Botschaft über die Verbesserung des Hochwasserschutzes am Rhein von der Illmündung bis zum Bodensee
Botschaft über die Verbesserung des Hochwasserschutzes am Rhein von der Illmündung bis zum Bodensee
vom 8. Mai 2024
Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, die Entwürfe zu folgenden Bundesbeschlüssen:
1.
Bundesbeschluss über die Genehmigung des Staatsvertrags zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich über die Verbesserung des Hochwasserschutzes am Rhein von der Illmündung bis zum Bodensee
2.
Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für die Schweizer Beteiligung an der Verbesserung des Hochwasserschutzes am Rhein von der Illmündung bis zum Bodensee
Zudem unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf des Bundesgesetzes über die Verbesserung des Hochwasserschutzes am Rhein von der Illmündung bis zum Bodensee (Alpenrheingesetz).
Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
8. Mai 2024 | Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi |
Übersicht
Mit dieser Botschaft legt der Bundesrat dem Parlament drei Geschäfte vor. Sie alle dienen dazu, den Hochwasserschutz am Rhein zwischen der Illmündung und dem Bodensee signifikant zu verbessern.
Ausgangslage
Das untere Rheintal ist heute bedeutenden Hochwasserrisiken ausgesetzt: Zwischen Illmündung und Bodensee drohen bei sehr grossen Hochwassern Überflutungen und Dammbrüche - und damit grossflächige, mehrere Meter hohe Überschwemmungen. Bei solchen Ereignissen müsste mit zahlreichen Todesopfern und Sachschäden in der Grössenordnung von 13,5 Milliarden Franken gerechnet werden. Zudem ist das Schutzbedürfnis durch die Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen. Mit den bestehenden Schutzbauten, von denen die Meisten mehr als 100 Jahre alt sind, kann die notwendige Hochwassersicherheit nicht mehr erreicht werden.
Aus diesem Anlass haben die Schweiz und Österreich beschlossen, den Hochwasserschutz am gemeinsamen Grenzfluss zu verbessern. Die beiden Staaten liessen dazu ein Hochwasserschutzprojekt erarbeiten, das die Abflusskapazität des Rheins zwischen der Illmündung und dem Bodensee von heute 3100 m³/s auf 4300 m³/s erhöht, primär durch Aufweitungen des Rheins innerhalb der bestehenden Hochwasserschutzdämmen.
Das Gemeinsame Werk, wie das Hochwasserschutzprojekt genannt wird, soll 2025 mit dem Genehmigungsverfahren starten und nach 27 Jahren Realisierungsdauer im Jahr 2052 abgeschlossen werden. Die Gesamtkosten betragen 2194,4 Millionen Franken inklusive Mehrwertsteuer. Von den Gesamtkosten soll die Schweiz einen Anteil von 1040,4 Millionen Franken tragen. Mit dem Gemeinsamen Werk werden die umliegenden Gebiete gegen ein 300-jährliches Hochwasser geschützt. Auch im Fall von noch grösseren Hochwasserereignissen wird das Risiko deutlich reduziert. Mit der vorliegenden Lösung kann der Hochwasserschutz für das Rheintal robust, kosteneffizient und nachhaltig verbessert werden. Andere technische Lösungen erfüllen diese Zielsetzungen nicht.
Mit dem Gemeinsamen Werk führen die beiden Nachbarstaaten eine lange Tradition des bilateralen Hochwasserschutzes fort: Seit 1892 nehmen die Schweiz und Österreich die Regulierung auf diesem Rheinabschnitt gemeinsam wahr. Die Verbesserung des Hochwasserschutzes zu Beginn des 20. Jahrhunderts schuf die Grundlage für die sozioökonomische Entwicklung im unteren Rheintal.
Inhalt der Vorlage
Für die Realisierung des Hochwasserschutzprojektes hat die Schweiz mit Österreich einen neuen Staatsvertrag ausgehandelt. Der Staatsvertrag ist bereits der vierte seiner Art und ergänzt die bestehenden drei Staatsverträge insbesondere um das Gemeinsame Werk sowie um dessen Finanzierung, Umsetzung und künftige Instandhaltung.
Zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem vierten Staatsvertrag - und damit zur Verbesserung des Hochwasserschutzes im unteren Rheintal - sind in der Schweiz drei Geschäfte gutzuheissen, welche in dieser Vorlage gemeinsam dem Parlament unterbreitet werden.
Das erste Geschäft besteht darin, den beiliegenden vierten Staatsvertrag zu genehmigen. Der Staatsvertrag ist eine ausgewogene Verhandlungslösung, welche die Anliegen der Schweiz erfüllt. Die einzelnen Artikel des Staatsvertrages werden in der vorliegenden Botschaft im Detail erläutert.
Beim zweiten Geschäft handelt es sich um den Erlass eines neuen Bundesgesetzes über die Verbesserung des Hochwasserschutzes am Rhein von der Illmündung bis zum Bodensee (Alpenrheingesetz). Das Gesetz betrifft den Bund und den Kanton St. Gallen. Es regelt im Wesentlichen die innerstaatliche Umsetzung des Staatsvertrages, insbesondere die Aufteilung der Kosten zwischen Bund und Kanton St. Gallen und das zum Einsatz kommende Plangenehmigungsverfahren. Bund und Kanton werden sich die Kosten wie bis anhin im Verhältnis 80 Prozent Bund, 20 Prozent Kanton aufteilen, und die Plangenehmigung wird nach dem Verfahren des Kantons St. Gallen durchgeführt.
