Vollzugshinweise zur Information der Öffentlichkeit bei gesundheitsgefährdenden Lebensmitteln, Futtermitteln, Bedarfsgegenständen, Kosmetika und Tabakerzeugnissen
DE - Landesrecht Bayern

Vollzugshinweise zur Information der Öffentlichkeit bei gesundheitsgefährdenden Lebensmitteln, Futtermitteln, Bedarfsgegenständen, Kosmetika und Tabakerzeugnissen

Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) erlässt zum Vollzug der Art. 10, 14, 15, 19, 20 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, der §§ 39, 39a, 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) und des § 29 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 und Nr. 7 des Tabakerzeugnisgesetzes (TabakerzG) folgende Hinweise:

1.  Rechtsgrundlagen, Verwaltungsvorschriften, sonstige Informationen

1.1  Internationales Recht und EU-Recht

– Verordnung (EG) Nr. 178/2002

1.2  Bundesrecht

– Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)
– Tabakerzeugnisgesetz (TabakerzG)

1.3  Landesrecht

– Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (GDVG)
– Gesundheitlicher Verbraucherschutz-Verordnung (GesVSV)

2.  Information der Öffentlichkeit über gesundheitsgefährdende Lebensmittel

2.1  Ermittlung der tatbestandlichen Voraussetzungen

¹Die für den jeweiligen Lebensmittelunternehmer zuständige Behörde (Kreisverwaltungsbehörde oder Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen – KBLV) ermittelt, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 10 VO (EG) Nr. 178/2002 in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Satz 1 LFGB (Information durch die Behörde) und des Art. 19 der VO (EG) Nr. 178/2002 (Information durch den Lebensmittelunternehmer) gegeben sind, also insbesondere:
– nicht sichere Lebensmittel wegen Gesundheitsschädlichkeit im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 178/2002; siehe Nr. 2.2,
– Lebensmittel kann den Verbraucher bereits erreicht haben; siehe Nr. 2.3,
– Verbreitungsgrad im Hinblick auf Gefahrenbeurteilung sowie die Zuständigkeit für eine behördliche Information der Öffentlichkeit,
– noch bestehende Gefährdungslage (alle Umstände des Einzelfalls, siehe Nr. 2.4).
²Die Ermittlungsergebnisse werden im QM-Dokument FB-LM-K03-18 „Ermittlungsbericht Lebensmittelereignis (LME) / Gesundheitsgefährdende Lebensmittel (LM) / Schnellwarnsystem (SWS) LM“ eingetragen und über die jeweilige Aufsichtsbehörde an das StMUV weitergeleitet. ³Die jeweilige Aufsichtsbehörde achtet bei Weiterleitung des Ermittlungsberichts darauf, dass sämtliche Felder des Ermittlungsberichts sorgfältig ausgefüllt sind. ⁴Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei § 40 Abs. 1 Satz 1 LFGB um eine Soll-Vorschrift handelt, sind nur im Ausnahmefall Gründe denkbar, von einer Information der Öffentlichkeit abzusehen, beispielsweise wenn alle betroffenen Verbraucher persönlich bekannt sind, erfolgreich kontaktiert wurden und dies gegenüber der zuständigen Behörde nachgewiesen wurde. ⁵Insbesondere genügen allgemeine Verhältnismäßigkeitserwägungen nicht, um von der Information der Öffentlichkeit abzusehen. ⁶Etwaige im Einzelfall bestehende konkrete Gründe für eine Verneinung der Information der Öffentlichkeit sind nachvollziehbar im Ermittlungsbericht zu dokumentieren. ⁷Bei der Abarbeitung und Dokumentation ist auf eine klare Unterscheidung der Begrifflichkeiten „Rücknahme“ und „Rückruf“ zu achten. ⁸Eine Rücknahme (Lebensmittel hat Verbraucher beziehungsweise Verwender noch nicht erreicht) ersetzt keinen Rückruf (Lebensmittel hat Verbraucher beziehungsweise Verwender bereits erreicht oder könnte ihn bereits erreicht haben).

