Verordnung über die Transplantation von tierischen Organen, Geweben und Zellen (810.213)
CH - Schweizer Bundesrecht

Verordnung über die Transplantation von tierischen Organen, Geweben und Zellen (Xenotransplantationsverordnung)

(Xenotransplantationsverordnung) vom 16. März 2007 (Stand am 1. Januar 2014)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf die Artikel 48, 50 Absatz 2, 59 Absatz 6 und 60 Absatz 1 des Transplantationsgesetzes vom 8. Oktober 2004¹,
verordnet:
¹ SR 810.21

1. Abschnitt: Gegenstand und Begriffe

Art. 1 Gegenstand
Diese Verordnung regelt:
a. klinische Versuche und Standardbehandlungen der Xenotransplantation sowie die dafür geltenden Sorgfaltspflichten;
b. die Sicherheitsmassnahmen und Verhaltensregeln, die sich für die betroffenen Personen aus der Xenotransplantation ergeben;
c. die Sicherstellung der Haftung.
Art. 2 Begriffe
¹ In dieser Verordnung bedeuten:
a. Xenotransplantation: die Transplantation oder Infusion von: 1. Organen, Geweben oder Zellen tierischer Herkunft,
2. menschlichen Organen, Geweben, Zellen oder Körperflüssigkeiten, die ausserhalb des menschlichen Körpers mit Organen, Geweben oder Zellen tierischer Herkunft in Kontakt standen, oder
3. Transplantatprodukten, die aus den in Ziffer 1 oder 2 aufgeführten Organen, Geweben oder Zellen hergestellt wurden;
b. Kontaktpersonen: Personen, die direkt oder indirekt in Kontakt kommen können mit Körperflüssigkeiten von Empfängerinnen oder Empfängern, namentlich durch perkutane oder andere direkte Exposition sowie durch Schleimhautkontakt, insbesondere Intimpartnerinnen und Intimpartner, medizinisches Personal und Laborpersonal.
c.²
gesundheitsbezogene Intervention: präventive, diagnostische, therapeutische, palliative oder rehabilitative Handlung, die im Rahmen eines klinischen Versuchs untersucht wird;
d.³
Sponsor: Person oder Institution mit Sitz oder Vertretung in der Schweiz, die für die Veranlassung eines klinischen Versuchs, namentlich für dessen Einleitung, Management und Finanzierung in der Schweiz die Verantwortung übernimmt;
e.⁴
Prüfperson: Person, die in der Schweiz für die praktische Durchführung des klinischen Versuchs sowie für den Schutz der teilnehmenden Personen vor Ort verantwortlich ist; wenn eine Prüfperson für die Veranlassung eines klinischen Versuchs in der Schweiz die Verantwortung übernimmt, ist sie zugleich Sponsor.
² Im Übrigen gelten die Begriffsbestimmungen nach Artikel 2 Absatz 1 der Transplantationsverordnung vom 16. März 2007⁵ sowie nach Artikel 2 der Verordnung vom 20. September 2013⁶ über klinische Versuche (KlinV).⁷
² Eingefügt durch Anhang 6 Ziff. 2 der V vom 20. Sept. 2013 über klinische Versuche, in Kraft seit 1. Jan. 2014 ( AS 2013 3407 ).
³ Eingefügt durch Anhang 6 Ziff. 2 der V vom 20. Sept. 2013 über klinische Versuche, in Kraft seit 1. Jan. 2014 ( AS 2013 3407 ).
⁴ Eingefügt durch Anhang 6 Ziff. 2 der V vom 20. Sept. 2013 über klinische Versuche, in Kraft seit 1. Jan. 2014 ( AS 2013 3407 ).
⁵ SR 810.211
⁶ SR 810.305
⁷ Fassung gemäss Anhang 6 Ziff. 2 der V vom 20. Sept. 2013 über klinische Versuche, in Kraft seit 1. Jan. 2014 ( AS 2013 3407 ).

