HessJStVollzG
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Hessisches Jugendstrafvollzugsgesetz (HessJStVollzG) Vom 19. November 2007

Hessisches Jugendstrafvollzugsgesetz (HessJStVollzG) Vom 19. November 2007
Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. November 2020 (GVBl. S. 778)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Hessisches Jugendstrafvollzugsgesetz (HessJStVollzG) vom 19. November 200701.01.2008
Inhaltsverzeichnis24.11.2020
Erster Abschnitt - Anwendungsbereich01.01.2008
§ 1 - Anwendungsbereich10.12.2015
Zweiter Abschnitt - Grundsätze des Vollzugs der Jugendstrafe01.01.2008
§ 2 - Erziehungsziel und Schutz der Allgemeinheit01.01.2008
§ 3 - Gestaltung des Vollzugs24.11.2020
§ 4 - Mitwirkung der Gefangenen24.11.2020
§ 5 - Leitlinien der Förderung, Maßnahmen01.11.2010
§ 6 - Stellung der Gefangenen01.01.2008
§ 7 - Einbeziehung Dritter01.01.2008
Dritter Abschnitt - Planung des Vollzugs01.01.2008
§ 8 - Aufnahme10.12.2015
§ 9 - Feststellung des Förderbedarfs01.01.2008
§ 10 - Förderplan01.01.2008
§ 11 - Verlegung, Überstellung und Ausanwortung01.11.2010
§ 12 - Sozialtherapie01.01.2008
§ 13 - Geschlossener Vollzug und vollzugsöffnende Maßnahmen10.12.2015
§ 14 - Weisungen, Rücknahme und Widerruf01.01.2008
§ 15 - Verlassen der Anstalt aus wichtigem Anlass10.12.2015
§ 16 - Entlassungsvorbereitung01.11.2010
§ 17 - Entlassung und Hilfen01.11.2010
§ 17a - Besondere Vorschriften für Gefangene mit vorbehaltener Sicherungsverwahrung01.06.2013
Vierter Abschnitt - Unterbringung und Versorgung der Gefangenen01.01.2008
§ 18 - Unterbringung24.11.2020
§ 19 - Ausstattung des Haftraums01.01.2008
§ 20 - Persönlicher Besitz10.12.2015
§ 21 - Kleidung01.01.2008
§ 22 - Verpflegung und Einkauf01.11.2010
§ 23 - Gesundheitsvorsorge24.11.2020
§ 24 - Medizinische Versorgung24.11.2020
§ 25 - Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge01.06.2013
§ 26 - Soziale und psychologische Hilfe24.11.2020
Fünfter Abschnitt - Schule, Ausbildung, Weiterbildung und Arbeit01.01.2008
§ 27 - Schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung, Arbeit24.11.2020
§ 27a - Ablösung24.11.2020
§ 28 - Abschluss im Vollzug begonnener Bildungsmaßnahmen01.01.2008
Sechster Abschnitt - Freizeit, Sport01.01.2008
§ 29 - Gestaltung der freien Zeit01.11.2010
§ 30 - Sport01.01.2008
Siebter Abschnitt - Religionsausübung und Seelsorge01.01.2008
§ 31 - Religionsausübung und Seelsorge01.01.2008
Achter Abschnitt - Außenkontakte der Gefangenen01.01.2008
§ 32 - Grundsätze24.11.2020
§ 33 - Besuch24.11.2020
§ 34 - Schriftwechsel25.05.2018
§ 35 - Telekommunikation24.11.2020
§ 36 - Pakete01.11.2010
Neunter Abschnitt - Anerkennung für Ausbildung und Arbeit, Gelder der Gefangenen01.01.2008
§ 37 - Vergütung von Ausbildung und Arbeit10.12.2015
§ 38 - Zusätzliche Anerkennung von Ausbildung und Arbeit01.06.2013
§ 39 - Hausgeld01.01.2008
§ 40 - Taschengeld01.01.2008
§ 41 - Überbrückungsgeld24.11.2020
§ 42 - Haftkostenbeitrag01.11.2010
§ 43 - Eigengeld10.12.2015
Zehnter Abschnitt - Sicherheit und Ordnung01.01.2008
§ 44 - Grundsätze, Verhaltensvorschriften24.11.2020
§ 45 - Absuchung, Durchsuchung und Untresuchung24.11.2020
§ 46 - Bekämpfung des Suchtmittelmissbrauchs10.12.2015
§ 47 - Lichtbildausweise01.01.2008
§ 48 - Festnahmerecht01.11.2010
§ 49 - Besondere Sicherungsmaßnahmen24.11.2020
§ 50 - Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, ärztliche Überwachung19.09.2019
§ 51 - Ersatz von Aufwendungen24.11.2020
Elfter Abschnitt - Unmittelbarer Zwang01.01.2008
§ 52 - Unmittelbarer Zwang24.11.2020
§ 53 - Schusswaffengebrauch24.11.2020
Zwölfter Abschnitt - Erzieherische Maßnahmen, Disziplinarmaßnahmen01.01.2008
§ 54 - Erzieherische Maßnahmen, Konfliktregelung01.01.2008
§ 55 - Disziplinarmaßnahmen24.11.2020
§ 56 - Verfahren und Vollstreckung24.11.2020
Dreizehnter Abschnitt - Beschwerde01.01.2008
§ 57 - Beschwerderecht01.01.2008
Vierzehnter Abschnitt - Datenschutz01.01.2008
§ 58 - Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten25.05.2018
§ 58a - Überprüfung anstaltsfremder Personen24.11.2020
§ 58b - Überprüfung Gefangener, Fallkonferenzen24.11.2020
§ 59 - Auslesen von Datenspeichern25.05.2018
§ 60 - Zweckbindung und Übermittlung24.11.2020
§ 61 - Schutz besonderer Daten24.11.2020
§ 62 - Abruf durch die Aufsichtsbehörde, gemeinsame Datei, Einrichtung automatisierter Übermittlungs- und Abrufverfahren24.11.2020
§ 63 - Datensicherung25.05.2018
§ 64 - Information und Auskunft an die Betroffenen, Akteneinsicht25.05.2018
§ 65 - Berichtigung, Einschränkung der Verarbeitung und Löschung24.11.2020
Fünfzehnter Abschnitt - Fortentwicklung des Vollzugs, kriminologische Forschung01.01.2008
§ 66 - Fortentwicklung des Vollzugs, kriminologische Forschung25.05.2018
Sechzehnter Abschnitt - Aufbau der Anstalten01.01.2008
§ 67 - Grundsatz01.01.2008
§ 68 - Anstalten24.11.2020
§ 69 - Einrichtungen der schulischen und beruflichen Bildung, Arbeit01.01.2008
§ 70 - Unterbringung von Gefangenen mit Kindern01.11.2010
§ 71 - Anstaltsleitung10.12.2015
§ 72 - Vollzugsbedienstete01.01.2008
§ 73 - Seelsorgerinnen und Seelsorger01.01.2008
§ 74 - Mitverantwortung der Gefangenen01.01.2008
§ 75 - Hausordnung01.01.2008
Siebzehnter Abschnitt - Aufsicht über die Anstalten, Beiräte01.01.2008
§ 76 - Aufsichtsbehörde24.11.2020
§ 77 - Beiräte01.11.2010
Achtzehnter Abschnitt - Schlussvorschriften01.01.2008
§ 78 - Einschränkung von Grundrechten24.11.2020
§ 79 - Inkrafttreten24.11.2020
Inhaltsübersicht
Erster Abschnitt Anwendungsbereich
§ 1Anwendungsbereich
Zweiter Abschnitt Grundsätze des Vollzugs der Jugendstrafe
§ 2Erziehungsziel und Schutz der Allgemeinheit
§ 3Gestaltung des Vollzugs
§ 4Mitwirkung der Gefangenen
§ 5Leitlinien der Förderung, Maßnahmen
§ 6Stellung der Gefangenen
§ 7Einbeziehung Dritter
Dritter Abschnitt Planung des Vollzugs
§ 8Aufnahme
§ 9Feststellung des Förderbedarfs
§ 10Förderplan
§ 11Verlegung, Überstellung und Ausantwortung
§ 12Sozialtherapie
§ 13Geschlossener Vollzug und vollzugsöffnende Maßnahmen
§ 14Weisungen, Rücknahme und Widerruf
§ 15Verlassen der Anstalt aus wichtigem Anlass
§ 16Entlassungsvorbereitung
§ 17Entlassung und Hilfen
§ 17aBesondere Vorschriften für Gefangene mit vorbehaltener Sicherungsverwahrung
Vierter Abschnitt Unterbringung und Versorgung der Gefangenen
§ 18Unterbringung
§ 19Ausstattung des Haftraums
§ 20Persönlicher Besitz
§ 21Kleidung
§ 22Verpflegung und Einkauf
§ 23Gesundheitsvorsorge
§ 24Medizinische Versorgung
§ 25Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge
§ 26Soziale und psychologische Hilfe
Fünfter Abschnitt Schule, Ausbildung, Weiterbildung und Arbeit
§ 27Schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung, Arbeit
§ 27aAblösung
§ 28Abschluss im Vollzug begonnener Bildungsmaßnahmen
Sechster Abschnitt Freizeit, Sport
§ 29Gestaltung der freien Zeit
§ 30Sport
Siebter Abschnitt Religionsausübung und Seelsorge
§ 31Religionsausübung und Seelsorge
Achter Abschnitt Außenkontakte der Gefangenen
§ 32Grundsätze
§ 33Besuch
§ 34Schriftwechsel
§ 35Telekommunikation
§ 36Pakete
Neunter Abschnitt Anerkennung von Ausbildung und Arbeit, Gelder der Gefangenen
§ 37Vergütung von Ausbildung und Arbeit
§ 38Zusätzliche Anerkennung von Ausbildung und Arbeit
§ 39Hausgeld
§ 40Taschengeld
§ 41Überbrückungsgeld
§ 42Haftkostenbeitrag
§ 43Eigengeld
Zehnter Abschnitt Sicherheit und Ordnung
§ 44Grundsätze, Verhaltensvorschriften
§ 45Absuchung, Durchsuchung und Untersuchung
§ 46Bekämpfung des Suchtmittelmissbrauchs
§ 47Lichtbildausweise
§ 48Festnahmerecht
§ 49Besondere Sicherungsmaßnahmen
§ 50Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, ärztliche Überwachung
§ 51Ersatz von Aufwendungen
Elfter Abschnitt Unmittelbarer Zwang
§ 52Unmittelbarer Zwang
§ 53Schusswaffengebrauch
Zwölfter Abschnitt Erzieherische Maßnahmen, Disziplinarmaßnahmen
§ 54Erzieherische Maßnahmen, Konfliktregelung
§ 55Disziplinarmaßnahmen
§ 56Verfahren und Vollstreckung
Dreizehnter Abschnitt Beschwerde
§ 57Beschwerderecht
Vierzehnter Abschnitt Datenschutz
§ 58Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten
§ 58aÜberprüfung anstaltsfremder Personen
§ 58bÜberprüfung Gefangener, Fallkonferenzen
§ 59Auslesen von Datenspeichern
§ 60Zweckbindung und Übermittlung
§ 61Schutz besonderer Daten
§ 62Abruf durch die Aufsichtsbehörde, gemeinsame Datei, Einrichtung automatisierter Übermittlungs- und Abrufverfahren
§ 63Datensicherung
§ 64Information und Auskunft an die Betroffenen, Akteneinsicht
§ 65Berichtigung, Einschränkung der Verarbeitung und Löschung
Fünfzehnter Abschnitt Fortentwicklung des Vollzugs, kriminologische Forschung
§ 66Fortentwicklung des Vollzugs, kriminologische Forschung
Sechzehnter Abschnitt Aufbau der Anstalten
§ 67Grundsatz
§ 68Anstalten
§ 69Einrichtungen zur schulischen und beruflichen Bildung, Arbeit
§ 70Unterbringung von Gefangenen mit Kindern
§ 71Anstaltsleitung
§ 72Vollzugsbedienstete
§ 73Seelsorgerinnen und Seelsorger
§ 74Mitverantwortung der Gefangenen
§ 75Hausordnung
Siebzehnter Abschnitt Aufsicht über die Anstalten, Beiräte
§ 76Aufsichtsbehörde
§ 77Beiräte
Achtzehnter Abschnitt Schlussvorschriften
§ 78Einschränkung von Grundrechten
§ 79Inkrafttreten

Erster Abschnitt Anwendungsbereich

§ 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Jugendstrafe und den Vollzug der Freiheitsstrafe nach § 114 des Jugendgerichtsgesetzes.

Zweiter Abschnitt Grundsätze des Vollzugs der Jugendstrafe

§ 2 Erziehungsziel und Schutz der Allgemeinheit

(1) Durch den Vollzug der Jugendstrafe sollen die Gefangenen befähigt werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Erziehungsziel).
(2) Der Jugendstrafvollzug dient zugleich dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten. Dies wird durch das Erreichen des Erziehungsziels und durch die sichere Unterbringung und Beaufsichtigung der Gefangenen gewährleistet. Bei der Prüfung von vollzugsöffnenden Maßnahmen sind der Schutz der Allgemeinheit und die Belange des Opferschutzes in angemessener Weise zu berücksichtigen.

§ 3 Gestaltung des Vollzugs

(1) Der Jugendstrafvollzug ist erzieherisch auszugestalten. Die Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie die Bereitschaft zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Lebensführung in Achtung der Rechte anderer sind zu fördern. Die Einsicht der Gefangenen in das Unrecht der Tat und in die beim Opfer verursachten Tatfolgen soll geweckt und durch geeignete Maßnahmen zum Ausgleich der Tatfolgen vertieft werden.
(2) Das Leben im Jugendstrafvollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzugleichen. Dabei sind die Belange der Sicherheit und Ordnung der Anstalt zu beachten. Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken. Der Vollzug wird von Beginn an darauf ausgerichtet, den Gefangenen bei der Eingliederung in ein Leben in Freiheit ohne Straftaten zu helfen.
(3) Bei der Gestaltung des Vollzugs sind der Entwicklungsstand von Jugendlichen, Heranwachsenden und jungen Erwachsenen sowie deren Geschlecht, Lebensverhältnisse und unterschiedliche Bedürfnisse, insbesondere die von Gefangenen mit Behinderungen, einschließlich seelischer und psychischer Beeinträchtigungen, zu berücksichtigen. Bei volljährigen Gefangenen, die sich für den Jugendstrafvollzug nicht eignen, ist auf eine Entscheidung nach § 89b Abs. 1 des Jugendgerichtsgesetzes hinzuwirken.

§ 4 Mitwirkung der Gefangenen

(1) Die Gefangenen sind verpflichtet, am Erreichen des Erziehungsziels mitzuwirken.
(2) Die Bereitschaft der Gefangenen zur Mitwirkung ist zu wecken und zu stärken. Sie kann durch Maßnahmen der Belohnung und Anerkennung gefördert werden, bei denen die Beteiligung an Maßnahmen, wie auch besonderer Einsatz und erreichte Fortschritte angemessen zu berücksichtigen sind. Insbesondere sollen Gefangene, die über keine oder nur geringe Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen, zur Sicherstellung der Durchführung notwendiger vollzuglicher Maßnahmen an angebotenen Deutschkursen teilnehmen.

§ 5 Leitlinien der Förderung, Maßnahmen

(1) Die Förderung erfolgt durch Maßnahmen, welche geeignet sind, die Persönlichkeit, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse der Gefangenen im Hinblick auf das Erreichen des Erziehungsziels zu entwickeln und zu stärken. Hierzu gehört auch die gezielte Vermittlung eines an den verfassungsrechtlichen Grundsätzen ausgerichteten Werteverständnisses.
(2) Durch differenzierte Maßnahmen soll auf den jeweiligen Entwicklungsstand und den unterschiedlichen Förderbedarf der Gefangenen eingegangen werden.
(3) Die Maßnahmen sollen den Gefangenen ermöglichen, sich mit ihrer Straftat und deren Folgen auseinanderzusetzen. Sie umfassen darüber hinaus insbesondere schulische und berufliche Bildung, Arbeitstherapie, soziales Training, Sport und die verantwortliche Gestaltung des alltäglichen Zusammenlebens, der Freizeit sowie der Außenkontakte.
(4) Die Förderung soll zum frühestmöglichen Zeitpunkt beginnen, um die gesamte Vollzugsdauer sinnvoll zu nutzen. Haben Gefangene während der Untersuchungshaft an Fördermaßnahmen teilgenommen, ist darauf hinzuwirken, dass diese im Jugendstrafvollzug fortgesetzt werden.
(5) Für den Widerruf und die Rücknahme von Maßnahmen nach diesem Gesetz gelten die §§ 48 bis 49a des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend, soweit dieses Gesetz keine abweichende Regelung enthält.

§ 6 Stellung der Gefangenen

(1) Die Gefangenen unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Freiheitsbeschränkungen. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind.
(2) Vollzugliche Maßnahmen sollen den Gefangenen erläutert werden.

