Reglement über die Organisation und die Befugnisse der gerichtlichen Polizei (233.111)
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Reglement über die Organisation und die Befugnisse der gerichtlichen Polizei

SRSZ 31.1.2000 1 (Vom 23. Dezember 1974) Der Regierungsrat des Kantons Schwyz, gestützt auf § 15 der Verordnung über den Strafprozess im Kanton Schwyz, vom

28. August 1974,

2 beschliesst: I. Organisation § 1 Organe Die gerichtliche Polizei wird ausge ü bt von der Kantonspolizei und von den Be- amten und Angestellten, welchen durch Gesetze und Verordnungen polizeiliche Aufgaben ü bertragen sind. § 2 Unterstellung und Verantwortlichkeit
1 Polizeiorgane, die im Sinne von § 38 der Gerichtsordnung als Hilfsorgane bei Untersuchungen mitwirken, sind den Untersuchungsrichtern unter Vorbehalt von § 12 direkt unterstellt und diesen gegen ü ber f ü r den Vollzug der aufgetragenen Amtshandlungen verantwortlich.
2 Die ü brigen Beamten und Angestellten, welchen durch Gesetze und Verord- nungen polizeiliche Aufgaben ü bertragen sind, unterstehen ihrer vorgesetzten Beh ö rde und sind bei dieser anzufordern. § 3 Spezialdienste Die Spezialdienste der Polizeiorganisation sind von den Untersuchungsrichtern beim Polizeikommando anzufordern. II. Aufgaben und Befugnisse § 4 Auftrag
1 Die gerichtliche Polizei hat den strafbaren Handlungen nachzuforschen, nach der T ä terschaft zu fahnden, die tatbest ä ndlichen Spuren und Beweismittel zu sichern und das Ergebnis der Ermittlungen dem Untersuchungsrichter anzuzei- gen, sobald feststeht, dass eine strafbare Handlung oder der glaubw ü rdige Ver- dacht einer solchen vorliegt.
2 Bei strafbaren Handlungen, die einen unaufschiebbaren Augenschein nach § 43 Abs. 2 und § 59 Abs. 3 der Strafprozessordnung erfordern, ist der zust ä n- dige Untersuchungsrichter zu benachrichtigen.
3 Wenn Gefahr im Verzug ist und das Einschreiten des Untersuchungsrichters nicht erwirkt werden kann, trifft die gerichtliche Polizei unter Beobachtung der
2 Bestimmungen der Strafprozessordnung alle keinen Aufschub ertragenden Massnahmen, die der Aufkl ä rung der Tat und der Ermittlung der T ä terschaft dienen.
4 Untersuchungshandlungen nimmt die gerichtliche Polizei nur vor, wenn und solange der Untersuchungsrichter nicht t ä tig ist. § 5 Entgegennahme von Anzeigen
1 Die gerichtliche Polizei nimmt Anzeigen zuhanden des Untersuchungsrichters entgegen und l ä sst sie vom Anzeiger unterschriftlich best ä tigen.
2 W ü nscht ein Anzeiger, dass sein Name nicht genannt wird, oder verweigert er die Unterzeichnung, ist der Grund in der Anzeige zu vermerken.
3 Im letztem Fall ist der verzeigte Sachverhalt durch Erhebungen soweit m ö glich zu ü berpr ü fen. § 6 Strafantrag
1 Wird eine strafbare Handlung nur auf Antrag verfolgt, so ist dem Berechtigten zu erkl ä ren, dass die Strafverfolgung nur aufgenommen wird, wenn er einen Strafantrag stellt.
2 Der Strafantrag ist vom Berechtigten zu unterzeichnen.
3 In dringenden F ä llen k ö nnen, wenn die Stellung des Strafantrages wahrschein- lich oder wenigstens nicht ausgeschlossen ist, schon vor der Stellung des Straf- antrages sichernde Anordnungen getroffen werden.
