Richtlinien für die Aufbauhilfe für die von der Naturkatastrophe „Hochwasser im Juli 2021“ geschädigten gewerblichen Unternehmen und Angehörigen Freier Berufe sowie gewerblichen Träger wirtschaftsnaher Infrastruktur
¹Der Freistaat Bayern gewährt als Billigkeitsleistung nach Maßgabe
– des Art. 53 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) sowie der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften,
– der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Europäischen Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung – AGVO, ABl L 187 vom 26. Juni 2014, S. 1, im zeitlichen Anwendungsbereich verlängert durch ABl L 215/3 vom 7. Juli 2020) – insbesondere Art. 50 (Beihilfen zur Bewältigung der Folgen bestimmter Naturkatastrophen),
– des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Aufbauhilfe 2021“ und zur Änderung weiterer Gesetze vom 10. September 2021 (Aufbauhilfegesetz 2021 – AufbhG 2021),
– der Verordnung über die Verteilung und Verwendung der Mittel des Fonds „Aufbauhilfe 2021“ vom 15. September 2021 (Aufbauhilfeverordnung 2021 – AufbhV 2021),
– der Verwaltungsvereinbarung zur Aufbauhilfe 2021 zwischen dem Bund und den Ländern vom 10. September 2021 mitsamt den Eckpunkten für Aufbauhilfeprogramme der Länder zur Unterstützung von Hochwasser und Überschwemmungen betroffener Selbständiger, Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und Angehörige Freier Berufe sowie wirtschaftsnaher Infrastruktur des Bundes und des Programms zur Unterstützung vom Hochwasser und Starkregen betroffener Privathaushalte und Wohnungsunternehmen,
– dieser Richtlinien
finanzielle Aufbauhilfen für gewerbliche Unternehmen, Angehörige Freier Berufe sowie gewerbliche Träger wirtschaftsnaher Infrastruktur, die von der Naturkatastrophe „Hochwasser im Juli 2021“ geschädigt sind, zur Erhaltung der Betriebe und Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit. ²Die Aufbauhilfen werden mit Unterstützung des Bundes geleistet. ³Darauf ist im Bewilligungsbescheid hinzuweisen. ⁴Auf die Gewährung der Aufbauhilfen besteht kein Rechtsanspruch. ⁵Die zuständige Bewilligungsbehörde entscheidet aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
1. Zweck der Aufbauhilfe
¹Mit dem Ziel der Erhaltung der Betriebe und der Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit umfasst die Aufbauhilfe
– Ausgaben für die Behebung der durch die Naturkatastrophe „Hochwasser im Juli 2021“ in den betroffenen bayerischen Gebieten verursachten unmittelbaren Schäden an gewerblichen und freiberuflichen Betriebsvermögen oder an wirtschaftsnaher Infrastruktur sowie
– Einkommenseinbußen für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten.
²Mittelbare Schäden werden nicht berücksichtigt. ³Davon ausgenommen sind Schäden, die durch Einsatzkräfte und Einsatzfahrzeuge oder privat Helfende verursacht wurden, soweit diese Schäden nicht anderweitig reguliert werden können. ⁴Nicht berücksichtigt werden Schäden, die wegen des Verstoßes gegen Vorschriften zum Schutz vor Hochwassergefahren in festgesetzten oder vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten eingetreten sind. ⁵Die entstandenen Schäden und Einkommenseinbußen müssen in einem direkten, ursächlichen Zusammenhang mit dem Schadensereignis stehen.
2. Räumlicher und zeitlicher Geltungsbereich
¹Erstattungsfähig nach diesen Richtlinien sind ausschließlich Schäden und Einkommenseinbußen, die vom räumlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Finanzhilfeaktion „Hochwasser im Juli 2021“ des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat umfasst sind und für die die förmliche Anerkennung der zuständigen Behörden als Naturkatastrophe im Sinne von Art. 50 Abs. 1 AGVO vorliegt. ²Die entsprechende Gebietskulisse ist als Anlage beigefügt.
