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Hinterlegungsgesetz (HintG) Vom 8. Oktober 2010

Hinterlegungsgesetz (HintG) Vom 8. Oktober 2010
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Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. September 2022 (GVBl. S. 458)
Fußnoten
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Verkündet als Artikel 1 des Gesetzes zur Einführung eines Hinterlegungsgesetzes und zur Änderung des Hessischen Justizkostengesetzes vom 8. Oktober 2010 (GVBl. I S. 306)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Hinterlegungsgesetz (HintG) vom 8. Oktober 201001.12.2010
ERSTER TEIL - Allgemeine Bestimmungen01.12.2010
§ 1 - Hinterlegungsstellen, Hinterlegungskasse01.12.2010
§ 2 - Übertragung der Aufgaben01.01.2023
§ 3 - Abgabe an eine andere Hinterlegungsstelle01.12.2010
§ 4 - Einsichtsrecht, elektronische Aktenführung01.01.2023
§ 5 - Rechtsbehelfe01.01.2023
ZWEITER TEIL - Annahme01.12.2010
§ 6 - Hinterlegungsfähige Gegenstände01.12.2010
§ 7 - Annahme zur Hinterlegung01.12.2010
§ 8 - Antrag der hinterlegenden Person, elektronisches Dokument01.01.2023
§ 9 - Einzahlung oder Einlieferung vor Stellung des Annahmeantrages01.12.2010
§ 10 - Verfahren nach Erlass der Annahmeanordnung01.12.2010
DRITTER TEIL - Verwaltung der Hinterlegungsmasse01.12.2010
§ 11 - Zahlungsmittel01.12.2010
§ 12 - Verzinsung03.04.2015
§ 13 - Wertpapiere, Urkunden, Kostbarkeiten01.12.2010
§ 14 - Besorgung von Wertpapiergeschäften während der Hinterlegung01.12.2010
VIERTER TEIL - Benachrichtigungen01.12.2010
§ 15 - Benachrichtigung der Gläubigerin oder des Gläubigers01.12.2010
§ 16 - Benachrichtigung der Ausstellerin oder des Ausstellers eines Sparbuches01.12.2010
§ 17 - Benachrichtigung des Nachlassgerichts01.12.2010
§ 18 - Benachrichtigung des Betreuungs- und Familiengerichts01.12.2010
§ 19 - Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft01.12.2010
§ 20 - Benachrichtigung der Hinterlegungskasse01.12.2010
FÜNFTER TEIL - Herausgabe01.12.2010
§ 21 - Herausgabeanordnung01.12.2010
§ 22 - Herausgabeantrag, Empfangsberechtigung01.01.2023
§ 23 - Bescheinigung, öffentliche Beglaubigung01.01.2023
§ 24 - Herausgabeersuchen01.12.2010
§ 25 - Nachweis der Klageerhebung01.12.2010
§ 26 - Herausgabeort01.12.2010
SECHSTER TEIL - Erlöschen des Anspruchs auf Herausgabe01.12.2010
§ 27 - Dreißigjährige Frist01.01.2023
§ 28 - Einunddreißigjährige Frist01.01.2023
§ 29 - Erneuter Fristbeginn01.12.2010
§ 30 - Verfall der Hinterlegungsmasse01.12.2010
SIEBTER TEIL - Hinterlegung in besonderen Fällen01.12.2010
§ 31 - Genehmigung der Aufsichtsbehörde einer Stiftung01.12.2010
§ 32 - Übergangsvorschriften01.01.2023
§ 33 - Inkrafttreten22.12.2012

ERSTER TEIL Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Hinterlegungsstellen, Hinterlegungskasse

(1) Die Hinterlegungsgeschäfte werden von Hinterlegungsstellen und der Hinterlegungskasse wahrgenommen.
(2) Hinterlegungsstellen sind die Amtsgerichte.
(3) Hinterlegungskasse ist die Gerichtskasse Frankfurt am Main.
(4) Die Ministerin oder der Minister der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ein Amtsgericht als Hinterlegungsstelle für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte zu bestimmen.

§ 2 Übertragung der Aufgaben

Die Geschäfte der Hinterlegungsstelle werden der Rechtspflegerin oder dem Rechtspfleger übertragen. Die §§ 5 bis 11 des Rechtspflegergesetzes in der Fassung vom 14. April 2013 (BGBl. I S. 778, 2014 I S. 46), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3490), sind nicht anzuwenden.

