Interkantonale Fachhochschulvereinbarung (IFHV) ab 2005
(Vom 12. Juni 2003)
I. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Zweck
1 Die Vereinbarung regelt den interkantonalen Zugang zu den Fachhochschulen und die Abgeltung, welche die Wohnsitzkantone der Studierenden den Trägern von Fachhochschulen leisten.
2 Sie fördert damit den interkantonalen Lastenausgleich, die Freizügigkeit für Studierende sowie die Optimierung des Fachhochschulangebots. Sie trägt zu einer koordinierten schweizerischen Hochschulpolitik bei.
Art. 2
Subsidiarität zu anderen Vereinbarungen Interkantonale Vereinbarungen, die die Mitträgerschaft oder Mitfinanzierung einer oder mehrerer Fachhochschulen regeln, gehen dieser Vereinbarung vor. Vorausgesetzt wird, dass die finanziellen Abgeltungen gesamthaft mindestens so hoch sind, wie sie der Abschnitt II der vorliegenden Vereinbarung vorsieht und dass die Gleichberechtigung der Studierenden (Art. 3 Abs. 2, Art. 6 und 7) gewährleistet ist.
Art. 3
Grundsätze
1 Der Wohnsitzkanton der Studierenden leistet den Trägern von Fachhochschulen Beiträge an die Ausbildungskosten.
2 Die Fachhochschulträger gewähren den Studierenden aus allen Vereinbarungs- kantonen die gleiche Rechtsstellung. Soweit die Kantone nicht selber Träger der Fachhochschulen sind, verpflichten sie die ihnen verbundenen Schulen zur Gleichbehandlung.
Art. 4
Beitragsberechtigte Studiengänge
1 Als beitragsberechtigt gelten anerkannte Diplomstudiengänge kantonaler oder interkantonaler Fachhochschulen. Die Anerkennung richtet sich nach dem Fachhochschulgesetz des Bundes oder der Interkantonalen Diplomvereinbarung. Bei zweistufig geführten Diplomstudiengängen (Bachelor - und Masterstudien) sind beide Studienstufen beitragsberechtigt.
2 Anerkannte Studiengänge, die von einem privaten Träger geführt werden, aber von einem Kanton oder einer Gruppe von Kantonen mitfinanziert werden, sind beitragsberechtigt, sofern sie von der Kommission FHV als beitragsberechtigt erklärt werden. Voraussetzung dazu ist, dass der mitfinanzierende Kanton oder die mitfinanzierenden Kantone für ihre Studierenden mindestens dieselben Leistungen erbringen, wie sie die vorliegende Vereinbarung vorsieht.
der Kommission FHV als beitragsberechtigt anerkannt werden. In diesem Fall werden nur jene Kantone zahlungspflichtig, die sich dazu ausdrücklich verpflich- ten.
Art. 5 Wohnsitzkanton
Als Wohnsitzkanton von Studierenden gilt:
a) der Heimatkanton für Schweizerinnen und Schweizer, deren Eltern im Aus- land wohnen oder die elternlos im Ausland wohnen; bei mehreren Heimat- kantonen gilt das zuletzt erworbene Bürgerrecht,
b) der zugewiesene Kanton für mündige Flüchtlinge und Staatenlose, die el- ternlos sind oder deren Eltern im Ausland wohnen; vorbehalten bleibt Buc h- stabe d,
c) der Kanton des zivilrechtlichen Wohnsitzes für mündige Ausländerinnen und Ausländer, die elternlos sind oder deren Eltern im Ausland wohnen; vorbe- halten bleibt Buchstabe d,
d) der Kanton, in dem mündige Studierende mindestens zwei Jahre ununter- brochen gewohnt haben und, ohne gleichzeitig in Ausbildung zu sein, finan- ziell unabhängig gewesen sind; als Erwerbstätigkeit gelten auch die Führung eines Familienhaushalts und das Leisten von Militärdienst,
e) in allen übrigen Fällen der Kanton, in dem sich bei Studienbeginn der zivi l- rechtliche Wohnsitz der Eltern befindet, bzw. der Sitz der zuletzt zuständi- gen Vormundschaftsbehörde.
Art. 6
Umleitung von Studierenden Wenn in einem Studiengang die Studienplatzkapazitäten einer Schule ausge- schöpft sind, können Studienanwärterinnen und Studienanwärter sowie Studi e- rende an andere Schulen umgeleitet werden, sofern diese freie Studienplätze zur Verfügung stellen. Die Kommission FHV bestimmt das Verfahren und die für die Umleitung zuständige Stelle.