§ 7 Einbeziehung Dritter

(1) Zum Erreichen des Erziehungsziels arbeiten die Anstalten mit öffentlichen Stellen sowie privaten Organisationen und Personen, die der Eingliederung der Gefangenen förderlich sein können, zusammen.
(2) Die Personensorgeberechtigten und die Träger der öffentlichen Jugendhilfe werden in die Planung und Gestaltung der Erziehung im Vollzug angemessen einbezogen.

Dritter Abschnitt Planung des Vollzugs

§ 8 Aufnahme

(1) Mit den Gefangenen wird unverzüglich ein Aufnahmegespräch geführt, bei dem andere Gefangene nicht zugegen sein dürfen. Dabei wird die aktuelle Lebenssituation erörtert und die Gefangenen werden über ihre Rechte und Pflichten informiert. Ihnen ist die Hausordnung sowie ein Exemplar dieses Gesetzes zugänglich zu machen. Die Gefangenen sind verpflichtet, die für die Aufnahme und die Planung des Vollzugs erforderlichen Angaben über ihre persönlichen Verhältnisse zu machen.
(2) Die Gefangenen werden alsbald ärztlich untersucht. Die Untersuchung erstreckt sich auch auf den geistigen und seelischen Zustand, wenn hierzu Anlass besteht.
(3) Die Personensorgeberechtigten und das für die Mitwirkung in dem Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz zuständige Jugendamt werden von der Aufnahme unverzüglich unterrichtet.
(4) Die Gefangenen sind dabei zu unterstützen, gegebenenfalls notwendige Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige zu veranlassen sowie ihre Habe außerhalb der Anstalt sicherzustellen.
(5) Bei vorheriger Untersuchungshaft sind die dort gewonnenen Erkenntnisse so weit wie möglich zu nutzen, um das Verfahren nach den §§ 8 bis 10 abzukürzen.

§ 9 Feststellung des Förderbedarfs

(1) Nach der Aufnahme werden den Gefangenen das Erziehungsziel sowie die vorhandenen Unterrichts-, Bildungs-, Ausbildungs- und Freizeitmaßnahmen erläutert.
(2) Der Förderbedarf wird in Diagnoseverfahren ermittelt. Die Untersuchungen erstrecken sich auf die Persönlichkeit, die Lebensverhältnisse, die Entwicklung der Straffälligkeit und Umstände der Straftat sowie alle sonstigen Umstände, deren Kenntnis für eine zielführende, erzieherisch ausgerichtete Vollzugsgestaltung und für die Eingliederung nach der Entlassung notwendig erscheint. Erkenntnisse der Jugendgerichtshilfe und der Bewährungshilfe sind einzubeziehen.

§ 10 Förderplan

(1) Aufgrund der Untersuchungen und des festgestellten Förderbedarfs wird innerhalb der ersten vier Wochen nach der Aufnahme ein Förderplan erstellt.
(2) Der Förderplan wird in einer Konferenz (§ 71 Abs. 3) beraten und mit den Gefangenen erörtert. Deren Anregungen und Vorschläge werden angemessen einbezogen.
(3) Der Förderplan wird bei Bedarf, jedenfalls im Abstand von drei Monaten, unter Berücksichtigung der Entwicklung der Gefangenen und in der Zwischenzeit gewonnener Erkenntnisse überprüft, mit den Gefangenen erörtert und fortgeschrieben.
(4) Der Förderplan enthält - je nach Stand des Vollzugs - insbesondere folgende Angaben:
1.
Ausführungen zu den dem Förderplan zugrunde liegenden Annahmen zur Entwicklung des straffälligen Verhaltens sowie der Ziele, Inhalte und Methoden der Förderung,
2.
Art der Unterbringung im Vollzug, insbesondere die Zuordnung zu einer Wohngruppe oder Verlegung in eine sozialtherapeutische Abteilung nach § 12,
3.
Art und Umfang der Teilnahme an schulischen, berufsorientierenden, berufsqualifizierenden oder arbeitstherapeutischen Maßnahmen oder Zuweisung von Arbeit,
4.
Art und Umfang der Teilnahme an therapeutischer Behandlung oder anderen Hilfs- oder Erziehungsmaßnahmen, unter anderem an Maßnahmen zur Gewaltprävention wie einem Anti-Aggressions-Training,
5.
Maßnahmen der Gesundheitsfürsorge,
6.
Art und Umfang der Teilnahme am Sportunterricht,
7.
Art und Umfang der Teilnahme an Freizeitmaßnahmen unter besonderer Berücksichtigung des Sports in der Freizeit,
8.
vollzugsöffnende Maßnahmen,
9.
Maßnahmen zur Pflege der familiären Beziehungen und zur Gestaltung der Außenkontakte,
10.
Mitwirkung an der Alltagsgestaltung in der Anstalt,
11.
Maßnahmen zum Ausgleich von Tatfolgen,
12.
Maßnahmen zur Schuldenregulierung,
13.
Maßnahmen zur Vorbereitung der Entlassung.
(5) Den Gefangenen werden der Förderplan und seine Fortschreibungen ausgehändigt.
(6) Der Förderplan und seine Fortschreibungen werden der Vollstreckungsleitung und, wenn dadurch das Erziehungsziel nicht beeinträchtigt wird, auch den Personensorgeberechtigten bekannt gegeben.

§ 11 Verlegung, Überstellung und Ausanwortung

(1) Die Gefangenen können abweichend vom Vollstreckungsplan (§ 68 Abs. 2 Satz 1) in eine andere Jugendstrafvollzugsanstalt verlegt werden, wenn
1.
sich nach der Erstellung des Förderplans ergibt, dass dieser in einer anderen Anstalt besser umgesetzt werden kann,
2.
das Erreichen des Erziehungsziels oder die Eingliederung nach der Entlassung hierdurch gefördert wird,
3.
eine Störung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt auf andere Weise nicht abgewehrt werden kann,
4.
Gründe der Vollzugsorganisation oder andere wichtige Gründe dies erfordern.
(2) Gefangene dürfen aus wichtigem Grund, insbesondere zu ihrer sicheren Unterbringung oder zur Erleichterung einer schulischen oder beruflichen Maßnahme, in eine andere Jugendstrafvollzugsanstalt oder Justizvollzugsanstalt überstellt werden.
(3) Gefangene dürfen befristet dem Gewahrsam einer Strafverfolgungsbehörde überlassen werden, wenn dies zur Erfüllung der Aufgaben dieser Behörde erforderlich ist (Ausantwortung).
(4) Die Personensorgeberechtigten, das Jugendamt und die Vollstreckungsleitung werden von Verlegungen Gefangener unverzüglich unterrichtet.

§ 12 Sozialtherapie

(1) Gefangene können in einer sozialtherapeutischen Abteilung untergebracht werden, soweit deren besondere therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen zum Erreichen des Erziehungsziels angezeigt sind. In Betracht kommen insbesondere Gefangene, bei denen eine erhebliche Störung der sozialen und persönlichen Entwicklung vorliegt.
(2) Ist eine Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Abteilung aus Gründen, die nicht in der Person der Gefangenen liegen, nicht möglich, sind anderweitige therapeutische Behandlungsmaßnahmen zu treffen.

§ 13 Geschlossener Vollzug und vollzugsöffnende Maßnahmen

(1) Die Gefangenen werden grundsätzlich im geschlossenen Vollzug untergebracht.
(2) Ob das Erziehungsziel durch vollzugsöffnende Maßnahmen besser erreicht werden kann, ist regelmäßig zu prüfen. Sie können gewährt werden, wenn die Gefangenen für die jeweilige Maßnahme geeignet sind, namentlich ihre Persönlichkeit ausreichend gefestigt und nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug der Jugendstrafe entziehen oder die Maßnahmen zur Begehung von Straftaten oder auf andere Weise missbrauchen.
(3) Als vollzugsöffnende Maßnahmen kommen insbesondere in Betracht:
1.
Vollzug in freien Formen, namentlich in besonderen Erziehungseinrichtungen oder in Übergangseinrichtungen freier Träger,
2.
Unterbringung im offenen Vollzug,
3.
regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Anstalt unter Aufsicht von Vollzugsbediensteten (Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht (Freigang),
4.
Verlassen der Anstalt für eine bestimmte Zeit ohne Aufsicht von Vollzugsbediensteten (Ausgang) oder in Begleitung einer von der Anstalt bestimmten Person (Ausgang in Begleitung),
5.
Freistellung aus der Haft bis zu 24 Kalendertagen in einem Vollstreckungsjahr.
Werden vollzugsöffnende Maßnahmen nach Satz 1 nicht gewährt, kann das Verlassen der Anstalt unter ständiger und unmittelbarer Aufsicht für eine bestimmte Tageszeit (Ausführung) gestattet werden. Dies ist ausgeschlossen, wenn
1.
konkrete Anhaltspunkte die Gefahr begründen, dass die Gefangenen sich trotz Sicherungsmaßnahmen dem Vollzug entziehen oder die Ausführung zu Straftaten missbrauchen werden oder
2.
die zur Sicherung erforderlichen Maßnahmen den Zweck der Ausführung gefährden.
(4) Durch vollzugsöffnende Maßnahmen wird die Vollstreckung der Jugendstrafe nicht unterbrochen.
(5) Die Aufsichtsbehörde bestimmt, welche Einrichtungen für eine Unterbringung in freien Formen nach Abs. 3 Nr. 1 zugelassen sind. Vor einer Verlegung in eine solche Einrichtung ist die Vollstreckungsleitung anzuhören.
(6) Hinsichtlich der Einholung von Gutachten zur Vorbereitung der Entscheidung über vollzugsöffnende Maßnahmen gilt § 13 Abs. 8 des Hessischen Strafvollzugsgesetzes entsprechend.

§ 14 Weisungen, Rücknahme und Widerruf

(1) Für vollzugsöffnende Maßnahmen können den Gefangenen Weisungen erteilt werden. Insbesondere können sie angewiesen werden,
1.
Anordnungen zu befolgen, die sich auf Aufenthalt, Ausbildung, Arbeit oder Freizeit oder auf die Ordnung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse beziehen,
2.
sich zu festgesetzten Zeiten bei einer bestimmten Stelle oder Person zu melden,
3.
Kontakte mit bestimmten Personen oder Gruppen zu meiden,
4.
bestimmte Gegenstände nicht zu besitzen,
5.
Alkohol oder andere berauschende Stoffe zu meiden,
6.
in regelmäßigen Abständen Proben zur Überwachung einer Weisung nach Nr. 5 abzugeben.
(2) Vollzugsöffnende Maßnahmen können zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen für ihre Bewilligung nicht vorgelegen haben.
(3) Vollzugsöffnende Maßnahmen können widerrufen werden,
1.
wenn aufgrund nachträglich eingetretener Umstände die Maßnahmen hätten versagt werden können,
2.
die Maßnahmen missbraucht werden oder
3.
Weisungen nicht befolgt werden.

§ 15 Verlassen der Anstalt aus wichtigem Anlass

(1) Aus wichtigem Anlass kann Ausgang oder zusätzlich zu § 13 Abs. 3 Nr. 5 bis zu sieben Tagen Freistellung aus der Haft gewährt werden. Die Beschränkung auf sieben Tage gilt nicht bei einer lebensgefährlichen Erkrankung oder wegen des Todes von Angehörigen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 sowie § 14 gelten entsprechend.
(2) Kann Ausgang oder Freistellung aus der Haft aus den in § 13 Abs. 2 Satz 2 genannten Gründen nicht gewährt werden, können die Gefangenen mit ihrer Zustimmung ausgeführt werden, sofern nicht die in § 13 Abs. 3 Satz 3 genannten Gründe entgegenstehen. Die Kosten der Ausführung können den Gefangenen auferlegt werden, wenn dies das Erreichen des Erziehungsziels nicht behindert.
(3) Ausführungen, insbesondere aus medizinischen Gründen oder zur Beschaffung von Ausweisdokumenten, sind auch ohne Zustimmung der Gefangenen zulässig, wenn dies aus besonderem Grund notwendig ist. Auf Ersuchen eines Gerichts erfolgt eine Vorführung.

§ 16 Entlassungsvorbereitung

(1) Die Anstalt arbeitet frühzeitig, spätestens sechs Monate vor dem voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt, darauf hin, dass die Gefangenen über eine geeignete Unterbringung und eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle verfügen sowie bei Bedarf in nachsorgende Maßnahmen vermittelt werden. Hierbei arbeitet sie mit Dritten (§ 7), insbesondere der Bewährungshilfe, den Führungsaufsichtsstellen, der Jugendgerichtshilfe und der freien Straffälligenhilfe, zum Zwecke der sozialen und beruflichen Eingliederung der Gefangenen zusammen. Die Bewährungshilfe ist zu einer solchen Zusammenarbeit schon während des Vollzugs verpflichtet, um einen bestmöglichen Übergang der Betreuung zu gewährleisten. Die Personensorgeberechtigten und die Jugendämter werden rechtzeitig unterrichtet.
(2) Zur Vorbereitung der Entlassung sollen vollzugsöffnende Maßnahmen gewährt werden. § 13 Abs. 2 bis 4 und § 14 gelten entsprechend.
(3) Den Gefangenen kann nach Anhörung der Vollstreckungsleitung Freistellung aus der Haft zur Entlassungsvorbereitung von insgesamt bis zu sechs Monaten gewährt werden. § 13 Abs. 2 und 4 gilt entsprechend. Freistellung aus der Haft nach § 13 Abs. 3 Nr. 5 wird hierauf angerechnet. Den Gefangenen sind geeignete Weisungen nach § 14 Abs. 1 zu erteilen. Die Gewährung kann davon abhängig gemacht werden, dass die Überwachung erteilter Weisungen mit Einwilligung der Gefangenen durch den Einsatz elektronischer Überwachungssysteme ("elektronische Fußfessel") unterstützt wird. Während der Entlassungsfreistellung werden die Gefangenen durch die Anstalt betreut.

§ 17 Entlassung und Hilfen

(1) Die Gefangenen sollen am letzten Tag ihrer Strafzeit möglichst frühzeitig, jedenfalls noch am Vormittag, entlassen werden. Fällt das Strafende auf einen Sonnabend, Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag, den ersten Werktag nach Ostern oder Pfingsten oder in die Zeit vom 22. Dezember bis zum 2. Januar, so können die Gefangenen an dem diesem Tag oder Zeitraum vorhergehenden Werktag entlassen werden, wenn dies nach der Länge der Strafzeit vertretbar ist und andere Gründe nicht entgegenstehen. Der Entlassungszeitpunkt kann unbeschadet von Satz 2 bis zu zwei Tage vorverlegt werden, wenn die Gefangenen zu ihrer Eingliederung oder aus anderen dringenden Gründen hierauf angewiesen sind.
(2) Bedürftigen Gefangenen kann eine Entlassungsbeihilfe, insbesondere ein Reisekostenzuschuss oder angemessene Kleidung gewährt werden.
(3) Auf Antrag kann die Anstalt den Gefangenen auch eine nachgehende Betreuung gewähren, wenn dies ihrer besseren Eingliederung dient und die Betreuung nicht anderweitig durchgeführt werden kann.

§ 17a Besondere Vorschriften für Gefangene mit vorbehaltener Sicherungsverwahrung

Ist bei Gefangenen im Vollzug der Jugendstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, gelten die §§ 66 und 67 sowie § 68 Abs. 1 bis 6 des Hessischen Strafvollzugsgesetzes entsprechend mit der Maßgabe, dass im Übrigen die Vorschriften dieses Gesetzes gelten. § 7 Abs. 3 des Jugendgerichtsgesetzes bleibt unberührt.

Vierter Abschnitt Unterbringung und Versorgung der Gefangenen

§ 18 Unterbringung

(1) Die Gefangenen werden regelmäßig in Wohngruppen untergebracht, die entsprechend dem individuellen Entwicklungsstand und Förderbedarf zu bilden sind.
(2) Gefangene, die aufgrund ihres Verhaltens nicht gruppenfähig sind, eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder für die Mitgefangenen darstellen oder die Freiräume der Wohngruppe oder von einzelnen Maßnahmen wiederholt missbraucht haben, können aus der Wohngruppe ausgeschlossen werden. Eine Wiederzulassung erfolgt, wenn die in Satz 1 genannten Gründe nicht mehr vorliegen. Davon unberührt bleiben Maßnahmen nach den §§ 54 und 55.
(3) In der Wohngruppe sollen insbesondere Werte, die ein sozialverträgliches Zusammenleben ermöglichen, gewaltfreie Konfliktlösungen, gegenseitige Toleranz und Verantwortung für den eigenen Lebensbereich vermittelt und eingeübt werden.
(4) Während der Ruhezeit werden die Gefangenen einzeln im Haftraum untergebracht. Soweit eine schädliche Beeinflussung der Gefangenen nicht zu befürchten ist, kann eine gemeinsame Unterbringung erfolgen, wenn
1.
die Gefangenen der gemeinsamen Unterbringung zustimmen,
2.
die Gefangenen im offenen Vollzug untergebracht sind,
3.
sich die Gefangenen im Justizvollzugskrankenhaus oder auf einer Kranken- oder Pflegestation einer Anstalt befinden,
4.
für Gefangene eine Gefahr für Leben oder Gesundheit oder eine Hilfsbedürftigkeit besteht und die anderen von einer gemeinsamen Unterbringung betroffenen Gefangenen dieser zustimmen oder
5.
dies aus wichtigen Gründen, insbesondere zur Überwindung einer Notlage, zur Bewältigung von Belegungsspitzen oder zur Durchführung von Baumaßnahmen, auch in anderen Anstalten, erforderlich ist und für die betroffenen Gefangenen einen Zeitraum von sechs Monaten nicht überschreitet.
Eine Belegung mit mehr als drei Gefangenen in einem Haftraum ist unzulässig.