2. Abschnitt: Klinische Versuche

Art. 3 Fachliche und betriebliche Bewilligungsvoraussetzungen
¹ Die Bewilligung für einen klinischen Versuch wird erteilt, wenn:
a. der Betrieb über eine fachtechnisch verantwortliche Person mit der notwendigen Sachkenntnis und Erfahrung verfügt, die in ihrem Tätigkeitsbereich weisungsbefugt ist und die Verantwortung für die Qualität trägt;
b. neben den behandelnden Ärztinnen und Ärzten folgende Fachpersonen am klinischen Versuch mitwirken: 1. je eine Infektiologin oder ein Infektiologe, eine Mikrobiologin oder ein Mikrobiologe und eine Virologin oder ein Virologe mit Erfahrung und Weiterbildung im Bereich Zoonosen,
2. eine Epidemiologin oder ein Epidemiologe,
3. eine Tierärztin oder ein Tierarzt mit Erfahrung in Infektiologie der Spendertierspezies und in Versuchstierhaltung sowie mit besonderen Kenntnissen über den Tierschutz, die Eigenschaften, Bedürfnisse und Krankheiten der Spendertierspezies und über deren Verwendung in der Xenotransplantation;
c. das erforderliche medizinische Personal zur Verfügung steht;
d. ein mikrobiologisches Laboratorium mit virologischer Abteilung zur Ver­fügung steht, dessen Leiterin oder Leiter in wissenschaftlicher Arbeit und Diagnostik spezialisiert ist und Fachkenntnis in der Isolierung und Identi­fizierung human- und tierpathogener Erreger hat;
e. geeignete Räumlichkeiten und Einrichtungen, namentlich für eine Quaran­täne, zur Verfügung stehen;
f. die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller nachweist, dass die Sicherheits­anforderungen erfüllt sind.
² Die Bewilligung für einen klinischen Versuch mit gentechnisch veränderten tierischen Organen, Geweben oder Zellen oder daraus hergestellten Transplantat­pro­dukten wird erteilt, wenn zusätzlich:
a. die Qualität und die biologische Sicherheit der gentechnisch veränderten tierischen Organe, Gewebe oder Zellen oder der daraus hergestellten Transplantatprodukte gegenüber der Versuchsperson sowie für Mensch, Tier und Umwelt gewährleistet sind;
b. das Bundesamt für Umwelt (BAFU) dem Versuch im Hinblick auf den Schutz der Umwelt und den indirekten Schutz des Menschen zugestimmt hat.
Art. 4 Schutz urteilsunfähiger Personen
Klinische Versuche der Xenotransplantation dürfen an urteilsunfähigen Personen durchgeführt werden, wenn:
a. und b. …⁸
c. die Einhaltung der mit einer Xenotransplantation verbundenen Verhaltens­regeln und Massnahmen, namentlich die lebenslange Nachsorge, gewährleistet ist;
d. keine alternative Therapie mit vergleichbarer Wirksamkeit zur Verfügung steht; und
e. eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist: 1. Die Xenotransplantation ist für die Versuchsperson mit hoher Wahrscheinlichkeit lebensrettend.
2. Die Versuchsperson erlangt durch die Xenotransplantation mit hoher Wahrscheinlichkeit die Urteilsfähigkeit.
3. Die Xenotransplantation verringert das Leiden der Versuchsperson mit hoher Wahrscheinlichkeit und in hohem Ausmass.
⁸ Aufgehoben durch Anhang 6 Ziff. 2 der V vom 20. Sept. 2013 über klinische Versuche, mit Wirkung seit 1. Jan. 2014 ( AS 2013 3407 ).
Art. 5 Information und Zustimmung der Empfängerin oder des Empfängers
¹ Ein klinischer Versuch der Xenotransplantation darf nur vorgenommen werden, wenn die Empfängerin oder der Empfänger beziehungsweise der gesetzliche Vertreter umfassend und verständlich informiert worden ist und der Xenotransplantation sowie den damit verbundenen Verhaltensregeln und Massnahmen frei und schriftlich zugestimmt hat.
² Die Information muss namentlich beinhalten:
a. die Risiken einer möglichen Infektion mit bekannten oder unbekannten Zoonoseerregern;
b. die Notwendigkeit lebenslanger regelmässiger medizinischer Untersuchungen;
c. die Pflicht, neue Kontaktpersonen über die Risiken einer möglichen Infek­tion mit Zoonoseerregern aufzuklären und solche Personen der Inhaberin oder dem Inhaber der Bewilligung unverzüglich zu melden;
d. die Notwendigkeit der Aufbewahrung von Daten und biologischen Proben sowie den Umfang des Datenschutzes;
e. die Notwendigkeit der Obduktion im Todesfall;
f. die Verhaltensregeln zur Vermeidung einer Infektionsübertragung.
