Gesetz über die Strafrechtspflege (312.1)
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Gesetz über die Strafrechtspflege

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1 Gesetz über die Strafrechtspflege (Strafprozessordnung) vom 30. Juni 1970 / 5. November 1991
1) I. Behörden A. Strafverfolgungsbehörden
§ 1
2)
1 Die Strafverfolgung wird durch die Bezirksämter, das kantonale Unter- suchungsrichteramt und die Staatsanwaltschaft geführt.
2 Die gerichtspolizeiliche Tätigkeit wird unter Leitung der zuständigen Untersuchungsbehörde durch die Kant onspolizei ausgeübt. Ihr obliegen die Aufdeckung strafbarer Handlunge n, die Fahndung nach der Täter- schaft sowie die Ermittlung und Sicherung von Spuren und Beweis- mitteln.

§ 2 2)

3)
1 Die Bezirksämter führen alle St rafuntersuchungen, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt.
2 Leiter der Bezirksämter sind die Bezirksstatthalter. Jedes Bezirksamt hat einen Vizestatthalter. Der Regier ungsrat kann in besonderen Fällen ausserordentliche Untersuchungsrichter einsetzen.
3 Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft können die Bezirksstatthalter, die Vizestatthalter sowie die ausserordentlichen Untersuchungsrichter im ganzen Kantonsgebiet eingesetzt werden.
4 Den Bezirks- und Vizestatthaltern ist die Vertretung von Parteien in Strafverfahren, welche in die Zust ändigkeit der Strafverfolgungsbehörden und der Strafgerichte des Kantons falle n, vor den Gerichten ihres Amts- gebietes untersagt.
1)
2) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
3) Kraft gesetzt auf den 1. Januar Grundsatz Bezi r ksämte r
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§ 3
1)
2) Das kantonale Untersuchungsrich teramt führt grundsätzlich die Untersuchung bei allen Straftaten mit einer gesetzlich angedrohten Freiheitsstrafe von über fünf Ja hren, bei sexuellen Handlungen mit Kindern und Abhängigen, bei Konkur s- und Betreibungsdelikten, bei Verfahren wegen kriminellen Or ganisationen, Geldwäscherei und mangelnder Sorgfalt bei Finanzgeschä ften sowie bei Delikten gegen das Immaterialgüterrecht.
2 Der Regierungsrat wählt die Unte rsuchungsrichter und bestimmt den Leiter des kantonalen Untersuchungsrich teramtes. Er kann in besonderen Fällen ausserordentliche Untersuchungsrichter einsetzen.
3 Dem Leiter des kantonalen Unters uchungsrichteramtes obliegt die Geschäftsleitung.

§ 4 1)

1 Die Staatsanwaltschaft ist Anklag e- und Aufsichtsbehörde. Sie über- wacht die Strafuntersuchungen, kann jederzeit in diese eingreifen und Änderungen in der Zuständigkeitsre gelung vornehmen. Sie kann Unter- suchungen ganz oder zum Teil selber führen.
2 Die Staatsanwaltschaft verfügt die Überweisung der Strafuntersuchun- gen zur gerichtlichen Beurteilung, ve rtritt den staatlichen Strafanspruch vor allen Instanzen und wahrt die Interessen des Staates bei Entschä- digungs- und Genugtuungsbegehren gemäss Opferhilfegesetz
3) Staatsanwaltschaft ist in ihrer Antragstellung frei.
3 Der Regierungsrat wählt die Staatsa nwälte und bestimmt den Leitenden Staatsanwalt. Er kann in besonde ren Fällen ausserordentliche Staats- anwälte einsetzen.
4 Dem Leitenden Staatsanwalt obliegt di e Geschäftsleitung. Er sorgt für Einheitlichkeit in der Strafverfolgung und vertritt die Strafverfolgungs- behörden nach aussen.
1) Fassung gemäss G vom 9. Juni 1999, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
2) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2007.
3) SR 312.5 Kantonales Untersuchungs- richteramt Staatsanwalt- schaft
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§ 5
1)
1 Die Anklagekammer ist oberste Au fsichts- und Beschwerdeinstanz im Untersuchungsverfahren. Der Präsiden t der Anklagekammer entscheidet in den ihm vom Gesetz zugewiesen en Angelegenheiten allein. Er kann diese Befugnis an ein Mitglied de r Anklagekammer übertragen.
2 Die Anklagekammer besteht aus einem Präsidenten, zwei Mitgliedern und zwei Ersatzmitgliedern. Sie ernennt einen Sekretär.
1)
3 Die Anklagekammer besitzt richte rliche Unabhängigkeit. Dem Präsi- denten, den Mitgliedern und dem Sekret är ist die Vertretung von Parteien in Verfahren, welche in die Zust ändigkeit der Strafverfolgungsbehörden und der Strafgerichte des Kantons falle n, untersagt. Den Ersatzmitgliedern ist das Auftreten vor der eigenen Behörde untersagt. B. Strafgerichte
§ 6
2)
1 Die Bezirksämter beurteilen durch Strafverfügung alle Übertretungen des eidgenössischen und kantonale n Rechtes (Artikel 103 und 333 StGB 3) ). Vorbehalten bleibt § 7 Ziffer 4.
2 Sie beurteilen ferner durch Stra fverfügung folgende strafbare Hand- lungen:
1. Vermögensdelikte gemäss Artik el 137, 139 Ziffer 1 und 4, 141, 144 Absatz 1, 149, 150 StGB , sofern der Deliktsbetrag insgesamt Fr. 1 000.– nicht übersteigt;
2. Delikte gemäss Artikel 186 und 239 Ziffer 2 sowie bei Ersttätern von
Artikel 194 StGB
3) ;
3. Delikte gemäss Artikel 90 Ziffer 2 SVG
4) von Ersttätern, 91 Absätze
1 und 2 SVG von Ersttätern, 93 Ziffer 1 Absatz 1, 94 Ziffer 1 Absatz
1, 95 Ziffer 2, 96 Ziffer 2 und 3 sowie 97 SVG;
4. Delikte gemäss Artikel 23 und Ar tikel 23a des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931
5) ;
1) aft gesetzt auf den 7. Oktober 2006.
2) Kraft gesetzt auf den 1. Januar
3)
4)
5) Anklagekamme r Bezirksämte r
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5. Delikte gemäss Artikel 33 Absatz 1 des Bundesgesetzes über Waffen, Waffenzubehör und Munition vom 20. Juni 1997 ;
6. Delikte gemäss Artikel 19 Zi ffer 1 des Bundesgesetzes vom
3. Oktober 1951 über die Betä ubungsmittel und die psychotropen Stoffe
2)
.
3 Sie verfügen Friedensbürgschaft (Artikel 66 StGB 3) ) und Einziehung (Artikel 69 StGB) in Fällen, die nich t bei einem anderen Gericht anhängig sind.
§ 7
4) Die Bezirksgerichtlichen Kommissionen beurteilen:
1. Einsprachen gegen Strafve rfügungen der Bezirksämter und der Jugendanwaltschaft sowie gegen Verfügungen im Sinne von § 6 Absatz 3;
2. unter Vorbehalt von § 6 Absatz 1 und Absatz 2 Ziffer 3 strafbare Handlungen gegen die Vorschriften der Strassenverkehrsgesetzge- bung
5) ;
3. 6) alle Strafsachen mit einer gesetzlic h angedrohten Höchststrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe;
4.
7) Privatstrafverfahren;
5. Widerhandlungen gegen fiskalisch e oder andere Bundeserlasse, für deren Beurteilung gemäss Bundesges etz über das Verwaltungsstraf- recht 8) ein kantonales Gericht zuständig ist.

§ 8 Die Bezirksgerichte beurteilen alle nicht in die Zuständigkeit einer

anderen Behörde fallenden Strafsachen.
1) SR 514.54
2) SR 812.121
3) SR 311.0
4) Fassung gemäss G vom 18. Dezember 1996, in Kraft gesetzt auf den
1. September 1997.
5) SR 741; 741
6) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2007.
7) Fassung gemäss G vom 9. Juni 1999, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
8) SR 313.0 Bezirks- gerichtliche Kommissionen Bezirksgerichte
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§ 9
1)
1 Das Obergericht entscheidet in Fünferbesetzung über Berufungen gegen Urteile der Bezirksgerichte.
2 Das Obergericht beurteilt in Drei erbesetzung Berufungen gegen Urteile der Bezirksgerichtlichen Kommissione n sowie Beschwerden gegen Ent- scheide der Bezirksgerichtspräside nten, der Bezirksgerichtlichen Kom- missionen und der Bezirksgerichte.
§ 10
1 Bei der Beurteilung von Straftaten gegen die sexuelle Integrität müssen im Gericht beide Geschlechter vertreten sein.
1)
2 Ist dies nicht möglich, bestimmt das Obergericht eine Richterin oder einen Richter aus einem anderen Bezirk. Das Obergericht wird nötigen- falls durch ein Mitglied eines Bezirksgerichtes ergänzt.
§ 10a
3)
1 Der Strafrichter beurteilt Entschädigungs- und Genugtuungsansprüche gemäss Artikel 11 bis 14 des Bundesg esetzes über die Hilfe an Opfer von Straftaten
4)
. Er ist zuständig für den Entscheid gemäss Artikel 60 Absatz 3 StGB
5)
.
2 Über Ansprüche gemäss Artikel 15 des Opferhilfegesetzes
4) entscheidet der Bezirksgerichtspräsident im summarischen Verfahren gemäss Zivil- prozessordnung
6)
.
3 Die Vorschriften des beschleuni gten Verfahrens gemäss Zivilprozess- ordnung sind sinngemäss anzuwenden.

§ 10b 1)

1 Mit Ausnahme der Ersatzmitgliede r des Obergerichtes dürfen richter- liche Beamte und Angestellte von Strafg erichten sowie deren Büropartner und Mitarbeiter Parteien vor den Strafg erichten ihres Amtsgebietes nicht vertreten.
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
2) in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
3) in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
4)
5)
6) Obergericht Zusammen- setzung bei Straftaten gegen die sexuelle Integrität Beurteilung von Ansprüchen gemäss Opfer- hilfegesetz Einschränkung ausseramtlicher Tätigkeit
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2 Bei Missbräuchen in der aussera mtlichen Tätigkeit ordnet das Ober- gericht nach Anhören des Departem entes gegenüber den richterlichen Beamten und Gerichtsangestellten di e im Einzelfall notwendigen Ein- schränkungen an. Sie sind im Rahm en des Abklärungsverfahrens ver- pflichtet, dem Obergericht ihre ausseramtliche Tätigkeit offenzulegen . C. Jugendstrafrechtspflege
§ 11
1) Der Grosse Rat wählt einen oder me hrere Jugendanwälte, der Regierungs- rat ihre Stellvertreter.
§ 12
1)
1 Die Jugendanwaltschaft führt die Jugendlichen mit Ausnahme der von de n Bezirksämtern zu beurteilenden Übertretungen gemäss § 13 Absatz 3.
2 Sie ist zuständig für die Einstellung des Verfahrens.
§ 13
1) Die Jugendanwaltschaft beurteilt durch Strafverfügung die strafbaren Handlungen von Jugendlichen.
2) ...
1) Übertretungen von Jugendlichen, welc he das Strassenverkehrsrecht be- treffen, werden durch Strafverfügung der Bezirksämter beurteilt, sofern keine Schutzmassnahmen und kein Freiheitsentzug anzuordnen sind.
4 In die Zuständigkeit der Bezirk sämter fallende Untersuchungen können durch die Staatsanwaltschaft der Jugendanwaltschaft zur Behandlung zugewiesen werden.
1) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2007.
2) Aufgehoben durch G vom 18. Dezembe r 1996, in Kraft gesetzt auf den
1. September 1997. Jugendanwalt- schaft Untersuchung Beurteilung
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§ 14 D. Weitere Behörden

1)
§ 15
1 Das zuständige Departement übt di e allgemeine Verwaltungsaufsicht über die Strafverfolgungsbehörden und die Jugendanwaltschaft aus.
2 Das Obergericht beaufsichtigt die Strafrechtspflege der Gerichte.
3 Der Grosse Rat übt die Oberaufsicht über die gesamte Strafrechtspflege aus. Regierungsrat und Obergericht erstatten ihm jährlich Bericht.

§ 16 Der Grosse Rat und seine Justiz kommission sind Be gnadigungsbehörden

gemäss Artikel 381 bis 383 StGB
2)
.

§ 17 Das zuständige Departement beur teilt Begehren um Soforthilfe und

längerfristige Hilfe gemäss Artikel 3 Absatz 4 des Opferhilfegesetzes
3) und entscheidet über die Geltendmachung von Rückgriffsforderungen gemäss Artikel 14 Absatz 2 des Opferhilfegesetzes.
§ 18
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2)
3) Aufsichts- behörden Begnadigungs- behörden Departement als Opferhilfe- behörde
8 2/2007 II. Verfahren A. Allgemeine Bestimmungen
1. Verfahrensgrundsätze
§ 19
1 Die zuständigen Behörden sind verpf die ihnen im Amte bekannt werden, zu verfolgen.
1) Vorbehalten bleiben die Besti mmungen über die Antragsdelikte (Artikel 30 bis 33 StGB
2) ), über das Privatstrafverfahren (§§ 171 bis 177), die parlamentarische Immunität sowie die Strafverfolgung gegen Behördenmitglieder, Beamte und Angest wortlichkeitsgesetze.
§ 20
3) Auf die Strafverfolgung oder Beurte Verfahrens durch Verfügung oder Besc hluss verzichtet werden, wenn
1. die Tatfolgen oder das Versc
2. die Tat für die auszufällende Strafe oder Massnahme nicht ins Gewicht fällt;
3.
1) von einer Zusatzstrafe nach Artikel 49 Absatz 2 StGB
2) abgesehen werden kann;
4. die Tat von einer Behörde des Au slandes verfolgt wird oder diese sich bereit erklärt hat, die Verfolgung einzuleiten;
5. der Täter mehrere Delikte von unterschiedlicher Bedeutung begangen hat und die Strafverfolgung und Beurteilung mit Rücksicht auf das öffentliche Interesse auf jene Delikte beschränkt werden kann, die als eigentliche Haupttaten erscheinen; di e übrigen Straftaten gelten dabei als mitbeurteilt.

§ 21 Eine gerichtliche Verurteilung ka lungen erfassen, auf welche sich die Anklage bezieht.

1) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2007.
2) SR 311.0
3) Fassung gemäss G vom 9. Juni 1999, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000. Verfolgung von Amtes wegen Beschränktes Opportunitäts- prinzip Anklage- grundsatz
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§ 22 Die Behörden der Strafrechtspflege haben von Amtes wegen die Beweis-

abnahme auf alle Tatsachen und Bewe ismittel auszudehnen, welche zur Beurteilung der Tat und des Täters von Bedeutung sind.
2. Geltungsbereich und Zuständigkeit
§ 23
1 Dieses Gesetz gilt für die Behandl ung aller Strafsachen, welche in die Zuständigkeit des Kantons fallen.
2 Die Verhängung von Disziplinar- und Ordnungsstrafen fällt nicht unter dieses Gesetz.
§ 24
1)
1 Die örtliche Zuständigkeit zur Verfolgung und Beurteilung der nach kantonalem und Bundesrecht strafbaren Handlungen richtet sich nach
Artikel 340 bis 345 StGB
2)
.
2 Anstände über die örtliche Zustä ndigkeit entscheidet im Untersuchungs- verfahren kantonal endgültig die Staatsa nwaltschaft, im Gerichtsverfahren das Gericht, bei dem die Strafsache anhängig ist.
§ 25
1 Die sachliche Zuständigkeit der Geri chte wird kantonal durch die Über- weisung bestimmt.
2 Ergibt das Gerichtsverfahren die Zuständigkeit eines niedrigeren Ge- richtes, so entscheidet gleichwohl das höhere Gericht, wenn nicht beson- dere Gründe dagegen sprechen. Lieg en solche Gründe vor oder ist ein höheres Gericht zuständig, so wird die Sache zu neuer Überweisung an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen.
1)
3 Zuständig für den Entscheid gemä ss § 20 sowie gemäss Artikel 52 bis
54 StGB
2) ist diejenige Instanz, die mit der Sache befasst ist.
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2) Erforschung der materiellen Wahrheit Geltungsbereich Ö rtliche Zuständigkeit Sachliche Zuständigkeit
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§ 26
1 Mehrere strafbare Handlungen eines Täters und die Handlungen mehrerer zusammenwirkender Täter we rden innerhalb des Kantons im gleichen Verfahren untersucht und vom höchsten in Frage kommenden Gericht beurteilt. Anstifter, Gehilfen, Hehler und Begünstigte werden mit dem Haupttäter verurteilt.
2 Eine Abtrennung des Verfahrens is t zulässig, wenn besondere Gründe dafür sprechen.
§ 27
1) Für spätere Entscheide, die das Bundesrecht dem Richter vorbehält, ist der Richter zuständig, der die rechtskräftige Strafe oder Massnahme aus- gesprochen hat.
2 Zur förmlichen Mahnung ist der Unte rsuchungsrichter zuständig, der zuletzt mit der Sache befasst war.
1)
...
3. Rechtshilfe
§ 28
1 Die Strafbehörden des Kantons sind zur gegenseitigen Rechtshilfe ver- pflichtet.
2 Die Bezirksämter und Bezirksgeric hte sind berechtigt, Amtshandlungen im ganzen Kanton vorzunehmen. Die innerkantonale Rechtshilfe für Einvernahmen ist nur ausnahmsweise zulässig.
§ 29
1 Die Rechtshilfe gegenüber dem Bund und anderen Kantonen richtet sich nach der Bundesgesetzgebung.
2 In Strafsachen kantonalen Rechtes wird Rechtshilfe gewährt, wenn die Tat auch im Kanton Thurgau mit Strafe bedroht ist und Gegenrecht gehalten wird.
3 Bei politischen sowie durch das M ittel der Druckerpresse begangenen Delikten entscheidet die Staatsanwa ltschaft über die Zuführung der Ange- schuldigten an andere Kantone.
1) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2007. Mehrere Täter oder Straftaten Spätere Entscheide Innerkantonal Ausserkantonal
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§ 30
1 Ausländischen Staaten wird Rechts hilfe im Rahmen des Bundesrechtes einschliesslich der Staatsverträge gewährt.
2 Über die Vollstreckbarerklärung ausl auf Antrag der Staatsanwaltschaft der Bezirksgerichtspräsident.
3 Begehren um Vollstreckung thurgaui scher Strafurteile im Ausland werden durch das zuständige Depa rtement gestellt. Vorbehältlich des direkten polizeilichen Rechtshilfeverkehrs obliegt im übrigen die inter- nationale Rechtshilfe der Staatsanwa ltschaft. Sie kann die Untersuchungs- richter oder die Polizei mit der Durchführung beauftragen.
§ 31
1 Im Rechtshilfeverfahren gelten die Vorschriften dieses Gesetzes.
2 Der zuständige Untersuchungsrich ter kann auswärtigen Strafverfol- gungsorganen, der Obergerichtspräsid ent auswärtigen Gerichten Amts- handlungen auf dem Gebiet des Kantons Thurgau gestatten.
4. Ausstand

