AG KJHG
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Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, zur Unterstützung von Familien und zur Förderung der Beteiligung und Demokratiebildung junger Menschen und Familien (Jugendhilfe-, Familien- und Jugendfördergesetz - AG KJHG) in der Fassung vom 27. April 2001

Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, zur Unterstützung von Familien und zur Förderung der Beteiligung und Demokratiebildung junger Menschen und Familien (Jugendhilfe-, Familien- und Jugendfördergesetz - AG KJHG) in der Fassung vom 27. April 2001
Zum 07.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: Überschrift, Inhaltsübersicht und mehrfach geändert, §§ 5a, 20a, 20b und 48a eingefügt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 27.08.2021 (GVBl. S. 995)2)
Fußnoten
2)
[Red. Anmerkung: Entsprechend Artikel 5 des Gesetzes gilt folgende Evaluierungsregel: „Die Änderungen gemäß Artikel 1 werden vier Jahre nach seinem Inkrafttreten durch den Senat evaluiert. Gegenstand der Evaluierung ist insbesondere die zweckentsprechende Verwendung der für die Angebotsformen nach diesem Gesetz bereitgestellten Mittel.“]

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, zur Unterstützung von Familien und zur Förderung der Beteiligung und Demokratiebildung junger Menschen und Familien (Jugendhilfe-, Familien- und Jugendfördergesetz - AG KJHG) in der Fassung vom 27. April 200118.02.2001
Inhaltsverzeichnis01.01.2022
§ 1 - Zweck des Gesetzes01.01.2022
Erster Abschnitt - Allgemeine Vorschriften18.02.2001
§ 2 - Aufgaben der Jugendhilfe18.02.2001
§ 3 - Grundsätze der Organisation und Gestaltung von Leistungen03.07.2004
§ 4 - Freie und öffentliche Jugendhilfe18.02.2001
§ 5 - Beteiligung von jungen Menschen und Familien01.01.2022
§ 5a - Ombudsstelle01.01.2022
Zweiter Abschnitt - Jugendarbeit und Demokratiebildung junger Menschen01.01.2020
§ 6 - Grundsätze der Jugendarbeit01.01.2020
§ 6a - Ziele der Jugendarbeit01.01.2020
§ 6b - Schwerpunkte der Jugendarbeit01.01.2020
§ 6c - Angebotsformen der Jugendarbeit01.01.2020
§ 7 - Jugendverbandsarbeit15.05.2005
§ 8 - (aufgehoben)01.01.2020
§ 9 - Gesamtstädtische Angebote und Einrichtungen01.01.2020
§ 10 - Ehrenamtliche Jugendarbeit01.01.2020
Dritter Abschnitt - Jugendsozialarbeit18.02.2001
§ 11 - Jugendberufshilfe15.05.2005
§ 12 - Sozialpädagogisch begleitete Wohnformen18.02.2001
§ 13 - Aufsuchende Jugendsozialarbeit18.02.2001
§ 14 - Schulbezogene Jugendsozialarbeit01.01.2020
Vierter Abschnitt - Kinder- und Jugendschutz18.02.2001
§ 15 - Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz18.02.2001
§ 16 - Besonderer Schutz junger Menschen15.05.2005
§ 17 - Jugendarbeitsschutz18.02.2001
§ 18 - Unterstützung der Polizei, Unterrichtung des Jugendamts15.05.2005
§ 19 - Überwachung der Jugendschutzvorschriften15.05.2005
Fünfter Abschnitt - Förderung der Erziehung in der Familie18.02.2001
§ 20 - Grundsätze der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie01.01.2022
§ 20a - Ziele der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie01.01.2022
§ 20b - Angebotsformen der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie und Qualitätssicherung01.01.2022
§ 21 - Angebote und Einrichtungen des überörtlichen Jugendhilfeträgers01.01.2022
§ 22 - Erziehungs- und Familienberatung15.05.2005
§ 23 - Junge Eltern01.01.2022
§ 24 - Berliner Beirat für Familienfragen01.01.2022
Sechster Abschnitt - Hilfe zur Erziehung, Hilfe für junge Volljährige, Eingliederungshilfe18.02.2001
§ 25 - Ausgestaltung und Zielrichtung der Hilfen15.05.2005
§ 26 - Hilfeplan15.05.2005
§ 27 - Frühe Hilfen01.01.2022
§ 28 - (aufgehoben)15.05.2005
§ 29 - Werbung von Pflegestellen, Pflegevertrag15.05.2005
Siebter Abschnitt - Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen, sonstigen betreuten Wohnformen und Pflegestellen18.02.2001
§ 30 - Erlaubnis und Untersagung des Betriebs einer Einrichtung01.01.2010
§ 31 - Aufsicht, Meldepflichten01.01.2022
§ 32 - Pflegeerlaubnis01.01.2010
Achter Abschnitt - Träger der Jugendhilfe18.02.2001
§ 33 - Örtlicher und überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe01.01.2010
§ 34 - Jugendamt01.01.2022
§ 35 - Jugendhilfeausschuss04.11.2021
§ 36 - Oberste Landesjugendbehörde, Landesjugendamt30.05.2004
§ 37 - Landesjugendhilfeausschuss01.01.2020
§ 38 - Zusammensetzung des Landesjugendhilfeausschusses01.01.2022
§ 39 - Amtsperiode des Landesjugendhilfeausschusses und Verfahrensgrundsätze15.05.2005
§ 40 - Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe15.05.2005
Neunter Abschnitt - Gesamtverantwortung, Jugendhilfeplanung18.02.2001
§ 41 - Gesamtverantwortung und Gewährleistungsverpflichtung01.01.2020
§ 42 - Bezirkliche Jugendhilfeplanung01.01.2020
§ 43 - Gesamtjugendhilfeplanung01.01.2020
§ 43a - Jugendförderpläne auf Bezirks- und Landesebene01.01.2020
§ 43b - Familienförderpläne auf Bezirks- und Landesebene01.01.2022
§ 44 - Kinder- und jugendpolitische Leitlinien01.01.2020
§ 45 - Koordination der Jugendhilfeplanung mit anderen Planungen01.01.2020
§ 46 - Sicherung des Raum- und Flächenbedarfs für die Jugendhilfe01.01.2022
Zehnter Abschnitt - Finanzierung der Jugendhilfe18.02.2001
§ 47 - Förderung der freien Jugendhilfe01.01.2010
§ 48 - Finanzierung der Jugendarbeit01.01.2022
§ 48a - Finanzierung der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie01.01.2022
§ 49 - Vereinbarungen über die Inanspruchnahme von Einrichtungen und Diensten der freien Jugendhilfe01.01.2010
Elfter Abschnitt - Sonstige Vorschriften18.02.2001
§ 50 - Hilfe für delinquente Jugendliche und Heranwachsende01.08.2005
§ 51 - Zusammenarbeit mit Forschung und Lehre18.02.2001
§ 52 - Fortbildung und Praxisberatung15.05.2005
§ 53 - Sachliche Zuständigkeit für Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch sowie dem Landespflegegeldgesetz01.01.2020
§ 54 - Beistandschaft, Amtspflegschaft und Amtsvormundschaft01.04.2009
§ 55 - Ordnungswidrigkeiten18.02.2001
§ 56 - Verwaltungsvorschriften, Verwaltungsverfahren18.02.2001
§ 57 - Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes18.02.2001
§ 58 - Änderung des Zuständigkeitskatalogs18.02.2001
§ 59 - Inkrafttreten, Außerkrafttreten18.02.2001
Inhaltsübersicht
§ 1Zweck des Gesetzes
Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften
§ 2Aufgaben der Jugendhilfe
§ 3Grundsätze der Organisation und Gestaltung von Leistungen
§ 4Freie und öffentliche Jugendhilfe
§ 5Beteiligung von jungen Menschen und Familien
§ 5aOmbudsstelle
Zweiter Abschnitt Jugendarbeit und Demokratiebildung junger Menschen
§ 6Grundsätze der Jugendarbeit
§ 6aZiele der Jugendarbeit
§ 6bSchwerpunkte der Jugendarbeit
§ 6cAngebotsformen der Jugendarbeit
§ 7Jugendverbandsarbeit
§ 8(weggefallen)
§ 9Gesamtstädtische Angebote und Einrichtungen
§ 10Ehrenamtliche Jugendarbeit
Dritter Abschnitt Jugendsozialarbeit
§ 11Jugendberufshilfe
§ 12Sozialpädagogisch begleitete Wohnformen
§ 13Aufsuchende Jugendsozialarbeit
§ 14Schulbezogene Jugendsozialarbeit
Vierter Abschnitt Kinder- und Jugendschutz
§ 15Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz
§ 16Besonderer Schutz junger Menschen
§ 17Jugendarbeitsschutz
§ 18Unterstützung der Polizei, Unterrichtung des Jugendamts
§ 19Überwachung der Jugendschutzvorschriften
Fünfter Abschnitt Förderung der Erziehung in der Familie
§ 20Grundsätze der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie
§ 20aZiele der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie
§ 20bAngebotsformen der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie und Qualitätssicherung
§ 21Angebote und Einrichtungen des überörtlichen Jugendhilfeträgers
§ 22Erziehungs- und Familienberatung
§ 23Junge Eltern
§ 24Berliner Beirat für Familienfragen
Sechster Abschnitt Hilfe zur Erziehung, Hilfe für junge Volljährige, Eingliederungshilfe
§ 25Ausgestaltung und Zielrichtung der Hilfen
§ 26Hilfeplan
§ 27(weggefallen)
§ 28(weggefallen)
§ 29Werbung von Pflegestellen, Pflegevertrag
Siebter Abschnitt Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen, sonstigen betreuten Wohnformen und Pflegestellen
§ 30Erlaubnis und Untersagung des Betriebs einer Einrichtung
§ 31Aufsicht, Meldepflichten
§ 32Pflegeerlaubnis
Achter Abschnitt Träger der Jugendhilfe
§ 33Örtlicher und überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe
§ 34Jugendamt
§ 35Jugendhilfeausschuss
§ 36Oberste Landesjugendbehörde, Landesjugendamt
§ 37Landesjugendhilfeausschuss
§ 38Zusammensetzung des Landesjugendhilfeausschusses
§ 39Amtsperiode des Landesjugendhilfeausschusses und Verfahrensgrundsätze
§ 40Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe
Neunter Abschnitt Gesamtverantwortung, Jugendhilfeplanung
§ 41Gesamtverantwortung und Gewährleistungsverpflichtung
§ 42Bezirkliche Jugendhilfeplanung
§ 43Gesamtjugendhilfeplanung
§ 43aJugendförderpläne auf Bezirks- und Landesebene
§ 43bFamilienförderpläne auf Bezirks- und Landesebene
§ 44Kinder- und jugendpolitische Leitlinie
§ 45Koordination der Jugendhilfeplanung mit anderen Planungen
§ 46Sicherung des Raum- und Flächenbedarfs für die Jugendhilfe
Zehnter Abschnitt Finanzierung der Jugendhilfe
§ 47Förderung der freien Jugendhilfe
§ 48Finanzierung der Jugendarbeit
§ 48aFinanzierung der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie
§ 49Vereinbarungen über die Inanspruchnahme von Einrichtungen und Diensten der freien Jugendhilfe
Elfter Abschnitt Sonstige Vorschriften
§ 50Hilfe für delinquente Jugendliche und Heranwachsende
§ 51Zusammenarbeit mit Forschung und Lehre
§ 52Fortbildung und Praxisberatung
§ 53Sachliche Zuständigkeit für Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch und dem Landespflegegeldgesetz
§ 54Beistandschaft, Amtspflegschaft und Amtsvormundschaft
§ 55Ordnungswidrigkeiten
§ 56Verwaltungsvorschriften, Verwaltungsverfahren
§ 57Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes
§ 58Änderung des Zuständigkeitskatalogs in der Anlage zum Allgemeinen Zuständigkeitsgesetz
§ 59Inkrafttreten, Außerkrafttreten

§ 1 Zweck des Gesetzes

Dieses Gesetz dient der Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch. Es regelt das Nähere über Inhalt und Umfang der Leistungen und Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe im Land Berlin, soweit nicht der Regelungsbereich des Kindertagesförderungsgesetzes vom 23. Juni 2005 (GVBl. S. 322), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Dezember 2017 (GVBl. S. 702) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung betroffen ist, dessen Regelungen unberührt bleiben. Es enthält insbesondere Vorgaben zur Stärkung der Jugendarbeit und zur Förderung der Beteiligung und Demokratiebildung junger Menschen im Rahmen der Jugendarbeit sowie zur Stärkung und zur Förderung der Beteiligung im Rahmen der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie.

Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften

§ 2 Aufgaben der Jugendhilfe

(1) Jugendhilfe erbringt Leistungen und erfüllt andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und ihrer Familien nach § 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch. Sie dient der Verwirklichung der Ziele des § 1 Abs. 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch.
(2) Die Jugendhilfebehörden sollen die Bedürfnisse und Interessen junger Menschen auch fachübergreifend, insbesondere gegenüber den für Schule, Gesundheit, Stadtentwicklung, Verkehrsplanung, Umweltschutz, Arbeitsmarkt, Wohn- und Wohnumfeldgestaltung zuständigen Verwaltungen, zur Geltung bringen. Gemeinsam soll darauf hingewirkt werden, positive Lebens- und Entwicklungsbedingungen für junge Menschen sowie eine kinder- und familienfreundliche Lebenswelt zu schaffen und zu erhalten.

