AuslAufnVO
DE - Landesrecht Schleswig-Holstein

Landesverordnung zur Regelung von Aufgaben und Zuständigkeiten der Ausländerbehörden und bei der Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen sowie Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern und zur Einrichtung und dem Verfahren einer Härtefallkommission (Ausländer- und Aufnahmeverordnung - AuslAufnVO) Vom 27. April 2022

Landesverordnung zur Regelung von Aufgaben und Zuständigkeiten der Ausländerbehörden und bei der Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen sowie Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern und zur Einrichtung und dem Verfahren einer Härtefallkommission (Ausländer- und Aufnahmeverordnung - AuslAufnVO) Vom 27. April 2022
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Zum 09.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: § 2 geändert (Art. 1 LVO v. 07.09.2022, GVOBl. S. 845)
Fußnoten
*)
Verkündet als Artikel 1 der Landesverordnung zur Neufassung der Ausländer- und Aufnahmeverordnung sowie der AsylbLG-Erstattungsverordnung vom 27. April 2022 (GVBl. S. 593)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Landesverordnung zur Regelung von Aufgaben und Zuständigkeiten der Ausländerbehörden und bei der Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen sowie Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern und zur Einrichtung und dem Verfahren einer Härtefallkommission (Ausländer- und Aufnahmeverordnung - AuslAufnVO) vom 27. April 202220.05.2022
Teil 1 - Aufnahme und Zuweisung20.05.2022
§ 1 - Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge20.05.2022
§ 2 - Zuständigkeiten und Aufgaben des Landesamtes01.10.2022
§ 3 - Zuständigkeit der Ausländerbehörden20.05.2022
§ 4 - Verteilung und Zuweisung auf die Kreise und kreisfreien Städte20.05.2022
§ 5 - Landesinterne Umverteilung20.05.2022
§ 6 - Verteilung und Zuweisung auf die Ämter und amtsfreien Gemeinden20.05.2022
§ 7 - Aufenthaltsverpflichtungen20.05.2022
§ 8 - Mitteilungen der Ausländerbeauftragten der Gemeinden20.05.2022
Teil 2 - Härtefallkommission20.05.2022
§ 9 - Härtefallkommission bei der für das Aufenthaltsgesetz zuständigen obersten Landesbehörde20.05.2022
§ 10 - Zusammensetzung der Härtefallkommission20.05.2022
§ 11 - Geschäftsstelle, Vorprüfungsausschuss und Verfahrensgrundsätze der Härtefallkommission20.05.2022
§ 12 - Verfahren20.05.2022
§ 13 - Vorprüfung durch die Geschäftsstelle der Härtefallkommission20.05.2022
§ 14 - Beschlussfassung der Härtefallkommission20.05.2022
§ 15 - Umsetzung der Beschlüsse der Härtefallkommission20.05.2022
§ 16 - Verschwiegenheitspflicht der Kommissionsmitglieder20.05.2022

Teil 1 Aufnahme und Zuweisung

§ 1 Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge

Das Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge Schleswig-Holstein (Landesamt) besteht als Landesoberbehörde im Geschäftsbereich der für die Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen sowie Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern zuständigen obersten Landesbehörde fort.

§ 2 Zuständigkeiten und Aufgaben des Landesamtes

(1) Das Landesamt ist zuständig für
1.
die Entscheidungen über die Zuweisung nach § 3 Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 des Landesaufnahmegesetzes;
2.
die Veranlassung der Verteilung nach § 15a Absatz 1 Satz 5 des Aufenthaltsgesetzes;
3.
die länderübergreifende Verteilung nach § 51 des Asylgesetzes sowie
4.
die Entscheidung über Anträge auf landesinterne Umverteilung.
(2) Das Landesamt betreibt und unterhält
1.
die nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes geschaffenen Aufnahmeeinrichtungen sowie die diesen zugeordneten Unterkünfte (Gemeinschaftsunterkünfte des Landes nach § 53 des Asylgesetzes),
2.
Aufnahmeeinrichtungen für Personen nach § 1 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 des Landesaufnahmegesetzes und deren Angehörige nach § 1 Absatz 2 des Landesaufnahmegesetzes und die diesen zugeordneten Unterkünfte sowie
3.
eine Einrichtung nach § 61 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes.
Das Landesamt kann in die Aufnahmeeinrichtungen und zugeordneten Unterkünfte andere Personen als aus den in § 1 des Landesaufnahmegesetzes genannten Personenkreisen aufnehmen. Es kann sich bei der Unterbringung, Betreuung und Versorgung der untergebrachten Personen Dritter bedienen.
(3) Das Landesamt nimmt die Aufgaben der Aufnahmeeinrichtungen nach dem Asylgesetz wahr und erfüllt die Mitteilungspflichten gegenüber der zentralen Verteilungsstelle nach § 46 Absatz 4 und 5 des Asylgesetzes.