§ 19 Ausstattung des Haftraums

(1) Die Gefangenen dürfen ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Gegenständen ausstatten. Die Übersichtlichkeit des Haftraums darf nicht behindert und Kontrollen nach § 45 Abs. 1 dürfen nicht unzumutbar erschwert werden.
(2) Gegenstände, deren Besitz, Überlassung oder Benutzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist oder die geeignet sind, das Erreichen des Erziehungsziels oder die Sicherheit oder die Ordnung der Anstalt zu gefährden, sind ausgeschlossen.

§ 20 Persönlicher Besitz

(1) Gefangene dürfen Gegenstände nur mit Erlaubnis der jeweiligen Anstalt in diese einbringen, einbringen lassen, annehmen, besitzen oder abgeben. Die Erlaubnis ist, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, bei Gegenständen im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 zu versagen, zurückzunehmen oder zu widerrufen. Sie erlischt, wenn Gefangene an Gegenständen Veränderungen vornehmen, die geeignet sind, die Sicherheit oder die Ordnung der Anstalt zu gefährden. Die Erlaubnis kann auf bestimmte Bereiche der Anstalt beschränkt werden. Die Erteilung oder das Fortbestehen einer Erlaubnis kann insbesondere bei Elektrogeräten von auf Kosten der Gefangenen vorzunehmenden Sicherheitsmaßnahmen abhängig gemacht werden. Ohne Erlaubnis dürfen sie Gegenstände von geringem Wert von anderen Gefangenen annehmen; die Anstalt kann Annahme und Besitz auch dieser Gegenstände von ihrer Erlaubnis abhängig machen oder weitere Ausnahmen zulassen.
(2) Eingebrachte Gegenstände, die die Gefangenen nicht in Besitz haben dürfen, sind für sie aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Andernfalls ist den Gefangenen Gelegenheit zu geben, die Gegenstände außerhalb der Anstalt aufbewahren zu lassen. Das Gleiche gilt für Gegenstände, die die Gefangenen während des Vollzugs und für ihre Entlassung nicht benötigen.
(3) Werden Gegenstände, deren Aufbewahrung nach Art oder Umfang nicht zumutbar ist, von den Gefangenen trotz Aufforderung nicht aus der Anstalt verbracht, so darf die Anstalt diese Gegenstände auf Kosten der Gefangenen außerhalb der Anstalt verwahren, verwerten oder vernichten. Für die Voraussetzungen und das Verfahren der Verwertung und Vernichtung gilt § 42 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung, für die Inanspruchnahme der Kosten gilt § 51 Abs. 2 und 3 entsprechend.

§ 21 Kleidung

(1) Die Gefangenen tragen Anstaltskleidung.
(2) Das Tragen eigener Kleidung kann durch die Anstaltsleitung gestattet werden. Für deren Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel haben die Gefangenen selbst zu sorgen. § 19 Abs. 2 gilt entsprechend.

§ 22 Verpflegung und Einkauf

(1) Die Gefangenen erhalten Verpflegung durch die Anstalt. Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung müssen den besonderen Anforderungen an eine gesunde Ernährung junger Menschen entsprechen und ärztlich überwacht werden. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Den Gefangenen ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen.
(2) Die Gefangenen können von ihrem Hausgeld (§ 39) oder Taschengeld (§ 40) oder insoweit zweckgebundenem Eigengeld (§ 43 Abs. 2) aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot einkaufen. Die Anstalt soll für ein Angebot sorgen, das auf Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen Rücksicht nimmt.
(3) Verfügen Gefangene ohne eigenes Verschulden nicht über Haus- oder Taschengeld, kann ihnen gestattet werden, in angemessenem Umfang vom Eigengeld (§ 43) einzukaufen.

§ 23 Gesundheitsvorsorge

(1) Die Bedeutung einer gesunden Lebensführung ist den Gefangenen in geeigneter Form zu vermitteln. Sie sind insbesondere über die schädlichen Wirkungen des Suchtmittelkonsums aufzuklären. Die Gefangenen haben an Maßnahmen zum allgemeinen Gesundheitsschutz und zur Hygiene mitzuwirken; sofern dies zu den vorgenannten Zwecken unerlässlich ist, kann den Gefangenen auch ein Mundschutz angelegt werden.
(2) Die Anstalt kann Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene treffen.
(3) Das Rauchen in allen gemeinschaftlich genutzten Räumen der Anstalt ist untersagt.
(4) Den Gefangenen wird an Werktagen ein Aufenthalt im Freien von mindestens einer Stunde, an arbeitsfreien Tagen von mindestens zwei Stunden ermöglicht, wenn die Witterung dem nicht zwingend entgegensteht.

§ 24 Medizinische Versorgung

(1) Gefangene haben einen Anspruch auf notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Versorgung unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit. Der Anspruch umfasst auch Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten und Vorsorgeleistungen. Die Beurteilung der Notwendigkeit orientiert sich an der Versorgung der gesetzlich Versicherten.
(2) Der Anspruch umfasst weiter die Versorgung mit Hilfsmitteln nach § 33 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch, sofern dies nicht mit Rücksicht auf die Kürze des Freiheitsentzugs unangemessen ist.
(3) An den Kosten für Leistungen nach Abs. 1 und 2 können Gefangene in angemessenem Umfang beteiligt werden, höchstens jedoch bis zum Umfang der Beteiligung vergleichbarer gesetzlich Versicherter. Für die Beteiligung an den Kosten gilt § 51 Abs. 2 Satz 2 entsprechend.
(4) Kranke oder hilfsbedürftige Gefangene können in eine zur Behandlung ihrer Krankheit oder ihrer Versorgung besser geeignete Justizvollzugsanstalt oder in ein Justizvollzugskrankenhaus überstellt oder verlegt werden. Erforderlichenfalls können Gefangene auch in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs gebracht werden.
(5) Während eines Ausgangs oder einer Freistellung nach § 13 Abs. 3 Nr. 5 oder § 16 Abs. 3 Satz 1 haben Gefangene nur einen Anspruch auf medizinische Versorgung in der für sie zuständigen Anstalt.
(6) Der Anspruch auf medizinische Versorgung ruht, solange Gefangene aufgrund eines freien Beschäftigungsverhältnisses krankenversichert sind.
(7) Wird die Strafvollstreckung während einer Behandlung von Gefangenen außerhalb einer Einrichtung des Justizvollzugs unterbrochen oder beendet, so hat die Anstalt nur die Kosten zu tragen, die bis zu diesem Zeitpunkt angefallen sind.
(8) Bei schwerer Erkrankung oder Tod von Gefangenen werden die der Anstalt bekannten nächsten Angehörigen, insbesondere die Personensorgeberechtigten, unverzüglich benachrichtigt, im Falle der schweren Erkrankung nur, wenn die Gefangenen hierin eingewilligt haben. Dem Wunsch der Gefangenen, auch andere Personen zu benachrichtigen, soll nach Möglichkeit entsprochen werden. Die Gefangenen sind bei Aufnahme über die Möglichkeit einer Einwilligung zu belehren.

§ 25 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

(1) Medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Ernährung sind zwangsweise gegen den natürlichen Willen Gefangener nur zulässig bei
1.
Lebensgefahr,
2.
erheblicher Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung der Gesundheit der Gefangenen oder
3.
erheblicher Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung der Gesundheit anderer Personen.
(2) Zwangsmaßnahmen nach Abs. 1 dürfen nur angeordnet werden, wenn
1.
erfolglos versucht worden ist, die auf Vertrauen gegründete Zustimmung der Gefangenen zu der Untersuchung, Behandlung oder Ernährung zu erwirken,
2.
deren Anordnung den Gefangenen angekündigt wurde und sie über Art, Umfang und Dauer der Maßnahmen durch eine Ärztin oder einen Arzt aufgeklärt wurden,
3.
die Maßnahme zur Abwendung der Lebens- oder Gesundheitsgefahr geeignet, erforderlich, für die Betroffenen nicht mit unverhältnismäßigen Belastungen und Folgen verbunden ist und mildere Mittel keinen Erfolg versprechen und
4.
der zu erwartende Nutzen der Maßnahmen den möglichen Schaden der Nichtbehandlung deutlich überwiegt.
(3) Zur Durchführung von Zwangsmaßnahmen in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 und 2 ist die Anstalt nicht berechtigt, solange von einer freien Willensbestimmung der Gefangenen ausgegangen werden kann. Liegen Anhaltspunkte vor, dass Gefangene zur Einsicht in die Notwendigkeit von medizinischen Behandlungsmaßnahmen oder zum Handeln gemäß solcher Einsicht krankheitsbedingt nicht fähig sind, hat die Anstalt bei dem zuständigen Gericht unverzüglich die Bestellung einer Betreuung von Amts wegen anzuregen. Die Entscheidung des Gerichts ist abzuwarten.
(4) Zwangsmaßnahmen nach Abs. 1 werden durch eine Ärztin oder einen Arzt angeordnet, geleitet und überwacht. Die Anordnung bedarf der Zustimmung der Anstaltsleitung. Die Gründe für die Anordnung der Maßnahmen nach Abs. 1, das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 2 sowie die ergriffenen Maßnahmen, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise, der Wirkungsüberwachung sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren.
(5) Anordnungen nach Abs. 4 sind den Gefangenen unverzüglich bekannt zu geben. Sie sind darüber zu belehren, dass sie gegen die Anordnung Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen und bei Gericht um einstweiligen Rechtsschutz ersuchen können. Mit dem Vollzug einer Anordnung ist zuzuwarten, bis die Gefangenen Gelegenheit hatten, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.
(6) Von den Anforderungen nach Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 3 Satz 3 und Abs. 5 Satz 3 kann abgesehen werden, wenn Gefahr im Verzug besteht.
(7) Zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes und der Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung der Gefangenen zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist.

§ 26 Soziale und psychologische Hilfe

(1) Die Beratungs-, Betreuungs- und Behandlungsmaßnahmen der Anstalt sind darauf auszurichten, Persönlichkeitsdefizite der Gefangenen abzubauen, ihre Entwicklung zu fördern sowie sie zu befähigen, ihre persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten eigenständig zu bewältigen und ihre Entlassung vorzubereiten; dabei ist der Pflege familiärer Beziehungen besonderes Gewicht beizumessen. Dazu gehört auch, den durch die Straftat verursachten Schaden wiedergutzumachen, eine Schuldenregulierung herbeizuführen und Unterhaltsverpflichtungen nachzukommen. Unter anderem sind für alle Gefangenen, für die dies erforderlich ist, Suchtberatung und Maßnahmen zur Gewaltprävention vorzusehen. Gefangene sind hinsichtlich der Mitgliedschaft in einer Sozialversicherung und deren Leistungen für die Zeit während der Haft und nach der Haft zu beraten.
(2) Soweit Gefangene psychologischer oder psychotherapeutischer Behandlung oder Betreuung bedürfen, werden nach diagnostischer Abklärung die erforderlichen und geeigneten Maßnahmen durchgeführt.

Fünfter Abschnitt Schule, Ausbildung, Weiterbildung und Arbeit

§ 27 Schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung, Arbeit

(1) Maßnahmen der schulischen und beruflichen Aus- und Weiterbildung kommen im Jugendstrafvollzug besondere Bedeutung zu. Diese Maßnahmen sowie arbeitstherapeutische Beschäftigung und Arbeit dienen insbesondere dem Ziel, die Persönlichkeit der Gefangenen zu entwickeln und die Fähigkeit zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern.
(2) Die Gefangenen sind vorrangig zur Teilnahme an schulischen und beruflichen Orientierungs-, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen oder speziellen Maßnahmen zur Förderung ihrer schulischen, beruflichen und persönlichen Entwicklung verpflichtet. Im Übrigen sind sie zu Arbeit, arbeitstherapeutischer oder sonstiger Beschäftigung verpflichtet, wenn sie dazu in der Lage sind. Die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes vom 23. Mai 2017 (BGBl. I S. 1228), geändert durch Gesetz vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2652), über die Gestaltung des Arbeitsplatzes und die Beschäftigungsverbote finden entsprechende Anwendung.
(3) Die Maßnahmen zur schulischen und beruflichen Bildung haben sich an der voraussichtlichen Dauer der Inhaftierung sowie den außerhalb der Anstalt geltenden Anforderungen auszurichten. Die Gefangenen sollen nach der Entlassung auf den erworbenen Qualifikationen aufbauen können. Mit den zuständigen Stellen ist rechtzeitig zusammenzuarbeiten.
(4) Zur Vorbereitung oder Durchführung von Maßnahmen nach Abs. 2 sind Gefangene, die nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen, zur Teilnahme an Deutschkursen verpflichtet.
(5) Arbeitenden Gefangenen soll die Anstalt dem Erziehungsziel förderliche Arbeit zuweisen und dabei ihre Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen berücksichtigen. Kann arbeitsfähigen Gefangenen eine solche Arbeit nicht zugewiesen oder die Teilnahme an Ausbildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen nicht ermöglicht werden, wird ihnen eine angemessene Beschäftigung zugeteilt.
(6) Den Gefangenen soll nach Maßgabe des § 13 Abs. 2 gestattet werden, einer schulischen oder beruflichen Aus- und Weiterbildung, Umschulung oder Arbeit außerhalb der Anstalt im Rahmen des Freigangs nach § 13 Abs. 3 Nr. 3 nachzugehen. Die Anstalt kann verlangen, dass ihr den Gefangenen zustehende Entgelte zur Gutschrift für diese überwiesen werden.
(7) Die Zeugnisse oder Nachweise über eine Bildungsmaßnahme dürfen keinen Hinweis auf die Inhaftierung enthalten.
(8) Haben die Gefangenen sechs Monate lang zusammenhängend Tätigkeiten nach Abs. 2 ausgeübt, werden sie hiervon auf Antrag zehn Arbeitstage freigestellt. Dabei werden Zeiten, in denen die Gefangenen infolge Krankheit verhindert waren, bis zur Dauer von drei Wochen im halben Jahr als Beschäftigungszeiten angerechnet. Sonstige Fehlzeiten hemmen den Ablauf des Zeitraums nach Satz 1. Gefangene erhalten für die Zeit der Freistellung nach Satz 1 die zuletzt gezahlten Bezüge weiter. Der Anspruch auf Freistellung verfällt, wenn die Freistellung nicht innerhalb eines halben Jahres nach seiner Entstehung in Anspruch genommen wurde. Auf die Zeit der Freistellung nach Satz 1 wird Freistellung aus der Haft nach § 13 Abs. 3 Nr. 5 angerechnet, soweit sie in die Arbeitszeit fällt.

§ 27a Ablösung

(1) Gefangene können von einer zugewiesenen Maßnahme nach § 27 Abs. 2 abgelöst werden, wenn
1.
sie den Anforderungen nicht gewachsen sind,
2.
sie die Aufnahme oder Ausübung der Beschäftigung verweigern,
3.
dies zur Erreichung des Erziehungsziels unerlässlich ist oder
4.
dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerlässlich ist.
(2) Werden Gefangene nach Abs. 1 Nr. 2 oder aufgrund ihres Verhaltens nach Abs. 1 Nr. 4 abgelöst, gelten sie für drei Monate als verschuldet ohne Beschäftigung.
(3) Eine Ablösung von einer zugewiesenen Tätigkeit nach § 27 Abs. 2 ist nach Abs. 1 Nr. 4 auch zeitlich beschränkt für die Dauer von bis zu vier Wochen möglich.

§ 28 Abschluss im Vollzug begonnener Bildungsmaßnahmen

(1) Die Anstalt kann Gefangenen auf Antrag gestatten, nach Entlassung eine im Vollzug begonnene Bildungsmaßnahme fortzuführen und abzuschließen, soweit
1.
dies anderweitig nicht möglich oder nicht zumutbar ist,
2.
dies zum Erreichen des Erziehungsziels erforderlich ist,
3.
der Abschluss der Maßnahme in einem engen zeitlichen Zusammenhang zum Entlassungszeitpunkt steht und
4.
Gründe der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt dem nicht entgegenstehen.
Hierzu können sie ausnahmsweise freiwillig über den Entlassungszeitpunkt hinaus in einer Anstalt verbleiben oder wieder aufgenommen werden, sofern es die Belegungssituation zulässt.
(2) Für diese Personen gelten die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend mit der Maßgabe, dass Maßnahmen des Vollzugs nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden können. Das Hausrecht bleibt hiervon unberührt.
(3) Bei Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt kann die Gestattung jederzeit widerrufen werden.