2.2  Gesundheitsschädliche Lebensmittel

¹Ein gesundheitsschädliches Lebensmittel liegt dann vor, wenn es nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 178/2002 unter Berücksichtigung der Abs. 3 und 4 als nicht sicher bewertet wurde. ²In diesem Fall entspricht das Lebensmittel nicht den Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit im Sinne des Art. 19 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 und es liegt ein Risiko für die menschliche Gesundheit im Sinne des Art. 10 VO (EG) Nr. 178/2002 vor. ³Kann darüber hinaus die Chargenvermutung des Art. 14 Abs. 6 VO (EG) Nr. 178/2002 nicht widerlegt werden, gilt die gesamte Charge als nicht sicher. ⁴Beispielhaft soll auf zwei Fallkonstellationen näher eingegangen werden.

2.2.1  Fremdkörperfälle

¹Wird der Fremdkörper im Rahmen einer amtlichen Untersuchung an einem ungeöffneten, verpackten Lebensmittel festgestellt, gilt zunächst die widerlegliche Chargenvermutung des Art. 14 Abs. 6 VO (EG) Nr. 178/2002. ²Dem Lebensmittelunternehmer obliegt die Darlegungslast für die Widerlegung im konkreten Fall. ³Da die Eintragsquelle bei Fremdkörpern regelmäßig Gegenstand von Maßnahmen zur Ursachenermittlung des Lebensmittelunternehmers ist, soll die zuständige Behörde ihm unverzüglich eine unter Berücksichtigung der Gefahrenlage möglichst kurze Frist vorgeben, innerhalb derer er die Chargenvermutung widerlegen kann. ⁴Gründe für eine Widerlegung der Chargenvermutung können beispielsweise sein (Aufzählung nicht abschließend, Gesamtbetrachtung notwendig):
– Wenn nach eingehender Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, dass der Eintrag im Betriebsablauf erfolgt ist oder bereits in der Rohware vorhanden war und nicht entdeckt wurde (muss vom Lebensmittelunternehmer belegt werden).
– Wenn die Beschaffenheit des Fremdkörpers darauf schließen lässt, dass es sich um einen Einzelfall handelt (zum Beispiel vollständig erhaltener Fremdkörper).
⁵Wenn die Vermutung innerhalb der Frist seitens des Lebensmittelunternehmers nicht widerlegt werden kann, gilt die gesamte Charge als Lebensmittel, das den Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit im Sinne des Art. 19 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 nicht entspricht. ⁶Wird der Fremdkörper durch eine Verbraucherbeschwerde bekannt, gilt folgendes: ⁷Der Lebensmittelunternehmer ergreift Maßnahmen zur Ursachenermittlung (zum Beispiel Ermittlungen im Betrieb, Analyse des Fremdkörpers, Ermittlung weiterer Verbraucherbeschwerden), um zu klären, ob er ein nicht sicheres Lebensmittel in den Verkehr gebracht hat. ⁸Wenn davon auszugehen ist, dass das von ihm in den Verkehr gebrachte Lebensmittel nicht sicher war, und der Lebensmittelunternehmer kann die Chargenvermutung nicht widerlegen, gilt die gesamte Charge als Lebensmittel, das den Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit im Sinne des Art. 19 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 nicht entspricht.

2.2.2  Erkennbarkeit der Gesundheitsschädlichkeit für Verbraucher

¹Auf die Erkennbarkeit der Gesundheitsschädlichkeit für die Verbraucher kommt es regelmäßig nicht an. ²Eine Information der Öffentlichkeit ist nur dann nicht erforderlich, wenn die Gesundheitsschädlichkeit offensichtlich erkennbar ist und eine Gefahr für die Verbraucher sicher ausgeschlossen werden kann.

2.3  Produkt kann den Verbraucher bereits erreicht haben

¹Eine Informationspflicht des Lebensmittelunternehmers besteht, wenn er nicht zuverlässig ausschließen kann, dass das Produkt den Verbraucher (unabhängig vom Aufenthaltsort) erreicht hat. ²Der Lebensmittelunternehmer trägt hierfür die Darlegungslast. ³Auch geringe Mengen, die an den Verbraucher möglicherweise oder tatsächlich abgegeben wurden, erfüllen das Tatbestandsmerkmal. ⁴Das Tatbestandsmerkmal liegt nicht vor, wenn das Produkt zwar in Verkehr gebracht wurde (zum Beispiel an Zentrallager), jedoch noch nicht im Zugriff der Verbraucher ist.