Das dritte Geschäft besteht aus einem Verpflichtungskredit zur Finanzierung des Hochwasserschutzprojektes. Die beiden Staaten teilen sich die Nettokosten hälftig auf. Damit ergibt sich für die Schweiz ein Finanzbedarf von 1040,4 Millionen Franken (Kosten inkl. Mehrwertsteuer). Umgerechnet auf die Realisierungsdauer von 27 Jahren liegen die jährlichen Kosten bei rund 38,53 Millionen Franken. Da die Schweiz in diesem Umfang mehrjährige Verpflichtungen eingeht, ist ein Verpflichtungskredit nötig, den das Parlament zu beschliessen hat.
Die drei Geschäfte sind inhaltlich stark verknüpft. Nur die Zustimmung respektive die Genehmigung aller drei Geschäfte erlaubt die Umsetzung des Gemeinsamen Werks und damit die Verbesserung des Hochwasserschutzes im unteren Rheintal.
Botschaft
1 Ausgangslage
Im unteren Rheintal kam es im 19. Jahrhundert oftmals zu so schweren Überschwemmungen, dass der Begriff der «Rheinnot» in die Geschichte des Rheintals einging. Im Jahr 1892 schlossen die Schweiz und - damals noch - Österreich-Ungarn einen gemeinsamen Staatsvertrag ab, mit dem Ziel, die Rheinstrecke auf der Landesgrenze zwischen Illmündung und Bodensee besser gegen Hochwasser zu schützen.
Auf der Basis von drei Staatsverträgen (1892, 1924 und 1954) korrigierten die beiden Staaten den Rheinverlauf, errichteten Schutzbauten und schufen dadurch schrittweise ein Regulierungssystem, das die Hochwassersicherheit im unteren Rheintal enorm verbesserte: Seither trat kein einziges verheerendes Schadenhochwasser mehr auf.
Erst dieser Schutz vor Hochwassern machte die starke sozioökonomische Entwicklung im Rheintal möglich. So beheimatet das untere Rheintal heute über 320 000 Menschen. Zahlreiche Unternehmen machen das Gebiet zu einem bedeutenden Wirtschaftsraum für den Kanton St. Gallen und die Schweiz sowie für das Land Vorarlberg und Österreich.
Die über 130-jährige Zusammenarbeit im Hochwasserschutz mit Österreich dauert bis heute an: Die bilaterale Organisation der Internationalen Rheinregulierung (IRR) ist noch immer dafür verantwortlich, die Schutzbauwerke auf der Rheinstrecke zwischen Illmündung und Bodensee zu realisieren und erhalten. Sie tut dies auf Basis der bestehenden Staatsverträge, die bis heute gültig sind. Die Staatsverträge verpflichten die Schweiz und Österreich auch, den Hochwasserschutz auf der Rheinstrecke zwischen Illmündung und Bodensee dauerhaft zu gewährleisten.
Derzeit sind die Hochwasserschutzbauten und -anlagen zwischen der Illmündung und dem Bodensee (Rheinkilometer 65,0 bis 91,0) auf einen Spitzenabfluss von 3100 m³/s dimensioniert. Das bedeutet, dass die umliegenden Gebiete nach aktuellen Berechnungen vor 100-jährliche Hochwasserereignisse geschützt sind.
Die bestehenden Dämme wurden in der Vergangenheit instandgehalten und wo nötig bautechnisch verbessert. Da die Dämme jedoch grösstenteils über 100 Jahre alt sind, entsprechen sie nicht mehr den heutigen Sicherheitsanforderungen. Zudem sind das Hochwasserrisiko durch die Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung und damit auch das Schutzbedürfnis in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen.
Mit den bestehenden Bauten kann die notwendige Hochwassersicherheit nicht mehr erreicht werden.
1.1 Handlungsbedarf und Ziele
1.1.1 Untragbare Risiken
Übersteigt der Abfluss im Rhein ein hundertjährliches Ereignis, so muss mit Brüchen der bestehenden Dämme gerechnet werden. Bei einem 300-jährlichen Hochwasserereignis auf der Rheinstrecke zwischen Illmündung und Bodensee wird ein Abfluss von 4300 m³/s erwartet, bei einem Extremhochwasser mit einer Wiederkehrperiode über 500 Jahren gar Abflussspitzen bis zu 5800 m³/s. Die bestehenden Schutzbauten und -anlagen würden solchen Ereignissen voraussichtlich nicht standhalten können.
Die Folge wären grossflächige und teilweise mehrere Meter hohe Überschwemmungen mit zahlreichen Todesopfern und grossen Schäden. Bei einem 300-jährlichen Hochwasser würden die direkten Schäden in der Grössenordnung von 13,5 Milliarden Franken liegen. Damit haben die Hochwasserrisiken ein untragbares Mass erreicht.
Die starke Zunahme der Hochwasserrisiken seit den 1950-er Jahren hat zahlreiche Gründe. Sie ist bedingt durch die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung, die im unteren Rheintal stattgefunden hat. Mit dieser Entwicklung ist auch das Schadenspotenzial angestiegen. Andererseits hat das Risiko aber auch zugenommen, weil heute häufiger mit grossen Hochwassern zu rechnen ist - eine Entwicklung, die sich beispielhaft an den Hochwasserereignissen von 1999, 2002, 2005 in weiten Teilen der Schweiz oder bei dem verheerenden Hochwasser im deutschen Arthal im Jahr 2021 zeigte.
Hinzu kommt, dass die bestehenden Dämme - zum grossen Teil über 100 Jahre alt und in ihrem Aufbau inhomogen - nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen.
