Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkun... (814.310)
CH - Schweizer Bundesrecht

Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit (KlG)

(KlG) vom 30. September 2022 (Stand am 1. Januar 2025)
¹ SR  101 ² BBl  2022  1536 ³ BBl  2022  1540
Art. 1 Zweck
Dieses Gesetz bezweckt im Einklang mit dem Klimaübereinkommen vom 12. Dezember 2015⁴ die Festlegung folgender Ziele:
a. Verminderung der Treibhausgasemissionen und Anwendung von Negativemissionstechnologien;
b. Anpassung an und Schutz vor den Auswirkungen des Klimawandels;
c. Ausrichtung der Finanzmittelflüsse auf eine emissionsarme und gegenüber dem Klimawandel widerstandsfähige Entwicklung.
⁴ SR  0.814.012
Art. 2 Begriffe
In diesem Gesetz bedeuten:
a. Negativemissionstechnologien: biologische und technische Verfahren, um CO 2 aus der Atmosphäre zu entfernen und dauerhaft in Wäldern, in Böden, in Holzprodukten oder in anderen Kohlenstoffspeichern zu binden;
b. direkte Emissionen: durch den Betrieb verursachte Treibhausgasemissionen, die insbesondere durch die Verbrennung von Energieträgern sowie durch Prozesse entstehen;
c. indirekte Emissionen: Treibhausgasemissionen, die bei der Bereitstellung der eingekauften Energie verursacht werden;
d. Netto-Null-Emissionen: grösstmögliche Verminderung der Treibhausgas-emissionen und Ausgleich der Wirkung der verbleibenden Emissionen durch die Anwendung von Negativemissionstechnologien.
Art. 3 Ziel der Verminderung von Treibhausgasemissionen und der Anwendung von Negativemissionstechnologien
¹ Der Bund sorgt dafür, dass die Wirkung der in der Schweiz anfallenden von Menschen verursachten Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 Null beträgt (Netto-Null-Ziel), indem:
a. die Treibhausgasemissionen so weit möglich vermindert werden; und
b. die Wirkung der verbleibenden Treibhausgasemissionen durch die Anwendung von Negativemissionstechnologien in der Schweiz und im Ausland ausgeglichen wird.
² Nach dem Jahr 2050 muss die durch die Anwendung von Negativemissionstechnologien entfernte und gespeicherte Menge an CO 2 die verbleibenden Treibhausgasemissionen übertreffen.
³ Der Bund sorgt dafür, dass die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 gemäss den festgelegten Zwischenzielen vermindert werden:
a. im Durchschnitt der Jahre 2031–2040: um mindestens 64 Prozent;
b. bis zum Jahr 2040: um mindestens 75 Prozent;
c. im Durchschnitt der Jahre 2041–2050: um mindestens 89 Prozent.
⁴ Die Verminderungsziele müssen technisch möglich und wirtschaftlich tragbar sein. Soweit möglich müssen sie durch Emissionsverminderungen in der Schweiz erreicht werden.
⁵ Der Bund und die Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten dafür, dass spätestens bis 2050 in der Schweiz und im Ausland Kohlenstoffspeicher im notwendigen Umfang für die Erreichung des Netto-Null-Ziels zur Verfügung stehen. Der Bundesrat kann Richtwerte für die Anwendung von Negativemissionstechnologien festlegen.
⁶ Für die Erreichung der Ziele nach den Absätzen 1 und 2 werden die Emissionen aus in der Schweiz getankten Treibstoffen für internationale Flüge und Schifffahrten mitberücksichtigt.
Art. 4 Richtwerte für einzelne Sektoren
¹ Zur Erreichung der Verminderungsziele nach Artikel 3 Absätze 1 und 3 sind die Treibhausgasemissionen in der Schweiz in den folgenden Sektoren gegenüber 1990 mindestens wie folgt zu vermindern:
a. im Sektor Gebäude: 1. bis 2040: um 82 Prozent,
2. bis 2050: um 100 Prozent;
b. im Sektor Verkehr: 1. bis 2040: um 57 Prozent,
2. bis 2050: um 100 Prozent;
c. im Sektor Industrie: 1. bis 2040: um 50 Prozent,
2. bis 2050: um 90 Prozent.
² Der Bundesrat kann nach Anhörung der betroffenen Kreise im Einklang mit Absatz 1 Richtwerte für weitere Sektoren, für Treibhausgase und für Emissionen aus fossilen Energieträgern festlegen. Dabei berücksichtigt er die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse, die Verfügbarkeit neuer Technologien sowie die Entwicklungen in der Europäischen Union.
Art. 5 Fahrpläne für Unternehmen und Branchen
¹ Alle Unternehmen müssen spätestens im Jahr 2050 Netto-Null-Emissionen aufweisen. Dabei sind mindestens die direkten und die indirekten Emissionen zu berücksichtigen.
² Zur Erreichung des Ziels nach Absatz 1 können die Unternehmen und Branchen Fahrpläne erarbeiten.
³ Der Bund stellt Unternehmen oder Branchen, die bis zum Jahr 2029 entsprechende Fahrpläne ausarbeiten, Grundlagen, Standards sowie fachkundige Beratung zur Verfügung. Er kann international anerkannte Standards berücksichtigen.
Art. 6 Förderung von neuartigen Technologien und Prozessen
¹ Der Bund sichert Unternehmen bis zum Jahr 2030 Finanzhilfen zu für die Anwendung von neuartigen Technologien und Prozessen, die der Umsetzung der Fahrpläne nach Artikel 5 Absatz 2 oder einzelner Massnahmen davon dienen.
² Die Finanzhilfen werden über bestehende Förderinstrumente ausgerichtet.
³ Der Bundesrat regelt insbesondere:
a. die Anforderungen an die einzelnen Massnahmen;
b. bis wann die Fahrpläne oder die einzelnen Massnahmen umzusetzen sind.
