Vollziehungsverordnung zum Schweizerischen Obligationenrecht (Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen)
Vollziehungsverordnung zum Schweizerischen Obli- gationenrecht (Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen) Gestützt auf Artikel 274 ff. des Schw eizerischen Obligationenrechtes (in der Fassung vom 15. Dezember 1989) 1 ) , Artikel 23 der Verordnung des Bundesrates über Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen vom
9. Mai 1990 (VMWG)
2 ) und Artikel 52 Absatz 2 Schlusstitel zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch
3 ) vom Grossen Rat erlassen am 30. November 1994
4 ) I. Allgemeines und Organisation der Schlichtungsbehörden
Art. 1 Jeder Bezirk hat eine Schlichtungsbehörde.
Anzahl
Art. 2
1 Die Schlichtungsbehörde besteht aus einem Vorsitzenden und je einem Vertreter der Mieter und Vermieter sowie je einem Stellvertreter. Wo es die örtlichen Verhältnisse oder andere Gründe erfordern, kann die Wahlbe- hörde je einen weiteren Stellvertreter wählen. Zusammen- setzung
2 Die Wahlbehörde entscheidet über die grundlegenden organisatorischen Fragen des Sekretariates und bestimmt dessen Sitz.
3 Die Schlichtungsbehörde wählt den Sekretär.
Art. 3
1 Das Bezirksgericht wählt die Mitgli eder der Schlichtungsbehörde für die Dauer von vier Jahren. Wa h l
2 Ersatzwahlen während der Amtsdauer sind möglich.
3 Die Mieter- und Vermieterorganisati onen unterbreiten Vorschläge für die Wahl ihrer Vertreter.
1) AS 1990, 802
2) AS 1990, 835
3) SR 210
4) B vom 30. August 1994, 411; GRP 1994/95, 648
Art. 4 Die Aufsicht über die Schlichtungs behörden obliegt dem Departement des
Innern und der Volkswirtschaft
1 )
. Aufsicht
Art. 5
1 Die Entschädigung der Mitglieder de r Schlichtungsbehörde richtet sich nach der Verordnung über die Verfahrenskosten und Entschädigungen im Zivilverfahren 2 ) sowie dem Kostentarif im Zivilverfahren 3 ) . Kosten
2 Die Kosten der Schlichtungsbehörde werden durch die Gemeinden im Verhältnis ihrer Einwohnerzahl gedeckt.
Art. 6 Das Bezirksgericht meldet Zusa mmensetzung und Adre sse der Schlich-
tungsbehörde sowie entsprechende Änderungen unverzüglich dem Depar- tement des Innern und der Volkswirtschaft
4 )
. Meldungen
Art. 7 Personen-, Funk tions- und Berufsbezeichnungen in dieser Verordnung be-
ziehen sich auf beide Geschlechter, soweit sich aus dem Sinn der Verord- nung nicht etwas anderes ergibt. Gleichstellung der Geschlechter II. Aufgaben der Schlichtungsbehörden
Art. 8 Die Aufgaben der Schlichtungsbehör de richten sich nach den bundes-
rechtlichen Vorschriften, insbesonde re nach Artikel 274a Absatz 1 OR
5 ) und Artikel 21 VMWG
6 )
. Allgemeines
Art. 9 Die Schlichtung sbehörde ist Hinter legungsstelle für Mietzinse im Sinne
von Artikel 259g OR.
7 ) Hinterlegungs- stelle
1) Nunmehr Departement für Volkswirtschaft und Soziales
2) BR 320.070
3) BR 320.075
4) Nunmehr Departement für Volkswirtschaft und Soziales
5) SR 220
6) SR 221.213.11
7) SR 220
Art. 10
1 Die Schlichtungsbehörde richtet einen Beratungsdienst ein, der von Mie- tern und Vermietern auch ausserhalb eines Verfahrens beansprucht werden kann. Beratung
2 Die Beratung obliegt in der Regel dem Sekretariat. Sie kann auch ein- zelnen Mitgliedern übertragen werden.
Art. 11
1 Die Schlichtungsbehörde versucht in allen Fällen zwischen den Parteien eine Einigung zu erzielen. Schlichtung
2 In den Fällen, in welchen die Sc hlichtungsbehörde nicht entscheiden muss, kann der Vorsitzende eine Eini gung versuchen. Kommt sie nicht zu- stande, führt die Schlichtungsbehörde einen Einigungsversuch durch, so- fern die Parteien nicht darauf verzichten.
