu gilt es insbesondere zu beachten, dass sich die Wel- lenform mit zunehmender Gewässerlauflänge verändern kann, wenn grössere Abflüsse – auf grund der höheren Fliessgeschwindigkeit – die kleineren Ab- flüsse einholen und es dadurch zu einem Anstieg der Abflussänderungsraten Richtung Zürich kommen kann (=Aufstellen der Schwallfront ) . Die Entlas- tung über die Entlastungs - und Ablassvorrichtungen hat maximal auf Basis folgender Vorgaben zu erfolgen, unter Vorbehalt anderslautender Regelun- gen gemäss Wehr - oder Notfallreglement: Entlastungsmenge Max. Änderung der Entlas- tungs - menge
4 > 100 m 3 /s 1.0 m 3 /s pro Minute Tabelle 2 Rückgangsrate gemäss Wehrreglement
5.4 Der Abfluss an der Staumauer in den Schlagen im Rahmen der Vorabsen-
kung im Sinne von Zif fer 5.2 darf maximal 150 m 3 /s betragen.
5.5 Entstehen aufgrund der Entlastungen gemäss 5.2 bei der Energieprod uktion
Verluste, sind diese von den Vertragspartnern (Kanton Schwyz und Bezirke Einsiedeln und Höfe) nicht zu entschädigen.
5.6 Werden die Voraussetzungen für Entschädigungszahlungen in der Bundes-
gesetzgebung so angepasst, dass Energieverluste im Si nne von Entlastungen von Speicherseen zu Gunsten des Hochwasserschutzes entschädigungsbe- rechtigt werden, wird die Konzessionärin ihre Ansprüche anmelden. Die Ver- tragsparteien sichern der Konzessionärin ihre Unterstützung im Rahmen ih- rer Möglichkeiten und K ompetenzen zu, z.B. bei der Integration der Vorab- senkung beim planerischen Hochwasserschutz und bei der Anmeldung von Bundesbeiträgen.
5.7 Können künftig mittels «einfachen» Mitteln Personen im Bereich der Sihl
gezielt informiert bzw. alarmiert werd en (z.B. Cell Broadcast), prüfen der Kanton Schwyz bzw. die Bezirke zusammen mit dem Werksbetreiber deren Einsatz. Der Kanton Schwyz stellt im Anwendungsfall die überkantonale Ko- ordination der Massnahme sicher.
6. Vereinbarungsdauer und - übertragung
6.1 Die vorliegende Vereinbarung gilt bis zum Ablauf der Etzelwerk - Konzession
am 31. Dezember 2102.
7. Mitteilungspflicht gegenüber Dritten
7.1 Für die Seeabsenkung bei Hochwassergefahr gemäss Ziffer 5 gilt die Mittei-
lungspflicht gemäss Notfallreglem ent Etzelwerk AG / Stauanlagen Sihlsee.
7.2 Es ist eine Kontaktstelle zu definieren und allen involvierten Parteien be-
kannt zu geben.
8. Schriftlichkeit
Abschluss, Änderungen und Ergänzungen der vorliegenden Vereinbarung und ihrer Bestandteile bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Schriftform, der Ge- nehmigung der Kantone Zürich und Zug sowie der Unterzeichnung durch die schwyzerischen Parteien und die SBB.
9. Inkrafttreten 2
9.1 Diese Vereinbarung tritt nach Eintreten folgender Bedingungen in Kraft:
a. nach Unterzeichnung durch den Kanton Schwyz, den Bezirk Einsiedeln, den Bezirk Höfe sowie die SBB, b. nach Eintritt der Rechtskraft der neuen Konzession u nd
SRSZ 1.2.2024 5 Hochwasserfall » zwischen Kanton Zürich und der Etzelwerk AG vom
08.01.2016.
10. Ausfertigungen
10.1 Die vorliegende Vereinbarung wird 5 - fach ausgefertigt. Der Bezirk Einsie-
deln, der Bezirk Höfe, der Kanton Schwyz, die Etzelwerk AG und die SBB erhalten je ein vollständig unterzeichnetes Exemplar.
10.2 Die weiteren Konzedenten Kanton Zug und der Kanton Z ürich erhalten je
eine Kopie der Vereinbarung.
1 GS 27 - 16b.
2 1. Januar 2023 (Abl 2023 2018).
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