§ 32 Ein Untersuchungsrichter, Staatsanwa lt, Jugendanwalt, Richter und Proto-

kollführer hat von Amtes wegen in Ausstand zu treten:
1. 1) wenn er selbst, sein Verlobter, sein Ehegatte, sein Partner in einge- tragener Partnerschaft, seine Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie oder bis und mit de m Grade von Geschwisterkindern, seine Stiefkinder, Stiefeltern oder Stiefgeschwister oder Personen, die durch ein Adoptions- oder Pflegeki nderverhältnis mit ihm verbunden sind, als Angeschuldigt e, Geschädigte oder Anzeiger beteiligt sind. Ehegatten von Geschwistern sind den Verschwägerten gleichgestellt. Der Ausstandsgrund der Verschwägerung besteht auch nach Auf- lösung der Ehe oder der eingetragenen Partnerschaft;
2. wenn er Vormund, Beistand, Beirat , Verwalter, Geschäftsführer oder Bevollmächtigter des Angeschuldigten , Geschädigten oder Anzeigers ist;
3. wenn er in der gleichen Sache in anderer amtlicher Stellung oder als Zeuge, Sachverständiger oder An walt gehandelt oder Auftrag ge- geben hat;
1) Kraft gesetzt auf den 1. Juni International Gemeinsame Bestimmungen Ausstandsgründe
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4. wenn er oder eine der in Ziffer 1 genannten Personen vom Ausgang des Strafverfahrens erhebliche Vorteile oder Nachteile zu erwarten hat;
5. wenn zwischen ihm und dem Ange schuldigten, Geschädigten oder Anzeiger besondere Freundschaft deres Pflicht- oder Abhängi gkeitsverhältnis besteht;
6. wenn andere Tatsachen vorliegen, die ihn als befangen erscheinen lassen.
§ 33
1 Wer in den Ausstand tritt, hat unve rzüglich seinen ordentlichen Stell- vertreter oder die Amtsstelle, die ei nen solchen zu bezeichnen hat, zu benachrichtigen.
2 Wird ein Ausstandsgrund nicht von Am tes wegen beachtet, so hat die Partei, die ihn kennt, unverzüglich ei n begründetes Ausstandsbegehren zu stellen.
3 Ist die Ausstandspflicht streitig ode r zweifelhaft, entscheidet bei Ge- richtsmitgliedern die Gesamtbehörde in vollständiger Besetzung, jedoch im Ausstand des betreffenden Mitgliede s, in den übrigen Fällen der Präsi- dent der Anklagekammer im schriftlichen Verfahren. Diese bestimmt nötigenfalls den Stellvertreter.
1) Muss die Gesamtheit oder müssen so viele Mitglieder eines erst- instanzlichen Gerichtes den Ausstand beobachten, dass auch unter Zuzug der Ersatzmitglieder die genügende Besetzung nicht möglich ist, bezeichnet das Obergericht eine unbeteiligte Gerichtsbehörde von gleichem Rang als zuständiges Gericht.
1) Kann das Obergericht durch die gewählten Ersatzmitglieder nicht ergänzt werden, sind unbeteiligte Geri chtspräsidenten und ihnen im Rang folgende Bezirksrichter zuzuziehen.
§ 34
1 Untersuchungshandlungen und Entschei dungen, an welchen ein Mitar- beiter
2) unter Missachtung der Ausstands pflicht als Verwandter (§ 32 Ziffer 1) mitgewirkt hat, sind nichtig.
1) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2007.
2) Fassung gemäss G betreffend die Abschaffung des Beamtenstatus vom
20. Dezember 2000, in Kraft ge setzt auf den 1. Juni 2004. Verfahren, Ersatzgericht Rechtsfolgen
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2 Die Missachtung anderer Aussta ndsgründe kann durch Rechtsmittel angefochten werden, sofern die benach teiligte Partei nicht in der Lage war, vorher ein Ausstandsbegehren zu stellen.
5. Disziplinarbefugnisse und Sitzungspolizei

§ 35 Verhält sich ein am Strafverfahren Beteiligter pflichtwidrig, ungebührlich

oder trölerisch, können ihm von der Behörde, bei der das Verfahren anhängig ist, eine Ordnungsbusse bis zu Fr. 200.– sowie die entstandenen Kosten auferlegt werden.
§ 36
1 Der Gerichtspräsident sorgt für Ruhe und Ordnung in der Sitzung. Er kann störende Personen wegweise n und ihnen überdies eine Ordnungs- busse bis zu Fr. 200.– auferlegen. Er kann nötigenfalls die Öffentlichkeit der Verhandlung zeitweise aufheben.
2 Dem Untersuchungsrichter steh en dieselben Befugnisse zu.
6. Vorladungen, Zustellungen, Fristen, Protokolle, Mitteilungen
§ 37
1 In der Vorladung ist anzugeben, in welcher Sache und Eigenschaft der Vorgeladene zu erscheinen hat. Im Untersuchungsverfahren sind Aus- nahmen gestattet, sofern der Untersuchungszweck es erfordert.
2 Auf die Folge des Nichterscheinens ist hinzuweisen.
§ 38
1 Vorladungen sind schriftlich zu erla ssen und durch die Post nach den Vorschriften der Postordnung, ausnah msweise durch den Amtsweibel oder die Polizei zuzustellen. In dri ngenden Fällen kann te legraphisch oder mündlich vorgeladen werden. Diese Zustellungsarten gelten sinngemäss auch für andere Gerichtsurkunden.
2 Ein gesetzlicher oder bestellter Vertre ter ist ebenfalls vorzuladen, soweit er an der Verhandlung zugelassen ist. Disziplina r - befugnisse Sitzungs p olizei Inhalt der Vorladung Form und Zustellung der Vorladung
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§ 39 Vorladungen im gerichtlichen Verfahren sind den Parteien wenigstens

zehn Tage vor dem angesetz ten Termin zuzustellen.

§ 40 Ist der Wohnsitz oder Aufenthaltsor t eines Angeklagten unbekannt und

bleiben allfällige Massnahmen für die pe rsönliche Zustellung erfolglos, so wird die gerichtliche Vorladung im
§ 41
1 Untersuchungsrichter und Präsidente n der Gerichte können die polizei- liche Vorführung anordnen, wenn ein Vorgeladener ohne genügende Ent- schuldigung ausbleibt.
2 Ohne vorherige Vorladung kann die Vorführung verfügt werden, wenn zu befürchten ist, dass einer Vorladung nicht Folge geleistet würde, oder wenn die Abklärung des Tatbestandes es erfordert.
§ 42
1 Der Tag der Eröffnung einer Frist oder einer amtlichen Verfügung wird bei Berechnung der Fristen nicht mitgezäh lt. Ist der letzte Tag der Frist ein Samstag oder ein öffentlicher Ruhe tag, so endigt sie am folgenden Werktag.
2 Läuft eine Frist während der Gerichtsferien ab, so gilt sie bis zum siebenten Tag nach deren Ende als verlängert.
3 Eine Frist ist eingehalten, wenn die befristete Handlung bis 24 Uhr des letzten Tages erfolgt; schriftliche Eingaben müssen bis dahin der Post oder dem Telegraphenamt übergeben sein.
4 Gesetzliche Fristen sind nicht er streckbar. Andere Fristen können von der zuständigen Behörde auf begründete s Gesuch hin, das vor Fristablauf zu stellen ist, erstreckt werden.
§ 43
1 Wird eine Frist oder eine Verhandlung versäumt, so tritt die durch das Gesetz oder die Behörde angedrohte Folge ein.
2 Weist der Säumige nach, dass wede r ihn noch seinen Verteidiger oder Vertreter ein Verschulden an der Fristv ersäumnis trifft, so kann er innert zehn Tagen nach Wegfall des Hinde rnisses Wiederherstellung und Anset- zung einer Nachfrist verlangen. Vorladungsfrist Ö ffentliche Vorladung Vorführung Fristen Säumnis
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§ 44
1 Die Gerichtsverhandlungen in Strafsachen finden in der vom Ober- gericht zu bestimmenden Reihen folge der Sitzungstage statt.
2 Die Verschiebung einer Gerichtsverhandlung ist durch den Präsidenten aus wichtigen Gründen zu bewilligen , namentlich bei Militärdienst, Krankheit oder bei Todesfall in der Fam ilie des Gesuchstellers oder seines Anwaltes.
1)
3 Die Verschiebung erfolgt bei r echtzeitigem Gesuch kostenlos.

§ 45 Die Gerichtsferien dauern vom Mont ag vor Ostern bis Ostermontag, vom

15. Juli bis 31. August und vom 21. Dezember bis 2. Januar. Während dieser Zeit finden Gerichtssitzungen nur in dringenden Fällen statt.
§ 46
1 Das Protokoll ist während der Un tersuchungs- oder Gerichtsverhandlung zu führen. Es enthält die Angaben des Ortes und der Zeit der Verhandlung, die Bezeichnung der Beteiligten, di e Anträge und wesentlichen Ausfüh- rungen, den Gang des Verfahrens und di e dabei beobachteten gesetzlichen Formvorschriften, ferner di e getroffenen Entscheidungen.
2 Das Untersuchungsprotokoll ist vor zulesen oder dem Einvernommenen zur Einsicht zu geben und hierauf von ihm, dem Untersuchungsrichter und dem allfälligen Protokollführer zu unterzeichnen, ebenso die nach- träglichen Berichtigungen. Verweigert jemand die Unterzeichnung, so ist dies unter Angabe des Grundes im Protokoll anzumerken.
3 Das Gerichtsprotokoll wird in de r Regel nicht verlesen und nur vom Gerichtsschreiber unterzeichnet.
4 Mit Zustimmung der anwesenden Parteien kann zur Ergänzung des Protokolles die Verhandlung mit T onband oder ähnlichen Hilfsmitteln festgehalten werden.

§ 47 Jede Partei kann innert zehn Tagen nach Kenntnisnahme des Gerichts-

protokolles bei Unrichtigkeiten oder wesentlichen Auslassungen beim Gericht die Berichtigung des Protokolles beantragen.
1)
1996, in Kraft gesetzt auf den Gerichts- verhandlung Gerichtsferien Protokoll Protokoll- berichtigung
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§ 48
1 Ergibt ein Strafverfahren, dass vor mundschaftliche, fürsorgerische oder andere nicht strafrechtliche Massn ahmen notwendig sind, so ist den zuständigen Behörden Mitteilung zu machen.
2 Zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen, namentlich zur Orien- tierung der Öffentlichkeit und deren Mitwirkung bei der polizeilichen Fahndung, kann der Untersuchungsrich ter die gebotenen Mitteilungen erlassen.
§ 48a
1)
1 Berichterstattungen über Straf untersuchungen und Gerichtsverhand- lungen durch die Medien müssen sachgerecht und ausgewogen sein.
2 Die Namen von Verfahrensbeteiligte n oder andere individualisierende Kennzeichnungen dürfen in der Berich terstattung nur verwendet werden, wenn dies ausnahmsweise im Sinne von Artikel 28 Absatz 2 ZGB
2) gerechtfertigt ist. Eine Einwilligung der betroffenen Person muss schrift- lich vorliegen.

§ 48b 1)

1 Vertrauenswürdige, regelmässig fü r die Medien tätige Personen werden auf Gesuch als Gerichtsberichterstatter zugelassen.
2 Zuständig für die Zulassung ist das Obergericht. Es erlässt die nötigen Bestimmungen über das Zulassungsve rfahren und über die Rechte und Pflichten der Gerichtsberichterstatter.
§ 48c
1) Gerichtsberichterstattern, die in schw erwiegender Weise gegen die für die Berichterstattung geltenden Bestimm ungen verstossen, kann das Ober- gericht die Zulassung entziehen.
7. Parteien, Verteidigung und Vertretung
§ 49
1 Parteien im Strafverfahren sind:
1. der Angeschuldigte oder Angeklagte;
1) Fassung gemäss G vom 9. Juni 1999, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
2) SR 210 Mitteilungen Berichterstattung durch die Medien Zulassung Entzug der Zulassung Parteien
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2. die Staatsanwaltschaft oder J ugendanwaltschaft im gerichtlichen Verfahren;
3. 1) das Opfer gemäss Artikel 2 des Opferhilfegesetzes 2) sowie der Geschädigte gemäss § 53 Absatz 2;
4.
3) der Kläger und der Beklagte im Privatstrafverfahren.
2 Unmündige oder entmündigte, jedoch Parteirechte selbständig ausüben, soweit sie nicht ihr gesetzlicher Ver- treter beansprucht.
§ 50
3)
1 Der Angeschuldigte hat jederzeit da s Recht, einen Verteidiger frei zu wählen. Richtet sich das Strafverfa hren gegen mehrere Angeschuldigte, dürfen diese in der Regel nicht durch den gleichen Anwalt verteidigt werden.
4)
2 Die berufsmässige Verteidigung steht in allen Strafsachen nur den nach dem Anwaltsgesetz des Bundes (BGFA)
5) zugelassenen Anwälten zu. Ihre Vollmacht wird für alle damit ve rbundenen Rechtshandlungen vermutet.
3 Der Untersuchungsrichter und nötigenfa lls die Staatsanwaltschaft haben den Angeschuldigten über das Recht auf einen Verteidiger aufzuklären und gegebenenfalls dem Präsidente n des zuständigen Gerichtes die Bestimmung eines Pflichtverteidigers zu beantragen.
3)
4 Der Angeklagte muss vor Gerich t grundsätzlich durch einen Anwalt verteidigt sein, wenn er zur Wahrung seiner Interessen unfähig ist oder wenn eine Strafe beantragt wird, be i welcher der bedingte Strafvollzug wegen ihrer Dauer ausgeschlossen ist, die Anordnung einer freiheits- entziehenden Massnahme in Frage kommt oder in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Schwierigkeite n bestehen, deren Beurteilung oder Erörterung die Fähigkeiten de s Angeklagten übersteigt.
3)
5 Von der notwendigen Verteidigung kann abgesehen werden, wenn der urteilsfähige Angeklagte ausdrücklic h hierauf verzichtet. Die Verzichts- erklärung kann jederzeit widerrufen we rden. Bei einem Widerruf besteht kein Anspruch auf Wiederholung von einzelnen Verfahrensschritten.
1) in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2)
3) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
4) Dezember 2001, in Kraft gesetzt auf
5) Freiwillige und notwendige Verteidigung
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§ 51
1 Das Gesuch um amtliche Verteidi gung kann jederzeit gestellt werden. Der Untersuchungsrichter hat den Ange schuldigten rechtzeitig darauf hinzuweisen.
2 Dem Gesuch ist zu entsprechen, sofe rn der Angeschuldigte bedürftig ist und die Voraussetzungen gemäss § 50 Absatz 4 gegeben sind.
3 Der Präsident des für den Fall zustä ndigen Gerichtes entscheidet, ob die amtliche Verteidigung gewährt werde. Wird das Gesuch auch für das Untersuchungsverfahren gestellt, so le seinem Antrag an den Gerichtspräsidenten.
1) Für Rechtsmittelverfahren ist ein neues Gesuch erforderlich. Diesem ist zu entsprechen, sofern das Verfahren nicht als aussichtslos oder mutwillig erscheint und die übrigen Voraussetzungen gegeben sind.
5 Fallen die Voraussetzungen im Verlau f des Verfahrens dahin, so kann die Bewilligung widerrufen werden.
§ 52
2) Als amtlicher Verteidiger wird ei n im kantonalen Anwaltsregister eingetragener Anwalt bezeichnet. Die Anwälte sind zur Übernahme des Mandates verpflichtet. Auf die Wünsch e der Partei ist angemessen Rück- sicht zu nehmen.
2 Die Entschädigung des amtlichen Anwaltes wird durch das Gericht nach dem Anwaltstarif festgesetzt. Sie ka nn vom Staat beim kostenpflichtigen Angeklagten zurückgefordert werden.

§ 53 3)

1 Für den Schutz und die Rechte der Op fer gelten die Artikel 5 bis 8 sowie

Artikel 9 Absätze 1 bis 3 des Opferhilfegesetzes 4) .

2 Die Beteiligung anderer Geschädigter am Strafverfahren richtet sich nach diesem Gesetz. Sie können privatrechtliche Ansprüche geltend machen, insbesondere auf Schade nersatz, Genugtuung und Rückgabe von Sachen. Der Untersuchungsrichter hat si e auf dieses Recht hinzuweisen.
1) Fassung gemäss G vom 9. Juni 1999, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
2) Fassung gemäss Anwaltsgesetz vom 19. Dezember 2001, in Kraft gesetzt auf den 1. August 2002.
3) Fassung gemäss G vom 28. September 1992, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
1993.
4) SR 312.5 Amtliche Verteidigung Amtlicher Verteidiger Rechte der Opfer und anderer Geschädigter
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19
§ 54
1 Der Strafrichter entscheidet über di e Zivilklagen anderer Geschädigter, sofern sie genügend abgeklärt sind. Weitere Beweise sind darüber nur abzunehmen, soweit sie auch strafrechtlich von Bedeutung sind.
2 Ist die Zivilklage nicht spruchreif oder der Angeklagte freigesprochen, so sind andere Geschädigte an den Zivilrichter zu verweisen.