Sechster Abschnitt Freizeit, Sport

§ 29 Gestaltung der freien Zeit

(1) Die Ausgestaltung der Freizeit orientiert sich am Erziehungsziel und dient zugleich der Vorbereitung der eigenverantwortlichen und sinnvollen Freizeitgestaltung nach der Entlassung. Die Gefangenen sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Maßnahmen der Freizeitgestaltung zu motivieren und anzuleiten.
(2) Die Anstalt hat eine angemessen ausgestattete Bücherei vorzuhalten. Die Gefangenen dürfen auf eigene Kosten Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Anstalt beziehen. § 19 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend. Ausgeschlossen sind Zeitungen und Zeitschriften, deren Verbreitung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist. Einzelne Ausgaben oder Teile von Zeitungen oder Zeitschriften können den Gefangenen vorenthalten werden, wenn sie das Erziehungsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erheblich gefährden.
(3) Den Gefangenen ist Gelegenheit zu geben, am Fernseh- und Hörfunkempfang teilzunehmen.
(4) Die Gefangenen dürfen eigene Hörfunkgeräte sowie in angemessenem Umfang Bücher und andere Gegenstände zur Fortbildung oder zur Freizeitbeschäftigung besitzen. Fernsehgeräte in den Hafträumen können unter Vermittlung der Anstalt zugelassen werden. Andere elektronische Medien können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Nutzung dem Erziehungsziel dient. § 19 gilt entsprechend.
(5) Der Hörfunk- und Fernsehempfang kann vorübergehend ausgesetzt oder einzelnen Gefangenen untersagt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerlässlich ist.

§ 30 Sport

Der sportlichen Betätigung kommt im Jugendstrafvollzug besondere Bedeutung zu. Sie kann neben der sinnvollen Freizeitgestaltung auch zur gezielten Persönlichkeitsförderung eingesetzt werden. Hierfür sind ausreichende Maßnahmen vorzuhalten, die den Gefangenen zumindest die Teilnahme an Sporteinheiten von insgesamt zwei Stunden Dauer wöchentlich ermöglichen. Sportmöglichkeiten im Rahmen der Freistunde nach § 23 Abs. 4 bleiben davon unberührt.

Siebter Abschnitt Religionsausübung und Seelsorge

§ 31 Religionsausübung und Seelsorge

(1) Den Gefangenen ist eine seelsorgerische und religiöse Betreuung durch ihre Religionsgemeinschaft zu ermöglichen. Auf ihren Wunsch ist ihnen zu helfen, mit der Seelsorge ihrer Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.
(2) Den Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen. § 19 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend. Grundlegende religiöse Schriften dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.
(3) Die Gefangenen haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen. Zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft werden Gefangene zugelassen, wenn deren Seelsorgerin oder Seelsorger einwilligt. Gefangene können von der Teilnahme ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist; die Seelsorgerin oder der Seelsorger soll vorher gehört werden.
(4) Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten Abs. 1 bis 3 entsprechend.

Achter Abschnitt Außenkontakte der Gefangenen

§ 32 Grundsätze

(1) Die Gefangenen haben das Recht, mit Personen außerhalb der Anstalt im Rahmen der Vorschriften dieses Abschnitts zu verkehren. Der Kontakt mit Personen, von denen ein günstiger Einfluss erwartet werden kann, wird gefördert.
(2) Die Anstaltsleitung kann im Einzelfall den Kontakt untersagen
1.
zu bestimmten Personen, wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
2.
wenn zu befürchten ist, dass der Kontakt geeignet ist, Bestrebungen im Sinne von § 2 Abs. 2 des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes in seiner jeweils geltenden Fassung oder entsprechende Verhaltensweisen zu fördern,
3.
zu Opfern der Straftat, wenn zu befürchten ist, dass der Kontakt schädliche Auswirkungen auf diese hat, oder wenn die Untersagung eines Kontakts sonst aus Gründen des Opferschutzes geboten erscheint,
4.
wenn Personensorgeberechtigte nicht einverstanden sind oder
5.
im Übrigen zu Personen, die nicht Angehörige der oder des Gefangenen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs sind, wenn zu befürchten ist, dass sie einen schädlichen Einfluss auf die Gefangene oder den Gefangenen haben oder deren Eingliederung behindern würden oder der Kontakt geeignet ist, auf eine extremistische Verhaltensweise hinzuwirken.
(3) Besuche von und Schriftverkehr mit Verteidigerinnen und Verteidigern und Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes sind zu gewährleisten und alle Kontakte mit ihnen dürfen nicht überwacht werden. § 148 Abs. 2 und § 148a der Strafprozessordnung gelten entsprechend. Satz 1 gilt entsprechend für bevollmächtigte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Notarinnen und Notare in die Gefangenen betreffenden Rechtssachen.
(4) Nicht überwacht werden auch Kontakte mit den in § 119 Abs. 4 Satz 2 der Strafprozessordnung genannten Personen und Stellen, soweit
1.
bei mündlicher Kommunikation die Identität der Kontaktperson zweifelsfrei feststeht,
2.
ausgehende Schreiben an den jeweiligen Dienstsitz gerichtet sind und den Absender zutreffend angeben oder
3.
bei eingehenden Schreiben begründete Zweifel an der Identität des Absenders nicht vorliegen oder auf andere Weise als durch Überwachung ausgeräumt werden können.
(5) Die Kosten für Telekommunikation sowie abgehende Schreiben oder Pakete tragen die Gefangenen. Sind sie hierzu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.

§ 33 Besuch

(1) Die Gefangenen dürfen regelmäßig Besuch empfangen. Die Gesamtdauer beträgt mindestens vier Stunden im Monat, auf die auch Zeiten der Videotelekommunikation angerechnet werden. Besuche von Kindern der Gefangenen sind besonders zu fördern.
(2) Besuche sollen darüber hinaus ermöglicht werden, wenn sie dem Erreichen des Erziehungsziels dienen oder zur Wahrnehmung wichtiger persönlicher, familiärer, rechtlicher oder sonstiger Angelegenheiten erforderlich sind. Kontakte der Gefangenen zu ihren Kindern werden besonders gefördert.
(3) Aus Gründen der Sicherheit kann ein Besuch, auch in den Fällen des § 32 Abs. 3 und 4, davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucherin oder der Besucher absuchen oder durchsuchen lässt. § 45 Abs. 1 gilt entsprechend.
(4) Abgesehen von den Fällen des § 32 Abs. 3 und 4 dürfen Besuche aus erzieherischen Gründen oder aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt offen überwacht werden; die Überwachung erstreckt sich hierbei sowohl auf die Gefangenen als auch auf deren Besuch. Die Unterhaltung darf nur überwacht werden, soweit dies im Einzelfall aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist, und, soweit sie besondere Kategorien personenbezogener Daten nach § 41 Nr. 15 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes zum Gegenstand hat, unbedingt erforderlich ist. Ein Besuch darf abgebrochen werden, wenn Beteiligte gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder die aufgrund dieses Gesetzes getroffenen Anordnungen trotz Ermahnung verstoßen. Dies gilt auch, wenn Verhaltensweisen von Besuchspersonen geeignet sind, einen schädlichen Einfluss auf die Gefangenen auszuüben. Einer Ermahnung bedarf es nicht, wenn es unerlässlich ist, den Besuch sofort abzubrechen. Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis übergeben werden. Dies gilt nicht für die bei dem Besuch von Verteidigerinnen und Verteidigern und Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes sowie Personen nach § 32 Abs. 4 übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen.
(5) Die optische Überwachung eines Besuchs kann auch durch technische Hilfsmittel erfolgen, insbesondere durch optisch-elektronische Einrichtungen (Videoüberwachung). Die Aufzeichnung und Speicherung von nach Satz 1 erhobenen Daten sind zulässig, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks unbedingt erforderlich sind. Die betroffenen Personen sind auf Maßnahmen nach Satz 1 und 2 vorher hinzuweisen. Die Anstalt kann die Nutzung einer Trennvorrichtung anordnen, wenn dies zum Schutz von Personen oder zur Verhinderung einer Übergabe von Gegenständen erforderlich ist. Eine Erforderlichkeit ist insbesondere in der Regel anzunehmen, wenn ein Fall des § 46 Abs. 3 vorliegt oder Gefangene aus anderen Gründen im Verdacht stehen, unerlaubt Suchtmittel zu besitzen oder solche konsumiert zu haben oder bei den Gefangenen Gegenstände gefunden wurden, die zu nicht gestatteten Außenkontakten genutzt werden können.

§ 34 Schriftwechsel

(1) Die Gefangenen haben das Recht, Schreiben abzusenden und zu empfangen. Sie haben Absendung und Empfang ihrer Schreiben durch die Anstalt vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist.
(2) Abgesehen von den Fällen des § 32 Abs. 3 und 4 darf der Schriftwechsel überwacht werden, soweit es aus erzieherischen Gründen oder aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unbedingt erforderlich ist; Gefangene sind auf entsprechende Maßnahmen bei Aufnahme hinzuweisen. Besteht der Verdacht, dass ein Schreiben, das nach § 32 Abs. 3 und 4 keiner Überwachung unterliegt, unzulässige Einlagen enthält, so wird dieses mit dem Einverständnis und im Beisein der Gefangenen einer Sichtkontrolle ohne Kenntnisnahme des gedanklichen Inhalts unterzogen, andernfalls an den Absender zurückgesandt oder den Gefangenen zurückgegeben.
(3) Eingehende und ausgehende Schreiben sind umgehend, fristgebundene unverzüglich weiterzuleiten. Davon abweichend soll die Anstaltsleitung Schreiben anhalten, wenn
1.
einer der in § 32 Abs. 2 genannten Gründe vorliegt,
2.
der Inhalt des Schreibens einen Straf- oder Bußgeldtatbestand erfüllt oder im Falle der Weiterleitung erfüllen würde,
3.
sie grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen von Anstaltsverhältnissen enthalten,
4.
sie in Geheimschrift, unlesbar, unverständlich oder ohne zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefasst sind.
Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn die Gefangenen auf der Absendung bestehen. Ist ein Schreiben angehalten worden, wird das den Gefangenen mitgeteilt. Angehaltene Schreiben werden an die Absender zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich oder aus besonderen Gründen untunlich ist, von der Anstalt verwahrt.

§ 35 Telekommunikation

(1) Den Gefangenen kann gestattet werden, Telefongespräche zu führen. Aus wichtigen Gründen können sie andere Telekommunikationsmittel durch Vermittlung und unter Aufsicht der Anstalt nutzen.
(2) Für Telefongespräche und sonstige Kommunikation im Sinne des Abs. 1 gilt § 33 Abs. 4 entsprechend. Findet danach eine Überwachung statt, so sind die Gefangenen und die anderen Gesprächsbeteiligten vor Beginn der Überwachung hierauf hinzuweisen. Für schriftliche Kommunikation gelten die Vorschriften über den Schriftwechsel entsprechend.
(3) Ist ein Telekommunikationssystem eingerichtet, kann außer in den Fällen des § 32 Abs. 3 und 4 die Teilnahme daran davon abhängig gemacht werden, dass die Gefangenen und die anderen Gesprächsbeteiligten in eine mögliche stichprobenartige Überwachung der Telekommunikation, auch zur Feststellung der Identität der Gesprächsbeteiligten, einwilligen. Die Gesprächsbeteiligten sind auf die mögliche Überwachung unmittelbar nach Herstellung der Verbindung hinzuweisen.
(4) Gefangenen ist der Besitz und Betrieb von Mobilfunkendgeräten und sonstigen Telekommunikationsanlagen auf dem Gelände der Anstalt untersagt. Die Anstalt darf technische Geräte zur Feststellung, Störung oder Unterdrückung von Frequenzen betreiben, die der Herstellung unerlaubter Telekommunikation auf dem Anstaltsgelände, insbesondere des Mobilfunkverkehrs, dienen. Frequenznutzungen außerhalb des Geländes der Anstalten dürfen nicht erheblich gestört werden.

§ 36 Pakete

(1) Der Empfang von Paketen bedarf der Erlaubnis der Anstalt. Sie kann Zeitpunkt und Höchstmenge für die Sendung und für einzelne Gegenstände festsetzen. Der Empfang von Paketen mit Nahrungs- und Genussmitteln ist den Gefangenen nicht gestattet. Für den Ausschluss von Gegenständen gilt § 19 Abs. 2 entsprechend. Der Empfang von Paketen kann versagt werden, wenn dies wegen Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerlässlich ist.
(2) Pakete sind in Gegenwart der Gefangenen zu öffnen. Ausgeschlossene Gegenstände können zu ihrer Habe genommen oder dem Absender zurückgesandt werden. Sie dürfen vernichtet werden, wenn bei der Versendung oder Aufbewahrung Personen verletzt oder Sachschäden verursacht werden können oder wenn sie leicht verderblich sind. Die hiernach getroffenen Maßnahmen werden den Gefangenen eröffnet.
(3) Den Gefangenen kann gestattet werden, Pakete zu versenden. Die Anstalt kann ihren Inhalt aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überprüfen.

Neunter Abschnitt Anerkennung für Ausbildung und Arbeit, Gelder der Gefangenen

§ 37 Vergütung von Ausbildung und Arbeit

(1) Gefangene, die während der Arbeitszeit ganz oder teilweise an einer Maßnahme nach § 27 Abs. 2 Satz 1 teilnehmen, erhalten hierfür eine Ausbildungsbeihilfe, soweit kein Anspruch auf andere Leistungen besteht, die freien Personen aus solchem Anlass zustehen. Wer eine Tätigkeit nach § 27 Abs. 2 Satz 2 ausübt, erhält Arbeitsentgelt.
(2) Der Bemessung der Vergütung nach Abs. 1 sind neun Prozent der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch zugrunde zu legen (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung; die Vergütung kann nach einem Stunden- oder Minutensatz bemessen werden.
(3) Die Vergütung kann je nach Art der Maßnahme und der Leistung der Gefangenen gestuft werden. Die für Strafvollstreckungs- und Strafvollzugsrecht zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung
*)
entsprechende Vergütungsstufen festzusetzen sowie die Vergütung im Zeit- oder Leistungslohn und die Gewährung von Zulagen zu regeln.
(4) Die Höhe der Ausbildungsbeihilfe oder des Arbeitsentgelts wird den Gefangenen schriftlich bekannt gegeben.
(5) Soweit Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu entrichten sind, soll vom Arbeitsentgelt oder der Ausbildungsbeihilfe ein Betrag einbehalten werden, der dem Anteil der Gefangenen am Beitrag entsprechen würde, wenn sie diese Bezüge als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer erhielten.
Fußnoten
*)
Red. Anm: Gemäß den Übergangsbestimmungen in Artikel 5 des Gesetzes zur Schaffung und Änderung hessischer Vollzugsgesetze vom 28. Juni 2010 (GVBl. I S. 185) gilt bis zum Inkrafttreten dieser Rechtsverordnung die Strafvollzugsvergütungsordnung vom 11. Januar 1977 (BGBl. I S. 57), geändert durch Gesetz vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2894), entsprechend.

§ 38 Zusätzliche Anerkennung von Ausbildung und Arbeit

(1) Als zusätzliche Anerkennung neben der Vergütung nach § 37 können Gefangene auf Antrag eine
1.
weitere Freistellung nach Abs. 2 Satz 1,
2.
Freistellung aus der Haft nach Abs. 2 Satz 2 oder
3.
Vorverlegung des Entlassungszeitpunkts nach Abs. 2 Satz 3
erhalten. Stellen die Gefangenen keinen Antrag, findet Nr. 3 Anwendung. Darüber hinaus können sie auf Antrag einen Erlass von Verfahrenskosten
1.
nach Abs. 5 Nr. 1 und
2.
durch Schadenswiedergutmachung nach Abs. 5 Nr. 2
erhalten.
(2) Unabhängig von einer Freistellung nach § 27 Abs. 8 erhalten Gefangene für jeweils drei Monate zusammenhängender Ausübung einer Tätigkeit nach § 27 Abs. 2 eine Freistellung von zwei Werktagen. Diese Freistellung kann in Form von Freistellung aus der Haft (§ 13 Abs. 3 Nr. 5) gewährt werden; § 13 Abs. 2 und 4 sowie § 14 gelten entsprechend. Nicht in Anspruch genommene Freistellungstage nach Abs. 1 werden auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet.
(3) Eine Vorverlegung nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ist ausgeschlossen, wenn
1.
sie im Falle einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Jugendstrafe zur Bewährung wegen der von der Entscheidung des Gerichts bis zur Entlassung verbleibenden Zeit nicht mehr möglich ist,
2.
dies vom Gericht nach § 454 Abs. 1 Satz 5 der Strafprozessordnung angeordnet wird,
3.
nach § 456a Abs. 1 der Strafprozessordnung von der Vollstreckung abgesehen wird,
4.
die Gefangenen im Gnadenwege aus der Haft entlassen werden.
(4) In den Fällen des Abs. 3 erhalten die Gefangenen bei ihrer Entlassung zusätzlich eine Ausgleichsentschädigung in Höhe von 15 vom Hundert der Bezüge, die sie für die geleistete Tätigkeit, die Grundlage für die Gewährung der Freistellungstage gewesen ist, erhalten haben.
(5) Gefangene erwerben einen Anspruch auf Erlass der von ihnen zu tragenden Kosten des Strafverfahrens im Sinne von § 464a der Strafprozessordnung, soweit diese dem Land Hessen zustehen, wenn sie
1.
jeweils sechs Monate zusammenhängend eine Tätigkeit nach § 27 Abs. 2 ausgeübt haben in Höhe der von ihnen in diesem Zeitraum erzielten Vergütung, höchstens aber fünf vom Hundert der zu tragenden Kosten, oder
2.
unter Vermittlung der Anstalt von ihrer Vergütung nach § 37 Schadenswiedergutmachung leisten in der Höhe der Hälfte der geleisteten Zahlungen.
(6) Für Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 Nr. 1 gilt § 27 Abs. 8 Satz 3 und 4 entsprechend.