Zusätzlich wurden weitere Gefahren, wie zum Beispiel die mangelnde Erdbebensicherheit der Bauten und Anlagen erkannt.
Mit dem heute bestehenden Regulierungssystem des Rheins ist ein angemessener Schutz nicht mehr zu erreichen: Es fehlt an Abflusskapazität, an Bauwerksicherheit und an Mechanismen, die auch bei extremen Hochwasserereignissen verlässlich dazu beitragen, die Schäden zu mindern.
1.1.2 Ziele
Das übergeordnete Ziel der gemeinsamen Anstrengungen besteht darin, den bedeutenden Lebens- und Wirtschaftsraum zwischen Illmündung und Bodensee heute und in Zukunft vor Hochwassern schützen zu können und das grosse Hochwasserrisiko auf ein tragbares Mass zu senken.
Der Hochwasserschutz auf der Rheinstrecke zwischen Illmündung und Bodensee wird verbessert und um Schutzmechanismen gegen Extremhochwasser ergänzt. Dazu wird die Abflusskapazität des Rheins zwischen Illmündung und Bodensee deutlich erhöht primär durch Aufweitungen zwischen den bestehenden Hochwasserschutzdämmen.
Zusätzlich erfüllt das Hochwasserschutzprojekt (im Staatsvertrag als Gemeinsames Werk bezeichnet) die folgenden fachlichen Zielvorgaben:
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Das Restrisiko in Extremhochwassersituationen soll gemindert und unkontrollierte Dammbrüche sollen verhindert werden.
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Die Flusssohle soll stabilisiert, und Erosions- bzw. Auflandungstrends sollen vermieden werden.
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Der Hochwasserabflussquerschnitt soll nachhaltig gesichert werden.
-
Die gesetzlichen Anforderungen für die Wiederherstellung der ökologischen Funktionen nach Artikel 4 des Bundesgesetzes über den Wasserbau vom 21. Juni 1991 ¹ und Artikel 37 des Gewässerschutzgesetzes vom 24. Januar 1991 ² (GSchG) sollen eingehalten werden.
-
Der Grundwasserspiegel soll bei Niedrigwasser erhalten und in Gebieten mit Bedarf, wo möglich, erhöht werden. Bei Hochwasser soll der Grundwasserspiegel nicht höher liegen als derzeit.
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Die Wasserversorgung aus einwandfreiem Grundwasser soll erhalten werden.
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Die landwirtschaftliche Produktionsfähigkeit und Bodenfruchtbarkeit sollen erhalten werden.
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Die Rheinlandschaft soll als Erholungsraum aufgewertet werden.
-
Die Massnahmen sollen betreffend Errichtung und Instandhaltung kosteneffizient sein, also mehr Nutzen bringen als Kosten verursachen.
Um diese Ziele zu erreichen, sind die erforderlichen rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen zwischen der Schweiz und Österreich sowie in der Schweiz zu schaffen.
¹ SR 721.100
² SR 814.20
1.2 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung
1.2.1 Varianten beim Hochwasserschutz
Auf der Suche nach einer optimalen Lösung für den Hochwasserschutz liessen die schweizerische und österreichische Regierung seit dem Jahr 2011 umfangreiche, partizipativ gestaltete Variantenuntersuchungen durchführen.
Sowohl Vertreterinnen und Vertreter der betreffenden Amts- und Fachstellen beider Staaten sowie des Kantons St. Gallen und des Landes Vorarlberg, der Anrainergemeinden, von Interessengruppen und Verbänden, von Ober- und Unterliegern als auch die Bevölkerung waren an der Projektentwicklung beteiligt.
Geprüft wurde insbesondere, ob das fehlende Abflussvolumen mittels einer Erhöhung der Schutzdämme bereitgestellt werden könnte, ob eine Absenkung der Gerinnesohle zielführend wäre oder ob das zusätzliche Abflussvolumen mit einer Aufweitung zwischen den bestehenden Dämmen gewonnen werden könnte.
Die Variantenuntersuchungen zeigte, dass eine Absenkung der Gerinnesohle aufgrund der negativen Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel und die Trinkwasserversorgung nicht möglich wäre. Eine Erhöhung der bereits sehr hohen Schutzdämme würde das Risiko eines Dammbruchs bei einem grossen Hochwasserereignis noch vergrössern. Daher wäre eine Erhöhung der Schutzdämme aus Risikosicht nicht umsetzbar. Zudem müssten alle Brücken und deren Zufahrten höhergelegt werden, was aufgrund der teilweise engen Platzverhältnisse mit hohen Kosten verbunden wäre.
Die umfassenden Studien machten deutlich: Nur mit einer beidseitigen Aufweitung zwischen den bestehenden Dämmen und in Kombination mit vier Entlastungsstellen für Extremhochwasser kann der Hochwasserschutz robust, kosteneffizient und nachhaltig verbessert werden.
1.2.2 Rechtliche Abklärungen
Neuer Staatsvertrag
Die notwendigen Massnahmen können nicht auf Basis der bisherigen Staatsverträge von 1892, 1924 und 1954 umgesetzt werden, sondern erfordern eine neue Vereinbarung der beiden Staaten, der die Finanzierung durch die Schweiz und Österreich regelt. Ein neuer Staatsvertrag ist folglich zwingend, um das Hochwasserschutzprojekt zu realisieren. Ohne neue Vereinbarung ist die nötige Risikoreduktion also nicht möglich.