Art. 7 Behandlung von Studierenden aus Nichtvereinbarungskantonen
1 Studierende und Studienanwärterinnen und Studienanwärter aus Kantonen, welche dieser Vereinbarung nicht beigetreten sind, haben keinen Anspruch auf Gleichbehandlung. Sie werden an eine Schule zugelassen, wenn die Studieren- den aus den Vereinbarungskantonen Aufnahme gefunden haben.
2 Studierenden aus Kantonen, welche dieser Vereinbarung nicht beigetreten sind, wird nebst den Studiengebühren eine Gebühr auferlegt, welche mindestens
Art. 8
Bemessungsgrundlage
1 Die Beiträge werden in Form von Pauschalbeiträgen pro Studierenden festge- legt.
2 Die Konferenz der Vereinbarungskantone kann auf Antrag der Kommission FHV beschliessen, für einzelne oder alle Studiengänge ein anderes Abgeltungsmodell anzuwenden. Ein entsprechender Beschluss bedarf der Mehrheit von zwei Dri t- teln der Konferenzmitglieder.
Art. 9 Höhe der Beiträge
1 Die Studiengänge werden nach Studienbereichen in Gruppen zusammenge- fasst.
2 Massgebend für die Festlegung der Beiträge sind die durchschnittlichen Aus- bildungskosten pro Gruppe, d.h. die Betriebskosten, abzüglich der individuellen Studiengebühren, der Infrastrukturkosten und allfälliger Bundesbeiträge.
3 Die Beiträge werden so festgelegt, dass sie pro Gruppe 85 % der Ausbildungs- kosten decken. Zuständig für die Festlegung der Beiträge ist die Konferenz der Vereinbarungskantone. Der Beschluss bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln der Konferenzmitglieder.
Art. 10 Abzug bei hohen Studiengebühren
Die Schulen können angemessene individuelle Studiengebühren erheben. Die Kommission FHV legt die anrechenbaren Mindest - und Höchstbeträge je Studi- engang fest. Übersteigen diese Gebühren die von der Kommission FHV festge- legte Höchstgrenze, werden die Beiträge für den entsprechenden Studiengang gekürzt.
III. Vollzug
Art. 11
Die Konferenz der Vereinbarungskantone
1 Die Konferenz der Vereinbarungskantone setzt sich aus je einer Vertretung der Kantone zusammen, die der Vereinbarung beigetreten sind. Der Bund kann sich mit beratender Stimme vertreten lassen.
2 Ihr obliegen folgende Aufgaben:
a) die Wahl der Mitglieder und des bzw. der Vorsitzenden der Kommission FHV,
b) die Wahl der Mitglieder der Schiedsinstanz,
c) die Festlegung der Beiträge gemäss Art. 9,
d) die Festlegung eines abweichenden Abgeltungsmodells gemäss Art. 8,
e) die Abnahme der Berichterstattung der Kommission FHV.
3 Sie erlässt Vorschriften über die Dauer der Zahlungspflicht für die einzelnen
1 Für den Vollzug setzt die Konferenz der Vereinbarungskantone eine Kommiss i- on Fachhochschulvereinbarung (Kommission FHV) ein.
2 Sie setzt sich aus neun Mitgliedern zusammen, welche für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt sind. Zwei Mitglieder werden von der Konferenz der kantona- len Finanzdirektoren vorgeschlagen.
3 Der Kommission FHV obliegen insbesondere die folgenden Aufgaben:
a) die Überwachung des Vollzugs, insbesondere auch der Geschäftsstelle,
b) die jährliche Berichterstattung an die Konferenz der Vereinbarungskantone,
c) die Antragsstellung für die Festlegung der Beiträge und der Dauer der Zah- lungspflicht für die einzelnen Studiengänge,
d) die Antragsstellung für die Festlegung eines abweichenden Abgeltungsm o- dells gemäss Art. 8,
e) die Festlegung der Mindest - und Höchstgrenze für die individuellen Stu dien- gebühren,
f) die Regelung der Rechnungslegung, der Beitragszahlung, der Termine und Stichdaten sowie der Verzugszinse,
g) die Einteilung neu anerkannter bzw. im Anerkennungsverfahren befindlicher Studiengänge nach Art. 9 Abs. 1 und Art. 21.
Art. 13 Geschäfts stelle
Das Generalsekretariat der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erzi e- hungsdirektoren (EDK) ist Geschäftsstelle dieser Vereinbarung.
Art. 14 Liste der beitragsberechtigten Studiengänge
Die beitragsberechtigten Studiengänge und die Beitragshöhe werden in einem Anhang 2 aufgeführt.
Art. 15 Ermittlung der Studierendenzahl
1 Die Studierendenzahl wird nach den Kriterien des Schweizerischen Hochschul - informationssystems des Bundesamtes für Statistik ermittelt.