§ 3 Abgabe an eine andere Hinterlegungsstelle

(1) Die Hinterlegungsstelle kann eine bei ihr anhängige Sache aus wichtigem Grund an eine andere Hinterlegungsstelle abgeben, wenn diese zur Übernahme bereit ist. Einigen sich die Stellen nicht, entscheidet die gemeinsame Aufsichtsbehörde. Die übernehmende Hinterlegungsstelle hat die Beteiligten von der Abgabe zu unterrichten.
(2) Ausschließlich zuständig für die Hinterlegung von Mietzins und Pachtzins für Grundstücke und Räume ist die Hinterlegungsstelle, in deren Bezirk das Grundstück liegt.

§ 4 Einsichtsrecht, elektronische Aktenführung

(1) Den Beteiligten ist Einsicht in die Hinterlegungsakten zu gestatten, soweit nicht überwiegende Interessen einer beteiligten Person entgegenstehen.
(2) Die Hinterlegungsakten können vorbehaltlich des Satz 2 elektronisch geführt werden. Die Ministerin oder der Minister der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zu treffen zum Zeitpunkt, von dem an elektronische Hinterlegungsakten zu führen sind, sowie zu den organisatorischtechnischen Rahmenbedingungen für die Bildung, Führung und Aufbewahrung der elektronischen Hinterlegungsakten. § 298a Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 und Abs. 2 sowie § 299 Abs. 3 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

§ 5 Rechtsbehelfe

(1) Gegen die Entscheidungen der Hinterlegungsstelle ist die Beschwerde zulässig; diese hat keine aufschiebende Wirkung. Sie ist schriftlich, in elektronischer Form oder zu Protokoll der Geschäftsstelle bei der Hinterlegungsstelle einzulegen. Hält die Rechtspflegerin oder der Rechtspfleger die Beschwerde für begründet, so hilft sie oder er ab; andernfalls wird über die Beschwerde im Aufsichtsweg entschieden.
(2) Gegen die Entscheidung der Präsidentin oder des Präsidenten des Land- oder Amtsgerichts ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 300-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2099), statthaft.
(3) Ist durch die Entscheidung der Präsidentin oder des Präsidenten des Land- oder Amtsgerichts ein Herausgabeantrag abgelehnt worden, ist nur eine Klage auf Herausgabe gegen das Land auf dem ordentlichen Rechtsweg gegeben. Für die Klage ist ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes das Landgericht zuständig, in dessen Bezirk die Hinterlegungsstelle liegt.

ZWEITER TEIL Annahme

§ 6 Hinterlegungsfähige Gegenstände

Zur Hinterlegung werden Geld, Wertpapiere und sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten angenommen.

§ 7 Annahme zur Hinterlegung

Die Annahme zur Hinterlegung bedarf einer Verfügung der Hinterlegungsstelle (Annahmeanordnung). Die Anordnung ergeht
1.
auf Antrag der hinterlegenden Person, wenn sie
a)
die Tatsachen angibt, die eine Hinterlegung rechtfertigen, oder
b)
nachweist, dass sie durch Entscheidung oder Anordnung der zuständigen Behörde oder des zuständigen Gerichts zur Hinterlegung berechtigt oder verpflichtet ist,
2.
auf Ersuchen der zuständigen Behörde.