³ …⁹
⁹ Aufgehoben durch Anhang 6 Ziff. 2 der V vom 20. Sept. 2013 über klinische Versuche, mit Wirkung seit 1. Jan. 2014 ( AS 2013 3407 ).
Art. 6 Information der Kontaktpersonen
¹ Die Inhaberin oder der Inhaber der Bewilligung muss dafür sorgen, dass die Kontaktpersonen vor einer Xenotransplantation von der Prüferin oder dem Prüfer umfassend und verständlich über die Verhaltensregeln und Massnahmen informiert werden, die sich aus der Xenotransplantation für sie ergeben. Die Kontaktpersonen müssen schriftlich bestätigen, dass sie informiert worden sind.
² Die Kontaktpersonen müssen namentlich informiert werden über Risiken, die:
a. sich aus dem Kontakt mit der Empfängerin oder dem Empfänger oder aus ihrer oder seiner Betreuung ergeben können;
b. mit dem Umgang mit entsprechenden biologischen Proben verbunden sein können.
³ Die Informationspflicht gilt auch gegenüber neuen Kontaktpersonen.
Art. 7 Medizinische Untersuchungen
¹ Die Inhaberin oder der Inhaber der Bewilligung muss die Empfängerin oder den Empfänger regelmässig medizinisch untersuchen.
² Die medizinischen Untersuchungen müssen vorgenommen werden:
a. mindestens einmal unmittelbar vor und unmittelbar nach der Xenotransplantation;
b. in regelmässigen Abständen in den Tagen und Wochen nach der Xenotrans­plantation;
c. danach für die nächsten zehn Jahre mindestens einmal jährlich; daraufhin mindestens alle fünf Jahre, wenn es innerhalb der letzten zwei Jahre keinen klinischen Verdacht auf eine durch die Transplantation bedingte Infektion gegeben hat.
³ Bei jeder medizinischen Untersuchung müssen der Empfängerin oder dem Empfänger geeignete biologische Proben, namentlich Serum, Plasma und mononukleäre Leukozyten aus peripherem Blut, entnommen und auf Krankheitserreger oder Hinweise auf solche untersucht werden.
⁴ Die Inhaberin oder der Inhaber der Bewilligung muss das Bundesamt für Gesundheit (BAG) unverzüglich informieren, wenn die Empfängerin oder der Empfänger sich den medizinischen Untersuchungen nicht mehr unterzieht.
Art. 8 Vorgehen bei Infektionsverdacht
¹ Die Inhaberin oder der Inhaber der Bewilligung muss bei jedem Anzeichen einer Infektion der Empfängerin oder des Empfängers oder bei unerklärlichen Infektionen der Kontaktpersonen alle notwendigen Massnahmen treffen, um die Ausbreitung einer Infektion zu verhindern.
² Sie oder er muss unverzüglich umfassende diagnostische und epidemiologische Untersuchungen durchführen, bis die Ursache eindeutig identifiziert ist oder alle Anzeichen einer Infektion abgeklungen sind.
Art. 9 Vorgehen beim Tod der Empfängerin oder des Empfängers
Stirbt die Empfängerin oder der Empfänger, so muss die Inhaberin oder der Inhaber der Bewilligung:
a. den Tod dem BAG unverzüglich melden;
b. den Leichnam mikrobiologisch, pathologisch und histopathologisch unter­suchen, um allfällige Infektionen festzustellen;
c. dem BAG das Untersuchungsergebnis unverzüglich mitteilen.
Art. 10 ¹⁰ Anwendbarkeit der Humanforschungsgesetzgebung
¹ Die Artikel 3–5, 6 Absätze 1, 2 und 4, Art. 7–9, 24–29, 37–41, 43 und 44 KlinV¹¹ sowie die Organisationsverordnung HFG vom 20. September 2013¹² sind anwendbar.
² Die in den Artikeln 37–41 und 43 KlinV aufgeführten Pflichten gegenüber dem Schweizerischen Heilmittelinstitut gelten für klinische Versuche der Xenotransplantation gegenüber dem BAG.
¹⁰ Fassung gemäss Anhang 6 Ziff. 2 der V vom 20. Sept. 2013 über klinische Versuche, in Kraft seit 1. Jan. 2014 ( AS 2013 3407 ).
¹¹ SR 810.305
¹² SR 810.308
Art. 11 ¹³
¹³ Aufgehoben durch Anhang 6 Ziff. 2 der V vom 20. Sept. 2013 über klinische Versuche, mit Wirkung seit 1. Jan. 2014 ( AS 2013 3407 ).
Art. 12 Änderungen während der Durchführung eines klinischen Versuchs
¹ Jede Änderung während der Durchführung eines klinischen Versuchs bedarf der Bewilligung des BAG.
² Die Inhaberin oder der Inhaber der Bewilligung muss dem BAG dazu diejenigen Gesuchsunterlagen einreichen, die von der Änderung betroffen sind.¹⁴
¹⁴ Fassung gemäss Anhang 6 Ziff. 2 der V vom 20. Sept. 2013 über klinische Versuche, in Kraft seit 1. Jan. 2014 ( AS 2013 3407 ).