3. Gegenstand der Billigkeitsleistung
3.1 Ausgaben zur Beseitigung unmittelbarer Schäden
¹Folgende Ausgaben zur Beseitigung unmittelbarer Schäden durch die Naturkatastrophe an gewerblichen und freiberuflichen Betriebsvermögen oder wirtschaftsnaher Infrastruktur können berücksichtigt werden:
– Investitionen (u. a. Wiederherstellung der Nutzungsfähigkeit der betrieblichen Grundstücke und Gebäude, Ersatzbeschaffung beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, einschließlich bilanziell aktivierbarer Eigenleistungen)
– Umlaufvermögen (u. a. Lagerbestände und Waren)
– sonstige Ausgaben zur Beseitigung unmittelbarer materieller Schäden (z. B. Reparatur-, Putz- und Aufräumarbeiten)
²Ausgaben zur Beseitigung von Schäden an Gebäuden, die sich bei Schadenseintritt noch im Rohbaustadium oder in der Rekonstruktion befanden, können berücksichtigt werden. ³Ausgaben für Maßnahmen, die der Schadensminimierung unmittelbar vor der Naturkatastrophe dienten, können berücksichtigt werden. ⁴Kosten der Beseitigung dieser Maßnahmen sind ebenfalls berücksichtigungsfähig. ⁵Der Anteil der bilanziell aktivierbaren Eigenleistungen ist auf maximal 50 % der Aufbauhilfe begrenzt. ⁶Bilanziell aktivierbare Eigenleistungen können ab einem Anteil von 25 % der Aufbauhilfe nur anerkannt werden, wenn sie von einem Sachverständigen bestätigt werden. ⁷Die zuständigen Bewilligungsbehörden überprüfen die Plausibilität der eingereichten Nachweise. ⁸Ausgaben für Reparatur-, Putz- und Aufräumarbeiten, die von Angestellten des Antragsberechtigten ausgeführt werden, können berücksichtigt werden, soweit der Zahlungsfluss nachgewiesen wird. ⁹Ausgaben in Form von Barzahlungen sind nicht berücksichtigungsfähig. 1⁰Ausgaben für Reparatur-, Putz- und Aufräumarbeiten, die von Familienangehörigen ausgeführt werden, werden grundsätzlich nicht anerkannt. 1¹Ausgeschlossen ist der Ersatz von Schäden an Objekten, die bei Eintritt der Naturkatastrophe nicht mehr genutzt oder bereits für eine nicht gewerbliche oder nicht freiberufliche Nutzung vorgesehen waren. ¹2Durch vorübergehende Unterbrechungen der betrieblichen Tätigkeit bedingte Verluste von Aufträgen, Kunden oder Märkten oder Anwalts- oder Gerichtskosten sowie vergleichbare mittelbare Schäden werden nicht ersetzt.
3.2 Kompensation von Einkommenseinbußen
¹Einkommenseinbußen aufgrund einer vollständigen oder teilweisen Unterbrechung der Geschäftstätigkeit werden während eines Zeitraums von höchstens sechs Monaten nach der Naturkatastrophe erstattet. ²Voraussetzung ist, dass die Einkommenseinbuße ausschließlich auf der Naturkatastrophe „Hochwasser im Juli 2021“ beruht und ein erhebliches Ausmaß erreicht hat. ³Erheblich ist die Einkommenseinbuße, wenn sie mindestens 20 % des Einkommens des zugrundeliegenden Vergleichszeitraums beträgt, mindestens aber 5 000 Euro (Berechnung gemäß Nr. 5.2).
3.3 Schadensminimierungspflicht
Der Geschädigte ist verpflichtet, alle geeigneten und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um den Sachschaden oder die Einkommenseinbuße so gering wie möglich zu halten.
4. Antragsberechtigung
4.1 Antragsberechtigte
¹Antragsberechtigt sind
Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und Angehörige Freier Berufe,
private Infrastrukturbetreiber und -eigentümer sowie sonstige private Träger im Bereich der Energie-, Wasser- und Telekommunikationswirtschaft sowie
Träger wirtschaftsnaher Infrastrukturmaßnahmen im Sinne des Koordinierungsrahmens der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) (Industrie- und Gewerbegelände; Anbindung von Gewerbebetrieben oder von Gewerbegebieten an das überregionale Verkehrsnetz; Abwasser- und Abfallanlagen; Tourismus; Bildungseinrichtungen; Technologie-, Gründer- und Gewerbezentren (TGZ)).