§ 54a 2)

3)
1 Opfer und andere Geschädigte können ihre Forderungen schriftlich oder zu Protokoll beim Untersuchungsri chter erheben. Nach Abschluss der Untersuchung können sie ihre An sprüche durch Eingabe an das Gericht oder mündlich an der Ge richtsverhandlung geltend machen.
2 Durch bezirksamtliche Strafverf ügung kann über bestrittene Ansprüche von Opfern oder anderer Geschädigter nur mit Zustimmung beider Par- teien entschieden werden.
3 Parteierklärungen über Zivilansprüche, wie Vergleiche, Klageverzichte, Klagerückzüge oder -anerkennungen, sind vom Untersuchungsrichter zu Protokoll zu nehmen.
§ 55
1 Die Vertretung eines Opfers oder eines anderen Geschädigten durch einen Anwalt ist im gleichen Umfang
4)
2 Bei Bedürftigkeit kann einem Opfe r oder anderen Geschädigten die amtliche Vertretung gewährt werden, so fern die Wahrung seiner Interessen dies rechtfertigt und seine Zivilanspr üche glaubhaft gemacht sind. Die §§ 51 und 52 sind sinngemäss anwendbar.
1) in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2) in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
3) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
4)
1996, in Kraft gesetzt auf den Zivilklage anderer Geschädigter Verfahren Vertretung
20 2/2007
8. Verfahrenskosten und Entschädigung
§ 56
1 Die Kosten des Strafverfahren s bestehen aus den Auslagen und Gebühren des Untersuchungs- und Geri Entschädigung für die amtliche Verteidigung und Vertretung.
2 Die Kosten der Untersuchungshaft und des Aufenthaltes des Ange- schuldigten in einer psychiatrisc hen Klinik während der Untersuchung gelten als Untersuchungskosten, diejen igen für weitere Sicherheitshaft und vorzeitig angetretene Strafen und Massnahmen als Vollzugskosten.
3 Die Ansätze der Gebühren, Zeugen- und sonstige Entschädigungen in Strafverfahren werden durch Verordnung des Grossen Rates
1) geregelt.
§ 57
1 Der Staat trägt grundsätzlich die Verfahrenskosten bei Einstellung der Untersuchung und bei Freispruch des Angeklagten.
2 In diesen Fällen werden dem Ange schuldigten die notwendigen Kosten der privaten Verteidigung im Unte Rahmen des kantonalen An waltstarifs ersetzt.
§ 58
1 Der Angeschuldigte hat die Verfahr enskosten ganz oder teilweise zu tragen, sofern er einer strafbaren Handlung schuldig erklärt wird oder durch Verletzung gesetzlicher Pflicht en Anlass für ein Strafverfahren gegeben oder dessen Durc hführung erschwert hat.
2 In diesen Fällen hat der Angeschul digte auch die notwendigen Kosten des Geschädigten in angemessenem Umfang zu eigenen zu tragen.
2) Einem zurechnungsunfähigen Ange schuldigten können die Verfahrens- kosten nach billigem Ermessen überbunden werden.
1)
638.1
2) Fassung gemäss G vom 9. Juni 1999, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000. Zusammen- setzung der Kosten Kostentragung durch den Staat Kostentragung durch Ange- schuldigte oder Angeklagte
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§ 59
1)
1 Opfern oder anderen Geschädigten können die Verfahrenskosten ganz oder zum Teil belastet werden, sofern sie absichtlich durch unrichtige Angaben oder sonstwie durch verwe rfliches Verhalten die Untersuchung veranlasst oder erschwert haben.
2 Dasselbe gilt für Anzeiger, Zeugen und andere am Verfahren Beteiligte.

§ 60 In Rechtsmittelverfahren sind die Kosten und Parteientschädigungen der

unterliegenden Partei zu belasten, sofe rn nicht besondere Umstände eine Abweichung rechtfertigen.
§ 61
1 Mehrere Kostenpflichtige können als solidarisch haftbar erklärt werden, soweit sie die Kosten gemeinsam verschuldet haben und keine unbillige Belastung einzelner Pflichtiger entsteht.
2 Eine juristische Person, ein Gesc häftsführer oder ein Familienhaupt kann nach den zivilrechtlichen Haftungsgrundsätzen zur Kostentragung ver- pflichtet werden (Artikel 55 und 333 ZGB
2) ; Artikel 55 OR
3) ).
3 Bei Rückzug eines Strafantrages si nd die Kosten gemäss §§ 57 bis 59 zu verteilen. Parteiverei nbarungen sind zulässig.
4 Bei späteren Entscheiden gemäss § 170 können die Kosten dem Gesuch- steller auferlegt werden.
§ 62
1 Über die Kosten wird bei Einstellung oder Beurteilung der Strafsache entschieden.
2 Steht der Ersatz von Parteikosten in Frage, so sind die Parteien anzu- hören.

§ 63 Der Bezug der amtlichen Kosten oblie gt dem zuständigen Bezirksamt.

1) in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2)
3) Kostentragung durch Opfer, andere Geschä- digte oder Dritte Kostenregelung im Rechtsmittel- verfahren Besondere Fälle Entscheid Kostenbezug
22 2/2007
§ 64
1)
§ 65
1 Bei Einstellung der Untersuchung und bei gerichtlichem Freispruch kann der Angeschuldigte gege nüber dem Staat Schade nersatz und gegebenen- falls Genugtuung beanspruchen, wenn er infolge des Strafverfahrens ungesetzlich oder unverschuldet ernstlic he Nachteile, insbesondere einen Freiheitsentzug erlitten hat.
2 Keinen solchen Anspruch besitzt der Angeschuldigte, wenn er durch verwerfliches oder leichtfertiges Ve rhalten begründeten Anlass zum Straf- verfahren oder zu den schädige nden Massnahmen gegeben hat.
3 Entschädigungsberechtigt können auch andere am Strafverfahren Betei- ligte sein.
4 Der Staat kann auf Beteiligte, welche den Entschädigungsanspruch vor- sätzlich oder grobfahrlässig herbeige führt haben, Rückgriff nehmen.
§ 66
1 Entschädigungs- und Rückgriffsbegehren sind innert 6 Monaten nach der rechtskräftigen Erledigung des Strafv erfahrens bzw. Feststellung des Entschädigungsanspruches mit sc hriftlicher Begründung der Anklage- kammer einzureichen. Diese entsch
2) Gegen Entscheide der Anklageka mmer ist Beschwerde an das Ober- gericht zulässig. B. Das Untersuchungsverfahren
1. Vorbereitung, Ermittlungsverfahren

§ 67 Strafbare Handlungen können bei der Polizei oder den Untersuchungs-

behörden mündlich oder schriftlich angezeigt werden.
1) Aufgehoben durch G vom 18. Dezembe r 1996, in Kraft gesetzt auf den
1. September 1997.
2) Fassung gemäss G vom 9. Juni 1999, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000. Entschädigung, Rückgriff Ve r fahren bei Entschädigungs- und Rückgriffs- begehren Anzeige
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§ 68
1 Behörden und Mitarbeiter
2) , denen im Amte eine schwerwiegende Straf- tat bekannt wird, sind zur Anzeige verpflichtet. Bei Kindsmisshandlungen ist statt der Anzeige die Benachrich tigung der zuständigen Fachstelle zu- lässig. Diese entscheidet, ob und zu welchem Zeitpunkt Anzeige erstattet wird.
2 Die Angehörigen des Polizeikorps sind zur Anzeige aller Straftaten verpflichtet. Kindsmisshandlungen si nd anzuzeigen oder der zuständigen Fachstelle mitzuteilen.
3 Weitergehende Anzeigepflichten au fgrund anderer Gesetze bleiben vor- behalten.
4 Die Anzeigepflicht entfällt, wenn der Amtsperson
2) im Strafverfahren gegen den Täter ein Zeugnisver weigerungsrecht gemäss §§ 90 und 91 Ziffer 1 zusteht.
§ 69
1 Strafanträge können schriftlich ode r mündlich gestellt werden; münd- liche Anträge sind zu protokollieren.
2 Bei Vernachlässigung von Unterstützungspflichten (Artikel 217 StGB
3) steht das Antragsrecht auch den er stinstanzlichen Vormundschafts- und Fürsorgebehörden zu.
3 Ist ein Strafantrag innert Frist bei einer im ersten Teil dieses Gesetzes erwähnten nicht zuständigen Behörde ge stellt worden, so gilt die Frist als gewahrt. Der Antrag ist unverzüglich an die zuständige Behörde weiter- zuleiten.
§ 70
1 Das Ermittlungsverfahren dient der Ermittlung und Sicherung von Spuren und Beweismitteln und soll als vorläufige Feststellung des Sach- verhaltes den Entscheid über die Eröffnung einer Strafuntersuchung ermöglichen.
1)
1996, in Kraft gesetzt auf den
2) setzt auf den 1. Juni 2004.
3) Anzeigepflicht Strafantrag Ermittlungs- verfahren
24 2/2007
1) Ergeben sich durch Anzeige, St rafantrag oder auf anderem Wege Anhaltspunkte für strafbare Handlungen, verfügt die zuständige Unter- suchungsbehörde die notwendigen po lizeilichen Ermittlungen oder Mass- nahmen.
§ 71
1 Ist bei Verkehrsunfällen der Tatbes tand aufzunehmen, erfolgt dies durch die Polizei, auch ohne Auftrag des Bezirksamtes.
1) Steht ein schweres Verbrechen in Frage, sind unverzüglich die Staats- anwaltschaft und das kantonale Unters uchungsrichteramt zu benachrich- tigen.
1) Die Polizei ist befugt, dringende Massnahmen zu treffen, wie Sicher- stellung von Gegenständen zur Verhi nderung einer strafbaren Handlung oder um eine Gefahr abzuwenden, Ta tbestandsaufnahme, vorläufige Fest- nahme oder Beschlagnahme.
4 Einvernahmen zu Protokoll sind gemäss §§ 97 und 98 durchzuführen.
1) Die Polizei hat über ihre Erm ittlungen und Massnahmen der zuständi- gen Untersuchungsbehörde und alle nfalls dem Polizeikommando unver- züglich Rapport zu erstatten. Im Üb rigen gelten für ihre Tätigkeit das Polizeigesetz
2) sowie das Dienstreglement der Kantonspolizei
3)
.
2. Eröffnung der Untersuchung
§ 72
1 Ergibt das Ermittlungsverfahren genügend Anhaltspunkte, so eröffnet das Bezirksamt oder die Staatsanwalts chaft eine Strafuntersuchung. Bei Antragsdelikten ist der Eingang des Strafantrages abzuwarten.
1) Ist das kantonale Untersuchungsri chteramt oder die Jugendanwalt- schaft zuständig, besc hränkt das Bezirksamt die Untersuchung auf die notwendigen Sofortmassnahmen und übe rweist die Akten unverzüglich der Staatsanwaltschaft oder der Jugendanwaltschaft.
1) Die Untersuchung ist durch das ka ntonale Untersuchungsrichteramt abzuschliessen, auch wenn sich n achträglich die Zuständigkeit des Be- zirksamtes ergibt.
1) Fassung gemäss G vom 9. Juni 1999, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
2)
551.1
3)
551.21 Durchführung der Ermittlungen Voraussetzungen
2/2007
25
4 Bei Übertretungen erlässt das Bezi rksamt sofort die Strafverfügung, wenn der Tatbestand im Ermittlungsverfahren genügend abgeklärt und die weitere Untersuchung der persönliche n Verhältnisse nicht notwendig erscheint.
§ 73
1 Die Untersuchung wird vom Unters uchungsrichter durch Aktenvermerk eröffnet.
2 Die Vorladung oder Einvernahme von Personen als Angeschuldigte oder Zeugen, der Beizug von Sachverstä ndigen sowie die Anordnung einer dem Untersuchungsrichter vorbehalte nen Zwangsmassnahme sind erst nach Eröffnung einer Untersuchung zulässig.
3 Jeder Vorgeladene ist vor Beginn der Einvernahme darüber aufzuklären, ob er als Angeschuldigter, Zeuge ode r Auskunftsperson befragt wird, der Angeschuldigte ferner über die Er öffnung und den Gegenstand der Unter- suchung.
1)
4 Lehnt der Untersuchungsrichter di so hat er dies in den Akten anzu dem Strafantragsteller, Opfern und anderen Geschädigten mit kurzer Begründung schriftlich mitzuteilen. Alle nfalls ist die Weisung der Staats- anwaltschaft einzuholen.
3. Allgemeine Grundsätze
§ 74
1 Die Untersuchung hat alle sachliche n und persönlichen Umstände abzu- klären, welche für die Anklageerhebung oder die Einstellung des Ver- fahrens und für die gerichtliche Be urteilung von Bedeutung sein können.
2 Der Untersuchungsrichter und die geri chtliche Polizei haben die belas- tenden und die entlastenden Umstände mit gleicher Sorgfalt zu ermitteln.

§ 75 Bei Straftaten gegen die sexuelle Inte grität sind betroffene Beteiligte im

Ermittlungs- und Untersuchungsverfahren auf das Recht hinzuweisen, von Personen ihres eigenen Geschl echtes befragt zu werden.
1) in Kraft gesetzt auf den 1. Januar Verfahren Zweck der Untersuchung Befragung bei Straftaten gegen die sexuelle Integrität
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§ 76 Der Angeschuldigte und sein Ve rteidiger können Untersuchungshand-

lungen beantragen. Der Untersuchungsri chter entscheidet darüber nach freiem Ermessen.
§ 77
1 Der Untersuchungsrichter hat dem Angeschuldigten und seinem Ver- teidiger die Anwesenheit bei Unte rsuchungshandlungen zu ermöglichen, soweit dadurch nicht der Zweck der Untersuchung gefährdet wird; auf eine Verschiebung von Terminen wegen Verhinderung besteht kein Anspruch.
2 Bei Einvernahmen kann der Angeschul digte oder sein Verteidiger durch den Untersuchungsrichter Ergä nzungsfragen stellen lassen.
§ 78
1 Der Untersuchungsrichter hat dem Angeschuldigten und seinem Ver- teidiger Einsicht in die Akten zu gewähren, soweit dadurch der Zweck der Untersuchung nicht gefährdet wird. Unfallrapporte sind den beteiligten und rechtlich interessierten Dritten auf Ge such jederzeit zur Einsicht zu geben.
2 Sobald der Untersuchungsrichter di e Untersuchung als vollständig erach- tet, setzt er dem Angeschuldigten beziehungsweise seinem Verteidiger eine angemessene Frist, innert welcher sie die Akten einsehen und Beweisergänzungen beantragen können.
3 Die Akteneröffnung kann unterblei bezirksamtliche Strafverfügung erfo lgt, wenn die Einstellung des Ver- fahrens vorgesehen und kein Geschädi Aufenthaltsort einer Partei unbekannt ist oder wenn eine Partei auf Akteneröffnung verzichtet hat.
4 Die Akteneinsicht durch den Ange schuldigten und den Geschädigten kann unter Aufsicht gestellt we rden. Den Mitangeschuldigten und Geschädigten kann die Einsicht in die Akten zur Person des Ange- schuldigten verweigert werden, wenn si e für ihn erheblich nachteilig wäre und kein schutzwürdiges Interesse an der Akteneinsicht dargetan wird.

§ 79 Der verhaftete Angeschuldigte kann mit seinem Verteidiger unbeaufsich-

tigt mündlich oder schriftlich verkehre n, sofern nicht ausserordentliche Umstände Einschränkungen notwendig machen. Antragsrecht des Angeschuldigten Teilnahme an Untersuchungs- handlungen Akteneinsicht Verkehr mit dem Verteidiger
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27

§ 80 Die Parteirechte des Angeschuldigten auch Opfern und anderen Geschädigten sowie deren Vertretern zu, soweit

dies zur Abklärung ihrer Ansprüche als notwendig erscheint.
4. Beweismassnahmen a. Allgemeines, Urkunden
§ 81
1 Über jede Beweisverhandlung wird ein Protokoll erstellt.
2 Aussagen sind möglichst wörtlich, nö tigenfalls mit Dialektausdrücken, festzuhalten. Fragen, Ermahnungen und Hinweise des einvernehmenden Beamten einschliesslich der Äusserunge n des Verteidigers sind zu proto- kollieren. Der äussere Gang der Vern ehmung, wie wesentliche Reaktionen der befragten Person, Unterbrüch e der Einvernahme oder besondere Vorfälle, sind ebenfalls im Protokoll festzuhalten.
3 Wird eine Einvernahme durch ei nen Sachverständigen durchgeführt, kann an die Stelle des Protokolls eine Aktennotiz über seine Wahr- nehmungen treten.
4 Im Übrigen richtet sich die Protokollierung nach § 46.
§ 81a
2)
1 Bei der ersten Einvernahme kunftspersonen sind diese einleitend in einer der betreffenden Person angepassten Weise über ihre Rechte und Pflichten zu informieren.
2 Die aussagende Person ist zunächst hängender Darstellung darüber zu beri chten, was ihr zur Sache bekannt ist. Hernach sind die notwendigen Frag en zur Ergänzung des zu klärenden Sachverhalts zu stellen.
3 Bei Wiederholung von Einvernahmen ist die betroffene Person grund- sätzlich nochmals umfa
4 Bei den Einvernahmen haben alle Beteiligten Ruhe und Anstand zu wahren.
1) in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000. Rechte der Opfer und anderer Geschädigter Protokoll Einvernahmen
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§ 82
1) Über den Angeschuldigten sind St rafregisterauszüge und polizeiliche Führungsberichte betreffend Vorleben und persönliche Verhältnisse ein- zuholen.
1) Soweit es für den Zweck der Untersuchung notwendig ist, sind von weiteren Amtsstellen Berichte zur Person des Angeschuldigten einzu- holen.
2) Steht die Schuldfähigkeit des A ngeschuldigten oder die Verhängung strafrechtlicher Massnahmen in Frage, so sind die erforderlichen ärzt- lichen Berichte einzuholen (Artikel 20 und 56 Absatz 3 StGB 3) ).
4 Sofern die Erledigung durch bezirksamtliche Strafverfügung in Aussicht steht, sind Berichte nur einzuholen, soweit die persönlichen Verhältnisse für die Beurteilung wesentlich sind.
§ 83
1)
1 Neben den Protokollen sind alle Schr iftstücke, Ton- und Bildaufnahmen, die als Beweismittel dienen können oder über das Verfahren Aufschluss geben, den Akten beizufügen.
2 Die Verwendung von Kopien und amtlich beglaubigten Abschriften ist zulässig, soweit dadurch die Untersuchung nicht beeinträchtigt wird.
3 Urkunden, Ton- und Bildaufnahmen von Beteiligten sind nach Abschluss des Verfahrens auf Verlangen im Orig Vorbehalten bleibt § 117.
§ 84
1 Werden Personen einvernommen, we lche die deutsche Sprache nicht genügend beherrschen, so ist in der Re gel ein Dolmetscher beizuziehen, ebenso wenn der schriftliche Verkeh r mit tauben oder stummen Personen nicht genügt.
2 Der Dolmetscher hat die Richtigke it der Übersetzung im Protokoll unter- schriftlich zu bestätigen.
3 Die Bestimmungen über die Sac hverständigen sind sinngemäss anzu- wenden.
1) Fassung gemäss G vom 9. Juni 1999, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
2) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2007.
3) SR 311.0 Berichte Urkunden, Ton- und Bild- aufnahmen Ü be r setzung
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§ 84a
1)
1 Für Beweismassnahmen ge genüber Personen, die sich beruflich mit der Veröffentlichung von Informationen im disch erscheinenden Medi ums befassen, oder für ihre Hilfspersonen gilt

Artikel 28a Absatz 1 StGB .