4 Strafantragsteller in Ehrverletzungssachen sind anzuweisen, beim Vermittler des Tatortes den S ü hneversuch zu verlangen oder, wenn dieser gem ä ss § 104 Abs. 1 der Strafprozessordnung entf ä llt, den Strafantrag beim Untersuchungs- richter schriftlich einzureichen. § 7 Sachliche Zust ä ndigkeit
1 Ist die sachliche Zust ä ndigkeit zweifelhaft, so ist die Anzeige an den kantona- len Untersuchungsrichter einzureichen.
2 In ausserkantonalen Strafsachen ist nach § 139 des Dienstreglementes f ü r das Polizeikorps zu verfahren. § 8 Befragung
1 Zur Befragung k ö nnen Personen auf den Polizeiposten vorgeladen oder mitge- nommen werden. Ü ber die Befragung ist in der Regel ein Protokoll aufzuneh- men. Dieses ist vom Befragten und dem Polizeibeamten zu unterzeichnen.
2 Zwang, Drohung, Versprechungen, unwahre Angaben oder verf ä ngliche Fragen sind untersagt.
3 Die Bestimmungen ü ber das Zeugnisverweigerungsrecht sind zu beachten. § 9 Rapportwesen, Fahndungsausschreiben
1 Von jeder Strafanzeige, jedem F ü hrungsbericht, Hinweisrapport, Befragungs-, Festnahme-, Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmeprotokoll ist ein Doppel
SRSZ 31.1.2000 3 dem Polizeikommando zuzustellen.
2 Das Polizeikommando registriert diese Aktenvorg ä nge und benachrichtigt den Untersuchungsrichter, wenn die im Zeitpunkt der Rapporterstattung unbekannte T ä terschaft nachtr ä glich ermittelt wird.
3 Es verbreitet ohne Verzug dringliche Fahndungsmeldungen ü ber das Polizei- funknetz und schreibt unaufgekl ä rte Straftaten unter Bekanntgabe der Arbeits- weise, Beschreibung des Deliktsgutes und des Signalements der unbekannten T ä terschaft im Polizeianzeiger aus. Treffen die Voraussetzungen nach § 30 der Strafprozessordnung zu, wird der Haftbefehl des Untersuchungsrichters als Steckbrief zur Fahndung aufgegeben. § 10 Ermittlungsverfahren
1 Das Polizeikommando sorgt f ü r die zeit- und fachgerechte Durchf ü hrung der gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren.
2 Es vollzieht die Auftr ä ge und Anordnungen der Untersuchungsrichter, der Staatsanwaltschaft, der Einzelrichter und der Gerichte. § 11 Einsatzbereitschaft und Meldewesen
1 Das Polizeikommando ordnet die durchgehende Einsatzbereitschaft der Poli- zeimannschaft, der Spezialdienste, der kriminaltechnischen Einrichtungen und Verbindungsmittel.
2 Die Funk-, Melde- und Einsatzzentrale des Polizeikommandos bietet beim Eingang dringlicher Meldungen ü ber strafbare Handlungen die ö rtliche Polizei und n ö tigenfalls die Spezialdienste auf und verst ä ndigt den Untersuchungsrich- ter. § 12 Sondereinsatz
1 Das Polizeikommando leitet den Einsatz der zur Aufkl ä rung von Kapitalverbre- chen und ü berregionalen und interkantonalen Fahndungsaktionen aufgebotenen Mannschaft.
2 Der mit dieser Aufgabe betraute Pikettoffizier steht ü berdies dem Untersu- chungsrichter f ü r weitere, der Untersuchung dienliche Massnahmen zur Verf ü - gung.