§ 8 Antrag der hinterlegenden Person, elektronisches Dokument

(1) Anträge und Erklärungen nach diesem Gesetz sind schriftlich, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument einzureichen. Die Antragstellung zu Protokoll der Geschäftsstelle kann bei jedem Amtsgericht erfolgen; ist der Antrag an eine andere Hinterlegungsstelle gerichtet, ist der Antrag unverzüglich dorthin zu übermitteln. Nachweise können als elektronisches Dokument eingereicht werden, wenn sie in elektronischer Form errichtet sind oder soweit sie nicht im Original oder in besonderer Form vorzulegen sind. Die §§ 130a, 130d und 298 der Zivilprozessordnung, die Elektronischer- Rechtsverkehr-Verordnung vom 24. November 2017 (BGBl. I S. 3803), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Oktober 2021 (BGBl. I S. 4607), sowie die Bekanntmachungen zu § 5 der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung gelten entsprechend. Die Ministerin oder der Minister der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung elektronische Formulare einzuführen. § 130c Satz 2 bis 4 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(2) Im Antrag sind anzugeben:
1.
zur hinterlegenden Person
a)
bei natürlichen Personen Vor- und Familiennamen, die Anschrift, das Geburtsdatum und gegebenenfalls entsprechende Angaben für eine vertretende Person,
b)
bei juristischen Personen und Handelsgesellschaften die Firma, die Anschrift, die gesetzliche Vertreterin oder der gesetzliche Vertreter sowie gegebenenfalls Handelsregisternummer und Sitz des Amtsgerichts, bei dem die Eintragung erfolgt ist;
2.
die Tatsachen, welche die Hinterlegung rechtfertigen, und falls die Angelegenheit, in der hinterlegt wird, bei einer Behörde oder einem Gericht anhängig ist, die Bezeichnung der Sache und der Behörde oder des Gerichts und des Aktenzeichens;
3.
bei der Hinterlegung von Geld der Betrag und, falls andere als gesetzliche und gesetzlich zugelassene Zahlungsmittel hinterlegt werden, die Geldsorten;
4.
bei der Hinterlegung von Wertpapieren
a)
Zinssatz, Gattung, Jahrgang, Reihe, Buchstaben, Nummer, Nennbetrag, internationale Kennnummer für Wertpapiere (ISIN) und sonst vorhandene Unterscheidungsmerkmale,
b)
die zu den Wertpapieren gehörigen Erneuerungs-, Zins- oder Gewinnanteilscheine; werden Scheine hinterlegt, die zu bereits hinterlegten Wertpapieren gehören, soll auf den wegen der Wertpapiere selbst gestellten Antrag hingewiesen werden;
5.
bei der Hinterlegung von sonstigen Urkunden die genaue Bezeichnung und der angegebene Wertbetrag;
6.
bei der Hinterlegung von Kostbarkeiten Gattung, Stoff und sonst vorhandene Unterscheidungsmerkmale sowie der Wert.
Geldbeträge sind in Ziffern und in Buchstaben anzugeben. Der Antrag soll auch die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben enthalten, sofern eine solche möglich ist.
(3) In dem Antrag sind, soweit bekannt, die infrage kommenden empfangsberechtigten Personen mit den in Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 aufgeführten Angaben zu bezeichnen und deren Konten anzugeben. Wird zur Befreiung einer Schuldnerin oder eines Schuldners von ihrer oder seiner Verbindlichkeit hinterlegt, ist in dem Antrag ferner die Gläubigerin oder der Gläubiger, für die oder den hinterlegt wird, mit den in Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 aufgeführten Angaben zu bezeichnen; bei Ungewissheit über die Gläubigerin oder den Gläubiger sind alle infrage kommenden Personen aufzuführen. Außerdem ist anzugeben, warum die Schuldnerin oder der Schuldner ihre oder seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann. Wird das Recht der Gläubigerin oder des Gläubigers zum Empfang des hinterlegten Gegenstandes von der Bewirkung einer Gegenleistung abhängig gemacht, ist die Gegenleistung anzugeben. Bei einer Hinterlegung für unbekannte Erben ist auch die Person der Erblasserin oder des Erblassers entsprechend Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a mit der Maßgabe zu bezeichnen, dass statt der Anschrift der letzte Wohnsitz und zusätzlich das Sterbedatum anzugeben sind.
(4) Bei einer Hinterlegung zum Ausschluss des Gläubigers nach § 1171 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des § 67 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-4, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 91), ist dem Antrag ein Nachweis über die Einleitung des Aufgebotsverfahrens beizufügen.
(5) Ist die antragstellende Person durch eine Entscheidung oder Anordnung einer Behörde oder eines Gerichts zur Hinterlegung berechtigt oder verpflichtet, so ist dem Antrag die Entscheidung oder Anordnung in Urschrift, Ausfertigung oder Abschrift beizufügen. Ist die Entscheidung oder Anordnung von dem Gericht erlassen worden, zu dem die Hinterlegungsstelle gehört, genügt die Bezugnahme auf die Akten.
(6) Bei weiteren Hinterlegungen in derselben Angelegenheit kann auf den ersten Antrag Bezug genommen werden.
(7) Entscheidungen der Hinterlegungsstellen und Protokolle können in elektronischer Form erstellt werden. §§ 130b und 317 Abs. 3 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Entscheidungen der Hinterlegungsstellen sollen schriftlich oder in elektronischer Form ergehen.