§ 3 Grundsätze der Organisation und Gestaltung von Leistungen

(1) Dienste und Einrichtungen der Jugendhilfe müssen überschaubar organisiert sowie örtlich und zeitlich leicht zugänglich sein. Die Leistungen sollen unmittelbar an die Alltagserfahrungen, Lebenslagen und örtlichen Bedingungen der jungen Menschen und Familien anknüpfen. Grundsätzlich ist solchen Arbeitsweisen der Vorzug zu geben, die den Verbund unterschiedlicher Einrichtungen und Dienste ermöglichen.
(2) Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Problemlagen von Mädchen und Jungen sind Leistungen so zu gestalten, dass sie der Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern dienen und helfen, Benachteiligungen abzubauen. Dazu sind auch geschlechtsspezifische Leistungen zu entwickeln und anzubieten.
(3) Jugendhilfe hat der Ausgrenzung und Randständigkeit entgegenzuwirken und dabei Toleranz und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe zu fördern. Dies gilt auch für den Umgang mit Menschen unterschiedlicher sexueller Identität.
(4) Leistungen sind so auszurichten, dass
1.
jungen Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilnahme gemeinsam mit nicht behinderten Menschen ermöglicht und spezialisierte Angebote auf unerlässliche Ausnahmen beschränkt werden,
2.
die sozialen und kulturellen Interessen und Bedürfnisse ausländischer junger Menschen und ihrer Familien berücksichtigt werden und
3.
das Zusammenleben verschiedener Kulturen und die Aufgeschlossenheit füreinander gefördert werden.

§ 4 Freie und öffentliche Jugendhilfe

(1) Freie und öffentliche Jugendhilfe arbeiten zum Wohl junger Menschen und ihrer Familien partnerschaftlich zusammen. Die Jugendhilfebehörden wirken darauf hin, dass die Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe und der freien Jugendhilfe rechtzeitig aufeinander abgestimmt werden.
(2) Ziel der partnerschaftlichen Zusammenarbeit ist es, die für die Weiterentwicklung der Angebote und Hilfen verfügbaren Mittel und Kräfte so einzusetzen, dass ein vielfältiges, bedarfsgerechtes und wirksames Leistungssystem in der Jugendhilfe gewährleistet ist. Die Gesamtverantwortung für das Erreichen dieses Ziels nimmt für den Bezirk das Jugendamt, auf gesamtstädtischer Ebene die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung wahr.
(3) Die Zusammenarbeit soll insbesondere erreicht werden durch
1.
Bildung von Arbeitsgemeinschaften nach § 78 des Achten Buches Sozialgesetzbuch,
2.
Vereinbarungen über die Inanspruchnahme von Einrichtungen und Diensten der freien Jugendhilfe nach § 77 des Achten Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit § 49,
3.
Beteiligung der freien Jugendhilfe im Rahmen der Jugendhilfeplanung und ihre Mitwirkung in den Jugendhilfeausschüssen und im Landesjugendhilfeausschuss und
4.
Anregung und Unterstützung von regionalen Arbeitsgemeinschaften, die eine Vernetzung der im Stadtteil tätigen Projekte, Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen im Bereich der freien und öffentlichen Jugendhilfe ermöglichen und das Zusammenwirken bei der Ausgestaltung der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen auch unter Einbeziehung von Nachbarschaftshilfe fördern sollen.
(4) Soweit geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können, soll die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen. Die öffentliche Jugendhilfe soll die freie Jugendhilfe nach Maßgabe des Achten Buches Sozialgesetzbuch und dieses Gesetzes fördern und dabei die verschiedenen Formen der Selbsthilfe stärken.

§ 5 Beteiligung von jungen Menschen und Familien

(1) Die Beteiligung von jungen Menschen entsprechend ihrem Entwicklungsstand und von Familien an allen sie unmittelbar betreffenden Entscheidungen und Maßnahmen der Jugendhilfebehörden ist zu gewährleisten. Sie sind rechtzeitig, in geeigneter Form und möglichst umfassend zu unterrichten. Mit ihnen sollen persönliche Gespräche geführt werden. Sie sind berechtigt, eine Person ihres Vertrauens zu beteiligen.
(2) In den Einrichtungen der Jugendhilfe sollen durch Interessenvertretungen der jungen Menschen Möglichkeiten der Mitwirkung sichergestellt werden.
(3) In jedem Bezirk sind darüber hinaus geeignete Formen der Beteiligung von jungen Menschen und Familien an der Jugendhilfeplanung und anderen sie betreffenden Planungen zu entwickeln und organisatorisch sicherzustellen. Dabei ist der Bezirksschülerausschuss in die Beteiligung einzubeziehen. Die Aufgaben nach den Sätzen 1 und 2 sind unmittelbar dem für Jugend und Familie zuständigen Mitglied des Bezirksamtes zuzuordnen und fachlich zu unterstützen, zu betreuen sowie vom Jugendhilfeausschuss zu begleiten. Den jungen Menschen und Familien soll Gelegenheit gegeben werden, ihre Interessen und Belange herauszufinden, sie zu äußern und sie gegenüber den verantwortlichen Personen und Stellen zu vermitteln. Über die Maßnahmen und Erfahrungen soll dem Jugendhilfeausschuss regelmäßig berichtet werden.

§ 5a Ombudsstelle

Gemäß den Vorgaben in § 9a des Achten Buches Sozialgesetzbuch können sich jungen Menschen und ihre Familien zur Beratung in sowie Vermittlung und Klärung von Konflikten im Zusammenhang mit Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nach § 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und deren Wahrnehmung durch die öffentliche und freie Jugendhilfe an eine unabhängige und fachlich nicht weisungsgebundene Ombudsstelle wenden. Sie sind berechtigt, eine Person ihres Vertrauens zu beteiligen. Das Land Berlin finanziert hierfür ein entsprechendes gesamtstädtisches Angebot.

Zweiter Abschnitt Jugendarbeit und Demokratiebildung junger Menschen

§ 6 Grundsätze der Jugendarbeit

(1) Jugendarbeit nach § 11 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist ein eigenständiger Sozialisations- und Bildungsbereich. Sie umfasst die ganzheitliche Förderung junger Menschen durch Angebote der Jugendhilfe sowie durch die selbst organisierten Angebote der Jugendverbände im Sinne des § 7.
(2) Jugendarbeit verfolgt ihre Ziele durch eine Vielfalt von Inhalten, Methoden, Angebotsformen und Trägerstrukturen.
(3) Jugendarbeit bietet Raum für das Erproben von Rollen und Identitäten. Sie ermöglicht und gestaltet Beteiligungsprozesse mit jungen Menschen.
(4) Jugendarbeit ist lebensweltorientiert und bezieht sich auf die sozialen Räume der jungen Menschen. Die Träger der Jugendhilfe arbeiten mit den anderen in der jeweiligen lokalen Sozialisations- und Bildungslandschaft tätigen Behörden, Trägern und Personen zusammen.
(5) Die Träger der Jugendhilfe arbeiten bei der Entwicklung und Ausgestaltung ihrer Angebote der Jugendarbeit mit Schulen zusammen und bringen sich als eigenständige Partner in die Kooperation nach § 5 des Schulgesetzes vom 26. Januar 2004 (GVBl. S. 26), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 9. April 2019 (GVBl. S. 255) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung ein.
(6) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat das ehrenamtliche Engagement als Bestandteil und Ziel von Jugendarbeit anzuregen und zu fördern.
(7) Angebote der Jugendarbeit sind an das Lebensalter und die zunehmende Verselbstständigung junger Menschen angepasst bereitzustellen.
(8) Jugendarbeit leistet wesentliche Beiträge zur Selbstpositionierung und Verselbstständigung junger Menschen. Sie wirkt präventiv in Bezug auf Benachteiligungen und Gefährdungen.
(9) Jugendarbeit ist inklusiv und trägt dazu bei, das Recht aller jungen Menschen auf gleichberechtigte Teilhabe zu gewährleisten.

§ 6a Ziele der Jugendarbeit

Jugendarbeit dient insbesondere der Demokratiebildung junger Menschen. Sie zielt darauf ab,
1.
junge Menschen zu eigenverantwortlichem gesellschaftlichem und politischem Handeln zu befähigen und Selbstorganisation, soziale Verantwortung und die aktive Mitwirkung an der Gestaltung ihrer Lebenswelt zu fördern;
2.
Ehrenamtlichkeit von jungen Menschen und die gegenseitige Unterstützung anzuregen;
3.
Beteiligung, Mitbestimmung und Teilhabe bei der Gestaltung der Angebote der Jugendarbeit und anderer Lebensbereiche der jungen Menschen zu fördern;
4.
Toleranz gegenüber unterschiedlichen Weltanschauungen, Glaubensbekenntnissen, sexuellen Orientierungen und kulturellen Prägungen zu fördern und die Fähigkeit zur selbstbestimmten Überprüfung von Meinungen und Werturteilen anzuregen;
5.
auf die Gleichstellung von jungen Menschen aller Geschlechter und aller sexuellen Lebensweisen hinzuwirken, zum Abbau von Geschlechterstereotypen beizutragen, die kritische Auseinandersetzung mit geschlechtsbezogenen Rollenzuschreibungen zu ermöglichen und die Akzeptanz der selbstbestimmten Geschlechtsidentität und des individuellen Geschlechtsausdrucks zu fördern;
6.
junge Menschen zu befähigen, Konflikte gewaltfrei auszutragen und zu lösen;
7.
die digitale Teilhabe junger Menschen zu fördern und sie zu befähigen, Risiken und Gefahren im Umgang mit Medien zu erkennen;
8.
die Entscheidungs- und Mitwirkungsfähigkeiten junger Menschen insbesondere in Bezug auf die demokratische Gestaltung Europas unter anderem durch vielfältige internationale Begegnungen zu fördern.

§ 6b Schwerpunkte der Jugendarbeit

Schwerpunkte der Jugendarbeit sind insbesondere
1.
die politische und soziale Bildung, die das Interesse an politischer Bildung frühzeitig fördert, junge Menschen zu kritischer Beurteilung politischer Vorgänge und aktiver Mitgestaltung befähigt und so zur Persönlichkeitsentwicklung beiträgt;
2.
die Beteiligung von jungen Menschen, die junge Menschen zur Mitwirkung an der Gestaltung ihrer Lebenswelt anregt und sie bei der Vertretung ihrer Interessen, Bedürfnisse und Anliegen unterstützt;
3.
die interkulturelle Jugendarbeit, die das Verständnis unterschiedlicher Kulturen, Traditionen und biografischer Prägungen fördert und die Teilhabe von jungen Menschen mit Zuwandererbiografien an der Gesellschaft unterstützt;
4.
die geschlechterreflektierte Jugendarbeit, die zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit beiträgt;
5.
die kulturelle Jugendbildung, die durch Angebote zur Förderung der Kreativität, der Ausdrucksfähigkeit und Gestaltung in allen kulturellen Bereichen zur Persönlichkeitsentwicklung beiträgt und die Teilnahme am kulturellen Leben der Gesellschaft fördert;
6.
die sportorientierte Jugendarbeit, die durch ihre gesundheitlichen, erzieherischen und sozialen Funktionen mit Sport, Spiel und Bewegung zur Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen beiträgt;
7.
die medienbezogene Jugendarbeit, die die Aneignung von Medienkompetenz, insbesondere die Fähigkeit zum kreativen Umgang und zur kritischen Auseinandersetzung mit den Inhalten, den Strukturen und der Nutzung von Medien fördert;
8.
die naturkundliche und technische Bildung, die Raum für unmittelbare Erfahrungen mit der Natur bietet sowie ihre Wahrnehmung mit allen Sinnen und das Erkunden und das Verstehen ökologischer und technischer Zusammenhänge fördert;
9.
die internationale Jugendarbeit, die der internationalen Verständigung, dem Verständnis anderer Länder und Kulturen sowie einem partnerschaftlichen Zusammenleben dient.

§ 6c Angebotsformen der Jugendarbeit

(1) Angebote der Jugendarbeit sind insbesondere in den folgenden fünf Angebotsformen vorzuhalten:
1.
standortgebundene offene Jugendarbeit,
2.
standortungebundene offene Jugendarbeit,
3.
Erholungsfahrten und -reisen, internationale Begegnungen,
4.
Unterstützung der Beteiligung von jungen Menschen,
5.
gruppenbezogene, curricular geprägte Jugendarbeit.
(2) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung hat im Benehmen mit den Jugendämtern der Bezirke für die in Absatz 1 Nummer 1 bis 5 genannten Angebotsformen der Jugendarbeit Fachstandards bezogen auf die Qualität („Fachstandard Qualität“) und bezogen auf den Umfang („Fachstandard Umfang“) zu entwickeln und zu beschreiben. Der „Fachstandard Qualität“ bildet die regelhaften Ausstattungsstandards in personeller und sächlicher Hinsicht für die Angebotsformen der Jugendarbeit ab. Es ist in geeigneter Weise sicherzustellen, dass er bei der Ausgestaltung der Angebotsformen berücksichtigt wird. Der „Fachstandard Qualität“ wird mit einem Rundschreiben bekannt gegeben. Der „Fachstandard Umfang“ bildet den Umfang an Angeboten im Land Berlin ab, mit dem für jede der in Absatz 1 Nummer 1 bis 5 genannten Angebotsformen die Deckung des einwohnerbezogenen Bedarfs sichergestellt werden soll. Er wird durch Rechtsverordnung nach Absatz 4 festgesetzt.
(3) Der für den „Fachstandard Umfang“ maßgebliche einwohnerbezogene Bedarf wird durch Richtwerte zur Bedarfsdeckung in Form von prozentualen Bedarfsdeckungsquoten ausgewiesen. Dem unterschiedlichen Bedarf entsprechend sind hierbei verschiedene Altersgruppen zu bilden und auf die einzelnen Altersgruppen bezogene Bedarfsdeckungsquoten zu bestimmen. Bei jeder der in Absatz 1 Nummer 1 bis 5 genannten Angebotsformen sollen junge Menschen in der Altersgruppe von 21 bis unter 27 Jahren mit einem angemessenen Anteil berücksichtigt werden. Die Richtwerte sind durch die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung im Benehmen mit den Jugendämtern der Bezirke sowie im Einvernehmen mit der für Finanzen zuständigen Senatsverwaltung einmal in jeder Wahlperiode unter Beteiligung junger Menschen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Der Landesjugendhilfeausschuss ist anzuhören.
(4) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung hat den nach Absatz 3 für das Land Berlin ermittelten „Fachstandard Umfang“ einschließlich der Richtwerte nach Absatz 3, den Anteil der durch die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung vorzuhaltenden Angebote sowie das Nähere zum Verfahren der Überprüfung der Richtwerte durch Rechtsverordnung festzulegen.
(5) Die Rechtsverordnung nach Absatz 4 wird zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten evaluiert. Gegenstand der Evaluation soll insbesondere die zweckentsprechende Verwendung der gemäß § 48 Absatz 1 bereitgestellten Mittel sein.