2.4  Noch bestehende Gefährdungslage beziehungsweise Abgelaufenes Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) oder Verbrauchsdatum

¹Es ist stets zu prüfen, ob die einmal eingetretene Gefährdungslage durch ein gesundheitsschädliches Produkt, das den Verbraucher bereits erreicht haben könnte, noch fortbesteht. ²Eine Information der Öffentlichkeit ist bis zum Ablauf eines Haltbarkeitsdatums in der Regel erforderlich. ³Bei der Frage, ob auch nach Ablauf des MHD oder Verbrauchsdatums noch eine Information der Öffentlichkeit erforderlich ist, sind die Umstände des Einzelfalls (zum Beispiel Art des Lebensmittels, Art der Gefahr, Dauer der Überschreitung des MHD, Erkennbarkeit von Beschaffenheitsabweichungen für die Verbraucher, Verzehrs- und Lagerungsgewohnheiten, Hinweise auf Verbraucherbeschwerden) zu berücksichtigen.

2.5  Information durch den Lebensmittelunternehmer

¹Die Information der Verbraucher über gesundheitsschädliche Lebensmittel, die den Verbraucher bereits erreicht haben oder erreicht haben könnten, ist primär eine Pflicht des Lebensmittelunternehmers (vergleiche Art. 19 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 178/2002). ²Art. 19 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 nimmt sämtliche Lebensmittelunternehmer in die Pflicht, die das Lebensmittel eingeführt, erzeugt, verarbeitet, hergestellt oder vertrieben haben. ³Die für den jeweiligen Lebensmittelunternehmer zuständige Behörde (Kreisverwaltungsbehörde oder KBLV) trägt durch geeignete Maßnahmen Sorge dafür, dass die betroffenen Lebensmittelunternehmer diesen Pflichten nachkommen. ⁴Hierzu gehört auch die Durchsetzung mittels Anordnungen, Art. 138 Abs. 2 Buchst. g VO (EU) 2017/625. ⁵Im Hinblick auf die Auswahl zwischen verschiedenen möglichen Lebensmittelunternehmern kann auf die Grundsätze der Störerauswahl zurückgegriffen werden. ⁶Demnach werden vorrangig diejenigen Lebensmittelunternehmer in die Pflicht genommen, die die Gefahrenlage am schnellsten und wirksamsten beseitigen können. ⁷Soweit dafür mehrere Lebensmittelunternehmer in Frage kommen, kann eine Auswahl nach unterschiedlichen Kriterien erfolgen. ⁸Maßgebliche Kriterien für eine Auswahl können beispielsweise sein, wer die zeitlich letzte Ursache für die Gefahr gesetzt hat, wer die Gefahr verschuldet hat, das Maß der Verursachung, die bestehenden zivilrechtlichen Beziehungen zwischen den Störern und die finanzielle Leistungsfähigkeit des zur Gefahrenbeseitigung verpflichteten Störers. ⁹In der Regel hat der Hersteller für eine effektive und genaue Information der Öffentlichkeit zu sorgen, daneben kommen auch Verarbeiter oder Inverkehrbringer in Betracht (zum Beispiel wenn bei Eigenmarken der Hersteller auf der Verpackung nicht erkennbar ist, oder wenn die Nennung der Vertriebswege und die konkrete Form der Abgabe für eine effektive und genaue Verbraucherinformation von Relevanz ist). 1⁰Sofern absehbar ist, dass der in einem anderen Mitgliedstaat sitzende Hersteller nicht von sich aus für eine effektive und genaue Information der Öffentlichkeit in Deutschland sorgt, hat in der Regel der Erstinverkehrbringer für eine effektive und genaue Information der Öffentlichkeit zu sorgen. 1¹Daneben kommen auch Verarbeiter oder weitere Inverkehrbringer in Betracht (zum Beispiel wenn die Nennung der Vertriebswege und die konkrete Form der Abgabe für eine effektive und genaue Verbraucherinformation von Relevanz ist). ¹2Die Information der Öffentlichkeit durch den Lebensmittelunternehmer hat die Verbraucher

2.5.1  Genauigkeit

¹Der Lebensmittelunternehmer muss die Verbraucher „genau“ informieren. ²Zu den erforderlichen Bestandteilen einer Pressemitteilung gehören eine genaue Beschreibung und ein Farbfoto des Lebensmittels, Informationen zu den Vertriebswegen, Informationen zur von dem Lebensmittel ausgehenden Gefahr sowie den möglichen Auswirkungen bei Verzehr des Lebensmittels (vergleiche Anlage 1 „Muster Pressemitteilung/Aushang Lebensmittelunternehmer“). ³Hierfür sollen die Textbausteine des Robert Koch-Instituts (RKI) verwendet werden (vergleiche Anlage 2 „Textbausteine des Robert Koch-Instituts“). ⁴Soweit kein Textbaustein des RKI vorliegt, sind die möglichen Auswirkungen der Gefahr zu beschreiben.