Kreditbeschluss
Gestützt auf Artikel 21 Absatz 1 des Finanzhaushaltgesetzes vom 7. Oktober 2005 ³ ist ein Verpflichtungskredit beim Parlament einzuholen, wenn über das laufende Voranschlagsjahr hinauswirkende finanzielle Verpflichtungen eingegangen werden. Das ist mit der Unterzeichnung des Staatsvertrags der Fall. Überdies müssen Verpflichtungskredite für grosse Hochwasserschutzprojekte, die über einen längeren Zeitraum erhebliche Mittel beanspruchen, gemäss Artikel 10 Absatz 3 des Bundesgesetzes über den Wasserbau vom 21. Juni 1991 der Bundesversammlung mit separater Botschaft beantragt werden.
Erlass eines Bundesgesetzes
Bei den Staatsverträgen von 1892, 1924 und 1954 wurden wichtige innerstaatliche Regelungen zur Umsetzung des Staatsvertrags -beispielsweise der Kostenteiler zwischen Bund und Kanton - lediglich in der begleitenden Botschaft festgehalten.
Ohne ein neues Bundesgesetz wären die Rechtsgrundlagen unvollständig: Die Aufteilung der Kosten zwischen Bund und Kanton St. Gallen, Regelungen über die Berichterstattung und das zur Anwendung kommende Plangenehmigungsverfahren wären auf Gesetzesstufe nicht festgelegt.
Für die innerstaatliche Umsetzung würde die bisherige Handhabung ohne neues Bundesgesetz erhebliche rechtliche Unwägbarkeiten bedeuten.
³ SR 611.0
1.2.3 Gewählte Lösung
Die vorgeschlagene Lösung beinhaltet auf Bundesebene drei aufeinander abgestimmte Geschäfte - Staatsvertrag, Bundesgesetz und Kreditbeschluss - die notwendig sind, um die optimale Projektvariante für den Hochwasserschutz zu realisieren.
Die Verbesserung des Hochwasserschutzes muss von der Schweiz und Österreich gemeinsam finanziert werden. Daher wurde ein neuer Staatsvertrag ausgehandelt (vgl. Ziff. 3). Der Staatsvertrag wird dem Parlament zur Genehmigung vorgelegt.
Um den innerstaatlichen Kostenteiler zwischen dem Bund und dem Kanton St. Gallen und das massgebenden Genehmigungsverfahrens festlegen zu können, ist der Erlass eines Bundesgesetzes notwendig (vgl. Ziff. 4).
Mit dem Staatsvertrag geht die Schweiz mehrjährige finanzielle Verpflichtungen ein. Dazu muss das Parlament den beantragte Verpflichtungskredit genehmigen (vgl. Ziff. 5).
Die drei Geschäfte sind inhaltlich stark verknüpft. Nur die Zustimmung zu allen drei Geschäften respektive die Genehmigung aller drei Geschäfte erlauben es, das Gemeinsame Werk zu realisieren und damit den Hochwasserschutz im unteren Rheintal auch künftig zu gewährleisten.
Gemeinsames Werk
Das Gemeinsame Werk wurde von der IRR im Auftrag der beiden Staaten Schweiz und Österreich entwickelt. Es galt, im partizipativen Planungsprozess die gesetzlichen Rahmenbedingungen beider Staaten einzuhalten und die Massnahmen so zu planen, dass beide Staaten ausgewogen davon profitieren.
Das Gemeinsame Werk wird voraussichtlich über eine Zeitdauer von 27 Jahren realisiert. Die geschätzten Gesamtkosten liegen bei rund zwei Milliarden Franken. Die Nettokosten werden von der Schweiz und Österreich zu gleichen Teilen getragen; die eigene Mehrwertsteuer trägt jeder Staat für sich.
Das Hochwasserschutzprojekt zeichnet sich wie folgt aus:
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Die Abflusskapazität des Rheins wird zwischen Illmündung und Bodensee von heute 3100 m³/s auf zukünftig 4300 m³/s erhöht. Damit wird der Hochwasserschutz gemäss heutigen hydrologischen Berechnungen von einem 100-jährlichen Hochwasserereignis auf ein 300-jährliches Hochwasserereignis verbessert.
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Das Projekt wird überwiegend zwischen den bestehenden Hochwasserdämmen umgesetzt, indem das Mittelgerinne des Rheins durch Entfernung der bestehenden Querbauwerke, Mittelwuhren und Ufersicherungen deutlich verbreitert wird. Die für den Hochwasserschutz beanspruchten Flächen befinden sich - mit Ausnahme vom Mündungsbereich der Frutz auf österreichischer Seite - im Besitz der öffentlichen Hand.
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Die grösstenteils über 100 Jahre alten Hochwasserschutzdämme werden auf der gesamten Strecke entweder mit lokalem Material neu gebaut oder umfassend saniert und damit an den aktuellen Stand der Technik angepasst. Die Höhe der Dämme wird im Vergleich zu den bestehenden Dämmen nur in lokal begrenzten Bereichen erhöht.
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Wo dies zur Gewährleistung der Erdbebensicherheit erforderlich ist, werden Untergrundverbesserungen vorgenommen.
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Um Schäden bei Extremereignissen (Abfluss über 4300 m³/s) zu begrenzen, werden vier Entlastungsstellen geschaffen. An diesen Stellen wird das Wasser abhängig von der Abflussmenge auf Flächen mit möglichst geringem Schadenspotenzial abgeleitet, sodass es nicht zu einem katastrophalen Versagen der Bauwerke kommt. So wird die Bauwerksicherheit gewährleistet, und es werden Dammbrüche verhindert, was das Schadensausmass bei Extremereignissen stark reduziert.