3 Auftr ä ge an Polizeiorgane, die Ermittlungen ausserhalb des Kantons oder im Ausland oder eine mehrt ä gige Abwesenheit vom Dienstort erfordern, richtet der Untersuchungsrichter ans Polizeikommando. § 13 Tatbestandsaufnahme
1 Der Erkennungsdienst ist zur Tatbestandsaufnahme und Spurensicherung vom Polizeikommando einzusetzen: a) bei gemeingef ä hrlichen Verbrechen und Vergehen, b) bei T ö tung, bei Todesf ä llen, deren Ursache unbekannt oder verd ä chtig ist, bei Selbstmorden oder Leichenfunden, c) bei Brandf ä llen,
4 d) bei Einbruchdiebst ä hlen, e) bei Unf ä llen, wenn eine Person get ö tet oder erheblich verletzt wurde oder grosser Sachschaden entstanden ist.
2 In andern F ä llen wird der Erkennungsdienst nur auf Anforderung der Untersu- chungsbeh ö rden eingesetzt. § 14 Tatortsicherung
1 In den F ä llen, in welchen der Erkennungsdienst einzusetzen ist, ist der Tatort zu sichern.
2 Gegenst ä nde, die als Beweismittel von Bedeutung sein k ö nnen oder der Ein- ziehung unterliegen, sind sicherzustellen.
3 Ü ber die Sicherstellung ist ein Protokoll aufzunehmen. § 15 Erkennungsdienstliche Behandlung von Personen
1 Erkennungsdienstlich zu behandeln ist: a) wer zu einer Zuchthaus- oder unbedingten Gef ä ngnisstrafe verurteilt wird; b) wer wegen eines Verbrechens oder Vergehens verhaftet oder festgenommen wird; c) wer des Landes verwiesen wird; d) wer ü ber Namen, Herkunft oder Wohnort auf berechtigte Aufforderung hin sich nicht ausweisen kann oder will; e) wer durch Verwaltungsbeh ö rden zwangsversorgt wird; f) wer wegen Schriften-, Mittel- und Obdachlosigkeit aufgegriffen wird.
2 Andere Personen d ü rfen nur auf besondere Anordnung der Untersuchungbe- h ö rden, des Staatsanwaltes oder der Gerichte erkennungsdienstlich behandelt werden. § 16 Amtsarzt Bei T ö tung, bei Todesf ä llen, deren Ursache unbekannt oder verd ä chtig ist, bei Selbstmord oder Leichenfund sowie bei schweren K ö rperverletzungen ist der Bezirksarzt oder, wenn dieser nicht erreichbar ist, der n ä chste Arzt zu rufen. § 17 Hilfeleistung
1 Verletzten Personen ist Beistand zu gew ä hren, und es ist daf ü r zu sorgen, dass sie m ö glichst rasch ä rztlich betreut werden.
2 Tote sind am Ort zu belassen, wo es ohne Nachteil m ö glich oder f ü r die Auf- nahme des Tatbestandes notwendig ist.
3 Werden Tote oder Verletzte vor Eintreffen des Erkennungsdienstes entfernt, so ist ihre Lage durch Zeichen und Beschreibung genau zu bestimmen. § 18 Verhaftung
1 Personen, gegen welche ein Haftbefehl vorliegt, oder die steckbrieflich verfolgt werden, sind zu verhaften und der zust ä ndigen Beh ö rde zuzuf ü hren.
2 Jede Verhaftung ist dem Polizeikommando mitzuteilen.
SRSZ 31.1.2000 5 § 19 Festnahme
1 Ist Gefahr im Verzuge und liegen die Voraussetzungen eines Haftbefehls vor, so sind die Betroffenen festzunehmen.
2 Festzunehmen ist namentlich: a) wer wegen eines Verbrechens oder Vergehens auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird, der Flucht verd ä chtig ist oder sich selbst bezichtigt; b) wer bei einer Ü bertretung betroffen, sich nicht ausweisen kann oder trotz Aufforderung von der Ü bertretung nicht abl ä sst; c) wer infolge Trunkenheit Sitte und Anstand in grober Weise verletzt, sich selber, andere Personen oder Sachen gef ä hrdet.
