Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (803.410)
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Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen

Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) vom 25. November 1994
1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
1 Diese Vereinbarung regelt die gege nseitige Öffnung der Kantone bei der Vergabe ihrer öffentlichen Aufträge. Zwec k
2 Sie will die kantonalen Vergaber egeln durch gemeinsam bestimmte Grundsätze und in Übereinstimmung m it den internationalen Verpflich- tungen der Schweiz harmonisieren. Ihre Ziele sind insbesondere: a. Förderung des wirksamen Wettbewerbs unter den Anbieterinnen und Anbietern; b. Gewährleistung der Gleichbeha ndlung aller Anbieterinnen und An- bieter sowie einer unparteiischen Vergabe; c. Sicherstellung der Transparenz der Vergabeverfahren; d. wirtschaftliche Verwendung öffentlicher Mittel.

Art. 2 Die beteiligten Kantone be halten sich das Recht vor:

Vorbehalt anderer Vereinbarungen
a. unter sich andere bilaterale oder multilaterale Vereinbarungen zur Er- weiterung des Anwendungsbe reiches dieser Vere inbarung zu schlies- sen oder ihre Zusammenarbeit auf anderem Weg weiterzuentwickeln; b. ähnliche Vereinbarungen mit den Grenzregionen und Nachbarstaaten zu schliessen.

Art. 3 Die zuständigen Behörden jedes Ka ntons erlassen Ausführungsbestim-

mungen, die mit der Vereinba rung übereinstimmen müssen. Durchführung
2. Abschnitt: Anwendung der Vereinbarung
Art. 4
1 Die Mitglieder der an der Vereinbarung beteiligten Kantone in der Schweizerischen Bau-, Planungs- und Umweltschutzdirektoren-Konferenz bilden das Interkantonale Organ. Interkantonales Organ
2 Das Interkantonale Organ ist zuständig für:
a. Änderung der Vereinbarung unter Vorbehalt der Zustimmung der be- teiligten Kantone; b. Erlass von Vergaberichtlinien; c. Periodische Anpassung der Schwel lenwerte gemäss den Vorgaben des GATT-Übereinkommens; d. Festlegung der generellen Bagatellk lausel gemäss Artikel 7 Absatz 2 dieser Vereinbarung; e. Kontrolle über die Durchführun g der Vereinbarung durch die Kan- tone, insbesondere Führung der notwendigen Dokumentationen, so- wie die gütliche Schlichtung von Streitigkeiten zwischen den Kanto- nen über die Anwendung der Vereinbarung; f. Regelung der Organisation und des Verfahrens für die Anwendung der Vereinbarung.
3 Das Interkantonale Organ trifft seine Entscheide mit Dreiviertelmehrheit der Anwesenden, sofern mi ndestens die Hälfte der Kantone vertreten ist. Jeder beteiligte Kanton hat eine Stimme, die von einem Mitglied der zuständigen Kantonsregierung wahrgenommen werden muss.
4 Das Interkantonale Organ arbeitet mit den Konferenzen der Vorsteherin- nen und Vorsteher der betroffenen ka ntonalen Direktionen, insbesondere mit der Konferenz kantonaler Volkswirtschaftsdirektoren zusammen, in- dem diese vorher konsultiert oder zu den Sitzungen eingeladen werden.

