Gesetz über den Zivilprozess
262.1 Gesetz über den Zivilprozess (Zivilprozessordnung) vom 20. Oktober 1999 1 Der Landrat von Nidwalden, gestützt auf Art. 60 und 67 der Kantonsverfassung, beschliesst: I. ALLGEMEINE BESTIMMUNG
Art. 1 Dieses Gesetz regelt die Zuständigkeit und das Verfahren der Zivilrechtspflege, soweit nicht besondere Vorschriften eine Ausnahme begründen. II. GERICHTE A. Zuständigkeit 1. Allgemeines
Art. 2 Die Rechtspflege nach Art. 1 üben die im Gerichtsgesetz 2
bezeichneten Behörden der Zivilgerichtsbarkeit aus.
Art. 3 Die vorliegenden Bestimmungen über die Zuständigkeit finden keine Anwendung, soweit Bundesrecht oder kantonales Recht etwas anderes bestimmen.
Art. 4 Die Zuständigkeit des Gerichtes bestimmt sich nach den Verhältnissen zur Zeit des Eintrittes der Rechtshängigkeit der Klage oder der Einreichung des gemeinsamen Scheidungsbegehrens. 2. Örtliche Zuständigkeit
Art. 5 15
Die örtliche Zuständigkeit der Gerichte in Zivilsachen des Bundesrechts und des kantonalen Rechts richtet sich nach dem Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen (Gerichtsstandsgesetz; GestG) 3 . Vorbehalten bleibt Art. 1 Abs. 2 des Gerichtsstandsgesetzes 3 Konkurs (SchKG) 4
Art. 6 15
Art. 19 3. Sachliche Zuständigkeit Hinweis auf das Gerichtsgesetz Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte richtet sich nach dem Gerichtsgesetz 2
.
Art. 20 Wegfall des Vermittlungsversuches In folgenden Fällen findet kein Vermittlungsversuch vor dem Friedensrichteramt nach Art. 12 Gerichtsgesetz 2
statt: 1. bei Zuständigkeit des Kantonsgerichtspräsidiums, mit Ausnahme der Fälle nach Art. 13 Abs. 2 Ziff. 2 Gerichtsgesetz 2 ; 2. bei Streitigkeiten, in denen vor Klageeinreichung ein Verfahren betreffend die Erteilung des Armenrechtes an die Klägerschaft durchgeführt wurde; 3. bei Ehestreitigkeiten; 3a. bei Streitigkeiten aus eingetragener Partnerschaft; 4. bei Interventions- und Regressklagen nach Art. 44-46; 5. in den von Gesetzes wegen in beschleunigtem oder summarischem Verfahren zu führenden Prozessen,
ausgenommen, wenn ein Vermittlungsversuch ausdrücklich vorgeschrieben ist; 6. bei Streitigkeiten aus dem Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, mit Ausnahme der Klagen nach Art. 79, 86, 186, 187 und 273 SchKG 4 ; 7. in den Fällen gemäss Art. 4 des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch 5 ; 8. bei Wohnsitz der beklagten Partei im Ausland, sofern die Vorladung nicht innert angemessener Frist erfolgen kann; 9. in den weiteren in der Gesetzgebung vorgesehenen Fällen.
Art. 21 Streitwert 1. Geldleistung Geht die Klage auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme, wird der Streitwert durch die Rechtsbegehren der Klage bestimmt.
Art. 22 2. übrige Ansprüche Hängt die Zuständigkeit des Gerichtes vom Wert des Streitgegenstandes ab und geht die Klage nicht auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme, hat die Klägerschaft in der Klage den Streitwert in einer Geldsumme anzugeben oder zu erklären, welches Gericht sie in letzter Instanz als zuständig erachtet. Sind die Parteien über den Wert des Streitgegenstandes uneinig oder wird der Wert offensichtlich unrichtig angegeben, ist er nach richterlichem Ermessen festzulegen, nötigenfalls unter Zuziehung von Sachverständigen.
Art. 23 3. Klagehäufung, Widerklagen, periodische Leistungen Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche (Klagehäufung) werden zusammengerechnet, soweit sie sich nicht gegenseitig ausschliessen. Bei Klage und Widerklage bestimmt der höhere Streitwert die Zuständigkeit des Gerichtes; fällt jedoch die Klage in die Zuständigkeit des Friedensrichteramtes, des Kantonsgerichtspräsidiums oder der Kleinen Kammer des Kantonsgerichts, ist eine über deren Zuständigkeit hinausgehende Widerklage unstatthaft. Bei jährlich und mit unbestimmter Dauer wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen gilt, wenn sich der Streit auf die Leistungspflicht als solche, nicht nur auf einzelne Leistungen bezieht, der zwanzigfache Betrag der einjährigen Nutzung oder Leistung, bei anderen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen der Kapitalwert.
Art. 24 4. Nebenleistungen Bei Ausmittlung des streitigen Betrages sind Zinsen, Früchte, Kosten und dergleichen unberücksichtigt zu lassen, soweit sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.
Art. 25 5. übersetzter Streitwert Wird der Streitwert von einer Partei offensichtlich übersetzt angegeben, hat sie nach Ermessen des Gerichtes für die daraus entstehenden Mehrkosten aufzukommen, ohne Rücksicht auf den Ausgang des Prozesses. B. Rechtshilfe
Art. 26 Kantonale Gesuche Ausserhalb des Kantons können nidwaldnerische Gerichtsbehörden Amtshandlungen mit Bewilligung der zuständigen ausserkantonalen Behörden vornehmen.
Art. 27 Auswärtige Gesuche Das Kantonsgerichtspräsidium erledigt Rechtshilfegesuche auswärtiger Gerichte. Die Rechtshilfegesuche ausländischer Behörden können abgelehnt werden, wenn die Rechtshilfe in fiskalischen, militärischen oder politischen Angelegenheiten nachgesucht wird, oder wenn die Gewährung der Rechtshilfe gegen den ordre public verstösst sowie wenn feststeht, dass der ausländische Staat nicht Gegenrecht hält. Für Amtshandlungen auf dem Gebiet des Kantons haben die Behörden anderer Kantone eine Bewilligung des Kantonsgerichtspräsidiums einzuholen. Es können auch Amtshandlungen ausländischer Behörden bewilligt werden, wenn die zuständige Bundesbehörde ihre Zustimmung erteilt. C. Aufsicht
Art. 28 Hinweis auf das Gerichtsgesetz Die Aufsicht über die Gerichte üben die im Gerichtsgesetz 2
Art. 29 Beschwerde 1. Zulässigkeit und Zuständigkeit Wegen Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung der Gerichtsbehörden sowie wegen andern Verletzungen von Amtspflichten kann bei der zuständigen Aufsichtsbehörde Beschwerde geführt werden. Vorbehalten bleibt die Pflicht der Aufsichtsbehörden, gegen Missstände von Amtes wegen einzugreifen.
Art. 30 2. Verfahren Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid oder eine bestimmte Handlung, ist sie binnen 20 Tagen seit der Mitteilung oder Kenntnisnahme einzureichen; in andern Fällen ist sie so lange zulässig, als ein rechtliches Interesse der beschwerdeführerischen Partei besteht. Die Beschwerde ist schriftlich einzureichen und hat einen Antrag und eine Begründung zu enthalten. Wenn sie sich nicht sofort als unbegründet erweist, wird sie dem betroffenen Gericht oder der betroffenen Mitarbeiterin beziehungsweise dem betroffenen Mitarbeiter zur Vernehmlassung und weiteren beteiligten Personen zur schriftlichen Beantwortung zugestellt. Der Sachverhalt wird von Amtes wegen untersucht; im Übrigen finden die Vorschriften dieses Gesetzes, insbesondere über das Beweisverfahren, sinngemäss Anwendung. D. Geschäftsordnung und Kanzlei
Art. 31 Geschäftsverzeichnis, Leitung der Geschäfte Das Präsidium des Gesamtgerichts nimmt die eingehenden Akten in Empfang und führt das Geschäftsverzeichnis. Die Vorsitzende oder der Vorsitzende bestimmt die Reihenfolge der zu beurteilenden Geschäfte; dabei besitzen die im beschleunigten Verfahren zu erledigenden Streitsachen die Priorität, und ferner gehen in der Regel die früher eingereichten Klagen den späteren vor.
Art. 32 Kanzlei Die Gerichtsschreiberinnen oder Gerichtsschreiber besorgen die Führung der Gerichtsprotokolle, die Abfassung der Entscheidungen sowie die übrigen Kanzleigeschäfte. Das Präsidium des Gesamtgerichts führt die Aufsicht über die Kanzlei.
Art. 33 Geschäftsordnung der Gerichte, Weisungen Die Gesamtgerichte können in einer Geschäftsordnung Bestimmungen über Fragen der internen Organisation, der Gerichtskanzlei usw. sowie Weisungen in prozessualen Fragen erlassen. III. PARTEIEN A. Prozessfähigkeit und Parteivertretung
Art. 34 Prozessfähigkeit 1. Grundsatz Jede nach Zivilrecht handlungsfähige Person kann ihre Rechte vor den Gerichten selbst verfolgen.
Art. 35 2. Handlungsunfähigkeit Handlungsunfähige Personen werden durch ihre Vormundin oder ihren Vormund beziehungsweise die Inhaberin oder den Inhaber der elterlichen Sorge vertreten. Zur selbständigen Prozessführung sind urteilsfähige unmündige oder in ihrer Handlungsfähigkeit beschränkte Personen befugt bei Streitigkeiten über Rechte, die ihnen um ihrer Persönlichkeit willen zustehen (wie die Handlungsfähigkeit, Verehelichung und Scheidung beziehungsweise Begründung und Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft mit Ausnahme der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung), und über Rechtsgeschäfte, die sie nach den Bestimmungen des Privatrechtes selbständig vornehmen können. 18
Art. 36 3. faktische Unfähigkeit
Ist eine Partei offensichtlich unfähig, ihre Rechtssache gehörig zu führen, kann sie vom Gericht unter Ansetzung einer angemessenen Frist zur Bestellung einer Rechtsvertretung verpflichtet werden. Erscheint eine vormundschaftliche Vertretung für geboten, macht das Gericht der Vormundschaftsbehörde Anzeige.
Art. 37 Parteivertretung 1. allgemein Wer für einen andern gerichtliche Handlungen vornehmen will, bedarf einer schriftlichen Vollmacht oder eines Ausweises als gesetzliche, statutarische oder vertragliche Vertretung; fehlen Vollmacht oder Ausweis, oder sind sie mangelhaft, ist der Vertretung eine Notfrist zur Beibringung oder Ergänzung anzusetzen. Das persönliche Erscheinen einer handlungsfähigen Partei neben ihrer Vertretung gilt für diese als genügende Vollmacht. Juristische Personen und Handelsgesellschaften werden durch ihre gesetzlichen oder statutarischen Organe vertreten. Der Entzug der Vollmacht und die Niederlegung des Mandates sind dem Gericht und der Gegenpartei sofort anzuzeigen. Bezüglich des Rechtes zur vertraglichen Vertretung der Parteien vor den Gerichten bleibt Art. 60 des Gerichtsgesetzes 2 und die besondere Gesetzgebung hiezu vorbehalten.
Art. 38 2. Umfang Die Prozessvollmacht erstreckt sich, sofern sie keine Einschränkung enthält, auf alles was auf Anhebung und Durchführung eines Prozesses sowie auf Vollstreckung des Urteils Bezug hat. Für die Bestellung einer anderen Vertretung, zum Abschluss eines Vergleiches, zur Anerkennung oder zum Rückzug der Klage und zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung bedarf es einer ausdrücklichen Ermächtigung. Der Entzug der Vollmacht und die Niederlegung des Mandates sind dem Gericht und der Gegenpartei sofort anzuzeigen.
Art. 39 Mängel Der Mangel der Prozessfähigkeit sowie der Parteivertretung ist in jedem Stadium des Verfahrens von Amtes wegen zu berücksichtigen. Kann der Mangel beseitigt werden, darf an ihn nur dann eine nachteilige Rechtsfolge geknüpft werden, wenn er nicht binnen einer anzusetzenden Frist behoben wird. B. Streitgenossenschaft
Art. 40 Grundsatz Mehrere Personen, die in der Gemeinschaft eines Rechtes oder einer Verbindlichkeit stehen, können als Streitgenossenschaft klagen oder belangt werden.
Art. 41 Notwendige Streitgenossenschaft Soweit nach materiellem Recht die Klage nur von mehreren Klägerinnen oder Klägern gemeinsam oder nur gegen mehrere Beklagte gemeinsam erhoben werden kann, liegt eine notwendige Streitgenossenschaft vor.
Art. 42 Einfache Streitgenossenschaft Mehrere Personen können auch dann als Streitgenossenschaft klagen oder eingeklagt werden, wenn es sich um gleichartige Rechtsansprüche handelt, die sich im Wesentlichen auf die gleichen Tatsachen und Rechtsgründe stützen. Das Gericht kann jederzeit die Trennung des Rechtsstreites in mehrere Prozesse anordnen, wenn sich ansonsten das Verfahren zu weitläufig gestalten würde.
Art. 43 Prozessführung Bei Bestehen einer Streitgenossenschaft wird unter Vorbehalt von Art. 42 Abs. 2 der Rechtsstreit für alle Streitgenossinnen oder Streitgenossen gemeinsam und in einem Verfahren und Urteil erledigt. Wenn nicht eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt, kann jede Streitgenossin oder jeder Streitgenosse den Prozess unabhängig von den andern führen; auch in diesem Falle wird über den Streitgegenstand in einem einzigen Urteil entschieden.
C. Intervention
Art. 44 Hauptintervention Dritte, die am Streitgegenstand ein besseres, beide Parteien ganz oder teilweise ausschliessendes Recht zu haben glauben, können dieses in jeder Lage des Rechtsstreites und bis zu dessen Entscheidung durch eine gegen beide Parteien gerichtete Klage bei jenem Gerichte geltend machen, vor welchem der Prozess erstinstanzlich anhängig gemacht worden ist. Das Gericht, bei welchem der Prozess anhängig ist, kann alsdann nach freiem Ermessen den Prozess bis zum rechtskräftigen Entscheid der Interventionsklage sistieren; die beiden Prozesse können auch, sofern sie vor der gleichen Instanz anhängig sind, vereinigt und im gleichen Urteil erledigt werden.
Art. 45 Nebenintervention Dritte, deren Rechte oder Verbindlichkeiten von dem streitigen Recht abhängen, dürfen sich der betreffenden Partei zur Unterstützung jederzeit als Nebenintervenientin oder Nebenintervenient anschliessen, ungeachtet dessen, ob die Partei selbst den Prozess fortsetzt oder Rechtsmittel ergreift; Dritte müssen den Streit in der Lage aufnehmen, in welcher sie ihn finden. Dritte können zugunsten der unterstützten Partei Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen und Rechtsmittel selbstständig ergreifen; das Vorgebrachte gilt als von der Hauptpartei erklärt, soweit es von ihr nicht ausdrücklich bestritten wird oder mit ihrer Prozesshandlung in Widerspruch steht. D. Regress
Art. 46 Streitverkündung Eine Partei, die für den Fall eines ungünstigen Ausganges des Rechtsstreites Ansprüche auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen Dritte geltend machen will oder den Anspruch von Dritten befürchtet, kann bis zur rechtskräftigen Erledigung des Prozesses Dritten den Streit verkünden. Der Streit ist Dritten so rechtzeitig zu verkünden, dass ihnen ermöglicht wird, ihre Rechtsvorkehren binnen nützlicher Frist zu treffen. Dritte sind zu weiterer Streitverkündung berechtigt.