²Unter Buchstabe a) fallen auch Unternehmen und Angehörige Freier Berufe, die Eigentümer geschädigter – gegebenenfalls auch teilweise zu Wohnzwecken genutzter – Gewerbeimmobilien sind. ³Die Antragsberechtigung setzt voraus, dass sich die geschädigte Betriebsstätte bzw. die geschädigte wirtschaftsnahe Infrastruktur in der Gebietskulisse (vgl. Anlage) befindet oder der Schaden bei Ausübung einer gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit innerhalb der Gebietskulisse entstanden ist.
4.2 Nicht Antragsberechtigte
Nicht antragsberechtigt sind insolvente Unternehmen, es sei denn, dass ein Verfahren der Sanierung in Eigenverwaltung oder ein Schutzschirmverfahren durchgeführt wird oder es einen bestätigten Insolvenzplan gibt.
5. Erstattungsfähige Ausgaben und Einkommenseinbußen
5.1 Höhe der erstattungsfähigen Ausgaben
¹Für die Ermittlung der erstattungsfähigen Ausgaben wird der Sachschaden auf der Grundlage der Reparaturkosten oder des wirtschaftlichen Wertes des betroffenen Vermögenswerts vor der Naturkatastrophe berechnet. ²Die erstattungsfähigen Ausgaben dürfen nicht höher sein als die Reparaturkosten oder die durch die Katastrophe verursachte Minderung des Marktwerts, das heißt die Differenz zwischen dem Wert des Vermögenswerts unmittelbar vor der Naturkatastrophe und seinem Wert unmittelbar danach. ³Die Reparaturkosten sind maximal auf die Höhe des Wiederbeschaffungswertes begrenzt. ⁴Die erstattungsfähigen Schäden sind von einem anerkannten unabhängigen Sachverständigen oder von einem Versicherungsunternehmen zu schätzen. ⁵Sachverständigenhonorare stellen erstattungsfähige Ausgaben dar. ⁶Die Höhe der erstattungsfähigen Sachverständigenhonorare bemisst sich grundsätzlich an den im Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) festgelegten Stundensätzen. ⁷Darüber hinausgehende Vergütungsansprüche bedürfen der vorherigen Genehmigung der Bewilligungsbehörde und liegen in deren pflichtgemäßen Ermessen. ⁸Die erstattungsfähigen Ausgaben dürfen einschließlich der erstattungsfähigen Sachverständigenhonorare 100 % des Schadens nicht überschreiten. ⁹Die Kosten für die Ersatzbeschaffung geringwertiger Wirtschaftsgüter darf maximal 25 % der erstattungsfähigen Ausgaben betragen; vom Neupreis ist ein pauschaler Abschlag in Höhe von 10 % (Vorteilsausgleich) vorzunehmen. 1⁰In besonders gelagerten Einzelfällen, insbesondere, wenn ausschließlich geringwertige Wirtschaftsgüter zu erstatten sind, kann die Bewilligungsbehörde im Einzelfall einen höheren Anteil an den erstattungsfähigen Ausgaben festlegen; in diesen Fällen ist vom Neupreis ein pauschaler Abschlag in Höhe von 20 % (Vorteilsausgleich) vorzunehmen. 1¹Geringwertige Wirtschaftsgüter im Sinne dieser Richtlinien sind Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten von maximal 1 000 Euro (ohne Umsatzsteuer), die in den letzten fünf Jahren angeschafft oder hergestellt wurden. ¹2Bei Verlusten von zum Verkauf bestimmten Gütern oder Eigenerzeugnissen sind die Herstellungskosten bzw. Einstandspreise, nicht die erzielbaren Verkaufspreise, maßgebend. ¹3Bei Antragstellern, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, wird nur der Netto-Rechnungsbetrag herangezogen.