2.5.2  Effektivität

¹Der Lebensmittelunternehmer muss die Verbraucher „effektiv“ über den Grund für die Rücknahme informieren. ²Die Information ist umso effektiver, je mehr Verbraucher durch sie erreicht werden. ³Die Pressemitteilung ist vom Lebensmittelunternehmer an die im Vertriebsgebiet des Lebensmittels relevanten Medien (Zeitungen, TV, Hörfunk) sowie Nachrichtenagenturen (zum Beispiel dpa) zu versenden. ⁴Das Versenden ausschließlich an Nachrichtenagenturen ist grundsätzlich nicht ausreichend. ⁵Geeignete aktuelle Presseverteiler sind bei den Pressestellen der jeweiligen Behörden verfügbar und dem Lebensmittelunternehmer bei Bedarf zur Verfügung zu stellen. ⁶Diese entbinden die zuständigen Behörden jedoch nicht von der Pflicht, die im konkreten Fall im Vertriebsgebiet relevanten Medien zu ermitteln. ⁷Die veröffentlichte Pressemitteilung sowie ein Übermittlungsnachweis an die Medien sind zu verlangen. ⁸Sofern der Lebensmittelunternehmer über regelmäßig genutzte Kanäle an die Verbraucher herantritt (zum Beispiel Homepage, Newsletter, Social Media wie Facebook oder Twitter), hat er die Information der Öffentlichkeit auch über diese Kanäle zu verbreiten. ⁹Bezüglich des Inhalts gilt das zum Mindestinhalt der Pressemitteilung Ausgeführte entsprechend. 1⁰Die Darstellung muss an einer für die Verbraucher gut wahrnehmbaren Stelle erfolgen.

2.5.3  Ausnahme: Andere ausreichende Maßnahmen

¹Eine Information der Öffentlichkeit ist dem Wortlaut des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 178/2002 zu Folge nicht erforderlich, wenn andere Maßnahmen zur Erzielung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus ausreichen. ²Beispielhaft soll auf zwei Fallkonstellationen näher eingegangen werden:
– Gaststätten: Bei einem Vor-Ort-Verzehr genügt in der Regel eine Rücknahme, um die Gefahrenlage für die Zukunft zu beseitigen.
– Cash&Carry-Märkte (Selbstbedienungsgroßmärkte), Fernabsatz (

2.6  Aushang durch den Einzelhandel

¹Der Einzelhandel trägt gemäß Art. 19 Abs. 2 VO (EG) Nr. 178/2002 zur Lebensmittelsicherheit dadurch bei, dass er unter anderem an den Maßnahmen der Erzeuger, Verarbeiter, Hersteller beziehungsweise der zuständigen Behörde mitarbeitet. ²Diese „Mitarbeit“ umfasst unter anderem die Pflicht des vom Rückruf konkret betroffenen Einzelhandels, Aushänge zu Rückrufen von Lieferanten in seinen Filialen anzubringen und die Ware aus dem Verkauf zu nehmen. ³Der Aushang hat in der Regel für mindestens zwei Wochen an einer für die Kunden gut sichtbaren Stelle (zum Beispiel am Regal oder im Wartebereich der Kassen) und in einer gut wahrnehmbaren Gestaltung zu erfolgen. ⁴Der Aushang hat die wesentlichen Bestandteile der Information der Öffentlichkeit zu enthalten (Name des Produkts, Farbfoto, Nettofüllmenge, Charge beziehungsweise Losnummer, MHD beziehungsweise Verbrauchsdatum, gegebenenfalls Identitätskennzeichen, sonstige aus Verbrauchersicht zweckdienliche Identifikationsangaben, genauer Grund für den Rückruf, genaue Angabe möglicher Folgen eines Verzehrs des gesundheitsgefährdenden Lebensmittels; vergleiche „Muster Pressemitteilung/Aushang Lebensmittelunternehmer“).