§ 3 Zuständigkeit der Ausländerbehörden

(1) Ausländerbehörden im Sinne des § 71 Absatz 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes sind die Landrätinnen und Landräte für die Kreise und die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister für die kreisfreien Städte als Kreisordnungsbehörden, soweit in den Absätzen 3 bis 6 nichts Abweichendes geregelt ist.
(2) Die örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörden bestimmt sich nach § 31 Absatz 1 Nummer 3 und 4 des Landesverwaltungsgesetzes. Abweichend hiervon ist für sich in Haft befindliche Ausländerinnen und Ausländer diejenige Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk die Ausländerin oder der Ausländer ihren oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der Inhaftnahme hat oder zuletzt hatte oder in Ermangelung eines solchen, in deren Bezirk sich die Notwendigkeit der erstmaligen aufenthaltsrechtlichen Amtshandlung ergibt.
(3) Abweichend von Absatz 1 ist das Landesamt Ausländerbehörde für Personen, die in Aufnahmeeinrichtungen nach § 44 des Asylgesetzes zu wohnen haben, sowie für deren dort mit unterzubringende Angehörige nach § 1 Absatz 2 des Landesaufnahmegesetzes, auch wenn diese keinen Asylantrag gestellt haben. Die Zuständigkeit beginnt mit der Weiterleitung nach § 18 Absatz 1 oder § 19 Absatz 1 des Asylgesetzes oder mit der Aufnahme in der Aufnahmeeinrichtung und endet, wenn der dort aufgenommenen Person vom Landesamt mitgeteilt worden ist, dass der Aufenthalt in der Aufnahmeeinrichtung nach §§ 48, 49 oder 50 des Asylgesetzes endet, und sie die Aufnahmeeinrichtung verlassen hat. Für Personen, die landesintern zunächst in eine den Aufnahmeeinrichtungen zugeordnete Unterkunft verteilt und zugewiesen werden, besteht die Zuständigkeit fort, bis ihnen mitgeteilt worden ist, dass der Aufenthalt in der Unterkunft endet, und sie diese verlassen haben.
(4) Abweichend von Absatz 1 ist das Landesamt Ausländerbehörde für in Aufnahmeeinrichtungen und zugeordneten Unterkünften unterzubringende Personen nach § 1 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 des Landesaufnahmegesetzes sowie für deren mit unterzubringende Angehörige nach § 1 Absatz 2 des Landesaufnahmegesetzes. Die Zuständigkeit beginnt mit der Verpflichtung nach § 15a Absatz 2 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch die Ausländerbehörden oder mit der Aufnahme in der Aufnahmeeinrichtung und endet, wenn der dort aufgenommenen Person vom Landesamt mitgeteilt worden ist, dass der Aufenthalt in der Unterkunft endet, und sie die Aufnahmeeinrichtung verlassen hat. Absatz 3 Satz 3 gilt entsprechend. Dies gilt auch für andere Ausländerinnen und Ausländer, soweit sie in einer Aufnahmeeinrichtung oder zugeordneten Unterkunft untergebracht sind und dies nicht lediglich in Amtshilfe geschieht.
(5) Abweichend von Absatz 1 ist das Landesamt zuständige Ausländerbehörde nach § 71 Absatz 1 Satz 5 des Aufenthaltsgesetzes.
(6) Abweichend von Absatz 1 ist das Landesamt Ausländerbehörde für in einer Einrichtung nach § 61 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes untergebrachte Personen, die durch die zuständige Ausländerbehörde verpflichtet werden, in dieser Einrichtung zu wohnen. Die Zuständigkeit beginnt mit der Aufnahme in der Einrichtung nach § 61 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und endet, wenn die aufgenommene Person das Bundesgebiet verlassen hat oder die Wohnsitzverpflichtung aufgehoben wurde und sie die Einrichtung verlassen hat. Die Zuständigkeit der bisher zuständigen Ausländerbehörde ruht während dieser Zeit und lebt nach Beendigung der Zuständigkeit des Landesamtes wieder auf.
(7) Bestimmt sich die Zuständigkeit nach Absatz 3, sind für die räumliche Beschränkung nach § 56 Absatz 1 des Asylgesetzes die Bezirke der Ausländerbehörden nach Absatz 1 maßgeblich. Befinden sich Teile von Aufnahmeeinrichtungen in den Bezirken mehrerer Ausländerbehörden nach Absatz 1, besteht die räumliche Beschränkung für den Bezirk der Ausländerbehörde, in dem sich der Teil befindet.