Art. 5 Das Interkantonale Organ sucht mit dem Bund gemeinsame Lösungen für

eine koordinierte Regelung der ei dgenössischen und kantonalen Verga- beverfahren. Zusammenarbeit mit dem Bund
3. Abschnitt: Anwendungsbereich
Art. 6
1 Diese Vereinbarung findet Anwendung auf die Vergabe von: Auftragsarten
a. Bauaufträgen, das heisst Vert rägen zwischen Auftraggeberin oder Auftraggeber und Anbieterin oder Anbieter über die Durchführung von Hoch- und Tiefbauarbeiten im Sinne von Ziffer 51 der zentralen Produkteklassifikation (CPC-Liste) nach Anhang I Annex 5 des GATT-Übereinkommens; b. Lieferaufträgen, das heisst Ve rträgen zwischen Auftraggeberin oder Auftraggeber und Anbieterin oder Anbieter über die Beschaffung be- weglicher Güter, namentlich durch Kauf, Leasing, Miete, Pacht oder Mietkauf; c. Dienstleistungsaufträgen, das he isst Verträgen zwischen Auftragge- berin oder Auftraggeber und Anbieterin oder Anbieter über die Er- bringung einer Dienstleistung nach Anhang I Annex 4 des GATT- Übereinkommens.
2 Ein Bauwerk ist das Ergebnis de r Gesamtheit von Hoch- und Tiefbau- arbeiten nach Absatz 1 Buchstabe a.
Art. 7
1 Diese Vereinbarung gilt für die Vergabe von Aufträgen, wenn der ge- schätzte Auftragswert folgenden Schwellenwert ohne Mehrwertsteuer er- reicht:
1 ) Schwellenwerte
a. 10 070 000 Franken bei Bauwerken; b. 403 000 Franken bei Lieferungen und Dienstleistungen; c. 806 000 Franken bei Lieferungen und Dienstleistungen im Auftrag einer Auftraggeberin oder eines Au ftraggebers, die gemäss Artikel 8 dieser Vereinbarung in den Bereichen Wasser-, Energie- und Ver- kehrsversorgung und im Telekommuni kationsbereich vergeben wer- den.
2 Vergibt die Auftraggeberin oder der Auftraggeber für die Realisierung eines Bauwerkes mehrere Bauaufträge, so ist deren Gesamtwert massge- bend. Der prozentuale Anteil der ei nzelnen Bauwerke, welchen sie am Gesamtbauwerk ausmachen müssen, damit sie auf jeden Fall den Bestim- mungen dieser Vereinbarung unterliegen, richtet sich nach den generellen Festlegungen durch das Interkantona le Organ (Bagatellklausel).
Art. 8
1 Dieser Vereinbarung unterstehen als Auftraggeberin und Auftraggeber: Auftraggeberin und Auftraggeber
a. der Staat und seine öffentlichrechtlichen Anstalten und Regiebetriebe sowie die öffentlichrechtlichen Körperschaften, an denen er beteiligt ist; b. die Gemeinden, die Gemeindeve rbände und die anderen öffentlich- rechtlichen Körperschaften gegenüber jenen Kantonen und Vertrags- staaten des GATT-Übereinkommens , die Gegenrecht gewähren; c. Organisationen und Unternehmen, gl eich welcher Rech tsform, die in den Sektoren Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationsbereich tätig sind und durch eine bzw. einen oder mehrere bzw. mehreren in Buchstabe a. oder Buchstabe b. – un- abhängig vom Gegenrecht – genannt e Auftraggeberin oder Auftrag- geber mehrheitlich beherrscht sind. Sie unterstehen dieser Vereinba- rung nur für Aufträge, die sie zur Durchführung ihrer in der Schweiz ausgeübten Tätigkeit in diesen Bereichen vergeben; d. andere Organisati onen, die dem GATT-Übe reinkommen oder anderen entsprechenden völkerrechtlichen Verträgen unterstellt sind.
2 Dieser Vereinbarung ebenfalls unterstellt sind Objekte und Leistungen, die mit mehr als 50 Prozent der Gesamtkosten von Bund oder einer bzw.
1) Schwellenwerte mit RB vom 25. November 1996 wie folgt neu festgelegt: Fr. 9'575'000.- (a.), Fr. 383'000.- (b.) und Fr. 766'000.- (c.)
einem oder mehreren in Absatz 1 Bu chstabe a. und b. genannten Organi- sationen subventioniert werden.

Art. 9 Diese Vereinbarung ist anwendbar auf Angebote von Anbieterinnen und

Anbietern, die ihren Sitz oder Wohnsitz haben: Anbieterin und Anbieter
a. in einem beteiligten Kanton; b. in einem Vertragsstaat des GA TT-Übereinkommens über das öffent- liche Beschaffungswesen, soweit di ese Staaten Gegenrecht gewäh- ren; c. in anderen Staaten in dem Ausma ss, als entsprechende vertragliche Abmachungen eingegangen worden sind.
Art. 10
1 Die Vereinbarung findet keine Anwendung auf: Ausnahmen
a. Aufträge an Behinderteninstitu tionen, Wohltätigkeitseinrichtungen und Strafanstalten; b. Aufträge, die im Rahmen von Agrar- und Ernährungshilfsprogram- men erteilt werden; c. Aufträge, die aufgrund eines völk errechtlichen Vertrages zwischen den Vertragsstaaten des GATT-Ü bereinkommens ode r der Schweiz und anderen Staaten über ein gemein sam zu verwirklichendes und zu tragendes Objekt vergeben werden; d. Aufträge, die aufgrund eines be sonderen Verfahrens einer interna- tionalen Organisation vergeben werden; e. Aufträge für die Beschaffung von Waffen, Munition oder Kriegsma- terial und für die Erstellung von Bauten der Kampf- und Führungs- infrastruktur von Gesa mtverteidigung und Armee.
2 Die Auftraggeberin und der Auftragge ber brauchen einen Auftrag nicht nach den Bestimmungen dieser Vereinbarung zu vergeben, wenn: a. die Sittlichkeit, di e öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicher- heit gefährdet sind; b. der Schutz von Gesundheit und Leben von Mensch, Tier und Pflan- zen dies erfordert; oder c. dadurch bestehende Schutzrechte des geistigen Eigentums verletzt würden.
4. Abschnitt: Vergabeverfahren