2 Zuständig für die Feststellungen gemäss Artikel 28a Absatz 2 StGB
2) ist der Untersuchungsrichter. b. Einvernahme des Angeschuldigten
§ 85
1 Der Angeschuldigte ist in der Re gel untersuchungsrichterlich über die wesentlichen strafbaren Handlungen, deren Umstände und die Beweg- gründe einzuvernehmen. In einfach en Fällen genügt die untersuchungs- richterliche Einvernahme auf dem Rechtshilfeweg.
2 Zur Abklärung von einfachen Vergehen sowie von Übertretungen und Nebenumständen von Verbrechen und Ve rgehen kann, soweit dies als genügend erscheint, auf polizeiliche Einvernahmen oder auf die Akten abgestellt werden.
§ 86
3)
1 Der Angeschuldigte ist zur Wahrheit zu ermahnen mit dem ausdrück- lichen Hinweis, dass er die Aussage verweigern kann, ihm das Recht zusteht, einen Verteidiger beizuzie hen und allfällige Aussagen gegen ihn verwendet werden können.
3)
2 Es dürfen weder Versprechungen oder sonstige Absprachen, noch Drohungen, verfängliche Fragen, Vorspiegelungen unbewiesener Tat- sachen oder andere Zwangsmittel angewendet werden, um den Ange- schuldigten zur Aussage oder zu einem Geständnis zu bewegen.
3 Mittel zur Erforschung der Wahrheit, welche die Denkfähigkeit oder die Willensfreiheit beeinträchtigen, si nd auch bei Zustimmung des Ange- schuldigten unzulässig.
3)
4 Aussagen, welche in Missachtung dieser Vorschriften zustande kommen, sind ungültig. Versprechungen und Absprachen kommt keinerlei bindende Wirkung zu.
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2)
3) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000. Quellenschutz gemäss Medien- strafrecht Persönliche Einvernahme Grundsätze
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§ 87
1 Der Angeschuldigte ist über seine Personalien, den Lebenslauf, seine persönlichen und familiären Verhältnisse sowie über allfällige Vorstrafen zu befragen.
2 Wenn es als geboten erscheint, ist der Angeschuldigte vor Abschluss der Untersuchung unterschriftlich zur M itteilung jedes Wohnortwechsels bis zur Zustellung des Gerichtsurteils zu verpflichten. Ein Doppel dieser Erklärung ist ihm auszuhändigen.
§ 88
1 Nach Eröffnung der ihm zur Last gelegten Handlungen ist der Ange- schuldigte zu einer zusammenhängende n Darstellung des Sachverhaltes und zur Stellungnahme gegenüber der An streitet er diese, so sind ihm die be lastenden Tatsachen vorzuhalten, und er hat die Tatsachen und Beweismittel zu seiner Entlastung anzugeben.
2 Verweigert er die Aussage, so ist das Verfahren ohne Rücksicht darauf weiterzuführen.
3 Ein Geständnis ist auf seine Gl aubwürdigkeit und Vollständigkeit sowie auf die näheren Umstände und Bewe ggründe der Tat zu überprüfen.
4 Bei weitläufigen Untersuchungen si Angeschuldigten in einem Schl ussverhör nochmals vorzuhalten. c. Zeugen
§ 89
1 Jedermann ist verpflichtet, als Zeuge vor dem Untersuchungsrichter und vor Gericht zu erscheinen und nach bestem Wissen Zeugnis abzulegen.
1) Opfer sowie andere Geschädi gte können als Zeugen einvernommen werden. Wenn besondere Befangenheit an zunehmen ist, sind sie als Aus- kunftspersonen zu befragen. Für Opfe r bleibt Artikel 7 Absatz 2 des Opferhilfegesetzes 2) vorbehalten.
3 Kinder unter vierzehn Jahren sind als Auskunftspersonen und nur so weit zu befragen, als dies für die Un tersuchung unerlässlich und für das Kind nicht mit ernstlichen Nachteilen verbunden ist.
1) Fassung gemäss G vom 28. September 1992, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
1993.
2) SR 312.5 Einvernahme zur Person Einvernahme zur Sache Zeugnispflicht und Zeugnis- fähigkeit
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4 Personen, denen die nötigen ge istigen und körperlichen Fähigkeiten mangeln, sind nicht als Zeugen einzuvernehmen.
§ 90
1 Das Zeugnis können verweigern: Verwandte (Bluts-, Adoptiv- und Stiefverwandte) und Verschwägerte des Angeschuldigten in auf- und absteigende r Linie, Geschwister, Schwäger und Schwägerinnen, Verlobte, Eheg atten und geschiedene Ehegatten, sofern sich das Zeugnis auf die eingetragene Partner und Partner nach gerichtlicher Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, sofern sich das Zeugnis auf die Zeit vor der Auflösung bezieht, Konkubinatspartne r, Pflegeeltern und -kinder, Vormünder, Beiräte und Beistä nde des Angeschuldigten.
2 Das Verweigerungsrecht unter Ehegatten, eingetragenen Partnern und bei Verschwägerten gilt auch nach Auflösung der Ehe oder der eingetragenen Partnerschaft, sofern sich das Ze
§ 91
1 Zum Zeugnis können nicht verpflichtet werden:
1.
2) Geistliche, Anwälte, Ärzte und mit Ausnahme der Revisoren die anderen in Artikel 321 Ziffer 1 StGB
3) genannten Personen sowie Mitarbeiter einer Ehe- oder Fam ilienberatung oder einer Stelle für Familienmediation hinsichtlich der Tatsachen, die ihnen infolge ihres Berufes anvertraut sind oder di e sie in dessen Ausübung wahr- genommen haben;
2. Mitarbeiter
4) hinsichtlich der Amtsgehe imnisse, sofern die vorge- setzte Behörde der Einvernah me nicht zugestimmt hat.
5)
2
...
1) Kraft gesetzt auf den 1. Juni
2) Kraft gesetzt auf den 1. Januar
3)
4) setzt auf den 1. Juni 2004.
5) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000. Verwandtschaft, vormundschaft- liche Organe Amts- und Berufsgeheimnis
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§ 92 Jeder Zeuge darf die Antwort auf Fr agen verweigern, wenn sie ihn oder

einen der in § 90 genannten Angehör igen nach seiner glaubwürdigen Versicherung einer strafrechtlichen Verfolgung oder einer schweren Be- nachteiligung der Ehre oder des Vermögens aussetzen würde.
§ 93
1 Der Zeuge wird, nach Feststell ung seiner Personalien sowie seiner Beziehungen zu den am Verfahren Be teiligten, über die Zeugnispflicht und gegebenenfalls über die Zeugnisv erweigerungsgründe aufgeklärt. Er ist zur Wahrheit zu ermahnen und auf die Straffolgen falscher Zeugen- aussagen hinzuweisen.
2 Verzichtet der Zeuge auf ein ih m zustehendes Zeugnisverweigerungs- recht, so kann er diese Erklärung je derzeit widerrufen. Die vorher ge- machten Aussagen bleiben bestehen.
3 Im Protokoll muss festgehalten we rden, dass der Zeuge über seine Rechte und Pflichten und die Folgen ihrer Verletzung aufgeklärt worden ist; sonst ist die Einvernahme ungültig und muss wiederholt werden.
4 Unberechtigte Verweigerung von Zeugenaussagen kann gemäss § 35 geahndet werden.
5 Bei Amtspersonen 1) , Rechtsanwälten und Ärzten kann anstelle der mündlichen Zeugenbefragung ein schrif tliches Zeugnis eingeholt werden. Sie können ergänzend als Zeugen ei nvernommen werden, wenn ihre Aussage für bestrittene Punkte wesentlich ist.
§ 94
1 Der Untersuchungsrichter gibt hier auf dem Zeugen den Gegenstand der Einvernahme bekannt, fordert ihn auf, alles zusammenhängend mitzu- teilen, was ihm aus eigener Wahr nehmung bekannt ist, und stellt zur weiteren Abklärung die erforderlichen Fragen.
2 Der Zeuge darf durch die Feststell ung nicht beeinflusst werden. Verfäng- liche Fragen sind unzulässig.
§ 95
1 Angeschuldigte und Zeugen werden in der Regel einzeln vernommen.
2 Wenn es geboten erscheint, könne n sie einander gegenübergestellt wer- den.
1) Fassung gemäss G betreffend die Abschaffung des Beamtenstatus vom
20. Dezember 2000, in Kraft ge setzt auf den 1. Juni 2004. Andere Gründe Zeugenein- vernahme Durchführung der Zeugen- einvernahme Konfrontation
2/2007
33

§ 96 Von Amtsstellen, Rechtsanwälten und Ärzten, ausnahmsweise auch von

anderen Personen, können schriftliche Auskünfte verlangt und zu den Akten genommen werden.
§ 97
1 Wer einer strafbaren Handlung dringe nd verdächtig ist, darf hiezu nur als Auskunftsperson, nicht als Zeuge einvernommen werden.
2 Der Untersuchungsrichter kann auch andere Personen in dieser Eigen- schaft einvernehmen, namentlich wenn sie als befangen erscheinen.
3 Die Bestimmungen über die Einvern ahme des Angeschuldigten sind sinngemäss anwendbar.
4 Das gesetzliche Zeugnisverweiger ungsrecht besteht auch zugunsten von Auskunftspersonen, sofern sich das Strafverfahren bereits gegen eine bestimmte Person richtet.
§ 98
1)
1 Zur Abklärung von einfachen Vergehen sowie von Übertretungen und Nebenumständen von Verbrechen und Vergehen kann der Untersuchungs- richter anstelle der Zeugeneinvern ahme die polizeiliche Befragung zu Protokoll anordnen. Das Protokoll ist vom Befragten mitunterzeichnen zu lassen.
2 In dringenden Fällen kann die Polizei auch vor Einleitung einer Straf- untersuchung Befragungen zu Protokoll vornehmen. d. Sachverständige
§ 99
1 Sachverständige sind beizuziehen, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder wenn die Feststellung oder tatsächliche Würdigung eines Sach- verhaltes besondere Fac hkenntnisse erfordert.
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000. Schriftlicher Bericht Einvernahme als Auskunftsperson Polizeiliche Befragung zu Protokoll Beizug
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1) Zur Abklärung medizinischer Fragen und zur Durchführung ärztlicher Verrichtungen in Strafverfahren, insb Körperverletzungen und fraglicher Schuldfähigkeit, hat der Unter- suchungsrichter unverzüglich die e rforderliche Untersuchung und einen schriftlichen Bericht durch einen Amtsarzt oder durch Fachärzte zu veranlassen.
§ 100
1 Der Untersuchungsrichter ernennt ei nen oder mehrere Sachverständige. Er gibt in der Regel dem Angeschul digten vorher Gelegenheit zur Stel- lungnahme.
2 Die Ausstandsvorschriften (§§ 32 bis 34) sind entsprechend anzu- wenden.
2) ...
§ 101
1 Der Untersuchungsrichter ermahnt den Sachverständigen zur gewissen- haften Erfüllung seiner Aufgabe und verw eist ihn auf die Straffolgen eines bewusst falschen Befundes oder Gutachtens.
2 Er umschreibt dem Sachverständigen die Aufgabe, stellt ihm die zu beantwortenden Fragen und erteilt ihm die gebotenen Aufschlüsse, unter Überlassung der dienliche n Akten und Gegenstände.
3 Hält der Sachverständige die Be fragung anderer Pers onen ausser dem Angeschuldigten für notwendig, so en tscheidet der Untersuchungsrichter, ob sie durch ihn oder den Gutachter zu erfolgen hat.
4 Die Instruktion erfolgt schriftlich oder mündlich. Den Parteien ist davon Kenntnis und Gelegenheit zu ergänzende n Fragen zu geben, soweit die Untersuchung es erlaubt.
§ 102
1 Das Gutachten ist in der Regel schr iftlich, in einfachen Fällen mündlich zu Protokoll zu erstatten.
2 Wenn das Gutachten als ungenügend er richter dessen Ergänzung verlange n oder mit Genehmigung der Staats- anwaltschaft einen neuen S achverständigen beiziehen.
1) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2007.
2) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2006. Ernennung Instruktion Gutachten
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35 e. Augenschein
§ 103
1 Wenn die Prüfung an Ort und Stelle zur Aufklärung dienlich ist, nimmt der Untersuchungsrichter einen Auge nschein vor. Die wesentlichen Er- gebnisse sind durch Akte nvermerk festzuhalten.
1)
2 Insbesondere haben die Mitarbeiter 2) der gerichtlichen Polizei den Tat- ort möglichst frühzeitig zu besichtigen und allfällige Tatspuren zu sichern. Für die Akten sind soweit möglich und nötig, bei Tötungsdelikten oder bei Delikten mit schwerer Körperschädi gung in jedem Fall, Fotografien und Tatortpläne zu erstellen.
§ 104
3)
1 Liegen bei Todesfällen oder Leichenfunden Anzeichen für strafbare Handlungen vor oder ist die Todesurs ache oder die Identität der Leiche unabgeklärt, ordnet der Untersuc hungsrichter die Untersuchung der Leiche durch einen Amtsarzt und allenf alls durch weitere Sachverständige an. Wird ein schweres Verbrechen ve rmutet, ist der Staatsanwaltschaft und dem kantonalen Untersuchungsrichtera mt sofort Kenntnis zu geben.
2 Leichenschauer, Ärzte und Amtspersonen 2) haben Wahrnehmungen, welche auf die Möglichkeit einer Stra ftat hindeuten, sofort dem Bezirks- amt zu melden.
3)
3 Soweit es zur Abklärung der Todesu rsache erforderlich ist, wird in Verbindung mit einem Amtsarzt die Sektion der Leiche durch ärztliche Fachleute angeordnet.
4 Über das Ergebnis der Legalinspek tion und -obduktion sind einlässliche Protokolle zu erstellen.
5 Der Untersuchungsrichter kann de n Aufschub der Bestattung, die Ausgrabung eines Leichnams sowie die Eröffnung einer Aschenurne verfügen.
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
2) setzt auf den 1. Juni 2004.
3) Kraft gesetzt auf den 1. Januar Durchführung Verfahren bei Todesfällen
36 2/2007
5. Zwangsmittel a. Untersuchungs- und Sicherheitshaft
§ 105
1 Niemand darf ohne Haftbefehl de r zuständigen Behörde verhaftet werden.
2 Bei Übertretungen darf eine Verhaftung nur ausnahmsweise und kurz- fristig erfolgen.
§ 106
1 Gegen Angeschuldigte oder Verurte ilte kann ein Haftbefehl erlassen werden:
1. bei Fluchtgefahr;
2. wenn Gefahr besteht, dass der Angeschuldigte Spuren der Tat ver- wischen, Mitbeteiligte oder Zeuge n beeinflussen oder sonstwie die Untersuchung beeinträchtigen könnte;
3. wenn die Fortsetzung der strafbaren Tätigkeit ernstlich zu befürchten oder die Freiheit des Angeschuldigt en mit Gefahr für Dritte ver- bunden ist;
4. zur Sicherung des Vollzuges eines rechtskräftigen Urteils.
2 Die Untersuchungshaft darf nicht länger dauern, als der Haftgrund besteht. Sie soll die Dauer der zu er wartenden Freiheitsstrafe nicht über- steigen.
3 Als Sicherheitshaft kann die Haft auch nach Abschluss der Untersuchung bis zum Strafvollzug verfügt oder fo rtgesetzt werden, wenn ein Haftgrund vorliegt.

§ 107 Zum Erlass von Haftbefehl en sind zuständig:

1. die Untersuchungsrichter, die Staatsanwaltschaft und die Jugend- anwaltschaft;
2. nach Überweisung des Angeschuldi gten das erkennende Gericht oder dessen Präsident;
3. 1) ...
1) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2007. Grundsätze Haftgründe Zuständigkeit
2/2007
37
§ 108
1 Der Haftbefehl erfolgt schriftlic h mit genauer Bezeichnung des Ange- schuldigten und unter Angabe des Haft grundes. Sein Inhalt ist dem Ange- schuldigten mit der Verhaftung oder so fort nachher mitzuteilen. In den Akten ist Vormerk zu nehmen.
2 Ist der Angeschuldigte unbekannten Au fenthaltes, so wird er polizeilich ausgeschrieben.
3 Bei schweren Verbrechen kann m it Zustimmung des Departementes für Justiz und Sicherheit
1) des Täters führen, eine Belohnung ausgesetzt werden.
§ 109
1 Der Angeschuldigte ist durch die Po lizei aufzufordern, dem Haftbefehl Folge zu leisten. Die Festnahme hat mit Schonung zu erfolgen. Gewalt- anwendung ist nur bei Widersetzlic schuldigten zulässig. Gegenstände, die er auf sich trägt, sind nötigenfalls in Verwahrung zu nehmen.
2 Der Familie des Verhafteten ist sofo rt Kenntnis zu geben, wenn nicht der Untersuchungszweck oder die Interesse n des Angeschuldigten es ver- bieten.
3 Der ausführende Polizeibeamte 2) hat über den Vollzug der Verhaftung schriftlichen Bericht zu erstatten.
§ 110
3) Wenn Gefahr im Verzuge ist, darf di e Polizei Personen, gegen die ein Haftgrund in Frage kommt, vor Erlass eines Haftbefehls vorläufig fest- nehmen. Sie kann zu diesem Zweck auch Liegenschaften und Räume betreten. Sie hat den zuständigen Un tersuchungsrichter sofort zu benach- richtigen. Dieser verhört den Zugef ührten und erlässt den Haftbefehl oder verfügt die Freilassung.
1)
2) setzt auf den 1. Juni 2004.
3) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000. Haftbefehl und Ausschreibung Verhaftung Vorläufige Festnahme durch die Polizei
38 2/2007
§ 111
1 Jedermann ist berechtigt, den Täte r bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten, wenn er bei Ausführ ung oder Versuch eines Verbrechens oder Vergehens oder unmittelbar nachher betroffen wird oder eine öffent- liche Aufforderung zu seiner Festnahme ergangen ist.
2 Die Polizei kann bei Festnahme und Verhaftung die Hilfe von Privat- personen in Anspruch nehmen.
3 Der Staat haftet für den Schade n von Privatpersonen aus solcher Mit- hilfe.
§ 112
1)
1 Der Verhaftete ist spätestens am Tag nach der Zuführung einzu- vernehmen. Dabei ist ihm Gelegenheit zu geben, sich zum Tatverdacht und zu den Haftgründen zu äussern.
2 Der Untersuchungsrichter nimmt Be weismittel unverzüglich ab, die zur Erhärtung oder zur Entkräftung des Tatverdachts und der Haftgründe geeignet und sofort verfügbar sind.
§ 113
1)
1 Bestätigen sich der Tatverdacht und die Haftgründe, beantragt der Unter- suchungsrichter dem Präsidenten de r Anklagekammer unverzüglich die Anordnung der Untersuchungshaft.
2 Der Untersuchungsrichter reicht seinen Antrag mit kurzer Begründung schriftlich ein und legt die für den Entscheid notwendigen Akten bei.
3 Verzichtet der Untersuchungsrichter au f einen Haftantrag, verfügt er die unverzügliche Freilassung des Verhaf teten oder eine Ersatzmassnahme gemäss den §§ 115 und 116.
§ 113a
1)
1 Der Präsident der Anklagekammer setzt nach Eingang des Haftantrages unverzüglich eine mündliche, nicht öf fentliche Verhandlung an und lädt den Verhafteten vor. Der Untersuc hungsrichter kann an der Verhandlung teilnehmen. Er kann zum persönlichen Erscheinen verpflichtet werden.
2 Verzichtet der Verhaftete ausdrück lich auf eine mündliche Verhandlung, entscheidet der Präsident der Anklagekammer im schriftlichen Verfahren aufgrund des Haftantrages und de r Eingabe des Verhafteten.
1) Fassung gemäss G vom 21. Juni 2006, in Kr aft gesetzt auf den 7. Oktober 2006. Vorläufiges Festhalten durch Privatpersonen Einvernahme Haftantrag Haftanordnungs- verfahren
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39
3 Der Präsident der Anklagekamme Verlangen vor der Verhandlung Einsic ht in die ihm vorliegenden Akten.
4 Er nimmt nur sofort zugängliche Beweise ab, die geeignet sind, den Tatverdacht oder die Haftgründe zu bestätigen oder zu widerlegen. Ein weitergehendes Beweisverfahren wird nicht durchgeführt.
§ 113b
1 Der Präsident der Anklagekammer entscheidet so rasch als möglich, spätestens jedoch drei Tage nach Eingang des Haftantrages aufgrund der Akten und der Vorbringen der Bete iligten über die Freilassung des Verhafteten oder über dessen Versetz ung in Untersuchungshaft. An Stelle der Untersuchungshaft kann er auch eine Ersatzmassn ahme gemäss den §§ 115 und 116 anordnen.
2 Der Präsident der Anklagekamme haft begrenzen und den Untersuchungsrich ter verpflichten, innert dieser Frist bestimmte Untersuc hungshandlungen vorzunehmen.
3 Der Präsident der Anklagekammer teilt seinen Entscheid dem Ver- hafteten und dem Untersuchungsri chter mit einer kurzen Begründung schriftlich mit. Der Entscheid ist endgültig.
§ 113c
1)
1 Der Verhaftete kann jederzeit ei n Gesuch um Aufhebung der Unter- suchungshaft stellen. Vorbeh alten bleibt Absatz 5.
2 Das Gesuch ist dem Untersuchungs begründen.
3 Entspricht der Untersuchungsrichter de m Gesuch nicht, unterbreitet er es innerhalb von drei Tagen seit Einga ng mit den erforderlichen Akten und seinem begründeten Antrag dem Pr äsidenten der Anklagekammer.
4 Der Präsident der Anklagekammer entscheidet spätestens drei Tage nach Eingang des Gesuches in der Regel in einer mündlichen Verhandlung.
5 Er kann im Entscheid eine Frist von einem bis drei Monaten ansetzen, innerhalb welcher der Verhaftete ke in Gesuch um Haftentlassung stellen kann.
6 Für das Verfahren und den Entscheid gelten die §§ 113a und 113b sinngemäss.
1) aft gesetzt auf den 7. Oktober 2006. Haftentscheid Haftentlassungs- gesuch
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§ 113d
1)
1 Ist die vom Präsidenten der Ankl agekammer angesetzte Dauer der Untersuchungshaft abgelaufen suchungshaft drei Monate vergange n, ohne dass der Verhaftete um Haftentlassung nachgesucht hat, muss der Untersuchungsrichter ein Gesuch um Haftverlängerung stellen.
2 Der Untersuchungsrichter reicht de m Präsidenten der Anklagekammer das schriftliche und begründete Gesuch spätestens drei Tage vor Ablauf der Haftdauer mit den e rforderlichen Akten ein.
3 Über die Haftverlängerung wird in der Regel im schriftlichen Verfahren entschieden.
4 Der Präsident der Anklagekammer kann die Untersuchungshaft jeweils um höchstens drei Monate verlängern.
§ 114
2) Auf Antrag eines Amtsarztes ka nn der Untersuchungsrichter die vor- zeitige Verbringung des Angeschuldigten in eine psychiatrische Klinik verfügen.
2 Das zuständige Departement ka nn bei Sicherheitshaft gemäss § 106 Absatz 3 nach Anhören des Ange schuldigten und des Untersuchungs- richters die Durchführung der Haft in einer Strafanstalt anordnen.
1) Mit schriftlicher Zustimmung des ment nach Abschluss der Unters uchung gemäss § 133 die Einweisung in eine Anstalt zum vorzeitigen Straf- oder Massnahmeantritt anordnen. Für dessen Durchführung gelten dieselben Bestimmungen wie für den ordent- lichen Straf- und Massnahmevollzug. Über Gesuche um Entlassung aus dem vorzeitigen Straf- oder Massnahmenvollzug entscheidet der Präsident der Anklagekammer analog zum Verfa hren gemäss den §§ 113a und 113b.
§ 114a
1)
1 Bei Sicherheitshaft gemäss § 106 Absa tz 3 übt die Staatsanwaltschaft die Befugnisse aus, welche bei der Untersuchungshaft dem Untersuchungs- richter zustehen.
2 Über Gesuche um Entlassung aus de r Sicherheitshaft entscheidet der Präsident des zuständigen Geri chtes innert drei Tagen.
1) Fassung gemäss G vom 21. Juni 2006, in Kr aft gesetzt auf den 7. Oktober 2006.
2) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2007. Haftverlänge- rungsgesuch Verbringung in Anstalten, vorzeitiger Straf- oder Massnahmeantritt Entlassung aus der Sicher- heitshaft
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§ 115
1 Der Angeschuldigte, de r wegen Fluchtgefahr verhaftet ist oder zu ver- haften wäre, kann in Freiheit gela ssen werden gegen Leistung einer angemessenen Sicherheit dafür, dass er sich einer Vorladung oder zum Strafvollzug jederzeit stellen werde.
2 Die Zuständigkeit richtet sich nach § 107.
1)
3 Die Sicherheit verfällt, und es ist ei n Haftbefehl zu erlassen, wenn der Angeschuldigte sich auf Vorladung hin nicht stellt. Die Sicherheit wird zur Deckung der Kosten, Geldstra fen und Bussen, Ersatzforderungen sowie des Schadens verw endet. Der Rest fällt in die Staatskasse, ist jedoch zurückzuerstatten, wenn der Pflichtige sich nachträglich vor Ablauf der Verjährungsfrist stellt.
4 Die nicht verfallene Sicherheit wi rd frei bei Wegfall des Haftgrundes und wenn der Angeschuldigte sich zu m Strafvollzug stellt oder rechts- kräftig freigesprochen wird. Sie kann indessen auch in diesen Fällen zur Kostendeckung verwendet werden.
5 Der Entscheid steht jener Behörde zu, bei welcher die Strafsache hängig ist.
§ 116
1 Lässt sich der Zweck der Verhaftung durch mildere Massnahmen, wie Schriftensperre oder Aufe nthaltsbeschränkung, erreic hen, so sind solche Massnahmen, allenfalls verbunden mit Sicherheitsleistung, zu verfügen.
2)
2 Die Staatsanwaltschaft, der Unte rsuchungsrichter oder der Gerichts- präsident können, nötigenfalls in Absprache mit der Fremdenpolizei
3) , einem landesabwesenden Angeschuldigten oder Ze ugen oder einer landes- abwesenden Auskunftsperson unter bes timmten Auflagen freies Geleite zusichern.
2)
3 Die Zusicherung erfolgt durch Verfügung. Diese ist endgültig und bewirkt, dass wegen der Straftat, fü r die das freie Geleite erteilt wird, keine Verhaftung erfolgen darf. Das lagen nicht eingehalten werden.
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
3) fend Änderung des R des Regierungs- Freilassung gegen Sicherheit Ersatzmass- nahmen, freies Geleite
42 2/2007 b. Beschlagnahme
§ 117
1) Alle Gegenstände, welche als Bewe ismittel im Strafverfahren dienen können oder deren Einziehung oder Verfall an den Staat in Frage kommt (Artikel 69 und 70 StGB
2) ), sind in Beschlag zu nehmen und amtlich zu verwahren.
2 Dasselbe kann angeordnet werden durch strafbare Handlungen oder als Erlös hieraus angeeignet hat.
3 Der Untersuchungsrichter kann fe rner die Beschlagnahme von Ver- mögenswerten des Angesc huldigten verfügen, soweit dies zur Sicherung der künftigen Vollstreckung eines Stra furteils notwendig erscheint, namentlich zur Deckung der Verfahrens- und Vollzugskosten und von Bussen.
4 Bei Grundstücken kann eine Grundbuchsperre angeordnet werden.
5 Auf die Interessen der Familie des Angeschuldigten ist Rücksicht zu nehmen.
§ 118
3)
§ 119
1 Wenn Gefahr im Verzuge ist, da rf die Polizei Gegenstände, die der Beschlagnahme unterliegen können, vor sorglich in Verwahrung nehmen.
2 Sie kann Täter ohne Wohnsitz in de Sicherheit für Busse und Verfahrens kosten oder zur Abgabe der Aus- weisschriften verhalten und allenfalls bei Verkehrsdelikten das Fahrzeug des Fehlbaren beschlagnahmen.
3 Die Verfügung des Untersuchungsrich ters ist unverzüglich einzuholen.
§ 120
1 Die Beschlagnahme ist schriftlich zu verfügen. Über die beschlag- nahmten Gegenstände ist ein Ver zeichnis anzulegen und dieses, wenn möglich, vom bisherigen Inhaber zu unterzeichnen.
1) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2007.
2) SR 311.0
3) Aufgehoben durch G vom 28. Septembe r 1992, in Kraft gesetzt auf den
1. Januar 1993. Beschlagnahme für den Staat Vorläufige Beschlagnahme Durchführung
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43
2 Beschlagnahmte Gegenstä benötigt werden und nicht für den St aat oder den Geschädigten zu ver- wenden sind, werden dem Berechtigten zurückerstattet. Ist dieser nicht bekannt, so kann öffentliche Ausschr eibung erfolgen. Ist der Anspruch streitig, so entscheidet der Unte setzt dem abgewiesenen Ansprecher Fr ist zu zivilrechtlicher Klage. Wird diese nicht benützt, so ist die getroffene Verfügung zu vollziehen.

§ 120a Beschlagnahmte Gegens tände oder Vermögenswert e, die schneller Wert-

verminderung ausgesetzt sind oder ei nen kostspieligen Unterhalt erfor- dern, können auf Verfügung des Untersuchungsrichters vorzeitig freihän- dig veräussert werden. c. Überwachung
§ 121
2)
1 Der Untersuchungsrichter kann ge genüber Angeschuldigten oder Ver- dächtigen technische Überwachungs geräte einsetzen lassen, wenn
1. ein Verbrechen oder ein Vergehen verfolgt wird, dessen Schwere oder Eigenart den Eingriff rechtfertigen und
2. bestimmte Tatsachen die zu übe rwachende Person als Täter oder Teil- nehmer verdächtig machen und
3. die Untersuchung ohne die Üb erwachung wesentlich erschwert würde oder andere Untersuchungs handlungen erfolglos geblieben sind.
2 Sind diese Voraussetzungen beim A ngeschuldigten oder Verdächtigen er- füllt, können Drittpersonen überwacht werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen angenommen werden muss, dass sie für ihn bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben. Ausge- nommen sind Personen, die nach § 91 das Zeugnis verweigern dürfen.
§ 122
1 Der Untersuchungsrichter reicht i nnert 24 Stunden dem Präsidenten der Anklagekammer ein Doppel seiner Verfügung samt den Akten und einer kurzen Begründung zur Genehmigung ein.
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
2) Kraft gesetzt auf den 1. Januar Vorzeitige Verwertung Einsatz von tech- nischen Über- wachungsgeräten Anordnung, Dauer
44 2/2007
1) Die Verfügung bleibt längstens drei Monate in Kraft; der Unter- suchungsrichter kann sie grundsätzlich um höchstens drei Monate ver- längern. Bei Strafuntersuchungen betr effend die Zugehörigkeit zu einer kriminellen Organisation gemäss Artikel 260 ter StGB
2) erfolgt die Verlängerung dagegen jeweils um dr ei weitere Monate. Die Verlänge- rungsverfügung ist dem Präsidenten der Anklagekammer mit Akten und einer kurzen Begründung spätestens zehn Tage vor Ablauf der Frist zur Genehmigung einzureichen.
3 Der Untersuchungsrichter stellt die Überwachung unverzüglich ein, wenn sie nicht mehr notwendig, die Frist abgelaufen oder die Verfügung aufgehoben ist.
§ 123
1 Die Verfügung bedarf der Genehmi gung durch den Präsidenten der Anklagekammer oder durch den Stellvertreter. Er hebt rechtswidrige oder unangemessene Verfügungen auf.
2 Er begründet seinen Entscheid su mmarisch und eröffnet ihn dem Unter- suchungsrichter innert fünf Tagen seit dem Erlass der Verfügung oder im Fall einer Verlängerung vor deren Beginn.
3 Er stellt sicher, dass abgelaufen e oder aufgehobene Überwachungen ein- gestellt werden.
4 Er kann die Überwachung vorläufig ge nehmigen; in diesem Fall setzt er dem Untersuchungsrichter eine Frist an, um die Massnahme durch Ergän- zung der Akten oder in mündlicher Verhandlung zu rechtfertigen. Die vorläufige Überwachung darf nicht länger als 14 Tage dauern.
§ 124
1 Die Überwachung ist gegenübe r den Betroffenen geheim.
2 Spätestens beim Abschluss der Untersuchung informiert der Untersu- chungsrichter die Betroffenen, gegen die keine Strafuntersuchung eröffnet worden ist, über die Überwachung und deren Begründung.
1) Fassung gemäss G vom 18. Dezember 1996, in Kraft gesetzt auf den
1. September 1997.
2) SR 311.0 Genehmigung Geheimhaltung, Informations- pflicht
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§ 125
1)
2)
1 Die aus genehmigten Überw achungsmassnahmen stammenden Doku- mente werden zu den Akten genomme n. Dokumente, die für die Unter- suchung nicht notwendig sind, werden gesondert unter Verschluss gehal- ten und nach Abschluss des Verfahrens vernichtet.
2 Ergebnisse genehmigter Überwac hungsmassnahmen, die mit dem abzu- klärenden Sachverhalt in keiner Beziehung stehen, aber auf die Begehung einer anderen Straftat hindeuten , dürfen nur dann als Beweismittel verwendet werden, wenn sie ein Verbrechen oder Vergehen im Sinne von

§ 121 Absatz 1 Ziffer 1 betreffe n. § 121 Absatz 2 gilt sinngemäss.

§ 126
2)
1 Der Vorsteher des Departementes für Justiz und Sicherheit kann den Einsatz von technischen Überwac Verbrechen oder Vergehen zu verhindern, dessen Schwere oder Eigenart den Eingriff rechtfertigt, wenn besti mmte Umstände auf die Vorbereitung einer solchen Tat schliessen lassen.
2 Die §§ 121 bis 125 finden entsprechend Anwendung.
§ 126a
1 Der Untersuchungsrichter kann di e Überwachung des Post- und Fern- meldeverkehrs anordnen.
2 Die Überwachungsanordnung ist dem Präsidenten der Anklagekammer oder seinem Stellvertreter zur Genehmigung zu unterbreiten.
3 Geltungsbereich, Verfahren und Au sgestaltung der Überwachung richten sich nach dem Bundesgesetz betr Fernmeldeverkehrs (BÜPF) 3)
§ 127
2) Gegen die Genehmigung einer Üb erwachungsanordnung kann innert 30 Tagen wegen fehlender Rechtmässi gkeit und Verhältnismässigkeit beim Obergericht Beschwerde geführt werden. Dieses beurteilt endgültig Entschädigungsbegehren gemäss § 65.
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
2) Kraft gesetzt auf den 1. Januar
3) Dokumente, Zufallsfunde Ü berwachung bei vorbereitenden Handlungen Ü berwachung des Post- und Fern- meldeverkehrs Beschwerde, Entschädigung
46 2/2007
§ 127a
1)
1 Der Polizeikommandant kann im Ra hmen des Ermittlungsverfahrens, der kantonale Untersuchungsrichter im Untersuchungsverfahren den Ein- satz von verdeckten Ermittlern anordnen.
2 Die Anordnung einer verdeckten Ermittlung ist dem Präsidenten der Anklagekammer oder seinem Stellver treter zur Genehmigung zu unter- breiten.
3 Geltungsbereich, Verfahren und Au sgestaltung der verdeckten Ermitt- lung richten sich nach dem Bundesgesetz über die verdeckte Ermittlung (BVE) 2) §§ 127b – 127c 1)
§ 127d
1) Über die Abgeltung von Mehrauslagen, die Nachbetreuung und die Entschädigung des verdeckten Ermittlers entscheidet der Vorsteher des Departementes für Justiz und Sich erheit auf Antrag der anordnenden Behörde.