§ 7 Jugendverbandsarbeit

Demokratisch organisierte Jugendverbände und Jugendgruppen haben auf Grund der durch sie gewährleisteten Eigenverantwortlichkeit junger Menschen eine tragende Funktion in der Jugendarbeit. Sie werden insbesondere durch Zuwendungen nach den Maßgaben des § 47 gefördert.

§ 8

(aufgehoben)

§ 9 Gesamtstädtische Angebote und Einrichtungen

Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung betreibt oder fördert Einrichtungen, Projekte und andere Maßnahmen, soweit sie von gesamtstädtischer Bedeutung sind oder den Bedarf eines einzelnen Bezirkes übersteigen. Dazu zählen insbesondere Jugendbildungsstätten, Jugendherbergen und Modellprojekte sowie Veröffentlichungen und Untersuchungen zur Weiterentwicklung der Jugendarbeit.

§ 10 Ehrenamtliche Jugendarbeit

(1) Personen, die ehrenamtlich in förderungswürdigen Verbänden oder Organisationen der Jugendarbeit tätig sind und ihre Befähigung hierfür nachgewiesen haben, ist von ihrem Arbeitgeber ein Sonderurlaub für leitende und helfende Tätigkeiten, die dem Zweck der Jugendarbeit nach § 11 des Achten Buches Sozialgesetzbuch dienen, zu gewähren. Ein Sonderurlaub darf nur dann verweigert werden, wenn dem Antrag ein zwingendes betriebliches Interesse entgegensteht.
(2) Der Sonderurlaub soll bis zu zwölf Arbeitstagen im Kalenderjahr gewährt und höchstens auf drei Veranstaltungen jährlich verteilt werden. Er ist nicht auf das nächste Jahr übertragbar. Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht nur bei arbeits- oder tarifvertraglichen Vereinbarungen oder entsprechenden Betriebsvereinbarungen.
(3) Die Regelung soll zwei Jahre nach Inkrafttreten evaluiert werden.
(4) Die Gewährung von Sonderurlaub für Angehörige des öffentlichen Dienstes, die ehrenamtlich in der Jugendarbeit tätig sind, richtet sich nach den geltenden Vorschriften.

Dritter Abschnitt Jugendsozialarbeit

§ 11 Jugendberufshilfe

(1) Sozial benachteiligte und individuell beeinträchtigte junge Menschen sollen geeignete sozialpädagogische Hilfen erhalten, soweit der Zugang zu schulischer, betrieblicher und außerbetrieblicher Bildung oder die Eingliederung in die Arbeitswelt nicht durch geeignete Leistungen anderer Sozialleistungsträger sichergestellt wird. Sozialpädagogische Hilfen sind insbesondere Bildungsveranstaltungen, berufsorientierende und berufsvorbereitende Maßnahmen, Beratungsangebote und sozialpädagogische Begleitung oder Betreuung während des Übergangs zwischen Schule und Erwerbsleben. Die Leistung von darüber hinausgehenden sozialpädagogisch begleiteten Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen setzt voraus, dass diese Leistungen nicht nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch sichergestellt sind.
(2) Die Angebote nach Absatz 1 sollen mit den Maßnahmen der Schul- und Arbeitsverwaltung, dem Landesarbeitsamt, dem Landesausschuss für Berufsbildung sowie den Trägern betrieblicher und außerbetrieblicher Ausbildungs- und Beschäftigungsangebote abgestimmt werden. Sie stehen in der Regel jungen Menschen bis zur Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres zur Verfügung. In begründeten Einzelfällen, insbesondere zur Beendigung einer begonnenen Qualifizierung oder Ausbildung und der anschließenden notwendigen Übergangshilfe zur Verselbständigung sollen die Maßnahmen über das einundzwanzigste Lebensjahr hinaus weitergeführt oder erstmals angeboten werden.

§ 12 Sozialpädagogisch begleitete Wohnformen

Sozialpädagogisch begleitete Wohnformen nach § 13 Abs. 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch sind eigenständige Hilfen der Jugendsozialarbeit, die insbesondere in Einzelwohnungen, Wohngemeinschaften, Heimen oder Jugendhäusern sowie in Verbundprojekten des Arbeitens und Wohnens angeboten werden können. Die sozialpädagogische Begleitung soll auf der Grundlage einer bereits gegebenen Befähigung zu selbständiger Lebensführung Integrationshilfen zum Ausgleich sozialer Benachteiligung oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen sicherstellen. Sie unterstützt mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung schulische oder berufsbildende Maßnahmen oder Angebote der beruflichen Eingliederung.

§ 13 Aufsuchende Jugendsozialarbeit

Aufsuchende Jugendsozialarbeit wendet sich insbesondere an allein gelassene, aggressive, resignative, suchtgefährdete oder straffällig gewordene junge Menschen und fördert deren soziale Integration. Die Angebote sind unmittelbar im Lebensfeld der jungen Menschen zu organisieren. Sie umfassen Einzelberatung, Gruppenarbeit, Projektarbeit und Stadtteilarbeit. Das Jugendamt hat Vorsorge zu treffen, dass es diese Angebote bei akutem Bedarf auch kurzfristig ermöglichen kann.

§ 14 Schulbezogene Jugendsozialarbeit

(1) Schulbezogene Jugendsozialarbeit hat den Auftrag, in eigener Verantwortung die schulische Bildungsarbeit zu unterstützen und zu ergänzen, insbesondere durch Beratungsangebote für Schüler, Eltern und Lehrer bei Konflikten und Problemen. Sie soll die Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendamt sowie zwischen Schule und den Trägern der freien Jugendhilfe fördern.
(2) Jugendlichen, die ihre Schulpflicht erfüllt haben und auf weiterführende schulische Angebote nicht mehr ansprechen, kann in Einrichtungen der Jugendsozialarbeit in freier Trägerschaft die Vorbereitung auf die Nichtschülerprüfung zum nachträglichen Erwerb einer dem Hauptschulabschluss oder dem erweiterten Hauptschulabschluss gleichwertigen Schulbildung nach § 60 Abs. 3 des Schulgesetzes ermöglicht werden.

Vierter Abschnitt Kinder- und Jugendschutz

§ 15 Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz

(1) Der erzieherische Kinder- und Jugendschutz soll vorbeugend junge Menschen befähigen, den vielfachen Gefährdungen in einer Gesellschaft zu begegnen und mit ihnen eigenverantwortlich umzugehen. Dabei sollen auch die Eltern und andere Erziehungsberechtigte in die Lage versetzt werden, ihre Erziehung diesem Ziel entsprechend zu gestalten.
(2) Zum Schutz vor gefährdenden Einflüssen, Handlungen und Suchtstoffen sind die Jugendämter verpflichtet, geeignete Angebote der Kinder- und Jugendarbeit, insbesondere auch medienpädagogischer und suchtvorbeugender Art sowie Bildungs- und Beratungsangebote für Eltern und andere Erziehungsberechtigte bereitzustellen.

§ 16 Besonderer Schutz junger Menschen

(1) Junge Menschen sind vor Missbrauch, Vernachlässigung und Gewalt, auch in der Familie, wirksam zu schützen. Die Jugendhilfebehörden sollen durch Öffentlichkeitsarbeit sowie durch Fortbildung von Fachkräften in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Schulen sowie in Polizei und Justiz die hierfür geeigneten Maßnahmen anregen oder durchführen.
(2) Zur Durchführung der Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch in Krisen- und Gefährdungsfällen sind die Jugendhilfebehörden in Zusammenarbeit mit der freien Jugendhilfe verpflichtet, geeignete sozialpädagogische Unterbringungs- und Betreuungsmöglichkeiten zu schaffen und vorzuhalten, um Kindern und Jugendlichen zu jeder Tages- und Nachtzeit Zuflucht und Betreuung zu gewähren. Für jüngere Kinder soll stets die Möglichkeit der Inobhutnahme in einer familiären Bereitschaftsbetreuung geprüft werden. Für die Inobhutnahme von Mädchen und jungen Frauen zum Schutz vor Gewalt sollen geschlechtsspezifische Angebote bereitgestellt werden. Für suizidgefährdete Minderjährige ist eine problemspezifische Betreuung zu gewährleisten.

§ 17 Jugendarbeitsschutz

Die Jugendhilfebehörden haben die zuständige Behörde zu benachrichtigen, wenn ihnen Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass Verstöße gegen Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes vom 12. April 1976 (BGBl. I S. 965), zuletzt geändert durch Artikel 2 Abs. 2 des Gesetzes vom 31. Mai 1994 (BGBl. I S. 1168), vorliegen.

§ 18 Unterstützung der Polizei, Unterrichtung des Jugendamts

(1) Das Jugendamt hat die Polizeibehörden bei der Wahrnehmung von polizeilichen Aufgaben zum Schutze Minderjähriger und bei der Bekämpfung des Drogenmissbrauchs und der Jugendkriminalität im Rahmen seiner Aufgaben und Befugnisse zu beraten und zu unterstützen. Die Polizei unterrichtet das Jugendamt in allen Fällen, in denen Maßnahmen zum Schutze Minderjähriger erforderlich erscheinen.
(2) Sind in einem Bezirk polizeiliche Maßnahmen allgemeiner Art oder größeren Umfangs, die Minderjährige betreffen, beabsichtigt, so soll vorher das Jugendamt gehört werden. Haben die Maßnahmen überbezirklichen Charakter, so soll auch die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung gehört werden.
(3) Zur Sicherstellung der notwendigen Zusammenarbeit vereinbaren die Jugendämter und Polizeidirektionen ein Verfahren zum regelmäßigen Informations- und Erfahrungsaustausch und zur Information der fallzuständigen Fachkräfte in den Jugendämtern in Fällen der Intensivtäterschaft.

§ 19 Überwachung der Jugendschutzvorschriften

(1) Bei Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2004 (BGBl. I S. 1857), in der jeweils geltenden Fassung sind die Dienstkräfte der zuständigen Behörden befugt, die Räume der in Absatz 3 näher bezeichneten Örtlichkeiten und Betriebe während der Arbeits-, Betriebs- oder Geschäftszeit zu betreten, dort Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen und in die geschäftlichen Unterlagen Einsicht zu nehmen. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes, Artikel 28 Abs. 2 der Verfassung von Berlin) wird insoweit eingeschränkt.
(2) Ist eine Prüfung von Gegenständen im Sinne des § 18 Abs. 1 des Jugendschutzgesetzes in den Räumen des Betriebs nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich, sind der Inhaber und die in den Räumen beschäftigten Personen verpflichtet, die Schriften den Dienstkräften der in Absatz 1 genannten Stellen zur Prüfung außerhalb der Räume des Betriebs auszuhändigen. Auf Verlangen ist darüber eine Bescheinigung zu erteilen. Die Schriften sollen spätestens nach drei Tagen zurückgegeben werden, wenn nicht nach anderen Vorschriften eine Beschlagnahme angeordnet oder beantragt worden ist.
(3) Der Überwachung nach den Absätzen 1 und 2 unterliegen
1.
Betriebe, die geschäftsmäßig die in § 18 Abs. 1 des Jugendschutzgesetzes genannten Gegenstände oder Inhalte
a)
verbreiten,
b)
öffentlich ausstellen, anschlagen, vorführen oder sonst zugänglich machen oder
c)
herstellen, beziehen, liefern, vorrätig halten, anbieten, ankündigen oder anpreisen.
2.
Veranstaltungsgelände oder -räume und gewerblich genutzte Räume, in denen das Verhalten in Bezug auf Kinder und Jugendliche den Beschränkungen der §§ 4 bis 14 des Jugendschutzgesetzes unterliegt.

Fünfter Abschnitt Förderung der Erziehung in der Familie

§ 20 Grundsätze der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie

(1) Zur Stärkung und Förderung von Familien ist die Schaffung einer bedarfsgerechten Angebotsstruktur von Leistungen im Sinne von § 16 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu gewährleisten.
(2) Angebote der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie richten sich an alle Familien ungeachtet ihrer familiären Situation und Lebensumstände. Hierbei sollen Familien in belastenden sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen frühzeitig erreicht und die speziellen Problemlagen aufgegriffen werden. Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie ist ein für die Teilnehmenden freiwilliges, an ihren Stärken ansetzendes und beteiligungsorientiertes Angebot. Familien sind in geeigneter Weise an der Planung und Umsetzung der Angebote der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie zu beteiligen.
(3) Die allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie verfolgt ihre Ziele durch eine Vielfalt von Inhalten, Methoden, Angebotsformen und Trägerstrukturen. Sie soll bedarfsgerecht, inklusiv, flexibel und adressatenorientiert sein.
(4) Die allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie ist lebensweltorientiert, bezieht sich auf die sozialen Räume der Familien und bindet den Erfahrungshintergrund der Teilnehmenden ein. Die Träger der Jugendhilfe arbeiten mit den anderen in der jeweiligen lokalen Sozialisations- und Bildungslandschaft tätigen Behörden, Trägern und Personen, insbesondere mit Einrichtungen der Kindertagesbetreuung und Schulen, zusammen.
(5) Angebote der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie sind angepasst an die verschiedenen Lebensphasen, Lebenslagen und Lebensformen von Familien bereitzustellen. Werdende Eltern sind in diese Angebote einzubeziehen. Die Angebote sind im Bedarfsfall mit Kinderbetreuungsangeboten zu verbinden.
(6) Angebote der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie sollen in geeigneter Weise mit Angeboten nach den §§ 17 und 18 des Achten Buches Sozialgesetzbuch verknüpft werden.
(7) Für eine ehrenamtliche Tätigkeit in förderungswürdigen Verbänden oder Organisationen der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie gilt § 10 entsprechend.