3. Abschnitt: Standardbehandlungen

Art. 13 Bewilligungsvoraussetzungen
¹ Die Bewilligung für eine Standardbehandlung wird erteilt, wenn:
a. der Betrieb über eine fachtechnisch verantwortliche Person mit der notwendigen Sachkenntnis und Erfahrung verfügt, die in ihrem Tätigkeitsbereich weisungsbefugt ist und die Verantwortung für die Qualität trägt;
b. die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller nachweist, dass die Sicherheits­anforderungen erfüllt sind;
c. für die Empfängerin oder den Empfänger keine andere therapeutische Methode von vergleichbarem Nutzen zur Verfügung steht.
² Die Bewilligung für eine Standardbehandlung mit gentechnisch veränderten tierischen Organen, Geweben oder Zellen oder daraus hergestellten Transplantatprodukten wird erteilt, wenn zusätzlich:
a. die Qualität und die biologische Sicherheit der gentechnisch veränderten Organe, Gewebe oder Zellen oder der daraus hergestellten Transplantatprodukte gegenüber der Patientin oder dem Patienten sowie für Mensch, Tier und Umwelt gewährleistet sind;
b. das BAFU der Standardbehandlung im Hinblick auf den Schutz der Umwelt und den indirekten Schutz des Menschen zugestimmt hat.
Art. 14 Information und Zustimmung der Empfängerin oder des Empfängers
Eine Xenotransplantation darf vorgenommen werden, wenn die Empfängerin oder der Empfänger beziehungsweise der gesetzliche Vertreter umfassend und verständlich informiert worden ist und der Xenotransplantation sowie den damit verbundenen Verhaltensregeln und Massnahmen frei und schriftlich zugestimmt hat.
Art. 15 Medizinische Untersuchungen
Die Inhaberin oder der Inhaber der Bewilligung muss der Empfängerin oder dem Empfänger anlässlich von medizinischen Untersuchungen, die als Folge der Xeno­transplantation vorgenommen werden, geeignete biologische Proben entnehmen und diese auf Krankheitserreger oder Hinweise auf solche untersuchen.
Art. 16 Vorgehen beim Tod der Empfängerin oder des Empfängers
Stirbt die Empfängerin oder der Empfänger, so muss die Inhaberin oder der Inhaber der Bewilligung den Leichnam mikrobiologisch, pathologisch und histopathologisch untersuchen, um allfällige Infektionen festzustellen.