Art. 47 Beteiligung Dritter Dritte haben im Prozess die gleiche Stellung wie die Nebenintervenientinnen oder die Nebenintervenienten. Es ist Sache der streitverkündenden Partei, Dritte über den Stand des Prozesses zu unterrichten; dieser darf durch den Beitritt Dritter nicht verzögert werden. Die Hauptpartei kann die Fortsetzung des Prozesses Dritten auf deren Kosten überlassen; der Endentscheid lautet gleichwohl auf den Namen der Hauptpartei. E. Parteiwechsel
Art. 48 Grundsatz Ein Parteiwechsel ist unter Vorbehalt der Bestimmungen über die Gesamtnachfolge sowie von Art. 72 Abs. 2 Ziff. 1 nur mit Zustimmung aller bisherigen Parteien zulässig. Die Partei nimmt den Prozess in der Lage auf, in der sie ihn vorfindet. IV. ALLGEMEINE VERFAHRENSBESTIMMUNGEN A. Allgemeines
Art. 49 Hinweis auf das Gerichtsgesetz Für die Gerichtsverhandlungen sind die einschlägigen allgemeinen Bestimmungen nach Art. 45 ff., 49 und 61 f. Gerichtsgesetz 2 B. Rechte und Pflichten des Gerichtes
Art. 50 Prozessleitung 1. allgemein Das Gericht prüft von Amtes wegen die Prozessvoraussetzungen in jedem Prozessstadium.
Zur Verbesserung behebbarer Mängel wird das Geeignete durch Entscheide vor oder in der Verhandlung vor Gericht angeordnet. Die Vorsitzende oder der Vorsitzende leitet das Prozessverfahren und hat dafür zu sorgen, dass den gesetzlichen Vorschriften und den richterlichen Anordnungen Folge geleistet und der Prozess möglichst rasch zu Ende geführt wird. Die Prozessleitung kann den Prozess jederzeit in mehrere Verfahren trennen oder mehrere getrennt eingereichte Verfahren zu einem Prozess vereinigen.
Art. 51 2. im Besonderen Die Prozessleitung weist unordentlich ausgefertigte oder nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Klageschriften unter Ansetzung einer angemessenen Frist zur Einreichung einer verbesserten Klageschrift zurück; bei Einreichung der verbesserten Klageschrift binnen Frist gilt für den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Eingang der ersten Klageschrift. Wird binnen der gesetzten Frist der Mangel nicht behoben, wird die Klageschrift als nicht eingereicht betrachtet. Andere Rechtsschriften, die den gesetzlichen Anforderungen nicht genügen, sind zur Verbesserung binnen der gesetzlichen Fristen zurückzuweisen, sofern der Mangel sofort erkennbar ist und fristgerecht behebbar ist.
Art. 52 3. Delegation Anstelle der Vorsitzenden oder des Vorsitzenden kann durch das Gericht ein anderes Mitglied des Gerichtes mit der Prozessleitung betraut werden.
Art. 53 Verhandlungsgrundsatz und Bindung an die Parteianträge Das Gericht hat unter Vorbehalt des Offizialverfahrens seine Entscheide in tatsächlicher Hinsicht auf die Sachverhaltsdarstellung und die Ergebnisse der von den Parteien beantragten Beweise zu stützen. Es kann jedoch jederzeit zur weiteren wahrheitsgemässen Aufklärung der Sache die Parteibefragung durchführen; es kann weitere ihm notwendig erscheinende Beweisverfügungen treffen und die Parteien auf unzulängliche Rechtsbegehren und auf unzulängliches Vorbringen aufmerksam machen. Das Gericht darf einer Partei weder mehr noch etwas anderes zusprechen, als sie selbst verlangt, noch weniger, als die Gegenpartei anerkannt hat.
Art. 54 Rechtliches Gehör Den Parteien ist nach Massgabe der gesetzlichen Vorschriften das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Sie können im Rahmen des ordentlichen Geschäftsganges in die Protokolle und Akten Einsicht nehmen und sich gegen Bezahlung der Kosten Auszüge erstellen lassen.
Art. 55 Rechtsanwendung Das Gericht hat von Amtes wegen zu prüfen, ob einheimisches oder fremdes Recht anzuwenden ist. Es hat das einheimische Recht von Amtes wegen zur Anwendung zu bringen, fremdes aber nur, wenn dessen Bestand und Inhalt durch die Partei, die sich darauf beruft, nachgewiesen wird, oder wenn das Gericht von dessen Inhalt sicher Kenntnis besitzt; vorbehalten bleibt das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht 12
.
Art. 56 Gütliche Beilegung Das Gericht kann jederzeit eine gütliche Beilegung des Prozesses versuchen.
Art. 57 Sistierung Die Prozessleitung sistiert das Verfahren auf Antrag der Parteien oder von Amtes wegen: 1. in den von der Gesetzgebung besonders bestimmten Fällen; 2. aus Gründen der Zweckmässigkeit, insbesondere, wenn das Urteil von der Entscheidung in einem andern hängigen Zivil- oder Strafverfahren beeinflusst werden kann; 3. im Einverständnis der Parteien. Gegen die Verfügung der Prozessleitung kann Rekurs an das Gericht erhoben werden. Die Sistierung auf unbestimmte Zeit fällt nach Ablauf eines Jahres dahin, sofern sie nicht wegen besonderer Gründe
durch neuen Entscheid verlängert wird. C. Zeitbestimmung, Säumnis, Vorladungen und Zustellungen
Art. 58 Zeitbestimmung 1. allgemein Das Gericht bestimmt nicht gesetzlich festgelegte Termine und Fristen.
Art. 59 2. Verschiebung und Erstreckung Das Gericht verschiebt den Termin oder erstreckt eine nicht zwingende Frist nur, wenn wichtige Gründe glaubhaft gemacht werden.
Art. 60 3. Vorladungsfrist Die Parteien beziehungsweise deren Vertretungen sind in der Regel zu Hauptverhandlungen wenigstens 14 Tage, zu andern Terminen wenigstens sieben Tage vor dem angesetzten Zeitpunkt vorzuladen. Für Vorladungen an andere Personen kann das Gericht die Frist ausnahmsweise verkürzen.
Art. 61 Säumnis 1. versäumter Termin Ein nicht eingehaltener Termin gilt unter Vorbehalt von Art. 59 eine Viertelstunde nach der in der Vorladung angesetzten Zeit als verwirkt.
Art. 62 2. Säumnisfolgen Bleibt eine Partei aus oder nimmt sie eine Prozesshandlung nicht vor, treten die im Gesetz oder die in der richterlichen Verfügung angedrohten Folgen ein.
Art. 63 3. Wiedereinsetzung a) Gründe Gegen einen Rechtsnachteil, der durch die Versäumnis einer gesetzlichen oder richterlichen Frist entstanden ist, kann sich die säumige Partei wieder in den vorherigen Stand einsetzen lassen, wenn sie und deren Vertretung an der Versäumnis kein Verschulden trifft, insbesondere, wenn ohne Schuld weder sie noch ihre Vertretung von der Zeitbestimmung Kenntnis erhielt beziehungsweise die Kenntnisgabe so spät erfolgte, dass die Einhaltung der Frist unmöglich war.
Art. 64 b) Verfahren Das Wiedereinsetzungsgesuch ist samt Begründung binnen zehn Tagen seit Wegfall des Hindernisses beim Gericht, bei dem die Säumnis stattgefunden hat, zu stellen. Erfolgt die Mitteilung durch öffentliche Zustellung, kann die Wiedereinsetzung binnen Monatsfrist seit der Veröffentlichung verlangt werden.
Art. 65 c) Entscheid, Nachholen des Versäumten Das Wiedereinsetzungsgesuch wird vom Gericht nach Anhören der Gegenpartei ohne Parteiverhandlung beurteilt. Wird dem Gesuch entsprochen, kann die Partei die versäumte Prozesshandlung auf richterliche Anordnung hin mit Fristansetzung nachholen; versäumt sie dies, gilt die Wiedereinsetzung als nicht geschehen.
Art. 66 Vorladungen Jede Vorladung hat zu enthalten: 1. Name und Wohnort der Parteien und ihrer Vertretungen; 2. die Angabe der Prozesshandlung, zu der vorgeladen wird; 3. die Festsetzung von Ort und Zeit des Erscheinens; 4. den Hinweis auf die Säumnisfolgen; 5. das Datum und die Unterschrift des vorladenden Gerichts.
Art. 67 Zustellungen 1. allgemein
Die Zustellungen erfolgen nach Art. 57 des Gerichtsgesetzes 2 ; als Boten können Weibelinnen oder Weibel oder kantonale Polizeiangestellte beauftragt werden. Kann die Zustellung nicht persönlich erfolgen, wird das Schriftstück einer erwachsenen Person des Haushaltes mit der Verpflichtung zur Abgabe ausgehändigt.
Art. 68 2. öffentliche Zustellung Eine öffentliche Zustellung erfolgt, wenn trotz sachdienlichen Nachforschungen Wohnort oder Aufenthalt der Adressatin oder des Adressaten unbekannt geblieben sind oder wenn die Zustellung aus anderen Gründen nicht möglich ist. Die öffentliche Zustellung erfolgt im Amtsblatt und nach Ermessen des Gerichts in geeigneten Zeitungen.
Art. 69 3. Zustellungsversuch, Annahmeverweigerung Die Zustellung gilt als rechtmässig erfolgt und ist rechtswirksam, wenn die Adressatin oder der Adressat: 1. die Annahme der amtlichen Sendung ausdrücklich verweigert; 2. nach Einleitung eines Gerichtsverfahrens eine eingeschriebene Sendung nicht binnen der angesetzten Frist abholt; 3. nach Einleitung eines Gerichtsverfahrens längere Zeit vom bisher bekannten Wohnsitz abwesend ist oder die Adresse wechselt, ohne die neue Adresse dem angerufenen Gericht zu melden oder für die Nachsendung besorgt zu sein.
Art. 70 4. Zustellungsdomizil Eine Partei, an die im Inland keine Zustellungen möglich sind, kann verpflichtet werden, in der Schweiz ein Zustellungsdomizil zu bezeichnen. Kommt sie der gerichtlichen Aufforderung nicht nach, kann die Zustellung durch Veröffentlichung im Amtsblatt erfolgen. D. Prozessvoraussetzungen und Rechtshängigkeit
Art. 71 Prozessvoraussetzungen Zur Prozessführung müssen folgende Prozessvoraussetzungen gegeben sein: 1. die Zuständigkeit des Gerichtes; 2. die Zulässigkeit des Prozessverfahrens; 3. die Partei- und Prozessfähigkeit; 4. die Vollmacht der allfälligen Vertretung; 5. das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses.
Art. 72 Rechtshängigkeit Die Rechtshängigkeit tritt mit dem Einreichen der Klage oder des gemeinsamen Scheidungsbegehrens bei dem für die Sache zuständigen Gericht ein. Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen: 1. die Unzulässigkeit jeder Veränderung oder Veräusserung des Streitgegenstandes unter Vorbehalt der Bewilligung durch das Gericht; 2. die Unzulässigkeit der Klageänderung unter Vorbehalt von Art. 53 Abs. 2 und Art. 131 Abs. 2; 3. die Befugnis der beklagten Partei zur Stellung einer Widerklage, auch wenn die Klägerschaft die Klage fallen lassen sollte; 4. die Begründung der Gerichtsbarkeit des zuständigen Gerichtes auch im Fall, dass die sie begründeten Tatsachen sich nachher ändern; 5. die Unterbrechung jeder Ersitzung und Verjährung. E. Arten der Klage
Art. 73 Leistungsklage Die Klage kann auf Geldzahlung, auf Tun, Unterlassen oder Dulden gerichtet sein.
Art. 74 Gestaltungsklage Auf Begründung, Aufhebung oder Änderung eines Rechtsverhältnisses kann geklagt werden, soweit dies das materielle Recht vorsieht.
Art. 75 Feststellungsklage Das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses oder die Leistungspflicht bei erst künftiger Fälligkeit kann zum Gegenstand einer Klage oder Widerklage gemacht werden, wenn die Partei an der Feststellung ein rechtlich schützenswertes Interesse hat. F. Beratung und Beschlussfassung sowie Urteilseröffnung
Art. 76 Beratung und Beschlussfassung Beratung und Beschlussfassung finden in der Regel anschliessend an die Beweiserhebung und an die Parteivorträge statt. Bei der Beratung erhalten zuerst die einzelnen Richterinnen oder Richter das Wort. Die Prozessleitung äussert sich nach ihnen. Das Gericht kann aus seiner Mitte Referentinnen oder Referenten als Antragstellerinnen oder Antragsteller bestimmen; in besonderen Fällen kann das Gericht vor der Beurteilung der Streitsache eine Kommission mit besonderem Auftrag bestellen oder andere notwendige Verfügungen treffen.
Art. 77 Protokoll Als Protokoll über den Verlauf der Gerichtsverhandlungen gilt das ausgefertigte Urteil; verzichten die Parteien auf eine schriftliche Begründung, wird das Verhandlungsprotokoll zu den Akten genommen. In wichtigen Fällen kann das Gericht ausnahmsweise eine vollständige Protokollierung der Gerichtsverhandlung in einem besonderen Protokoll anordnen.
Art. 78 Urteilseröffnung Urteile werden den Parteien durch Zustellung schriftlich eröffnet. Das Gericht kann den Parteien das Urteil vor der Zustellung mündlich eröffnen.
Art. 79 Zustellung 1. Urteilsdispositiv Das Urteil kann den Parteien im Dispositiv zugestellt werden. Die Parteien sind unter dem Hinweis auf Art. 87 Abs. 2 Ziff. 3 darauf aufmerksam zu machen, dass sie binnen zehn Tagen seit der Zustellung des Urteilsdispositivs eine vollständige Ausfertigung des Entscheides verlangen können. Mit der Zustellung des Urteilsdispositivs beginnen die Rechtsmittelfristen noch nicht zu laufen.
Art. 80 2. Urteil Hat eine Partei die vollständige Ausfertigung verlangt, ist der Entscheid den Parteien in der Regel binnen Monatsfrist zuzustellen. Bei Offizialverfahren oder wenn das Urteil von grundsätzlicher Bedeutung ist, bleibt die vollständige Ausfertigung des Entscheides trotz Verzichts vorbehalten. G. Entscheide
Art. 81 Benennung Über die Sache selbst und über die Zulässigkeit eines Sachurteils sowie bei Abschreibung des Prozesses nach Art. 85 wird ein Urteil erlassen. Prozessleitende Entscheide von Kollegialbehörden ergehen als Beschluss, solche von Einzelbehörden als Verfügung.
Art. 82 Arten
1. Endentscheid Sobald der Prozess spruchreif ist, fällt das Gericht den Endentscheid. Es legt ihm den Sachverhalt zu Grunde, wie er in diesem Zeitpunkt besteht.
Art. 83 2. Vor- und Teilentscheid Vorfragen und Einreden werden in der Regel durch den Endentscheid erledigt. Wenn es die Umstände rechtfertigen, kann ein Vor- oder Teilentscheid gefällt werden.