§ 127e 1)

d. Durchsuchung von Sachen , Untersuchung von Personen
§ 128
3) Die Durchsuchung einer Wohnung ode r anderer Räume kann ange- ordnet werden, wenn begründeter Verdach t besteht, dass sich dort Beweis- gegenstände, Spuren der Straft at oder des Täters vorfinden.
2 Wird die Durchsuchung nicht vom Untersuchungsrichter oder Staats- anwalt persönlich geleitet, so bedarf de r Beauftragte eines Befehls. Dieser ist in der Regel schriftlich zu erteilen.
3 Bei der Durchsuchung soll der Inhabe r der Räumlichkeiten oder, wenn er nicht erreichbar ist, ein Verwandter , Hausgenosse oder ein Mitglied der Gemeindebehörde anwesend sein.
1) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2006.
2) SR 312.8
3) Fassung gemäss G vom 9. Juni 1999, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000. Verdeckte Ermittlung Schutzmass- nahmen Hausdurch- suchung
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4 Die Durchsuchung ist unter möglic hster Schonung privater und geschäft- licher Geheimnisse durchzuführen.
5 Über die Durchsuchung und die Be schlagnahme von Gegenständen ist ein Protokoll zu erstellen und von alle n mitwirkenden Personen zu unter- zeichnen.
§ 129
1 Die Durchsuchung von Schriftstücken kann verfügt werden, wenn sich darunter vermutlich solche befinden, welche zur Abklärung von strafbaren Handlungen dienen.
2 Der Inhaber der Papiere ist, wenn möglich, vorher anzuhören. Privat- und Berufsgeheimnisse sind möglichst zu schonen. Papiere von Personen, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, dürfen ohne ihre Einwilli- gung weder durchsucht noch beschla gnahmt werden. Nötigenfalls sind Sachverständige beizuziehen.
§ 130
1 Soweit es zur Abklärung von Straft aten notwendig erscheint, können angeschuldigte oder verdächtige Pe rsonen polizeilich durchsucht oder einer ärztlichen Untersuchung sowie de n hiefür erforderlichen ärztlichen Eingriffen unterzogen werden. Der A ngeschuldigte kann hiezu in eine Anstalt verbracht werden. Die körperliche Untersuchung von Frauen ist einem Arzte oder einer fachkundi gen Frau zu übertragen.
2 Nicht angeschuldigte Personen habe n eine ärztliche Untersuchung oder Begutachtung zu gestatten, wenn der Beweis im Strafverfahren nicht anders erbracht werden kann. Au sgenommen sind Personen mit Zeugnis- verweigerungsrecht.
3 Die Polizei ist befugt, soweit dies zur Beweiserhebung und Verbre- chensbekämpfung notwendig ist, Personen erkennungsdienstlich zu behandeln, namentlich mit photogr aphischen und daktyloskopischen Aufnahmen.
§ 131
1 Der Untersuchungsrichter verfügt di e Entnahme einer Blutprobe durch einen Arzt, wenn sie für den Beweis notwendig erscheint. Schriftstücke Personen Blutprobe
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2 Bestehen bei Fahrzeugführern und an Unfällen beteiligten Strassen- benützern Anzeichen von Angetrunkenheit (Artikel 55 Absatz 1 SVG
1) ), so kann die Polizei, wenn der Unters uchungsrichter nicht erreichbar ist, die Blutprobe anordnen.
3 Über die Entnahme und Auswertung der Blutprobe sind ärztliche Protokolle zu erstellen.
§ 131a
2)
1 Das Polizeikommando, der Unters uchungsrichter und nach Überweisung des Verfahrens das erkennende Geri cht können nicht invasive Probe- entnahmen, die Analysen dieser Pr oben zur Erstellung eines DNA-Profils oder die Analyse von Spuren und von Proben toter Personen zur Erstel- lung eines DNA-Profils anordnen.
2 Auf Verlangen der betroffenen Pe rson sind solche Anordnungen der Poli- zei sofort dem zuständigen Unte rsuchungsrichter zur Genehmigung zu unterbreiten.
3 Der zuständige Untersuchungsri chter und nach Überweisung des Verfahrens das erkennende Gericht entscheiden über die Durchführung von Massenuntersuchungen oder über i nvasive Probeentnahmen und die Analysen dieser Proben zur Erstellung eines DNA-Profils.

§ 132 Der Angeschuldigte und zeugnispflic htige Personen können zum Zwecke

der Schriftenvergleichung zu Schriftp roben und zur Herausgabe dienlicher Schriftstücke verhalten werden.
6. Abschluss der Untersuchung
§ 133
1 Die Untersuchung wird durch Strafverfügung, durch Übermittlung der Akten samt Schlussbericht an die Staatsanwaltschaft oder durch Einstel- lung des Verfahrens abgeschlossen.
1) SR 741.01
2) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2006. DNA-Profil Schriftprobe Allgemeines
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2 Der Schlussbericht hat die Pers onalien der Beteiligten, Angaben zum Gegenstand des Verfahrens und die Darstellung der Ergebnisse der Untersuchung in rechtlicher Hinsicht sowie einen begründeten Antrag auf Überweisung an das zuständige Gericht zu enthalten. Im Schlussbericht sind die tatsächlichen Ergebnisse de r Untersuchung zusa mmenzufassen, sofern den Akten kein genügender Er mittlungsbericht der Kantonspolizei beiliegt. Im weiteren sind allfällige Zwangsmassnahmen aufzuführen.
§ 134
1 Ergibt die Ermittlung oder Untersuchung eine der in § 6 genannten strafbaren Handlungen, so erlässt da s Bezirksamt eine Strafverfügung.
1)
2 Diese wird dem Verurteilten z ugestellt, bei Verfügungen nach § 6 Absatz 2 überdies der Staatsanwalts chaft. Auf die Zustellung von Straf- verfügungen, die lediglich auf Busse la ten, wenn er die Busse hinterlegt.
2)
3 Für die Beurteilung von Zivilans prüchen von Opfern oder anderer Geschädigter gilt § 54a Absatz 2.
4 Die bezirksamtliche Strafverfügung hinsichtlich einer Übertretung steht einer neuen Strafuntersuchung in bez ug auf denselben Sachverhalt wegen eines Verbrechens oder Vergehens nicht entgegen, wobei ein allfälliges Gerichtsurteil die bezirksamtliche Verfügung ersetzt.

§ 135 Die Strafverfügung bezeichnet:

1. Ort und Zeit des Erla sses und des Versandes;
2.
2) den Verzeigten oder Angeschuldi gten sowie allfällige Opfer oder andere Geschädigte;
3. die strafbaren Handlungen;
4. die angewendeten Strafbestimmungen;
5. 3) die Strafe sowie allfällige Massnahmen;
6. die Verpflichtung zur Nachzahlung umgangener Gebühren;
7. 2) den allfälligen Entscheid über die Zivilansprüche;
8. die Regelung der Staatsgebühren und Verfahrenskosten;
9. die Einsprachemöglichkeit.
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
2) in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
3) Kraft gesetzt auf den 1. Januar Strafverfügung des Bezirksamtes Inhalt der Strafverfügung
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§ 136
1) Die Strafverfügung wird rechtskräftig und gilt als Urteil, wenn innert
10 Tagen nach Zustellung von keiner Partei Einsprache erhoben wird.
1) Wird mit der Strafverfügung eine Geld- oder Freiheitsstrafe ausge- sprochen, kann innert 10 Tagen ei ne schriftliche Begründung verlangt werden. Die Einsprachefrist beginnt in diesem Fall erst ab Zustellung der Begründung.
1) Die Einsprache ist schriftlich kurz zu begründen und zu unterzeichnen. Sie hat anzugeben, in welchen P unkten Aufhebung oder Abänderung der Strafverfügung verlangt wird.
1) Das Bezirksamt klärt die erhobenen Einwendungen ab und trifft nötigenfalls eine neue Verfügung. Hält es an der Verfügung fest, gibt es dem Einsprecher Kenntnis und überweist die Akten mit Schlussbericht und Antrag an die Bezirksgerichtlic he Kommission, welche ein neues Urteil fällt.
5 Für das Verfahren vor der Bezirksgerichtlichen Kommission gilt § 209 sinngemäss.
6 Die Einsprache kann bis zur Bekanntga be des Urteils der Bezirksgericht- lichen Kommission zurückgezogen werd en; die entstandenen Kosten sind zu ersetzen. Bleibt der Einsprecher unentschuldigt zu Beginn der Ver- handlung aus, gilt die Einsprache als zurückgezogen.
§ 137
1 Wenn zureichende Gründe für eine weitere Strafverfolgung fehlen, ist die Untersuchung einzustellen.
2 Dasselbe geschieht bei Tod des Ange schuldigten, bei Rückzug des Straf- antrages und bei anderweitiger rechts kräftiger Beurteilung der strafbaren Handlung.
3 Die Einstellung wird vom Unters uchungsrichter verfügt. Er hat die begründete Verfügung mit den Akten de r Staatsanwaltschaft zur Geneh- migung zu unterbreiten.
1) Mit der Einstellung kann die Einziehung von Gegenständen und Ver- mögenswerten gemäss Strafg esetzbuch verbunden werden.
2) ...
1) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2007.
2) Fassung gemäss G vom 9. Juni 1999, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000. Einsprache Einstellung des Verfahrens
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§ 138
1)
1 Die Einstellungsverfügung bezeichnet den Angeschuldigten, allfällige Opfer oder andere Geschädigte, die zur Last gelegte Handlung, das Ergeb- nis der Untersuchung, die Stellungna hme zu Aktenergänzungsbegehren, allfällige Massnahmen, die Kostenre gelung sowie das Beschwerderecht.
2 Die Verfügung ist dem Angeschuldigt en, Opfern oder anderen Geschä- digten sowie allfälligen Kostenpflichtigen zuzustellen.
3 Das Beschwerderecht steht auch Op fern und anderen Geschädigten zu.

§ 139 Eine eingestellte Untersuchung kann wieder aufgenommen werden, wenn

neue Tatsachen oder Beweismittel dazu Anlass geben.
§ 140
2)
1 Ist der Angeschuldigte länger abwe send oder flüchtig oder kann er aus anderen Gründen nicht einvernommen und auch sonst kein sicherer Be- weis seiner Schuld erbracht werden, so stellt der Untersuchungsrichter die Untersuchung mit Genehmigung der Staat sanwaltschaft vorläufig ein. Vorher sind Beweise zu erheben, de ren Verlust zu befürchten wäre.
2 Aus besonderen Gründen, namentlic h zur Vermeidung der Verjährung, kann eine sofortige Überweisung und Beurteilung erfolgen.
3 Fallen die Gründe der vorläufigen Ei nstellung dahin, so ist die Unter- suchung fortzusetzen.
§ 141
1 Bestehen zureichende Gründe, so wi rd der Angeschuldigte dem zustän- digen Gericht überwiesen.
2 Beschwerden gegen Überweisung und Anklageschrift sind ausgeschlos- sen.
§ 142
1 Die Überweisung erfolgt durch Zustellung der Akten an den Gerichts- präsidenten mit einer Anklageschrift der Staatsanwaltschaft.
1) in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2)
1996, in Kraft gesetzt auf den Einstellungs- verfügung Wiederaufnahme der Untersuchung Vorläufige Einstellung Ü berweisung an das Gericht Anklageschrift
52 2/2007
2 Die Anklageschrift bezeichnet:
1. das Gericht;
2.
1) den Angeklagten, allfällige Op fer und andere Geschädigte sowie deren Vertreter;
3. allfällige Beweisanträge und Bewe ismittel für die Gerichtsverhand- lung;
4. die zur Last gelegten Tate n mit kurzer Umschreibung des Sach- verhaltes unter Bezugnahme auf die im einzelnen angerufenen Geset- zesbestimmungen;
5. die beantragte Strafe oder Massnahme und die Kostentragung.
3 Sofern die Staatsanwaltschaft ke verlangt, hat sie ihre Anträge schriftlich zu begründen.
§ 143
1) Die Staatsanwaltschaft stellt de m Angeschuldigten, sofern dessen Adresse bekannt ist, und seinem Ve rteidiger ein Doppel der Anklage- schrift sowie gegebenenfalls der schriftlichen Anklagebegründung zu. Die Anklageschrift ist auch allfälligen Opfern und anderen Geschädigten zuzustellen, sofern diese eine Vorl adung zur Gerichtsverhandlung verlangt haben.
2 Mit dieser Zustellung wird eine Fr ist von zehn Tagen angesetzt, innert der diese Parteien beim Gerichts präsidenten schriftlich Anträge auf Beweisergänzungen stellen und die Akte n einsehen können. § 78 Absatz 4 ist anwendbar. C. Das Verfahren vor Gericht
1. Vorbereitung der Hauptverhandlung

§ 144 Mit dem Eingang der Anklageschrift anhängig.

1) Fassung gemäss G vom 28. September 1992, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
1993. Zustellung der Anklageschrift, Beweisergän- zungsanträge Prozess- hängigkeit
2/2007
53
§ 145
1 Der Gerichtspräsident setzt Ort und Zeit der Hauptverhandlung fest und trifft alle gebotenen Vorbereitungen.
2 Er setzt die Akten bei den Richtern in Zirkulation. In dringenden Fällen können sie an der Hauptverhandlung verlesen werden.
§ 146
1)
1 Zur Gerichtsverhandlung in den Fä llen gemäss § 50 Absatz 4 hat der Staatsanwalt grundsätzlich stets zu er scheinen; vorbehalten bleiben beson- dere Fälle, in denen er auf Gesuch hin durch den Gerichtspräsidenten ausnahmsweise vom persönlichen Ersche inen dispensiert werden kann. In den übrigen Verfahren hat er in der Anklageschrift mitzuteilen, ob er Vorladung zur Verhandlung verlangt.
2 Der Gerichtspräsident kann sein Erscheinen anordnen, wenn Beweise vor Gericht erhoben werden oder andere Gründe es erfordern.
§ 147
1 Der Angeklagte hat vor Gericht persönlich zu erscheinen.
2 Auf rechtzeitiges Gesuch kann ihn de r Präsident dieser Pflicht entheben, wenn er durch ärztlich bescheinig te Krankheit, weite Entfernung oder andere triftige Gründe verhindert und seine Anwesenheit für die gericht- liche Beurteilung entbehrlich ist.
1)
3 Opfer und andere Geschädigte sind zum persönlichen Erscheinen nur verpflichtet, wenn sie als Zeuge oder Auskunftsperson aufgeboten sind. In den übrigen Fällen ist ihnen eine Vorladung nur auf Verlangen zuzu- stellen.
§ 148
1 Der Gerichtspräsident ordnet fü r die Hauptverhandlung die gemäss
§ 150 gebotenen Beweiserhebungen an.
2 Erscheint die Voruntersuchung unvolls tändig, oder bietet die Beweis- erhebung vor Gericht unverhältnismässi ge Schwierigkeiten, so kann das Gericht oder dessen Präsident die Staatsanwaltschaft zur Aktenergänzung durch den Untersuchungsri chter veranlassen.
1) in Kraft gesetzt auf den 1. Januar Verhandlungs- termin, Akten- zirkulation Teilnahme der Staatsanwalt- schaft Teilnahme der übrigen Parteien Beweis- anordnungen
54 2/2007
3 Der Präsident veranlasst die Vorl adungen zur Hauptverhandlung. Er teilt den Parteien oder ihren Vertretern m it, welche Beweisabnahmen er ver- fügt hat. Abgelehnte Anträge der Pa rteien können vor Gericht erneuert werden.
2. Hauptverhandlung, Entscheid
§ 149
1 Die Verhandlungen vor Gericht sind mündlich und öffentlich.
1) Die Öffentlichkeit ist auszus chliessen, wenn Ordnung und Sittlichkeit es erfordern sowie in den Fällen von Artikel 5 Absatz 3 des Opferhilfe- gesetzes
2)
. Sie kann ausgeschlossen werden, wenn dies zur Geheim- haltung der Identität eines verdeck ten Ermittlers notwendig ist oder soweit es die Rücksicht auf andere schutzwürdige Interessen eines Beteiligten erheischt. In diesen Fälle Personen zugelassen sind.
§ 150
1 Das Gericht hat in der Regel de n Angeklagten und nötigenfalls dessen gesetzlichen Vertreter persönlich anzuhören.
2 Es hat von sich aus oder auf Antrag der Parteien wichtige Beweise selbst zu erheben, sofern die Unters uchungsakten nicht als genügende Grund- lage für die gerichtliche Beurteilung erscheinen.
3) Beweise über Ansprüche Geschädigt er, die nicht Opfer sind, sind nur gemäss § 54 abzunehmen.
§ 151
1 Der Beweis für die Schuld des Ange klagten ist vom staatlichen Ankläger zu erbringen.
2 Das Gericht würdigt das Beweiser gebnis nach seiner freien Überzeugung auf Grund der Akten und Beweiserhebungen.
1) Fassung gemäss G vom 9. Juni 1999, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
2) SR 312.5
3) Fassung gemäss G vom 28. September 1992, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
1993. Mündlichkeit, Öffentlichkeit Beschränkte Unmittelbarkeit Freie Beweis- würdigung
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55
§ 152
1 Das Endurteil in der Hauptsache lautet auf Freispruch oder Verurteilung. Als Freispruch gilt auch eine Stra fbefreiung oder Strafloserklärung im Sinne des Strafgesetzes.
2 Liegen im Zeitpunkt der Beurte ilung die Voraussetzungen der Straf- verfolgung nicht vor, so ist das Verfahren einzustellen.
§ 153
1 Das Gericht ist an die rechtliche Würdigung des Tatbestandes durch die Staatsanwaltschaft und an deren Strafanträge nicht gebunden.
2 Für die gerichtliche Beurteilung ist der Tatbestand massgebend, der sich aus den Akten und dem Beweisverfahr en ergibt. Werden Tatumstände oder weitere strafbare Handlungen des Angeklagten festgestellt, welche nicht Gegenstand der Anklage bilden, so sind die Parteien hiezu besonders anzuhören. Sie können die Ergänzung der Untersuchung beantragen.
§ 154
1 Für die Beweiserhebungen und Zwangs mittel im gerichtlichen Verfahren gelten, soweit nicht die nachfolge nden Bestimmungen oder die Art des Verfahrens Besonderheiten ergeben, sinngemäss die Vorschriften des Untersuchungsverfahrens (§§ 81 bis 132).
2 Während der Verhandlung sollen die Akten und nötigenfalls die Beweis- gegenstände aufliegen.
§ 155
1 Der Präsident leitet die Verhandlungen und trifft jene Verfügungen, die nicht dem Gericht vorbehalten sind.
2 Die Hauptverhandlung, eingeschlossen die Bewe isabnahme, soll nach Möglichkeit ohne längere Unterbrechung zu Ende geführt werden.
3 Die Richter haben in der vorgesc hriebenen Zahl allen wesentlichen Prozesshandlungen beizuwohnen.
4 Parteien und Anwälte haben sich in ihren Eingaben und Vorträgen möglichst kurz zu halten und jede Unge bühr zu unterlassen. Der Gerichts- präsident kann Verstösse nach §§ 35 und 36 ahnden. Arten des Entscheides Urteilsgrundlagen Beweisverfahren Prozessleitung
56 2/2007
§ 156
1) Zu Beginn der Verhandlung stellt der Präsident die Anwesenheit der Parteien, Zeugen und weiteren vorgelade nen Personen fest und klärt ihre Personalien ab. Das BVE bleibt vorbehalten.
2 Die Zeugen dürfen bis zu ihrer Ei nvernahme den Verhandlungen nicht beiwohnen und haben sich den Weisungen des Präsidenten zu unterziehen. Sachverständigen kann die Anwesenhe it von Anfang an gestattet werden.
3 Gegen unentschuldigt abwesende Zeugen und Sachverständige ist ge- mäss §§ 35 und 41 vorzugehen; nötigenfa lls ist die Verhandlung auf ihre Kosten zu verschieben.
§ 157
1 Die Parteien können Einwendungen ge gen die Besetzung des Gerichtes, gegen die vom Präsidenten bekannt gegebene Verhandlungsordnung sowie weitere Vorfragen erheben und ents prechende Anträge stellen.
2 Das Gericht entscheidet über die gesonderte Behandlung solcher Anträ- ge.
§ 158
1 Der Präsident befragt den Angeklagte n, soweit dies nach den Umständen erforderlich ist, über die strafbar e Handlung, ihre Umstände und Beweg- gründe sowie über die persönlichen Verhältnisse.
2 Hierauf werden die vorgeladene n Zeugen und Sachverständigen einver- nommen.
3) Angeklagte und Opfer oder andere Gründen ausnahmsweise von der Verhandlung ausgeschlossen werden.
4 Richter und Parteien können dem Angeklagten, Zeugen und Sachver- ständigen durch den Präsidenten weite re Fragen stellen lassen oder mit dessen Zustimmung selbst stellen. Unerhebliche oder zu weit gehende Fragen weist der Präsident zurück. Im Streitfall entscheidet das Gericht.
5 Vor Schluss der Verhandlung kann der Präsident Zeugen und Sach- verständige nur mit Zustimm
1) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2006.
2) SR 312.8
3) Fassung gemäss G vom 28. September 1992, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
1993. Eröffnung der Verhandlung Vorfragen Befragung, Einvernahmen
2/2007
57