2.7  Einstellung der Pressemitteilung auf www.lebensmittelwarnung.de

¹Pressemitteilungen von bayerischen Lebensmittelunternehmern zur Information der Öffentlichkeit über gesundheitsgefährdende Lebensmittel werden vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) als behördlicher Hinweis auf den Rückruf des Lebensmittelunternehmers in der Regel unverzüglich auf www.lebensmittelwarnung.de eingestellt. ²Die für den jeweiligen Lebensmittelunternehmer zuständige Behörde (Kreisverwaltungsbehörde oder KBLV) beziehungsweise bei behördlicher Information, die für die Veröffentlichung zuständige Behörde, nimmt bezüglich der Einstellung einer Information der Öffentlichkeit auf www.lebensmittelwarnung.de frühzeitig Kontakt zum LGL auf (Schnellwarnkontaktstelle, schnellwarnungen@lgl.bayern.de), um einen reibungsfreien Ablauf zu gewährleisten.

2.8  Information der Öffentlichkeit durch die Behörde

2.8.1  Subsidiarität

¹Die Information durch den Lebensmittelunternehmer ist vorrangig gegenüber der Information durch die Behörde. ²Eine behördliche Information ist nur in den Fällen zulässig, in denen eine Information durch den Lebensmittelunternehmer nicht ebenso effektiv wäre (§ 40 Abs. 2 Satz 1 LFGB). ³Die für den jeweiligen Lebensmittelunternehmer zuständige Behörde (Kreisverwaltungsbehörde oder KBLV) ermittelt, ob die Tatbestandsvoraussetzungen für eine behördliche Warnung vorliegen (siehe oben). ⁴Ist dies der Fall, nimmt sie frühestmöglich Kontakt mit dem Unternehmer auf und weist ihn auf seine Pflichten nach Art. 19 der VO (EG) Nr. 178/2002 sowie die Folgen bei Nichterfüllung (Information der Öffentlichkeit durch die im Einzelfall je nach Verbreitungsgrad zuständige Behörde, etwaige strafrechtliche Konsequenzen, vergleiche § 59 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c LFGB) hin. ⁵Dem Betrieb ist durch die zuständige Behörde grundsätzlich unverzüglich (vorab mündlich mit schriftlicher Bestätigung) gemäß Art. 138 Abs. 2 Buchst. g VO (EU) 2017/625 ein öffentlicher Rückruf anzuordnen. ⁶Sofern der Unternehmer nicht zu einer eigenen Warnung bereit ist, informiert die zuständige Kreisverwaltungsbehörde die für die behördliche Information zuständige Behörde. ⁷Diese führt dann unverzüglich die Anhörung nach § 40 Abs. 3 Satz 1 LFGB durch (vergleiche Anlage 3 „Muster Anhörungsschreiben“). ⁸Die im Rahmen der Anhörung zu setzende Frist für die Erfüllung der unternehmerischen Pflichten ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwere der drohenden Gefahr, zu bemessen. ⁹Generell ist im Bereich der Gefahrenabwehr bei gesundheitsgefährdenden Lebensmitteln eine möglichst kurze Frist anzustreben.

2.8.2  Zuständigkeit für die behördliche Information der Öffentlichkeit

¹Die Zuständigkeit für die behördliche Information der Öffentlichkeit nach Art. 10 VO (EG) Nr. 178/2002 und § 40 LFGB folgt aus den §§ 6 und 9 GesVSV und aus Art. 3 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes. ²Sofern die KBLV für ein Lebensmittelunternehmen nach § 9 GesVSV zuständig ist, ist sie auch zuständig für die Information der Öffentlichkeit (§ 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GesVSV). ³Im Übrigen gilt folgende Aufteilung: Zuständig für die Information der Öffentlichkeit sind die Kreisverwaltungsbehörden, bei kreisübergreifenden Angelegenheiten die Regierungen, bei regierungsbezirksübergreifenden Angelegenheiten das StMUV (§ 6 Abs. 1 GesVSV).