Art. 12
1 Kommt keine Einigung zustande, fällt sie in folgenden Fällen einen be- gründeten Entscheid: Entscheid a) Hinterlegung des Mietzinses (Art. 259g ff. OR) 1 ) ; b) Anfechtung der Kündigung (Art. 273 OR)
2 ) ; c) Erstreckung des Mietverhältnisses (Art. 273 OR)
3 )
.
2 In allen anderen Fällen stellt der Vorsitzende oder die Schlichtungsbe- hörde das Nichtzustandekommen der Einigung fest. Das Protokoll gilt in solchen Fällen als Leitschein im Si nne von Artikel 73 der Zivilprozessord- nung
4 ) und hat die dort vorgesehenen Angaben zu enthalten. III. Verfahren vor den Schlichtungsbehörden
1. ALLGEMEINES
Art. 13 Es gelten sinngemäss die Vorschriften der Zivilprozessordnung
5 ) über das beschleunigte Verfahren, soweit nicht nachfolgend abweichende Bestim- mungen aufgestellt werden. Verfahrensrecht
1) SR 220
2) SR 220
3) SR 220
4) BR 320.000
5) BR 320.000
Art. 14
1
1 ) Der Ausstand eines Mitgliedes der Sc hlichtungsbehörde richtet sich grundsätzlich nach den Bestimmunge n des Gerichtsorganisationsgeset- zes
2 )
. Ausstand
2 Dies gilt nicht für die Berat ungstätigkeit durch den Sekretär.
Art. 15
1 Das Gesuch um Durchführung eines Verfahrens ist schriftlich im Doppel oder mündlich zu Protokoll bei der zu ständigen Schlichtungsbehörde ein- zureichen unter genauer Bezeichnung der Parteien, ihrer Wohnsitze und Adressen oder Firma und Adresse, Name und Adresse allfälliger Vertreter sowie einer allgemeinen Umschreibung des Streitgegenstandes. Gesuch
2 In den Fällen gemäss Artikel 12 Absa tz 1 hat das Gesuch das Rechtsbe- gehren sowie die wesentlichen Tatsachen und Beweismittel zu enthalten.
Art. 16
1 Mit dem Gesuch sind die erforderlichen Unterlagen einzureichen. Unterlagen
2 Die Schlichtungsbehörde kann von den Parteien unter Ansetzung einer Frist weitere Unterlagen und Ergänzungen verlangen.
3 Kommt eine Partei dieser Aufforde rung nicht nach, kann sie mit Kosten belastet werden.
Art. 17 Mit Eingabe des Gesuches bei der Schlichtungsbehörde tritt die Streitan-
hängigkeit ein. Streit- anhängigkeit
Art. 18
1 Die Kündigungsanfechtung sowie das Begehren um Erstreckung des Miet- oder Pachtverhältnisses haben aufschiebende Wirkung. Aufschiebende Wirkung
2 Bei offensichtlich verspätet einge reichten Gesuchen kann der Vorsit- zende die aufschiebende Wirkung entziehen.
Art. 19
1 Die Schlichtungsbehörde kann in al len Fällen unter Ansetzung einer kur- zen Frist eine Vernehmlassung einholen. Ve r n e h m l a s s u n g
2 In den Fällen von Artikel 12 Absatz 1 ist sie dazu verpflichtet.
1) Fassung gemäss VO über die Aufhebung un d Anpassung grossrätlicher Verord- nungen im Zusammenhang mit dem Erlass des GOG Artikel 2 Ziffer 2, AGS
2007, KA 1043; am 1. Januar 2008 in Kraft getreten.
2) BR 173.000
Art. 20 In den Fällen gemäss Artikel 12 Absa tz 1 erhebt die Schlichtungsbehörde
die notwendigen Beweis e von Amtes wegen. Beweisverfahren
Art. 21 Die Schlichtung sbehörde lädt die Part eien schriftlich zur Verhandlung vor.
Vorladung
Art. 22
1 Die Parteien haben persönlich zur Verhandlung zu erscheinen. Persönliches Erscheinen, Vertretung
2 Vertretung ist zulässig. Auch in dies en Fällen haben die Parteien persön- lich zu erscheinen.
3 Über begründete Ausnahmen entschei det der Vorsitzende. In diesen Fäl- len hat sich der allfällige Vertreter mit einer schriftlichen Vollmacht auszu- weisen.