Art. 84 Inhalt Das schriftliche Urteil muss enthalten: 1. als Einleitung: a) den Namen des Gerichtes und der betreffenden Abteilung sowie der urteilenden Richterinnen oder Richter mit Einschluss der Gerichtsschreiberin oder des Gerichtsschreibers; b) die genaue Bezeichnung der Parteien und ihrer Vertretungen; c) die Benennung des Prozessgegenstandes; d) die Rechtsbegehren der Parteien; 2. als Begründung: a) eine gedrängte Darstellung des Sachverhalts; b) die Begründung des Rechtsspruches; 3. als Dispositiv: a) den Rechtsspruch; b) den Hinweis auf die ordentlichen kantonalen Rechtsmittel; c) den Ort und das Datum der Gerichtssitzung sowie die Unterschrift der Prozessleitung und der Gerichtsschreiberin oder des Gerichtsschreibers. Handelt es sich um ein Urteil einer oberen Instanz, kann bezüglich der tatsächlichen Verhältnisse sowie der Entscheidungsgründe auf das Urteil der unteren Instanz Bezug genommen werden.
Art. 85 Prozesserledigung ohne gerichtlichen Sachentscheid 1. Abschreibung Wird die Klage oder das Rechtsmittel zurückgezogen, von der beklagten Partei anerkannt, durch Vergleich erledigt oder gegenstandslos, schreibt die Prozessleitung den Prozess durch Urteil ab; sie legt die Kosten fest, wenn sich die Parteien darüber nicht einigen. Rückzug, Anerkennung und Vergleich werden in den Abschreibungsentscheid aufgenommen und erlangen damit die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils.
Art. 86 2. Vollstreckbarkeit Ein Abschreibungsentscheid ist gleich einem rechtskräftigen Sachentscheid vollstreckbar. Der mit Vorbehalt erklärte einstweilige Prozessabstand berechtigt die Klägerschaft, die Klage später oder in anderer Form wieder einzureichen.
Art. 87 Rechtskraft 1. formelle Endentscheide, gegen die kein Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung gegeben ist, treten in Rechtskraft: 1. mit der Zustellung des begründeten Entscheides; 2. mit der Zustellung des Urteilsdispositivs, wenn die Parteien auf die vollständige Ausfertigung des Entscheides verzichten.
Für Entscheide, die durch ein ordentliches Rechtsmittel weitergezogen werden können, tritt die Rechtskraft ein: 1. wenn die Rechtsmittelfrist unbenützt abläuft, mit dem Ablauf der Frist; 2. wenn die Parteien auf die Einlegung eines Rechtsmittels ausdrücklich verzichten, mit dem Tage des Verzichts; 3. wenn keine Partei die vollständige Ausfertigung des Urteils verlangt, mit dem Ablauf der Frist gemäss Art. 79 Abs. 2; 4. wenn die obere Instanz auf das Rechtsmittel nicht eintritt, mit dem Nichteintretensentscheid; 5. beim Ausbleiben der Partei, die das Rechtsmittel ergriffen hat, mit dem Verwirkungsentscheid der oberen Instanz; 6. wenn das Rechtsmittel zurückgezogen wird, mit dem Tage des Rechtsmittelrückzuges; 7. wenn das Rechtsmittel mangels Zahlung eines Kostenvorschusses dahinfällt, mit Ablauf der Zahlungsfrist. Die Gerichtsschreiberin oder der Gerichtsschreiber derjenigen Instanz, die den Entscheid erlassen hat, ist nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist zuständig, eine Rechtskraftbescheinigung auszustellen.
Art. 88 2. materielle Die Anordnungen und Feststellungen im Dispositiv eines Endentscheides binden die Gerichte in einem späteren Prozess zwischen den gleichen Parteien oder ihren Nachfolgerinnen oder Nachfolgern betreffend die beurteilten Rechte und Pflichten. Ein Endentscheid schafft für einen künftigen Rechtsstreit auch insoweit Rechtskraft, als die beurteilte Rechtsfrage in einem späteren Prozess als Vorfrage erscheint.
Art. 89 Erläuterung 1. Zulässigkeit Wenn der Rechtsspruch eines Entscheides unklar, zweideutig, unvollständig ist oder Widersprüche enthält, können die Parteien bei dem Gerichte, welches den Entscheid erlassen hat, um eine Erläuterung nachsuchen.
Art. 90 2. Verfahren Das Gesuch muss die Mängel bezeichnen und einen Antrag enthalten. Er ist der Gegenpartei unter Ansetzung einer Frist von 10 Tagen zur Vernehmlassung zuzustellen. Wird die Frist nicht benützt, entscheidet das Gericht aufgrund der Akten; Beweismittel, die im früheren Prozess nicht vorlagen, sind ausgeschlossen.
Art. 91 3. Entscheid Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung endgültig. Erachtet das Gericht das Gesuch als begründet, erteilt es die nötige Erläuterung, darf jedoch in keiner Weise auf die Rechtsfrage selbst eintreten. Die Rechtsmittel werden den Parteien neu eröffnet.
Art. 92 Berichtigung Schreib- und Redaktionsfehler sowie blosse Rechnungsirrtümer sind auf Anordnung der Prozessleitung durch die Gerichtsschreiberin oder den Gerichtsschreiber von Amtes wegen zu berichtigen. H. Prozesskosten
Art. 93 Berechnung Die Prozesskosten umfassen die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) sowie die Parteientschädigung und werden gemäss besonderer Gesetzgebung 6
berechnet.
Art. 94 Vorschusspflicht Jede Partei ist verpflichtet, für die gesamten von ihr beantragten Prozesshandlungen die Gerichtskosten vorzuschiessen. Solange eine Partei den verlangten Vorschuss nicht leistet, unterbleibt die Prozesshandlung.
Nichtleistung des Vorschusses binnen der bestimmten Frist gilt als Verzicht auf die betreffende Prozesshandlung, sofern diese Folge ausdrücklich angedroht wurde. Die Prozessleitung entscheidet über die Vorschusspflicht; gegen ihre Verfügung kann Rekurs an das Gericht erhoben werden.
Art. 95 Sicherheitsleistung 1. Grundsatz Die Partei, welche als Klägerin oder Widerklägerin auftritt, oder die gegen einen Entscheid ein Rechtsmittel ergreift, hat für sämtliche Gerichtskosten des hängigen Verfahrens und allenfalls der Vorinstanz sowie auf Antrag der Gegenpartei für deren Parteikosten Sicherheit zu leisten: 1. wenn sie in der Schweiz keinen Wohnsitz hat; 2. wenn binnen der letzten fünf Jahren in der Schweiz oder im Ausland über sie der Konkurs eröffnet oder in einer Betreibung gegen sie die Verwertung angeordnet wurde oder wenn sie innert der genannten Zeit eine gerichtliche Nachlassstundung verlangt hat; 3. wenn auf sie provisorische oder definitive inländische oder ausländische Verlustscheine oder Pfandausfallscheine bestehen oder wenn sie sonst als zahlungsunfähig erscheint; 4.
17 wenn sie aus einem rechtskräftig erledigten Verfahren vor einer Nidwaldner Gerichts- oder Verwaltungsbehörde amtliche Kosten, Geldstrafen oder Bussen schuldet; 5. wenn sie eine juristische Person oder Handelsgesellschaft ist, die sich in Liquidation befindet oder welcher der Aufschub der Konkurseröffnung bewilligt wurde; 6. wenn sie ein Verein oder Stiftung ist und nicht im Handelsregister eingetragen ist; 7. wenn eine Konkurs- oder Nachlassmasse klagt.
Art. 96 2. Ausnahmen Sicherheit kann nicht verlangt werden: 1. wenn der Klägerschaft die unentgeltliche Prozessführung bewilligt ist; 2. soweit Bundesrecht entgegensteht.
Art. 97 3. Art und Höhe der Sicherheit Die Sicherheit ist durch Hinterlegung in bar, durch Bankkredite usw. zu leisten. Antwortet die beklagte Partei auf die Klage, ohne Sicherheit zu verlangen beziehungsweise verlangt die Appellatin oder der Appellat binnen 10 Tagen seit der Zustellung der Appellation die Sicherheit nicht, gilt dies als Verzicht auf die Sicherheitsleistung für die Parteikosten, wenn nicht die Tatsache, welche die Sicherheitsleistung begründet, erst im Verlaufe des Prozesses eintritt oder bekannt wird. Über die Sicherheitsleistung entscheidet die Prozessleitung nach Anhören der Gegenpartei; gegen diese Verfügung kann Rekurs an das Gericht erhoben werden.
Art. 98 4. Folgen der Nichtleistung Leistet die Klägerschaft die Sicherheit nicht fristgerecht, wird der Prozess abgeschrieben, sofern diese Folge ausdrücklich angedroht worden ist.
Art. 99 Kostentragung 1. Grundsatz Die Gerichtskosten werden den Parteien im Verhältnis ihres Unterliegens auferlegt; im selben Verhältnis sind die Parteien verpflichtet, die Gegenpartei zu entschädigen. Von dieser Regel kann abgewichen werden: 1. wenn eine Partei unnötig Kosten verursacht hat; 2. wenn die Kostenüberbindung nach der vorstehenden Regel unbillig erscheint, insbesondere bei Streitigkeiten zwischen Verwandten.
Art. 100 a) abgelehnter Vergleichsvorschlag Erhält eine Partei durch das Urteil nicht wesentlich mehr, als ihr von der Gegenpartei für den Fall der gütlichen Beilegung des Prozesses an der Friedensrichterverhandlung oder der Gerichtsverhandlung angeboten wurde, kann sie zu allen seitherigen Prozesskosten verurteilt werden.
Art. 101 Wird der Prozess verglichen oder gegenstandslos, entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen über die Tragung der Kosten. Bei Klagerückzug trägt in der Regel die Klägerschaft, bei Klageanerkennung die beklagte Partei die Gerichtskosten.
Art. 102 Bei einer Streitgenossenschaft bestimmt das Gericht die Anteile der Mitglieder an den Gerichtskosten und Parteientschädigungen; es kann anordnen, dass ein Mitglied für den Anteil anderer ganz oder teilweise subsidiär oder solidarisch haftet. Die Intervenientin oder der Intervenient kann nach Ermessen des Gerichtes zur Tragung der Prozesskosten verurteilt werden. I. Unentgeltliche Rechtspflege
Art. 103 Für das Verfahren der unentgeltlichen Rechtspflege gelten zusätzlich zu den Bestimmungen von Art. 51 ff. Gerichtsgesetz 2 1. das Gericht hat das Gesuch nach den Vorschriften des Offizialverfahrens zu prüfen und nötigenfalls weitere Erhebungen anzustellen, wie Einholen von Ausweisen über die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der gesuchstellenden Partei, Einvernahme der gesuchstellenden Partei über ihre persönlichen Verhältnisse sowie ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, Anhörung der Gegenpartei; 2. je nach den Vermögens- und Einkommensverhältnissen kann die unentgeltliche Rechtspflege auch nur teilweise gewährt werden; 3.
16 als unentgeltlicher Rechtsbeistand können nur in einem Anwaltsregister eingetragene Anwältinnen oder Anwälte bestimmt werden, wobei die Vorschläge der gesuchstellenden Partei angemessen zu berücksichtigen sind; 4.
16 ... 5. die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes wird vom urteilenden Gericht nach einem besonderen Tarif festgesetzt und vom Kanton bezahlt. J. Gerichtsakten
Art. 104 Gerichtliche Akten und Belege dürfen in der Regel nur an Anwältinnen und Anwälte herausgegeben werden, die zur vertraglichen Vertretung von Parteien vor den Gerichten berechtigt sind. Für die Rückgabe ist eine angemessene Frist anzusetzen; wird sie nicht eingehalten, kann inskünftig die Herausgabe von Akten verweigert werden.
Art. 105 Das Gericht darf Dritten nur dann Einsicht in die Gerichtsakten gewähren, wenn ein schutzwürdiges Interesse nachgewiesen wird.
Art. 106 Die von den Parteien oder Dritten eingelegten Beweisurkunden sind in der Regel erst nach rechtskräftiger Erledigung des Prozesses zurückzugeben.
Art. 107 Auszüge und Abschriften aus den Gerichtsakten sind von der Gerichtsschreiberin oder vom Gerichtsschreiber zu unterzeichnen und mit dem Amtsstempel der Gerichtskanzlei zu versehen; die Ausstellung erfolgt gegen eine Gebühr
sowie Vergütung der Kosten. K. Eingaben an die Gerichte
Art. 108 Alle Eingaben an die Gerichte sind in je einer Ausfertigung für das Gericht und jede Gegenpartei einzureichen. Haben mehrere Klägerinnen, Kläger oder Beklagte die gleiche Vertretung, genügt für sie eine Ausfertigung. V. ORDENTLICHES GERICHTSVERFAHREN A. Verfahren vor dem Friedensrichteramt
Art. 109 Wer einen Zivilstreit auf dem ordentlichen Prozessweg anheben will, hat beim zuständigen Friedensrichteramt unter Einreichung eines Rechtsbegehrens die Vorladung der beklagten Partei zu verlangen, ausgenommen in den in Art. 20 genannten Fällen. Das Friedensrichteramt erlässt ohne Verzug in der Regel mindestens sieben Tage vor der Verhandlung die Vorladung zum Vermittlungsversuch. Die Vorladung hat das Rechtsbegehren zu enthalten und überdies den Anforderungen von Art. 66 zu entsprechen; fällt der Streitgegenstand in die Kompetenz des Friedensrichteramtes, sind die Parteien gleichzeitig aufzufordern, allfällige Urkunden mitzubringen.
Art. 110 Vor dem Friedensrichteramt haben die Parteien persönlich zu erscheinen. Den Parteien ist es nur dann gestattet, sich vertreten zu lassen, wenn sie nicht im Kanton Wohnsitz haben oder durch Krankheit oder andere erhebliche Gründe am Erscheinen verhindert sind; über die Genüglichkeit der Entschuldigung entscheidet das Friedensrichteramt endgültig. Für juristische Personen und Handelsgesellschaften hat ein gesetzliches oder statutarisches Organ mit genügender Vollmacht zu erscheinen. Den Parteien ist es in allen Fällen gestattet, sich verbeiständen zu lassen.
Art. 111 Leistet eine Partei der Vorladung ohne genügende Entschuldigung, worüber das Friedensrichteramt endgültig entscheidet, nicht Folge, wird sie zur Tragung der Friedensrichterkosten und einer Entschädigung an die Gegenpartei verurteilt. Bleibt die Klägerschaft unentschuldigt aus, schreibt das Friedensrichteramt die Streitsache am Protokoll ab.
Art. 112 1. Verhandlung Die Vermittlungsverhandlung ist mündlich. Das Friedensrichteramt hat die Vorbringen der Parteien gewissenhaft zu prüfen, gegen offenbar ungerechtfertigte Ansprüche oder Bestreitung begründeter Rechtsbegehren geeignete Vorstellungen zu machen und auf eine gütliche Beilegung des Streites hinzuwirken. Das Friedensrichteramt darf bei der Vermittlungsverhandlung ausser dem Urkundenbeweis, der persönlichen Befragung und dem Augenschein, der unter Mitwirkung der Parteien durchzuführen ist, unter Vorbehalt von Art. 116 keine Beweise annehmen. Die Einlassung vor dem Friedensrichteramt begründet nicht die Zuständigkeit der hierortigen Gerichte.
Art. 113 Das Protokoll der Vermittlungsverhandlung muss enthalten: 1. die genaue Bezeichnung der Parteien und ihrer allfälligen Vertretungen sowie die Feststellung der Anwesenheit oder Abwesenheit einer Partei; 2. das Datum des Eingangs des Rechtsbegehrens, der Vorladung und der Vermittlungsverhandlung;
3. das klägerische Rechtsbegehren und die Erklärung der beklagten Partei über Bestreitung, gänzliche oder teilweise Anerkennung der Klage; 4. ein allfälliges Widerklagebegehren; 5. sofern dies von einer Partei verlangt wird, einen allfälligen Vergleichsvorschlag einer Partei sowie eine allfällige Fristsetzung des Friedensrichteramtes für den Abschluss eines Vergleichs; 6. die Feststellung des Verhandlungsergebnisses; 7. die Festlegung der Kosten; 8. die Unterschrift der Parteien beziehungsweise Rechtsvertretungen und des Friedensrichteramtes; 9. die allfällige Ausstellung eines Weisungsscheines. Alle weiteren Anbringen der Parteien dürfen weder protokolliert noch im späteren Prozess berücksichtigt werden.