§ 9 Einzahlung oder Einlieferung vor Stellung des Annahmeantrages

(1) Liegt bei der Einzahlung oder Einlieferung kein Annahmeantrag vor, so hat die Hinterlegungsstelle die einzahlende oder einliefernde Person aufzufordern, binnen einer zu bestimmenden Frist die Antragstellung nachzuholen und zugleich darauf hinzuweisen, dass andernfalls nach Ablauf der Frist die Rückzahlung oder -sendung erfolgt. Entspricht der Antrag nicht den Anforderungen des § 8, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die zu behebenden Mängel anzugeben sind.
(2) Die Rückzahlung oder -sendung wird von der Hinterlegungsstelle angeordnet.

§ 10 Verfahren nach Erlass der Annahmeanordnung

(1) Die Hinterlegungsstelle hat der hinterlegenden Person eine Durchschrift der Annahmeanordnung zu übersenden oder auszuhändigen. Sofern bei Erlass der Annahmeanordnung nicht bereits eingezahlt oder eingeliefert ist, ist zugleich mit der Übersendung oder Aushändigung nach Satz 1
1.
die hinterlegende Person aufzufordern, binnen einer zu bestimmenden Frist bei der zuständigen Hinterlegungskasse unter Angabe der Hinterlegungsstelle und des Aktenzeichens der Hinterlegungssache entgeltfrei den Gegenstand einzuzahlen oder einzuliefern,
2.
die Anschrift und im Falle einer Geldhinterlegung die Bankverbindung der Hinterlegungskasse mitzuteilen und
3.
darauf hinzuweisen, dass bei nicht fristgerechter Einzahlung oder Einlieferung der Antrag als zurückgenommen gilt.
(2) In der Annahmeanordnung ist die Hinterlegungskasse zu ersuchen, die Anordnung zurückzugeben, falls nicht innerhalb der Frist eingezahlt oder eingeliefert wird.

DRITTER TEIL Verwaltung der Hinterlegungsmasse

§ 11 Zahlungsmittel

(1) Gesetzliche und gesetzlich zugelassene Zahlungsmittel gehen in das Eigentum des Landes über.
(2) Andere Zahlungsmittel werden unverändert aufbewahrt. Sie können mit Zustimmung der Beteiligten in gesetzliche oder gesetzlich zugelassene Zahlungsmittel umgewechselt werden. Der Reinerlös geht in das Eigentum des Landes über.

§ 12 Verzinsung

Hinterlegtes Geld wird nicht verzinst. Dies gilt auch für Beträge, die aus der Einlösung von Wertpapieren, Zins- und Gewinnanteilscheinen oder in ähnlicher Weise anfallen.

§ 13 Wertpapiere, Urkunden, Kostbarkeiten

(1) Wertpapiere können als stückelose Wertpapiere hinterlegt oder während der Hinterlegung in stückelose Wertpapiere umgewandelt werden. Sonstige Urkunden und Kostbarkeiten werden unverändert aufbewahrt.
(2) Die Hinterlegungsstelle kann durch eine Sachverständige oder einen Sachverständigen den Wert von Kostbarkeiten schätzen oder ihre Beschaffenheit feststellen lassen. Die Kosten trägt die hinterlegende Person.