§ 20a Ziele der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie

Die allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie dient der Aneignung, Stärkung und Weiterentwicklung von Fähigkeiten und Strategien innerhalb von Familien. Dabei steht das Wohlergehen von Kindern im Mittelpunkt. Die allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie zielt darauf ab
1.
die Elternkompetenz und Selbstwirksamkeit der Erziehungsberechtigten zu erhöhen,
2.
Erziehungs- und Beziehungsfertigkeiten zu stärken,
3.
Partnerschaftlichkeit beider Elternteile in der Ausübung der Erziehung zu stärken,
4.
Handlungssicherheit im Umgang mit familiären Konflikten zu erhöhen,
5.
die Ausgewogenheit von Familie und Beruf für Eltern zu erhöhen,
6.
Armutsfolgen zu reduzieren und Teilhabechancen zu erhöhen,
7.
ein gesundes Aufwachsen von Kindern mit ihren Erziehungsberechtigten zu fördern,
8.
zur Selbst- und Nachbarschaftshilfe zu befähigen,
9.
Bildungspartnerschaften zwischen Erziehungsberechtigten und pädagogischen Fachkräften zu begünstigen,
10.
die Bildungschancen von Kindern zu verbessern und
11.
demokratische Erziehung, Beteiligung und gesellschaftliches Engagement zu fördern.

§ 20b Angebotsformen der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie und Qualitätssicherung

(1) Angebote der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie sind insbesondere in den folgenden sechs Angebotsformen vorzuhalten:
1.
einrichtungsgebundene Angebote, insbesondere Familienzentren,
2.
Angebote im häuslichen Umfeld,
3.
Angebote im Sozialraum,
4.
Erholungsreisen,
5.
mediale Angebote,
6.
Familienservicebüros.
(2) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung hat im Benehmen mit den Jugendämtern der Bezirke für die in Absatz 1 Nummer 1 bis 6 genannten Angebotsformen der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie Fachstandards bezogen auf die Qualität („Fachstandard Qualität“) und bezogen auf den Umfang („Fachstandard Umfang“) zu entwickeln und zu beschreiben. Diese Fachstandards sind regelmäßig unter Beteiligung von Familien und ihren Interessenvertretungen sowie des Berliner Beirats für Familienfragen gemäß § 24 Absatz 1 zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen.
(3) Der „Fachstandard Qualität“ beschreibt die notwendigen Rahmenbedingungen für Angebote der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie, insbesondere bildet er die regelhaften Ausstattungsstandards in personeller und sächlicher Hinsicht unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 46 für die Angebotsformen der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie ab. Es ist in geeigneter Weise sicherzustellen, dass der „Fachstandard Qualität“ bei der Ausgestaltung der Angebotsformen berücksichtigt wird. Der „Fachstandard Qualität“ wird mit einem Rundschreiben von der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung bekannt gegeben.
(4) Der „Fachstandard Umfang“ bildet den Umfang an Angeboten im Land Berlin ab, mit dem für jede der in Absatz 1 Nummer 1 bis 6 genannten Angebotsformen die Deckung des einwohnerbezogenen Bedarfs sichergestellt werden soll. Er wird durch Rechtsverordnung nach Absatz 5 festgesetzt. Der für den „Fachstandard Umfang“ maßgebliche einwohnerbezogene Bedarf wird durch Richtwerte in Form von prozentualen Bedarfsdeckungsquoten ausgewiesen. Hierbei sind auch das Alter der Kinder in den Familien und die besonderen Belange werdender Eltern angemessen zu berücksichtigen.
(5) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung hat den nach Absatz 4 für das Land Berlin ermittelten „Fachstandard Umfang“ einschließlich der Richtwerte, den Anteil der durch die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung vorzuhaltenden Angebote sowie das Verfahren für die Überprüfung und Weiterentwicklung des „Fachstandards Umfang“ durch Rechtsverordnung festzulegen.
(6) Bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Rechtsverordnung nach Absatz 5 ist bezogen auf den „Fachstandard Umfang“ ein vorläufiges Angebotsniveau zu Grunde zu legen, für das die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung für die in Absatz 1 Nummer 1 und 2 genannten Angebotsformen Richtwerte in Form von prozentualen Versorgungsquoten für Gruppen, bezogen auf das Alter der Kinder in den Familien, vorgibt. Für die in Absatz 1 Nummer 3 bis 6 genannten Angebotsformen ist bis zu dem in Satz 1 bezeichneten Zeitpunkt mindestens das für das Haushaltsjahr 2020 vorgesehene Niveau zu sichern.

§ 21 Angebote und Einrichtungen des überörtlichen Jugendhilfeträgers

(1) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung betreibt oder fördert Einrichtungen, Projekte und andere Maßnahmen, soweit sie von gesamtstädtischer Bedeutung sind oder den Bedarf eines einzelnen Bezirkes übersteigen. Dazu zählen zum Beispiel Modellprojekte sowie Veröffentlichungen und Untersuchungen zur Weiterentwicklung der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie.
(2) Zusätzlich zu den Maßnahmen nach Absatz 1 betreibt oder fördert die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung die Angebote der in § 20b Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Angebotsformen, soweit dies zur bedarfsgerechten Versorgung erforderlich ist.

§ 22 Erziehungs- und Familienberatung

(1) Erziehungs- und Familienberatung wird durch psychologisch-therapeutische und sozialpädagogische Fachdienste (Erziehungs- und Familienberatungsstellen) sowohl von den Jugendämtern als auch von den Trägern der freien Jugendhilfe angeboten. Sie tragen dazu bei, Erziehungsschwierigkeiten sowie individuelle und familiäre Krisen in ihren Ursachen und Bedingungen zu erkennen und sie durch Beratung und Therapie zu mindern oder zu beheben. Sie können auch präventiv in Anspruch genommen werden. Über die Erziehungsberatung nach § 28 des Achten Buches Sozialgesetzbuch hinaus erfüllen sie Aufgaben der Beratung in allgemeinen Fragen der Erziehung und Entwicklung junger Menschen (§ 16 des Achten Buches Sozialgesetzbuch), der Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung (§ 17 des Achten Buches Sozialgesetzbuch) und der Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge (§ 18 Abs. 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch) oder des Umgangsrechts (§ 18 Abs. 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch).
(2) Zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung hat jedes Jugendamt mindestens eine Erziehungs- und Familienberatungsstelle vorzuhalten. Erziehungs- und Familienberatungsstellen sind für jedermann offen zugänglich, ihre Inanspruchnahme ist freiwillig.

§ 23 Junge Eltern

(1) Jungen Eltern, die noch nicht das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben, sollen besondere Beratungs- und Bildungsleistungen der Jugendhilfe angeboten werden, die ihrem Lebensalter Rechnung tragen. Ziel dieser Angebote ist insbesondere die Unterstützung bei Partner- und Trennungsproblemen, bei Problemen mit den eigenen Eltern, bei der Umorientierung auf das Leben mit dem Kind, bei der Teilnahme an schulischer und beruflicher Aus-, Fort- und Weiterbildung, bei der beruflichen Eingliederung sowie bei der Vereinbarkeit von Ausbildung, Beruf und Familie. Bei Bedarf soll eine Betreuung in einer gemeinsamen Wohnform nach § 19 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ermöglicht werden.
(2) Jungen Eltern, die an Beratungs-, Bildungs- oder Erholungsmaßnahmen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch oder an schulischen oder beruflichen Bildungsmaßnahmen teilnehmen, soll die bedarfsgerechte Betreuung ihrer Kinder gewährleistet werden.
(3) Bei schulischen und beruflichen Maßnahmen sollen die Lebensumstände junger Eltern besonders berücksichtigt werden; dabei arbeiten die zuständigen Jugendhilfe- und Schulbehörden zusammen.

§ 24 Berliner Beirat für Familienfragen

(1) Der Berliner Beirat für Familienfragen hat die Aufgabe, den Senat in Fragen der Familienpolitik zu beraten, ihm Impulse für familienpolitische Maßnahmen zu geben und die Interessen der Familien im Land Berlin in die Politik einzubringen. Des Weiteren hat der Berliner Beirat für Familienfragen
1.
beratende Funktion gegenüber dem Senat bei Gesetzesvorhaben und Rechtsverordnungen mit Auswirkungen auf die Familie zu übernehmen,
2.
durch Öffentlichkeitsarbeit die Interessen der Familien im Land Berlin zu unterstützen und über aktuelle familienbezogene Themen zu informieren,
3.
spätestens drei Jahre nach seiner jeweiligen Konstituierung einen Bericht über die Lage der Familien in Berlin mit Ableitung von Handlungsempfehlungen zu erstellen und
4.
regionale Initiativen zur Förderung der Familienfreundlichkeit zu beraten.
(2) Die Mitglieder des Beirats werden von dem für Familie zuständigen Mitglied des Senats jeweils für die Dauer der Wahlperiode des Abgeordnetenhauses von Berlin berufen.
(3) Dem Beirat gehören als Mitglieder je eine Vertretung
1.
des Landesjugendhilfeausschusses,
2.
der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege,
3.
der Arbeitsgemeinschaft der Familienverbände in Berlin,
4.
der im Abgeordnetenhaus vertretenen Fraktionen,
5.
des Landesbeirats für Integrations- und Migrationsfragen,
6.
des Landesbeirats für Menschen mit Behinderung,
7.
der Industrie- und Handelskammer zu Berlin,
8.
der Handwerkskammer Berlin,
9.
der Gewerkschaften,
10.
des Landesfrauenrates Berlin e.V.,
11.
der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz,
12.
des Erzbistums Berlin,
13.
der Jüdischen Gemeinde zu Berlin,
14.
des Humanistischen Verbandes Deutschland, Landesverband Berlin-Brandenburg e.V.,
15.
der muslimischen Gemeinden in Berlin,
16.
des Lesben- und Schwulenverbands Berlin-Brandenburg e.V.,
17.
der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Berlin-Brandenburg,
18.
der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg e.V. und
19.
der Stiftung Hilfe für die Familie - Stiftung des Landes Berlin -
an. Das für Familie zuständige Mitglied des Senats beruft zu weiteren Mitgliedern:
1.
auf Vorschlag des Rats der Bürgermeister zwei Vertretungen der Bezirke,
2.
drei Sachverständige mit wissenschaftlicher Qualifikation und
3.
einen sachkundigen Bürger oder eine sachkundige Bürgerin.
(4) Vertreterinnen oder Vertreter der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung nehmen mit beratender Stimme an den Sitzungen des Familienbeirats teil.
(5) Der Beirat wählt aus seiner Mitte ein vorsitzendes Mitglied und dessen Stellvertretung.
(6) Der Beirat bestimmt den Gegenstand seiner Beratungen. Den Anregungen des Senats auf Beratung bestimmter Themen soll er Rechnung tragen.
(7) Der Beirat tritt mindestens viermal im Kalenderjahr zusammen. Weitere Sitzungen sind anzuberaumen, wenn das vorsitzende Mitglied es für erforderlich hält oder mehr als ein Drittel der Mitglieder dies verlangen.
(8) Die Sitzungen des Beirats sind nicht öffentlich.
(9) Das Nähere zu Berufungsverfahren, Arbeitsweise, Beschlussfassung, Zusammenarbeit mit anderen Stellen, Finanzierung und Gewährung von Aufwandsentschädigungen wird von der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung durch Rechtsverordnung festgelegt.