3.  Information der Öffentlichkeit in anderen Fällen

3.1  Futtermittel

3.1.1  Grundsatz

¹Gemäß Art. 20 Abs. 1 Satz 3 VO (EG) Nr. 178/2002 unterrichtet das Unternehmen die Verwender des Futtermittels, das die Anforderungen an die Futtermittelsicherheit nicht erfüllt, effektiv und genau über den Grund für die Rücknahme und ruft erforderlichenfalls bereits an diese gelieferte Produkte zurück, wenn andere Maßnahmen zur Erzielung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus nicht ausreichen. ²Futtermittel gelten gemäß Art. 15 Abs. 2 VO (EG) Nr. 178/2002 als nicht sicher in Bezug auf den beabsichtigten Verwendungszweck, wenn davon auszugehen ist, dass sie die Gesundheit von Mensch oder Tier beeinträchtigen können oder bewirken, dass die Lebensmittel, die aus den der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren hergestellt werden, als nicht sicher für den Verzehr durch den Menschen anzusehen sind. ³Bei der Erzielung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus ist ebenfalls auf die Gesundheit von Mensch oder Tier beziehungsweise auf die Sicherheit der Lebensmittel, die aus den der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren hergestellt werden, abzustellen. ⁴Als Verwender sind diejenigen Personen anzusehen, die das Futtermittel an Tiere verfüttern, also bei Nutztieren in der Regel die Landwirte, bei Heimtieren die jeweiligen Tierhalter.

3.1.2  Rücknahme und Rückruf

¹Hat ein nicht sicheres Futtermittel die Verwender bereits erreicht, ist primär eine effektive und genaue Information über den Grund für die Rücknahme zu veranlassen, um die Verwender in die Lage zu versetzen, das Futtermittel zu vernichten (vergleiche Art. 20 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 178/2002). ²Sollte dies zur Erzielung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus nicht ausreichend sein, zum Beispiel wenn die Vernichtung der Ware durch den Verwender selbst mit Risiken verbunden ist oder wenn damit zu rechnen ist, dass der Verwender die Ware nicht vernichtet und damit Risiken verbunden sind, so ist ein Rückruf, das heißt eine Aufforderung zur Rückgabe der Ware erforderlich.

3.1.3  Mittel der Information der Öffentlichkeit

3.1.3.1  Futtermittel für Nutztiere

¹Futtermittel werden im Gegensatz zu Lebensmitteln in den weitaus meisten Fällen nicht an Endverbraucher, sondern an Geschäftskunden abgegeben (Landwirte, berufsmäßige Tierhalter etc.). ²Diese Personen sind über die gesetzlich vorgeschriebene Rückverfolgbarkeit ermittelbar. ³Daher ist in der Regel sowohl für die Information über die Rücknahme, als auch den Rückruf eine direkte Kontaktaufnahme mit den jeweiligen Verwendern möglich und ausreichend. ⁴Eine Information der Öffentlichkeit (Aushang, Pressemitteilung etc.) ist in diesen Fällen nicht erforderlich. ⁵Falls im konkreten Einzelfall eine direkte Information der Verwender nicht oder nicht in der erforderlichen Kürze der Zeit möglich ist, kann von Futtermittelunternehmern eine Information der Öffentlichkeit verlangt werden.

3.1.3.2  Futtermittel für Heimtiere

¹Für den Fall, dass ein Futtermittel im Heimtierbereich vertrieben wurde, kann anders als bei Futtermitteln für Nutztiere nicht von einer Möglichkeit der direkten Kontaktaufnahme mit den Verwendern des Futtermittels ausgegangen werden, da eine Rückverfolgbarkeit bis zum Verbraucher in der Regel nicht besteht. ²In diesen Fällen hat eine Information der Verwender über die Rücknahme und erforderlichenfalls ein Rückruf mittels Aushang zu erfolgen. ³Die Erforderlichkeit einer Pressemitteilung des Futtermittelunternehmers ist im Einzelfall zu beurteilen. ⁴Auf die Möglichkeit eines behördlichen Hinweises auf eine Information der Öffentlichkeit oder eine Rücknahme- oder Rückrufaktion mittels behördlicher Pressemitteilung wird hingewiesen. ⁵Wenn von dem betreffenden Lebensmittel eine Gesundheitsgefahr für Menschen ausgeht (zum Beispiel Salmonellen auf getrockneten Schweineohren), so ist der Futtermittelunternehmer im Sinne einer genauen und effektiven Information zusätzlich zur Erstellung einer Pressemitteilung verpflichtet, auf die behördlicherseits hinzuweisen ist.

3.1.4  Zuständigkeit

Zuständige Behörde ist für ganz Bayern die Regierung von Oberbayern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 GesVSV).