Art. 23
1 Erscheint der Gesuchsteller ohne genügende Entschuldigung nicht zur Verhandlung, gilt das Gesu ch als zurückgezogen. Ausbleiben der Parteien
2 Erscheint die Gegenpartei ohne genügende Entschuldigung nicht, gilt die Einigung als gescheitert. In den Fällen von Artikel 12 Absatz 1 entscheidet die Schlichtungsbehörde aufgrund der Akten.
3 In den Vorladungen ist auf diese Folgen hinzuweisen.
Art. 24
1 Die Verhandlung ist nicht öffentlich. Verhandlung
2 Der Vorsitzende leitet das Verfahren. Er gibt den Parteien Gelegenheit, ihren Standpunkt zu begründen.
3 Die Schlichtungsbehörde stellt de n Sachverhalt von Amtes wegen fest und würdigt die Beweise nach freiem Ermessen, wobei sie das Verhalten der Parteien berücksichtigt.
Art. 25
1 Über die Verhandlung ist ein kurzes Protokoll zu führen. Protokoll
2 In dieses sind insbesondere aufzunehmen: a) Datum der Eingabe des Gesuches; b) Datum der Verhandlung; c) Besetzung der Schlichtungsbehörde; d) Parteien und allfällige Vertreter; e) Mietobjekt; f) Anträge der Parteien; g) Ergebnis der Verhandlungen; h) Vergleiche im vollen von den Parteien unterzeichn eten Wortlaut;
i) Rechtsm ittelbelehrung; k) Datum der Mitteilung.
3 Das Protokoll ist vom Vorsitzenden zu unterzeichnen und den Parteien sowie dem Departement des Innern und der Volkswirtschaft
1 ) zuzustellen.
Art. 26
1 Das Protokoll kann auf begründeten Antr ag einer Partei längstens drei Monate offengehalten werden. Offenhalten des Protokolls
2 Die Offenhaltungsfrist ist im Protokoll zu vermerken.
3 Kommt bis zum Ablauf der Fris t keine Einigung zustande, hat die Schlichtungsbehörde dies festzustellen oder in den vorgeschriebenen Fäl- len zu entscheiden.
Art. 27 Der Entscheid ist zu begründen, schr iftlich auszufertigen, mit einer
Rechtsmittelbelehrung zu versehen und den Parteien sowie dem Departe- ment des Innern und der Volkswirtschaft
2 ) zuzustellen. Eröffnung des Entscheides
2. SCHIEDSGERICHTSVERFAHREN
Art. 28 Für das Verfahren vor der Schlichtungs behörde als Schiedsgericht sind die
Bestimmungen der Artikel 140 ff. der Zivilprozessordnung
3 ) sinngemäss anwendbar. Allgemeines
Art. 29 Der schiedsgeri chtlichen Erledigung hat in jedem Fall ein Einigungsver-
such gemäss Artikel 11 vorauszugehen. Einigungsversuch
3. KOSTEN
Art. 30 Das Verfahren vor der Schlichtungs behörde ist im Rahmen des Bundes-
rechtes kostenlos. Grundsatz
1) Nunmehr Departement für Volkswirtschaft und Soziales
2) Nunmehr Departement für Volkswirtschaft und Soziales
3) BR 320.000
Art. 31 Bei m utwilliger Prozessführung kann die fehlbare Partei ganz oder teil-
weise zur Bezahlung der amtlichen Kosten und zur Leistung einer Ent- schädigung an die Gegenpartei verpflichtet werden. Ausnahme
Art. 32 Die Berechnung der amtlichen Kosten richtet sich nach der Verordnung
über die Verfahrenskosten und Ents chädigungen im Zivilverfahren
1 ) so- wie dem Kostentarif im Zivilverfahren
2 ) für Verfahren vor dem Einzel- richter. Berechnung IV. Weiteres Verfahren
Art. 33 Im Verfahren vor Gerichtsinstanzen gelten sinngemäss die Vorschriften
der Zivilprozessordnung über das beschleunigte Verfahren. Verfahrensrecht
Art. 34 Hat die Schlich tungsbehörde das Ni chtzustandekommen einer Einigung
festgestellt, muss diejenige Partei, we lche auf ihrem Begehren beharrt, in- nert 30 Tagen die zuständige Gerichtsinstanz anrufen. Keine Einigung
Art. 35 Gegen En tscheide der Schlichtungs behörde im Sinne von Artikel 12 Ab-
satz 1 kann die unterlegene Partei innert 30 Tagen die zuständige Ge- richtsinstanz anrufen. Entscheid
Art. 36
1 Für vermögensrechtliche Streitigkeit en bis Fr. 5000.– ist der Bezirksge- richtspräsident zuständig. Sachliche Zuständigkeit
2 Im übrigen richtet sich die sachlic he Zuständigkeit nach Artikel 18 und
19 der Zivilprozessordnung.
