Gesetz über das Pfandrecht an Liegenschaften (213.21)
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Gesetz über das Pfandrecht an Liegenschaften

Gesetz über das Pfandrecht an Liegenschaften (Zedelgesetz)
1) vom 30. April 1882 Die Landsgemeinde des Kantons Appenzell A.Rh. beschliesst: Errichtung
2) und Zinsfuss der Zedel
Art. 1
1 Wer auf seine Liegenschaft einen Zedel errichten lassen will, hat beim Gemeindehauptmann derjenigen Gemeinde, in welcher die zu verpfändende Liegenschaft sich befindet, zuhanden des Gemeinderates ein bezügliches schriftliches Gesuch einzureichen. Dieses Gesuch muss ausser der Angabe der Summe und des Zinsfalles des zu errichtenden Zedels enthalten: a) eine genaue Angabe der allfällig schon auf der Liegenschaft haftenden Zedel; b) eine Bescheinigung des Schuldentriebamtes, dass die betreffende Lie- genschaft sich nicht in der Schatzung befinde; c) eine Erklärung des Gesuchstellers, dass er über die zu verpfändende Liegenschaft das freie Verfügungsrecht habe und durch keine Verpflich- tungen an der Zedelerrichtung gehindert sei.
2 Der Gesuchsteller haftet für die Richtigkeit der vorstehend verlangten An- gaben ... 3) . ———————————— aGS I/29
1) porale Bedeutung (Vgl. die Art. 22–33 Schlusstitel ZGB sowie die Art. 271–273 insbes. Art. 272 EG zum ZGB vom 27. April 1969; bGS 211.1)
2) Die Vorschriften über die Errichtung von Zedeln sind durch die Bestimmungen des ZGB gegenstandslos geworden (Vgl. Art. 23 Schlusstitel ZGB sowie Art. 271 EG zum ZGB vom 27. April 1969; bGS 211.1)
3) Gegenstandslose Strafandrohung (kant. Strafgesetzbuch vom 28. 4. 1878)
Art. 2
1 Die Errichtung des Zedels findet in derjenigen Gemeinde statt, in welcher das Unterpfand liegt.
2 Verteilt sich dieses auf mehrere Gemeinden, so wird der Zedel in der- jenigen Gemeinde errichtet, in welcher das Wohnhaus steht, oder, wenn kein solches vorhanden ist, wo der grössere Teil der Grundstücke liegt.
3 In den letzteren Fällen hat die Gemeindekanzlei, von welcher der Titel errichtet wird, dem Gemeinderat derjenigen Gemeinde, welcher das übrige Unterpfand angehört, von der erfolgten Verpfändung zum Zwecke der Vor- merkung im dortigen Pfandprotokoll Anzeige zu machen.
Art. 3
1 Zedel können errichtet werden auf Grundstücke, Waldungen, Gebäulich- keiten und damit verbundene Wasserkräfte, jedoch mit Ausschluss von Gegenständen, welche nicht Teile eines Gebäudes sind.
2 Bei Bewilligung der Verpfändung hat der Gemeinderat streng darauf zu achten, dass die Zedel nicht den wahren Wert des Unterpfandes überstei- gen. In zweifelhaften Fällen hat er eine Schatzung durch Sachverständige vornehmen zu lassen, bei welcher weder der Kaufpreis noch die Asseku- ranzsumme massgebend in Betracht fallen dürfen.
3 Wird die anbegehrte Verpfändung vom Gemeinderat ganz oder teilweise verweigert, so kann der Gesuchsteller an den Regierungsrat gelangen, welcher über die ihm vorgelegte Beschwerde endgültig entscheidet.
Art. 4
1 Die Zedel werden von der zuständigen Gemeindekanzlei auf den recht- mässigen Inhaber lautend nach gedrucktem Formular ausgefertigt, vom Gemeindehauptmann besiegelt, von diesem und dem Gemeindeschreiber unterzeichnet. Die Aushingabe des Zedels an den Gesuchsteller darf erst 14 Tage nach erhaltener Zedelbewilligung erfolgen.