3.2  Bedarfsgegenstände, kosmetische Mittel

¹Für die Information der Öffentlichkeit über gesundheitsgefährdende Bedarfsgegenstände und kosmetische Mittel gelten die Ausführungen unter Nr. 2 entsprechend. ²Rechtsgrundlage für eine behördliche Information der Öffentlichkeit ist insoweit § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB. ³Die Zuständigkeit folgt aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b beziehungsweise § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GesVSV.

3.3  Tabakerzeugnisse

¹Für die Information der Öffentlichkeit über gesundheitsgefährdende Tabakerzeugnisse gelten die Ausführungen unter Nr. 2. entsprechend. ²Rechtsgrundlage für die Information der Öffentlichkeit in Bezug auf Tabakerzeugnisse ist § 29 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 TabakerzG. ³Die Zuständigkeit folgt aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c GesVSV.

3.4  Fälle des Art. 14 Abs. 2 Buchst. b VO (EG) Nr. 178/2002

¹ Art. 14 VO (EG) Nr. 178/2002 nennt zwei Kategorien von nicht sicheren Lebensmitteln. ²Zum einen solche, die gesundheitsschädlich sind (vergleiche zum Vorgehen Ausführungen zu Nr. 2), zum anderen solche, die für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind. ³Gemäß Art. 14 Abs. 5 VO (EG) Nr. 178/2002 ist bei der Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist, zu berücksichtigen, ob das Lebensmittel infolge einer durch Fremdstoffe oder auf andere Weise bewirkten Kontamination, durch Fäulnis, Verderb oder Zersetzung ausgehend von dem beabsichtigten Verwendungszweck nicht für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel geworden ist. ⁴Liegt ein Lebensmittel vor, das nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. b VO (EG) Nr. 178/2002 beurteilt wurde, ergeben sich daraus folgende Konsequenzen:

3.4.1  Pflichten des Lebensmittelunternehmers

¹Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 178/2002 hat der verantwortliche Lebensmittelunternehmer unverzüglich Verfahren einzuleiten, um das betreffende Lebensmittel vom Markt zu nehmen, sofern das Lebensmittel nicht mehr unter der unmittelbaren Kontrolle des ursprünglichen Lebensmittelunternehmers steht, und die zuständigen Behörden darüber zu unterrichten. ²Öffentlichkeitswirksame Maßnahmen sind nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 178/2002 jedoch nur dann vorgesehen, „wenn andere Maßnahmen zur Erzielung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus nicht ausreichen“. ³Da von Lebensmitteln, die nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. b VO (EG) Nr. 178/2002 beurteilt wurden, in Abgrenzung zu Art. 14 Abs. 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 178/2002 grundsätzlich keine Gesundheitsgefahr ausgeht, ist diese Voraussetzung in der Regel nicht gegeben. ⁴Eine Beurteilung, ob eine öffentlichkeitswirksame Maßnahme dennoch geboten ist, hat in diesen Fällen anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu erfolgen.

3.4.2  Pflichten der Behörden

¹Die Pflicht der Behörden zur Information der Öffentlichkeit nach Art. 10 VO (EG) Nr. 178/2002 und nach § 40 Abs. 1 Satz 1 LFGB knüpft an den hinreichenden Verdacht, dass ein Lebensmittel oder Futtermittel ein Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier mit sich bringen kann, an. ²Ein solches liegt bei Fällen nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. b der VO (EG) Nr. 178/2002 jedoch nicht vor. ³Infrage kommt jedoch eine Information der Öffentlichkeit nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 LFGB. ⁴Da es sich hierbei nicht um eine Vorschrift zur Gefahrenabwehr im engeren Sinne handelt, ist eine Information der Öffentlichkeit jedoch an weitere Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft („nicht unerhebliche Menge“, „längerer Zeitraum“, Interessensabwägung nach § 40 Abs. 1 Satz 3 LFGB, Anhörung). ⁵Auch hier gilt der Grundsatz der Subsidiarität (§ 40 Abs. 2 Satz 1 LFGB). ⁶Die Zuständigkeit folgt aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b beziehungsweise § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GesVSV.

4.  Schlussbestimmungen

¹Diese Bekanntmachung tritt am 1. Oktober 2021 in Kraft. ²Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2026 außer Kraft.
Dr. Rüdiger Detsch
Ministerialdirektor

Anlagen 

Anlage 1:
Anlage 2:
Anlage 3:
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