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Mit der vorgesehenen Geschiebebewirtschaftung an drei Kiesentnahmestandorten wird die Flusssohle stabil gehalten und der Abflussquerschnitt langfristig sichergestellt. Gleichzeitig werden die Geschiebefrachten an den natürlichen Fliesszustand angeglichen.
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Bei den Bauarbeiten anfallender Oberboden und weiteres geeignetes Material kann für landwirtschaftliche Bodenverbesserungsprojekte ausserhalb des Projektperimeters zur Verfügung gestellt werden. Damit wird ein Beitrag zum Erhalt der landwirtschaftlichen Produktionsfähigkeit und Bodenfruchtbarkeit geleistet. Das verbleibende Vorland und die Dammflächen werden zukünftig extensiv bewirtschaftet.
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Der natürliche Verlauf des Flusses wird - gemäss den gesetzlichen Vorgaben beider Staaten - so weit als möglich wiederhergestellt. Es werden eine standortgerechte Ufervegetation und ein vielfältiger Lebensraum für Flora und Fauna geschaffen.
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Das Gemeinsame Werk berührt teilweise Infrastrukturbauwerke Dritter, etwa Brücken, Grundwasserfassungen (Brunnen) und Strom- und Gasleitungen. Diese Infrastrukturbauwerke müssen teilweise abgebrochen, versetzt oder an die Anforderungen des Hochwasserschutzes angepasst werden. Die Massnahmen werden von den Eigentümern bzw. in deren Auftrag durchgeführt.
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Zwischen Illmündung und Bodensee queren 10 Brücken den Rhein. Durch die Veränderung der Sohlenlage und den höheren Bemessungsabfluss müssen zwei Brücken angehoben werden. An acht Brücken müssen die Fundamente zur Gewährleistung der Standsicherheit angepasst werden.
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Mehrere Grundwasserfassungen befinden sich derzeit innerhalb der Hochwasserdämme; einige von ihnen müssen durch die Betreiber verlegt oder neu gebaut werden. Es wird sichergestellt, dass die Trinkwasserversorgung während der Bauzeit und nach Projektabschluss gewährleistet ist.
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Der Grundwasserspiegel des Alpenrheins wird nicht wesentlich beeinflusst. Bei Niedrigwasser wird der Grundwasserspiegel tendenziell angehoben. Um bei Hochwasser einen Anstieg des Grundwasserspiegels gegenüber dem Bestand zu verhindern, sind abschnittsweise Drainagen vorgesehen.
-
Der Rhein wird auf der betroffenen Strecke als Erholungsraum deutlich aufgewertet.
In einem «Technischen Bericht zum Gemeinsamen Werk» sind sämtliche Massnahmen detailliert beschrieben. Er dient als technischen Grundlage für den Staatsvertrag.
1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates
1.3.1 Verhältnis zur Legislaturplanung
Das Vorhaben ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 2020 ⁴ zur Legislaturplanung 2019-2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 2020 ⁵ über die Legislaturplanung 2019-2023 angekündigt.
Der Abschluss des vierten Staatsvertrags, der Erlass des Bundesgesetzes über die Regulierung des Rheins von der Illmündung bis zum Bodensee (Alpenrheingesetz) sowie der Kreditbeschluss für die Verbesserung des Hochwasserschutzes auf der Rheinstrecke zwischen Illmündung und Bodensee sind dennoch angezeigt. Damit wird dem verfassungsmässigen Auftrag nach Artikel 76 Absatz 1 und 3 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 ⁶ (BV) für die Abwehr schädigender Einwirkungen des Wassers nachgekommen.
Das Vorhaben ist konform mit allen drei Leitlinien der laufenden Legislaturplanung 2019-2023:
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Die Schweiz sichert ihren Wohlstand nachhaltig: Das Gemeinsame Werk trägt dazu bei, dass die wirtschaftliche Entwicklung des Rheintals durch Hochwasserereignisse nicht übermässig beeinträchtigt ist.
-
Die Schweiz leistet einen Beitrag zur Stärkung der internationalen Zusammenarbeit: Mit dem Gemeinsamen Werk führt sie die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Österreich im vierten Staatsvertrag weiter.
-
Die Schweiz sorgt für Sicherheit und engagiert sich für den Schutz des Klimas: Mit dem gemeinsamen Werk verbessert sie die Hochwassersicherheit für die Menschen im unteren Rheintal.
⁴ BBl 2020 1777
⁵ BBl 2020 1907
⁶ SR 101
1.3.2 Verhältnis zur Finanzplanung
Das Vorhaben ist im Voranschlag 2024 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2025-27 grösstenteils nicht enthalten. Der Finanzbedarf für die Schweiz, um die Massnahmen zum Hochwasserschutz zu realisieren, beläuft sich auf 1040,4 Millionen Franken über 27 Jahre. Davon trägt der Kanton St. Gallen 208,08 Millionen Franken. Im Hochwasserschutzkredit des BAFU bereits für den Alpenrhein bereits vorgesehen sind insgesamt 135 Millionen Franken (oder jährlich 5 Mio. Franken).
Die zusätzlichen Aufwände für den Bund, die noch nicht budgetiert sind oder durch Erträge gedeckt werden, betragen 692,12 Millionen Franken oder durchschnittlich 25,63 Millionen Franken pro Jahr.
Die Grundsätze der Finanzierung und die Darstellung der Finanzplanung sind in Ziffer 5 dargelegt.