4. Abschnitt: Sorgfaltspflichten

Art. 17 Umgang mit tierischen Zelllinien
¹ Tierische Zelllinien dürfen für eine Xenotransplantation verwendet werden, wenn:
a. ihre Herkunft dokumentiert ist;
b. sie nach dem Stand von Wissenschaft und Technik nachweislich frei sind von Organismen, die für die Spendertierspezies und den Menschen pathogen sind.
² Die Inhaberin oder der Inhaber der Bewilligung muss die verwendeten tierischen Zelllinien regelmässig auf Organismen nach Absatz 1 Buchstabe b untersuchen.
Art. 18 Umgang mit Spendertieren
¹ Primaten dürfen nicht als Spendertiere verwendet werden. Ausnahmen sind zulässig für die Xenotransplantation von Primatenzellen, wenn sie aus Zelllinien stammen. Für Menschenaffen gilt diese Ausnahme nicht.
² Als Spendertiere dürfen ausschliesslich Tiere verwendet werden:
a. die seit so vielen Generationen in Gefangenschaft gezüchtet wurden, dass gewährleistet ist, dass sie nach dem Stand von Wissenschaft und Technik frei sind von Organismen, die für die Spendertierspezies und den Menschen pathogen sind;
b. deren Herkunft lückenlos dokumentiert ist;
c. die aus geschlossenen Herden stammen.
³ Für Spendertiere und tierische Zelllinien, die für Standardbehandlungen verwendet werden, gelten die gleichen Anforderungen wie bei den zugrunde liegenden klinischen Versuchen. Namentlich betrifft dies:
a. die genetischen Eigenschaften der Spendertiere oder der Zelllinien;
b. die Gesundheitsüberwachung und den Gesundheitsstatus der Spendertiere sowie die Kontrolle der Zelllinien, namentlich auf mögliche Verunreinigungen mit Viren oder Bakterien;
c. die Bedingungen, unter denen die Spendertiere aufgezogen und gehalten beziehungsweise die Zelllinien kultiviert und konserviert werden.
⁴ Die Inhaberin oder der Inhaber der Bewilligung muss den Gesundheitszustand der Spendertiere regelmässig namentlich klinisch, mikrobiologisch und histologisch sowie nach deren Tod pathologisch und histopathologisch untersuchen.
⁵ Sie oder er darf die Spendertiere sowie deren Organe, Gewebe oder Zellen und daraus hergestellte Transplantatprodukte nicht zu anderen Zwecken verwenden und muss sie nach Artikel 13 der Verordnung vom 23. Juni 2004¹⁵ über die Entsorgung von tierischen Nebenprodukten entsorgen.
¹⁵ [ AS 2004 3079 , 2005 4199 Anhang 3 Ziff. II 9, 2006 5217 Anhang Ziff. 6, 2007 2711 Ziff. II 2, 2008 1189 . AS 2011 2699 Anhang 8 Ziff. I]. Siehe heute: die V vom 25. Mai 2011 ( SR 916.441.22 ).
Art. 19 Testpflicht
¹ Tierische Organe, Gewebe oder Zellen, daraus hergestellte Transplantatprodukte oder das Tier, dem sie entnommen wurden, müssen nach dem Stand von Wissenschaft und Technik mit den verfügbaren Tests untersucht werden, damit allfällige Zoonosen und Prionenerkrankungen, die beim Menschen zu Infektionen führen können, entdeckt werden.
² Sie müssen namentlich getestet werden auf:
a. bekannte oder potenzielle Zoonoseerreger;
b. bekannte humanpathogene Erreger;
c. infektiöse Erreger mit hohem Mutations- und Rekombinationsrisiko;
d. Erreger mit noch unbekanntem pathogenem Risiko.