§ 159 Der Präsident kann die Verlesung ein zelner Akten anordnen, insbesondere

wenn eine mündliche Einvernahme nicht möglich oder unnötig ist oder wenn Widersprüche abzuklären sind.
§ 160
1)
1 Nach allfälligen Beweiserhebungen das Wort in der Reihenfolge: Staatsa nwalt, Opfer, ande re Geschädigte, Verteidiger oder Angeklagter.
2 Jede Partei hat das Recht auf ei nen Vortrag. Der Präsident kann aus- nahmsweise weitere Vorträge bewilligen.
3 Der Staatsanwalt begründet, sofern er sich am mündlichen Verfahren beteiligt, seine Anträge über Schul d, Strafe, Massnahmen und Kosten- regelung. Er kann auf Grund des ge richtlichen Beweisverfahrens seine Anträge ändern.
1)
4 Opfer und andere Geschädigte könne n ihre Zivilansprüche begründen und Beweismittel einreichen.
2)
5 Dem Angeklagten steht das Schlusswort zu.
§ 161
1 Nach den Parteivorträgen fällt das Gericht in geheimer Beratung das Urteil oder stellt das Verfahren ein, beschliesst die Erhebung weiterer Beweise oder die Ergänzung der Untersuchung.
2 Der Präsident stellt die zu entscheidenden Fragen zur Beratung und lässt darüber getrennt abstimmen. Massgeb end ist das einfache Stimmenmehr. Bei Stimmengleichheit zählt die Sti mme des Präsidenten doppelt. Alle Richter haben mitzustimmen.
3 Für die einzelnen Fälle können Referenten bestimmt werden.
§ 162
1 Im Anschluss an die Hauptverhandlung eröffnet das Gericht den Parteien mündlich den Urteilsspruch mit ei ner kurzen Begründung, oder es ver- weist sie auf die schriftliche Urteilseröffnung.
2 Den Parteien wird umgehend das schr iftliche Urteilsdispositiv zugestellt.
1) in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000. Verlesen von Akten Parteivorträge Fällung des Entscheides Eröffnung, Zustellung des Entscheides
58 2/2007
3 Mit Ausnahme der Fälle gemäss § 50 Absatz 4 kann das Gericht auf die schriftliche Begründung des Urteils verzic zehn Tagen nach Zustellung des Urte ilsdispositivs von einer Partei ver- langt wird.
1) Hat eine Partei die schriftliche Begründung des Urteils verlangt, ist dieses den Parteien beförderlich zuzust ellen. Geschädigte, die nicht Opfer sind, erhalten in der Regel lediglich einen Auszug und nur, sofern sie sich als Partei am Verfahren beteiligt oder eine Zustellung des Urteils verlangt haben.
§ 163
1 Ist die Adresse eines Verurteilten ni cht bekannt oder ist die persönliche Zustellung aus anderen Gründen nicht m öglich, so wird der wesentliche Inhalt des Urteilsspruches im ka ntonalen Amtsblatt veröffentlicht.
2 Ein Pflichtverteidiger kann innert zehn Tagen seit Zustellung des Urteils dessen Mitteilung durch Publikation verlangen.
§ 164
1 Das Urteilsdispositiv enthält:
1. die Bezeichnung des Gerichts, di e Namen der mitwirkenden Richter und des Gerichtsschreibers sowi e Ort und Tag der Urteilsfällung;
2. die Bezeichnung der Parteien und ihrer Rechtsvertreter;
3. die Anträge der Parteien;
4. den Urteilsspruch, bestehend aus a. dem Schuldspruch oder dem Freispruch, dem Entscheid über Nichteintreten oder Einstellung des Verfahrens; b. den angewendeten Ge setzesbestimmungen; c. den Strafen, Nebens trafen oder Massnahmen;
d. 1) dem Entscheid über die Ansprüche von Opfern oder anderer Geschädigter; e. der Regelung von Kosten und Entschädigungen;
5. die eigenhändigen Unterschriften des Präsidenten und des Gerichts- schreibers sowie den Amtsstempel;
6. die Bezeichnung der Personen und Amtsstellen, denen das Urteil zugestellt oder zur Kenntnis gebracht wird;
7. den Hinweis darauf, dass die Partei en innert zehn Tagen eine schrift- liche Begründung des Urteils verla ngen können, ansonst das Urteils- dispositiv rechtskräftig wird.
1) Fassung gemäss G vom 28. September 1992, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
1993. Veröffentlichung des Urteils Inhalt des Urteils
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59
2 Dem Urteilsdispositiv ist die Anklageschrift beizulegen.
3 Das schriftlich begründete Urteil enthält zudem die tatsächlichen und rechtlichen Urteilserwägungen sowie die Rechtsmittelbelehrung.

§ 165 Entscheide ohne Urteilscharakter sind als Beschluss zu fassen. Sie sind

summarisch zu begründen, sofern die Parteien die massgebenden richter- lichen Überlegungen nicht hi nreichend erkennen können.
§ 166
1 Die Urteile der Bezirksgerichte und ihrer Kommissionen werden rechts- kräftig und vollstreckbar mit dem Abla uf der unbenützten Berufungsfrist, mit der Verzichterklärung auf die Be rufung, mit dem Rückzug der Beru- fung oder mit dem Beschluss über Ni chteintreten auf die Berufung. Rechtskraft und Vollstreckbarkeit treten ferner mit Ablauf der unbenützten Frist ein, innerhalb welcher die schriftliche Begründung des Urteils ver- langt werden kann.
2 Die Urteile der kantonalen Gerichtsinstanzen werden rechtskräftig mit der Eröffnung und vollstreckbar mit dem Ablauf der unbenützten Frist zur Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht.
§ 167
1 Ist der Angeklagte trotz gehörig er Vorladung unentschuldigt nicht erschienen, so ist die Verhandlung und Beurteilung in der Regel ohne ihn durchzuführen, wenn die Akten in Verbindung mit allfälligen weiteren Beweisabnahmen vor Gericht eine genügende Grundlage für Verurteilung oder Freispruch bilden.
2 Andernfalls verfügt der Gerichtspräsident die sofortige Vorführung des Angeklagten oder dessen Vorladung zu einer neuen Verhandlung, mit der Androhung, dass bei seiner Abwese werde.
3 Als unentschuldigt gilt auch der abwesende Angeklagte, der mangels Mitteilung eines Wohnortswechsels (§ 87 Absatz 2) öffentlich vorgeladen wurde.
1)
4
...
1) r 1996, in Kraft gesetzt auf den Beschluss Rechtskraft, Vollstreckbarkeit Unentschuldigte Abwesenheit
60 2/2007

§ 168 Ist dem Angeklagten das persönliche Erscheinen erlassen oder ist seine

Abwesenheit sonst entschuldbar, so ist die Verhandlung durchzuführen, wenn seine Anwesenheit für die Beurte ilung entbehrlich ist. Andernfalls sowie auf sein Verlangen ist die Verhandlung zu verschieben.

§ 169 Wer gemäss § 140 Absatz 2 in Abwese nheit verurteilt worden ist, kann,

wenn er sich später stellt oder gefasst wird, innert drei Monaten beim erkennenden Gericht die Aufhebung de s Urteils und die Einleitung einer neuen Untersuchung verlangen.
§ 170
1 Spätere richterliche Vollzugsentsch eide werden von Amtes wegen durch die Vollzugsbehörden veranlasst, sofern nicht das Strafgesetz ein Gesuch des Verurteilten verlangt.
2 Über den Verzicht auf späteren Entscheid beschliesst die Staatsanwalt- schaft.
3 Anträge und Gesuche sind bei der ge mäss § 27 zuständigen Behörde ein- zureichen, welche nötigenfalls ei ne Vernehmlassung der Staatsanwalt- schaft einholt oder eine Untersuchung veranlasst. Eine Parteiverhandlung findet in der Regel nicht statt.
4 Gegen die Entscheide der Bezirksämt er ist Einsprache, gegen diejenigen der Bezirksgerichte und ihrer Ko mmissionen Beschwer de zulässig. Entschuldbare Abwesenheit Neues Verfahren Spätere Entscheide
2/2007
61 D. Besondere Verfahren
1. Privatstrafverfahren
1)
§ 171
1)
1 Bei Verletzung des Fabrikations- ode
162 StGB
2) ), bei Ehrverletzungen (Artikel 173 bis 177 StGB) und bei allen auf Antrag zu verfolgenden Stra ftaten aus dem Gebiet des gewerb- lichen Rechtsschutzes (unlauterer Wettbewerb, Patent-, Marken-, Muster- und Modellrecht, Urheber- sowie Sortenschutzrecht) gilt mit Ausnahme der Zuständigkeit und der nachfolge nden Einschränkungen das Verfahren gemäss Zivilprozessordnung
3)
.
2 Der Strafanspruch wird allein vom Antragsberechtigten geltend gemacht.

§ 172 Ist der Täter oder bei Ehrverletzung dur ch die Presse der presserechtlich

Verantwortliche nicht bekannt, so ha t auf Gesuch des Geschädigten das Bezirksamt ein Ermittlungsverfahren zur Feststellung des Täters einzu- leiten.
§ 173
4)
1 Die Weisung ist innert Antragsfrist (Artikel 31 StGB
2) ) dem Gerichts- präsidenten einzureichen.
2 Ist innert dieser Frist eine Weis ung noch nicht ausgestellt worden, so hat der Kläger zur Wahrung der Antragsfrist die Klage unmittelbar dem Ge- richtspräsidenten schriftlich einzureich en. Dieser setzt ihm eine Verwir- kungsfrist von 60 Tagen zur nachträglichen Durchführung des Vermitt- lungsverfahrens und der Einreichung der Weisung.
3 Für die örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 24 und 26 der StPO.
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
2)
3)
4) Kraft gesetzt auf den 1. Januar Grundsatz Ermittlungs- verfahren Einleitung der Klage
62 2/2007

§ 174 Die Weisung hat zusätzlich zu enthalten:

1. den Strafantrag des Klägers und den Antrag des Beklagten;
2. 1) eine kurze Umschreibung der Tat unter Angabe von Zeit und Ort der Begehung;
3.
1) bei Ehrverletzungen die allfällige Erklärung des Beklagten über Rücknahme unwahrer Äusserungen (Artikel 173 Ziffer 4, Artikel 174 Ziffer 3 StGB
2) );
4. die allfälligen privatrechtlichen Ansprüche des Klägers und den Antrag des Beklagten hiezu;
5. die vollständigen Pers onalien des Beklagten.
§ 175
1 Die Beweise über den Straftatbesta nd werden auf Parteiantrag erhoben. Wenn ein peremtorisch vorgeladener Be klagter nicht erscheint, hat das Gericht über die Behauptungen des Kl ägers gleichwohl Beweise zu erheben. Das Beweisergebnis ist frei zu würdigen.
2 Soweit es für die Strafzumessung e rforderlich ist, kann das Gericht von Amtes wegen Beweisergänzungen vor nehmen, insbesondere durch Ein- holung von Berichten über den Beklagten.
3
§ 209 Absatz 2 und § 219 Absatz 6 ZPO
3) finden keine Anwendung. Personen, die zum Beweisgegner in einer in § 210 Absatz 2 ZPO ge- nannten Beziehung stehen, dürfen das Zeugnis verweigern.
1) Der Beklagte ist bei Ehrverletzungen vom Gericht auf den Entla- stungsbeweis gemäss Artikel 173 Ziffer 2 StGB 2) aufmerksam zu machen.

§ 176 Für Inhalt und Eröffnung des Gerichtsurteils sind die §§ 164 und 166

StPO anwendbar.
§ 177
1 Vergehen gegen die Ehre, welc he gegenüber Behörden und Amtsper- sonen 4) im ordentlichen Strafverfahren zu verfolgen.
1) Fassung gemäss G vom 9. Juni 1999, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
2) SR 311.0
3)
271
4) Fassung gemäss G betreffend die Abschaffung des Beamtenstatus vom
20. Dezember 2000, in Kraft ge setzt auf den 1. Juni 2004. Weisung Beweisverfahren Urteil Ehrverletzung gegenüber Behörden und Amtspersonen
2/2007
63
2 Zeigt sich nachträglich das Verfahr en gemäss § 171 als anwendbar, so ist der Kläger unter Wahrung seines Antragsrechtes hierauf zu verweisen.
2. Jugendstrafverfahren
§ 178
1)
1 Soweit das Verfahren gegen Jugend liche nachfolgend nicht besonders geregelt ist, sind die Vorschriften für das ordentliche Verfahren sinn- gemäss anzuwenden.
2 Zuständigkeit und Verfahren richten sich, unter Vorbehalt des Bundes- rechtes, nach dem Alter des Angesc huldigten bei Begehung der letzten zu beurteilenden Tat.
1)
3 Für die örtliche Zuständigkeit (Ar tikel 38 des Bundesgesetzes über das Jugendstrafrecht; JStG 2) ) ist innerhalb des Kantons der Aufenthaltsort des Angeschuldigten zum Zeitpunkt de r Eröffnung des Verfahrens mass- gebend. § 26 ist anwendbar.
4 Im Streitfall entscheidet die Ankl agekammer über die innerkantonale Zuständigkeit.
§ 179
1)
1 Die Jugendanwaltschaft übt im Untersuchungsverfahren die Befug- nisse aus, welche im ordentliche n Verfahren dem Untersuchungsrichter und der Staatsanwaltschaft zustehen.
2 Soweit die Beurteilung ihr obliegt, be sitzt sie die richterlichen Befug- nisse.
§ 180
1 Jugendstrafsachen sind von Verfahren gegen Erwachsene nach Mög- lichkeit zu trennen.
1)
2 Gerichtsverhandlungen gegen Juge ndliche sind unter Vorbehalt von
Artikel 39 JStG
2) nicht öffentlich.
1)
3
...
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2) Geltungsbereich Zuständigkeit Grundsätze
64 2/2007
§ 181
1 Die Akteneröffnung gemäss § 78 ka nn unterbleiben, wenn die Jugend- anwaltschaft selber urteilt.
2 Der Gerichtspräsident kann den A ngeklagten von der Gerichtsverhand- lung ausschliessen, soweit dessen An wesenheit für ihn nachteilig wäre.

§ 182 1)

1 Opfer und andere Geschädigte si nd anzuhören und gerichtlich vorzu- laden, soweit dies zur Abklärung des Sachverhaltes oder ihrer Zivilfor- derungen notwendig ist.
2 Einstellungs- oder Strafverfügunge n der Jugendanwaltschaft sowie gerichtliche Urteile sind ihnen, allenf alls auszugsweise, auf Verlangen und unentgeltlich zuzustellen.
§ 183
2) Bei Einvernahmen von Jugendlichen ist Rücksicht auf ihren Entwick- lungsstand zu nehmen.
2 Das Zeugnisverweigerungsrecht gemäss § 90 besteht nicht für die Abklärung der persönlichen Verhältnisse. §§ 184 - 185
2)

§ 185a 3)

1 Für die Anordnung der Untersuchungsha ft ist die Jugendanwaltschaft zuständig.
2 Dauert die Untersuchungshaft länge r als einen Monat, hat die Jugend- anwaltschaft dem Präsidenten der Anklagekammer ein Gesuch um Haft- verlängerung zu stellen.
3 Im Übrigen gelten die §§ 113a bis 113d sinngemäss.
1) Fassung gemäss G vom 28. September 1992, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
1993.
2) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2007.
3) Fassung gemäss G vom 21. Juni 2006, in Kr aft gesetzt auf den 7. Oktober 2006. Parteirechte Opfer, andere Geschädigte Beweisverfahren Untersuchungs- haft
2/2007
65
§ 186
1) Gegen Strafverfügungen der Jugendanw altschaft kann bei dieser gemäss
§ 136 Einsprache erhoben werden.
§ 187
1) Sieht die Jugendanwaltschaft von Sc hutzmassnahmen und Strafen ab, sind die Vorschriften über die Einstellung der Untersuchung entsprechend anzuwenden.

§ 188 1)

§ 189
1 Aus Billigkeit kann von der Auflage von Gebühren und Verfahrens- kosten ganz oder teilweise abgesehen werden.
2 Die Eltern des Angeschuldigten könne n für die Kosten solidarisch haft- bar erklärt werden. §§ 190 - 191
1)

§ 192 1)

Für spätere Entscheide, welche da s Bundesrecht der urteilenden Behörde überträgt, ist die Behörde zuständi massnahme rechtskräftig verhängt hat.
3. Bussenerhebung durch die Polizei

§ 193 Der Regierungsrat kann durch Verordnung die Polizeiorgane ermächtigen,

in Vertretung des Bezirksamtes und im Einverständnis de bestimmte geringfügige Übertretunge n die Strafverfügung zu erlassen.
§ 194
1 Die Busse wird sofort gegen Quittung erhoben.
2 Einsprache und Rechtsmittel sind ausgeschlossen.
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar Strafverfügung des Jugend- anwaltes Einstellung Kosten Spätere Entscheide Grundsatz Verfahren
66 2/2007
4. Verfahren gegenüber schuldunfähigen Angeschuldigten
1)
§ 194a
2)
1) Gelangt der Untersuchungsrichter ge stützt auf ein psychiatrisches Gutachten zur Ansicht, dass der Ange schuldigte die Straftat im Zustand einer nicht selbst verschuldeten Schuldunfähigkeit begangen hat und hält er eine Massnahme nach Artikel 59, 60 oder 63 StGB
3) für erforderlich, beschränkt er die Strafuntersuchung im Weiteren auf die Prüfung, ob der Straftatbestand objektiv und subjektiv erfüllt ist und kein Recht- fertigungsgrund vorliegt.
2 Nach Abschluss der Strafunter suchung übermittelt der Untersuchungs- richter die Akten samt Schlussbericht der Staatsanwaltschaft.