1.3.3 Verhältnis zu den Strategien des Bundesrates
Das Gemeinsame Werk verfolgt Ziele in den Bereichen Sicherheit, Umweltschutz und sozioökonomische Anliegen.
Es steht im Einklang mit den Zielen der «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030» ⁷ ,insbesondere mit den folgenden strategischen Stossrichtungen:
-
Die Auswirkungen des Klimawandels koordiniert und auf nachhaltige Weise bewältigen;
-
Siedlungsräume nachhaltig und widerstandsfähig gestalten;
-
Artenvielfalt und genetische Vielfalt erhalten, nachhaltig nutzen, fördern und wiederherstellen.
⁷
www.are.admin.ch
> Nachhaltige Entwicklung > Strategie und Berichterstattung > Strategie Nachhaltige Entwicklung
2 Vorverfahren
2.1 Vorarbeiten
2.1.1 Vorarbeiten zum Hochwasserschutzprojekt
Im Jahr 2005 erschien mit dem Entwicklungskonzept Alpenrhein (EKA) ein länderübergreifendes Gesamtkonzept zur nachhaltigen Entwicklung des Lebens- und Wirtschaftsraums Alpenrheintal. Das EKA machte deutlich, dass am Alpenrhein Hochwasserrisiken bestehen, primär auf der Rheinstrecke zwischen Illmündung und Bodensee.
Gestützt auf diese Erkenntnisse beauftragten das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr und Kommunikation (UVEK) und das österreichische Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Lebensministerium, neue Bezeichnung seit 18. Juli 2022: BML) im Jahr 2009 die IRR, die Planungsarbeiten auf dem kritischen Flussabschnitt zu vertiefen und ein Hochwasserschutzprojekt zu entwickeln.
Daraufhin hat die IRR von 2011 bis 2018 ein Generelles Projekt (entspricht in der Schweiz einem Vorprojekt) erstellt. Im Jahr 2018 wurde das Generelle Projekt den Fachstellen von Bund, österreichischem Lebensministerium, Kanton St. Gallen und Land Vorarlberg zur Stellungnahme unterbreitet.
Von Mitte 2020 bis im Frühjahr 2023 wurden die Planungsarbeiten weitergeführt und bis auf die aktuelle Stufe eines Genehmigungsprojektes (entspricht in der Schweiz dem Auflageprojekt) vertieft.
2.1.2 Vorarbeiten zum Staatsvertrag
Zusammen mit dem Auftrag zur Erarbeitung eines Hochwasserschutzprojektes bestellten die beiden Staaten bei der IRR im Jahr 2009 einen Entwurf für einen neuen Staatsvertrag.
Die IRR stimmte den Vertragsentwurf auf das Generelle Projekt ab und legte den Entwurf für einen vierten Staatsvertrag den beiden Staaten Mitte 2020 als Verhandlungsgrundlage vor (siehe auch Ziff. 2.4).
2.2 Konsultation und Vernehmlassung
2.2.1 Konsultation von Kanton St. Gallen und Land Vorarlberg
Das Hochwasserschutzprojekt wurde von der IRR unter Mitarbeit der Fachstellen von Bund, österreichischem Lebensministerium, Kanton St. Gallen und Land Vorarlberg auf den aktuellen Stand eines Genehmigungsprojektes weiterentwickelt und auf die Genehmigungsverfahren des Kantons St. Gallen und des Landes Vorarlberg abgestimmt.
Der Kanton St. Gallen war in der Verhandlungsdelegation zum Staatsvertrag vertreten. Über die gesamte Zeit der Staatsvertragsverhandlungen fanden regelmässige Treffen zwischen dem Kanton St. Gallen und dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) statt. Die Entwürfe des Staatsvertrags und des Alpenrheingesetzes wurden dem Kanton St. Gallen zudem am 13. Juni 2023 vorgelegt. Die Regierung des Kantons St. Gallen hat dem Staatsvertrag und dem Alpenrheingesetz mit Schreiben vom 28. August 2023 grundsätzlich zugestimmt.
Der Einbezug des Landes Vorarlberg wurde durch das österreichische Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML; neue Bezeichnung seit 18. Juli 2022, vormals Lebensministerium) sichergestellt.
2.2.2 Verzicht auf Vernehmlassungsverfahren
Das Geschäft besteht aus einer Gesetzesvorlage, einem dem Referendum unterliegenden völkerrechtlichen Vertrag und einem Bundesbeschluss zu einem Verpflichtungskredit von 1040,4 Millionen Franken. Letzterer kann als Vorhaben von grosser finanzieller Tragweite qualifiziert werden. Damit besteht das Vorhaben aus drei verschiedenen Gegenständen, zu denen grundsätzlich ein Vernehmlassungsverfahren durchzuführen wäre (Art. 3 Abs. 1
Bst. b, c und d von des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 2005
8
[VlG
]). Auf die Durchführung eines Vernehmlassungsverfahrens wird vorliegend jedoch gestützt auf Artikel 3 a Absatz 1 Buchstabe b VIG verzichtet. Durch ein Vernehmlassungsverfahren sind keine neuen Erkenntnisse zu erwarten, weil die Positionen der interessierten Kreise bereits bekannt sind.
Der wesentlichste neue Inhalt des vierten Staatsvertrags ist die Umsetzung des Gemeinsamen Werks. Die anderen Elemente der früheren Staatsverträge bleiben unverändert oder werden im neuen Staatsvertrag lediglich an die heutigen Rahmenbedingungen angepasst. Der Kanton St. Gallen ist der einzige Kanton, der direkt vom Projekt betroffen ist. Er wurde vollumfänglich in das Projekt einbezogen und konsultiert (vgl. Ziff. 2.2.1).