§ 39 Hausgeld

(1) Die Gefangenen erhalten von der ihnen nach § 37 zustehenden Vergütung drei Siebtel monatlich als Hausgeld.
(2) Für Gefangene, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen, wird aus ihren Bezügen ein angemessenes Hausgeld festgesetzt.

§ 40 Taschengeld

(1) Gehen Gefangene ohne ihr Verschulden keiner Tätigkeit nach § 27 Abs. 2 nach, wird ihnen auf Antrag ein Taschengeld gewährt, soweit sie bedürftig sind.
(2) Das Taschengeld beträgt bis zu 14 vom Hundert der Vergütung nach § 37 Abs. 2, soweit ihnen in dem Monat, für den das Taschengeld beantragt wurde, aus Hausgeld und Eigengeld nicht ein Betrag bis zu dieser Höhe zur Verfügung steht.

§ 41 Überbrückungsgeld

(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen, ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt der Gefangenen und der Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach der Entlassung sichern soll.
(2) Das Überbrückungsgeld wird den Gefangenen bei der Entlassung in die Freiheit ausgezahlt. Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass Gefangene das Überbrückungsgeld nicht zweckentsprechend verwenden, kann die Anstalt es ganz oder teilweise der Bewährungshilfe zur Verwaltung für die Gefangenen überlassen.
(3) Die Anstaltsleitung kann gestatten, dass das Überbrückungsgeld schon vor der Entlassung für Ausgaben in Anspruch genommen wird, die der Eingliederung der Gefangenen dienen.
(4) Für die Pfändbarkeit des Überbrückungsgeldes gilt § 51 Abs. 4 und 5 in Verbindung mit § 176 Abs. 4 des Strafvollzugsgesetzes vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2146).

§ 42 Haftkostenbeitrag

(1) Als Teil der Kosten der Vollstreckung der Rechtsfolgen einer Tat im Sinne des § 464a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozessordnung erhebt die Anstalt von den Gefangenen einen Haftkostenbeitrag.
(2) Ein Haftkostenbeitrag wird nicht erhoben, wenn Gefangene
1.
eine Vergütung nach § 37 erhalten,
2.
ohne Verschulden eine Tätigkeit nach § 27 Abs. 3 nicht ausüben oder hierzu nicht verpflichtet sind.
(3) Im Übrigen kann von der Erhebung eines Haftkostenbeitrags ganz oder teilweise aus besonderen Gründen abgesehen werden, insbesondere zur Förderung von Unterhaltszahlungen, Schadenswiedergutmachung, sonstiger Schuldenregulierung oder für besondere Aufwendungen zur Eingliederung.
(4) Der Haftkostenbeitrag wird in Höhe des Betrages erhoben, der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch durchschnittlich zur Bewertung der Sachbezüge festgesetzt ist. Die Aufsichtsbehörde stellt den Betrag jährlich fest.
(5) Gefangene können an den über die Grundversorgung der Anstalt hinausgehenden Kosten des Justizvollzugs angemessen beteiligt werden. Dies gilt insbesondere für die Betriebskosten der in ihrem Besitz befindlichen selbst genutzten Gegenstände und Geräte. Sie haben ferner die Kosten zu tragen, die durch die Inanspruchnahme gewünschter Leistungen der Anstalt oder von ihr vermittelter Leistungen Dritter entstehen.

§ 43 Eigengeld

(1) Vergütung nach § 37, oder Bezüge aus einem freien Beschäftigungsverhältnis, die nicht als Hausgeld, Haftkostenbeitrag oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden, sowie Gelder, die Gefangene in die Anstalt einbringen oder die für sie von Dritten eingebracht werden, sind als Eigengeld gutzuschreiben. Die Gefangenen können über ihr Eigengeld verfügen, soweit dieses nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist.
(2) Für die Gefangenen kann zweimal jährlich zu besonderen Anlässen mit Erlaubnis der Anstalt Geld zum Zweck eines Sondereinkaufs einbezahlt werden; darüber hinaus kann die Anstaltsleitung zweckgebundene Einzahlungen Dritter für Ausgaben gestatten, die dem Zugangseinkauf, der medizinischen Versorgung, der Gewährleistung der Informationsfreiheit oder der Erreichung des Erziehungsziels dienen (zweckgebundenes Eigengeld).

Zehnter Abschnitt Sicherheit und Ordnung

§ 44 Grundsätze, Verhaltensvorschriften

(1) Sicherheit und Ordnung der Anstalt tragen maßgeblich zu einem am Erziehungsziel ausgerichteten Anstaltsleben bei. Das Verantwortungsbewusstsein der Gefangenen für ein geordnetes Zusammenleben in der Anstalt ist zu wecken und zu stärken. Vor Übergriffen anderer Gefangener sind sie zu schützen.
(2) Die Pflichten und Beschränkungen, die den Gefangenen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt auferlegt werden, sind so zu wählen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und die Gefangenen nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen. Soweit es zur Gewährleistung von Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unbedingt erforderlich ist, erfolgt eine offene optische Überwachung der Gefangenen außerhalb der Hafträume mit technischen Hilfsmitteln, insbesondere Videoüberwachung. § 33 Abs. 5 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(3) Die Gefangenen haben sich nach der Tageseinteilung der Anstalt zu richten. Sie dürfen durch ihr Verhalten gegenüber Vollzugsbediensteten, Mitgefangenen und anderen Personen das geordnete Zusammenleben nicht stören.
(4) Die Gefangenen haben die Anordnungen der Vollzugsbediensteten zu befolgen. Einen ihnen zugewiesenen Bereich dürfen sie nicht ohne Erlaubnis verlassen.
(5) Die Gefangenen haben die Hafträume und die ihnen von der Anstalt überlassenen Sachen in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.
(6) Die Gefangenen haben Umstände, die eine erhebliche Gefahr für eine Person oder eine erhebliche Störung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt begründen oder darauf hindeuten, unverzüglich zu melden.
(7) Die Anstalt kann die erforderlichen Maßnahmen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt durch andere Personen als Gefangene abzuwehren.

§ 45 Absuchung, Durchsuchung und Untresuchung

(1) Gefangene, ihre Sachen und die Hafträume dürfen, auch mit technischen oder sonstigen Hilfsmitteln, abgesucht oder durchsucht werden. Die Durchsuchung Gefangener darf nur von Personen gleichen Geschlechts vorgenommen werden; bei Personen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen oder wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt dies wegen Gefahr im Verzug erfordert, ist eine Durchsuchung auch durch Bedienstete eines anderen Geschlechts unter besonderer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zulässig. Auf das Schamgefühl ist Rücksicht zu nehmen.
(2) Nur bei Gefahr im Verzuge oder auf Anordnung der Anstaltsleitung im Einzelfall ist es zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen. Abs. 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Die Durchsuchung ist an einem Ort durchzuführen, der einen Sichtkontakt Unbeteiligter nicht zulässt. Andere Gefangene dürfen nicht anwesend sein.
(3) Abweichend von Abs. 2 Satz 1 kann die Anstaltsleitung anordnen, dass Gefangene bei der Aufnahme, vor und nach Kontakten mit Besuchspersonen sowie vor und nach jeder Abwesenheit von der Anstalt nach Abs. 2 zu durchsuchen sind; im Einzelfall unterbleibt eine Entkleidung, wenn aufgrund besonderer Umstände eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt fernliegend erscheint.
(4) Die mit einem medizinischen Eingriff verbundene Untersuchung von Körperöffnungen ist durch den ärztlichen Dienst vorzunehmen.
(5) Bei der Durchsuchung von Hafträumen nach Abs. 1 Satz 1 dürfen Unterlagen, die von Gefangenen als Schreiben von Personen nach § 32 Abs. 3 und 4 gekennzeichnet sind, einer Sichtkontrolle auf verbotene Gegenstände ohne Kenntnisnahme des Inhalts unterzogen werden.

§ 46 Bekämpfung des Suchtmittelmissbrauchs

(1) Zur Bekämpfung des Suchtmittelmissbrauchs werden Kontrollen durchgeführt.
(2) Eine Kontrolle kann allgemein angeordnet werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt, zum Erreichen des Erziehungsziels oder zur Gesundheitsvorsorge geboten ist. Gegen einzelne Gefangene kann eine Kontrolle angeordnet werden, wenn sie im Verdacht stehen, unerlaubt Suchtmittel zu besitzen oder solche konsumiert zu haben.
(3) Bei Gefangenen, die eine Mitwirkung an der Durchführung der Kontrolle ohne hinreichenden Grund verweigern, ist in der Regel davon auszugehen, dass Suchtmittelfreiheit nicht gegeben ist.
(4) Räumen Gefangene bei einem positiven Kontrollergebnis den Suchtmittelmissbrauch oder bei Verdacht der Manipulation der Probe die Manipulation nicht ein, ist eine Kontrolluntersuchung durch ein externes Fachlabor durchzuführen. Bestätigt sich das positive Kontrollergebnis oder die Manipulation der Probe, haben die Gefangenen die Kosten für die zusätzliche Untersuchung zu tragen.

§ 47 Lichtbildausweise

Die Anstalt kann Gefangene verpflichten, einen Lichtbildausweis mit sich zu führen, wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist. Der Ausweis ist bei der Entlassung oder der Verlegung in eine andere Anstalt einzuziehen und zu vernichten.

§ 48 Festnahmerecht

Gefangene, die entwichen sind oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhalten, können durch die Anstalt oder auf deren Veranlassung hin im Rahmen der Nacheile festgenommen und in die Anstalt zurückgeführt werden.

§ 49 Besondere Sicherungsmaßnahmen

(1) Gegen Gefangene können, auch außerhalb der Anstalt, besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach deren Verhalten oder aufgrund des seelischen Zustandes in erhöhtem Maße die Gefahr der Entweichung, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht.
(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:
1.
der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,
2.
die Beobachtung der Gefangenen, auch durch technische Hilfsmittel, insbesondere Videoüberwachung, soweit dies unbedingt erforderlich ist,
3.
die Absonderung von anderen Gefangenen,
4.
der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien,
5.
die Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände und
6.
die Fesselung bis hin zur vollständigen Aufhebung der Bewegungsfreiheit (Fixierung).
Eine Fixierung ist nur zulässig, soweit und solange dies zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr der erheblichen Selbstverletzung oder Selbsttötung von Gefangenen unerlässlich ist.
(3) Maßnahmen nach Abs. 2 Nr. 1 und 3 bis 5 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine sonstige erhebliche Störung der Anstaltsordnung anders nicht abgewehrt werden kann. Gleiches gilt für Maßnahmen nach Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4, wenn Gefangene auf eine extremistische Verhaltensweise hinwirken.
(4) Bei einer Ausführung, Vorführung oder beim Transport von Gefangenen, deren Eignung für vollzugsöffnende Maßnahmen nach § 13 Abs. 3 Satz 1 nicht festgestellt ist, ist die Fesselung, nicht jedoch die Fixierung, auch dann zulässig, wenn die vorgesehene Bewachung durch Bedienstete nicht ausreicht, die Gefahr einer Entweichung oder eines Angriffs auf Personen zu beseitigen. Eine Bewachung im Sinne des Satz 1 ist in der Regel nicht ausreichend, wenn
1.
noch mehr als 24 Monate Jugendstrafe bis zum voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt oder bis zum Beginn des Vollzugs einer Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollziehen sind,
2.
aufgrund der Kurzfristigkeit der Notwendigkeit der Maßnahme, insbesondere in Fällen der medizinischen Versorgung, eine Bewertung der Gesamtumstände nicht möglich ist oder
3.
die Maßnahme an einem Ort durchgeführt wird, an dem sich die tatsächlichen Verhältnisse nicht mit der erforderlichen Sicherheit vorher bestimmen lassen,
es sei denn besondere Umstände lassen im Einzelfall die in Satz 1 genannten Gefahren auch ohne Fesselung fernliegend erscheinen. Eine Fesselung ist bei Ausführungen, die der Vorbereitung der Entlassung nach § 16 Abs. 1 dienen, nur zulässig, wenn dies zur Abwehr der in Satz 1 genannten Gefahren unerlässlich ist.
(5) In der Regel dürfen Fesseln, abgesehen von der Fixierung, nur an den Händen oder an den Füßen angelegt werden. Im Interesse der Gefangenen kann die Anstaltsleitung eine andere Art der Fesselung anordnen.
(6) Für die Beobachtung der Gefangenen durch technische Hilfsmittel nach Abs. 2 Nr. 2 gilt § 33 Abs. 5 Satz 2 und 3 entsprechend. Eine dauerhafte Beobachtung unter Verwendung technischer Hilfsmittel ist nur zulässig, wenn und solange dies zur Abwendung der Gefahr einer Selbsttötung oder Selbstverletzung unbedingt erforderlich ist. Eine Abdunklung zur Nachtzeit ist zu gewährleisten. Das Schamgefühl ist so weit wie möglich zu schonen.
(7) Eine Absonderung von mehr als 24 Stunden ist nur zulässig, wenn dies unerlässlich ist. Sie darf ununterbrochen nicht länger als eine Woche andauern. Eine Absonderung von mehr als vier Wochen innerhalb von zwölf Monaten bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde.
(8) Während der Absonderung oder Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum sind die Gefangenen in besonderem Maße zu betreuen. Sind die Gefangenen darüber hinaus gefesselt, sind sie ständig zu beobachten; bei einer Fixierung ist eine Sitzwache durch hierfür besonders geschulte Bedienstete durchzuführen.

§ 50 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, ärztliche Überwachung

(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet die Anstaltsleitung an. Bei Gefahr im Verzuge können auch andere Bedienstete der Anstalt diese Maßnahmen vorläufig anordnen. Die Entscheidung der Anstaltsleitung ist unverzüglich einzuholen. Abweichend von Satz 1 ordnet das Gericht eine nicht nur kurzfristige Fixierung auf Antrag der Anstaltsleitung an. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung einer nicht nur kurzfristigen Fixierung vorläufig durch die
Anstaltsleitung oder andere Bedienstete der Anstalt getroffen werden; in diesem Fall ist unverzüglich eine Entscheidung des Gerichts über die Fortdauer oder Aufhebung der Maßnahme herbeizuführen. Eine Fixierung gilt als nicht nur kurzfristig, wenn im Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahme davon auszugehen ist, dass ihre Dauer eine halbe Stunde überschreiten wird oder dies im Laufe ihres Vollzuges erkennbar wird.
(2) Vor der Anordnung ist eine Stellungnahme des ärztlichen oder psychologischen Dienstes einzuholen, wenn hierzu begründeter Anlass besteht; vor Anordnung einer Fixierung oder deren Beantragung ist regelmäßig eine ärztliche Stellungnahme zur Unerlässlichkeit der Fixierung einzuholen. Ist dies wegen Gefahr im Verzuge nicht möglich, wird die Stellungnahme unverzüglich nachträglich eingeholt. Wenn Gefangenen der tägliche Aufenthalt im Freien entzogen wird, ist eine Stellungnahme des ärztlichen Dienstes spätestens nach drei Tagen und danach in angemessenen Abständen einzuholen.
(3) Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen nur so weit aufrechterhalten werden, wie es ihr Zweck erfordert. Eine Überprüfung hat in angemessenen Abständen zu erfolgen.
(4) Sind Gefangene in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht oder gefesselt (§ 49 Abs. 2 Nr. 5 und 6), werden sie dauerhaft überwacht (§ 49 Abs. 6 und Abs. 2 Nr. 2) oder ist Absonderung von mehr als 24 Stunden angeordnet (§ 49 Abs. 7), so sucht sie der ärztliche Dienst alsbald und danach in der Regel täglich auf. Dies gilt nicht bei einer Fesselung während einer Ausführung, Vorführung oder eines Transports. Während der Dauer einer nicht nur kurzfristigen Fixierung sucht der ärztliche Dienst die Gefangenen mindestens täglich auf und gibt eine ärztliche Stellungnahme zur fortdauernden Unerlässlichkeit der Fixierung ab.
(5) Die besonderen Sicherungsmaßnahmen sind den Gefangenen zu erläutern. Die Anordnung und die Durchführung der Maßnahmen einschließlich der Beteiligung des ärztlichen oder des psychologischen Dienstes sind zu dokumentieren. Im Falle einer Fixierung sind auch ihre maßgeblichen Gründe, die Einholung der Anordnung des Gerichts, ihre Durchsetzung, ihre Dauer und die Überwachung durch eine Sitzwache sowie die ärztlichen Stellungnahmen zu dokumentieren. Nach der Beendigung der Fixierung sind die Gefangenen auf ihr Recht, die Rechtmäßigkeit der Fixierung gerichtlich überprüfen lassen zu können, hinzuweisen; der Hinweis ist aktenkundig zu machen.
(6) Besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 49 Abs. 2 Nr. 5 und 6 sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich zu berichten, wenn sie länger als drei Tage aufrechterhalten werden.