5.2 Höhe der erstattungsfähigen Einkommenseinbußen
¹Die Einkommenseinbuße aufgrund einer vollständigen oder teilweisen Unterbrechung der Geschäftstätigkeit wird während eines Zeitraums von höchstens sechs Monaten nach der Naturkatastrophe erstattet. ²Sie wird auf der Grundlage der Finanzdaten des betroffenen Unternehmens (Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT), Abschreibungs- und Arbeitskosten ausschließlich in Bezug auf die von der Naturkatastrophe betroffene Betriebsstätte) berechnet, indem die Finanzdaten für die sechs Monate unmittelbar nach der Naturkatastrophe mit dem Durchschnitt von drei Jahren verglichen werden, die unter den fünf Jahren vor der Naturkatastrophe (unter Ausschluss des Jahres mit dem besten und des Jahres mit dem schlechtesten Finanzergebnis) ausgewählt werden; die Einkommenseinbuße wird für denselben Sechsmonatszeitraum des Jahres berechnet. ³Existieren keine Finanzdaten für die fünf Jahre vor der Naturkatastrophe, etwa aufgrund von Neugründungen oder Übernahmen, ist anhand der vorhandenen Finanzdaten entsprechend zu verfahren. ⁴Die Arbeitskosten umfassen sowohl die Lohnkosten wie auch die Lohnnebenkosten, wie zum Beispiel Sozialbeiträge oder auch freiwillige Sozialleistungen. ⁵Im Zeitraum der Geltendmachung von Einkommenseinbußen (6 Monate nach Schadensereignis) erhaltene Corona-Wirtschaftshilfen sind anzurechnen. ⁶Bei der Ermittlung des EBIT sowohl im Vergleichszeitraum als auch im betroffenen Zeitraum sind die Fixkosten nach Abzug der Fixkostenzuschüsse durch Corona-Wirtschaftshilfen zu berücksichtigen.
6. Art und Umfang der Aufbauhilfe
6.1 Aufbauhilfeprogramm
¹Die Aufbauhilfe erfolgt als Billigkeitsleistung nach Art. 53 BayHO. ²Aufbauhilfen werden ab einer Schadenshöhe von 10 000 Euro gewährt. ³Grundsätzlich wird eine Aufbauhilfe in Höhe von bis zu 80 % der erstattungsfähigen Ausgaben bzw. der erstattungsfähigen Einkommenseinbußen gewährt.
6.2 Härtefälle
¹In begründeten Härtefällen können 100 % des Schadens bzw. der Einkommenseinbuße erstattet werden. ²Ein Härtefall liegt vor, wenn die Belastung im Einzelfall für den oder die Geschädigte unzumutbar ist. ³Unzumutbar ist eine Belastung insbesondere dann, wenn trotz des durch diese Richtlinien vorgesehenen Leistungsumfangs die existenzbedrohende Lage des Geschädigten bestehen bleiben würde. ⁴Die bewilligende Behörde entscheidet im Rahmen einer vertieften Prüfung nach pflichtgemäßen Ermessen auf Antrag, ob ein Härtefall vorliegt. ⁵Neben dem Schadensumfang sind die individuellen Verhältnisse des oder der Geschädigten zu betrachten.
6.3 Private Infrastrukturbetreiber und -eigentümer sowie sonstige private Träger im Bereich der Energie-, Wasser- und Telekommunikationswirtschaft
¹Die Billigkeitsleistung beträgt bis zu 100 % des Schadens (Sachschaden, Einkommenseinbuße). ²Für Infrastrukturbetreiber der Energiewirtschaft nach dem EnWG (regulierte Unternehmen) gelten als wirtschaftlicher Wert des betroffenen Vermögenswerts vor der Naturkatastrophe die kalkulatorischen Restwerte der zerstörten Anlagen, wie sie sonst in den Erlösobergrenzen ansetzbar gewesen wären. ³Für diese Infrastrukturbetreiber werden auch zulässige Erlöse aus untergegangenen Anlagen aus laufenden Erlösobergrenzen angerechnet.