Angelehnt an Artikel 7 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 1979 ⁹ (RPG) wurden im Rahmen der Mitwirkung und Vernehmlassung alle umliegenden Kantone (AI, AR, GL, GR, SZ, TG und ZH) einbezogen.
Alle weiteren Akteure waren im gesamten Planungsprozess seit 2011 involviert und konnten sich wiederholt zum Projekt äussern. Im Rahmen des Richtplaneintrags hat der Kanton St. Gallen in den Jahren 2021 und 2022 eine Vernehmlassung und Mitwirkung zum Hochwasserschutzprojekt durchgeführt. Das Hochwasserschutzprojekt Alpenrhein wurde durch die Regierung des Kantons St. Gallen am 7. Februar 2023 in den kantonalen Richtplan aufgenommen.
Die direkt betroffenen Gemeinden und Städte befinden sich alle im Kanton St. Gallen. Sie wurden vom Kanton im Rahmen seiner eigenen Vernehmlassung konsultiert.
Neue Erkenntnisse sind nicht zu erwarten, da die interessierten Kreise ihre Positionen während der Variantenuntersuchungen und Projekterarbeitung einbringen konnten. Insbesondere die Forderungen der Umweltschutzorganisationen sind bekannt; sie beziehen sich vor allem auf die konkrete Ausführung des Bauwerks.
Die Bestimmungen des Bundesgesetzes stehen in direktem Zusammenhang mit dem Staatsvertrag und betreffen hauptsächlich die Beziehungen zwischen dem Bund und dem Kanton St. Gallen als Grundeigentümer.
Der Kreditbeschluss ist mit dem Staatsvertrag verbunden. Die politische Beurteilung der Angemessenheit der Projektkosten liegt zudem vor allem in der Hand der Bundesversammlung.
Gemäss VIG soll ein Vernehmlassungsverfahren Aufschluss über die sachliche Richtigkeit, die Vollzugstauglichkeit und die Akzeptanz eines Vorhabens des Bundes geben (Art. 2 Abs. 2 VlG). Angesichts des langjährigen und breit angelegten Beteiligungs- und Konsultationsprozesses würde eine Vernehmlassung im konkreten Fall zu diesem Zweck nicht beitragen.
Die Dämme sind in einem schlechten Zustand, und die lokale Bevölkerung erwartet zu ihrer eigenen Sicherheit, dass die Bauarbeiten so schnell wie möglich beginnen können. Auch Österreich und Vorarlberg haben diese Haltung zum Ausdruck gebracht.
⁸ SR 172.061
⁹ SR 700
2.3 Regulierungsfolgenabschätzung
Zum Erlass des Alpenrheingesetzes wurde keine Ex-ante-Analyse der volkswirtschaftlichen Auswirkungen (Regulierungsfolgeabschätzung, RFA) durchgeführt. Die Voruntersuchung legte den Verzicht auf eine umfassende Regulierungsfolgenabschätzung nahe, weil das neue Gesetz im Wesentlichen der bestehenden Handhabung entspricht.
Der Quick-Check zeigte auch, dass die Auswirkungen des Gesetzes auf Bund, Kantone und Gemeinden gering sind, da insbesondere der Kostenteiler zwischen Bund und Kanton St. Gallen schon heute gilt.
Der Quick-Check ergibt überdies, dass Unternehmen, Konsumentinnen und Konsumenten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht von der neuen gesetzlichen Regelung betroffen sind.
2.4 Verlauf der Staatsvertragsverhandlungen und Verhandlungsergebnis
2.4.1 Verlauf
Ab September 2020 fanden informelle Gespräche zwischen der Schweiz und Österreich statt. Der Bundesrat verabschiedete sein Verhandlungsmandat am 11. August 2021. Zwischen Oktober 2021 und September 2023 fanden zehn Verhandlungssitzungen statt.
Die Schweizer Delegation wurde vom BAFU geleitet und umfasste Vertreterinnen und Vertreter der Direktion für Völkerrecht (DV), der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) und des Kantons St. Gallen.
Die folgenden Stellen wurden im Laufe der Verhandlungen zu spezifischen Punkten einbezogen: Der Staatsekretariat des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten EDA (Abteilung Europa), die Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV), das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG), das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und das Bundesamt für Justiz (BJ).
Die aussenpolitischen Kommissionen wurden zu diesem Geschäft nicht konsultiert, da es aus aussenpolitischer Sicht nur von geringer Bedeutung ist.
Die österreichische Delegation unterstand dem BML. Das Land Vorarlberg war ebenfalls beteiligt.
Der neue Staatsvertrag wird voraussichtlich am 17. Mai 2024 von Bundesrat Albert Rösti in Widnau-Lustenau unterzeichnet.
2.4.2 Ziele des Verhandlungsmandates
Die Schweizer Delegation verfolgte in ihren Verhandlungen die folgenden Ziele:
-
Die Schweiz wollte ein Abkommen abschliessen, das die vorherigen Abkommen (1892, 1924 und 1954) ergänzt, aber nicht ersetzt.
-
Das Abkommen sollte eine Erhöhung der Abflusskapazität des Rheins von 3100 m³/s auf 4300 m³/s von Rheinkilometer 65,0 (Mündung der Ill) bis Rheinkilometer 91,0 (Mündung in den Bodensee) vorsehen.
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Für den Fall eines grösseren Hochwassers sollte das Abkommen eine Lösung vorsehen, die sicherstellt, dass die Dämme nicht unkontrolliert kollabieren.