§ 4 Verteilung und Zuweisung auf die Kreise und kreisfreien Städte

(1) Die Verteilung und Zuweisung der Personen nach § 1 des Landesaufnahmegesetzes auf die Kreise und kreisfreien Städte erfolgt entsprechend deren Einwohneranteil an der Gesamtbevölkerung des Landes (Einwohnerschlüssel); § 323 des Landesverwaltungsgesetzes gilt entsprechend. Im Einvernehmen und auf Antrag von Kreisen und kreisfreien Städten kann das Landesamt diesen außerhalb der quotalen Zuweisung
1.
Personen nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Landesaufnahmegesetzes, sofern sie über Artikel 17 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013
1
aufgenommen worden sind,
2.
Personen nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 des Landesaufnahmegesetzes,
3.
Ausländerinnen und Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes besitzen,
zuweisen.
(2) Personen nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, Nummer 2, Nummer 3 Buchstabe a, Nummer 4, Nummer 5 und Nummer 7 des Landesaufnahmegesetzes und deren Angehörige nach § 1 Absatz 2 des Landesaufnahmegesetzes können zunächst in die den Aufnahmeeinrichtungen zugeordneten Unterkünfte verteilt und zugewiesen werden.
(3) Bei der Zuweisung sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 des Asylgesetzes oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Andere wichtige Gründe, insbesondere persönliche Belange der Zuzuweisenden, können berücksichtigt werden.
(4) Sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht liegen insbesondere vor:
1.
bei Belangen besonders schutzbedürftiger Personen im Sinne des Artikels 21 der Richtlinie 2013/33/EU
2
;
2.
bei der unabweisbar benötigten Pflege von Eltern und nahen Angehörigen oder durch diese;
3.
bei Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung oder des Besuchs einer Berufsschule nach § 1 Absatz 3 Berufsschulverordnung vom 23. Juni 2016 (NBl. MSB. Schl.-H. S. 132), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Juni 2021 (NBl. MBWK. S. 220);
4.
bei Aufnahme eines Vollzeitstudiums an einer staatlichen Hochschule, an einer staatlich anerkannten Hochschule oder an einer vergleichbaren Bildungseinrichtung;
5.
bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel (§ 2 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes);
6.
bei einer Gefahrenlage, die insbesondere von Familienangehörigen oder anderen Personen aus dem persönlichen Umfeld ausgeht und deren Beseitigung eine Zuweisung in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Ausländerbehörde erfordert; eine solche Gefahrenlage liegt insbesondere vor bei
a)
sexueller oder
b)
häuslicher Gewalt.
(5) Die Anzahl der nach dem Schlüssel nach Absatz 1 Satz 1 aufzunehmenden Personen mindert sich bei kreisfreien Städten mit Einrichtungen und Unterkünften nach § 2 Absatz 2 für diesen Personenkreis jährlich um die durchschnittliche Anzahl der Unterbringungsplätze in den jeweiligen Einrichtungen und Unterkünften, höchstens jedoch um die Anzahl der nach der Quote aufzunehmenden Personen.
Fußnoten
1)
Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Abl. L 180 S. 31, ber. 2017, ABl. L 49 S. 50)
2)
Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180 S. 96)