§ 14 Besorgung von Wertpapiergeschäften während der Hinterlegung

(1) Die Hinterlegungsstelle hat die Verwaltung und Verwahrung hinterlegter Wertpapiere durch ein geeignetes Kreditinstitut anzuordnen, wenn
1.
zu erwarten ist, dass die Hinterlegung länger als drei Monate dauern wird,
2.
die Hinterlegung drei Monate angedauert hat oder
3.
eine beteiligte Person dies beantragt und hierzu zwingende Gründe, insbesondere einen drohenden Rechtsverlust darlegt.
In den Fällen des Satz 1 Nr. 2 sind unerledigte Geschäfte nach Abs. 2 alsbald nachzuholen.
(2) Im Rahmen der Verwaltung nach Abs. 1 werden während der Hinterlegung besorgt
1.
die Einlösung von Wertpapieren, die ausgelost, gekündigt oder aus einem anderen Grunde fällig sind, sowie der Umtausch, die Abstempelung oder dergleichen bei Wertpapieren, die hierzu aufgerufen sind; ist die Einlösung neben anderen Möglichkeiten vorgesehen, so wird die Einlösung besorgt; ist ein Spitzenbetrag vorhanden, dessen Umtausch oder dergleichen nicht möglich ist, kann die Hinterlegungsstelle seine bestmögliche Verwertung anordnen;
2.
die Einlösung fälliger Zins- und Gewinnanteilscheine;
3.
die Beschaffung von neuen Zins- und Gewinnanteilscheinen sowie von Erneuerungsscheinen dazu.
Ist die Besorgung eines Geschäfts nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 bei ausländischen Wertpapieren mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten oder Kosten verbunden, kann die Hinterlegungsstelle stattdessen die bestmögliche Verwertung anordnen.
(3) Die Geschäfte nach Abs. 2 werden nur besorgt, wenn
1.
die Notwendigkeit zu ihrer Vornahme aus
a)
dem Bundesanzeiger,
b)
einer von der Justizverwaltung bestimmten Verlosungstabelle oder
c)
den Wertpapieren selbst
hervorgeht oder
2.
eine beteiligte Person die Vornahme eines Geschäfts nach Abs. 2 beantragt und die Voraussetzungen für die Vornahme dargetan hat.
In den Fällen des Satz 1 kann die Hinterlegungsstelle anordnen, dass die Besorgung der Geschäfte nach Abs. 2 unterbleibt, wenn wichtige Gründe entgegenstehen. Die bei Erlass der Anordnung an der Hinterlegung beteiligten Personen sind hiervon alsbald zu benachrichtigen, soweit dies ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten möglich ist.
(4) Die Hinterlegungsstelle kann auf Antrag einer beteiligten Person
1.
eine von Abs. 2 abweichende Regelung treffen,
2.
anordnen, dass bei Wertpapieren weitere Geschäfte besorgt werden, wenn ein besonderes Bedürfnis hierfür hervorgetreten ist,
3.
anordnen, dass hinterlegtes Geld zum Ankauf von bestimmten Wertpapieren verwendet wird.
Sie hat vorher die übrigen Beteiligten zu hören, soweit dies ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten möglich ist.

VIERTER TEIL Benachrichtigungen

§ 15 Benachrichtigung der Gläubigerin oder des Gläubigers

(1) Ist zur Befreiung von einer Verbindlichkeit hinterlegt, soll die Hinterlegungsstelle die Schuldnerin oder den Schuldner unter Bezugnahme auf § 382 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auffordern, binnen drei Monaten nach Aufforderung nachzuweisen, dass und wann die Gläubigerin oder der Gläubiger die Hinterlegungsanzeige nach § 374 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs empfangen hat. Wird der Nachweis nicht fristgerecht geführt, ist die Hinterlegungsstelle ermächtigt, im Namen und auf Kosten der Schuldnerin oder des Schuldners die Anzeige zu machen; die Aufforderung nach Satz 1 muss einen Hinweis auf diese Rechtsfolge enthalten.
(2) Die Aufforderung und die Anzeige nach Abs. 1 sind nach den §§ 166 bis 190 der Zivilprozessordnung von Amts wegen zuzustellen. Die Aufforderung soll alsbald erfolgen. Die Anzeige kann die Hinterlegungsstelle bis zum Ablauf eines Jahres seit der Hinterlegung aussetzen.

§ 16 Benachrichtigung der Ausstellerin oder des Ausstellers eines Sparbuches

Die Hinterlegungsstelle hat die Ausstellerin oder den Aussteller eines Sparbuches von dessen Hinterlegung zu benachrichtigen.

§ 17 Benachrichtigung des Nachlassgerichts

Die Hinterlegungsstelle hat, außer bei Hinterlegungen nach § 1960 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzesbuches, das zuständige Nachlassgericht
1.
von der Hinterlegung für unbekannte Erben zu benachrichtigen, wenn aus den Hinterlegungsakten nicht ersichtlich ist, dass dem Nachlassgericht die Hinterlegung bereits bekannt ist, und
2.
sämtliche in den Hinterlegungsakten enthaltenen Angaben über die Person der Erblasserin oder des Erblassers mitzuteilen.