3 )
Art. 37 Die Feststellung des Streitbetrages erfolgt gemäss den Bestimmungen von
Artikel 22 der Zivilprozessordnung.
4 ) Feststellung des Streitbetrages
1) BR 320.070
2) BR 320.075
3) BR 320.000
4) BR 320.000
Art. 38 Die Eingab e an das Gericht hat den Erfordernissen gemäss Artikel 82 der
Zivilprozessordnung
1 ) zu genügen. Eingabe an Gericht
Art. 39
1
2 ) Entscheide des Bezirksgerichtspräsidenten sowie des Bezirksgerichts- ausschusses können mittels Beschwerde gemäss Artikel 232 ff. Zivilpro- zessordnung
3 ) an das Kantonsgericht weitergezogen werden. Weiterzug richterlicher Entscheide
2 Entscheide des Bezirksgerichtes sind mittels Berufung im Sinne von
Artikel 218 Zivilprozessordnung beim Kantonsgericht anfechtbar. V. Administrative Bestimmungen
Art. 40
1 Die Gemeinden erhalten vom Kant on zum Selbstkostenpreis die Formu- lare für die Kündigung von Wohn- und Geschäftsräumen (Art. 266 l Abs.
2 OR)
4 )
. sowie für Mietzinserhöhungen und andere einseitige Vertragsän- derungen durch den Vermieter (Art. 269 d Abs. 1 OR)
5 )
. Formulare
2 Sie geben diese Formulare den Vermietern auf Verlangen ab und können dafür eine kostendeckende Gebühr erheben.
3 Das Departement des Innern und der Volkswirtschaft
6 ) genehmigt die Formulare für die Kündigung von Wohn- und Geschäftsräumen (Art. 266 l Abs. 2 OR)
7 ) sowie für Mietzinserhöhungen und andere einseitige Ver- tragsänderungen durch den Vermieter (Art. 269 d Abs. 1 OR) 8 ) .
4 Wenn der Vermieter den Mietzins au f Grund der vereinbarten Staffelung erhöht, gilt als rechtsgenügendes Formul ar die Kopie der Mietzinsverein- barung (Art. 19 Abs. 2 VMWG). 9 )
Art. 41 Die zuständigen Gerichtsinstanzen haben ein Doppel der Urteile über an-
gefochtene Mietzinse und andere Fo rderungen der Vermieter dem Eidge- Mitteilung der Urteile
1) BR 320.000
2) Fassung gemäss VO über die Aufhebung un d Anpassung grossrätlicher Verord- nungen im Zusammenhang mit dem Erlass des GOG Artikel 2 Ziffer 2, AGS
2007, KA 1043; am 1. Januar 2008 in Kraft getreten.
3) BR 320.000
4) SR 220
5) SR 220
6) Nunmehr Departement für Volkswirtschaft und Soziales
7) SR 220
8) SR 220
9) SR 221.213.11
nös sischen Volkswirtschaftsdepartement zuzustellen (Art. 23 Abs. 2 VMWG).
1 ) VI. Schlussbestimmungen
Art. 42 Die Regierung bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens. 2 )
Inkrafttreten
Art. 43 Auf den Zeitpunkt des Inkraftt retens werden aufgehoben:
Aufhebung bisherigen Rechts a) Ausführungsbestimmungen zum Schweizerischen Obligationenrecht (Miete und Pacht von Wohn- und Ge schäftsräumen) vom 25. Juni
1990
3 ) ; b) Bestimmung des Sitzes und de s örtlichen Geltungsbereiches der Schlichtungsstellen für Mietverhältnisse vom 14. September 1987
4 )
.
1) SR 221.213.11
2) Mit RB vom 30. November 1994 auf de n 1. April 1995 in Kraft gesetzt
3) BR 950.300; AGS 1990, 2340
4) BR 950.310; AGS 1987, 1862
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