§ 5 Landesinterne Umverteilung

(1) Auf Antrag der Ausländerin oder des Ausländers kann bei Vorliegen der in § 4 Absatz 3 Satz 1 genannten Gründe eine landesinterne Umverteilung auf einen anderen Kreis oder in eine andere kreisfreie Stadt erfolgen. § 4 Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 gilt entsprechend. Eine landesinterne Umverteilung kann ferner erfolgen aus Gründen des öffentlichen Interesses, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.
(2) Bei der Entscheidung über die Umverteilung setzt sich das Landesamt mit der Ausländerbehörde, zu der die Umverteilung erfolgen soll, ins Benehmen. § 3 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 und § 4 des Landesaufnahmegesetzes gelten entsprechend.
(3) Landesinterne Umverteilungen werden auf die Anzahl der nach dem Schlüssel nach § 4 Absatz 1 aufzunehmenden Personen angerechnet.

§ 6 Verteilung und Zuweisung auf die Ämter und amtsfreien Gemeinden

(1) Die Kreise verteilen die von ihnen aufzunehmenden Personen, die nicht oder nicht mehr in einer in ihrer Trägerschaft stehenden Gemeinschaftsunterkunft untergebracht werden, auf die amtsfreien Gemeinden und Ämter und weisen sie diesen zu.
(2) Die Verteilung soll entsprechend deren Einwohneranteil und unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsmöglichkeiten erfolgen; § 323 des Landesverwaltungsgesetzes gilt entsprechend. § 4 Absatz 3 und 4 gilt entsprechend. Anträgen amtsfreier Gemeinden und Ämter auf eine über ihren Einwohneranteil hinausgehende Zuweisung soll entsprochen werden.
(3) Für amtsfreie Gemeinden und Ämter, in denen sich Einrichtungen und Unterkünfte nach § 2 Absatz 2 befinden, gilt § 4 Absatz 5 sinngemäß.

§ 7 Aufenthaltsverpflichtungen

(1) Ausländerinnen und Ausländer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Asylgesetzes, die nicht mehr in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 47 Absatz 1 des Asylgesetzes wohnverpflichtet sind, können sich ohne Erlaubnis vorübergehend im Gebiet des gesamten Landes Schleswig-Holstein aufhalten.
(2) Die Verpflichtung zur Wohnsitznahme in einem Kreis, einer kreisfreien Stadt oder einer Gemeinschaftsunterkunft des Landes bleibt von der Regelung des Absatzes 1 unberührt.

§ 8 Mitteilungen der Ausländerbeauftragten der Gemeinden

Die Ausländerbeauftragten der Gemeinden sind zu Mitteilungen nach § 87 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes über eine Ausländerin oder einen Ausländer, die oder der sich rechtmäßig in der Gemeinde aufhält oder bis zum Erlass eines die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendenden Verwaltungsaktes dort rechtmäßig aufgehalten hat, nur verpflichtet, soweit dadurch die Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben nicht gefährdet wird.

Teil 2 Härtefallkommission

§ 9 Härtefallkommission bei der für das Aufenthaltsgesetz zuständigen obersten Landesbehörde

Bei der für das Aufenthaltsgesetz zuständigen obersten Landesbehörde wird eine Härtefallkommission im Sinne des § 23a des Aufenthaltsgesetzes eingerichtet.