3 Festnahmen sind ü berdies durchzuf ü hren, wenn die von einem zusammenge- rotteten Haufen gest ö rte ö ffentliche Ordnung und Sicherheit auf andere Weise nicht wiederhergestellt werden kann.
4 Jede Festnahme ist unverz ü glich dem Untersuchungsrichter und dem Polizei- kommando zu melden. § 20 Vorgehen
1 Eine Verhaftung oder Festnahme ist unter Vermeidung von unn ö tigem Aufse- hen durchzuf ü hren.
2 Widersetzt sich der zu Verhaftende oder Festzunehmende, so darf, unter Beob- achtung der Verh ä ltnism ä ssigkeit, Gewalt angewendet werden. Soweit notwen- dig, darf die Mithilfe anderer Personen in Anspruch genommen werden.
3 Der Verhaftete oder Festgenommene ist gegen Beleidigungen oder T ä tlichkei- ten Dritter zu sch ü tzen. § 21 Leibesvisitation
1 Personen sind zu durchsuchen, wenn sie verhaftet oder festgenommen werden, oder wenn anzunehmen ist, dass sie Gegenst ä nde auf sich tragen, die als Be- weismittel von Bedeutung sein k ö nnen oder zu beschlagnahmen sind.
2 Die Durchsuchung weiblicher Personen geschieht durch eine Polizeibeamtin oder eine zuverl ä ssige Frau. § 22 K ö rperliche Durchsuchung und Blutprobe
1 Zur k ö rperlichen Durchsuchung oder zur Entnahme einer Blutprobe sind die Betroffenen der zust ä ndigen Untersuchungsbeh ö rde oder, sofern diese nicht erreichbar ist, direkt dem Bezirksarzt oder dessen Stellvertreter zuzuf ü hren.
2 Weigert sich jemand, so ist er festzunehmen. § 23 Hausdurchsuchung
1 Die Durchsuchung von Wohnungen und anderen R ä umen oder von Schriftst ü k- ken ist nur auf Anordnung der Untersuchungsbeh ö rde gestattet, es sei denn, es werde jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, verhaftet oder festgenom- men.
2 Ü ber die Durchsuchung ist ein Protokoll aufzunehmen.
6 § 24 Waffengebrauch Von der Waffe darf bei Aus ü bung der Dienstpflicht Gebrauch machen: a) wer gef ä hrlich angegriffen oder mit einem gef ä hrlichen Angriff unmittelbar bedroht wird; b) wer die Flucht eines wegen eines schweren Verbrechens oder schweren Vergehens zu Verhaftenden nicht anders hindern kann; c) wer die Ver ü bung eines schweren Verbrechens oder schweren Vergehens nur auf diese Art zu verhindern vermag. § 25 Warnung und Verh ä ltnism ä ssigkeit
1 Wenn m ö glich soll dem Gebrauch der Waffe ein Warnruf vorausgehen.
2 Lebensgef ä hrliche Verletzungen sind, wenn immer m ö glich, zu vermeiden. Einem Verletzten ist Beistand zu leisten.
3 Der Gebrauch der Waffe ist sofort dem Polizeikommando zu melden. III. Schlussbestimmungen § 26
1 Mit dem Inkrafttreten dieses Reglementes wird das Reglement ü ber die Organi- sation und die Befugnisse der gerichtlichen Polizei, vom 9. M ä rz 1959, 3 aufge- hoben.
2 Im ü brigen wird auf die Verordnung und das Dienstreglement f ü r das Polizei- korps verwiesen. § 27
1 Dieses Reglement wird im Amtsblatt ver ö ffentlicht und in die Gesetzsammlung aufgenommen.
2 Es tritt mit der Ver ö ffentlichung in Kraft. 4
1 GS 16-623.
2 SRSZ 233.110.
3 GS 14-227.
4

3. Januar 1975.

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