§ 51 Ersatz von Aufwendungen

(1) Die Gefangenen sind verpflichtet, der Anstalt Aufwendungen zu ersetzen, die sie durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Selbstverletzung, Verletzung anderer Personen oder Beschädigung fremder Sachen verursacht haben. Gleiches gilt, wenn Gefangene Behandlungsmaßnahmen, mit denen sie sich zuvor einverstanden erklärt haben, mutwillig in Kenntnis der Tatsache verweigern, dass die Anstalt hierfür bereits nicht mehr rückgängig zu machende Verpflichtungen eingegangen ist. Ansprüche aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(2) Die Anstalt kann den Anspruch durch Bescheid gegen die Gefangenen geltend machen. Bei der Geltendmachung dieser Forderungen kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung (37 Abs. 2 Satz 1) übersteigender Teil des Hausgelds (§ 39) in Anspruch genommen werden.
(3) Von der Aufrechnung oder Vollstreckung wegen der in Abs. 1 genannten Forderungen ist abzusehen, wenn hierdurch das Erziehungsziel gefährdet würde.

Elfter Abschnitt Unmittelbarer Zwang

§ 52 Unmittelbarer Zwang

(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen. Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen. Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind namentlich Fesseln. Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schusswaffen sowie Reizstoffe.
(2) Vollzugsbedienstete dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann. Gegen andere Personen als Gefangene darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene zu befreien oder, auch mittels technischer Geräte, insbesondere unbemannter Luftfahrtsysteme und Flugmodelle, in den Anstaltsbereich widerrechtlich einzudringen, unbefugt Gegenstände in den Anstaltsbereich einzubringen oder wenn sie sich unbefugt im Anstaltsbereich aufhalten; das Recht zur Ausübung von unmittelbarem Zwang gegen Sachen wird hierdurch nicht eingeschränkt. Das Recht zur Ausübung von unmittelbarem Zwang aufgrund anderer Regelungen bleibt unberührt.
(3) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs ist diejenige zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.
(4) Für das Handeln auf Anordnung ist § 97 des Strafvollzugsgesetzes entsprechend anzuwenden.
(5) Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist.

§ 53 Schusswaffengebrauch

(1) Schusswaffen dürfen gegen Gefangene nur zur Abwehr eines gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs auf Leib oder Leben gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg versprechen. Sie dürfen nur von den dazu bestimmten Vollzugsbediensteten mit dem Ziel gebraucht werden, angriffsunfähig zu machen. Ihr Gebrauch unterbleibt, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden. Der Gebrauch von Schusswaffen ist vorher anzudrohen. Als Androhung gilt auch ein Warnschuss. Ohne Androhung dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden, wenn das zur Abwehr des in Satz 1 genannten Angriffs unerlässlich ist.
(2) Gegen andere Personen dürfen Schusswaffen gebraucht werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene gewaltsam zu befreien oder gewaltsam in eine Anstalt einzudringen. Abs. 1 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend.
(3) Gegen Sachen, insbesondere gegen unbemannte Luftfahrtsysteme und Flugmodelle, dürfen Waffen gebraucht werden; Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

Zwölfter Abschnitt Erzieherische Maßnahmen, Disziplinarmaßnahmen

§ 54 Erzieherische Maßnahmen, Konfliktregelung

Verstoßen Gefangene gegen Pflichten, die ihnen durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes auferlegt sind, sind diese Pflichtverletzungen unverzüglich erzieherisch aufzuarbeiten. Dabei können erzieherische Maßnahmen oder Maßnahmen zur Konfliktregelung ergriffen werden. Als erzieherische Maßnahmen können den Gefangenen insbesondere Handlungsanweisungen erteilt und Verpflichtungen auferlegt werden, die geeignet sind, die Einsicht in das Fehlverhalten und die Notwendigkeit einer Verhaltensänderung zu wecken und zu stärken. Als Maßnahmen der Konfliktregelung kommen insbesondere eine Entschuldigung, Schadensbeseitigung oder Schadenswiedergutmachung in Betracht. Es sollen nur solche Maßnahmen angeordnet werden, die mit der Verfehlung in einem engen inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen.

§ 55 Disziplinarmaßnahmen

(1) Disziplinarmaßnahmen dürfen nur angeordnet werden, wenn Maßnahmen nach § 54 nicht ausreichen, um den Gefangenen die Pflichtwidrigkeit ihres Verhaltens zu verdeutlichen. Zu berücksichtigen ist ferner eine aus demselben Anlass angeordnete besondere Sicherungsmaßnahme.
(2) Eine Disziplinarmaßnahme kann angeordnet werden, wenn Gefangene rechtswidrig und schuldhaft
1.
gegen Strafgesetze verstoßen oder eine Ordnungswidrigkeit begehen,
2.
die aufgrund des Förderplans zugewiesenen Tätigkeiten nach § 27 Abs. 2 nicht ausüben,
3.
ohne erforderliche Erlaubnis nach § 20 Abs. 1 Gegenstände in die Anstalt einbringen, einbringen lassen, annehmen, besitzen oder abgeben,
4.
entweichen oder zu entweichen versuchen,
5.
unerlaubt Betäubungsmittel oder andere berauschende Stoffe herstellen, konsumieren oder eine Kontrolle nach § 46 Abs. 2 verweigern oder manipulieren,
6.
wiederholt oder schwerwiegend gegen sonstige Pflichten verstoßen, die ihnen durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes auferlegt sind.
(3) Zulässige Disziplinarmaßnahmen sind
1.
der Verweis,
2.
der Widerruf einer aufgrund von § 4 Abs. 2 Satz 2 gewährten Belohnung oder Anerkennung,
3.
der Ausschluss von gemeinsamer Freizeit oder von einzelnen Freizeitveranstaltungen bis zu vier Wochen,
4.
der Entzug des Fernsehgeräts oder die Beschränkung des Fernsehempfangs bis zu zwei Monaten,
5.
die Beschränkung oder der Entzug von Gegenständen für eine Beschäftigung in der Freizeit bis zu zwei Monaten,
6.
die Beschränkung oder der Entzug der Verfügung über das Hausgeld bis zu 50 vom Hundert des monatlich zur Verfügung stehenden Betrags bis zu zwei Monaten,
7.
die Beschränkung oder der Entzug von Ausgangsstunden bei der Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen bis zu drei Monaten und
8.
Arrest bis zu zwei Wochen.
(4) Eine Disziplinarmaßnahme ist auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird. Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden. Der Verweis kann auch mit der Anordnung, gemeinnützige Arbeit zu leisten, verbunden werden. Arrest darf nur wegen besonders schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden.

§ 56 Verfahren und Vollstreckung

(1) Disziplinarmaßnahmen ordnet die Anstaltsleitung an. Bei einer Verfehlung, die während der Verlegung in eine andere Vollzugsanstalt begangen wird, ist die Leitung dieser Anstalt zuständig. Wenn sich die Verfehlung gegen die Anstaltsleitung richtet, entscheidet die Aufsichtsbehörde.
(2) Im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung sind sowohl die belastenden als auch die entlastenden Umstände zu ermitteln. Die Gefangenen werden gehört. Sie sind darauf hinzuweisen, dass es ihnen freisteht, sich zu äußern. Die Erhebungen werden in einer Niederschrift festgelegt; die Einlassung der Gefangenen wird vermerkt. Bei schweren Verstößen soll vor der Entscheidung die Konferenz (§ 71 Abs. 3) beteiligt werden. § 50 Abs. 2 Satz 1 und 2 gilt entsprechend. Die Entscheidung wird den Gefangenen mündlich eröffnet und schriftlich kurz begründet.
(3) Disziplinarmaßnahmen werden in der Regel sofort vollstreckt. Eine Disziplinarmaßnahme kann ganz oder teilweise bis zu sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden; die Aussetzung zur Bewährung kann widerrufen werden, wenn die Gefangenen erneut gegen Pflichten verstoßen. Wird die Verfügung über das Hausgeld beschränkt oder entzogen, ist das in dieser Zeit anfallende Hausgeld dem Überbrückungsgeld hinzuzurechnen. Disziplinarmaßnahmen, die gegen Gefangene in einer anderen Vollzugsanstalt oder während einer Untersuchungshaft angeordnet worden sind, werden auf Ersuchen vollstreckt. Die Befugnis nach Satz 2 steht auch der ersuchten Anstalt zu.
(4) Für die Dauer des Arrests werden die Gefangenen abgesondert. Die Gefangenen können dazu in einem besonderen Arrestraum untergebracht werden, der den Anforderungen entsprechen muss, die an einen zum Aufenthalt bei Tag und Nacht bestimmten Haftraum gestellt werden. Soweit nichts anderes angeordnet wird, ruhen die Befugnisse der Gefangenen nach § 19 Abs. 1 Satz 1, § 22 Abs. 2 und den §§ 27, 29 und 30. Bevor der Arrest vollzogen wird, ist eine ärztliche Stellungnahme einzuholen. Während des Arrests stehen die Gefangenen unter ärztlicher Aufsicht. Der Vollzug des Arrests unterbleibt oder wird unterbrochen, wenn die Gesundheit der Gefangenen gefährdet würde.

Dreizehnter Abschnitt Beschwerde

§ 57 Beschwerderecht

(1) Gefangene können sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an die Anstaltsleitung wenden.
(2) Suchen Bedienstete der Aufsichtsbehörde die Anstalt auf, so ist zu gewährleisten, dass Gefangene sich in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an diese wenden können.
(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt.

Vierzehnter Abschnitt Datenschutz

§ 58 Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten

(1) Die Anstalt und die Aufsichtsbehörde dürfen personenbezogene Daten nur verarbeiten, wenn eine Rechtsvorschrift dies vorsieht oder zwingend voraussetzt oder soweit dies für den Vollzug der Jugendstrafe erforderlich ist und im Falle der Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten nach § 41 Nr. 15 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes unbedingt erforderlich ist. Soweit in den folgenden Vorschriften nichts Abweichendes geregelt ist, findet das Hessische Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz Anwendung; dabei finden insbesondere die Vorschriften von Teil 3 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes auf die Datenverarbeitung durch die Anstalt oder Aufsichtsbehörde Anwendung, soweit die Datenverarbeitung zu den in § 40 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes genannten Zwecken erfolgt. Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sind schutzwürdige Interessen der Betroffenen in jedem Fall der Verarbeitung zu berücksichtigen; sofern der Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen ist, darf keine Verarbeitung erfolgen.
(2) Zur Sicherung von Ziel und Aufgaben des Vollzugs der Jugendstrafe nach § 2, insbesondere zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt, zur Identitätsfeststellung oder zur Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung und Gesundheitsfürsorge unbedingt erforderlich ist, soweit hierfür unbedingt erforderlich, die Verarbeitung folgender Daten von Gefangenen mit deren Kenntnis zulässig:
1.
biometrische Daten von Fingern und Händen,
2.
Lichtbilder,
3.
Feststellungen äußerlicher körperlicher Merkmale,
4.
Körpermessungen und
5.
Gesundheitsdaten.
(3) Alle zur Person der Gefangenen erhobenen und für den Vollzug der Jugendstrafe erforderlichen Daten einschließlich derjenigen, die nach Abs. 2 Nr. 1 bis 4 erhoben worden sind, sind in eine Gefangenenpersonalakte aufzunehmen, die auch elektronisch geführt werden kann. Gesundheitsdaten und die sonstigen in § 61 Abs. 2 und 3 aufgeführten personenbezogenen Daten sind getrennt von der Gefangenenpersonalakte zu führen.
(4) Die einzelnen Vollzugsbediensteten sowie die in § 61 Abs. 3, § 72 Abs. 1 Satz 2 und 3, § 73 Abs. 1 und § 77 genannten Personen dürfen von personenbezogenen Daten nur Kenntnis erhalten, soweit dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgabe oder für die Zusammenarbeit nach § 72 Abs. 5 erforderlich ist. Bei personenbezogenen Daten im Sinne von Abs. 2 ist über Satz 1 hinaus erforderlich, dass dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgabe oder für die Zusammenarbeit nach § 72 Abs. 5 unbedingt erforderlich ist.
(5) Die Anstalt ist befugt, zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt die Identität aller Personen festzustellen, die Zugang zur Anstalt begehren. Sofern unbedingt erforderlich, nimmt die Anstalt den Abgleich biometrischer Daten vor.
(6) Soweit dies zur Aufrechterhaltung von Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist, werden Außenbereiche der Anstalt mit technischen Hilfsmitteln, insbesondere Videoüberwachung, offen überwacht, sofern keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Der Umstand der Überwachung und der Name und die Kontaktdaten des Verantwortlichen sind den Betroffenen durch geeignete Maßnahmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt kenntlich zu machen. § 33 Abs. 5 Satz 2 gilt entsprechend; darüber hinaus ist eine Speicherung nur zulässig, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

§ 58a Überprüfung anstaltsfremder Personen

(1) Personen, die in der Anstalt tätig werden sollen und die zur Anstalt oder Aufsichtsbehörde nicht in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehen und nicht im Auftrag einer anderen Behörde Zugang begehren, können zu diesen Tätigkeiten nur zugelassen werden, wenn keine Sicherheitsbedenken bestehen. Die Anstalt nimmt zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt mit Einwilligung der betroffenen Person eine Zuverlässigkeitsüberprüfung vor. Sie darf dazu
1.
eine Auskunft nach § 41 Abs. 1 Nr. 1 des Bundeszentralregistergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1984 (BGBl. I S. 1229, 1985 I S. 195), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2075), einholen,
2.
sicherheitsrelevante Erkenntnisse der Polizeibehörden und, soweit im Einzelfall erforderlich, des Landesamts für Verfassungsschutz abfragen; soweit möglich übermittelt die Anstalt den angefragten Behörden bei Maßnahmen nach Abs. 1 Satz 3 den Nachnamen, den Geburtsnamen, die Vornamen, das Geburtsdatum, das Geschlecht, den Geburtsort, das Geburtsland und die Staatsangehörigkeit der zu überprüfenden Personen sowie bekannt gewordene Aliasnamen.
Ist eine Überprüfung in Eilfällen, beispielsweise bei kurzfristig notwendigen Reparaturarbeiten, nicht möglich, hat eine entsprechende Beaufsichtigung der Person bei der Tätigkeit in der Anstalt zu erfolgen. Die Vorschriften des Hessischen Sicherheitsüberprüfungs- und Verschlusssachengesetzes vom 19. Dezember 2014 (GVBl. S. 364), geändert durch Gesetz vom 11. Dezember 2019 (GVBl. S. 406) in seiner jeweils geltenden Fassung bleiben unberührt.
(2) Abgesehen von den Fällen des § 32 Abs. 3 und 4 darf die Anstalt auch bei Personen, die die Kontaktaufnahme zu Gefangenen oder zum Besuch der Anstalt begehren, zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt hierfür mit ihrer Einwilligung eine Zuverlässigkeitsüberprüfung vornehmen. Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend; hierbei teilt die Anstalt den in Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 genannten Behörden auch mit, dass und zu welchen Gefangenen die Person die Kontaktaufnahme begehrt.
(3) Werden der Anstalt sicherheitsrelevante Erkenntnisse bekannt, wird die betroffene Person nicht oder nur unter Beschränkungen zu der Tätigkeit oder dem Besuch zugelassen. Gleiches gilt, wenn die betroffene Person eine Einwilligung in eine Zuverlässigkeitsüberprüfung verweigert. Sicherheitsrelevant sind insbesondere Erkenntnisse über
1.
strafrechtliche Verurteilungen,
2.
Vorinhaftierungen,
3.
eine bestehende Suchtproblematik,
4.
extremistische oder gewaltorientierte Einstellungen oder Verhaltensweisen sowie
5.
Kontakte zu extremistischen oder gewaltorientierten Organisationen, Gruppierungen oder Personen oder zur organisierten Kriminalität.
(4) Personen nach Abs. 1 und 2 sind über die Benachrichtigung nach § 51 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes hinaus über den Anlass der Zuverlässigkeitsprüfung, ihren möglichen Umfang nach Abs. 1 und 2 und über die Rechtsfolgen nach Abs. 3 mit der Einwilligungsanfrage zu belehren.
(5) Im Rahmen der Überprüfung bekannt gewordene Daten dürfen, soweit nicht aufgrund einer anderen gesetzlichen Vorschrift ihre Übermittlung gestattet oder vorgeschrieben ist, mit Ausnahme des für die Überprüfung einer Entscheidung nach Abs. 3 zuständigen Gerichts nicht an Dritte übermittelt werden.
(6) Die Zuverlässigkeitsüberprüfung ist in der Regel nach Ablauf einer Frist von einem Jahr zu wiederholen, sofern ihre Erforderlichkeit nach Abs. 1 Satz 1 weiter besteht. Sie kann zudem wiederholt werden, wenn neue sicherheitsrelevante Erkenntnisse dies nahelegen.