7. Bedingungen
7.1 Anforderung und Verwendung der Aufbauhilfe
¹Die Aufbauhilfe ist nur für die Erfüllung des im Bewilligungsbescheid bestimmten Zwecks zu verwenden (vgl. Nr. 1). ²Die Bewilligungsbehörde behält sich vor, den Bewilligungsbescheid zu widerrufen, wenn sich herausstellt, dass der Zweck der Aufbauhilfe nicht zu erreichen ist. ³Die Aufbauhilfe ist wirtschaftlich und sparsam zu verwenden. ⁴Die Aufbauhilfe darf nur insoweit und nicht eher angefordert werden, als sie innerhalb von zwei Monaten nach der Auszahlung für fällige Zahlungen benötigt wird. ⁵Können die abgerufenen oder ausgezahlten Beträge nicht innerhalb von zwei Monaten nach Auszahlung verbraucht werden, ist dies anzuzeigen.
7.2 Mitwirkungs- und Offenlegungspflichten
¹Der Aufbauhilfeempfänger ist verpflichtet, der Bewilligungsbehörde die zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Bearbeitung seines Antrags erforderlichen Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen. ²Ändert sich ein für die Aufbauhilfe maßgeblicher Umstand, ist dies unverzüglich anzuzeigen und nachzuweisen (z. B. Höhe des Schadens, Verkauf der geschädigten Betriebsstätte, Betriebsstilllegung, Nichterreichbarkeit des Verwendungszwecks, Nichteinhaltung der Betriebsfortführungsfrist, Beantragung oder Eröffnung eines Insolvenz- oder Zwangsvollstreckungsverfahrens). ³Der Aufbauhilfeempfänger hat gegenüber der Bewilligungsbehörde alle auf Grund des Schadereignisses erhaltenen oder beantragten staatlichen Finanzhilfen, Zuwendungen, Zahlungen oder Leistungen Dritter (z. B. Versicherungsleistungen oder Spenden) offen zu legen.
7.3 Anrechnung von staatlichen Finanzhilfen
Staatliche Finanzhilfen, insbesondere die Soforthilfe nach den Richtlinien für die Unterstützung der von der Naturkatastrophe „Hochwasser im Juli 2021“ geschädigten gewerblichen Unternehmen und Angehörigen Freier Berufe sowie gewerblichen Trägern wirtschaftsnaher Infrastruktur, sind anzurechnen.
7.4 Anrechnung von Leistungen Dritter
¹Leistungen Dritter, insbesondere Versicherungsleistungen und Spenden, werden grundsätzlich auf den Eigenanteil des Antragsstellers angerechnet. ²Nur zur Vermeidung einer Überkompensation erfolgt eine Anrechnung auf die Aufbauhilfe nach diesen Richtlinien. ³Die Aufbauhilfe dient ausschließlich der Unterstützung der Betroffenen. ⁴Sollten Dritte die vertraglich vereinbarten Leistungen mit Verweis auf die Aufbauhilfe verweigern, anteilig kürzen oder zurückstellen, hat der Aufbauhilfeempfänger die Bewilligungsbehörde unverzüglich zu unterrichten.
7.5 Keine Überkompensation
Bei Kumulierung der Aufbauhilfe mit anderen im Zusammenhang mit der Naturkatastrophe erhaltenen Leistungen (z. B. Leistungen Dritter, insbesondere etwaige Schadenersatzansprüche oder öffentliche Finanzierungshilfen) darf die Summe 100 % der erstattungsfähigen Ausgaben nicht überschreiten.
7.6 Kostensteigerungen
¹In besonders begründeten Ausnahmefällen, etwa Materialknappheit infolge der gegenwärtig bestehenden Störungen der Lieferketten, der geringen Verfügbarkeit von Fachkräften oder der hohen Nachfrage aufgrund der Hochwasserereignisse, können aus Gründen der Verhältnismäßigkeit unvorhersehbare und unabwendbare Kostensteigerungen berücksichtigt werden. ²Diese sollen im Vorhinein angezeigt werden.
8. Einholung von Vergleichsangeboten
¹Ab einem geschätzten Auftragswert von 10 000 Euro (ohne Umsatzsteuer) sind vor der Vergabe von Aufträgen zur Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit gewerblicher und freiberuflicher Unternehmen (z. B. Aufräumarbeiten, Reparaturen, Ersatzbeschaffung) im Regelfall drei fachkundige und leistungsfähige Unternehmen zur Angebotsabgabe aufzufordern. ²Die Anforderung der Angebote ist zu dokumentieren. ³Bei Aufträgen mit einem geschätzten Auftragswert unter 10 000 Euro (ohne Umsatzsteuer) sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ebenfalls zu beachten.