2 Jede Schule erstellt eine Namensliste der Studierenden zu Handen des zah- lungspflichtigen Kantons. Diese enthält den massgeblichen Wohnsitzkanton gemäss Art. 5 und führt die Studierenden gemäss den Gruppen getrennt auf.
Art. 16 Vollzugskosten
Die Kosten des Vollzugs dieser Vereinbarung sind durch die Vereinbarungskan- tone nach Massgabe der Zahl ihrer Studierenden zu tragen. Sie werden ihnen jährlich in Rechnung gestellt. Für besondere Abklärungen, die sich nur auf einzelne Kantone und Schulen beziehen, können, auf Beschluss der Kommiss i- on FHV, die Kosten auf die betroffenen Kantone abgewälzt werden.
Art. 17 Schiedsinstanz
1 Die Konferenz der Vereinbarungskantone setzt eine Schiedsinstanz mit sieben Mitgliedern ein. Sie bestimmt deren Präsidentin oder Präsidenten.
2 Die Schiedsinstanz entscheidet in einer Besetzung von drei Mitgliedern, von denen sich keines aus den direkt betroffenen Kantonen befinden darf.
3 Die Schiedsinstanz entscheidet endgültig über strittige Fragen betreffend
a) die Zahl der Studierenden,
b) den massgebenden Wohnsitz ,
c) die Zahlungspflicht der Kantone.
4 Die Bestimmungen des Konkordats über die Schiedsgerichtsbarkeit vom
27. März 1969 (SR 279) finden Anwendung.
Art. 18 Bundesgericht
Vorbehältlich von Artikel 17 entscheidet das Bundesgericht über Streitigkeiten, die sich aus dieser Vereinbarung zwischen den Kantonen ergeben, auf staat s- rechtliche Klage hin gemäss Art. 83 Abs. 1 Bst. b des Bundesgesetzes über die Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943. 3
V. Übergangs - und Schlussbestimmungen
Art. 19
Beitritt Der Beitritt z u dieser Vereinbarung ist dem Generalsekretariat der EDK mitzutei- len. Mit dem Beitritt verpflichten sich die Kantone, die für den Vollzug dieser Vereinbarung notwendigen Daten in vorgeschriebener Weise zur Verfügung zu stellen.
Art. 20 Inkrafttreten
Diese Vereinbarung tritt auf den Beginn des Studienjahres 2005/2006 in Kraft. 4 Bedingung für das Inkrafttreten ist, dass mindestens fünfzehn Kantone den Beitritt erklärt haben.
Art. 21 Fachhochschulen im Anerkennungsverfahren
Die Kommission FHV bestimmt diejenigen Studiengänge, für die bereits im Anerkennungsverfahren Beiträge geleistet werden und teilt sie in die Gruppen ein. Massgeblich ist, ob der Studiengang Aussicht auf Anerkennung hat (Art. 4 Abs. 1). Es ist eine Stellungnahme der zuständigen Anerkennungskommission einzuholen.
1 Die Vereinbarung kann unter Einhaltung einer Frist von zwei Jahren jeweils auf den 30. September durch schriftliche Erklärung an die Kommission FHV gekün- digt werden; erstmals auf den 30. September 2008.
2 Kündigt ein Kanton die Vereinbarung, bleiben seine Verpflichtungen aus der Vereinbarung für die zum Zeitpunkt des Austrittes eingeschriebenen Studieren- den bis zum Ende ihres Studiums weiter bestehen. Ebenso bleibt der Anspruch der betreffenden Studierenden auf Gleichbehandlung gemäss Art. 3 weiter be- stehen.
Art. 23 Fürstentum Liechtenstein
Dieser Vereinbarung kann das Fürstentum Liechtenstein auf der Grundlage seiner eigenen Gesetzgebung beitreten. Ihm stehen alle Rechte und Pflichten der andern Vereinbarungspartner zu. Nach liechtensteinischem Recht anerkann- te Fachhochschulen oder Fachhochschul -Studiengänge sind wie die entspr e- chenden nach schweizerischem Recht anerkannten Fachhochschulen oder Fachhochschul -Studiengänge zu behandeln.
1 GS 20 -526.
2 Auf die Publikation des Anhangs in der Gesetzsammlung wird verzichtet. Das Erziehungsdepar- tement verfügt über eine aktuelle Liste der beitragsberechtigten Studiengänge.
3 SR 173.110.
4 In Kraft gesetzt am 1. Oktober 2005 (Abl 2004 1530; Beschluss der Konferenz der Vereinb a- rungskantone vom 16. Juni 2005).
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