§ 58b Überprüfung Gefangener, Fallkonferenzen

(1) Wenn dies zur Abwehr einer von Gefangenen ausgehenden Gefährdung für die Sicherheit oder Ordnung einer Anstalt erforderlich ist, prüft die Vollzugsbehörde im Einzelfall, ob sicherheitsrelevante Erkenntnisse im Sinne von § 58a Abs. 3 Satz 3 über Gefangene vorliegen, sofern tatsächliche Anhaltspunkte für solche Erkenntnisse und eine entsprechende Gefährdung vorhanden sind. Hierzu darf sie neben den in § 58a Abs. 1 Satz 3 genannten Maßnahmen auch sicherheitsrelevante Erkenntnisse anderer Justizvollzugsbehörden in Hessen und den übrigen Ländern abfragen.
(2) Über § 58a Abs. 1 Satz 3 hinaus sollen die voraussichtliche Vollzugsdauer sowie das Aktenzeichen der der Vollstreckung zugrundeliegenden Entscheidung mitgeteilt werden.
(3) Im Rahmen der Anfrage mitgeteilte sicherheitsrelevante Erkenntnisse sind als gesonderter Teil der Gefangenenpersonalakte zu führen.
(4) Die Verarbeitungs- und Übermittlungsbefugnis für personenbezogene Daten über Gefangene zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Anstalt schließt die Verarbeitungsbefugnis zum Zwecke der Vollzugs- und Eingliederungsplanung der Gefangenen ein.
(5) Die Anstalt und die Aufsichtsbehörde dürfen personenbezogene Daten, die sie zulässig erhoben haben, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zur Übermittlung personenbezogener Daten und innerhalb der Zuständigkeit der jeweiligen Behörden
1.
mit den Justiz- und Polizeibehörden des Bundes und der Länder in Fallkonferenzen austauschen, wenn
a)
tatsächliche Anhaltspunkte für die nach einer Entlassung fortdauernde erhebliche Gefährlichkeit von Gefangenen für die Allgemeinheit vorliegen oder Führungsaufsicht angeordnet wurde und
b)
dies zur Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in seiner jeweils geltenden Fassung erforderlich ist,
2.
mit den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder in Fallkonferenzen austauschen, wenn
a)
bestimmte Tatsachen den Verdacht für Bestrebungen im Sinne von § 2 Abs. 2 des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes in seiner jeweils geltenden Fassung begründen und
b)
eine damit im Zusammenhang stehende Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder die Erreichung des Vollzugsziels in einem übersehbaren Zeitraum einzutreten droht und dies zur Verhütung dieser Gefahren erforderlich ist oder
3.
behördenübergreifend mit den Justiz-, Polizei- und Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder in Fallkonferenzen austauschen, wenn
a)
bestimmte Tatsachen den Verdacht für Bestrebungen im Sinne von § 2 Abs. 2 des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes in seiner jeweils geltenden Fassung begründen und
b)
bestimmte Tatsachen die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben, Gesundheit oder Freiheit von Personen oder für Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, begründen und die Durchführung von Fallkonferenzen zur Verhütung dieser Gefahren erforderlich ist.
Besondere Kategorien personenbezogener Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn dies unbedingt erforderlich ist. Der Datenaustausch nach anderen Bestimmungen dieses Gesetzes bleibt unberührt.

§ 59 Auslesen von Datenspeichern

Elektronische Datenspeicher sowie elektronische Geräte mit Datenspeicher, die ohne Erlaubnis in die Anstalt eingebracht wurden, dürfen auf schriftliche Anordnung der Anstaltsleitung ausgelesen werden, soweit konkrete Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dies für die Erfüllung von Ziel und Aufgabe des Vollzugs der Jugendstrafe nach § 2, insbesondere zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt, unbedingt erforderlich ist. Die Gründe sind in der Anordnung festzuhalten. Sind die Betroffenen bekannt, sind ihnen die Gründe vor dem Auslesen mitzuteilen. Die Gefangenen sind bei der Aufnahme über die Möglichkeit des Auslesens von nicht gestatteten Datenspeichern zu belehren.

§ 60 Zweckbindung und Übermittlung

(1) Personenbezogene Daten dürfen zu Zwecken, für die sie nicht erhoben oder gespeichert worden sind, nur verarbeitet, insbesondere übermittelt werden, wenn ein Fall der §§ 20 bis 27 und 44 bis 45 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes vorliegt, insbesondere soweit dies
1.
zu den in § 40 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes genannten Zwecken,
2.
in gerichtlichen Verfahren wegen Maßnahmen nach diesem Gesetz,
3.
für Maßnahmen der Gerichtshilfe, Jugendgerichtshilfe, Bewährungshilfe oder Führungsaufsicht,
4.
zur Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen der Entlassungsvorbereitung und Nachsorge,
5.
für Entscheidungen in Gnadensachen,
6.
für sozialrechtliche Maßnahmen,
7.
für die Einleitung von Hilfsmaßnahmen für Angehörige der Gefangenen (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs),
8.
für dienstliche Maßnahmen der Bundeswehr im Zusammenhang mit der Aufnahme und Entlassung von Soldaten,
9.
für ausländerrechtliche Maßnahmen,
10.
für die Durchführung der Besteuerung,
11.
zur Ausübung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen sowie zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken oder
12.
für gesetzlich angeordnete Statistiken der Rechtspflege
erforderlich und bei besonderen Kategorien personenbezogener Daten nach § 41 Nr. 15 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes unbedingt erforderlich ist.
(2) Bei der Überwachung der Besuche, der Telekommunikation oder des Schriftwechsels sowie bei der Überwachung des Inhalts von Paketen und dem Auslesen von Datenspeichern bekannt gewordene personenbezogene Daten dürfen über ihre Erhebung oder Speicherung hinaus nur verarbeitet, insbesondere übermittelt werden, wenn dies
1.
nach Abs. 1 Nr. 1 oder 2 zulässig ist,
2.
eine Rechtsvorschrift vorsieht, zwingend voraussetzt oder
3.
die Wahrung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder die Erreichung des Vollzugsziels gebietet
und es unbedingt erforderlich ist. Daten nach Satz 1 sind hinsichtlich des Ursprungs ihrer Erhebung und Speicherung eindeutig zu kennzeichnen. § 4 Abs. 3 Satz 2 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes bleibt unberührt.
(3) Die Anstalt oder Aufsichtsbehörde kann auf Antrag mitteilen, ob sich jemand in Haft befindet sowie ob und wann die Entlassung voraussichtlich ansteht, soweit dies nach Abs. 1 zulässig ist. Weiterhin können unter den Voraussetzungen des Satz 1 auf schriftlichen Antrag Auskünfte auch über die Vermögensverhältnisse der Gefangenen oder ihre Entlassungsadresse erteilt werden, wenn dies zur Feststellung oder Durchsetzung von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Straftat erforderlich ist. Unter den Voraussetzungen von § 406d Abs. 2 und 3 der Strafprozessordnung können Mitteilungen über die erstmalige Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen (§ 13) auch durch die Anstalt erfolgen. Die Gefangenen werden vor Mitteilungen nach Satz 1 bis 3 gehört, es sei denn, es ist zu besorgen, dass dadurch die Verfolgung des Interesses der Antragsteller vereitelt- oder wesentlich erschwert werden würde. Ist die Anhörung unterblieben, werden die betroffenen Gefangenen über die Mitteilung der Anstalt oder Aufsichtsbehörde nachträglich unterrichtet.
(4) Akten mit personenbezogenen Daten dürfen nur anderen Anstalten, Aufsichtsbehörden, den für Strafvollzugs-, strafvollstreckungs- und strafrechtliche Entscheidungen zuständigen Gerichten sowie den Strafvollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden überlassen werden; die Überlassung an andere öffentliche Stellen ist zulässig, soweit die Erteilung einer Auskunft einen unvertretbaren Aufwand erfordert oder nach Darlegung der die Akteneinsicht begehrenden Stellen für die Erfüllung der Aufgabe nicht ausreicht. Entsprechendes gilt für die Überlassung von Akten an die von der Vollzugsbehörde mit Gutachten beauftragten Personen oder Stellen.
(5) Von der Anstalt oder der Aufsichtsbehörde übermittelte personenbezogene Daten dürfen nur zu dem Zweck verarbeitet werden, zu dessen Erfüllung sie übermittelt worden sind. Der Empfänger darf die Daten für andere Zwecke nur verarbeiten, soweit sie ihm auch für diese Zwecke hätten übermittelt werden dürfen und wenn im Falle einer Übermittlung an nicht öffentliche Stellen die übermittelnde Vollzugsbehörde eingewilligt hat. Die Anstalt oder Aufsichtsbehörde hat den Empfänger auf die Zweckbindung nach Satz 1 hinzuweisen und für den Fall, dass die übermittelten Daten besondere Kategorien personenbezogener Daten nach § 41 Nr. 15 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes enthalten, auf diese Einstufung.
(6) Die Übermittlung von personenbezogenen Daten unterbleibt, soweit die in § 61 Abs. 2 und § 65 Abs. 4 und 6 geregelten Einschränkungen oder besondere gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen. Dies gilt nicht, wenn ein nach Abs. 1 Nr. 1 bis 3 zuständiges Gericht diese Daten anfordert oder dies zur Erfüllung der Aufgaben der in § 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 13 der Strafprozessordnung genannten Stelle im Rahmen eines Besuchs der Anstalt erforderlich ist.
(7) Die Verantwortung für Zulässigkeit der Übermittlung trägt die übermittelnde Anstalt oder Aufsichtsbehörde. Erfolgt die Übermittlung auf Ersuchen einer öffentlichen Stelle, trägt diese die Verantwortung. In diesem Fall prüft die übermittelnde Anstalt oder Aufsichtsbehörde nur, ob das Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben des Empfängers liegt und die Abs. 2 und 6 der Übermittlung nicht entgegenstehen, es sei denn, dass besonderer Anlass zur Prüfung der Zulässigkeit der Übermittlung besteht.

§ 61 Schutz besonderer Daten

(1) Besondere Kategorien personenbezogener Daten nach § 41 Nr. 15 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes, insbesondere das religiöse oder weltanschauliche Bekenntnis von Gefangenen und personenbezogene Daten, die anlässlich ärztlicher Untersuchungen erhoben worden sind, dürfen in der Anstalt nicht allgemein kenntlich gemacht werden. Andere personenbezogene Daten über die Gefangenen dürfen innerhalb der Anstalt allgemein kenntlich gemacht werden, soweit dies für ein geordnetes Zusammenleben in der Anstalt erforderlich ist.
(2) Personenbezogene Daten, die in der Anstalt tätigen Personen im Sinne von § 203 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 6 des Strafgesetzbuchs von Gefangenen als Geheimnis anvertraut oder über Gefangene als Geheimnis sonst bekannt geworden sind, unterliegen auch gegenüber der Anstalt und der Aufsichtsbehörde der Schweigepflicht. Die in Satz 1 genannten Personen sind befugt und verpflichtet, diese Daten gegenüber der Anstaltsleitung zu offenbaren, soweit dies für die Sicherheit der Anstalt, zur Planung vollzuglicher Maßnahmen oder zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit von Gefangenen oder Dritten unbedingt erforderlich ist; dies gilt insbesondere dann, wenn eine gemeinsame Unterbringung, eine besondere Sicherungsmaßnahme oder eine Zwangsmaßnahme auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge angeordnet oder beantragt werden soll oder ein meldepflichtiger Fall nach § 6 Abs. 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen vorliegt. Eine Befugnis zur Offenbarung besteht auch, soweit es die Feststellung betrifft, ob Gefangene fähig sind, an bestimmten vollzuglichen Maßnahmen teilzunehmen oder ob sie an Behandlungsmaßnahmen teilnehmen und daran mitwirken.
(3) In Abs. 2 gelten Satz 2 und 3 entsprechend für die in § 203 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4 und 6 des Strafgesetzbuchs genannten Personen außerhalb des Vollzugs, die mit der Untersuchung, Behandlung oder Betreuung von Gefangenen beauftragt wurden, mit der Maßgabe, dass die vorgenannten Personen lediglich zu einer Offenbarung befugt sind.
(4) Die Gefangenen sind bei der Aufnahme über die nach Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 bestehenden Offenbarungsbefugnisse und Offenbarungspflichten zu unterrichten.
(5) Die nach Abs. 2 und 3 offenbarten Daten dürfen nur für den Zweck, für den sie offenbart wurden oder für den eine Offenbarung zulässig gewesen wäre, und in dem hierfür unbedingt erforderlichen Umfang verarbeitet werden.

§ 62 Abruf durch die Aufsichtsbehörde, gemeinsame Datei, Einrichtung automatisierter Übermittlungs- und Abrufverfahren

(1) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben kann die Aufsichtsbehörde Daten, die in der Anstalt gespeichert sind, abrufen.
(2) Daten über die persönlichen Verhältnisse der Gefangenen, Vollstreckungsdaten, Daten zum Vollzugsverlauf und sicherheitsrelevante Daten können in einer von der Aufsichtsbehörde eingerichteten und geführten gemeinsamen Datei gespeichert werden. Die Aufsichtsbehörde darf diese Daten, soweit erforderlich, verwenden zur übergeordneten Planung, zur Sicherung der Qualität des Vollzugs oder zur Durchführung von Einzelmaßnahmen. Für die Anstalten sind die Daten Teil der jeweiligen Gefangenenpersonalakte. Eingabe, Änderung und Löschung der Daten erfolgt jeweils durch die Anstalt, die für die Gefangene oder den Gefangenen zuständig ist. Die Übermittlung und der Abruf personenbezogener Daten aus dieser Datei zu den in § 60 Abs. 1 genannten Zwecken sind zulässig, soweit diese Form der Datenübermittlung oder des Datenabrufs unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange der betroffenen Personen und der Erfüllung des Zwecks der Übermittlung angemessen ist.
(3) Für die Ausgestaltung des Verfahrens nach Abs. 2 gilt § 58 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes.
(4) Zur Überprüfung von Gefangenen nach § 58b Abs. 1 darf zwischen den Justizvollzugsbehörden in Hessen und den übrigen Ländern ein automatisiertes Verfahren zum Abruf von
1.
Nachnamen, Geburtsnamen, Vornamen, Geburtsdatum, Geschlecht, Geburtsort, Geburtsland und Staatsangehörigkeit der zu überprüfenden Gefangenen sowie bekannt gewordene Aliasnamen der Gefangenen,
2.
Vorinhaftierungen der Gefangenen und
3.
Informationen darüber, ob weitere sicherheitsrelevante Erkenntnisse zu den Gefangenen vorliegen
für eine anschließende Anfrage und Übermittlung personenbezogener Daten im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften im Einzelfall bei den Justizvollzugsbehörden eingerichtet werden; die oder der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit ist vor der Einrichtung oder wesentlichen Änderung des automatisierten Verfahrens anzuhören. Durch Staatsvertrag kann im Übrigen mit anderen Ländern und dem Bund ein automatisierter Datenverbund nach Maßgabe der Abs. 2 und 3 eingerichtet werden.

§ 63 Datensicherung

(1) Mit der Datenverarbeitung befasste Personen dürfen personenbezogene Daten nicht unbefugt verarbeiten. Sie sind über die bei ihrer Tätigkeit zu beachtenden Vorschriften über den Datenschutz zu unterrichten. Auf die besonderen Anforderungen bei der Verarbeitung von Daten, die aus Videoüberwachung oder aus Maßnahmen nach § 60 Abs. 2 und § 61 Abs. 1 und 2 stammen oder besondere Kategorien personenbezogener Daten nach § 41 Nr. 15 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes oder den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, sind sie gesondert hinzuweisen. Das Datengeheimnis besteht auch nach der Beendigung der Tätigkeit fort.
(2) Akten und Dateien mit personenbezogenen Daten sind nach Maßgabe des § 59 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes durch technische und organisatorische Maßnahmen gegen unbefugten Zugriff zu schützen. Gefangenenpersonalakten, Gesundheitsakten, Krankenblätter und sonstige in § 61 Abs. 2 und 3 aufgeführte personenbezogene Daten sind getrennt von anderen Unterlagen zu führen und besonders zu sichern.

§ 64 Information und Auskunft an die Betroffenen, Akteneinsicht

Die Betroffenen erhalten Auskunft und Information hinsichtlich der zu ihrer Person verarbeiteten Daten nach Maßgabe der §§ 50 bis 52 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes, soweit die Datenverarbeitung zu den in § 40 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes genannten Zwecken erfolgt; im Übrigen nach Maßgabe der §§ 31 bis 33 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes. Soweit dies zur Wahrnehmung rechtlicher Interessen erforderlich ist, wird dem Betroffenen Akteneinsicht gewährt.