³ Werden die Tests im Ausland durchgeführt, so muss dem BAG nachgewiesen werden, dass sie dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen.
⁴ Das BAG kann verlangen, dass die Testergebnisse von einem unabhängigen Referenzlaboratorium bestätigt werden.
Art. 20 Unzulässigkeit der Xenotransplantation
Eine Xenotransplantation darf nicht durchgeführt werden, wenn ein Hinweis auf eine bekannte oder potenzielle humanpathogene Infektion vorliegt.
Art. 21 Kennzeichnung von gentechnisch veränderten tierischen Organen, Geweben oder Zellen
Organe, Gewebe oder Zellen, die von gentechnisch veränderten Tieren stammen oder nach der Entnahme gentechnisch verändert wurden, daraus hergestellte Transplantatprodukte sowie gentechnisch veränderte Spendertiere müssen mit den Worten «gentechnisch verändert» oder «genetisch verändert» gekennzeichnet werden.
Art. 22 Biologische Proben
¹ Die Inhaberin oder der Inhaber der Bewilligung muss die biologischen Proben für Untersuchungen nach den Artikeln 7–9 und 15–19 in genügender Menge entnehmen.
² Sie oder er muss die entnommene Menge so bemessen, dass das BAG die Proben während ihrer Aufbewahrung nach Artikel 24 mindestens dreimal vollständig untersuchen kann.
³ Die Proben sind so aufzubereiten, dass sie langfristig aufbewahrt werden können.
Art. 23 Aufzeichnungen
Die Inhaberin oder der Inhaber der Bewilligung muss alle für den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung bedeutsamen Angaben und Vorgänge aufzeichnen, namentlich das Ergebnis:
a. der medizinischen Untersuchungen nach den Artikeln 7 und 15;
b. der Obduktion nach den Artikeln 9 und 16;
c. der diagnostischen und epidemiologischen Untersuchungen nach Artikel 8;
d. der Untersuchungen der tierischen Zelllinien nach Artikel 17;
e. der Überwachung des Gesundheitszustands der Tiere nach Artikel 18;
f. der Tests nach Artikel 19.
Art. 24 Aufbewahrung
¹ Die Inhaberin oder der Inhaber der Bewilligung muss alle für den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung bedeutsamen Aufzeichnungen und biologischen Proben wie folgt aufbewahren:
a. unbefristet im Fall von klinischen Versuchen;
b. während mindestens 20 Jahren nach dem Tod der Empfängerin oder des Empfängers im Fall von Standardbehandlungen.
² Die Aufzeichnungen und biologischen Proben sind:
a. so zu beschriften und aufzubewahren, dass auf sie rasch zugegriffen werden kann und sie einander unverzüglich zugeordnet werden können;
b. dem BAG sowie der zuständigen Kantonsärztin oder dem zuständigen Kantonsarzt auf Verlangen zur Verfügung zu stellen.
Art. 25 Information der zuständigen Behörden
¹ Macht die Inhaberin oder der Inhaber der Bewilligung eine Feststellung, die für den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung von Bedeutung sein könnte, so muss sie oder er unverzüglich:
a. das BAG sowie die zuständige Kantonsärztin oder den zuständigen Kantonsarzt informieren;
b. alle notwendigen Massnahmen treffen.
² Die Behörden nach Absatz 1 Buchstabe a sind über getroffene und geplante Massnahmen sowie über deren Ergebnis laufend zu informieren.

