Verordnung des SBFI 1 über die berufliche Grundbildung Agrarpraktikerin/Agrarpraktiker mit eidgenössischem Berufsattest (EBA)
vom 14. November 2008 (Stand am 1. Januar 2013) ¹ Die Bezeichnung der Verwaltungseinheit wurde in Anwendung von Art. 16 Abs. 3 der Publikationsverordnung vom 17. Nov. 2004 ( SR 170.512.1 ) auf den 1. Jan. 2013 angepasst.
15008
Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI),
² SR 412.10 ³ SR 412.101
1. Abschnitt: Gegenstand, Fachrichtungen und Dauer
Art. 1 Berufsbezeichnung und Berufsbild
¹ Die Berufsbezeichnung ist Agrarpraktikerin EBA oder Agrarpraktiker EBA.
² Agrarpraktikerinnen EBA/Agrarpraktiker EBA beherrschen namentlich folgende Tätigkeiten und zeichnen sich durch folgende Haltungen aus:
a. Sie arbeiten als qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf landwirtschaftlichen Produktions- und Verarbeitungsbetrieben. Sie führen einfache Arbeiten selbständig und fachgerecht aus. Flexibel und vielseitig einsetzbar, arbeiten sie nach Vorschriften und setzen die Richtlinien des Betriebes nach den Vorgaben ihrer Vorgesetzten verantwortungsvoll um. Sie kennen die Abläufe von der Produktion bis zum Verkauf;
b. Sie erkennen die Zusammenhänge zwischen Produktionstechnik, Wirtschaftlichkeit und Ökologie. Naturverbunden erfüllen sie ihre Aufgaben gewissenhaft und begegnen allen Lebewesen, mit denen sie arbeiten, mit Respekt. Sie arbeiten gerne und aktiv in Teams und beteiligen sich an der praxisorientierten Lösungsfindung der Alltagsarbeiten.
³ Innerhalb des Berufs der Agrarpraktikerin EBA oder des Agrarpraktikers EBA gibt es folgende Fachrichtungen:
a. Fachrichtung Landwirtschaft (Bildungsplan: A, B, D);
b. Fachrichtung Spezialkulturen (Bildungsplan: A, D);
c. Fachrichtung Weinbereitung (Bildungsplan: A, C, D).
⁴ Die Fachrichtung wird vor Beginn der beruflichen Grundbildung im Lehrvertrag festgehalten.
Art. 2 Dauer und Beginn
¹ Die berufliche Grundbildung dauert 2 Jahre.
² Der Beginn der beruflichen Grundbildung richtet sich nach dem Schuljahr der zuständigen Berufsfachschule.
2. Abschnitt: Ziele und Anforderungen
Art. 3 Kompetenzen
¹ Die Ziele und Anforderungen der beruflichen Grundbildung werden in Form von Handlungskompetenzen nach den Artikeln 4–6 beschrieben.
² Sie gelten für alle Lernorte.
Art. 4 Fachkompetenz
Die Fachkompetenz umfasst Kenntnisse und Fähigkeiten in folgenden Bereichen:
Tätigkeitsbereich A: Pflanzenbau
A.1 Boden bearbeiten;
A.2 Kulturen säen und pflanzen;
A.3 Kulturen ernähren und pflegen;
A.4 Kulturen ernten und nutzen;
[tab]
A.5 Produkte lagern, konservieren und aufbereiten.
Tätigkeitsbereich B: Tierhaltung
B.1 Nutztiere halten und pflegen;
B.2 Nutztiere füttern und züchten;
B.3 Lebensmittel gewinnen und Qualität beachten.
Tätigkeitsbereich C: Weinbereitung
C.1 Trauben keltern;
C.2 Weine pflegen und ausbauen.
Tätigkeitsbereich D: Mechanisierung und technische Anlagen
D.1 Maschinen, Geräte und Einrichtungen einsetzen und warten;
D.2 Vorschriften über die Arbeitssicherheit einhalten.
Art. 5 Methodenkompetenz
Die Methodenkompetenz umfasst Kenntnisse und Fähigkeiten in folgenden Bereichen:
a. Arbeitstechniken und Zeitmanagement;
b. Vernetztes Denken und Handeln;
c. Informations- und Kommunikationstechnik;
d. Lernstrategien;
e. Kreativität;
f. Problemlösefähigkeit.