Art. 114 Ein Vergleich, eine Anerkennung des Rechtsbegehrens sowie der Kostenentscheid bei Ausbleiben einer Partei sind einem rechtskräftigen Sachentscheid gleichgestellt.
Art. 115 Können sich die Parteien nicht einigen oder erscheint die beklagte Partei nicht und übersteigt der Streitgegenstand den Wert von Fr. 300.-, stellt das Friedensrichteramt der Klägerschaft auf deren Verlangen einen Weisungsschein in Form einer Protokollabschrift aus. Wird binnen 60 Tagen von der Vermittlungsverhandlung beziehungsweise vom Ablauf der für den endgültigen Schluss des Protokolls angesetzten Frist die Klage nicht eingereicht, erlischt der Weisungsschein, sofern nicht die Gegenpartei auf die Wiederholung des Vermittlungsversuches schriftlich verzichtet.
Art. 116 Übersteigt der Streitwert Fr. 300.- nicht und können sich die Parteien nicht einigen oder erscheint die beklagte Partei nicht, hat das Friedensrichteramt den Streit endgültig zu entscheiden. Das Friedensrichteramt hat für die Beweisführung eine zweite Verhandlung nur dann anzusetzen, wenn dies für die Beurteilung nötig erscheint. Bei der Einvernahme von Zeuginnen oder Zeugen sind vom Friedensrichteramt nur die wesentlichen Aussagen ins Protokoll aufzunehmen; im Übrigen gelten für die Zeugeneinvernahme Art. 150 ff. B. Verfahren vor den Kantonsgerichtspräsidien als Einzelrichterinnen oder Einzelrichter
Art. 117 Um einen Rechtsstreit vor dem Kantonsgerichtspräsidium in den Fällen von Art. 13 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 des Gerichtsgesetzes 2 anhängig zu machen, hat die Klägerschaft die schriftliche Klage einzureichen; bei Zivilrechtsstreitigkeiten gemäss Art. 13 Abs. 2 Ziff. 2 des Gerichtsgesetzes 2
ist zudem der Weisungsschein des Friedensrichteramtes einzureichen. Die Klage hat zu enthalten: 1. die genaue Bezeichnung der Parteien und ihrer Vertretungen; 2. die Rechtsbegehren; 3. eine kurze Begründung des Rechtsbegehrens; 4. das Datum und die Unterschrift der Klägerschaft oder deren Vertretung. Das Doppel der Klage ist nach Eingang des Vorschusses und nach Prüfung der Prozessvoraussetzungen der beklagten Partei zuzustellen zu einer allfälligen Stellungnahme binnen 10 Tagen seit der Zustellung.
Art. 118 Das Verfahren ist im Übrigen in der Regel mündlich. Zur mündlichen Verhandlung haben die Parteien ihre Urkunden mitzubringen, sofern sie diese nicht bereits im
Vorverfahren eingereicht haben. Liegt eine Streitsache nicht spruchreif vor, kann das Kantonsgerichtspräsidium von sich aus oder auf Antrag einer Partei Beweisergänzungen anordnen und weitere Verhandlungen ansetzen. Für die Verhandlung und das Beweisverfahren sind Art. 123 f., Art. 131 ff. und Art. 138 ff. sinngemäss anzuwenden. C. Verfahren vor den Kammern des Kantonsgerichts 1. Schriftenwechsel
Art. 119 Um einen Rechtsstreit vor einer Kammer des Kantonsgerichts anhängig zu machen, hat die Klägerschaft dem Kantonsgericht den Weisungsschein des Friedensrichteramtes und die schriftliche Klage einzureichen. Die Klage hat zu enthalten: 1. die genaue Bezeichnung der Parteien und ihrer Vertretungen; 2. die Rechtsbegehren der Klägerschaft, die so abgefasst werden sollen, dass sie bei Gutheissung in das Urteilsdispositiv übernommen werden können; 3. in Rechnungsstreitigkeiten eine Spezifikation; 4. die Angabe des Streitwertes, soweit es zur Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit dient oder, wo er nicht bestimmbar ist, die Angabe der letzten Instanz, welche in der Sache zuständig sein soll; 5. in fortlaufender Nummerierung die chronologisch angeführten Tatsachen; 6. für jede Tatsache die genaue Angabe der Beweismittel; 7. den kurzen Hinweis auf den Rechtsgrund; 8. die systematische und nummerierte Zusammenfassung aller eigenen Beweismittel unter Angabe der Adresse von Zeuginnen oder Zeugen und Drittpersonen, die im Besitze der angerufenen Urkunden sind; 9. das Datum und die Unterschrift der Klägerschaft oder ihrer Vertretung. Ergibt sich aus der Klage, dass der vorgeschriebene Vermittlungsversuch nicht stattgefunden hat, oder dass etwas anderes oder wesentlich mehr gefordert wird als vor dem Friedensrichteramt, wird der Klägerschaft mit der Androhung, dass bei Nichteinhalten die Klage als nicht eingereicht betrachtet wird, eine Frist zur Nachholung des Vermittlungsversuches angesetzt.
Art. 120 1. allgemein Die Prozessleitung stellt das Klagedoppel der beklagten Partei zu und fordert diese unter Androhung der Folgen von
Art. 132 auf, eine Rechtsantwort binnen einer Frist von 20 Tagen einzureichen; diese Frist kann auf begründetes Gesuch hin durch die Prozessleitung auf höchstens 60 Tage verlängert werden. Für die Form der Rechtsantwort gilt sinngemäss Art. 119.
Art. 121 In der einlässlichen Rechtsantwort hat sich die beklagte Partei über die der Klage zugrunde gelegten Tatsachen bestimmt und deutlich zu erklären. Die Rechtsantwort hat zu enthalten: 1. alle Einwendungen gegen die prozessuale Zulässigkeit der Klage; 2. die Rechtsbegehren der beklagten Partei; 3. die Entgegnung auf das Anbringen der Klage in gleicher Nummerierung; 4. gegebenenfalls die Widerklage; 5. den kurzen Hinweis auf den Rechtsgrund; 6. die Stellungnahme zu den einzelnen klägerischen Beweismitteln; 7. die systematische und nummerierte Zusammenfassung aller eigenen Beweismittel.
Das Rechtsbegehren der beklagten Partei hat auf gänzliche oder teilweise Abweisung der Klage zu lauten.
Art. 122 Die beklagte Partei kann die Rechtsantwort verweigern, wenn sie die örtliche oder sachliche Zuständigkeit des Gerichtes anfechten will, sowie wenn sie die Einrede der Rechtshängigkeit oder der rechtskräftigen Beurteilung des gleichen Streitgegenstandes erheben will. Das Rechtsbegehren der beklagten Partei geht in diesem Fall dahin, dass auf die Klage nicht einzutreten sei. Alle andern nichteinlässlichen Einreden gegen die prozessuale Zulässigkeit und wegen Mängeln der Klage und der Parteien sind mit der einlässlichen Rechtsantwort zu verbinden; hierüber erlässt das Gericht vor oder in der Verhandlung die nötigen Anordnungen und Entscheide.
Art. 123 1. allgemein Die beklagte Partei kann mit einer Widerklage an die Klägerschaft Gegenansprüche stellen, die mit der Klage in rechtlichem Zusammenhang stehen oder von einem andern als dem eingeklagten Geschäft herrühren und dem ordentlichen Gerichtsverfahren unterliegen; über die Widerklage muss vor dem Friedensrichteramt verhandelt worden sein, sofern die Gegenpartei nicht schriftlich darauf verzichtet. Die Widerklage ist wie die Klage abzufassen und mit der Antwort einzureichen. Hinsichtlich der Widerklage tritt die Klägerschaft in die Stellung der beklagten Partei, und es gelten für sie die für die Rechtsantwort aufgestellten Bestimmungen. Klage und Widerklage sollen in einem einzigen Verfahren erledigt werden; das Gericht kann jedoch von Amtes wegen oder auf Verlangen einer Partei die Widerklage in jedem Stadium des Prozesses in ein besonderes Verfahren verweisen.
Art. 124 Liegt eine Teilklage vor, kann die beklagte Partei widerklageweise die Feststellung verlangen, dass über den eingeklagten Teil hinaus keine Forderung besteht. Die Widerklage muss in diesem Falle vor dem Friedensrichteramt nicht verhandelt worden sein; im Übrigen gilt für sie
Art. 123.
Art. 125 Die Klägerschaft ist berechtigt, binnen 20 Tagen nach erfolgter Zustellung der Rechtsantwort eine Replik einzureichen; diese Frist kann auf begründetes Gesuch hin durch die Prozessleitung auf höchstens 40 Tage verlängert werden. In der Replik hat die Klägerschaft ihre Ausführungen auf das neue tatsächliche Vorbringen und die neuen Beweismittel zu beschränken; im Übrigen finden für die Form der Replik Art. 120 f. sinngemäss Anwendung.
Art. 126 Wird eine Replik eingereicht, ist die beklagte Partei berechtigt, binnen 20 Tagen nach erfolgter Zustellung der Replik eine Duplik einzureichen; diese Frist kann auf begründetes Gesuch hin durch die Prozessleitung auf höchstens 40 Tage verlängert werden. Für die Duplik gilt sinngemäss Art. 125.
Art. 127 Verzichtet die Klägerschaft auf eine Replik, hat sie binnen 20 Tagen nach erfolgter Zustellung der Rechtsantwort allfällige Beweiseinreden gegen die in der Rechtsantwort angeführten Beweismittel zu erheben und sie der Prozessleitung einzureichen; ansonsten gilt die Abnahme dieser Beweise, unter Vorbehalt nachträglicher Beweiseinreden im Beweisverfahren, als unangefochten. Das Gleiche gilt sinngemäss für Beweiseinreden gegen die in der Replik beziehungsweise Duplik angeführten Beweismittel. Die Parteien sind auf diese Bestimmungen aufmerksam zu machen. 2. Vorverfahren
Art. 128
Die Prozessleitung kann zwecks Bereinigung und Abnahme von Beweisen vor der Gerichtsverhandlung ein Vorverfahren anordnen. Sie kann die erheblich scheinenden Beweise abnehmen. Sie kann eine Beweisverfügung erlassen, in welcher anzugeben ist, über welche Tatsachen, durch welche Partei und mit welchen Beweismitteln der Beweis zu führen ist; dieser unterliegt der Überprüfung des Gerichtes im Hauptverfahren. Die Beweisführung wird auf die Verhandlung vor Gericht verschoben, wenn die unmittelbare Wahrnehmung durch das Gericht aus besonderen Gründen geboten ist.
Art. 129 Nach durchgeführtem Beweisverfahren wird den Parteien Gelegenheit geboten, mündlich oder schriftlich zum Beweisergebnis Stellung zu nehmen. In der Regel kann sich eine Partei nur einmal äussern. 3. Verhandlung
Art. 130 Zu Beginn der Verhandlung vor Gericht können die Parteien Tatsachen und Beweismittel, die nicht in den Rechtsschriften aufgeführt sind, noch geltend machen; sofern die Geltendmachung vorher nicht möglich oder zumutbar war, kann sie bis zum Abschluss des Beweisverfahrens erfolgen. Eine Partei, die ohne genügende Rechtfertigung Tatsachen und Beweismittel erst vor Gericht geltend macht oder das Rechtsbegehren im Rahmen von Art. 131 Abs. 2 erweitert oder ergänzt, hat die daraus entstehenden Mehrkosten zu tragen.
Art. 131 Eine Klageänderung ist mit Ausnahme der Umwandlung der Scheidungsklage in eine Trennungsklage nicht statthaft. Im Rahmen der Zuständigkeit des Gerichtes kann die Klägerschaft das Rechtsbegehren erweitern beziehungsweise ergänzen, sofern der enge Zusammenhang mit dem bisherigen Rechtsbegehren gewahrt bleibt und die Geltendmachung vorher nicht möglich oder zumutbar war.
Art. 132 Hat die beklagte Partei binnen Frist keine Rechtsantwort eingereicht, lädt die Prozessleitung die Parteien ohne weiteren Schriftenwechsel vor. Bei der Gerichtsverhandlung kann die beklagte Partei unter Ausschluss einer Widerklage ihre Verteidigungsrechte wahren und Anträge stellen. Die beklagte Partei hat alle durch ihre Säumnis verursachten Mehrkosten zu tragen; den mutmasslichen Betrag dieser Mehrkosten hat sie binnen einer vom Gericht anzusetzenden Frist zu deponieren, ansonsten sie mit ihren Anträgen ausgeschlossen ist und das Versäumnisverfahren eintritt.
Art. 133 Wenn eine nichteinlässliche Rechtsantwort vorliegt oder in der einlässlichen Rechtsantwort formelle Mängel gerügt sind, entscheidet hierüber das Gericht in der Regel ohne Parteiverhandlung. Wird die beklagte Partei zur Einlassung auf die Klage verhalten, ist gleichzeitig im Sinne von Art. 120 f. eine Frist zur Einreichung der einlässlichen Rechtsantwort anzusetzen.
Art. 134 Das Gericht kann das Verfahren zunächst auf einzelne Fragen beschränken, wenn anzunehmen ist, der Prozess lasse sich dadurch vereinfachen. Erweist sich die Beschränkung als unbegründet, wird das Verfahren ergänzt.
Art. 135 Sofern die Beweise nicht schon durch die Prozessleitung abgenommen worden sind, oder sofern sie ergänzt beziehungsweise aus besonderen Gründen wiederholt werden sollen, ordnet das Gericht die Beweisabnahme an.
Art. 136 Ist das Beweisverfahren geschlossen, kann jede Partei in einem einzigen Schlussvortrage, wovon nichts ins Protokoll aufzunehmen ist, den Prozess in rechtlicher Hinsicht erörtern; die Parteien haben sich in gedrängter Form auf das Wesentliche zu beschränken.
Art. 137 Auf die Parteivorträge oder Parteiverhandlung können die Parteien verzichten. 4. Beweisverfahren
Art. 138 1. Beweisgegenstand Ein Beweis ist nur abzunehmen: 1. über erhebliche streitige Tatsachen; 2. über bestehende Übungen und Gebräuche; 3. über den Inhalt fremden Rechts, von dem das Gericht keine sichere Kenntnis hat; vorbehalten bleibt das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht 12
. Tatsachen, die dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises. Eine Tatsache ist beweisbedürftig, wenn aus dem ganzen Verhalten der Gegenpartei anzunehmen ist, dass sie diese Tatsache bestreiten wollte. Bleiben Tatsachen unbestritten, weil die Gegenpartei säumig war, bedürfen sie des Beweises, wenn das Gericht an ihrer Richtigkeit zweifelt.
Art. 139 Das Gericht würdigt alle Ergebnisse des Verfahrens unter Vorbehalt besonderer gesetzlicher Regeln nach freiem Ermessen unter Berücksichtigung des Verhaltens der Parteien im Prozess.
Art. 140 Die Parteien sind berechtigt, den Beweiserhebungen beizuwohnen und in die vorgelegten Urkunden Einsicht zu nehmen. Wo es zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen einer Partei oder eines Dritten nötig ist, kann das Gericht von einem Beweismittel unter Ausschluss der Gegenpartei oder der Parteien sowie der Öffentlichkeit Kenntnis nehmen.