2 Der Zedel muss enthalten: die genaue Bezeichnung der zu verpfändenden Liegenschaft nach ihrer Lage (Gemeinde, Name und Nummer der Liegen- schaft, Anstösser) und nach ihren Hauptbestandteilen (Gebäulichkeiten, Wiesland, Weide, Ackerfeld, Torfland, Waldung, Brunnen und Wasserrechte, Triebwerke usw.), mit möglichst genauer Angabe des Flächeninhaltes der Bodenteile sowie die Assekuranzsumme.
3 Die Gemeinderäte haben dafür zu sorgen, dass Zedel, Zedelauszüge und alle späteren Veränderungen an denselben genau in das Protokoll eingetra- gen werden.
4 Die Fertigung von Auszügen ist nicht gestattet.
Art. 5
1 Es dürfen nur abzinsige Zedel errichtet werden. Der Zinsfuss darf jährlich höchstens 4
1 /
2 Franken von 100 Franken betragen und muss im Zedel in Worten angegeben sein.
2 Bei allen Zedeln haftet das Unterpfand:
1) a) für die Kapitalforderung, b) für die Kosten der Betreibung und die Verzugszinse, c) für die in der Zeit von 18 Monaten vor der Konkurseröffnung oder dem Pfandverwertungsbegehren verfallenen und die laufenden Zinse und Terminzahlungen.
3 Die Zedelkreditoren haben auf dem Gutsnutzen bei der Schuldbetreibung die ersten Rechte.
4 Das Kapital und die gesetzlich gesicherten Zinse der ersten Zedel sollen den nachstehenden Zedeln immer vorangehen. Klassifikation der Zedel Liegende Zedel
Art. 6
1 Die liegenden Zedel werden in folgender Weise nach ihrem Werte oder nach ihrer Eigenschaft unterschieden:
2 Die Zedel auf Güter erhalten vom Gemeinderat je nach dem Wert des Unterpfandes den Titel «zweifach», «einfach» oder «selbstgenüglich». Zweifach ist zu nennen, was mit Ausschluss der Gebäude die Hälfte des Bodenwertes nicht übersteigt; einfach, was mit dem gleichen Aus- schlusse der Gebäulichkeiten den gesamten Bodenwert nicht übersteigt. Bei den übrigen Zedeln soll es heissen «selbstgenüglich», d.h. der Kreditor sei selbst an das Unterpfand gekommen. Auch in Zedeln, welche mehr als eine dieser Klassen enthalten, soll angezeigt werden, wie viel von der verpfändeten Summe in die eine oder andere Abteilung gehöre.
3 Hauszedel erhalten die gleiche Benennung, wie die letzte Klasse der Güterzedel, nämlich: «selbstgenüglich». — — — — — — — — — — — —
1) Vgl. Art. 33 EG zum SchKG vom 27. April 1913 (bGS 241.1)
Handwechselzedel
Art. 7
1 Die Handwechselzedel sind beim Verkauf des Unterpfandes zahlbar. Sie dürfen den zehnten Teil des wahren Wertes des Unterpfandes nicht übersteigen.
2 Wird eine Liegenschaft, auf welcher solche Zedel haften, verkauft, so ist der Gemeindeschreiber verpflichtet, dafür zu sorgen, dass den Inhabern der Handwechsel nach geschehener amtlicher Verschreibung sofort die Hand- änderung angezeigt werde. Die Abzahlung eines Handwechsels muss dann innerhalb Monatsfrist nach der Handänderung erfolgen, ansonst der Kredi- tor das Recht hat, den Schuldentrieb anzuwenden. Erfolgt im Laufe von sechs Monaten nach geschehener Anzeige an den Kreditor die Tilgung des Zedels nicht, so verbleibt der Handwechsel als solcher bis zu einer neuen Handänderung in Kraft. Terminzedel
Art. 8
1 Die Terminzedel dürfen nicht auf Handänderung hin errichtet werden, sondern müssen auf bestimmte Zeit zahlbar lauten. Ist eine Terminzahlung
18 Monate nach der Verfallzeit noch nicht geleistet, so wird sie zur offenen Schuld.
2 Eine Verlängerung von Zahlungsterminen kann mit Zustimmung des Gläu- bigers vor Ablauf der Verfallzeit stattfinden, wenn die Besitzer der nach- folgenden Zedel dies zugeben. Die Bewilligung hiefür muss vom Schuldner durch den Gemeindehauptmann beim Gemeinderat nachgesucht werden. Widerlegbriefe (Versicherungsbriefe für Vermögen von Ehefrauen und von Kindern)