§ 10 Zusammensetzung der Härtefallkommission

(1) Die Härtefallkommission ist ein behördenunabhängiges Gremium, das sich aus jeweils zwei Vertreterinnen oder Vertretern
1.
der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften,
2.
der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände,
3.
der Migranten- und Flüchtlingsorganisationen von überörtlicher Bedeutung,
4.
der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Landesverbände und
5.
der für das Aufenthaltsgesetz zuständigen obersten Landesbehörde
zusammensetzt. Für jedes dieser zehn Mitglieder ist zugleich eine Stellvertretung zu benennen. Die Benannten werden durch die für das Aufenthaltsgesetz zuständige oberste Landesbehörde als Mitglieder und stellvertretende Mitglieder der Härtefallkommission bestellt. Die Kommission soll paritätisch mit Frauen und Männern besetzt sein. Bei der Bestellung der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder der Härtefallkommission ist auf eine angemessene Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund hinzuwirken (§ 12 Satz 1 des Gesetzes zur Integration und Teilhabe in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Juni 2021 (GVOBl. Schl.-H. S. 730)).
(2) Die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder der Kommission werden von den entsendenden Institutionen für den Zeitraum von zwei Jahren benannt. Eine wiederholte Benennung ist zulässig. Dabei haben die entsendenden Institutionen grundsätzlich je einen Mann und eine Frau zu benennen.
(3) Der Vorsitz der Härtefallkommission obliegt einem auch in dieser Funktion zu bestimmenden Mitglied aus der für das Aufenthaltsgesetz zuständigen obersten Landesbehörde.
(4) Vertreterinnen und Vertreter der für aufenthaltsrechtliche Fragen zuständigen Abteilung der für das Aufenthaltsgesetz zuständigen obersten Landesbehörde nehmen mit beratender Stimme an den Sitzungen teil.

§ 11 Geschäftsstelle, Vorprüfungsausschuss und Verfahrensgrundsätze der Härtefallkommission

(1) Die Geschäftsstelle der Härtefallkommission wird bei der für das Aufenthaltsgesetz zuständigen obersten Landesbehörde eingerichtet.
(2) Es wird ein Vorprüfungsausschuss gebildet. Er setzt sich zusammen aus einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter der Geschäftsstelle und einem für die Dauer von einem Jahr durch die Kommission zu benennenden Mitglied nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3. Es wird jeweils eine Stellvertretung benannt.
(3) Die Härtefallkommission beschließt ihre Verfahrensgrundsätze.

§ 12 Verfahren

(1) Die Härtefallkommission kann nur von Ausländerinnen und Ausländern angerufen werden, für die eine schleswig-holsteinische Ausländerbehörde zuständig ist. Dabei sind alle Gesichtspunkte darzulegen, die trotz einer bestehenden Ausreisepflicht die weitere Anwesenheit im Bundesgebiet aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen rechtfertigen können. Eine an die Härtefallkommission gerichtete Anrufung ist kein Rechtsbehelf.
(2) Die Anrufung der Härtefallkommission ist ausgeschlossen, wenn die Ausländerin oder der Ausländer das Ziel in einem anderen aufenthalts- oder asylrechtlichen Verfahren erreichen kann oder konnte. Dies gilt insbesondere, wenn ausschließlich Gesichtspunkte vorgetragen werden, die im Rahmen eines Asylverfahrens oder Asylfolgeverfahrens zur Begründung der Furcht vor politischer Verfolgung gewürdigt worden sind oder zu würdigen wären.
(3) Die Anrufung ist schriftlich und in deutscher Sprache an die Geschäftsstelle der Härtefallkommission zu richten. Sie kann auch durch schriftlich bevollmächtigte Dritte gestellt werden.
(4) Nach einer Beschlussfassung kann die Härtefallkommission in derselben Sache nur bei Vorliegen eines neuen Sachverhalts angerufen werden.

§ 13 Vorprüfung durch die Geschäftsstelle der Härtefallkommission

(1) Die Geschäftsstelle der Härtefallkommission prüft die Anrufung vor.
(2) Die Geschäftsstelle der Härtefallkommission holt im Rahmen der Vorprüfung unverzüglich die Stellungnahme der zuständigen Ausländerbehörde ein und bittet, soweit erforderlich, bis zur Entscheidung durch die Härtefallkommission von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen.
(3) Nach der Vorprüfung legt die Geschäftsstelle die Anrufung der Härtefallkommission vor, regt gegenüber der Ausländerin oder dem Ausländer ergänzenden Vortrag an oder verwirft die Anrufung wegen offensichtlich fehlender Erfolgsaussichten in der Härtefallkommission. In Fällen, in denen sich die Geschäftsstelle zu keiner abschließenden Beurteilung in der Lage sieht, trifft der Vorprüfungsausschuss die Entscheidung nach Satz 1; kommt kein einheitliches Votum zustande, legt er die Anrufung der Härtefallkommission vor.