§ 18 Benachrichtigung des Betreuungs- und Familiengerichts

Erfolgt die Hinterlegung im Rahmen eines Betreuungsverfahrens oder für eine minderjährige Person, hat die Hinterlegungsstelle das jeweils zuständige Gericht zu benachrichtigen. Die Hinterlegungsstelle hat das Betreuungs- oder Familiengericht von einer Hinterlegung für eine Betreute oder einen Betreuten oder für eine minderjährige Person zu benachrichtigen, wenn diese nicht im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit steht und nicht auf einer Anordnung des Betreuungs- oder Familiengerichts beruht.

§ 19 Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft

Die Hinterlegungsstelle hat die zuständige Staatsanwaltschaft unverzüglich von der Hinterlegung einer Sicherheit nach § 116 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 oder § 116a Abs. 1 und 2 der Strafprozessordnung zu benachrichtigen.

§ 20 Benachrichtigung der Hinterlegungskasse

Die Hinterlegungsstelle hat unverzüglich die Hinterlegungskasse von Abtretungen, Pfändungen, Gesamtvollstreckungen und ähnlichen Veränderungen sowie von deren Aufhebung oder Erledigung zu benachrichtigen.

FÜNFTER TEIL Herausgabe

§ 21 Herausgabeanordnung

(1) Die Herausgabe bedarf einer Verfügung der Hinterlegungsstelle (Herausgabeanordnung). Die Herausgabeanordnung ergeht
1.
auf Antrag, wenn die Empfangsberechtigung nachgewiesen ist,
2.
auf Ersuchen der zuständigen Behörde an sie selbst oder an eine vor ihr bezeichnete Stelle oder Person.
(2) Soll die Herausgabe einer Sache von der Zahlung der Kosten abhängig gemacht werden, ist die Herausgabeanordnung erst zu erlassen, wenn die Kosten eingezahlt sind.

§ 22 Herausgabeantrag, Empfangsberechtigung

(1) Der Herausgabeantrag ist schriftlich, in elektronischer Form oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu stellen. Wird hinterlegtes Geld herausverlangt, soll eine Bankverbindung der empfangsberechtigten Person angegeben werden.
(2) Die Empfangsberechtigung ist nachgewiesen, wenn
1.
die Beteiligten die Herausgabe an die Antragstellerin oder den Antragsteller schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift der Hinterlegungsstelle oder eines Gerichts, auch gegenüber einer Urkundsbeamtin oder einem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, bewilligt oder in gleicher Weise anerkannt haben oder
2.
die Empfangsberechtigung der Antragstellerin oder des Antragstellers durch rechtskräftige Entscheidung mit Wirkung gegen die Beteiligten oder das Land festgestellt ist.
Befindet sich der Nachweis der Empfangsberechtigung bei den Akten des Gerichts, zu dem die Hinterlegungsstelle gehört, so genügt die Bezugnahme auf diese Akten.
(3) Kann die Herausgabeanordnung nicht ausgeführt werden, weil die Empfängerin oder der Empfänger die Annahme verweigert oder weil die Sendung als unzustellbar zurückkommt, hat die Hinterlegungsstelle eine erneute Annahmeanordnung zu erlassen.
(4) Die Hinterlegungsstelle kann die Herausgabeanordnung aussetzen oder zurücknehmen, wenn nach ihrem Erlass Umstände bekannt werden, die ihrer Ausführung entgegenstehen.

§ 23 Bescheinigung, öffentliche Beglaubigung

Die für den Nachweis der Empfangsberechtigung wesentliche Erklärung einer beteiligten Person ist schriftlich oder in elektronischer Form abzugeben. Die Hinterlegungsstelle kann verlangen, dass die Echtheit der Unterschrift durch eine zur Führung eines öffentlichen Siegels berechtigte Person unter Beidrückung ihres Siegels oder Stempels bescheinigt wird. Sie kann auch verlangen, dass die Unterschrift öffentlich beglaubigt wird. Das Gleiche gilt, wenn eine Vollmachtsurkunde eingereicht wird.