§ 194b 2)

Teilt die Staatsanwaltschaft die Au ffassung des Untersuchungsrichters, überweist sie eine Antragsschrift an das zuständige Gericht, welche die Personalien des Angeschuldigten, de n zu beurteilenden Sachverhalt, dessen rechtliche Würdigung und die beantragte Massnahme enthält.
§ 194c
2)
1 Für das gerichtliche Verfahren gelten die §§ 144 bis 170 sinngemäss.
2 Sofern der Angeschuldigte nicht ve rteidigt ist, ist ihm ein amtlicher Verteidiger zu bestellen.
3 Das Gericht kann die Hauptverh andlung in Abwesenheit des Ange- schuldigten durchführen, wenn eine Teilnahme wegen seines Zustandes unmöglich oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unangebracht ist.

§ 194d 2)

1 Das Gericht stellt fest, welche St raftatbestände objektiv und subjektiv erfüllt sind und entscheidet in Form eines Urteils über die Anordnung einer Massnahme.
1) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2007.
2) Fassung gemäss G vom 9. Juni 1999, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
3) SR 311.0 Untersuchung Antragsschrift Verfahren vor Gericht Entscheid
2/2007
67
1)
2 Gelangt es zur Auffassung, dass der Angeschuldigte für die ihm zur Last gelegte Straftat schuldfähig war oder seine Schuldunfähigkeit selber verschuldet hatte, leitet es die Akten an die Staatsanwaltschaft zurück zur Ergänzung der Untersuchung durch den Untersuchungsrichter und zur Erhebung einer Anklage oder zum Erlass einer Strafverfügung. E. Rechtsmittel
1. Allgemeine Bestimmungen
§ 195
1 Die Rechtsmittel stehen den Prozessparteien sowie weiteren durch den angefochtenen Entscheid unmittelbar Betroffenen zu.
2 Die Staatsanwaltschaft kann davon auch zugunsten des Angeklagten Gebrauch machen.
§ 196
1 Die Rechtsmittel sind schriftlich im Doppel einzulegen und zu unter- zeichnen.
2 Ungenügende oder ungehörige Eingabe n sind zur Verbesserung innert Nachfrist zurückzuweisen mit der Androhung, dass sonst darauf nicht eingetreten werde.
§ 197
1 Die Rechtsmittelfrist beträgt zehn Tage. Sie beginnt mit der Zustellung des schriftlich begründeten Entscheide s, bei Mitteilung durch das Amts- blatt mit dessen Erscheinen.
2 Bei Verfügungen, die nicht schriftlich ausgeführt werden, beginnt die Beschwerdefrist mit der mündlichen Eröffnung.
3 Gegen Zwangsmassnahmen kann Besc hwerde geführt werden, solange sie bestehen. Beschwerden wegen solange der Betroffene daran ein rechtliches Interesse hat.
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar Legitimation For m Frist
68 2/2007

§ 198 Offenkundige Versehen und Widerspr üche, Redaktions- und Rechnungs-

fehler in Entscheiden sind von Amte s wegen oder auf Ersuchen einer Partei zu berichtigen.

§ 198a 1)

Wird das Rechtsmittel zurückgezoge n, kann bei richterlichen Behörden der Präsident den Erledigungsentscheid durch Verfügung erlassen.
2. Berufung
§ 199
1 Die Berufung ist zulässig gegen Ur Kommissionen.
2 Wird allein die Kostenregelung a ngefochten, so ist nur Beschwerde zulässig.
3 Verfahrensmängel können mit der Berufung gerügt werden. Das Verfahren ist zu wiederholen, wenn der Mangel für die Beurteilung wesentlich und seine Behebung im Beruf ungsverfahren nicht möglich ist.

§ 200 2)

1 Dem Opfer stehen die Verfahrensrechte gemäss Artikel 8 Absatz 1 litera c des Opferhilfegesetzes zu.
2 Andere Geschädigte können hinsich tlich ihrer Zivilansprüche Berufung einlegen, sofern der bei Erlass des er Betrag im Zivilprozess die Berufung zulassen würde.
1) Eingefügt durch G vom 18. Dezembe
1. September 1997.
2) Fassung gemäss G vom 28. September 1992, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
1993.
3) SR 312.5 Berichtigungen Abschreibungs- verfügungen Zulässigkeit Opfer, andere Geschädigte
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69
3 Andere Geschädigte können, sofern die Staatsanwaltschaft nicht auch Berufung einlegt, durch den Obergerich tspräsidenten verpflichtet werden, die Berufungskosten vorzuschiessen, verbunden mit der Androhung, dass sonst auf die Berufung nicht eingetr eten werde. Die Befreiung von der Vorschusspflicht und die amtliche Vertretung gemäss § 55 Absatz 2 bleiben vorbehalten.
§ 201
1 Die Berufung hemmt die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des ange- fochtenen Entscheides.
2 Der Obergerichtspräsident kann vorsorgliche Massnahmen treffen. Er entscheidet insbesondere über die Anordnung oder Fortdauer der Sicher- heitshaft und von Beschlagnahmen.
§ 202
1 Die Berufung ist bei der Bezirksgerichtskanzlei schriftlich zu erklären.
2 In der Berufungseingabe sind die Berufungsanträge und allfällige Beweisergänzungsanträge zu stellen. Werden keine bestimmten Anträge gestellt, findet § 196 Absatz 2 Anwendung.
§ 203
1 Die Bezirksgerichtskanzlei stellt Kopie der Berufungserklärung zu.
2 Die Bezirksgerichtskanzlei überweist die Berufungserklärung mit den erstinstanzlichen Akten, einer Urteilsausfertigung und der Protokollab- schrift innert zehn Tagen der Obergerichtskanzlei.

§ 204 1)

1 Die Gegenparteien können unter Vorb ehalt von Absatz 2 nach Mitteilung der Berufung innert zehn Tagen An schlussberufung erklären, wobei gleichzeitig die Anträge zu stellen sind. Werden keine bestimmten Anträ- ge gestellt, findet § 196 Absatz 2 Anwendung.
2 Andere Geschädigte, deren Forder ungen von der ersten Instanz auf den Zivilweg verwiesen wurden, haben kein Recht auf Anschlussberufung.
3 Die Anschlussberufung fällt dahi n, wenn die Hauptberufung nicht materiell zu beurteilen ist.
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000. Wirkung Berufungs- erklärung Weiterleitung Anschluss- berufung
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§ 205
1)
1 Im ordentlichen Berufungsverfahren eine Parteiverhandlung durch. Die Vo sind, soweit keine besonderen Besti mmungen gelten, auf die Berufungs- verhandlung sinngemäss anwendbar.
2 Das Obergericht kann in geeigne ten Fällen und im Einverständnis mit den Parteien ausnahmsweise ein schriftliches Verfahren durchführen.

§ 206 1)

Im schriftlichen Berufungsverfahren setzt der Präsident dem Berufungs- kläger Frist zur schriftlichen Berufungsbegründung an. Die Begründung wird den Gegenparteien mit Frista nsetzung zur Berufungsantwort sowie zur Begründung einer allfälligen Anschl ussberufung zugestellt. Anschlies- send wird Frist zur Beantwortung

§ 207 Bleibt die Berufungspartei zu Be ginn der Verhandlung unentschuldbar aus

oder reicht sie keine schriftliche Berufungsbegründung ein, gilt die Beru- fung als zurückgezogen. Das Ausbleib en der Gegenpartei oder das Fehlen der Berufungsantwort hindert die Behandlung der Berufung nicht. Das- selbe gilt für die Anschlussberufung.
§ 208
1 Die Berufungsinstanz nimmt von Am tes wegen oder auf Parteiantrag neue Beweise ab oder wiederholt fr ühere Beweisabnahmen, soweit dies zur Beurteilung notwendig erscheint.
2 Auch bei schriftlichem Verfahren kann die Berufungsinstanz zusätzlich eine mündliche Beweisverhandlung durchführen.
3 Den Parteien ist Gelegenheit zu ge äussern.
§ 209
1 Hat der Angeklagte allein oder hat die Staatsanwaltschaft zu seinen Gunsten die Berufung erklärt, so darf das Urteil nicht zuungunsten des Angeklagten abgeändert werden, es sei denn, dass das Berufungsver- fahren wesentliche neue Tatsachen zu seinen Lasten ergeben hat.
1) Fassung gemäss G vom 20. Dezember 2006, in Kraft gesetzt auf den 1. Juni
2007. Ordentliches Verfahren Schriftliches Verfahren Ausbleiben, Säumnis Beweis- erhebungen Bindung an Anträge
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2 Hat die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, so kann das angefochtene Urteil auch zugunsten des Angeklagte n abgeändert oder aufgehoben wer- den.
3 Haben von mehreren Verurteilten nur einzelne die Berufung ergriffen, so kann das Gericht das Urteil auch zugunsten der übrigen abändern.
4 Diese Bestimmungen sind für die anderen Rechtsmittel sinngemäss an- wendbar.
§ 210
1 Das Berufungsurteil hat die volle oder teilweise Gutheissung oder Ab- weisung der Berufung und allenfalls de r Anschlussberufung festzustellen. Es ist als neues Urteil gemäss § 164 abzufassen und ersetzt den ange- fochtenen Entscheid.
2 Das Urteil ist den Parteien in vollständiger schriftlicher Ausfertigung zuzustellen.
3 Ausnahmsweise kann die Strafsache zur Neubeurteilung an die Vor- instanz oder zu weiterer Untersuchung an die Staatsanwaltschaft zurück- gewiesen werden.
3. Beschwerde
§ 211
1 Soweit kein anderes kantonales Rechtsmittel und keine Einsprache zulässig ist und das Gesetz die Anfechtung nicht ausdrücklich aus- schliesst, kann Beschwerde geführt we rden gegen das Verfahren und alle Entscheide der Strafverfolgungs- und Vollzugsbehörden, der Bezirks- gerichte, ihrer Kommissionen und Präsidenten.
1)
2 Gegen prozessleitende Verfügungen und Beschlüsse im gerichtlichen Verfahren, insbesondere im Beweisve rfahren, ist gesonderte Beschwerde- führung der Parteien ausgeschlosse n. Ausgenommen sind Entscheide, welche den Ausstand von Richtern, Zwangsmittel nach §§ 117 ff., Ordnungsstrafen sowie die Verweige rung der notwendigen oder amtlichen Verteidigung oder Vertretung betreffen.
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000. Inhalt des Urteils Zulässigkeit
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§ 212 Zuständig zur Beurteilung der Beschwerden sind:

1. gegenüber den Untersuchungsrich tern die Staatsanwaltschaft;
2. gegenüber der Staatsanwalts chaft die Anklagekammer;
3.
1) gegenüber strafrichterlichen Entsch eiden der Jugendanwaltschaft das Obergericht in Dreierbesetzung;
4. gegenüber anderen Entscheiden de r Jugendanwaltschaft die Anklage- kammer;
5. 1) gegenüber den Bezirksgericht en, ihren Kommissionen und Präsi- denten das Obergericht in Dreierbesetzung;
6.
1) gegenüber Entscheiden des Depart ementes das Verwaltungsgericht.
§ 213
1 Mit der Beschwerde können Geset zeswidrigkeit oder Unangemessenheit des angefochtenen Entscheides ode r des Verfahrens sowie Rechtsver- weigerung und Rechtsverzögerung gerügt werden.
2 Entscheide über das Verfahren, die n ach freiem Ermessen zu treffen sind, können nur wegen Willkür angefochten werden.
3 Gegen Beschwerdeentscheide der Staatsanwaltschaft ist eine weitere Be- schwerde an die Anklagekammer nur wegen Gesetzeswidrigkeit zulässig.

§ 214 Die Beschwerde ist mit Antrag und Begründung bei der Beschwerde-

instanz einzureichen.
§ 215
1 Die Beschwerde hemmt den Vollz ug der angefochtenen Verfügung nur, wenn der Präsident der Beschwerdein stanz es verfügt. Dieser kann vor- sorgliche Massnahmen treffen.
2 Neue Vorbringen sind entsprechend dem Berufungsverfahren gestattet. Anschlussbeschwerde ist nicht zulässig.
§ 216
1 Sofern die Beschwerde nicht of fensichtlich unzulässig oder unbegründet erscheint, ist die Vernehmlassung der Gegenpartei einzuholen.
1) Fassung gemäss G vom 9. Juni 1999, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000. Zuständigkeit Beschwerde- gründe Einreichung Wirkung Verfahren, Entscheid
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2 Der Entscheid erfolgt auf Grund der Akten und allfälliger eigener Erhebungen.
3 Der Beschwerdeentscheid hat die angefochtene Verfügung aufzuheben, abzuändern oder zu bestätigen.
4. Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 217 Die Wiederaufnahme eines durch Urteil, Strafverfügung oder gericht-

lichen Einstellungsbeschluss rechtskr äftig beendigten Verfahrens kann jederzeit verlangt werden:
1. wenn erhebliche Tatsachen ode r Beweismittel glaubhaft gemacht werden, die dem Gericht im frühere n Verfahren nicht bekannt waren und die allein oder in Verbindung m it den früher festgestellten Tat- sachen geeignet sind, den Freispru ch oder eine mildere Bestrafung des Verurteilten herbeizuführen oder die Verurteilung eines Frei- gesprochenen zu bewirken;
2. wenn durch eine strafbare Ha ndlung auf das Ergebnis des Straf- verfahrens eingewirkt wurde;
3. wenn seit Erlass des rechtskräftig en Urteils ein Straferkenntnis ausgefällt wird, das mit dem früheren unvereinbar ist.

§ 218 1)

2)
1 Die Wiederaufnahme kann von der Staatsanwaltschaft, der Jugend- anwaltschaft oder vom Verurteilten verlangt werden. Zugunsten des Verurteilten können nach dessen Tod au ch der Ehegatte, der Partner in eingetragener Partnerschaft, die Ve rwandten in gerader Linie oder die Geschwister darum nachsuchen.
2 Das Opfer kann die Wiederaufnahme im Rahmen von Artikel 8 Absatz 1 litera c des Opferhilfegesetzes
3) verlangen.
1) in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2) Kraft gesetzt auf den 1. Juni
3) Voraussetzungen Legitimation
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§ 219
1 Das Wiederaufnahmegesuch ist unter genauer Bezeichnung der dafür geltend gemachten Tatsachen und Beweismittel dem Gericht einzu- reichen, welches das fr ühere Verfahren rechtskräftig beurteilt hat.
2 Das Gesuch hemmt den Vollzug Gerichtspräsidenten. Dieser kann vor sorgliche Massnahmen, insbesondere vorläufige Freilassung oder Verhaftung verfügen.

§ 220 Der Gerichtspräsident holt eine Ve zieht die Verfahrensakten bei und kann weitere Erhebungen vornehmen.

Er kann eine mündliche Verhandlung anordnen. Der Entscheid über die Zulassung der Wiederaufnahme ist schriftlich zu begründen.
§ 221
1 Wird die Wiederaufnahme bewilligt, so fällt das Gericht nach der erfor- derlichen Ergänzung des gerichtliche n Verfahrens und allenfalls der Untersuchung ein neues Urteil.
2 Gegen den Entscheid auf Ablehnung der Wiederaufnahme sowie gegen das neue Urteil stehen den Parteien die allgemeinen Rechtsmittel zu.
3 Wird der früher Verurteilte freiges prochen, so hat die Anklagekammer ihm oder seinen Hinterbliebenen auf Gesuch hin gemäss §§ 65 und 66 eine Entschädigung zuzusprechen. III. Begnadigungsverfahren
1) §§ 222 - 229 1)
§ 230
1 Die Begnadigung kann unter Be dingungen und Auflagen gewährt werden. Die Behörde kann auf ihren Entscheid bis zur Verfolgungs- verjährung zurückkommen.
2 Bei Übertretungen des kantonale n Rechtes findet keine Begnadigung statt.
1) Fassung gemäss G vom 17. August 2005, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar
2007. Gesuch Zulassung Neue Beurteilung Begnadigung, Umfang
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1)
3 Die Begnadigungsgesuche sind an das Departement zuhanden des Grossen Rates zu richten.
4 Das Gesuch hemmt den Vollzug des r echtskräftigen Urteils nicht. Das Departement kann aus wichtigen Gr ünden den Vollzug aufschieben oder unterbrechen.
2)
5 Es macht die erforderlichen Erhe bungen und überweist das Gesuch der Justizkommission. Diese stellt bei Fr Antrag an den Grossen Rat; bei ande ren Strafen entscheidet sie selbst.
6 Im übrigen wird das Verfahren durch Verordnung des Grossen Rates
3) geregelt. IV. Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 231 4)

§ 232
1)
1 Bei hängigen Strafuntersuchungen bl eibt die Zuständigkeit der Unter- suchungsrichter nach bisherigem R echt bestehen. Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes beim Verhörrichteramt hängigen Straf- untersuchungen werden dem kantonale n Untersuchungsrichteramt zuge- wiesen.
1)
2
...
3 Straffälle, welche nach bisherig em Recht vom Kriminalgericht oder von der Kriminalkammer beurteilt worden sind und die aufgrund eines Rechts- mittels einer Neubeurteilung bedürfen, werden nach Inkrafttreten dieses Gesetzes dem Obergericht zur Be urteilung zugewiesen. Dasselbe gilt bezüglich sämtlicher späteren Entsch eide gemäss § 27 dieses Gesetzes.
1)
4
...
5 Wird bei Straffällen, welche von de n Bezirksgerichten, Bezirksgericht- lichen Kommissionen oder Bezirksämtern beurteilt worden sind, als Folge eines Rechtsmittels eine Neubeurteil ung nach Inkrafttreten dieses Geset- zes notwendig, richtet sich die Zuständigkeit nach bisherigem Recht. Das- selbe gilt für sämtliche späteren Ents
1)
6
...
1) Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
2) Kraft gesetzt auf den 1. Januar
3)
4) Ü bergangs- bestimmungen
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1) Für die im Zeitpunkt des Inkrafttr etens dieses Gesetzes hängigen Verfahren bleibt die Zuständigkeit nach bisherigem Recht bestehen.
2) Vor Inkrafttreten dieses Gesetzes anhängig gemachte Verfahren werden zweitinstanzlich vom Obergericht beur teilt. Das Verfahren richtet sich nach neuem Recht.

§ 233 Dieses Gesetz tritt nach Annahme der Änderung von § 53 Absatz 1 der

Verfassung des Kantons T hurgau vom 16. März 1987
3) durch das Volk auf einen vom Regierungsrat zu bes timmenden Zeitpunkt in Kraft.
1) Eingefügt durch G vom 18. Dezembe
1. September 1997.
2) Fassung gemäss G vom 9. Juni 1999, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2000.
3)
101 Inkrafttreten
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