9. Besonderheit GRW-Fälle und Breitbandförderprogramme
¹Sofern es sich um Schäden an Wirtschaftsgütern oder an der Infrastruktur handelt, die bereits eine GRW-Förderung erhalten haben, deren Zweckbindungsfristen zum Zeitpunkt des Eintritts des Hochwasserschadens noch nicht abgelaufen waren und für deren Ersatz erneut Förderung gewährt wird, greifen die mit der GRW-Förderung verbundenen Auflagen an Zweckbindungsfristen und Arbeitsplatzzielen. ²Bei gewerblichen Unternehmen ist dabei die noch verbleibende Frist bezüglich Zweckbindung und Besetzung der Arbeitsplätze ab dem Zeitpunkt anzusetzen, zu dem die Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit möglich ist; bei wirtschaftsnaher Infrastruktur mindestens die noch verbleibende Zweckbindungsfrist nach Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit anzuhängen. ³Sofern es sich um Schäden an Infrastrukturen im Rahmen oder im Zusammenhang eines Breitbandförderprojektes handelt, deren Zweckbindungsfristen zum Zeitpunkt des Eintritts des Hochwasserschadens noch nicht abgelaufen waren sowie für deren Ersatz erneut Förderung im Rahmen des Aufbauhilfefonds 2021 gewährt wird, greifen die mit der Breitbandförderung verbundenen Auflagen und Bedingungen.
10. Maßnahmebeginn
¹Mit der Behebung der Schäden kann ab Eintritt des Schadensereignisses begonnen werden. ²Ein Anspruch auf Gewährung einer Aufbauhilfe kann daraus nicht abgeleitet werden.
11. Prosperitätsprüfung
Da es sich um eine besondere staatliche Leistung zur Beseitigung entstandener Schäden durch eine Naturkatstrophe zur Erhaltung der Betriebe und der Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit handelt, findet eine Prüfung der Bedürftigkeit im Rahmen der Gewährung der Aufbauhilfe nach diesen Richtlinien nicht statt.
12. Rückerstattungspflicht
¹Die Aufbauhilfe ist zurückzuerstatten, soweit ein Bewilligungsbescheid nach Verwaltungsverfahrensrecht (Art. 43, 48, 49 BayVwVfG) oder anderen Rechtsvorschriften mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder sonst unwirksam geworden ist. ²Insbesondere ist der Empfänger verpflichtet, die gewährte Aufbauhilfe zurückzuerstatten, wenn die Gewährung der Aufbauhilfe auf falschen oder unvollständigen Angaben bei der Antragstellung beruht. ³Die Aufbauhilfe ist auch dann zurückzuerstatten, sofern der gewerbliche oder freiberufliche Betrieb nicht mindestens zwei Jahre beginnend mit Eingang der Unterlagen nach Nr. 14.4 bei der Bewilligungsbehörde fortgeführt wird. ⁴Bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens besteht eine anteilige Rückerstattungspflicht, wenn diese Wirtschaftsgüter nicht mindestens zwei Jahre im Eigentum des Aufbauhilfeempfängers verbleiben, es sei denn, sie werden durch gleich- oder höherwertige Wirtschaftsgüter ersetzt. ⁵Der Rückerstattungsanspruch ist mit drei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB jährlich nach Maßgabe des Art. 49a Abs. 3 BayVwVfG zu verzinsen. ⁶Werden Aufbauhilfen nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Auszahlung zur Erfüllung des Bewilligungszwecks verwendet und wird der Bewilligungsbescheid nicht zurückgenommen oder widerrufen, können für die Zeit von der Auszahlung bis zur zweckentsprechenden Verwendung ebenfalls Zinsen in Höhe von drei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB jährlich verlangt werden.
13. Bewilligungsbehörde
Zuständig für die Prüfung des Antrags, die Bewilligung und Auszahlung der Aufbauhilfe sowie die Prüfung der ordnungsgemäßen Verwendung ist die örtlich zuständige Regierung.