Sechster Abschnitt Hilfe zur Erziehung, Hilfe für junge Volljährige, Eingliederungshilfe

§ 25 Ausgestaltung und Zielrichtung der Hilfen

(1) Die Hilfe zur Erziehung und die Hilfe für junge Volljährige (§§ 27 bis 35 und § 41 des Achten Buches Sozialgesetzbuch) sind bedarfsgerecht bereitzustellen, weiterzuentwickeln und zu differenzieren. Die Hilfen sollen so angelegt sein, dass im Bedarfsfall Mischformen zwischen den einzelnen Hilfearten sowie ihre Kombination und Verknüpfung möglich sind. Bei längerfristig notwendiger Fremdunterbringung sollen für Kinder vorrangig Gruppen, in denen mit ihnen erzieherische Fachkräfte zusammenleben, und sonstige familienorientierte Hilfen bereitgestellt werden; für Jugendliche und junge Volljährige sollen vorrangig sozialpädagogisch betreute Wohnformen eingerichtet werden.
(2) Hilfen in ambulanter Form nach den §§ 28 bis 31 und § 35 des Achten Buches Sozialgesetzbuch umfassen sowohl individuelle als auch gruppenorientierte Angebote, die begleitend und unterstützend im Lebensalltag erbracht werden. Hilfen nach Satz 1 sowie Hilfen nach § 32 des Achten Buches Sozialgesetzbuch sollen den Verbleib des Kindes oder Jugendlichen in der Familie ermöglichen, die Familie entlasten und deren Fähigkeit zur Selbsthilfe stärken.
(3) Im Rahmen der Vollzeitpflege nach § 33 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist sicherzustellen, dass auch erweitertem Förderbedarf angemessen Rechnung getragen wird.
(4) Die Leistungen in Einrichtungen über Tag und Nacht nach § 34 des Achten Buches Sozialgesetzbuch sollen so gestaltet sein, dass Kindern und Jugendlichen auch bei krisenhaftem Unterbringungsverlauf und schwieriger Symptomatik angemessen geholfen werden kann, ohne dass sie die Einrichtung wechseln müssen. Innerhalb der Einrichtung sind die Wohn- und Betreuungsformen unterschiedlich entsprechend den Problemlagen, den Bedürfnissen und dem Entwicklungsstand der Kinder und Jugendlichen zu organisieren.
(5) Sonstige betreute Wohnformen nach § 34 des Achten Buches Sozialgesetzbuch sollen im Verbund mit Einrichtungen über Tag und Nacht oder außerhalb solcher Einrichtungen insbesondere in Form sozialpädagogisch betreuter Wohngemeinschaften oder des betreuten Einzelwohnens organisiert werden.
(6) Die Hilfen haben die Bedürfnisse behinderter oder von Behinderung bedrohter junger Menschen zu berücksichtigen. Sie sind im Falle eines besonderen Bedarfs mit Maßnahmen der Eingliederungshilfe nach § 35 a des Achten Buches Sozialgesetzbuch sowie den §§ 53 und 54 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in der jeweils geltenden Fassung zu kombinieren.
(7) Therapeutische Leistungen werden auf der Grundlage einer Hilfeplanung nach § 36 des Achten Buches Sozialgesetzbuch
1.
im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a des Achten Buches Sozialgesetzbuch oder
2.
in Verbindung mit pädagogischen Leistungen als Hilfe zur Erziehung nach § 27 des Achten Buches Sozialgesetzbuch
erbracht, wenn sie geeignet und notwendig sind. Sie umfassen sowohl psychotherapeutische als auch andere therapeutische Leistungen nach wissenschaftlich anerkannten Methoden und werden von Personen durchgeführt, die über die erforderliche therapeutische Qualifikation verfügen müssen.

§ 26 Hilfeplan

(1) Die an der Entscheidung über eine Hilfe für voraussichtlich längere Zeit und ihrer Durchführung beteiligten Fachkräfte haben zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder Jugendlichen einen Hilfeplan nach § 36 Abs. 2 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch aufzustellen. Die für den Fall zuständige Fachkraft des Jugendamtes ist verantwortlich für die Aufstellung des Hilfeplans, die Sicherstellung der notwendigen Beteiligungen und die regelmäßige Überprüfung des Hilfebedarfs sowie des Hilfeverlaufs. Sie beruft eine Hilfekonferenz ein, die das Zusammenwirken der Fachkräfte unter Einbeziehung der zuständigen Fachdienste von Beginn an sicherstellt.
(2) Der Hilfeplan enthält Aussagen über die Ausgangssituation, die vorhandenen familiären und sozialen Ressourcen, den Bedarf, die geeignete, notwendige Hilfeart, den Umfang und die Ausgestaltung der Hilfe, das Ziel der Hilfen einschließlich eines Zeitplans zur Erreichung des Ziels sowie die zwischen den Beteiligten getroffenen Arbeitsabsprachen und erteilten Aufträge.
(3) Die am Hilfeplan Beteiligten überprüfen in regelmäßigen Abständen die Umsetzung des Hilfeplans sowie die Notwendigkeit seiner Fortschreibung.

§ 27 Frühe Hilfen

Die Leistungen nach diesem Abschnitt sollen in entsprechender Anwendung bei Bedarf bereits Schwangeren angeboten werden (Frühe Hilfen). Die für Jugend und Familie sowie die für das Gesundheitswesen zuständigen Senatsverwaltungen entwickeln aufeinander abgestimmte Leistungsangebote.

§ 28

(aufgehoben)

§ 29 Werbung von Pflegestellen, Pflegevertrag

(1) Die Jugendhilfebehörden gewährleisten, dass durch Öffentlichkeitsarbeit (Werbung) die Bereitschaft zur Aufnahme eines Kindes oder Jugendlichen in einer Pflegestelle gefördert wird.
(2) Das Jugendamt soll bei jeder Unterbringung in einer Pflegestelle mit den Pflegepersonen einen schriftlichen Pflegevertrag abschließen, der die Rechte und Pflichten der Vertragspartner regelt.

Siebter Abschnitt Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen, sonstigen betreuten Wohnformen und Pflegestellen

§ 30 Erlaubnis und Untersagung des Betriebs einer Einrichtung

(1) Die Betriebserlaubnis nach § 45 Abs. 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch wird erteilt, wenn insbesondere auf Grund der
1.
fachlichen und persönlichen Eignung aller Mitarbeiter der Einrichtung,
2.
Personalausstattung entsprechend dem festgelegten Personalschlüssel, bezogen auf die Höchstzahl einer möglichen Belegung mit Kindern und Jugendlichen,
3.
Eignung der Räume und Freiflächen,
4.
Eignung der Grundausstattung,
5.
Eignung der konzeptionellen und pädagogischen Zielsetzungen,
6.
Sicherstellung einer altersgemäßen Ernährung und
7.
Sicherstellung der wirtschaftlichen Grundlage der Einrichtung eine dem Wohl der jungen Menschen entsprechende Bildung, Erziehung und Betreuung gemäß der Aufgabenstellung der Einrichtung zu erwarten ist.
(2) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung kann durch Rechtsverordnung die Voraussetzungen im Einzelnen festlegen, die erfüllt sein müssen, damit das Wohl der Kinder und Jugendlichen gewährleistet ist.
(3) Die Erlaubnis erlischt bei Wechsel der Trägerschaft, Schließung oder Verlegung der Einrichtung oder eines Teils der Einrichtung sowie bei grundlegender Änderung der Struktur oder der Zweckbestimmung.
(4) Erhält ein Jugendamt davon Kenntnis, dass eine Einrichtung ohne Erlaubnis junge Menschen aufnimmt oder dass Tatsachen vorliegen, welche die Eignung der Einrichtung zur Aufnahme von jungen Menschen ausschließen, so hat es der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung sowie dem zuständigen zentralen Träger der freien Jugendhilfe hiervon Mitteilung zu machen und bei Gefahr im Verzug unverzüglich die notwendigen Maßnahmen zu treffen.
(5) Wird eine Einrichtung im Sinne des § 45 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ohne die erforderliche Erlaubnis betrieben, so soll die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung den weiteren Betrieb untersagen, wenn der Träger der Einrichtung nicht unverzüglich die Erlaubnis beantragt und diese erteilt werden kann. Gegen die den weiteren Betrieb untersagende Entscheidung haben Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung. Dies gilt entsprechend für den Betrieb einer sonstigen betreuten Wohnform nach § 48 a des Achten Buches Sozialgesetzbuch.

§ 31 Aufsicht, Meldepflichten

(1) Der Träger einer erlaubnispflichtigen Einrichtung hat über die Meldepflichten des § 47 Abs. 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch hinaus vor Betriebsaufnahme und bei einer Änderung Art und zeitlichen Umfang der Tätigkeit, Geburtsdatum, einen Qualifikationsnachweis gemäß den aktuellen fachlichen Anforderungen, Einstellungsdatum sowie Datum des Ausscheidens des Leiters und der Betreuungskräfte mitzuteilen. Die jährliche Belegungsmeldung ist nach Altersgruppen gegliedert vorzunehmen und durch die Jahresdurchschnittsbelegung zu ergänzen.
(2) Der Träger und die Leitung der Einrichtung haben die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung unverzüglich über jedes Vorkommnis, das geeignet ist, das Wohl eines Kindes oder Jugendlichen zu gefährden, sowie über jede wesentliche Veränderung des Raumangebots, der Struktur und Konzeption der Einrichtung zu unterrichten.
(3) Der Träger und die Leitung der Einrichtung sowie die Beschäftigten haben im Rahmen einer Prüfung nach § 46 des Achten Buches Sozialgesetzbuch auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte zu pädagogischen, konzeptionellen, personellen und wirtschaftlichen Fragestellungen zu geben und Einblick in die entsprechenden Unterlagen zu gewähren.

§ 32 Pflegeerlaubnis

(1) Die Pflegeerlaubnis für Vollzeitpflege nach § 44 des Achten Buches Sozialgesetzbuch darf nicht für mehr als fünf Kinder erteilt werden. Die Erlaubnis für Kindertagespflege kann für bis zu acht Kinder erteilt werden, wenn die Pflegeperson neben der erforderlichen besonderen Qualifikation von einer weiteren Betreuungsperson dauerhaft unterstützt wird. Die Pflegeerlaubnis kann für bis zu zehn Kinder erteilt werden, wenn mindestens zwei im Sinne von Satz 2 geeignete Tagespflegepersonen die Betreuung im Verbund organisieren. Eine Vorsorge für Vertretungssituationen muss gewährleistet sein. § 8a Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch findet auf die Kindertagespflege entsprechende Anwendung. Die für die Prüfung der Erlaubnis maßgebliche Anzahl der Kinder bestimmt sich nach der vertraglichen Belegung je Tag. Näheres zu den Anforderungen an die Qualifikation der Tagespflegepersonen, auch unter Berücksichtigung der Zahl der betreuten Kinder, ist durch Verwaltungsvorschriften zu regeln.
(2) Werden jeweils mehr Kinder und Jugendliche betreut oder wird jeweils mehr Kindern oder Jugendlichen Unterkunft gewährt, so bedarf es einer Betriebserlaubnis nach § 45 Abs. 1 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch.
(3) Dem Jugendamt ist im Rahmen seiner Aufgaben nach § 37 Abs. 3 und § 44 Abs. 3 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch der Zugang zu dem Kind oder Jugendlichen und der Zutritt zu den Räumen, die seinem Aufenthalt dienen, zu gestatten, wenn Tatsachen bekannt werden, auf Grund deren eine Gefährdung des Wohls des Kindes oder Jugendlichen zu besorgen ist. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.

Achter Abschnitt Träger der Jugendhilfe

§ 33 Örtlicher und überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe

(1) Örtlicher und überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Sinne des § 69 Abs. 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist das Land Berlin. Die Jugendämter der Bezirke nehmen die Aufgaben des örtlichen Trägers nach § 85 Abs. 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung (Landesjugendamt) nimmt die Aufgaben des überörtlichen Trägers nach § 85 Abs. 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch wahr.
(2) Für die örtliche Zuständigkeit der Jugendämter der Bezirke gelten die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit des örtlichen Trägers nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch entsprechend, soweit in diesem Gesetz oder in von der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung zu erlassenden Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist. Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung kann abweichende Regelungen im Sinne von Satz 1 durch Rechtsverordnung treffen.

§ 34 Jugendamt

(1) In jedem Bezirk ist ein Jugendamt zu errichten, das sich aus dem Jugendhilfeausschuss und der Verwaltung zusammensetzt. Die Verwaltung des Jugendamts wird in der für den Geschäftsbereich Jugend zuständigen Abteilung des Bezirksamts eingerichtet. Das Jugendamt ist mit den Personal- und Sachmitteln auszustatten, die für die Erfüllung seiner Aufgaben nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch und nach diesem Gesetz erforderlich sind.
(2) Die Verwaltung des Jugendamts wird in Organisationseinheiten gegliedert. Dabei ist die Zusammenfassung von Aufgabenbereichen und die Einrichtung dezentraler Dienste unter Berücksichtigung der regionalen Bedingungen und Erfordernisse in der jeweiligen Wohnregion der Bürger anzustreben. Das Nähere wird in Organisationsrichtlinien der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung geregelt. Es soll in jedem Bezirk mindestens ein Familienservicebüro vorgehalten werden. Dieses dient als zentrale Anlauf- und Informationsstelle für Familien und bietet Erstberatung zu Familienleistungen, Antragsunterstützung, soziale Beratung und Lotsenfunktion in Familienbelangen.
(3) Die Leitung der Verwaltung des Jugendamts darf nur einer persönlich geeigneten und in der Jugendhilfe erfahrenen Fachkraft übertragen werden; der Jugendhilfeausschuss ist vorher zu hören.
(4) Das Jugendamt ist verpflichtet, zur Erledigung seiner Aufgaben IT-gestützte Fachverfahren zu nutzen, soweit diese von der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung im Rahmen ihrer gesamtstädtischen Aufgaben zur Verfügung gestellt und im Auftrag der Bezirke betrieben werden. Die Rechtsbeziehungen und Verantwortlichkeiten im Verhältnis zwischen den jeweiligen betroffenen Personen und dem Jugendamt bleiben unberührt. Die Jugendämter verwenden die ihnen von der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung vorgegebenen Musterformulare und Vordrucke einschließlich der Vorgaben für Ablauf und Umsetzung der IT-Fachverfahren. Im Fachverfahren ist sicherzustellen, dass nur die für die Gewährung der Leistung oder Wahrnehmung einer anderen Aufgabe im konkreten Fall zuständige Stelle Zugriff auf die Sozialdaten erhält. Das Nähere wird in Verwaltungsvorschriften der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung geregelt.