§ 24 Herausgabeersuchen

(1) Bei Herausgabeersuchen nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 hat die Hinterlegungsstelle nicht zu prüfen, ob diese sachlich gerechtfertigt sind. Bei Ersuchen von
1.
Gerichten,
2.
obersten Bundes- oder Landesbehörden und diesen unmittelbar nachgeordneten oberen Bundes- oder Landesbehörden
hat sie auch deren Zuständigkeit nicht zu prüfen.
(2) Sind der Hinterlegungsstelle Umstände bekannt, die der Herausgabe an eine von dem ersuchenden Gericht oder der ersuchenden Behörde benannten Person entgegenstehen können und von dem ersuchenden Gericht oder der ersuchenden Behörde nicht berücksichtigt wurden, sind sie diesem oder dieser mitzuteilen. Der Erlass der Herausgabeanordnung oder deren Vollzug ist bis zur Mitteilung, ob das Ersuchen aufrechterhalten bleibt, auszusetzen.

§ 25 Nachweis der Klageerhebung

(1) Ist das Verlangen weiterer Nachweise von der die Herausgabe beantragenden Person unbillig, kann die Hinterlegungsstelle anordnen, dass Beteiligte, welche eine Erklärung nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 nicht abgegeben haben, binnen einer Frist nachweisen, dass sie wegen ihrer Ansprüche Klage erhoben haben. Erfolgt der Nachweis nicht innerhalb der Frist, gilt die Herausgabe als bewilligt; in der Anordnung nach Satz 1 ist auf diese Rechtsfolge hinzuweisen. Die Frist nach Satz 1 muss mindestens einen Monat betragen und beginnt mit der Rechtskraft der Anordnung.
(2) Die Anordnung nach Abs. 1 ist der Empfängerin oder dem Empfänger und der antragstellenden Person nach den §§ 166 bis 190 der Zivilprozessordnung von Amts wegen zuzustellen. Die Beschwerde nach § 5 Abs. 1 ist binnen zwei Wochen ab Zustellung der Anordnung bei der Hinterlegungsstelle einzulegen; im Falle der Versäumung dieser Frist gelten die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach den §§ 230 bis 238 der Zivilprozessordnung entsprechend, mit der Maßgabe, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur zulässig ist, solange die Herausgabe noch nicht erfolgt ist. Für die Entscheidung der Präsidentin oder des Präsidenten des Land- oder Amtsgerichts nach § 5 Abs. 2 gilt Satz 1 entsprechend.

§ 26 Herausgabeort

Das Land ist nicht verpflichtet, die Hinterlegungsmasse an einem anderen Ort als dem Sitz der Hinterlegungsstelle herauszugeben.

SECHSTER TEIL Erlöschen des Anspruchs auf Herausgabe

§ 27 Dreißigjährige Frist

(1) Der Herausgabeanspruch erlischt vorbehaltlich des § 28 mit Ablauf von 30 Jahren nach der Hinterlegung, wenn zu diesem Zeitpunkt kein Herausgabeantrag, der den Anforderungen des § 22 entspricht, vorliegt.
(2) Bei Hinterlegungen aufgrund der §§ 1814 und 1818, jeweils auch in Verbindung mit § 1667 Abs. 2 Satz 2, § 1908i Abs. 1 Satz 1 und § 1915 Abs. 1 Satz 1, des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der am 31. Dezember 2022 geltenden Fassung und aufgrund des § 1844, auch in Verbindung mit § 1667 Abs. 2 Satz 2, § 1798 Abs. 2 Satz 1 und § 1888 Abs. 1, des Bürgerlichen Gesetzbuchs müssen neben der in Abs. 1 genannten Frist 20 Jahre seit dem Zeitpunkt abgelaufen sein, in dem die elterliche Sorge, die Betreuung, die Vormundschaft oder die Pflegschaft beendet ist. Dies gilt nicht bei Abwesenheitspflegschaften nach § 1911 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der am 31. Dezember 2022 geltenden Fassung sowie nach § 1884 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