Art. 141 Geht ein Beweismittel verloren, trifft den Nachteil in der Regel die beweispflichtige Partei; ist der Verlust dem Verschulden der Gegenpartei zuzuschreiben, kann der dadurch verunmöglichte Beweis als geführt betrachtet werden.
Art. 142 Gesetzliche Beweismittel sind Urkunden, Zeuginnen oder Zeugen, Augenschein, Sachverständige und Parteibefragung.
Art. 143 1. öffentliche Öffentliche Urkunden sind solche, die von einer Behörde oder Amtsperson kraft ihres Amtes und in Beachtung der gesetzlichen Form sowie von Urkundspersonen nach Vorschrift der Gesetzgebung über die öffentlichen Beurkundungen
7 Sie bilden für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen ist; dieser Nachweis ist an keine besondere Form gebunden.
Art. 144 Das Gericht beurteilt die Beweiskraft privater Urkunden nach freiem Ermessen; als Urkunden gelten auch ordentlich geführte Bücher, Pläne usw. Zum Zwecke der Benützung im Prozess abgegebene Bescheinigungen von Personen, die als Zeuginnen oder Zeugen einvernommen werden können, fallen ausser Würdigung und sind auf Antrag der Gegenpartei aus dem Recht zu
weisen.
Art. 145 Der Urkundenbeweis wird geführt durch Auflegung des Originals beziehungsweise einer Wiedergabe, wobei jederzeit die Auflegung des Originals oder einer bezüglichen Beglaubigung verlangt werden kann. Fremdsprachigen Urkunden ist auf Verlangen des Gerichtes oder einer Partei eine deutsche Übersetzung beizufügen, das Gericht kann die Übersetzung auf Kosten der beweisführenden Partei durch Sachverständige vornehmen oder nachprüfen lassen.
Art. 146 a) Parteien Urkunden, die sich im Besitze der Gegenpartei befinden, können ins Recht verlangt werden, wenn sie für den Beweis erheblicher bestrittener Tatsachen von Einfluss sein können; die beweisführende Partei muss die betreffende Urkunde näher bezeichnen. Stellt die Partei den Besitz der herausverlangten Urkunde in Abrede, kann sie unter Wahrheitspflicht befragt werden, ob die Urkunde noch vorhanden sei und wo sie sich befinde, oder ob die Partei sich ihrer zum Nachteile der beweisführenden Partei entäussert habe. Verweigert die Partei die Auflegung der unbestritten sich in ihrem Besitz befindlichen Urkunde, wird der Inhalt der Urkunde, wie ihn die beweisführende Partei angegeben hat, als erwiesen angenommen; die gleiche Folge kann das Gericht eintreten lassen, wenn die Partei die Auskunft verweigert oder die Vorlegung zum Nachteile der beweisführenden Partei verunmöglicht hat.
Art. 147 Dritte sind verpflichtet, die sich in ihrem Besitz befindlichen Urkunden auf Anordnung des Gerichtes herauszugeben oder zur Einsicht zur Verfügung zu stellen, es sei denn, der Inhalt der Urkunde beziehe sich auf Tatsachen, über die sie das Zeugnis verweigern dürften. Verweigern Dritte die Vorlegung, sind sie als Zeuginnen oder Zeugen vorzuladen mit der Auflage, die Urkunde vorzulegen; bei Weigerung können sie wie ungehorsame Zeuginnen oder Zeugen bestraft werden und werden überdies der beweisführenden Partei schadenersatzpflichtig.
Art. 148 Die Klägerschaft kann schon nach Ausstellung des Weisungsscheines oder, wenn kein Vermittlungsversuch stattfindet, bei Abgabe der Erklärung, dass sie den Prozess einzuleiten gedenke, die Edition der Urkunden verlangen, ohne welche es nicht möglich ist, die Klage entsprechend abzufassen; in diesem Falle hat sie die Klage innert Monatsfrist nach Edition der Urkunden einzureichen, ansonsten diese von den Edierenden zurückgezogen werden können. Die vorzeitige Edition kann auch für die Einreichung der Rechtsantwort und der weiteren Rechtsschriften verlangt werden. Wird die Editionspflicht bestritten, entscheidet das Gericht nach vorausgegangenem schriftlichem kontradiktorischem Verfahren, ob und in welchem Umfange sie besteht.
Art. 149 Auf angerufene Urkunden kann eine Partei nur unter Zustimmung der Gegenpartei verzichten.
Art. 150 1. Zeugnispflicht Unter Vorbehalt der gesetzlichen Ausnahmen sind Dritte fähig und verpflichtet, Zeugnis abzulegen. Als Zeugnis sind nur solche Aussagen zuzulassen, die sich auf eigene, unmittelbare Sinneswahrnehmung der Zeuginnen oder Zeugen gründen. Personen, denen das erforderliche Geistes- oder Sinnesvermögen zur Wahrnehmung der streitigen Tatsache gefehlt hat oder die unfähig sind, früher gemachte Wahrnehmungen in verständlicher Form mitzuteilen, dürfen nicht als Zeuginnen oder Zeugen einvernommen werden. Das Gericht bestimmt nach Ermessen, inwiefern Personen unter 18 Jahren zum Zeugnis befähigt und verpflichtet sind.
Art. 151 a) allgemein Das Zeugnis können verweigern: 1. die Blutsverwandten und Verschwägerten einer Partei in gerader Linie, die Geschwister, die Adoptiveltern und das Adoptivkind sowie Stiefeltern und das Stiefkind; 2. der Ehegatte und der geschiedene Ehegatte einer Partei, dieser aber nur, sofern sich das Zeugnis auf die Zeit vor der Scheidung bezieht; 2a. die Partnerin oder der Partner einer Partei während dem Bestehen einer eingetragenen Partnerschaft sowie nach deren Auflösung, sofern sich das Zeugnis auf die Zeit vor der Auflösung bezieht; 3. die Vormundin beziehungsweise der Vormund oder die Beiständin beziehungsweise der Beistand einer Partei.
Art. 152 Verweigert werden können überdies: 1. Aussagen, die zur Schande oder zum unmittelbaren Nachteil der Zeugin oder des Zeugen gemacht werden müssten; 2. Aussagen über Tatsachen, welche der Zeugin oder dem Zeugen als Seelsorgerin oder Seelsorger, Ärztin oder Arzt, Anwältin oder Anwalt oder als deren Hilfsperson anvertraut worden sind, oder sie beziehungsweise er in dieser Stellung wahrgenommen hat; unter Vorbehalt des Beichtgeheimnisses entfällt das Recht zur Zeugnisverweigerung, wenn die Zeugin oder der Zeuge von der Pflicht entbunden wurde, die betreffenden Tatsachen geheimzuhalten; 3. Aussagen über andere Berufs-, Fabrikations-, oder Geschäftsgeheimnisse, sofern das Gericht nicht ausdrücklich die Zeugnispflicht im Rahmen der Gesetzgebung verfügt.
Art. 153 In Sachen einer juristischen Person dürfen deren Organe, in Sachen einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft deren Gesellschafterinnen oder Gesellschafter und im Prozess der Konkursmasse die Gemeinschuldnerin oder der Gemeinschuldner und die Konkursverwalterin oder der Konkursverwalter nicht als Zeugin oder Zeuge, sondern nur als Partei einvernommen werden. Wer für die Ehegatten oder die eingetragenen Partnerinnen und Partner bei einer Ehe- oder Familienberatung beziehungsweise Paarberatung oder bei einer Stelle für Familien- oder Paarmediation tätig gewesen ist, kann weder Zeugnis ablegen noch mündlich oder schriftlich Auskunft erteilen.
Art. 154 Erscheint eine Zeugin oder ein Zeuge auf die erlassene Vorladung ohne zureichende Gründe nicht oder zu spät, ist sie beziehungsweise er zum Ersatz der verursachten Gerichtskosten und des Schadens der Parteien zu verurteilen und kann nach ergangener Androhung polizeilich vorgeführt werden. Verweigert eine Zeugin oder ein Zeuge zu Unrecht das Zeugnis, wird sie beziehungsweise er nach ergangener Androhung, mit einer Ordnungsstrafe gemäss Art. 62 Gerichtsgesetz 2
belegt; wird die Weigerung fortgesetzt, wird die Zeugin oder der Zeuge wegen Ungehorsams gemäss Art. 292 StGB 8 angezeigt. 17 Die zivilrechtliche Schadenersatzpflicht der Zeugin oder des Zeugen gegenüber der beweisführenden Partei bleibt vorbehalten.
Art. 155 a) allgemein Vor der Einvernahme wird die Zeugin oder der Zeuge zur wahrheitsgemässen Aussage ermahnt und auf die Straffolge des falschen Zeugnisses gemäss Art. 307 StGB sowie auf ein allfälliges Zeugnisverweigerungsrecht
aufmerksam gemacht. Die Zeugin oder der Zeuge wird einzeln in der Regel in Gegenwart der Parteien einvernommen; auf ihre Anwesenheit können die Parteien jederzeit verzichten. Die Zeugin oder der Zeuge wird befragt: 1. über die Personalien;
2. über die persönlichen Beziehungen zu den Parteien und über andere Umstände, welche die Glaubwürdigkeit beeinflussen können; 3. über Wahrnehmungen zur Sache.
Art. 156 Die Parteien können durch die Prozessleitung ergänzende Fragen stellen.
Art. 157 Zeigen sich erhebliche Widersprüche in den Aussagen der Zeuginnen oder Zeugen, kann eine Konfrontation der Zeuginnen oder Zeugen unter sich oder mit einer Partei angeordnet werden.
Art. 158 Das Gericht kann ausserhalb des Kantons wohnhafte Zeuginnen oder Zeugen durch das Gericht ihres Wohnorts befragen lassen. Ist die Zeugin oder der Zeuge infolge Krankheit, Alters oder aus andern wichtigen Gründen am Erscheinen verhindert, wird sie beziehungsweise er durch die Prozessleitung am Aufenthaltsort einvernommen.
Art. 159 Bei der Einvernahme durch das auswärtige Gericht sowie bei Einvernahme zu einem schwierigen, zur schriftlichen Fragestellung geeigneten Beweisthema kann die Prozessleitung die schriftliche Einreichung der Zeugenfragen durch die Parteien anordnen. Das Gericht ist an die schriftliche Fragestellung nicht gebunden.
Art. 160 a) allgemein Die Zeugenaussagen sind in ihrem wesentlichen Inhalt zu Protokoll zu nehmen, der Zeugin oder dem Zeugen vorzulegen oder vorzulesen und von ihr beziehungsweise ihm zu unterzeichnen. Im Einverständnis der anwesenden Parteien und der Zeugin oder des Zeugen kann eine andere Art der Protokollierung angewendet werden.
Art. 161 Aussagen, welche in einer fremden Sprache erfolgen, werden in der Regel nur in deutscher Sprache protokolliert. Für die Übersetzung ist nötigenfalls eine Übersetzerin oder ein Übersetzer beizuziehen.
Art. 162 Zeuginnen und Zeugen sind für Verdienstausfall und Barauslagen gemäss besonderer Gesetzgebung 6
angemessen zu entschädigen.
Art. 163 Das Gericht kann im Einvernehmen mit den Parteien von Amtsstellen und ausnahmsweise auch von Privaten anstelle der Zeugeneinvernahme schriftliche Auskünfte einziehen. Das Gericht hat diese Auskünfte den Parteien zur Kenntnis zu bringen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Es entscheidet frei über den Beweiswert der Auskünfte; es kann anordnen, dass sie durch Zeugnis oder Urkundenedition bekräftigt werden müssen.
Art. 164 1. Grundsatz Ein Augenschein kann auf Antrag einer Partei oder von Amtes wegen angeordnet werden, wenn es das Gericht für notwendig erachtet.
Art. 165 Der Augenschein wird entweder durch das Gericht oder durch eine aus seiner Mitte bestellte Kommission vorgenommen.
Die Parteien sind zum Augenschein vorzuladen, wenn das Gericht nicht aus wichtigen Gründen ihren Ausschluss anordnet; erscheint eine Partei nicht, kann der Augenschein dennoch stattfinden. Zum Augenschein können auch Zeuginnen oder Zeugen und Sachverständige beigezogen werden. Über den Augenschein ist, wenn nötig, ein Protokoll aufzunehmen, allenfalls mit Zeichnung oder Lichtbild.
Art. 166 Jede Person ist verpflichtet, nach gehöriger Voranzeige an Sachen, die in ihrem Besitze stehen, einen Augenschein zu dulden.
Art. 167 1. Grundsatz Sachverständige sind auf Antrag einer Partei oder von Amtes wegen beizuziehen, wenn Tatsachen in Frage stehen, zu deren Wahrnehmung oder Beurteilung es besonderer Fachkenntnis bedarf. Das Gericht bestimmt die Zahl der Sachverständigen und ernennt sie nach Einholung der Vorschläge der Parteien; es ist jedoch an die Vorschläge nicht gebunden.
Art. 168 Für Sachverständige gelten die gleichen Ausstandsgründe wie für Gerichtspersonen nach Art. 39 und 40 des Gerichtsgesetzes 2 .
Art. 169 Die Sachverständigen haben ihr Gutachten nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben. Sie sind unter Hinweis auf die strafrechtlichen Folgen gemäss Art. 307 StGB 8
bei der Instruktion auf diese Pflicht aufmerksam zu machen.
Art. 170 Den Sachverständigen sind die zu beantwortenden Fragen durch das Gericht unter Übergabe der erforderlichen Akten zu unterbreiten. Die Fragen sind von den Parteien, ohne dass das Gericht daran gebunden ist, in der Regel schriftlich einzureichen; statt dessen kann das Gericht eine Instruktionsverhandlung ansetzen, an welcher die Parteien zu den Fragen Stellung nehmen können.
Art. 171 Die sachverständige Person erstattet ihr Gutachten mit Begründung schriftlich oder, wenn es das Gericht für angezeigt erachtet, in mündlicher Verhandlung zu Protokoll. Sind mehrere Sachverständige ernannt, erstatten sie das Gutachten, wenn ihre Ansichten übereinstimmen, gemeinsam, ansonsten gesondert.
Art. 172 Für die Abgabe eines schriftlichen Gutachtens kann der sachverständigen Person eine Frist gesetzt werden; wird sie nicht beachtet oder wird die Aufgabe sonst nicht gehörig erfüllt, kann das Gericht bei schwerwiegenden Versäumnissen den Auftrag widerrufen. Die zivilrechtliche Schadenersatzpflicht der sachverständigen Person gegenüber den Parteien bleibt vorbehalten.
Art. 173 Das Gutachten ist den Parteien zuzustellen. Die Parteien können innert angesetzter Frist Erläuterung und Ergänzung oder eine neue Begutachtung beantragen, worüber das Gericht entscheidet. Das Gericht kann von Amtes wegen unvollständige, unklare oder nicht gehörig begründete Gutachten zur Ergänzung oder Erläuterung zurückweisen oder die Sachverständigen zum gleichen Zwecke zur mündlichen Verhandlung vorladen; es steht ihm auch frei, andere Sachverständige beizuziehen.
Art. 174
Die Sachverständigen haben Anspruch auf Ersatz ihrer Auslagen und auf angemessene Entschädigung, die vom Gericht gemäss besonderer Gesetzgebung 6 festgesetzt wird.
Art. 175 1. persönliche Befragung a) allgemein Jede Partei kann unter Vorbehalt von Art. 152 Ziff. 2 und 3 persönlich befragt werden; die Befragung kann von Amtes wegen angeordnet werden. Die Parteien sind von der Befragung zur Wahrheit zu ermahnen und darauf aufmerksam zu machen, dass sie zur Beweisaussage unter Straffolge nach Art. 177 angehalten werden können. Aussagen, welche die befragte Partei zu eigenen Gunsten macht, bilden keinen Beweis.