§ 35 Jugendhilfeausschuss

(1) Der Jugendhilfeausschuss ist zugleich der Ausschuss der Bezirksverordnetenversammlung für den Geschäftsbereich Jugend des Bezirksamts (§ 33 des Bezirksverwaltungsgesetzes). Die für Ausschüsse geltenden Vorschriften des Bezirksverwaltungsgesetzes finden Anwendung, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist.
(2) Der Jugendhilfeausschuss befasst sich mit allen Aufgaben der Jugendhilfe im Bezirk, insbesondere mit den in § 71 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch genannten Angelegenheiten. Der Jugendhilfeausschuss beschließt im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel des Geschäftsbereichs Jugend und nach Maßgabe der von der Bezirksverordnetenversammlung gefassten Beschlüsse über die Angelegenheiten der Jugendhilfe.
(3) Der Jugendhilfeausschuss wird für die jeweilige Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung gebildet. Er übt nach Beendigung der Wahlperiode die Tätigkeit solange weiter aus, bis der neue Ausschuss gebildet ist. Dieser soll innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Wahlperiode gebildet werden.
(4) Die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses üben ihre Tätigkeit im Rahmen des Gesetzes nach ihrer freien, nur durch die Rücksicht auf das Gemeinwohl bestimmten Gewissensüberzeugung aus. Sie sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden.
(5) Dem Jugendhilfeausschuss gehören als stimmberechtigte Mitglieder an:
1.
neun Bezirksverordnete und
2.
sechs Bürgerdeputierte (§ 20 des Bezirksverwaltungsgesetzes), davon mindestens drei Personen aus dem Bereich der freien Träger der Jugendarbeit.
(6) Die Bürgerdeputierten werden auf Vorschlag der im Bezirk des Jugendamts wirkenden anerkannten Träger der freien Jugendhilfe von der Bezirksverordnetenversammlung gewählt. Die freien Träger sollen je mindestens die doppelte Anzahl der auf sie als Mitglieder und stellvertretende Mitglieder insgesamt entfallenden Personen vorschlagen. Bei der Wahl sind die Vorschläge der Jugendverbände und der Wohlfahrtsverbände angemessen zu berücksichtigen. Scheidet ein gewähltes Mitglied vorzeitig aus, so sollen die Träger für die Ersatzwahl mindestens zwei Personen vorschlagen.
(7) Dem Jugendhilfeausschuss gehören als beratende Mitglieder an:
1.
das für den Geschäftsbereich Jugend zuständige Mitglied des Bezirksamts,
2.
der Leiter oder die Leiterin der Verwaltung des Jugendamts,
3.
eine in der Mädchenarbeit erfahrene Frau,
4.
eine in der Arbeit mit behinderten Kindern und Jugendlichen erfahrene Person,
5.
eine Person zur Vertretung des Bezirkselternausschusses der Kindertagesstätten,
6.
eine Person zur Vertretung des Bezirksschulbeirats,
7.
je eine Person zur Vertretung der Evangelischen Kirche, der Katholischen Kirche, der Jüdischen Gemeinde und der freigeistigen Verbände,
8.
eine Vertreterin oder ein Vertreter des Ausschusses für Partizipation und Integration der Bezirksverordnetenversammlung und
9.
bis zu drei weitere Personen aus der Jugendhilfe sachverwandten Bereichen.
(8) Die in Absatz 7 Nummer 3, 4 und 5 genannten Personen werden von dem für den Geschäftsbereich Jugend zuständigen Mitglied des Bezirksamts, die in Nummer 6 genannte Person vom Bezirksschulbeirat, die in Nummer 7 genannten Personen von ihrer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft, die in Nummer 8 genannte Person vom Ausschuss für Partizipation und Integration und die in Nummer 9 genannten Personen durch den Ausschuss selbst für jeweils eine Amtsperiode benannt und von der Bezirksverordnetenversammlung berufen. Welche Weltanschauungsgemeinschaft die Person zur Vertretung der freigeistigen Verbände benennt, entscheidet das für den Geschäftsbereich Jugend zuständige Mitglied des Bezirksamts.
(9) Die Benennung der Mitglieder nach den Absätzen 5, 6 und 8 soll gleichmäßig nach Frauen und Männern erfolgen. Für jedes Mitglied ist ein stellvertretendes Mitglied zu bestimmen.
(10) Ein am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehender Jugendhilfeausschuss bleibt bis zu seiner Neuwahl nach den Vorschriften dieses Gesetzes im Amt.

§ 36 Oberste Landesjugendbehörde, Landesjugendamt

Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung ist oberste Landesjugendbehörde im Sinne des Achten Buches Sozialgesetzbuch und nimmt zugleich die gesamtstädtischen Aufgaben des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe (Leitungsaufgaben) sowie die Aufgaben der Verwaltung des Landesjugendamts wahr.

§ 37 Landesjugendhilfeausschuss

(1) Der Landesjugendhilfeausschuss befasst sich mit den Aufgaben der Jugendhilfe, die gemäß § 33 Absatz 1 Satz 2 der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung (Landesjugendamt) obliegen. Er hat im Rahmen der vom Abgeordnetenhaus bereitgestellten Mittel und der von ihm gefassten Beschlüsse Beschlussrecht in den in § 85 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch genannten Angelegenheiten der Jugendhilfe, mit Ausnahme der laufenden Geschäfte.
(2) Für die Stellung der Mitglieder des Landesjugendhilfeausschusses und seiner Unterausschüsse gilt § 35 Abs. 4 entsprechend. Die Mitglieder erhalten Ersatz ihrer Auslagen und Entschädigung nach Maßgabe des Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlungen, der Bürgerdeputierten und sonstiger ehrenamtlich tätiger Personen vom 29. November 1978 (GVBl. S. 2214), zuletzt geändert durch Artikel I Nr. 2 des Gesetzes vom 23. Juni 1992 (GVBl. S. 200), in der jeweils geltenden Fassung.
(3) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung hat den Landesjugendhilfeausschuss über die wichtigen Angelegenheiten auf dem Gebiet der Jugendhilfe zu unterrichten.

§ 38 Zusammensetzung des Landesjugendhilfeausschusses

(1) Der Landesjugendhilfeausschuss besteht aus 21 stimmberechtigten Mitgliedern und den beratenden Mitgliedern.
(2) Dem Landesjugendhilfeausschuss gehören als stimmberechtigte Mitglieder an:
1.
sechs Abgeordnete,
2.
vier in der Jugendhilfe erfahrene oder tätige Personen, davon eine mit Erfahrung in der Mädchenarbeit,
3.
acht Vertreter oder Vertreterinnen der anerkannten Träger der freien Jugendhilfe, davon mindestens vier Personen aus dem Bereich der freien Träger der Jugendarbeit,
4.
ein Vertreter oder eine Vertreterin der Arbeitsgemeinschaft der Familienverbände,
5.
ein Vertreter oder eine Vertreterin des Berliner Beirats für Familienfragen und
6.
ein Vertreter oder eine Vertreterin des Landesbeirats für Menschen mit Behinderung.
(3) Der Leiter oder die Leiterin der für Jugend und der Leiter oder die Leiterin der für Familie zuständigen Abteilung der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung gehören als beratende Mitglieder dem Landesjugendhilfeausschuss an. Zu weiteren beratenden Mitgliedern beruft die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung:
1.
je einen Vertreter oder eine Vertreterin der Evangelischen Kirche und der Katholischen Kirche sowie der Jüdischen Gemeinde und einen Vertreter oder eine Vertreterin der freigeistigen Verbände auf Vorschlag der jeweiligen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft,
2.
einen Jugendrichter oder eine Jugendrichterin und einen Familienrichter oder eine Familienrichterin auf Vorschlag der für Justiz zuständigen Senatsverwaltung,
3.
einen Vertreter oder eine Vertreterin des Sports auf Vorschlag der Dachorganisation des Berliner Sports,
4.
einen Vertreter oder eine Vertreterin der Ausländerbeauftragten des Senats,
5.
eine Person zur Vertretung der Interessen von behinderten Kindern und Jugendlichen auf Vorschlag des Behindertenbeauftragten des Senats,
6.
einen Vertreter oder eine Vertreterin des Landeselternausschusses für Kindertagesstätten,
7.
einen Vertreter oder eine Vertreterin der Polizei,
8.
einen Vertreter oder eine Vertreterin einer Organisation zur Vertretung der Interessen von lesbischen, schwulen, bisexuellen sowie trans- und intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen,
9.
das für Jugend und Familie zuständige Mitglied des Senats,
10.
zwei für den Geschäftsbereich Jugend zuständige Mitglieder von Bezirksämtern auf Vorschlag des Rates der Bürgermeister,
11.
eine Vertreterin oder einen Vertreter des Landesbeirats für Partizipation und
12.
eine Vertreterin oder einen Vertreter des Landesschulbeirats auf dessen Vorschlag.
(4) § 35 Abs. 9 Satz 1 gilt entsprechend.
(5) Die Personen nach Absatz 2 Nr. 1 und 2 werden vom Abgeordnetenhaus gewählt. Die Wahl erfolgt auf Vorschlag der Fraktionen nach deren Stärke im Höchstzahlverfahren. Scheidet ein Mitglied nach Absatz 2 Nr. 1 und 2 aus, so ist von der Fraktion, von der es benannt war, ein Ersatzmitglied vorzuschlagen.
(6) Die Personen nach Absatz 2 Nummer 3 werden auf Vorschlag der anerkannten Träger der freien Jugendhilfe, die Person nach Absatz 2 Nummer 4 wird auf Vorschlag der Arbeitsgemeinschaft der Familienverbände, die Person nach Absatz 2 Nummer 5 wird auf Vorschlag des Berliner Beirats für Familienfragen und die Person nach Absatz 2 Nummer 6 wird auf Vorschlag des Landesbeirats für Menschen mit Behinderung von der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung berufen.
(7) Für alle Mitglieder sind Stellvertreter oder Stellvertreterinnen zu berufen oder zu wählen. Scheidet ein Mitglied vor Ablauf der Amtsperiode aus, so ist für die restliche Amtsperiode ein neues Mitglied zu berufen.
(8) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung kann die Mitglieder nach Absatz 2 Nummer 3 bis 6 und Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 8 und 11 auf Antrag der vorschlagsberechtigten Stellen abberufen, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Benennung geführt haben, weggefallen sind.

§ 39 Amtsperiode des Landesjugendhilfeausschusses und Verfahrensgrundsätze

(1) Der Landesjugendhilfeausschuss wird für die jeweilige Wahlperiode des Abgeordnetenhauses von Berlin gebildet. Er tritt erstmalig zusammen (Konstituierung), sobald die stimmberechtigten Mitglieder nach § 38 Abs. 2 Nr. 1 und 2 gewählt und die stimmberechtigten Mitglieder nach § 38 Abs. 2 Nr. 3 und 4 berufen worden sind. Im Übrigen gilt § 35 Abs. 3 und 10 entsprechend.
(2) Die stimmberechtigten Mitglieder wählen aus ihrer Mitte den Vorsitzenden oder die Vorsitzende und bis zu zwei stellvertretende vorsitzende Mitglieder.
(3) Der Landesjugendhilfeausschuss kann aus seiner Mitte Unterausschüsse bilden. Er kann zu den Unterausschüssen jeweils bis zu drei sachkundige Frauen und Männer hinzuwählen. Zu den Sitzungen des Landesjugendhilfeausschusses und seiner Unterausschüsse können im Einzelfall Sachverständige hinzugezogen werden.
(4) Der Landesjugendhilfeausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung. Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung nimmt die Geschäftsführung des Landesjugendhilfeausschusses wahr. Die Sitzungen des Landesjugendhilfeausschusses und seiner Unterausschüsse sind öffentlich. Für einzelne Beratungspunkte kann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden. Über den Ausschluss der Öffentlichkeit wird in nichtöffentlicher Sitzung entschieden.
(5) Der Landesjugendhilfeausschuss beschließt mit der Mehrheit der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder.

§ 40 Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe

(1) Über die Anerkennung (§ 75 des Achten Buches Sozialgesetzbuch) eines überbezirklich tätigen Trägers der freien Jugendhilfe entscheidet die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung; über die Anerkennung eines nur bezirklich tätigen Trägers der freien Jugendhilfe entscheidet das Jugendamt.
(2) Die Anerkennung erstreckt sich auch auf die im Zeitpunkt der Anerkennung angeschlossenen rechtlich selbständigen Vereinigungen, soweit dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird. Schließt sich eine rechtlich selbständige Vereinigung einem Träger an, nachdem dieser anerkannt ist, so erstreckt sich die Anerkennung auch auf sie, wenn der Träger den Anschluss der für die Anerkennung zuständigen Behörde angezeigt hat und die Anerkennung nicht innerhalb von drei Monaten versagt wird.
(3) Die der Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Berlin angehörenden Verbände, die Mitgliedsorganisationen des Landesjugendrings Berlin und die ihnen im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes angeschlossenen Träger der Jugendhilfe gelten als anerkannt.