Art. 6 Sozial- und Selbstkompetenz
Die Sozial- und Selbstkompetenz umfasst Kenntnisse und Fähigkeiten in folgenden Bereichen:
a. Eigenverantwortliches Handeln;
b. Lebenslanges Lernen;
c. Kommunikationsfähigkeit;
d. Konfliktfähigkeit;
e. Teamfähigkeit;
f. Umgangsformen;
g. Belastbarkeit;
h. Selbständigkeit.
3. Abschnitt: Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz
Art. 7
¹ Die Anbieter der Bildung geben den Lernenden zu Beginn der Bildung Vorschriften und Empfehlungen zur Arbeitssicherheit, zum Gesundheitsschutz und zum Umweltschutz ab und erklären sie ihnen.
² Diese Vorschriften und Empfehlungen werden an allen Lernorten vermittelt und in den Qualifikationsverfahren berücksichtigt.
4. Abschnitt: Anteile der Lernorte und Unterrichtssprache
Art. 8 Anteile der Lernorte
¹ Die Bildung in beruflicher Praxis erfolgt über die ganze Dauer der beruflichen Grundbildung im Durchschnitt an 4.5 Tagen pro Woche.
² Die schulische Bildung im obligatorischen Unterricht erfolgt in 720 Lektionen. Davon entfallen auf den Sportunterricht 80 Lektionen.
³ Die überbetrieblichen Kurse umfassen insgesamt mindestens 5 und höchstens 8 Tage zu 8 Stunden. Im letzten Semester der beruflichen Grundbildung finden keine überbetrieblichen Kurse mehr statt.
⁴ Die Kantone ermöglichen den Lehrstellenwechsel auch überkantonal.
Art. 9 Unterrichtssprache
¹ Unterrichtssprache ist in der Regel die Landessprache des Schulortes.
² Die Kantone können andere Unterrichtssprachen zulassen.
5. Abschnitt: Bildungsplan und Allgemeinbildung
Art. 10 Bildungsplan
¹ Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung liegt ein Bildungsplan vor, der von der verantwortlichen Organisation der Arbeitswelt erarbeitet und vom SBFI genehmigt ist.
² Der Bildungsplan führt die Handlungskompetenzen nach den Artikeln 4–6 wie folgt näher aus:
a. Er begründet sie in ihrer Wichtigkeit für die berufliche Grundbildung.
b. Er bestimmt, welches Verhalten in bestimmten Handlungssituationen am Arbeitsplatz erwartet wird.
c. Er differenziert sie in konkrete Leistungsziele aus.
d. Er bezieht sie konsistent auf die Qualifikationsverfahren und beschreibt deren System.
³ Der Bildungsplan legt überdies fest:
a. die curriculare Gliederung der beruflichen Grundbildung;
b. die Aufteilung der überbetrieblichen Kurse über die Dauer der Grundbildung und ihre Organisation;
c. die Qualifikationsbereiche und die Erfahrungsnote, die im Notenausweis nach Artikel 21 Absatz 3 genannt werden und für die Wiederholungen nach Artikel 19 zählen;
d. die Vorschriften und Empfehlungen zur Arbeitssicherheit, zum Gesundheitsschutz und zum Umweltschutz.
⁴ Dem Bildungsplan angefügt ist die Liste der Unterlagen zur Umsetzung der beruflichen Grundbildung für Agrarpraktikerin und Agrarpraktiker EBA mit Titel, Datum und Bezugsquelle.
Art. 11 Allgemeinbildung
Für den allgemein bildenden Unterricht gilt die Verordnung des SBFI vom 27. April 2006⁴ über die Mindestvorschriften für die Allgemeinbildung in der beruflichen Grundbildung.
⁴ SR 412.101.241
6. Abschnitt: Anforderungen an die Anbieter der betrieblich organisierten Grundbildung
Art. 12 Fachliche Mindestanforderungen an Berufsbildnerinnen und Berufsbildner
Die fachlichen Mindestanforderungen im Sinne von Artikel 44 Absatz 1 Buchstaben a und b BBV an eine Berufsbildnerin oder einen Berufsbildner erfüllt, wer über eine der folgenden Qualifikationen verfügt:
a. einschlägiger Abschluss auf Stufe Berufsprüfung, höhere Fachprüfung oder höhere Fachschule;
b. einschlägiger Abschluss auf der Hochschul- oder Fachhochschulstufe und mindestens 2 Jahre Berufspraxis in den entsprechenden Tätigkeitsbereichen.