§ 28 Einunddreißigjährige Frist

(1) Abweichend von § 27 Abs. 1 erlischt der Herausgabeanspruch für
1.
die hinterlegende Person in den Fällen des § 382 und des § 1171 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie des § 67 Abs. 3 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken und
2.
für ehemalige Eigentümer in den Fällen des § 117 Abs. 2 Satz 3, des § 120 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit § 121 Abs. 2 und § 124 Abs. 2, und des § 126 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 310-14, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Juni 2022 (BGBl. I S. 959),
mit dem Ablauf von 31 Jahren, wenn zu diesem Zeitpunkt kein Herausgabeantrag, der den Anforderungen des § 22 entspricht, vorliegt.
(2) Die Frist nach Abs. 1 beginnt in den Fällen
1.
des § 382 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit dem Zeitpunkt, in dem die Gläubigerin oder der Gläubiger die Anzeige von der Hinterlegung empfangen hat, oder, falls die Anzeige untunlich war und deshalb unterblieben ist, mit der Hinterlegung,
2.
des § 1171 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie des § 67 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken mit dem Erlass des Beschlusses, durch den die Gläubigerin oder der Gläubiger mit ihrem oder seinem Recht ausgeschlossen wird; das Gericht hat den Ausschließungsbeschluss der Hinterlegungsstelle mitzuteilen,
3.
des § 117 Abs. 2 Satz 3, des § 124 Abs. 2 und des § 126 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung mit der Hinterlegung,
4.
des § 120 Abs. 1 Satz 1 und des § 121 Abs. 2 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung
a)
mit dem Zeitpunkt, in dem die Bedingung eingetreten ist, unter der hinterlegt ist,
b)
mit Ablauf von zehn Jahren seit der Hinterlegung, wenn der Eintritt der Bedingung nicht ermittelt werden kann.
Wenn in den Fällen des Satz 1 Nr. 4 Buchst. b die Bedingung erst in einem späteren Zeitpunkt eintreten konnte, beginnt die Frist mit dem Ablauf von zehn Jahren seit diesem Zeitpunkt.

§ 29 Erneuter Fristbeginn

Hat eine beteiligte Person innerhalb der Frist nach § 27 Abs. 1 angezeigt und nachgewiesen, dass die Gründe für die Hinterlegung fortbestehen, beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem die Anzeige eingegangen ist, von Neuem.

§ 30 Verfall der Hinterlegungsmasse

Mit dem Erlöschen des Anspruchs auf Herausgabe verfällt die Hinterlegungsmasse dem Land.

SIEBTER TEIL Hinterlegung in besonderen Fällen

§ 31 Genehmigung der Aufsichtsbehörde einer Stiftung

In Fällen, in denen Gegenstände, die zu dem Vermögen einer Stiftung gehören, aufgrund stiftungsrechtlicher Vorschriften oder Anordnungen hinterlegt sind, ist zur Herausgabe die Genehmigung der Aufsichtsbehörde der Stiftung erforderlich; zur Herausgabe von Erträgen bedarf es dieser Genehmigung nicht. Die Aufsichtsbehörde der Stiftung kann etwas anderes bestimmen.

§ 32 Übergangsvorschriften

(1) Hinterlegungssachen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes nach Maßgabe der Hinterlegungsordnung anhängig sind, werden nach Maßgabe dieses Gesetzes weitergeführt. Gleiches gilt für anhängige Rechtsbehelfe und Rechtsmittel. Weitere Beschwerden, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes anhängig sind, bleiben zulässig.
(2) Abweichend von Abs. 1 richtet sich die Verzinsung hinterlegten Geldes bis zum 30. November 2010 nach § 8 der Hinterlegungsordnung mit der Maßgabe, dass die Zinsen mit Ablauf des 30. November 2010 fällig sind.
(3) Zinsansprüche, die bis zum 2. April 2015 nach dem bis dahin geltenden Recht entstanden sind, bleiben unberührt. Berechnung und Auszahlung der Zinsen erfolgen nur auf Antrag des Empfangsberechtigten. Der Antrag ist spätestens drei Monate, nachdem der Empfangsberechtigte von dem Erlass der Herausgabeanordnung benachrichtigt worden ist oder in sonstiger Weise vom Erlass der Herausgabeanordnung erfahren hat, bei der Hinterlegungsstelle, die das Hinterlegungsverfahren führt, schriftlich, in elektronischer Form oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu stellen.

§ 33 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Dezember 2010 in Kraft.
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