Neunter Abschnitt Gesamtverantwortung, Jugendhilfeplanung

§ 41 Gesamtverantwortung und Gewährleistungsverpflichtung

(1) Die Jugendämter der Bezirke und die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung nehmen ihre Gesamtverantwortung nach § 79 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gemäß der in § 33 Absatz 1 Satz 2 genannten Zuständigkeitsverteilung wahr. Im Rahmen der nach § 79 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch bestehenden Planungsverantwortung und Gewährleistungsverpflichtung hat die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung durch Standardvorgaben darauf hinzuwirken, dass die Einrichtungen und Dienste der Kinder- und Jugendhilfe so ausgestattet werden, dass sie geeignet sind, ihr Leistungsziel zu erreichen.
(2) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung hat darauf hinzuwirken, dass die der Jugendhilfe zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel ein Höchstmaß an Wirksamkeit für die Erfüllung der Aufgaben nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch und diesem Gesetz erzielen können. Dazu ist nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln anzustreben. Durch ständige Soll-Ist-Vergleiche sowie Einrichtung eines Verfahrens der Erfolgskontrolle ist für einen effizienten und effektiven Einsatz der Haushaltsmittel zu sorgen.
(3) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung ist zu einer perspektivischen Personalbedarfsplanung verpflichtet. Dazu gehören auch die erforderlichen Maßnahmen zur langfristigen Absicherung der notwendigen Ausstattung mit geeignetem Fachpersonal.
(4) Bei erheblichen Bedarfsänderungen in einzelnen Leistungsbereichen der Bezirke koordiniert die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung die erforderlichen Maßnahmen zu einem bereichs- und bezirksübergreifenden Personalausgleich. Sie stimmt diese Maßnahmen mit den Bezirken ab.
(5) Zum Zwecke der Sicherung der Gewährleistungsverpflichtung ist die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung befugt, die für ein Fach- und Finanzcontrolling notwendigen Daten bei den Jugendämtern zu erheben. Das betrifft einzelfallbezogene Fach- und Kostendaten zur Hilfeleistung, wobei personenbezogene Angaben pseudonymisiert sein müssen.

§ 42 Bezirkliche Jugendhilfeplanung

(1) Die Jugendämter sind zur Jugendhilfeplanung nach § 80 des Achten Buches Sozialgesetzbuch verpflichtet. Sie sollen im Rahmen der Jugendhilfeplanung Schwerpunkte setzen und, falls es die Situation der jungen Menschen und ihrer Familien erfordert, Planungen für einzelne Wohngebiete oder einzelne Nutzergruppen in besonderen Problemlagen erstellen. Soweit erforderlich sollen gemeinsame Dienste und Einrichtungen mit den Jugendämtern benachbarter Bezirke geplant werden. Die Jugendhilfeplanung ist einmal in jeder Wahlperiode fortzuschreiben.
(2) Die bezirkliche Jugendhilfeplanung ist mit der Gesamtjugendhilfeplanung (§ 43) abzustimmen. Sie wird im Jugendhilfeausschuss beraten und in ihrem Maßnahmenteil (§ 80 Abs. 1 Nr. 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch) von der Bezirksverordnetenversammlung beschlossen. Sie ist die verbindliche Grundlage für die Verteilung der verfügbaren Haushaltsmittel.
(3) Der Bezirksverordnetenversammlung soll in regelmäßigen Abständen über die Situation der jungen Menschen im Bezirk, die Entwicklung der Jugendhilfe, geplante Veränderungen und die Umsetzung der Jugendhilfeplanung berichtet werden. Dabei sollen nach einer Erfolgskontrolle auch die Gründe für das Scheitern oder die Erfolglosigkeit von Vorhaben sowie hieraus zu ziehende Folgerungen dargelegt werden.
(4) Die Beteiligung der freien Jugendhilfe an der Jugendhilfeplanung soll unter Einbeziehung der Arbeitsgemeinschaften im Stadtteil (§ 4 Abs. 3 Nr. 4) nach den Maßgaben des § 4 Abs. 3 Nr. 1 und 3 frühzeitig durchgeführt werden. Dabei ist umfassend über Inhalte, Ziele und Verfahren der Planung zu informieren. Nicht anerkannte Verbände, Gruppen und Initiativen können beteiligt werden.
(5) Das Jugendamt erhebt die für die Jugendhilfeplanung erforderlichen Daten, soweit sie nicht von anderen zuständigen Stellen erhoben werden. Es verwendet hierbei auch Angaben, die bei der Erhebung von Teilnahmebeiträgen nach § 90 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und bei der Heranziehung zu den Kosten nach § 91 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gemacht werden. Die so gewonnenen Daten sind unverzüglich zu anonymisieren. Das Jugendamt wertet die Daten unterhalb der Bezirksebene, differenziert nach Stadtteilen, aus.

§ 43 Gesamtjugendhilfeplanung

(1) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung erstellt eine Gesamtjugendhilfeplanung, in welcher die bezirklichen Planungen mit gesamtstädtischen Planungserfordernissen abgestimmt werden. Insbesondere ist auf einen gleichmäßigen und bedarfsgerechten Ausbau der Einrichtungen, Dienste und Leistungen der Jugendhilfe im gesamten Stadtgebiet sowie auf die Weiterentwicklung der Jugendhilfe hinzuwirken. § 42 Abs. 1 Satz 4 gilt entsprechend.
(2) Die Gesamtjugendhilfeplanung wird auf der Grundlage der bezirklichen Planung und der Planung der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung unter Beteiligung der Bezirke und des Landesjugendhilfeausschusses entwickelt. Für die Beteiligung der freien Jugendhilfe, mit Ausnahme der Arbeitsgemeinschaften im Stadtteil, gilt § 42 Abs. 4 entsprechend.
(3) Der Senat berichtet einmal in jeder Wahlperiode dem Abgeordnetenhaus über den Stand der Gesamtjugendhilfeplanung. Bestandteil des Berichts über die Gesamtjugendhilfeplanung soll auch eine in regelmäßigen Abständen aktualisierte Darstellung der Lage junger Menschen in der Stadt und der wichtigsten Entwicklungstendenzen und Vorschläge zur Weiterentwicklung der Jugendhilfe sein.
(4) Im Rahmen ihrer Planungsverantwortung koordiniert die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung die Jugendhilfeplanung der Bezirke und fördert die Zusammenarbeit zwischen den Jugendämtern, insbesondere bei der Planung gemeinsamer Dienste und Einrichtungen. Sie wertet die Jugendhilfestatistik für planerische Zwecke aus und stellt die Ergebnisse den Jugendämtern zur Verfügung.

§ 43a Jugendförderpläne auf Bezirks- und Landesebene

(1) Es sind Jugendförderpläne auf Bezirks- und Landesebene aufzustellen. Sie dienen der jeweiligen Fachplanung und -steuerung der Angebote der Jugendarbeit.
(2) Die Jugendämter der Bezirke weisen zu jeder in § 6c Absatz 1 Nummer 1 bis 5 genannten Angebotsform den Bestand und den Bedarf an Jugendarbeit, den Anteil der durch die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung vorzuhaltenden Angebote, die Umsetzung des „Fachstandards Qualität“, den nach § 6c jeweils sicherzustellenden „Fachstandard Umfang“ und die jeweils dafür vorgesehenen finanziellen Mittel in bezirklichen Jugendförderplänen aus. Die bezirklichen Jugendförderpläne sind eigenständiger Teil der Jugendhilfeplanung nach § 42. Abweichend von § 42 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 2 Satz 2 werden die bezirklichen Jugendförderpläne auf Vorschlag der Verwaltung des Jugendamtes im Jugendhilfeausschuss erörtert und beschlossen und sind alle vier Jahre fortzuschreiben.
(3) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung weist den Bestand und den Bedarf an gesamtstädtischen, überbezirklichen Angeboten der Jugendarbeit auf Landesebene sowie die für die jeweiligen Angebote vorgesehenen finanziellen Mittel in einem Landesjugendförderplan aus. Der Landesjugendförderplan ist eigenständiger Teil der Gesamtjugendhilfeplanung nach § 43. Abweichend von § 43 Absatz 1 Satz 3 ist der Landesjugendförderplan alle vier Jahre fortzuschreiben.
(4) Jugendförderpläne auf Bezirks- und Landesebene sichern
1.
die Entwicklung von bedarfsgerechten und aufeinander abgestimmten Strategien und Maßnahmen für die bezirklichen sowie für die gesamtstädtischen, überbezirklichen Angebote der Jugendarbeit,
2.
die Verschränkung von bezirklicher und landesweiter Planung und Steuerung der Jugendarbeit in Berlin und
3.
die Herstellung einer transparenten Übersicht über die bezirklichen sowie die gesamtstädtischen, überbezirklichen Angebote der Jugendarbeit in Berlin.
(5) Die Erstellung der Jugendförderpläne auf Bezirks- und auf Landesebene erfolgt jeweils unter Beteiligung junger Menschen nach Maßgabe des § 5. Über die Ergebnisse der Beteiligung sind die jungen Menschen in geeigneter Form zu informieren. Bei der Erstellung des Landesjugendförderplans ist der Landesjugendhilfeausschuss anzuhören.
(6) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung hat das Nähere über Aufbau und Struktur der Jugendförderpläne auf Bezirks- und Landesebene, über das Verfahren ihrer Aufstellung, insbesondere auch bezüglich der erforderlichen Beteiligungen, über die in den Jugendförderplänen auf Bezirks- und Landesebene vorzunehmenden Analysen, über die daraus abzuleitenden weiteren Planungen sowie über die Fortschreibung der Jugendförderpläne auf Bezirks- und Landesebene durch Rechtsverordnung zu regeln.

§ 43b Familienförderpläne auf Bezirks- und Landesebene

(1) Es sind Familienförderpläne auf Bezirks- und Landesebene aufzustellen. Sie dienen der jeweiligen Fachplanung und -steuerung der Angebote der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie.
(2) Die Jugendämter der Bezirke weisen zu den in § 20b Absatz 1 Nummer 1 bis 3 und 6 genannten Angebotsformen den Bestand und den Bedarf an allgemeiner Förderung der Erziehung in der Familie, den Anteil der durch die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung vorzuhaltenden Angebote, den nach § 20b Absatz 4 jeweils sicherzustellenden „Fachstandard Umfang“ und die jeweils dafür vorgesehenen finanziellen Mittel sowie die Berücksichtigung des „Fachstandards Qualität“ in bezirklichen Familienförderplänen aus. Die bezirklichen Familienförderpläne sind eigenständiger Teil der Jugendhilfeplanung nach § 42. Abweichend von § 42 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 2 Satz 2 werden die bezirklichen Familienförderpläne auf Vorschlag der Verwaltung des Jugendamtes im Jugendhilfeausschuss erörtert und beschlossen und sind alle vier Jahre fortzuschreiben.
(3) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung weist den Bestand und den Bedarf an Angeboten der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie auf Landesebene nach § 21 sowie die für diese Angebote vorgesehenen finanziellen Mittel in einem Landesfamilienförderplan aus. Der Landesfamilienförderplan ist eigenständiger Teil der Gesamtjugendhilfeplanung nach § 43. Abweichend von § 43 Absatz 1 Satz 3 ist der Landesfamilienförderplan alle vier Jahre fortzuschreiben.
(4) Familienförderpläne auf Bezirks- und Landesebene sichern
1.
die Entwicklung von bedarfsgerechten und aufeinander abgestimmten Strategien und Maßnahmen für die bezirklichen sowie für die gesamtstädtischen, überbezirklichen Angebote der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie,
2.
die Verschränkung von bezirklicher und landesweiter Planung und Steuerung der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie in Berlin und
3.
die Herstellung einer transparenten Übersicht über die bezirklichen sowie die gesamtstädtischen, überbezirklichen Angebote der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie in Berlin.
(5) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung hat das Nähere über Aufbau und Struktur der Familienförderpläne auf Bezirks- und Landesebene, über das Verfahren ihrer Aufstellung, insbesondere auch bezüglich der erforderlichen Beteiligungen, über die in den Familienförderplänen auf Bezirks- und Landesebene vorzunehmenden Analysen, über die daraus abzuleitenden weiteren Planungen sowie über die Fortschreibung der Familienförderpläne auf Bezirks- und Landesebene durch Rechtsverordnung zu regeln.
(6) Bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Rechtsverordnung nach § 20b Absatz 5 ist für die Aufstellung der Familienförderpläne das vorläufige Angebotsniveau nach § 20b Absatz 6 maßgeblich.

§ 44 Kinder- und jugendpolitische Leitlinien

Der Senat legt dem Abgeordnetenhaus zu Beginn einer Wahlperiode seine kinder- und jugendpolitischen Leitlinien und die damit verbundenen politischen und fachlichen Zielsetzungen in der Kinder- und Jugendhilfe vor. Dazu gibt der Landesjugendhilfeausschuss eine Stellungnahme ab, die dem Abgeordnetenhaus zugeleitet wird.

§ 45 Koordination der Jugendhilfeplanung mit anderen Planungen

Planungen anderer Verwaltungen, insbesondere die Schul-, Gesundheits-, Verkehrs-, Sozial-, Stadtentwicklungs- und Wohnungsbauplanung, sollen, soweit sie sich auf die Lebenswelt und die Zukunftsperspektiven von jungen Menschen und Familien auswirken können, die Jugendhilfeplanung einbeziehen.

§ 46 Sicherung des Raum- und Flächenbedarfs für die Jugendhilfe

(1) Die Bezirksämter haben nach Maßgabe der Jugendhilfeplanung dafür zu sorgen, dass rechtzeitig die erforderlichen Standorte und Freiflächen für Einrichtungen und Dienste der Jugendhilfe zur Verfügung stehen. Der Bedarf an Standorten und Freiflächen für die Jugendhilfe ist im Rahmen der Instrumente der Stadtentwicklung zu berücksichtigen und in der verbindlichen Bauleitplanung festzusetzen. Der entsprechende Raum- und Flächenbedarf soll in der sozialen Infrastrukturplanung berücksichtigt werden. Mehrfachnutzungen von Räumen sollen im Rahmen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit in den Sozialräumen gefördert werden.
(2) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung setzt die Standards für den Flächenbedarf und die räumliche Gestaltung von Jugendhilfeeinrichtungen fest. Auf der Grundlage der Gesamtjugendhilfeplanung sind der Bestand und der Bedarf an sozialer Infrastruktur für die Jugendhilfe in Stadtentwicklungsplänen nach § 4 Absatz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. November 1999 (GVBl. S. 578), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 6. Dezember 2017 (GVBl. S. 664) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung darzustellen und regelmäßig fortzuschreiben.