Art. 13 Höchstzahl der Lernenden
¹ In einem Betrieb darf eine lernende Person ausgebildet werden, wenn:
a. eine entsprechend qualifizierte Berufsbildnerin oder ein entsprechend qualifizierter Berufsbildner 100 Prozent beschäftigt wird; oder
b. zwei entsprechend qualifizierte Berufsbildnerinnen oder entsprechend qualifizierte Berufsbildner zu je mindestens 60 Prozent beschäftigt werden.
² Tritt eine lernende Person in das letzte Jahr der beruflichen Grundbildung ein, so kann eine weitere lernende Person ihre Bildung beginnen.
³ Mit jeder zusätzlichen Beschäftigung einer Fachkraft zu 100 Prozent oder von 2 Fachkräften zu je mindestens 60 Prozent darf eine weitere lernende Person im Betrieb ausgebildet werden.
⁴ Als Fachkraft gilt, wer über ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis oder über ein eidgenössisches Berufsattest im Fachbereich der lernenden Person oder über eine gleichwertige Qualifikation verfügt.
⁵ In besonderen Fällen kann die kantonale Behörde einem Betrieb, der seit mehreren Jahren Lernende mit überdurchschnittlichem Erfolg ausgebildet hat, die Überschreitung der Höchstzahl der Lernenden bewilligen.
7. Abschnitt: Lern- und Leistungsdokumentation
Art. 14 Im Betrieb
¹ Die lernende Person führt eine Lerndokumentation, in der sie laufend alle wesentlichen Arbeiten, die erworbenen Fähigkeiten und ihre Erfahrungen im Betrieb festhält.
² Die Berufsbildnerin oder der Berufsbildner kontrolliert und unterzeichnet die Lerndokumentation einmal pro Quartal. Sie oder er bespricht sie mindestens einmal pro Quartal mit der lernenden Person.
³ Sie oder er hält am Ende jedes Semesters den Bildungsstand der lernenden Person in einem Bildungsbericht fest.
Art. 15 In der schulischen Bildung und in der schulisch organisierten Grundbildung
Die Anbieter der schulischen Bildung und die Anbieter schulisch organisierter Grundbildungen dokumentieren die Leistungen der Lernenden in den unterrichteten Bereichen und stellen ihnen am Ende jedes Semesters ein Zeugnis aus.
8. Abschnitt: Qualifikationsverfahren
Art. 16 Zulassung zum Qualifikationsverfahren
¹ Zum Qualifikationsverfahren wird zugelassen, wer die berufliche Grundbildung erworben hat:
a. nach den Bestimmungen dieser Verordnung;
b. in einer vom Kanton dafür zugelassenen Bildungsinstitution; oder
c. ausserhalb eines geregelten Bildungsganges und glaubhaft macht, den Anforderungen der Abschlussprüfung gewachsen zu sein.
² Von der beruflichen Praxis, die nach Artikel 32 BBV für die Zulassung zu einem Qualifikationsverfahren verlangt ist, müssen mindestens 3 Jahre im Bereich der Agrarpraktikerin EBA/Agrarpraktiker EBA erworben worden sein.
Art. 17 Gegenstand, Umfang und Durchführung des Qualifikationsverfahrens
¹ Im Qualifikationsverfahren ist nachzuweisen, dass die Handlungskompetenzen nach den Artikeln 4–6 erworben worden sind.
² In der Abschlussprüfung werden die nachstehenden Qualifikationsbereiche wie folgt geprüft:
a. Praktische Arbeit im Umfang von 4 Stunden. Die lernende Person muss im Rahmen einer vorgegebenen Arbeit oder in gestellten Situationen zeigen, dass sie fähig ist, die geforderten Tätigkeiten fachlich korrekt sowie bedarfs- und situationsgerecht auszuführen. Die Lerndokumentation und die Unterlagen der überbetrieblichen Kurse dürfen als Hilfsmittel verwendet werden.
b. Berufskenntnisse im Umfang von 2 Stunden. Die lernende Person wird schriftlich und mündlich befragt. Die mündliche Prüfung dauert höchstens 1 Stunde.
c. Allgemeinbildung. Die Abschlussprüfung richtet sich nach der Verordnung des SBFI vom 27. April 2006⁵ über die Mindestvorschriften für die Allgemeinbildung in der beruflichen Grundbildung.
⁵ SR 412.101.241
Art. 18 Bestehen, Notenberechnung, Notengewichtung
¹ Die Abschlussprüfung ist bestanden, wenn:
a. der Qualifikationsbereich «praktische Arbeit» mit der Note 4 oder höher bewertet wird; und
b. die Gesamtnote 4 oder höher erreicht wird.