14. Verfahren
14.1 Antragstellung
¹Anträge sind grundsätzlich mit Beginn des Vorhabens und bis spätestens zum 30. Juni 2022 schriftlich und unterschrieben bei der zuständigen Bewilligungsbehörde einzureichen. ²Dafür sind die bei den Bewilligungsbehörden erhältlichen oder online zur Verfügung gestellten amtlichen Antragsformulare zu verwenden.
14.2 Bewilligung
Die Aufbauhilfe soll spätestens zum 31. Dezember 2022 bewilligt sein.
14.3 Durchführungszeitraum
Der Durchführungszeitraum, also der Zeitraum, in dem die bewilligte Maßnahme umzusetzen ist, ist in der Regel auf 36 Monate begrenzt.
14.4 Nachweis über die Verwendung der Aufbauhilfe
¹Der Nachweis über die Verwendung der Aufbauhilfe ist innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss der Maßnahme auf Basis geeigneter Unterlagen (z. B. Rechnungen, Belege, Kontoauszüge) der Bewilligungsbehörde vorzulegen. ²Die Bewilligungsbehörde ist berechtigt, Bücher, Belege und sonstige Geschäftsunterlagen anzufordern sowie die Verwendung der Aufbauhilfe durch örtliche Erhebungen zu prüfen oder durch Beauftragte Dritte prüfen zu lassen. ³Die Prüfung der Verwendung der Aufbauhilfe soll innerhalb von sechs Monaten nach Vorlage des vollständigen Nachweises über die Verwendung der Aufbauhilfen abgeschlossen sein. ⁴Die Bewilligungsbehörden führen nachgelagerte Kontrollen vor Ort über die zweckentsprechende Verwendung der Mittel durch.
14.5 Pflichten der Bewilligungsbehörden
Die Bewilligungsbehörden legen dem Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie halbjährlich – jeweils zum Stand 30. Juni und 31. Dezember eines Jahres –Abrechnungen über den Mittelabfluss spätestens 7 Tage nach Stichtag vor.
15. Auskunftspflichten, Prüfung
¹Der Bayerische Oberste Rechnungshof und der Bundesrechnungshof sind berechtigt, bei den Aufbauhilfeempfängern Prüfungen im Sinne des Art. 91 BayHO bzw. des § 93 BHO durchzuführen. ²Darauf ist im Bewilligungsbescheid hinzuweisen. ³Dem Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, den zuständigen Bundesministerien oder deren Beauftragten sowie der Bewilligungsbehörde sind auf Verlangen erforderliche Auskünfte zu erteilen, Einsicht in Bücher und Unterlagen sowie Prüfungen zu gestatten. ⁴Ebenso hat die Europäische Kommission das Recht, Aufbauhilfen auf Grundlage dieser Richtlinien zu überprüfen und alle dafür notwendigen Unterlagen zu verlangen. ⁵Daher müssen alle für die Bewilligung relevanten Unterlagen 10 Jahre lang ab der Gewährung dieser Aufbauhilfen aufbewahrt werden. ⁶Aus der vorgeschriebenen Evaluierung des Aufbauhilfeprogramms können sich weitere Auskunfts- und Mitwirkungspflichten ergeben.
16. Datenschutz
¹Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sind die datenschutzrechtlichen Bestimmungen, insbesondere die Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO) einzuhalten. ²Die jeweilige Bewilligungsbehörde ist Verantwortlicher im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO. ³Die Verpflichtungen aus der DSGVO (insbesondere die Betroffenenrechte und die Informationspflichten gemäß Art. 13 ff. DSGVO) werden von der jeweils zuständigen Bewilligungsbehörde erfüllt.
17. Hinweis auf Elementarschadensversicherung
Den Aufbauhilfeempfängern soll in den Bewilligungsbescheiden empfohlen werden, sich nachhaltig um den Abschluss einer Elementarschadensversicherung zu bemühen bzw. den Umfang einer ggf. bereits bestehenden Elementarschadensversicherung soweit wie nötig zu erweitern.
18. Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Bekanntmachung tritt am 8. Dezember 2021 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft.
Dr. Ulrike Wolf
Ministerialdirektorin
Anlagen
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