Zehnter Abschnitt Finanzierung der Jugendhilfe

§ 47 Förderung der freien Jugendhilfe

(1) Die Träger der freien Jugendhilfe werden vom Land Berlin nach § 74 des Achten Buches Sozialgesetzbuch sowie nach Maßgabe der Jugendhilfeplanung gefördert. Über Art und Höhe der Förderung entscheiden die Jugendhilfebehörden im Rahmen der verfügbaren Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen. Hierbei sollen insbesondere auch die verschiedenen Grundrichtungen der Erziehung, die Vielfalt der Inhalte und Methoden sowie die Eignung und Bedeutung für die Jugendhilfe, Erfahrung und Aktivität der einzelnen Träger, die von ihnen erbrachten Eigenleistungen sowie die Zuwendungen und die Beteiligung Dritter angemessen berücksichtigt werden. Die Gewährung von Förderungen ist von der Verpflichtung des Empfängers abhängig zu machen, Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen unter Beachtung der in § 9 des Achten Buches Sozialgesetzbuch genannten Grundsätze über die Grundrichtung der Erziehung und über die Förderung der Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen anzubieten.
(2) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung ist zuständig für die Förderung von überbezirklichen Verbänden sowie von Einrichtungen, Diensten, Modellvorhaben und Projekten der freien Jugendhilfe, soweit sie den bezirklichen Bedarf übersteigen oder gesamtstädtische Bedeutung haben. Im Übrigen ist das Jugendamt zuständig für die Förderung der freien Jugendhilfe. Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung kann Leistungen und Projekte gemeinsam mit den Jugendämtern fördern. Diese Finanzierung durch die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung setzt voraus, dass auch die Finanzierung durch das Jugendamt gesichert ist.
(3) Die Förderung der freien Jugendhilfe schließt ein, dass den Trägern der freien Jugendhilfe die zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Räume, soweit sie sich im Vermögen des Landes Berlin befinden, entgeltfrei zur Verfügung gestellt werden. Die Kostenfreiheit nach Satz 1 gilt auch für die Überlassung von Räumen, die gemeinsam in öffentlicher und freier Trägerschaft genutzt werden.

§ 48 Finanzierung der Jugendarbeit

(1) Gemäß seiner Gewährleistungsverpflichtung hat das Land Berlin im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel die zur Einhaltung des „Fachstandards Umfang“ nach § 6c Absatz 2 Satz 5 notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen.
(2) Die Bezirke haben dabei unter Berücksichtigung der durch die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung vorgehaltenen Angebote sicherzustellen, dass der „Fachstandard Umfang“ angewandt wird. § 47 bleibt unberührt.
(3) Bei Zuwendungen sind die erzielten Tarifabschlüsse in Höhe der linearen Tarifsteigerungen zu berücksichtigen.

§ 48a Finanzierung der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie

(1) Gemäß seiner Gewährleistungsverpflichtung hat das Land Berlin im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel die zur Einhaltung des „Fachstandards Umfang“ nach § 20b Absatz 4 und bis zum Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach § 20b Absatz 5 die zur Sicherstellung des vorläufigen Angebotsniveaus nach § 20b Absatz 6 notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen.
(2) Die Bezirke haben dabei unter Berücksichtigung der durch die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung vorgehaltenen Angebote sicherzustellen, dass der „Fachstandard Umfang“ angewandt und bis zum Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach § 20b Absatz 5 das vorläufige Angebotsniveau beachtet wird. § 47 bleibt unberührt.
(3) Bei Zuwendungen sind die erzielten Tarifabschlüsse in Höhe der linearen Tarifsteigerungen zu berücksichtigen.

§ 49 Vereinbarungen über die Inanspruchnahme von Einrichtungen und Diensten der freien Jugendhilfe

(1) Mit den Trägern der freien Jugendhilfe und anderen Leistungsanbietern ist der Abschluss von Vereinbarungen über die Höhe der Kosten der Inanspruchnahme ihrer Einrichtungen und Dienste bei Gewährung von Individualleistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch anzustreben. Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung kann mit den Leistungsanbietern und den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege Rahmenverträge über Leistungen und Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe zur Finanzierung und Sicherung von Inhalten und Standards abschließen. Kostensätze haben den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, der Sparsamkeit und der Leistungsfähigkeit Rechnung zu tragen und sind vorzukalkulieren. Die Vereinbarungen sollen auch Regelungen über Zahl und Ausbildung der in den Einrichtungen, Diensten und Veranstaltungen tätigen Fachkräfte enthalten sowie Anforderungen an die Leistungsinhalte unter Beachtung der in § 9 des Achten Buches Sozialgesetzbuch genannten Grundsätze über die Grundrichtung der Erziehung und über die Förderung der Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen und der Vorschriften über die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen im Sinne des § 5 festlegen. Als Ergebnis eines fachlichen Auswahlverfahrens können darüber hinaus die Jugendämter Kooperationsvereinbarungen mit den Leistungserbringern zum Zwecke der fallbezogenen Erschließung und Nutzung von Ressourcen aus dem sozialen Umfeld der Leistungsberechtigten abschließen.
(2) Für den Abschluss von Vereinbarungen über Leistungen, Entgelte und Qualitätsentwicklung nach Absatz 1 Satz 1
1.
für Einrichtungen oder Dienste, die den bezirklichen Bedarf übersteigen,
oder
2.
durch die Rahmenvereinbarungen umgesetzt werden,
ist die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung zuständig. Abweichende Vereinbarungen durch die Jugendämter sind nur zulässig, soweit dies in den Rahmenvereinbarungen vorgesehen ist.
(3) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung kann mit Zustimmung der Senatsverwaltung für Finanzen durch Rechtsverordnung bestimmen, dass die §§ 78b bis 78g des Achten Buches Sozialgesetzbuch auch für andere Leistungen nach diesem Buch sowie für vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (§ 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch) gelten.

Elfter Abschnitt Sonstige Vorschriften

§ 50 Hilfe für delinquente Jugendliche und Heranwachsende

(1) Die Jugendhilfebehörden arbeiten mit der Polizei, der Staatsanwaltschaft, den Gerichten, anderen zuständigen Stellen und der freien Jugendhilfe zusammen, um für straffällig gewordene Jugendliche und Heranwachsende geeignete erzieherische Hilfen zu entwickeln und einzusetzen, damit Freiheitsentzug vermieden oder verkürzt wird, insbesondere bei
1.
Absehen von der Verfolgung nach § 45 des Jugendgerichtsgesetzes und Einstellung des Verfahrens nach § 47 des Jugendgerichtsgesetzes,
2.
vorläufigen Anordnungen über die Erziehung nach § 71 des Jugendgerichtsgesetzes,
3.
Anordnung von Erziehungsmaßregeln nach den §§ 9 bis 12 oder Auflagen nach § 15 des Jugendgerichtsgesetzes,
4.
Maßnahmen nach § 72 des Jugendgerichtsgesetzes und
5.
Weisungen und Auflagen bei Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung nach § 23 des Jugendgerichtsgesetzes und bei Aussetzung des Rests der Jugendstrafe nach den §§ 88 und 89 des Jugendgerichtsgesetzes.
Das örtlich zuständige Jugendamt trägt die Kosten der vom Jugendgericht oder auf der Grundlage von § 45 des Jugendgerichtsgesetzes bestimmten erzieherischen Maßnahmen.
(2) Ist während eines Strafverfahrens die Unterbringung eines Jugendlichen nach § 71 Abs. 2 oder § 72 Abs. 4 des Jugendgerichtsgesetzes angeordnet worden, so erfolgt die Ausführung der Unterbringung in der vom Jugendgericht bestimmten Einrichtung oder sonstigen betreuten Wohnform (§ 34 des Achten Buches Sozialgesetzbuch) nach den in der Jugendhilfe geltenden Regelungen. Den Personensorgeberechtigten ist unverzüglich mitzuteilen, wo der Minderjährige untergebracht ist.

§ 51 Zusammenarbeit mit Forschung und Lehre

Die Jugendhilfebehörden sollen mit Forschung und Lehre an Hochschulen und anderen Institutionen zusammenarbeiten, die Arbeitsergebnisse für die Jugendhilfe auswerten, Praxiserfahrungen mitteilen und Forschungen zum Nutzen der Jugendhilfe anregen und fördern.

§ 52 Fortbildung und Praxisberatung

(1) Die Jugendhilfebehörden haben dafür zu sorgen, dass den haupt-, neben- und ehrenamtlich in der Jugendhilfe tätigen Personen ein ausreichendes Angebot an Fortbildungsmöglichkeiten und Praxisberatung zur Verfügung steht.
(2) Fortbildung und Praxisberatung dienen der Erhaltung und der Erweiterung der fachlichen Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Jugendhilfe. Sie sollen die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln und dabei die sozialen und emotionalen Bereiche der Persönlichkeit einbeziehen. Insbesondere sollen sie zu geschlechtsdifferenter Pädagogik befähigen sowie zu einem fachlich qualifizierten Umgang mit der Problematik der sexuellen Gewalt gegen Mädchen und Jungen beitragen.
(3) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung gewährleistet insbesondere für die Fortbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendhilfebehörden den Zugang zu Bildungsstätten, durch deren Veranstaltungen auch die Zusammenarbeit der Angehörigen verschiedener, für die Jugendhilfe bedeutsamer Fachrichtungen sowie der in der freien und der öffentlichen Jugendhilfe tätigen Personen gefördert werden soll.
(4) Zur Qualifikation der Erziehungspersonen und zur Begleitung ihrer Erziehungstätigkeit ist sicherzustellen, dass die notwendigen Kurse zur Verfügung stehen.

§ 53 Sachliche Zuständigkeit für Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch sowie dem Landespflegegeldgesetz

(1) Das Jugendamt ist über § 85 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch hinaus sachlich zuständig für die Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch und die Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch sowie die Hilfen nach dem Landespflegegeldgesetz vom 17. Dezember 2003 (GVBl. S. 606), das zuletzt durch Gesetz vom 18. Dezember 2018 (GVBl. S. 725) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung
1.
für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen oder die von einer Behinderung bedroht sind sowie
2.
für junge Volljährige, sofern sie außerdem Leistungen nach § 41 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erhalten.
(2) Bei den Jugendämtern werden die Aufgaben der Eingliederungshilfe von einer eigenen Organisationseinheit im Jugendamt, dem Teilhabefachdienst Jugend wahrgenommen. Die für Jugend zuständige Senatsverwaltung regelt das Nähere zur Zuständigkeit und der Organisationsstruktur des Teilhabefachdienstes Jugend durch Ausführungsvorschriften. Der jeweilige Teilhabefachdienst Jugend koordiniert sich mit den anderen nach § 2 Absatz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zuständigen Fachdiensten.
(3) Das Verfahren des Übergangs der Fallzuständigkeit von jungen Volljährigen aus der Jugendhilfe in die Zuständigkeit der Eingliederungshilfe für behinderte erwachsene Menschen ist so auszugestalten, dass den Interessen der Betroffenen an einer kontinuierlichen und abgestimmten Leistungsübernahme bestmöglich Rechnung getragen wird. Das Nähere zur Zuständigkeit an der Schnittstelle Jugendhilfe und Eingliederungshilfe für Erwachsene regeln die für Jugend und Sozialwesen zuständigen Senatsverwaltungen durch Ausführungsvorschriften.

§ 54 Beistandschaft, Amtspflegschaft und Amtsvormundschaft

(1) Die Änderung der örtlichen Zuständigkeit für die Amtspflegschaft und Amtsvormundschaft nach § 87 c des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist von dem die Amtspflegschaft oder die Amtsvormundschaft führenden Jugendamt bei Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts innerhalb des Landes Berlin nur zu beantragen, sofern das Wohl des Minderjährigen der Änderung nicht entgegensteht.
(2) Beamte oder Angestellte, denen die Ausübung der Aufgaben nach § 55 Abs. 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch übertragen ist, vertreten nach außen rechtswirksam den Minderjährigen; die beamtenrechtlichen Verpflichtungen nach § 35 des Beamtenstatusgesetzes bleiben jedoch unberührt. Die Vorgesetzten sollen mit Weisungen nur in solchen Fällen eingreifen, in denen dies zur Abwendung rechtswidrigen Handelns oder eines unmittelbar bevorstehenden Schadens erforderlich ist.
(3) Das Jugendamt kann eine Beistandschaft mit Zustimmung des Elternteils auf einen rechtsfähigen Verein übertragen, dem dazu eine Erlaubnis nach § 54 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erteilt worden ist.

§ 55 Ordnungswidrigkeiten

Ordnungswidrig handelt, wer entgegen § 31 Abs. 1 oder 2 eine Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vornimmt.

§ 56 Verwaltungsvorschriften, Verwaltungsverfahren

(1) Die zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes und dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften erlässt die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung. Der Landesjugendhilfeausschuss soll vorher gehört werden.
(2) Für die Durchführung dieses Gesetzes sind die Verfahrensvorschriften des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch in der jeweils geltenden Fassung maßgeblich.
(3) § 25 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch ist mit folgenden Maßgaben anzuwenden:
1.
Die Behörde hat den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, ohne dass deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist, sofern Rechte Dritter dadurch nicht beeinträchtigt werden.
2.
Die Akteneinsicht erfolgt bei der Behörde, die die Akten führt.

§ 57 Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes

(überholt)

§ 58 Änderung des Zuständigkeitskatalogs

(überholt)

§ 59 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.
(2) Das Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes in der Fassung vom 18. September 1972 (GVBl. S. 1919), zuletzt geändert durch Artikel III des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 (GVBl. S. 499), tritt gleichzeitig außer Kraft.
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