Art. 176 Führt die Partei den Prozess durch ihre gesetzliche Vertretung, ist die Partei selbst einzuvernehmen, wenn sie urteilsfähig ist und eigene Wahrnehmungen gemacht hat, ansonsten die Vertretung. Ist die Partei eine juristische Person oder eine Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft, bestimmt das Gericht, wer als Organ oder als Gesellschafterin oder Gesellschafter befragt wird. Ist eine Konkursmasse Partei, kann das Gericht sowohl die Gemeinschuldnerin oder den Gemeinschuldner als auch die Konkursverwalterin oder den Konkursverwalter befragen.
Art. 177 Das Gericht kann jede Partei zur Beweisaussage unter Straffolge über bestimmte Tatsachen verhalten, wenn es dies nach dem Ergebnis der persönlichen Befragung und des übrigen Beweisverfahrens für geboten erachtet. Vor der Beweisaussage ist die Partei neuerdings zur Wahrheit zu ermahnen und auf die Straffolgen einer falschen Aussage nach Art. 306 StGB 8
Das Gericht würdigt den Beweiswert der Parteiaussage nach freiem Ermessen.
Art. 178 Das Gericht kann aus wichtigen Gründen die Anwesenheit der Gegenpartei bei der Parteibefragung ausschliessen. In diesem Fall nimmt auch die Vertretung der einzuvernehmenden Partei an der Einvernahme nicht teil.
Art. 179 Bleibt eine zur Parteibefragung vorgeladene Partei ohne zureichende Gründe aus oder verweigert sie die Aussage, würdigt das Gericht dieses Verhalten nach Art. 139.
Art. 180 Ausserhalb des Kantons wohnende Parteien kann das Gericht durch das Gericht ihres Wohnortes befragen lassen.
Art. 181 Ist eine Partei aus zureichenden Gründen verhindert, persönlich vor Gericht zu erscheinen, kann sie an ihrem Aufenthaltsort befragt werden. D. Verfahren vor der Grossen Kammer des Obergerichts als einzige Instanz
Art. 182 Für das Verfahren vor der Grossen Kammer des Obergerichts als einzige Instanz bei Verzicht der Parteien auf die untere Instanz gelten sinngemäss die Vorschriften betreffend das Verfahren vor den Kammern des Kantonsgerichts. VI. AUSSERORDENTLICHE GERICHTSVERFAHREN A. Offizialverfahren
Art. 183 Soweit nicht in diesem Gesetz oder in der Bundesgesetzgebung Abweichungen vorgesehen sind, gelten im Offizialverfahren sinngemäss die für das ordentliche Gerichtsverfahren aufgestellten Bestimmungen.
Das Gericht ist an das Anbringen und die Beweisanträge der Parteien nicht gebunden; es hat die Tatsachen, die für die Streitsache von Bedeutung sind, zur Feststellung der materiellen Wahrheit von Amtes wegen abzuklären. Das Gericht darf auch im Offizialverfahren, soweit nicht besondere Gesetzesbestimmungen es erlauben, einer Partei nicht mehr und nicht etwas Anderes zusprechen, als sie verlangt. Bleibt eine Partei zur Parteiverhandlung beziehungsweise zur Parteibefragung unentschuldigt aus, kann sie nach vorheriger Androhung polizeilich vorgeführt werden.
Art. 184 1. Rechtsbegehren Das Begehren um Schutz der ehelichen Gemeinschaft ist schriftlich beim Kantonsgerichtspräsidium zu stellen; ausnahmsweise kann es auch mündlich gestellt werden.
Art. 185 Die Parteien sind zum persönlichen Erscheinen zur Verhandlung vor dem Kantonsgerichtspräsidium verpflichtet. Bleibt die gesuchstellende Partei der Verhandlung fern, wird das Verfahren zufolge Rückzuges abgeschrieben. Bleibt die Gegenpartei der Verhandlung vor dem Kantonsgerichtspräsidium fern, kann sie nach vorheriger Androhung polizeilich vorgeführt werden.
Art. 186 Es sind in der Regel nur Beweise durch Urkunden, Edition von Urkunden, Augenschein und Parteibefragung zulässig. Die erheblichen Tatsachen sind glaubhaft zu machen. Das Kantonsgerichtspräsidium kann von Amtes wegen zusätzliche Beweise erheben, namentlich Berichte von Behörden beiziehen.
Art. 187 Gegen den Entscheid des Kantonsgerichtspräsidiums steht den Verfahrensbeteiligten die Nichtigkeitsbeschwerde an das Obergericht zu; sie ist binnen 20 Tagen seit der Zustellung des Entscheides beim Kantonsgerichtspräsidium einzureichen.
Art. 188 1. Aussöhnungsversuch Dem Kantonsgerichtspräsidium obliegt unter Vorbehalt von Abs. 2 der Versuch der Aussöhnung von Ehestreitigkeiten. Ein Aussöhnungsversuch ist nicht erforderlich bei: 1. Scheidungen auf gemeinsames Begehren (Art. 111 und 112 ZGB 9
); 2. dem Wechsel zur Scheidung auf Klage (Art. 113 ZGB ); 3. Trennungen auf gemeinsames Begehren (Art. 117 ZGB 9 ); 4. der Zustimmung zur Scheidungsklage und bei Widerklage (Art. 116 ZGB 9 ). Die Parteien haben an der Aussöhnungsverhandlung persönlich teilzunehmen, sofern sie nicht aus zwingenden Gründen verhindert oder unbekannt abwesend sind. Die Verbeiständung oder Vertretung der Parteien ist ausgeschlossen, ausser in den Fällen von Abs. 3 oder wenn das Kantonsgerichtspräsidium die Verbeiständung oder Vertretung ausnahmsweise bewilligt. Das Kantonsgerichtspräsidium kann die Parteien in jedem Stadium des Prozesses zum persönlichen Erscheinen vorladen und zu versöhnen versuchen.
Art. 189 Reicht die beklagte Partei die Rechtsantwort nicht ein, ist sie zur Gerichtsverhandlung nötigenfalls, nach vorheriger Androhung, polizeilich vorzuführen. Das Versäumnisverfahren findet nur statt, wenn die beklagte Partei unbekannt abwesend ist oder vom Gericht nicht vorgeführt werden kann.
Art. 190
Über die Anordnung vorsorglicher Massnahmen im Scheidungs- und Trennungsverfahren entscheidet die Prozessleitung derjenigen Gerichtsinstanz, bei welcher das Verfahren hängig ist.
Art. 191
a) Gesuch Das schriftliche Gesuch um Scheidung auf gemeinsames Begehren nach Art. 111 und 112 ZGB 9 ist beim Kantonsgerichtspräsidium einzureichen. Dem Gesuch ist eine allfällige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mit den erforderlichen Belegen beizulegen.
Art. 192 Das Kantonsgerichtspräsidium hört die Parteien persönlich an. Die Verbeiständung oder Vertretung der Parteien ist ausgeschlossen. Ist die Anhörung vollständig abgeschlossen und führt sie zu einer umfassenden Einigung, setzt das Kantonsgerichtspräsidium den Parteien eine zweimonatige Bedenkfrist bezüglich des Scheidungswillens und ihrer Vereinbarung. Ergibt die Anhörung, dass sich die Parteien in den Scheidungsfolgen nicht umfassend einigen, setzt das Kantonsgerichtspräsidium den Parteien eine zweimonatige Bedenkfrist bezüglich des Scheidungswillens, der Teilvereinbarung und der Erklärung, die streitigen Fragen durch das zuständige Gericht beurteilen zu lassen. Halten die Parteien weiterhin daran fest, überweist das Kantonsgerichtspräsidium die Angelegenheit dem zuständigen Gericht.
Art. 193 Gelangt das Gericht zum Entscheid, dass die Voraussetzungen für eine Scheidung auf gemeinsames Begehren nicht erfüllt sind, setzt es jedem Ehegatten eine Frist, um das Scheidungsbegehren durch eine Klage zu ersetzen.
Art. 194 Vor dem Erlass von Anordnungen über Kinder sind diese, soweit nicht ihr Alter oder andere wichtige Gründe dagegen sprechen, persönlich durch das Gericht oder durch eine beauftragte Drittperson, in geeigneter Weise anzuhören. Eine Verbeiständung oder Vertretung ist ausgeschlossen. Gegen den Entscheid der Prozessleitung über den Verzicht auf die Anhörung oder deren Unterlassung können die Parteien und das Kind bei der Kleinen Kammer des Obergerichts Appellation erheben. Die anhörende Instanz informiert in geeigneter Weise die Eltern und eine allfällige Vertretung des Kindes über das Ergebnis der Anhörung.
Art. 195 Die Prozessleitung ordnet aus wichtigen Gründen oder auf Antrag des urteilsfähigen Kindes die Vertretung des Kindes an und weist die Vormundschaftsbehörde an, eine geeignete Beiständin oder einen geeigneten Beistand zu bezeichnen. Gegen den Entscheid der Prozessleitung über den Verzicht auf die Vertretung oder deren Unterlassung können die Parteien und das Kind bei der Kleinen Kammer des Obergerichts Appellation erheben. Die zuständige Instanz entscheidet im Scheidungsurteil über die Höhe der Entschädigung für die Beiständin oder den Beistand und über die Verlegung der Entschädigung zulasten der Parteien. Die Höhe der Entschädigung, die direkt der Beiständin oder dem Beistand zulasten der Gerichtskasse zuzusprechen ist, richtet sich nach den im betreffenden Beruf vorgeschriebenen Ansätzen und dem Zeitaufwand. Die Verlegung der Entschädigung erfolgt aufgrund der Leistungsfähigkeit und dem Obsiegen der Parteien sowie dem Verursacherprinzip.
Art. 196 Wird die Ehe auf Klage hin geschieden oder getrennt, ist das Gericht in bezug auf die Nebenfolgen nicht an die Parteianträge gebunden.
Art. 196a Auflösung der eingetragenen Partnerschaft 18
Die Bestimmungen von Art. 188 bis 195 Partnerschaft auf gemeinsames Begehren (Art. 29 PartG ). Nicht anwendbar sind die Regeln bezüglich der Bedenkzeit.
Art. 196
19 ).
Art. 197 1. Verfahren In den Streitsachen betreffend die Ungültigkeit der Ehe (Art. 106 ZGB 9
) und betreffend den Status des Kindes (Art. 253, 256, 260a, 261 und 269 ZGB 9 ) sowie betreffend den Unterhalt des Kindes (Art. 279 ZGB 9 ) finden Art. 188, 189 und 196 sinngemäss Anwendung.
Art. 198 Die Parteien und Dritte haben sich den für eine Begutachtung erforderlichen Untersuchungen zu unterziehen. Die Weigerung einer Partei würdigt das Gericht nach Art. 139, wobei Art. 183 Abs. 4 sinngemäss anwendbar ist. Auf Dritte finden die Bestimmungen über das Zeugnisverweigerungsrecht Anwendung; die unberechtigte Weigerung zieht die Folgen von Art. 154 nach sich.
Art. 199 Getrennt angehobene Vaterschaftsprozesse der Mutter und des Kindes sind vom Gericht zu vereinigen. Im Vaterschaftsprozess des Kindes kann die Mutter als Zeugin einvernommen werden, wenn sie selber nicht klagt.
Art. 200 1. Verfahren Das Gesuch um Einleitung des Verschollenheitsverfahrens nach Art. 35 ff. des Zivilgesetzbuches 9
ist beim Kantonsgerichtspräsidium einzureichen, sofern der Kanton Nidwalden als Gerichtsstand des letzten schweizerischen Wohnsitzes oder, wenn die verschwundene Person niemals in der Schweiz gewohnt hat, als Gerichtsstand der Heimat gegeben ist. Mit dem Gesuch sind die Gründe anzugeben, die für den Tod der Person sprechen. Das Kantonsgerichtspräsidium fordert alle, die Nachrichten über die verschwundene oder abwesende Person geben können, in öffentlicher Bekanntmachung auf, sich binnen Jahresfrist zu melden.
Art. 201 Wird binnen Jahresfrist von keiner Seite eine Mitteilung vom Leben der verschwundenen oder abwesenden Person gemacht, legt das Kantonsgerichtspräsidium die Akten der Kleinen Kammer des Kantonsgerichts vor, die ohne Parteiverhandlung die Verschollenheitserklärung ausspricht und öffentlich bekannt macht.
Art. 202 Die Aufhebung einer Verschollenheitserklärung erfolgt durch die Kleine Kammer des Kantonsgerichts im schriftlichen Verfahren ohne Parteiverhandlung. B. Beschleunigtes und summarisches Verfahren
Art. 203 1. Anwendungsbereich Die Bestimmungen über das beschleunigte Verfahren finden Anwendung bei allen Streitsachen, für die bundesrechtlich oder kantonalrechtlich ein beschleunigtes oder rasches Prozessverfahren vorgeschrieben ist. Wenn eine Partei dies verlangt und die Dringlichkeit der Erledigung glaubhaft macht, kann die Prozessleitung nach Vernehmlassung der Gegenpartei auch in andern Streitsachen das beschleunigte Verfahren anordnen; gegen ihre Verfügung kann binnen zehn Tagen Rekurs an das Gericht erhoben werden.
Art. 204 Im beschleunigten Verfahren gelten die Vorschriften des summarischen Verfahrens; es sind jedoch sämtliche Beweismittel gemäss Art. 143-181 zulässig.
Art. 205 1. Anwendungsbereich Die Bestimmungen über das summarische Verfahren finden Anwendung bei allen Streitsachen, für die bundesrechtlich
oder kantonalrechtlich ein summarisches Prozessverfahren vorgeschrieben ist.
Art. 206 Im summarischen Verfahren gelten die Vorschriften des ordentlichen Verfahrens mit folgenden Änderungen: 1. es bedarf keines Vermittlungsversuches; 2. erscheint die Klage als offensichtlich unbegründet, kann sie ohne weitere Vorkehren abgewiesen werden; 3. die Antwortfrist beträgt 10 Tage und kann auf höchstens 30 Tage erstreckt werden; für eine Replik beziehungsweise Duplik beträgt die Frist hiefür 10 Tage und kann auf höchstens 20 Tage erstreckt werden; 4. in besonders dringlichen Fällen kann die Prozessleitung ein rein mündliches Verfahren anordnen; gegebenenfalls hat keine Parteiverhandlung stattzufinden; 5. in der Regel sind nur Beweise durch Urkunden, Editionen, Augenschein und Parteibefragung zulässig; 6. die Appellationsfrist sowie die Frist zur Einreichung des Aufhebungsgesuches im Versäumnisverfahren beträgt zehn Tage; 7. die Prozessleitung hat die Parteien in ihren Verfügungen ausdrücklich auf die verkürzten Fristen aufmerksam zu machen; 8. das Gericht fällt den Entscheid ohne Verzug aus. C. Befehlsverfahren
Art. 207 1. Grundsatz Das Kantonsgerichtspräsidium erlässt Anordnungen zur raschen Durchsetzung klaren Rechtes bei nichtstreitigen oder sofort feststellbaren tatsächlichen Verhältnissen. Die Anordnungen können bestehen in: 1. Befehlen und Verboten gegen bestimmte Personen unter Androhung von Rechtsnachteilen im Sinne von Art. 212 und 292 StGB 8 ; 2. der Verhinderung, über bestimmte Gegenstände zu verfügen, wie Beschlagnahmung, Sperrung öffentlicher Register usw.; 3. der Zusprechung dinglicher Rechte an Grundstücken nach Art. 665 und 963 ZGB 9
.