Art. 11 Bei der Vergabe von Aufträgen werden folgende Grundsätze eingehalten:

Allgemeine Grundsätze
a. Nichtdiskriminierung und Gleic hbehandlung der Anbieterinnen und Anbieter; b. wirksamer Wettbewerb; c. Verzicht auf Abgebotsrunden; d. Beachtung der Ausstandsregeln; e. Beachtung der Arbeitsschutzbes timmungen und der Arbeitsbedingun- gen;
f. Gleichbehandlung von Frau und Mann; g. Vertraulichkeit von Informationen.
Art. 12
1 Es sind folgende Verfahrensarten anwendbar: Verfahrensarten
a. das offene Verfahren, bei dem di e Auftraggeberin oder der Auftragge- ber den geplanten Auftrag öffentlich ausschreibt und alle Anbieterin- nen und Anbieter ein Angebot einreichen können; b. das selektive Verfahren, bei dem die Auftraggeberin oder der Auftrag- geber den geplanten Auftrag öffentlich ausschreibt. Alle Anbieterinnen und Anbieter können einen Antrag auf Teilnahme einreichen. Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber bestimmt auf- grund von Eignungskriterien die Anbieterinnen und Anbieter, die ein Angebot einreichen dürfen. Die Auftraggeberin oder der Auftragge- ber kann die Zahl der zur Angebotsa bgabe eingeladenen Anbieterin- nen und Anbieter beschränken, wenn sonst die Auftragsvergabe nicht effizient abgewickelt werden kann. Dabei muss ein wirksamer Wett- bewerb gewährleistet sein; c. das freihändige Verfahren, bei dem die Auftraggeberin oder der Auf- traggeber einen Auftrag direkt vergibt ohne Ausschreibung.
2 Die Kantone regeln in den Ausf ührungsbestimmungen die Voraussetzun- gen nach GATT-Übereinkommen, unter denen die Verfahrensarten ent- sprechend gewählt werden dürfen.

Art. 13 Die Ausführungsbestimmungen gewährleisten:

Kantonale Aus- führungsbestim- mungen a. die notwendigen Veröffentlichunge n, mindestens im zuständigen kan- tonalen Amtsblatt der Auftragge berin oder des Auftraggebers; b. die Bezugnahmen auf nichtdiskr iminierende technische Spezifika- tionen; c. die Bestimmung von ausreichenden Fristen für die Einreichung der Angebote;
d. ein Verfahren zur Überprüfung der Eignung der Anbieterinnen und Anbieter nach objektiven und überprüfbaren Kriterien; e. die gegenseitige Anerkennung der Qualifikation der Anbieterinnen und Anbieter, die in ständigen List en der beteiligten Kantone einge- tragen sind; f. geeignete Zuschlagskriterien, die den Zuschlag an das wirtschaftlich günstigste Angebot gewährleisten; g. den Zuschlag durch Verfügung; h. die Mitteilung und kurze Begründung des Zuschlages; i. die Beschränkung von Abbruch und Wiederholung des Vergabever- fahrens auf wichtige Gründe.
Art. 14
1 Der Vertrag mit der Anbieterin ode r dem Anbieter darf nach dem Zu- schlag nach Ablauf der Beschwerde frist abgeschlossen werden, es sei denn, die Beschwerdeinstanz habe der Beschwerde aufschiebende Wir- kung erteilt. Vertragsschluss
2 Ist ein Beschwerdeverfahren ohne aufschiebende Wirkung gegen den Zuschlag hängig, so teilt die Auft raggeberin oder der Auftraggeber den Vertragsschluss umgehend de r Beschwerdeinstanz mit.
5. Abschnitt: Rechtsschutz
Art. 15
1 Gegen Verfügungen der Auftraggeberi n oder des Auftraggebers ist die Beschwerde an eine unabhängige kantonale Instanz zulässig. Diese ent- scheidet endgültig. Beschwerderecht und Frist
2 Beschwerden sind schriftlich und begründet innert 10 Tagen seit Eröff- nung der Verfügungen einzureichen.
3 Fehlen kantonale Ausführungsbesti mmungen, ist das Bundesgericht für Beschwerden, welche die Anwendung di eser Vereinbarung betreffen, zu- ständig.
Art. 16
1 Mit der Beschwerde können gerügt werden: Beschwerde- gründe
a. Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens; b. unrichtige oder unvollständige Fe ststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes.
2 Unangemessenheit kann nich t geltend gemacht werden.
3 Fehlen kantonale Ausführungsbes timmungen, können die Bestimmungen dieser Vereinbarung direkt geltend gemacht werden.
Art. 17
1 Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Aufschiebende Wirkung
2 Die Beschwerdeinstanz kann auf Gesuch oder von Amtes wegen die auf- schiebende Wirkung erteilen, wenn di e Beschwerde als ausreichend be- gründet erscheint und keine überwiegenden öffentlichen oder privaten In- teressen entgegenstehen.
3 Wird die aufschiebende Wirkung auf Gesuch der Beschwerdeführerin oder des Beschwerdeführers angeordnet und kann sie zu einem bedeuten- den Nachteil führen, kann die Beschw erdeführerin oder der Beschwerde- führer innerhalb nützlicher Frist zu r Leistung von Sicherheiten für die Verfahrenskosten und mögliche Partei entschädigungen verpflichtet wer- den. Wird die Sicherheit nicht fristgerecht geleistet, wird der Entscheid über die aufschiebende Wirkung hinfällig.
4 Die Beschwerdeführerin und der Be schwerdeführer sind verpflichtet, den Schaden, der aus der aufschiebe nden Wirkung entstanden ist, wenn sie absichtlich oder grob fahrlässi g gehandelt haben, zu ersetzen.
Art. 18
1 Ist der Vertrag noch nicht abgeschl ossen, kann die Beschwerdeinstanz die Aufhebung der Verfügung beschliesse n und in der Sache selbst ent- scheiden oder sie an die Auftraggeberin oder den Auftraggeber mit oder ohne verbindliche Anordnungen zurückweisen. Entscheid
2 Ist der Vertrag bereits abgeschlosse n und erweist sich die Beschwerde als begründet, stellt die Be schwerdeinstanz fest, dass die Verfügung rechts- widrig ist.
6. Abschnitt: Überwachung
Art. 19
1 Die Kantone überwachen die Einhaltung der Vergabebestimmungen vor und nach dem Zuschlag durch die Auftraggeberinnen oder Auftraggeber und die Anbieterinnen und Anbieter. Kontrolle und Sanktionen
2 Sie sehen Sanktionen für den Fall der Verletzung der Vergabebestim- mungen vor.
7. Abschnitt: Schlussbestimmungen
Art. 20
1 Jeder Kanton kann der Vereinbarung beitreten, indem er seine Beitrittser- klärung dem Interkantonalen Organ übergibt, das sie dem Bund mitteilt. Beitritt und Austritt
2 Der Austritt kann auf das Ende eines Kalenderjahres erfolgen. Er ist 6 Monate im voraus dem Interkantona len Organ anzuzeigen, das den Aus- tritt dem Bund mitteilt.
Art. 21
1 Die Vereinbarung tritt, sobald ihr zw ei Kantone beigetreten sind, durch Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung der Bundesgesetze und für weitere Mitglieder mit der Veröffen tlichung ihres Beitrittes im gleichen Organ in Kraft. Inkrafttreten
2 Gleiches gilt für Ergänzungen und Änderungen der Vereinbarung.
Art. 22
1 Die Vereinbarung gilt für die Vergabe von Aufträgen, die nach dem In- krafttreten der Vereinbarung ausgeschrieben oder vergeben wurden. Ü bergangsrecht
2 Im Fall eines Austrittes gilt die Vereinbarung für die Vergabe von Aufträ- gen, die vor dem Ende de s Kalenderjahres, auf das der Austritt wirksam wird, ausgeschrieben werden. Angenommen durch die Schweize rische Bau-, Planungs- und Umwelt- schutzdirektoren-Konferenz (BPUK) und die Konferenz der kantonalen Volkswirtschaftsdirektoren (VDK) anlässlich der gemeinsamen Plenar- versammlung vom 25. November 1994 in Bern Für die BPUK Für die VDK Präsident: Pierre Hirschy Präsident: Robert Bisig Geschäftsführer: Dr. George Ganz Geschäftsführer: Michel Kammermann
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