§ 65 Berichtigung, Einschränkung der Verarbeitung und Löschung

(1) Personenbezogene Daten sind nach Maßgabe der §§ 53 und 70 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes zu berichtigen, zu löschen oder in der Verarbeitung einzuschränken, soweit sie zu den in § 40 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes genannten Zwecken verarbeitet wurden und in den nachfolgenden Absätzen keine besonderen Regelungen getroffen sind; im Übrigen gilt § 34 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes.
(2) Personenbezogene Daten, die durch den Einsatz eines elektronischen Überwachungssystems erhoben wurden oder hierbei angefallen sind, sind nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich, Videoaufnahmen oder Ergebnisse von Maßnahmen nach § 59 spätestens 72 Stunden nach Ende des Kalendertages, an dem sie angefallen sind, zu löschen, soweit nicht zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Löschung die weitere Aufbewahrung bei Einschränkung der Verarbeitung zu konkreten Beweiszwecken unbedingt erforderlich ist. Sind personenbezogene Daten entgegen § 58 Abs. 1 Satz 3 verarbeitet worden, sind diese unverzüglich, spätestens 24 Stunden nach Ende des Kalendertages, an dem sie angefallen sind, zu löschen. Die Tatsache der Löschung nach Satz 1 und 2 ist zu dokumentieren; die Dokumentation darf ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle verwendet werden und ist zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt.
(3) Personenbezogene Daten, die in der Gefangenenpersonalakte oder in anderen zur Person der Gefangenen geführten Dateien und Akten gespeichert sind, sind spätestens drei Jahre nach der Entlassung oder der Verlegung der Gefangenen in eine andere Anstalt zu löschen; personenbezogene Daten, die gemäß § 58b Abs. 3 als besonderer Teil der Gefangenenpersonalakte geführt werden, sind, sofern ihre Speicherung nicht mehr erforderlich ist, unverzüglich, spätestens nach Ablauf von zwei Jahren ab ihrer Erhebung zu löschen. Sonstige personenbezogene Daten, die in anderen Dateien und Akten gespeichert sind, sind, sofern ihre Speicherung nicht mehr erforderlich ist, unverzüglich, spätestens nach Ablauf von fünf Jahren ab ihrer Erhebung zu löschen.
(4) Eine Löschung personenbezogener Daten unterbleibt, soweit ihre Speicherung bei Einschränkung ihrer Verarbeitung nach
1.
§ 53 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes, insbesondere aufgrund ärztlicher Dokumentationspflichten, oder
2.
§ 34 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes
erfolgt. In ihrer Verarbeitung eingeschränkte Daten sind besonders zu kennzeichnen und dürfen außer bei Einwilligung der Betroffenen nur zu dem Zweck verarbeitet, insbesondere übermittelt werden, der ihrer Löschung entgegenstand. Die Einschränkung der Verarbeitung endet, wenn Gefangene erneut zum Vollzug einer Freiheitsentziehung aufgenommen werden oder die Betroffenen eingewilligt haben. Bei den in der Verarbeitung eingeschränkten personenbezogenen Daten können bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist für die Gefangenenpersonalakte oder anderer zur Person der Gefangenen geführten Dateien oder Akten die Angaben über Familienname, Vorname, Geburtsname, Geburtstag, Geburtsort, Eintritts- und Austrittsdatum gespeichert werden, soweit dies für das Auffinden dieser Dateien oder Akten erforderlich ist.
(5) Die Erforderlichkeit der Löschung, auch bei in der Verarbeitung eingeschränkten personenbezogenen Daten, ist jährlich zu kontrollieren. Die Frist zur Kontrolle personenbezogener Daten, die in der Gefangenenpersonalakte oder in anderen zur Person der Gefangenen geführten Dateien und Akten gespeichert sind, beginnt mit der Entlassung oder Verlegung der Gefangenen in eine andere Anstalt, in sonstigen Fällen mit Erhebung der personenbezogenen Daten.
(6) Folgende Aufbewahrungsfristen von Dateien und Akten, soweit diese in der Verarbeitung eingeschränkt sind, dürfen nicht überschritten werden:
1.
20 Jahre bei Daten aus Gefangenenpersonalakten, Gesundheitsakten und Krankenblättern,
2.
30 Jahre bei Daten aus Gefangenenbüchern.
Dies gilt nicht, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Aufbewahrung für die in Abs. 4 genannten Zwecke weiterhin erforderlich ist. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem auf das Jahr der Weglegung folgenden Kalenderjahr. Die Vorschriften des Hessischen Archivgesetzes vom 26. November 2012 (GVBl. S. 458), geändert durch Gesetz vom 5. Oktober 2017 (GVBl. S. 294), in seiner jeweils geltenden Fassung bleiben unberührt.

Fünfzehnter Abschnitt Fortentwicklung des Vollzugs, kriminologische Forschung

§ 66 Fortentwicklung des Vollzugs, kriminologische Forschung

(1) Der Jugendstrafvollzug ist fortzuentwickeln. Maßnahmen zur Förderung der Gefangenen sind auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu konzipieren, zu standardisieren und auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen.
(2) Der Jugendstrafvollzug, insbesondere seine Aufgabenerfüllung und Gestaltung, die Umsetzung seiner Leitlinien und die Fördermaßnahmen für die Gefangenen sowie deren Wirkungen auf das Erziehungsziel, wird regelmäßig durch den kriminologischen Dienst in Zusammenarbeit mit Hochschulen oder anderen Stellen wissenschaftlich begleitet und erforscht. Die Ergebnisse dienen dem öffentlichen Interesse und sind für die Fortentwicklung des Vollzugs nutzbar zu machen.
(3) In die Untersuchung ist einzubeziehen, ob die Gefangenen nach der Entlassung in der Lage sind, in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen und ob sich Zusammenhänge mit den in Abs. 1 Satz 2 genannten Maßnahmen feststellen lassen. Die Ergebnisse dienen dem öffentlichen Interesse und sind für die Fortentwicklung des Vollzugs nutzbar zu machen.
(4) Zum Zweck der wissenschaftlichen Forschung können die Anstalten und die Aufsichtsbehörde Daten über den Jugendstrafvollzug und die eine Jugendstrafe verbüßenden Gefangenen verarbeiten, insbesondere erheben und an die in Abs. 2 genannten Stellen übermitteln. Dazu gehören insbesondere Angaben über
1.
die Anstalten und deren Personalausstattung einschließlich Dritter nach § 7,
2.
die bei der Feststellung des Förderbedarfs nach § 9 Abs. 2 ermittelten Umstände,
3.
den Vollstreckungs- und Vollzugsverlauf sowie
4.
die Ausgestaltung des Vollzugs, namentlich die Durchführung von Fördermaßnahmen.
(5) Für die Übermittlung personenbezogener Daten gilt § 476 der Strafprozessordnung mit der Maßgabe entsprechend, dass
1.
auch elektronisch gespeicherte personenbezogene Daten übermittelt werden können und
2.
besondere Kategorien personenbezogener Daten nach § 41 Nr. 15 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes nur übermittelt werden, soweit dies für den Zweck nach § 476 Abs. 1 Nr. 1 der Strafprozessordnung unbedingt erforderlich ist.
(6) Die Gestaltung der Voraussetzungen für eine wissenschaftliche Begleitung obliegt der Aufsichtsbehörde.

Sechzehnter Abschnitt Aufbau der Anstalten

§ 67 Grundsatz

Die bauliche Gestaltung und Organisation der Anstalten, ihre personelle Ausstattung und die Zuweisung sachlicher Mittel sind am Erziehungsziel, den besonderen Bedürfnissen der Gefangenen und den Sicherheitserfordernissen auszurichten.

§ 68 Anstalten

(1) Die Jugendstrafe wird in Jugendstrafvollzugsanstalten oder getrennten Abteilungen einer Anstalt des Erwachsenenvollzugs (Anstalten) vollzogen. § 89b Abs. 1 des Jugendgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Weibliche und männliche Gefangene werden getrennt voneinander untergebracht. Bei Personen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen oder wenn Sicherheit und Ordnung der Anstalt dies erfordern, erfolgt die Unterbringung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles. Minderjährige und volljährige Gefangene werden ebenfalls getrennt voneinander untergebracht, sofern nicht ein anderes Vorgehen als dem Wohl der minderjährigen Gefangenen dienlich erachtet wird.
(2) Die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Anstalten wird im Vollstreckungsplan durch die Aufsichtsbehörde nach allgemeinen Merkmalen geregelt. Zur Vorbereitung der Entscheidungen nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 können die beteiligten Anstalten eine Einweisungskommission einrichten, die sich aus von den Anstaltsleitungen bestimmten Bediensteten zusammensetzt.
(3) In Anstalten des geschlossenen Vollzugs gewährleisten besondere bauliche und technische Vorkehrungen eine sichere Unterbringung der Gefangenen. Einrichtungen des offenen Vollzugs sehen nur verminderte oder keine Vorkehrungen gegen Entweichungen vor.
(4) Die Anstalten gliedern sich in Vollzugsabteilungen, in denen eine auf den unterschiedlichen Förderbedarf der Gefangenen abgestimmte Behandlung zu gewährleisten ist. Die Abteilungen bestehen aus Wohngruppen, zu denen neben den Hafträumen weitere Räume zur gemeinsamen Nutzung gehören und deren Größe und Ausgestaltung sich nach dem Erziehungsziel bemisst. Eine Wohngruppe soll in der Regel aus nicht mehr als acht Gefangenen bestehen. Aus erzieherischen Gründen oder Gründen der Vollzugsorganisation können bis zu zwei weitere Gefangene aufgenommen werden.
(5) In den Anstalten werden nach Bedarf sozialtherapeutische Abteilungen eingerichtet.
(6) Räume für den Aufenthalt während der Ruhe- und Freizeit sowie Gemeinschafts- und Besuchsräume müssen eine hinreichende Grundfläche und lichte Höhe haben und ausreichend mit Heizung, Lüftung und Fensterfläche ausgestattet sein. Sie sind zweckentsprechend auszugestalten.
(7) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit für jede Anstalt fest. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine ausreichende Anzahl von Plätzen für Ausbildung und Weiterbildung, Arbeit sowie von Räumen für Seelsorge, Freizeit, Sport, therapeutische Maßnahmen und Besuche zur Verfügung steht.
(8) Hafträume dürfen nicht mit mehr Personen als vorgesehen belegt werden. Ausnahmen hiervon sind nur vorübergehend und nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde zulässig.

§ 69 Einrichtungen der schulischen und beruflichen Bildung, Arbeit

(1) Einrichtungen zur schulischen und beruflichen Bildung und zur arbeitstherapeutischen Beschäftigung sind für mindestens 75 vom Hundert der Gefangenen vorzuhalten. Für die übrigen Gefangenen ist geeignete Arbeit vorzusehen.
(2) Bildung und Beschäftigung können auch durch nicht staatliche Stellen organisiert und durchgeführt werden.
(3) Gemeinsame Aus- und Fortbildungsmaßnahmen von nach Jugendstrafrecht und nach allgemeinem Strafrecht Verurteilten sind in begründeten Ausnahmefällen zulässig.

§ 70 Unterbringung von Gefangenen mit Kindern

(1) Nicht schulpflichtige Kinder von Gefangenen können mit Einwilligung der Inhaberin oder des Inhabers des Aufenthaltbestimmungsrechts mit ihnen gemeinsam in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht werden, wenn dies dem Kindeswohl entspricht. Vor der Unterbringung ist das Jugendamt zu hören.
(2) Die Unterbringung erfolgt auf Kosten der für das Kind Unterhaltspflichtigen. Von der Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs kann abgesehen werden, wenn hierdurch die gemeinsame Unterbringung gefährdet würde.

§ 71 Anstaltsleitung

(1) Die Anstaltsleitung (Anstaltsleiterin oder Anstaltsleiter) vertritt die Anstalt nach außen und trägt die Verantwortung für den gesamten Vollzug. Sie kann bestimmte Entscheidungsbefugnisse auf andere Vollzugsbedienstete oder andere Vollzugsbehörden übertragen. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Zustimmung zur Übertragung vorbehalten.
(2) Für jede Anstalt ist eine Beamtin oder ein Beamter des höheren Dienstes zur hauptamtlichen Leitung zu bestellen.
(3) Zur Vorbereitung grundlegender Entscheidungen im Vollzug, insbesondere zur Aufstellung und Fortschreibung des Förderplanes und zur Entwicklung und Wahrung einheitlicher Qualitätsstandards, richtet die Anstaltsleitung Konferenzen mit den an der Behandlung maßgeblich Beteiligten ein.

§ 72 Vollzugsbedienstete

(1) Die Aufgaben der Anstalt werden von Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamten wahrgenommen. Aus besonderen Gründen können sie auch anderen Bediensteten sowie nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden. Nicht hoheitliche Aufgaben können vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden.
(2) Für jede Anstalt ist die erforderliche Anzahl von Bediensteten, insbesondere des sozialen, pädagogischen und psychologischen Dienstes, des allgemeinen Vollzugsdienstes, des Werkdienstes, des medizinischen Dienstes sowie der Verwaltung vorzusehen.
(3) Das Personal muss für die erzieherische Gestaltung des Jugendstrafvollzugs persönlich geeignet und fachlich qualifiziert sein. Fortbildungen sowie Praxisberatung und Praxisbegleitung für die Bediensteten werden regelmäßig durchgeführt.
(4) Die Bediensteten werden den Abteilungen und Wohngruppen sowie den Ausbildungs- und Arbeitsstätten zugeordnet. Eine erzieherische Betreuung in den Wohngruppen ist auch in der ausbildungs- und arbeitsfreien Zeit der Gefangenen, insbesondere am Wochenende, in dem erforderlichen Umfang zu gewährleisten.
(5) Alle im Jugendstrafvollzug Tätigen arbeiten zusammen und wirken daran mit, dessen Ziele zu verwirklichen.

§ 73 Seelsorgerinnen und Seelsorger

(1) Die Seelsorgerin oder der Seelsorger wird im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet.
(2) Wenn die geringe Zahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Abs. 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zu ermöglichen.
(3) Mit Zustimmung der Anstaltsleitung kann sich die Anstaltsseelsorge außenstehender Personen bedienen und sie insbesondere zur Mitwirkung an Gottesdiensten und anderen religiösen Veranstaltungen hinzuziehen.

§ 74 Mitverantwortung der Gefangenen

Den Gefangenen soll ermöglicht werden, an sie gemeinsam betreffenden Angelegenheiten mitzuwirken, die hierfür geeignet sind. Dies gilt insbesondere für das Zusammenleben in ihrer Wohngruppe und auch für die Gesamtbelange der Anstalt. Die Einrichtung von Gremien der Mitwirkung wird von der Anstalt gefördert und begleitet.

§ 75 Hausordnung

(1) Die Anstaltsleitung erlässt eine Hausordnung.
(2) In die Hausordnung sind insbesondere Regelungen aufzunehmen über Besuchszeit, Häufigkeit und Dauer des Besuchs sowie Ausbildungs- und Arbeitszeit, Freizeit und Ruhezeit.

Siebzehnter Abschnitt Aufsicht über die Anstalten, Beiräte

§ 76 Aufsichtsbehörde

(1) Die Aufsicht über die Anstalten führt das Hessische Ministerium der Justiz.
(2) Die Aufsichtsbehörde bestimmt die Leitlinien des Vollzugs und sorgt in Zusammenarbeit mit den Anstalten für die Qualitätssicherung.
(3) Soweit sich die Aufsichtsbehörde zur Ausübung der Fachaufsicht fachlicher Beratung bedient, findet § 60 Abs. 6 keine Anwendung, soweit dieser die Weitergabe von Daten nach § 61 Abs. 2 ausschließt.

§ 77 Beiräte

(1) Bei den Anstalten sind ehrenamtliche Beiräte zu bilden. Die Mitglieder sollen in der Erziehung junger Menschen erfahren und befähigt sein. Vollzugsbedienstete dürfen nicht Mitglieder der Beiräte sein. Die für Strafvollstreckungs- und Strafvollzugsrecht zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Bestellung, die Amtszeit und die Abberufung der Mitglieder zu regeln.
(2) Der Beirat wirkt bei der Gestaltung des Vollzugs und bei der Betreuung der Gefangenen mit. Er unterstützt die Anstaltsleitung durch Anregungen und hilft bei der Eingliederung der Gefangenen.
(3) Der Beirat kann insbesondere Wünsche, Anregungen und Beanstandungen entgegennehmen. Er kann sich über die Unterbringung, Verpflegung, ärztliche Versorgung und Behandlung, schulische und berufliche Bildung sowie Beschäftigung unterrichten. Hierzu können die Mitglieder des Beirats die Anstalt und ihre Einrichtungen besichtigen und die Gefangenen in ihren Räumen aufsuchen.
(4) Die Mitglieder des Beirats sind, auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit, verpflichtet, über alle im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt nicht für Mitteilungen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind, oder über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

Achtzehnter Abschnitt Schlussvorschriften

§ 78 Einschränkung von Grundrechten

Aufgrund dieses Gesetzes können eingeschränkt werden die Grundrechte auf
1.
die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes und Art. 3 der Verfassung des Landes Hessen),
2.
die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes und Art. 5 der Verfassung des Landes Hessen),
3.
das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Abs. 1 des Grundgesetzes und Art. 12 der Verfassung des Landes Hessen),
4.
das Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes und Art. 4 der Verfassung des Landes Hessen) sowie
5.
die informationelle Selbstbestimmung (Art. 12a der Verfassung des Landes Hessen).

§ 79 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2008 in Kraft. Abweichend hiervon tritt § 68 Abs. 4 Satz 3 und 4 am 1. Januar 2010 in Kraft.
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