5. Abschnitt: Sicherstellung der Haftung

Art. 26
¹ Wer eine Xenotransplantation durchführt oder Organe, Gewebe oder Zellen für eine Xenotransplantation an Dritte abgibt, muss die Deckung von Schäden, für die sie oder er haftpflichtig ist, im Umfang von 20 Millionen Franken sicherstellen.
² Die Sicherstellungspflicht kann erfüllt werden durch den Abschluss einer Haftpflichtversicherung oder durch die Leistung gleichwertiger Sicherheiten. Die Haftpflichtversicherung ist bei einem Versicherungsunternehmen abzuschliessen, das über eine Bewilligung für diese Geschäftstätigkeit verfügt.
³ Der Bund sowie seine öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten sind von der Sicherstellungspflicht befreit.
⁴ Die Person, welche die Haftpflicht sicherstellt, muss Beginn, Aussetzen und Ende der Sicherstellung dem BAG melden.

6. Abschnitt: Datenschutz

Art. 27
Für das Bearbeiten von Personendaten und die Datensicherheit gelten die Artikel 48 und 49 der Transplantationsverordnung vom 16. März 2007¹⁶.
¹⁶ SR 810.211

7. Abschnitt: Bewilligungsverfahren

Art. 28 Gesuch
¹ Das Gesuch um Erteilung einer Bewilligung nach den Artikeln 3 und 13 ist beim BAG einzureichen.
² Für die Xenotransplantation im Rahmen eines klinischen Versuchs (Art. 3) sind vorzulegen:
a. eine ausführliche wissenschaftliche Basisdokumentation;
b. eine Studiendokumentation nach Anhang 2 und die Unterlagen nach Artikel 29 der Transplantationsverordnung vom 16. März 2007¹⁷;
c. der Nachweis, dass die Aufzeichnungen und biologischen Proben nach Artikel 24 aufbewahrt werden können.
³ Für die Xenotransplantation im Rahmen einer Standardbehandlung (Art. 13) sind vorzulegen:
a. eine wissenschaftliche Dokumentation, die namentlich die Ergebnisse der präklinischen und der klinischen Versuche enthält;
b. Unterlagen und Formulare betreffend die Information und die Zustimmung der Empfängerin oder des Empfängers beziehungsweise des gesetzlichen Vertreters;
c. der Nachweis, dass die Aufzeichnungen und biologischen Proben nach Artikel 24 aufbewahrt werden können.
⁴ Werden für die Xenotransplantation gentechnisch veränderte tierische Organe, Gewebe oder Zellen oder daraus hergestellte Transplantatprodukte verwendet, so sind zusätzlich vorzulegen:
a. Angaben zu deren Risiken für Mensch, Tier und Umwelt einschliesslich der im Rahmen der Einschliessungsverordnung vom 25. August 1999¹⁸ oder in einem ausländischen Verfahren für geschlossene Systeme erstellten Risikoermittlungen;
b. eine Bewertung des mit der Xenotransplantation verbundenen Risikos für Mensch, Tier und Umwelt;
c. eine Beschreibung der für den Schutz von Mensch, Tier und Umwelt notwendigen Sicherheitsmassnahmen, namentlich zur Verhinderung einer Freisetzung von Mikroorganismen in die Umwelt während und nach der Xenotransplantation, beim Transport, bei der Lagerung und der Entsorgung;
d. ein Nachweis, dass bei den Tieren, von denen die gentechnisch veränderten Organe, Gewebe und Zellen stammen, die Würde der Kreatur nach den Artikeln 8 und 9 des Gentechnikgesetzes vom 21. März 2003¹⁹ nicht missachtet worden ist.
¹⁷ SR 810.211
¹⁸ [ AS 1999 2783 , 2003 4793 Ziff. I 3, 2006 4705 Ziff. II 82, 2007 4477 Ziff. IV 35, 2008 4377 Anhang 5 Ziff. 6. AS 2012 2777 Art. 33 Ziff. 1]. Siehe heute: die V vom 9. Mai 2012 ( SR 814.912 ).
¹⁹ SR 814.91
Art. 29 Konsultationsverfahren
¹ Das BAG entscheidet über Gesuche für eine Xenotransplantation mit gentechnisch veränderten tierischen Organen, Geweben oder Zellen oder daraus hergestellten Transplantatprodukten, nachdem es die Stellungnahme des BAFU, der Eidgenös­sischen Fachkommission für biologische Sicherheit (EFBS) und der Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) eingeholt hat.
² Betrifft das Gesuch eine Xenotransplantation nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer 3, so holt das BAG zusätzlich die Stellungnahme des Schweizerischen Heilmittelinstituts ein.
³ Es stellt seinen Entscheid dem BAFU, der EFBS, der EKAH, bei klinischen Versuchen zudem der zuständigen Ethikkommission und bei Gesuchen nach Absatz 2 zudem dem Schweizerischen Heilmittelinstitut zu.
Art. 30 Inspektion
¹ Das BAG stellt durch eine Inspektion fest, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung erfüllt sind.
² Das BAG kann jederzeit weitere Inspektionen durchführen. Es kann die Kantone oder Dritte mit der Durchführung von Inspektionen beauftragen.
Art. 31 Beurteilung von Gesuchen, Geltung, Sistierung, Entzug und Veröffentlichung von Bewilligungen
Für die wissenschaftliche Beurteilung von Bewilligungsgesuchen sowie den sach­lichen und zeitlichen Umfang, die Sistierung, den Entzug und die Veröffentlichung von Bewilligungen gelten die Artikel 38 und 41–43 der Transplantationsverordnung vom 16. März 2007²⁰.
²⁰ SR 810.211
Art. 32 Technische Vorschriften
Das Eidgenössische Departement des Innern kann technische Vorschriften über das Bewilligungswesen und die Dokumentation erlassen; es berücksichtigt dabei die entsprechenden internationalen Normen.

8. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 33 Nachführung der Anhänge
Das Eidgenössische Departement des Innern kann die Anhänge entsprechend der internationalen oder der technischen Entwicklung nachführen. Es nimmt Nachführungen, die sich als technische Handelshemmnisse auswirken können, im Einvernehmen mit dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung²¹ vor.
²¹ Die Bezeichnung der Verwaltungseinheit wurde in Anwendung von Art. 16 Abs. 3 der Publikations­verordnung vom 17. Nov. 2004 ( SR 170.512.1 ) auf den 1. Jan. 2013 angepasst.
Art. 34 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Juli 2007 in Kraft.

Anhang 1

(Art. 11)

Leitlinie der Guten Klinischen Praxis

Leitlinie der Guten Klinischen Praxis der Internationalen Harmonisierungskonferenz in der Fassung vom 10. Juni 1996²² (ICH-Leitlinie).
²² Der Text der Leitlinie kann beim Bundesamt für Gesundheit, Abteilung Biomedizin, 3003 Bern, gegen Verrechnung bezogen oder kostenlos eingesehen werden.

Anhang 2

(Art. 28 Abs. 2 Bst. b)