² Die Gesamtnote ist das auf eine Dezimalstelle gerundete Mittel der gewichteten Noten der einzelnen Qualifikationsbereiche der Abschlussprüfung sowie der gewichteten Erfahrungsnote.
³ Die Erfahrungsnote ist das auf eine ganze oder halbe Note gerundete Mittel aus der Summe aller Semesterzeugnisnoten des berufskundlichen Unterrichts.
⁴ Für die Berechnung der Gesamtnote werden die einzelnen Noten wie folgt gewichtet:
a. praktische Arbeit: 60 %;
b. Berufskenntnisse: 10 %;
c. Allgemeinbildung: 20 %;
d. Erfahrungsnote: 10 %.
Art. 19 Wiederholungen
¹ Die Wiederholung des Qualifikationsverfahrens richtet sich nach Artikel 33 BBV. Muss ein Qualifikationsbereich wiederholt werden, so ist er in seiner Gesamtheit zu wiederholen.
² Wird das Qualifikationsverfahren ohne erneuten Besuch der Berufsfachschule wiederholt, so wird die bisherige Erfahrungsnote beibehalten. Wird der berufskundliche Unterricht während mindestens 2 Semestern wiederholt, so zählt nur die neue Erfahrungsnote.
Art. 20 Spezialfall
¹ Hat eine lernende Person die Vorbildung ausserhalb der geregelten beruflichen Grundbildung nach dieser Verordnung erworben, so entfällt die Erfahrungsnote.
² Für die Berechnung der Gesamtnote werden die einzelnen Noten wie folgt gewichtet:
a. praktische Arbeit: 60 %
b. Berufskenntnisse: 20 %
c. Allgemeinbildung: 20 %
9. Abschnitt: Ausweise und Titel
Art. 21
¹ Wer das Qualifikationsverfahren erfolgreich durchlaufen hat, erhält das eidgenössische Berufsattest (EBA) .
² Das Berufsattest berechtigt, den gesetzlich geschützten Titel «Agrarpraktikerin EBA/Agrarpraktiker EBA» zu führen.
³ Im Notenausweis werden aufgeführt:
a. die Gesamtnote;
b. die Noten jedes Qualifikationsbereichs der Abschlussprüfung sowie, unter dem Vorbehalt von Artikel 21 Absatz 1, die Erfahrungsnote;
c. die Fachrichtung.
10. Abschnitt: Schweizerische Kommission für Berufsentwicklung und Qualität für das Berufsfeld Landwirtschaft und deren Berufe
Art. 22
¹ Die Schweizerische Kommission für Berufsentwicklung und Qualität für das Berufsfeld Landwirtschaft und deren Berufe (EFZ und EBA) setzt sich zusammen aus:
a. 9 Vertreterinnen oder Vertretern der OdA AgriAliForm;
b. 2 Vertreterinnen oder Vertretern der Fachlehrerschaft;
c. je mindestens 1 Vertreterin oder 1 Vertreter des Bundes und der Kantone.
² Die Sprachregionen müssen gebührend vertreten sein.
³ Die Kommission fällt nicht in den Geltungsbereich der Kommissionenverordnung vom 3. Juni 1996⁶. Sie konstituiert sich selbst.
⁴ Die Kommission hat folgende Aufgaben:
a. Sie passt den Bildungsplan nach Artikel 10 den wirtschaftlichen, technologischen und didaktischen Entwicklungen laufend, mindestens aber alle 5 Jahre an. Dabei trägt sie allfälligen neuen organisatorischen Aspekten der beruflichen Grundbildung Rechnung. Die Anpassungen bedürfen der Zustimmung der Vertreterinnen und Vertreter des Bundes und der Kantone.
b. Sie beantragt dem SBFI Änderungen dieser Verordnung, sofern die beobachteten Entwicklungen Regelungen dieser Verordnung, namentlich die Kompetenzen nach den Artikeln 4–6, betreffen.
⁶ SR 172.31
11. Abschnitt: Schlussbestimmungen
Art. 23 Übergangsbestimmungen
Über die Gleichwertigkeit bisheriger Pilotausbildungen und der entspr e chenden Abschlüsse sowie über die Anrechnung solcher Bildungsleistungen an die Grundbi l dung zur Agrarpraktikerin oder zum Agrarprakt i ker EBA entscheidet die zuständige kant o nale Behörde.
Art. 24 Inkrafttreten
¹ Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2009 in Kraft.
² Die Bestimmungen über Qualifikationsverfahren, Ausweise und Titel (Art. 16–21) treten am 1. Januar 2011 in Kraft.