§ 14 Beschlussfassung der Härtefallkommission

(1) Die Härtefallkommission tagt in der Regel einmal im Monat. Die Sitzungen sind nicht öffentlich. Die Kommission ist beschlussfähig, wenn ordnungsgemäß zur Sitzung eingeladen worden ist. Sie trifft ihre Entscheidung mit den Stimmen der Mehrheit der anwesenden Mitglieder. Stimmberechtigt sind die Mitglieder, im Verhinderungsfall deren Stellvertretungen.
(2) Von der Beschlussfassung ausgeschlossen sind Mitglieder, wenn die Tätigkeit oder die Entscheidung in der Angelegenheit ihnen selbst, ihren Ehegattinnen oder Ehegatten, ihren eingetragenen Lebenspartnerinnen oder Lebenspartnern, ihren Verwandten bis zum dritten oder Verschwägerten bis zum zweiten Grade oder einer von ihnen kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretenen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann. Das gleiche gilt, wenn Mitglieder in einem aufenthalts- oder asylrechtlichen Verfahren tätig geworden sind, in dem die Ausländerin oder der Ausländer beteiligt war.
(3) Die Kommission kann zu der vorliegenden Anrufung die Ausländerin oder den Ausländer, deren oder dessen Bevollmächtigte oder die zuständige Ausländerbehörde anhören.
(4) Die Härtefallkommission entscheidet nach Abwägung aller für und gegen das Begehren sprechenden Gesichtspunkte. Sie würdigt dabei insbesondere auch diejenigen Gesichtspunkte, die im Geschlecht der Ausländerin oder des Ausländers begründet sind. Sie ersucht die für das Aufenthaltsgesetz zuständige oberste Landesbehörde, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis anzuordnen (Härtefallersuchen), wenn nach ihren Feststellungen dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit der Ausländerin oder des Ausländers im Bundesgebiet rechtfertigen.

§ 15 Umsetzung der Beschlüsse der Härtefallkommission

(1) Die Geschäftsstelle informiert unverzüglich die Antragstellerin oder den Antragsteller, die zuständige Ausländerbehörde und die für das Aufenthaltsgesetz zuständige oberste Landesbehörde über die Beschlussfassung.
(2) Die für das Aufenthaltsgesetz zuständige oberste Landesbehörde trifft im Falle eines Härtefallersuchens die Entscheidung nach § 23a Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes. Sofern sie dem Härtefallersuchen folgt, kann sie im Rahmen der Fachaufsicht und im öffentlichen Interesse anordnen, dass der Ausländerin oder dem Ausländer abweichend von den im Aufenthaltsgesetz festgelegten Erteilungs- und Verlängerungsvoraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Entscheidung kann im Einzelfall unter Berücksichtigung des Umstandes erfolgen, ob der Lebensunterhalt gesichert ist oder eine schriftliche und vollstreckbare Verpflichtungserklärung im Sinne des § 68 des Aufenthaltsgesetzes abgegeben wird. Die Anordnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfolgt gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde.
(3) Die Annahme eines Härtefalls ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die Ausländerin oder der Ausländer Straftaten von erheblichem Gewicht begangen hat oder die oberste Landesbehörde gemäß § 58a Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes eine Abschiebungsanordnung erlassen hat. Eine Straftat von erheblichem Gewicht liegt dann vor, wenn die Voraussetzungen des § 54 des Aufenthaltsgesetzes erfüllt sind.
(4) Die für das Aufenthaltsgesetz zuständige oberste Landesbehörde teilt der Geschäftsstelle das Ergebnis der Prüfung schriftlich mit. Folgt sie dem Ersuchen der Härtefallkommission nicht, muss sie die Entscheidung begründet mitteilen. Die Geschäftsstelle unterrichtet die Mitglieder der Härtefallkommission.

§ 16 Verschwiegenheitspflicht der Kommissionsmitglieder

Die Mitglieder der Härtefallkommission sind verpflichtet, über personenbezogene Inhalte der Sitzungen und alle Angelegenheiten, die mit der Mitgliedschaft in der Kommission zusammenhängen, Verschwiegenheit zu wahren.
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