Studiendokumentation

1 Protokoll

Das Protokoll muss folgende Angaben enthalten:
1.1 Ziel des klinischen Versuchs.
1.2 Vorgehen bei der Transplantation, einschliesslich Angaben zur prä- und postoperativen Immunsuppression.
1.3 Vorgehen beim Transport des Spendertiers sowie der Organe, Gewebe oder Zellen oder der daraus hergestellten Transplantatprodukte.
1.4 Detaillierte Angaben zu den Empfängerinnen und Empfängern, namentlich: a. vorgesehene Anzahl;
b. Einschluss- und Ausschlusskriterien für ihre Auswahl;
c. Vorgehen bei der Information der Empfängerinnen und Empfänger sowie beim Einholen der Zustimmung.
1.5 Alle Dokumente, die zur Information und Zustimmung bestimmt sind.
1.6 Hygieneplan, einschliesslich Angaben zur Ausbildung bestimmter Personengruppen.
1.7 Plan der Infektionsüberwachung, der anzuwendenden Methoden, der Sicherheitsmassnahmen und des Meldesystems für beobachtete Infektionen nach der Transplantation, namentlich für: a. die Empfängerinnen oder Empfänger;
b. Kontaktpersonen;
c. Personen, die Umgang mit dem Spendertier haben;
d. Personen, die unerwarteterweise einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, zum Beispiel durch Kontakt mit Blut infolge eines Unfalls.
1.8 Plan zur Erhebung und Aufbewahrung von biologischen Proben und Daten sowie Angaben zu deren Bearbeitung und zur Zugriffsberechtigung.
1.9 Angaben betreffend die Finanzierung des klinischen Versuchs, namentlich die langfristige Überwachung und die Aufbewahrung von Daten und biologischen Proben.
1.10 Namen aller am Projekt beteiligten Personen unter Angabe der Tätigkeiten, Verantwortlichkeiten, Qualifikationen und Erfahrungen.
1.11 Angabe der Orte und Räume, die für den klinischen Versuch benutzt werden, unter Nennung je einer verantwortlichen Person.

2 Erhebungsbogen

Das Muster eines leeren Erhebungsbogens ist beizulegen.

3 Dokumentation zum Spendertier, zu Organen, Geweben oder Zellen tierischer Herkunft oder zur tierischen Zelllinie

Die Dokumentation muss folgende Angaben enthalten:
3.1 Detaillierte Angaben zum Spendertier oder zu den Spendertieren, namentlich: a. Herkunft;
b. Aufzuchtsbedingungen, einschliesslich Angaben hinsichtlich der Tierbehausung, der Tierpflege, der Ernährung und der Impfungen²³;
c. gentechnische Besonderheiten sowie Beschreibung der gentechnischen Veränderung des Spendertiers;
d. Plan zur Überwachung der Gesundheit.
3.2 Angaben zu Krankheitserregern der Spendertierspezies sowie vorgesehene Massnahmen, um ihre Übertragung auf den Menschen auszuschliessen.
3.3 Angaben zum Erregerstatus des Spendertiers im Zeitpunkt der Entnahme der Organe, Gewebe oder Zellen²⁴ sowie Angabe der gentechnischen Veränderung und Charakterisierung der zu transplantierenden Gewebe oder Zellen.
3.4 Falls zutreffend, detaillierte Angaben zur verwendeten Zelllinie, namentlich: a. Ursprung der Zelllinie (inkl. nähere Angaben zur Spendertierspezies) sowie Herkunftslaboratorium und -ort;
b. Ursprungslaboratorium und -ort der Zelllinie, falls bekannt;
c. ATCC (American Type Culture Collection) -Code, falls vorhanden;
d. genaue Bezeichnung und Charakterisierung der Zelllinie;
e. gentechnische Besonderheiten sowie Beschreibung der gentechnischen Veränderung und der biologischen Sicherheit des ursprünglichen Spendertiers oder der Zelllinie;
f. Angaben zu den durchgeführten Untersuchungen sowie den entsprechenden Resultaten;
g. Angaben zu bekannten und möglichen vorhandenen Viren und zu anderen möglichen Krankheitserregern der Zelllinie sowie vorgesehene Massnahmen, um ihre Übertragung auf den Menschen auszuschliessen.
²³ Soweit im Voraus verfügbar; restliche Aufzeichnungen sind nachzureichen.
²⁴ Die Angaben zu den Enduntersuchungen, die zur Freigabe zur Transplantation führen, sind nachzureichen, falls sie im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung noch nicht verfügbar sind.

4 Gesundheitsjournal zum Spendertier ²⁵

²⁵ Die Angaben zu den Enduntersuchungen, die zur Freigabe zur Transplantation führen, sind nachzureichen, falls sie im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung noch nicht verfügbar sind.
Das Gesundheitsjournal muss folgende Einträge enthalten:
4.1 Gesundheitsaufzeichnungen und Testresultate zum Spendertier, einschliesslich medikamentöser Behandlungen;
4.2 auf Verlangen: Gesundheitsaufzeichnungen und Testresultate zur Herde.
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