Art. 9 Die Widerlegbriefe werden errichtet zur Sicherstellung von Frauengut und

von Vermögen minderjähriger oder unter Vormundschaft stehender Kinder. Sie sind zahlbar bei Handänderung des Unterpfandes oder bei Veränderung des Familienbandes. Bei Handänderung von Liegenschaften sind die Ge- meindekanzleien verpflichtet, hievon den Inhabern der Wiederlegbriefe Mit- teilung zu machen. Sofern in den genannten Fällen eine Abzahlung nicht er-
folgt, so verlieren die Widerlegbriefe das Pfandrecht nach Ablauf von sechs Monaten, wenn sie nicht innert dieser Frist in liegende Zedel, Handwechsel oder Terminzedel umgewandelt werden. Die Umwandlung von Widerleg- briefen geschieht durch die betreffende Gemeindekanzlei nach erfolgter Bewilligung durch den Gemeinderat. Abzahlung, zeitweise Unabkündbarkeit und Tilgung der Zedel
Art. 10
1 Der Zedeleigentümer ist nicht berechtigt, den Zedel zu kündigen; der Zedelschuldner hingegen ist befugt, nach vorausgegangener dreimonatli- cher Kündigung den Zedel ganz oder teilweise abzuzahlen.
2 Dem Zedelschuldner ist es freigestellt, welche Zedelschuld er abzahlen will.

Art. 11 Wenn Kreditor und Debitor übereingekommen sind, einen Zedel für gewisse

Zeit unablösbar zu stellen, so sind solche Abkommnisse nur bis zur Hand- änderung des Unterpfandes gültig.
Art. 12
1 Ein Zedel kann vom Schuldner mit der nämlichen Summe wieder abgelöst werden, die im Zedel enthalten ist.
2 Bei teilweisen Abzahlungen ist der Gläubiger nicht verpflichtet, eine klei- nere Summe als hundert Franken anzunehmen.
3 Wenn ein Teil des Unterpfandes verkauft wird, so fällt der Erlös auf Verlan- gen den Zedelkreditoren zu, und zwar dem voranstehenden zuerst, und wenn dieser denselben nicht annimmt, dem nächstfolgenden usw.
4 Jede Abzahlung ist der Gemeindekanzlei anzuzeigen und von dieser im Pfandprotokoll und im Zedel vorzumerken.
5 Wird ein Zedel ganz abgelöst, so soll derselbe bei Verantwortlichkeit vom Gläubiger entsiegelt werden und ist der Schuldner gehalten, denselben der Kanzlei derjenigen Gemeinde zuzustellen, in welcher der Zedel errichtet worden ist.
Art. 13
1)
Art. 14
2)
Art. 15
3) Rechte des Zedeleigentümers bei Verkauf oder Schwächung des Un- terpfandes
Art. 16
1 Von jeder Veränderung des Unterpfandes, durch welche dasselbe ge- schwächt werden könnte, hat der Schuldner die Pfandgläubiger in Kenntnis zu setzen.
2 Der Eigentümer einer verpfändeten Liegenschaft hat das Recht, einen kleineren oder grösseren Teil derselben zu verkaufen oder zu vertauschen; die Pfandgläubiger dürfen aber hiedurch nicht geschädigt werden.
3 Wird ein Teil oder werden mehrere Teile des Unterpfandes veräussert oder so verwendet, dass das Unterpfand an Wert verliert, so können die Gläu- biger eine entsprechende Abzahlung verlangen. Können Gläubiger und Schuldner sich über die Summe der Abzahlung nicht einigen, so hat der Richter zu entscheiden.

Art. 17 Jede Verabredung zwischen Gläubiger und Schuldner betreffend Verlegung

der Pfandrechte bedarf zur Rechtsgültigkeit der gemeinderätlichen Geneh- migung.
Art. 18
1 Wenn der Zedelschuldner durch Vernachlässigung oder Verschlimmerung des Unterpfandes den Wert desselben vermindert oder gefährdet, so kann entsprechende Abzahlung an der Zedelschuld verlangt werden.
2 Ohne vorherige Anzeige an den Zedelinhaber darf nichts von dem Unter- pfande weggenommen werden. Bei Zuwiderhandlung haften auch der Käufer und allfällige Wiederkäufer. Gegen volle Entschädigung darf aber der ————————————
1) Aufgehoben durch Art. 202 EG zum ZGB vom 30. April 1911 (aGS I/26)
2) Aufgehoben durch Art. 262 ZPO vom 24. April 1955 (aGS I/36)
3) Gegenstandslos geworden durch Art. 837 ZGB
Zedelkreditor den Liegenschaftsbesitzer nicht hindern, gutfindende Veräus- serungen von Holz, Bäumen usw. am Unterpfande vorzunehmen

Art. 19 Der Eigentümer einer verpfändeten Liegenschaft ist nicht berechtigt, ohne

Einwilligung der Pfandgläubiger irgendeine Beschwerde zu übernehmen oder Rechte zu vergeben, durch welche der Wert des Unterpfandes ge- schwächt würde, es sei denn, dass gleichzeitig eine verhältnismässige Ab- zahlung an der Pfandschuld stattfindet.
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