Art. 208 Macht die gesuchstellende Partei die Berechtigung glaubhaft, kann dem Begehren auf ihren Antrag ohne Anhörung der Gegenpartei entsprochen werden. Gleichzeitig wird der Gegenpartei Frist angesetzt, um beim Kantonsgerichtspräsidium Einsprache zu erheben, unter der Androhung, dass die Verfügung sonst vollstreckbar wird; die Einsprache ist kurz zu begründen. Wird Einsprache erhoben, fällt die Verfügung dahin, sofern das Kantonsgerichtspräsidium keine superprovisorische Massnahme gemäss Art. 212 Abs. 4 anordnet; die Gegenpartei hat binnen der angesetzten Frist zum Gesuch schriftlich Stellung zu nehmen.
Art. 209 Verbote, die sich gegen einen unbestimmten Personenkreis richten, werden auf einseitiges Gesuch vom Kantonsgerichtspräsidium nach Prüfung der Verhältnisse erlassen und im Amtsblatt, nötigenfalls auch anderweitig, genügend bekannt gemacht. Das rechtskräftige Verbot soll an Ort und Stelle durch entsprechenden Hinweis gekennzeichnet werden. Die Aufhebung oder Abänderung des Verbotes kann von jeder Person, die ein Interesse nachweist, beim Kantonsgerichtspräsidium verlangt werden.
Art. 210 1. Zulässigkeit, Wirkung In den Fällen, in denen einer Person ein nicht leicht zu ersetzender Schaden bevorsteht, der durch eine vorsorgliche
richterliche Anordnung abgewendet werden kann, wird vom Kantonsgerichtspräsidium eine einstweilige Verfügung erlassen. Ist die Streitsache bereits rechtshängig, entscheidet die Prozessleitung derjenigen Gerichtsinstanz über die Anordnung vorsorglicher Massnahmen, bei welcher das Verfahren hängig ist. Anordnungen, die den Zustand der Streitsache betreffen, dürfen nicht weiter gehen, als es zur Abwendung der Gefahr notwendig ist. Die einstweilige Verfügung hat auf die Entscheidung der Hauptsache keinen Einfluss. Sie kann aufgehoben oder abgeändert werden, wenn sie sich nachträglich als ungerechtfertigt erweist oder wenn sich die Umstände geändert haben.
Art. 211 Ist die Streitsache, über die eine einstweilige Verfügung erlassen wurde, noch nicht rechtshängig, aber einklagbar, hat das Kantonsgerichtspräsidium der gesuchstellenden Partei eine angemessene Frist zur Einreichung der Klage anzusetzen unter der Androhung, dass die Verfügung sonst dahinfalle.
Art. 212 1. Verfahren Das Gesuch ist unter Anführung der Gründe dem Kantonsgerichtspräsidium schriftlich einzureichen; ausnahmsweise kann es auch mündlich gestellt werden. Die Bestimmungen über das summarische Verfahren im Sinne von Art. 205 und 206 sind anwendbar. Das Kantonsgerichtspräsidium erlässt seinen Entscheid nach Anhören der Gegenpartei, soweit dies durch die Umstände nicht ausgeschlossen ist. Zur Abwendung dringender Gefahr kann das Kantonsgerichtspräsidium nach Einreichung des Gesuches ohne Anhörung der Gegenpartei superprovisorische Massnahmen treffen, über deren Aufrechterhaltung als vorsorgliche Anordnung nach Anhörung der Gegenpartei entschieden wird; dieser kann stattdessen eine Frist von höchstens 10 Tagen zur Einsprache angesetzt werden unter der Androhung, dass im Säumnisfall die vorsorgliche Anordnung bestehen bleibt; die Einsprache ist kurz zu begründen und die Gegenpartei hat binnen der angesetzten Frist zum Gesuch schriftlich Stellung zu nehmen.
Art. 213 Wenn durch Entscheide im Sinne von Art. 207 ff. die Gegenpartei zu Schaden kommen könnte, kann die gesuchstellende Partei zur Sicherheitsleistung angehalten werden.
Art. 214 Entscheide im Befehlsverfahren bleiben in Kraft, bis sie durch die zuständige Behörde aufgehoben oder sistiert sind.
Art. 215 17
Das Kantonsgerichtspräsidium kann die im Befehlsverfahren gefällten Entscheide mit der Androhung verbinden, dass deren Übertretung auf Antrag mit Busse bis Fr. 1‘000.- bestraft wird.
Art. 216 Gegen die im Befehlsverfahren gefällten Entscheide des Kantonsgerichtspräsidiums steht den Verfahrensbeteiligten unter Vorbehalt von Art. 212 Abs. 4 die Nichtigkeitsbeschwerde an das Obergerichts zu. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist beim urteilenden Kantonsgerichtspräsidium binnen 20 Tagen seit der Zustellung des Entscheides einzureichen.
Art. 217 Das Kantonsgerichtspräsidium kann auf Antrag der gesuchstellenden Partei folgende Vollstreckungsmassnahmen anordnen: 1. Androhung der Bestrafung nach Art. 292 StGB 8
; 2. Ersatzvornahme; 3. polizeiliche Hilfe. Bevor es zu einem Zwangsmittel greift, ist dieses der betroffenen Person anzudrohen unter Einräumung einer
angemessenen Frist für die Erfüllung. Die Ersatzvornahme und die Anforderung polizeilicher Hilfe richten sich sinngemäss nach den Paragraphen 130 und 131 der Verwaltungsrechtspflegeverordnung . D. Beweissicherung
Art. 218 1. Zulässigkeit Besteht Gefahr, dass bei längerer Verzögerung ein Beweismittel verloren geht oder der Gebrauch eines Beweismittels erschwert wird, kann die betreffende Partei sowohl vor Beginn des Prozesses als auch in dessen Verlauf eine vorsorgliche Beweisaufnahme verlangen.
Art. 219 Das Gesuch ist schriftlich dem Kantonsgerichtspräsidium einzureichen. Das Gesuch hat zu enthalten: 1. die Bezeichnung der Partei, gegen welche der Beweis geführt werden soll; 2. die zu beweisenden Tatsachen; 3. die Angaben der Beweismittel; 4. die Gründe, welche die vorsorgliche Beweisaufnahme rechtfertigen sollen.
Art. 220 Das Kantonsgerichtspräsidium stellt der Gegenpartei ein Doppel des Gesuches zu und erlässt die Vorladung zur Beweisaufnahme. Es nimmt die Beweisaufnahme nach den Vorschriften, welche für das betreffende Beweismittel gelten, anstelle des ordentlichen Beweisverfahrens vor. Wenn die Gefahr des Verlustes eines Beweises besteht, die Gegenpartei nicht bekannt ist oder andere wichtige Gründe vorliegen, kann die Beweisaufnahme auch ohne Kenntnisgabe an die Gegenpartei erfolgen.
Art. 221 Gegen den Entscheid, mit dem das Kantonsgerichtspräsidium die Beweisaufnahme ablehnt, steht den Verfahrensbeteiligten die Nichtigkeitsbeschwerde an das Obergericht zu; die Nichtigkeitsbeschwerde ist binnen 20 Tagen seit der Zustellung des Entscheides beim Kantonsgerichtspräsidium einzureichen. Einreden gegen die Zuständigkeit des Gerichtspräsidiums oder gegen den Beweis sind auf die Zeit vorbehalten, wo im künftigen Prozess der Beweis geltend gemacht wird.
Art. 222 Die Gemeindeweibelin oder der Gemeindeweibel am Ort der gelegenen Sache nimmt auf Verlangen der berechtigten Partei einen Befund über den tatsächlichen Zustand auf, soweit dieser ohne besondere Fachkenntnisse festgestellt werden kann. Wenn möglich werden die an der Sache Beteiligten zur Aufnahme des Befundes beigezogen. Im Befund werden Zeit und Ort der Wahrnehmung sowie die Namen der Anwesenden erwähnt.
Art. 223 Erklärungen in zivilrechtlichen Angelegenheiten, insbesondere Kündigungen, werden auf Verlangen durch die Gemeindeweibelin oder den Gemeindeweibel zugestellt. Zuständig ist die Gemeindeweibelin oder der Gemeindeweibel am Wohnort oder Aufenthaltsort derjenigen Person, der die Erklärung zugestellt werden soll. E. Provokation
Art. 224 Eine Provokation ist zulässig, wenn es ungewiss ist, ob Personen vorhanden sind, die dingliche Ansprüche gegen die
Provokantin oder den Provokanten besitzen, und wenn diese beziehungsweise dieser ein rechtlich schützenswertes Interesse nachweist, über diese Ansprüche Sicherheit zu erhalten.
Art. 225 Das Provokationsgesuch ist unter Anführung der Gründe schriftlich beim Kantonsgerichtspräsidium einzureichen. Das Kantonsgerichtspräsidium entscheidet über das Gesuch in der Regel ohne mündliche Verhandlung. Wird dem Gesuch entsprochen, sind jene Personen, die dingliche Ansprüche gegen die Provokantin oder den Provokanten besitzen, mittels öffentlicher Vorladung aufzufordern, ihre Ansprüche binnen einer bestimmten angemessenen Frist schriftlich anzumelden.
Art. 226 Nicht fristgemäss angemeldete Ansprüche fallen unter Vorbehalt der übrigen Gesetzgebung dahin. Die Anmeldung ist am Protokoll vorzumerken. F. Kraftloserklärung
Art. 227 Das Gesuch um Kraftloserklärung von Grundpfändern, Wertpapieren und Sparheften ist beim Kantonsgerichtspräsidium unter Anführung der Gründe schriftlich einzureichen. Das Kantonsgerichtspräsidium prüft, ob die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, erhebt die Beweise, die ihm zur Glaubhaftmachung des Anspruches nötig erscheinen, und erlässt die entsprechenden Aufforderungen.
Art. 228 Gegen den Entscheid des Kantonsgerichtspräsidiums im Kraftloserklärungsverfahren kann Appellation erhoben werden. G. Versäumnisverfahren
Art. 229 Wenn eine Partei auf eine unter Androhung des Versäumnisverfahrens erlassene Vorladung vor Gericht unentschuldigt nicht erscheint oder durch Entfernen von den Gerichtsschranken die Einlassung verweigert, treten nachstehende Rechtsfolgen ein: 1. bei Säumnis der Klägerschaft: Abstand von der Klage; 2. bei Säumnis der beklagten Partei: Ausfällen des Versäumnisentscheides nach den Anbringen der Klägerschaft und aufgrund der Akten.
Art. 230 Der Versäumnisentscheid wird den Parteien ordentlich eröffnet. Erfolgt ein Versäumnisentscheid auf eine öffentliche Vorladung, muss er im Dispositiv in den gleichen Blättern veröffentlicht werden, in denen die Vorladung erschienen ist; wenn besondere Gründe es geboten erscheinen lassen, kann anstelle des Dispositivs der blosse Hinweis veröffentlicht werden, dass der Versäumnisentscheid gefällt wurde und beim Gericht in Empfang genommen werden kann.
Art. 231 Gegen einen Versäumnisentscheid kann binnen 20 Tagen seit Zustellung beziehungsweise binnen 90 Tagen seit Veröffentlichung nach Art. 230 Abs. 2 das Gesuch um Aufhebung bei der Prozessleitung eingereicht werden. Bei Einreichung des Aufhebungsgesuches muss die gesuchstellende Partei ausgenommen im Fall der unentgeltlichen Rechtspflege, die ihr durch den Versäumnisentscheid überbundenen Prozesskosten hinterlegen und den neuen Gerichtskostenvorschuss leisten.
Art. 232 Bei der Gerichtsverhandlung ist vorerst die Frage zu prüfen, ob der Versäumnisentscheid aufzuheben sei; die Aufhebung darf nur dann erfolgen, wenn sich die gesuchstellende Partei über ihr Ausbleiben am Gerichtstage durch hinlängliche Entschuldigungsgründe rechtfertigen kann. Wird der Versäumnisentscheid aufgehoben, ist unmittelbar auf die Streitsache selbst einzutreten.
Gegen die Abweisung des Aufhebungsgesuches kann binnen zehn Tagen seit der Zustellung beim Obergericht Nichtigkeitsbeschwerde erhoben werden.
Art. 233 Gegen einen Versäumnisentscheid sind die gleichen Rechtsmittel zulässig wie gegen die übrigen Entscheide. VII. SCHIEDSGERICHTSBARKEIT
Art. 234 Für die Schiedsgerichtsbarkeit findet das Konkordat über die Schieds-gerichtsbarkeit 11
vom 27. März 1969 Anwendung.
Art. 235 Das Kantonsgerichtspräsidium ist zuständig: 1. für die in Art. 3 Abs. 2 Buchstaben a-e und g des Konkordates 11
umschriebenen Befugnisse; 2. zum Erlass von Verfügungen und Entscheiden gemäss Art. 179, 180, 183, 184, 185 und 193 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht . Die Kassationsabteilung des Obergerichtes ist zuständig: 1. für die in den in Art. 3 Abs. 2 Buchstabe f des Konkordates 11 2. zum Entscheid über Beschwerden gemäss Art. 191 Abs. 2 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht 12 .
Art. 236 In den vom Kantonsgerichtspräsidium zu behandelnden Fällen sind die Bestimmungen von Art. 117 und 118 ,
der Kassationsabteilung des Obergerichts zu behandelnden Fällen die Bestimmungen von Art. 247 ff. sinngemäss anzuwenden. VIII. RECHTSMITTEL A. Appellation
Art. 237 Gegen Verfügungen und Urteile des Kantonsgerichtspräsidiums, die es gestützt auf Art. 3 des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch erlässt, kann bei der Kleinen Kammer des Obergerichts Appellation erhoben werden. Gegen Endurteile der Kleinen Kammer des Kantonsgerichts kann bei der Kleinen Kammer des Obergerichts Appellation erhoben werden. Gegen erstinstanzliche Endurteile der Grossen Kammer des Kantonsgerichts kann bei der Grossen Kammer des Obergerichts Appellation erhoben werden. Gegen Kostenentscheide und gegen Urteile ohne gerichtlichen Sachentscheid gemäss Art. 85 ist die Appellation nicht zulässig. Entscheide über Vor- oder Zwischenfragen sind unter den gleichen Voraussetzungen selbstständig appellabel: 1. wenn dadurch sofort ein Endentscheid herbeigeführt und ein bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten für das Beweisverfahren erspart werden kann; 2. wenn ein schwer wieder gutzumachender Nachteil droht. Mit der Appellation können alle Mängel des Verfahrens und des Entscheides angefochten werden; die Appellation hat die Überprüfung des erstinstanzlichen Entscheides in tatbeständlicher und rechtlicher Hinsicht zum Gegenstand. Ist die Appellation zulässig, sind andere Rechtsmittel nicht statthaft.
Art. 238 Die Appellation ist binnen 20 Tagen seit der Zustellung des erstinstanzlichen Entscheides in zweifacher Ausfertigung bei derjenigen Instanz zu erklären, die den Entscheid erlassen hat.
Die Appellationserklärung muss die Anträge auf Änderung des angefochtenen Entscheides enthalten.
Art. 239 Das Doppel der Appellationserklärung ist der Appellatin oder dem Appellaten ohne Verzug zuzustellen. Die Appellatin oder der Appellat kann binnen 20 Tagen zu den rechtlichen Erörterungen der Appellationserklärungen kurz Stellung nehmen.