⁴ Keine Beiträge werden ausgerichtet für Massnahmen, die bereits anderweitig eine Förderung erhalten oder in ein Instrument zur Verminderung der Treibhausgasemissionen eingebunden sind.
⁵ Die Bundesversammlung bewilligt mit einfachem Bundesbeschluss einen sechsjährigen Verpflichtungskredit.
Art. 7 Absicherung von Risiken
Mit den Mitteln nach Artikel 6 Absatz 5 sichert der Bund zudem Risiken von Investitionen in öffentliche Infrastrukturbauten ab, die für die Erreichung des Netto-Null-Ziels notwendig sind. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
Art. 8 Anpassung an und Schutz vor dem Klimawandel
¹ Der Bund und die Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten dafür, dass in der Schweiz die notwendigen Massnahmen zur Anpassung an und zum Schutz vor den nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels ergriffen werden.
² Im Vordergrund steht dabei die Vermeidung der Zunahme von klimabedingten Schäden an Menschen und Sachwerten, insbesondere infolge:
a. des Anstiegs der durchschnittlichen Temperatur und der Veränderung der Niederschläge;
b. intensiver, häufiger und lang andauernder klimatischer Extremereignisse;
c. von Veränderungen der Lebensräume und der Artenzusammensetzung.
Art. 9 Ziel zur klimaverträglichen Ausrichtung der Finanzmittelflüsse
¹ Der Bund sorgt dafür, dass der Schweizer Finanzplatz einen effektiven Beitrag zur emissionsarmen und gegenüber dem Klimawandel widerstandsfähigen Entwicklung leistet. Es sollen insbesondere Massnahmen zur Verminderung der Klimawirkung von nationalen und internationalen Finanzmittelflüssen getroffen werden.
² Der Bundesrat kann mit den Finanzbranchen Vereinbarungen zur klimaverträglichen Ausrichtung der Finanzflüsse abschliessen.
Art. 10 Vorbildfunktion von Bund und Kantonen
¹ Bund und Kantone nehmen in Bezug auf die Erreichung des Ziels von Netto-Null-Emissionen und auf die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels eine Vorbildfunktion wahr.
² Die zentrale Bundesverwaltung muss bis zum Jahr 2040 mindestens Netto-Null-Emissionen aufweisen. Dabei werden neben den direkten und indirekten Emissionen auch die Emissionen berücksichtigt, die vor- und nachgelagert durch Dritte verursacht werden.
³ Der Bundesrat legt die für diese Zielerreichung notwendigen Massnahmen fest. Er kann Ausnahmen im Zusammenhang mit der Sicherheit des Landes und dem Schutz der Bevölkerung vorsehen. Er informiert die Bundesversammlung regelmässig über den Stand der Zielerreichung.
⁴ Die Kantone für ihre zentralen Verwaltungen und die bundesnahen Betriebe streben an, ab 2040 mindestens Netto-Null-Emissionen aufzuweisen. Der Bund stellt ihnen für die Wahrnehmung ihrer Vorbildfunktion die notwendigen Grundlagen zur Verfügung.
Art. 11 Umsetzung der Ziele
¹ Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung nach vorgängiger Anhörung der betroffenen Kreise und unter Berücksichtigung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse rechtzeitig Anträge zur Umsetzung der Ziele dieses Gesetzes:
a. für die Periode 2025–2030;
b. für die Periode 2031–2040;
c. für die Periode 2041–2050.
² Er unterbreitet der Bundesversammlung die Anträge nach Absatz 1 grundsätzlich im CO 2 -Gesetz vom 23. Dezember 2011⁵.
³ Die Anträge des Bundesrates sind auf eine Stärkung der Volkswirtschaft und auf Sozialverträglichkeit ausgerichtet.
⁴ Bund und Kantone setzen sich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten in der Schweiz und im internationalen Verhältnis für die Begrenzung der Risiken und Auswirkungen des Klimawandels entsprechend den Zielen dieses Gesetzes ein.
⁵ SR  641.71
Art. 12 Verhältnis zu anderen Erlassen
¹ Vorschriften anderer Bundeserlasse und kantonaler Erlasse, insbesondere in den Bereichen CO 2 , Umwelt, Energie, Raumplanung, Finanz-, Land-, Wald- und Holzwirtschaft, Strassen- und Luftverkehr sowie Mineralölbesteuerung, sollen so ausgestaltet und angewendet werden, dass sie zur Erreichung der Ziele dieses Gesetzes beitragen.
² Wo eine besondere Ausgangslage für Berg- und Randgebiete besteht, werden zusätzliche Unterstützungen vorgesehen.
Art. 13 Vollzug
¹ Der Bundesrat vollzieht dieses Gesetz und erlässt die Ausführungsbestimmungen.
² Er kann für bestimmte Aufgaben die Kantone oder private Organisationen beiziehen.
Art. 14 Änderung eines anderen Erlasses
Die Änderung eines anderen Erlasses wird im Anhang geregelt.
Art. 15 Referendum und Inkrafttreten
¹ Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
² Es ist im Bundesblatt zu publizieren, sobald die Volksinitiative vom 27. November 2019⁶ «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)» zurückgezogen oder abgelehnt worden ist.⁷
³ Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Inkrafttreten: 1. Januar 2025⁸
⁶ BBl  2019  8550
⁷ BBl  2022  2412
⁸ V vom 27. Nov. 2024 ( AS 2024 771 )

Anhang

(Art. 14)

Änderung eines anderen Erlasses

…⁹
⁹ Die Änd. kann unter AS  2023 655 konsultiert werden.
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