Art. 240 Hat nur eine Partei die Appellation erklärt, kann sich die Appellatin oder der Appellat der Appellation in der für diese geltenden Form binnen 20 Tagen seit Zustellung der Appellation anschliessen, wovon die Prozessleitung der Appellantin oder dem Appellanten Kenntnis zu geben hat. Der Hinfall der Appellation hat auch jenen der Anschlussappellation zur Folge. Die Appellatin oder der Appellat kann im Kostenpunkt auch ohne Anschlussappellation eine Abänderung beantragen.
Art. 241 Die Appellation hemmt Rechtskraft und Vollstreckung des angefochtenen Entscheides, soweit er angefochten ist.
Art. 242 Neue Tatsachen und Beweismittel sind zulässig, es sei denn, dass sie infolge groben Verschuldens vor der ersten Instanz nicht vorgebracht wurden; Art. 138 Abs. 1 ZGB 9
bleibt vorbehalten. Neue Rechtsbegehren nach Art. 131 Abs. 2 sind zulässig, es sei denn, dass sie infolge groben Verschuldens vor der ersten Instanz nicht vorgebracht wurden. Art. 138 Abs. 1 und 2 ZGB 9 bleiben vorbehalten. Sie sind zusammen mit allfällig weiteren Vorfragen grundsätzlich in der Appellationserklärung, beziehungsweise von der Appellatin oder vom Appellaten binnen 20 Tagen seit Zustellung der Appellation, schriftlich geltend zu machen; erfolgt die Geltendmachung erst bei der Verhandlung vor Obergericht, hat die säumige Partei die entstehenden Mehrkosten zu tragen. Der Gegenpartei ist Gelegenheit zu geben, sich über das neu Vorgebrachte zu äussern. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen von Art. 53 Abs. 2 und Art. 183 ff.
Art. 243 Vor der Appellationsinstanz findet eine neue Behandlung der Streitsache nach den für die erste Instanz geltenden Vorschriften statt, soweit dieses Gesetz nicht etwas anderes bestimmt. Das Beweisverfahren kann wiederholt oder ergänzt werden, wenn die unmittelbare Wahrnehmung durch die Appellationsinstanz erforderlich erscheint oder das Beweisverfahren vor erster Instanz sich nicht als ausreichend erweist. Jede Partei hat einen Vortrag; haben beide Parteien selbstständig appelliert, steht der erste Vortrag der Klägerschaft zu. Die Parteien können jedoch auf den Vortrag verzichten und zur Begründung ihrer Anträge lediglich auf die Akten verweisen. Werden neue Tatsachen, neue Beweismittel oder neue Rechtsbegehren geltend gemacht, kann das Obergericht die Akten vervollständigen oder durch die Vorinstanz vervollständigen lassen; es kann die Streitsache endgültig beurteilen oder ausnahmsweise das erstinstanzliche Urteil aufheben und die Sache mit den nötigen Weisungen zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückleiten.
Art. 244 Erscheint eine Partei nicht zur Verhandlung, finden die Bestimmungen über das Versäumnisverfahren sinngemäss Anwendung. B. Rekurs
Art. 245 Gegen Verfügungen der Prozessleitung an die betreffende Gerichtsabteilung beziehungsweise gegen Verfügungen des Kantonsgerichtspräsidiums an die Kleine Kammer des Kantonsgerichts ist in den in diesem Gesetz vorgesehenen
Fällen der Rekurs zulässig. Er hat die Überprüfung des angefochtenen Entscheides in tatbeständlicher und rechtlicher Hinsicht zum Gegenstand. Dem Rekurs kommt aufschiebende Wirkung zu, soweit die Prozessleitung nicht etwas anderes verfügt.
Art. 246 Der Rekurs ist binnen 20 Tagen seit der Eröffnung des angefochtenen Entscheides mit schriftlicher Begründung bei derjenigen Instanz einzureichen, die den Entscheid erlassen hat. Das Gericht holt einen Bericht bei der betreffenden Instanz ein, wenn sich aus den Akten keine Begründung des angefochtenen Entscheides ergibt, und wenn der Rekurs sich nicht zum vornherein als aussichtslos erweist; es stellt den Rekurs ferner der Gegenpartei zur Stellungnahme zu. Eine mündliche Verhandlung findet in der Regel nicht statt. Das Gericht entscheidet bei Gutheissung des Rekurses in der Regel selbst, wenn nicht zureichende Gründe eine Aufhebung des angefochtenen Entscheides und eine Zurückweisung zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuen Entscheidung rechtfertigen. C. Nichtigkeitsbeschwerde (Kassation)
Art. 247 Gegen Endentscheide einer unteren kantonalen Instanz ist die Nichtigkeitsbeschwerde an die Kassationsabteilung des Obergerichts zulässig, sofern gegen den Entscheid die Appellation und der Rekurs ausgeschlossen sind. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist namentlich zulässig gegen Entscheide des Friedensrichteramtes nach Art. 12 Abs. 2 Gerichtsgesetz 2 2
, und im Weiteren in den Verfahren gemäss Art. 43 Abs. 1 Ziff. 1 und 3, Art. 44, Art. 52 Abs. 2 und Art. 55 Abs. 2 Gerichtsgesetz 2 . Prozessleitende Entscheide können selbstständig mit der Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden: 1. wenn dadurch sofort ein Endentscheid herbeigeführt und ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für das Beweisverfahren erspart werden kann; 2. wenn ein schwer wieder gutzumachender Nachteil droht.
Art. 248 Die Nichtigkeitsbeschwerde kann erhoben werden: 1. wenn unberechtigt ein Ausstandsgrund verneint wurde, wenn eine unfähige Gerichtsperson am Entscheid mitgewirkt hat oder wenn bei Vorliegen eines Ablehnungsgrundes die Meldepflicht verletzt oder ein Ausstandsbegehren einer Partei nicht behandelt wurde; 2. wenn ein Gericht nicht gehörig besetzt war; 3. wenn eine Prozessvoraussetzung nicht erfüllt war; 4. wenn der beschwerdeführerischen Partei das rechtliche Gehör verweigert wurde; 5. wenn, ohne dass besondere Gesetzesvorschriften es erlauben, dem obsiegenden Teil mehr oder anderes, als er verlangt hat, zugesprochen worden ist; 6. wenn die unentgeltliche Rechtspflege unberechtigt verweigert oder entzogen wurde; 7. wenn ein Tatbestand willkürlich angenommen oder das Gesetz in formeller oder materieller Hinsicht willkürlich angewendet worden ist.
Art. 249 Die Nichtigkeitsbeschwerde hemmt den Eintritt der Rechtskraft nicht. Die Prozessleitung kann den Vollzug des angefochtenen Entscheides aufschieben und dies von einer Sicherheitsleistung abhängig machen.
Art. 250 1. Beschwerdefrist
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist unter dem Vorbehalt von Art. 44 des Gerichtsgesetzes 2 binnen 20 Tagen schriftlich und begründet bei derjenigen Instanz einzureichen, die den Entscheid erlassen hat; die Frist beginnt mit der schriftlichen Zustellung des angefochtenen Entscheides. Die Nichtigkeitsbeschwerde muss enthalten: 1. die Angabe der Nichtigkeitsgründe und der Beweismittel; 2. den bestimmten Antrag, in welchem Umfang der frühere Entscheid als nichtig zu erklären ist. Der angefochtene Entscheid ist der Beschwerde beizulegen.
Art. 251 Bei Einreichung der Nichtigkeitsbeschwerde muss die beschwerdeführerische Partei, ausgenommen im Fall der unentgeltlichen Rechtspflege, mit den Folgen nach Art. 94 Abs. 2 und 3 die ihr durch das Urteil der Vorinstanz überbundenen Prozesskosten hinterlegen und den neuen Gerichtskostenvorschuss leisten. Das Doppel der Beschwerdeschrift ist ohne Verzug der Gegenpartei zur Stellungnahme zuzustellen. Eine mündliche Parteiverhandlung findet in der Regel nicht statt.
Art. 252 Ist die Nichtigkeitsbeschwerde begründet, hebt die Kassationsabteilung den angefochtenen Entscheid auf. Sie kann einen neuen Entscheid in der Sache selbst fällen, wenn sie spruchreif ist; andernfalls wird der Prozess zur Verbesserung des Mangels und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen. D. Revision
Art. 253 Mit der Revision kann die Abänderung eines rechtskräftigen Endentscheides durch neue Beurteilung der Streitsache bei jenem Gericht nachgesucht werden, welches den Endentscheid erlassen hat. Die Revision kann verlangt werden, wenn eine Partei neue und wesentliche Tatsachen oder Beweismittel vorbringen kann, die ihr früher nicht zu Gebote standen oder die sie trotz Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht kannte; vorbehalten bleiben die Revisionsgründe nach Art. 148 Abs. 2 ZGB 9
.
Art. 254 Das Revisionsgesuch ist binnen 90 Tagen nach Entdeckung des Revisionsgrundes schriftlich einzureichen; nach Ablauf von 10 Jahren seit der Urteilsfällung kann die Revision nurmehr verlangt werden, wenn durch ein rechtskräftiges Strafurteil festgestellt ist, dass die Gegenpartei selbst durch ein Verbrechen oder Vergehen auf das Zustandekommen des angefochtenen Entscheides eingewirkt hat. Das Revisionsgesuch muss die Revisionsgründe und die Beweismittel bezeichnen und ist der Gegenpartei unter Ansetzung einer Frist von 20 Tagen zur Vernehmlassung zuzustellen.
Art. 255 Das Revisionsgesuch hemmt die Vollstreckung des angefochtenen Entscheides nicht. Die Prozessleitung kann jedoch die Vollstreckung für die Dauer des Revisionsverfahrens einstellen, soweit der Entscheid noch nicht vollstreckt ist und wenn für die spätere Vollstreckung genügende Sicherheit geleistet wird.
Art. 256 Über die Zulässigkeit der Revision findet eine mündliche Verhandlung statt. Gegen den die Revision zulassenden oder ablehnenden Entscheid ist die Appellation nur zulässig, wenn sie auch gegen den angefochtenen Entscheid zulässig wäre.
Art. 257 Wird die Revision bewilligt, hebt das Gericht den früheren Entscheid auf; das in erster Instanz zuständige Gericht fällt einen neuen Entscheid. Das Verfahren richtet sich nach den für die betreffende Instanz geltenden Bestimmungen.
Gegen den neuen Entscheid sind die gleichen Rechtsmittel gegeben, die gegenüber dem ersten Entscheid zu Gebote standen. IX. VOLLSTRECKUNG
Art. 258 Der in Rechtskraft erwachsene Entscheid ist vollstreckbar, sofern darin kein Aufschub vorgesehen ist. Wird in einem Entscheid die zugesprochene Leistung von einer Bedingung oder Gegenleistung abhängig gemacht, tritt die Vollstreckbarkeit erst ein, wenn die Bedingung erfüllt oder die Gegenleistung erbracht ist, worüber im Falle der Bestreitung die Vollzugsbehörde entscheidet.
Art. 259 Lautet der Entscheid auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme, kann er nach den Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes vollstreckt werden. Deponierte Beiträge sind sofort, nachdem der Entscheid in Rechtskraft erwachsen ist, auszuhändigen.
Art. 260 1. allgemein Lautet der Entscheid nicht auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme und wird ihm nicht freiwillig Folge geleistet, kann bei der Justiz- und Sicherheitsdirektion das Begehren um Vollstreckung gestellt werden. Die Justiz- und Sicherheitsdirektion erlässt einen Vollstreckungsbefehl, der enthält: 1. dasjenige, wozu die verfällte Person angehalten wird; 2. eine Frist, binnen welcher dem Befehl nachzukommen ist; 3. die Androhung der amtlichen Vollstreckung mit Bezeichnung der Art und Weise ihrer Ausführung; 4. die Androhung der Bestrafung nach Art. 292 StGB 8
im Falle der Missachtung des Befehls.
Art. 261 Ist die verfällte Person zu einer persönlichen Leistung verpflichtet und kommt sie dem Vollstreckungsbefehl nicht oder nicht vollständig nach, ordnet die Justiz- und Sicherheitsdirektion auf Kosten der verfällten Person, jedoch gegen Kostenvorschuss der obsiegenden Partei, sofort die vollständige Verrichtung durch eine Drittperson an. Kann die Leistung durch Dritte nicht vorgenommen werden und ist ihr Wert nicht ausgemittelt, kann die obsiegende Partei beim gleichen Gericht im beschleunigten Verfahren die Umwandlung der persönlichen Leistung in eine Geldleistung verlangen.
Art. 262 Hat die verfällte Person bewegliche Sachen herauszugeben, sind diese nötigenfalls zu beschlagnahmen und der obsiegenden Partei zu übergeben. Ist dies nicht möglich, ist der obsiegenden Partei dafür eine entsprechende Entschädigung zu leisten, über welche streitigenfalls das gleiche Gericht auf dem Wege des beschleunigten Verfahrens entscheidet.
Art. 263 Ist die verfällte Person zur Einräumung des Besitzes an einem Grundstück verpflichtet, ist sie unter polizeilicher Leitung aus ihm auszuweisen und die obsiegende Partei in ihn einzusetzen.
Art. 264 Ist die verfällte Person zur Unterlassung einer Handlung verpflichtet, wird ihr die Begehung derselben unter Androhung der Bestrafung nach Art. 292 StGB 8
Art. 265 Die verfällte Person ist verpflichtet, der obsiegenden Partei alle aus der Vollstreckung entstandenen Kosten zu ersetzen und sie für allfällig durch ihren Widerstand entstandene Nachteile zu entschädigen.
Art. 266
Bundesgerichtliche und rechtskräftige Entscheide anderer Kantone werden wie hierortige rechtskräftige Entscheide vollstreckt. Die Vollstreckung ausländischer Entscheide richtet sich unter dem Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge nach dem Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht 12 . X. ÜBERGANGS- UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Art. 267 Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes hängigen Fälle sind unter Vorbehalt von Abs. 2 nach dem bisherigen Recht zu Ende zu führen. Soweit auf Scheidungsprozesse oder die Abänderung von Scheidungsurteilen neues Bundesrecht Anwendung findet, sind die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes hängigen Fälle nach dem neuen Recht zu Ende zu führen.
Art. 268 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum; es ist im Amtsblatt zu veröffentlichen und in die Gesetzessammlung aufzunehmen. Es bedarf im Rahmen von Art. 52 der Schlusstitel zum Zivilgesetzbuch der Genehmigung durch den Bund. Der Regierungsrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens 13
. Alle mit ihm in Widerspruch stehenden Bestimmungen sind aufgehoben, insbesondere die Verordnung vom 11. Juli 1970 über den Zivilprozess . Endnoten 1 1999, 1495, A 2000, 75; vom Bund genehmigt am 10. Dezember 1999 2 NG 261.1 3 SR 272 4 SR 281.1 5 NG 211.1 6 NG 261.11 7 NG 268 8 SR 311.0 9 SR 210 10 NG 265.1 11 NG 262.2 12 SR 291 13 Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 2000 14 A 1970, 1017, 1318 15 Fassung gemäss Landratsbeschluss vom 24. Oktober 2001, A 2001, 1473, A 2002, 6; in Kraft seit 1. Januar 2002 16 Fassung gemäss Landratsbeschluss vom 4. Februar 2004, A 2004, 245, 2035; in Kraft seit 1. Dezember 2004 17 Fassung gemäss Landratsbeschluss vom 25. Oktober 2006, A 2006, 1705, A 2007, 5; in Kraft seit 1. Januar 2007 18 Fassung gemäss Landratsbeschluss vom 23. Januar 2008, A 2008, 179, 694; in Kraft seit 1. Mai 2008 19 SR 211.231
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