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Das Abkommen sollte eine Neudefinierung und Klärung der Strukturen der IRR (Organe und Zuständigkeiten) beinhalten, der IRR die Rechtspersönlichkeit des öffentlichen Rechts verleihen und die Beibehaltung ihres Sitzes in der Schweiz vorsehen.
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Die Gesamtkosten des Projektes (exkl. Mehrwertsteuer) sollten von der Schweiz und Österreich zu gleichen Teilen getragen werden.
-
Es sollte eine ausgewogene Lösung bezüglich der Mehrwertsteuer gefunden werden, die eine Beteiligung der Schweiz an der Finanzierung der österreichischen Mehrwertsteuer ausschliesst.
2.4.3 Herausforderungen und Ergebnis
Die Ziele der Schweizer Verhandlungsdelegation wurden erreicht, und es wurde eine gut ausgewogene Vereinbarung getroffen.
Zur Anpassung von bestehenden Infrastrukturanlagen (Trinkwasserversorgungsanlagen, Brücken, etc.) konnten pauschale Beteiligungen vereinbart werden. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass Entschädigungen für Eingriffe in Rechte, die gerichtlich festgesetzt oder vom bilateralen Ausschuss der IRR einvernehmlich beschlossen wurden, zu den Kosten für das Projekt gehören (zur Organisation der IRR siehe Ziff. 3.2). Entsprechend dem Anliegen der Schweiz sollten somit alle Massnahmen, die für die Genehmigungsfähigkeit des Projekts notwendig sind, durch Mittel des Projektes finanziert werden.
Die Schweiz hat sich bereit erklärt, auch die Erhaltung der Vorstreckung in den Bodensee dem neuen Abkommen zu unterstellen. Dieses Bauwerk sorgt dafür, dass die vom Rhein mitgeführten Sedimente sich im tieferen See ablagern können. Die gemeinsame nachhaltige Finanzierung dieses für die Funktion des gesamten Bauwerks wesentlichen Elements ist aus technischer Warte sinnvoll. Die Lösung verhindert zudem, dass sich die Schweiz an der Finanzierung der österreichischen Mehrwertsteuer für die Instandhaltung der Vorstreckung beteiligt - was auf der Grundlage der alten Abkommen der Fall gewesen wäre.
Die Nettokosten (ohne Mehrwertsteuer) und der Nutzen der Massnahmen sowie die verbleibenden Risiken sind insgesamt gleichmässig zwischen beiden Staaten aufgeteilt (siehe Ziff. 5).
Die beiden Delegationen haben sich schliesslich darauf geeinigt, dass die Geschäftsführung während der Bauzeit aus ein bis zwei Personen bestehen kann. Dies bedeutet, dass während der Bauzeit genügend Ressourcen zur Verfügung stehen, was aufgrund des grossen Bauvolumens sinnvoll sein kann. Nach Abschluss der Bauarbeiten wird die Geschäftsführung jedoch nur noch aus einer Person bestehen.
Ebenfalls konnten sich die Delegationen einigen in der Frage des Sitzes: Der Sitz der IRR bleibt auch zukünftig in der Schweiz.
3 Grundzüge und Erläuterungen zum Staatsvertrag
Die Erläuterungen zum vierten Staatsvertrag der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich über die Verbesserung des Hochwasserschutzes am Rhein von der Illmündung bis zum Bodensee wurden gemeinsam mit den österreichischen Vertreterinnen und Vertretern der Verhandlungsdelegation formuliert. Damit ist sichergestellt, dass beide Staaten den Vertrag gleich auslegen.
3.1 Die beantragte Neuregelung
Der Schwerpunkt des neuen Staatsvertrags liegt auf dem neuen, gemeinsam zu errichtenden Hochwasserschutzprojekt und der Instandhaltung des Rheingerinnes zwischen Illmündung und Bodensee.
Mit der Umsetzung des Gemeinsamen Werks soll weiterhin die gemeinsame Organisation der IRR betraut werden. Aufgrund des grossen Umfangs des Vorhabens - ein Projekt mit einem Gesamtbauprogramm von 27 Jahren und Kosten von insgesamt über als zwei Milliarden Franken - muss die Struktur der bestehenden IRR an die neuen Bedürfnisse angepasst werden.
Der Vertrag besteht aus sechs Abschnitten, die sich auf unterschiedliche Aspekte der gemeinsamen Arbeiten beziehen: Die technischen Grundlagen des Gemeinsamen Werks; Regelungen zu dessen Finanzierung; die gemeinsame Organisation beider Staaten; allgemeine Rechte und Pflichten; Regelungen zu den Unterhaltsarbeiten sowie Übergangs- und Schlussbestimmungen.
3.2 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln
Art. 1
Gemeinsames Werk
Die bestehenden Anlagen schützen bis zu einem 100-jährlichen Hochwasserereignis, dies entspricht einem Abfluss von 3100 m³/s. Durchgeführte Untersuchungen kamen zum Ergebnis, dass dieses Schutzniveau insbesondere auf der Rheinstrecke zwischen der Illmündung (Rheinkilometer 65,0) und dem Bodensee (Rheinkilometer 91.0) unzureichend ist und dort im Falle eines 300-jährlichen Hochwassers, dies entspricht einem Abfluss von 4300 m³/s, zahlreiche Todesopfer sowie Sachschäden von rund 13,5 Milliarden Schweizerfranken zu erwarten wären. Eine von der Gemeinsamen Rheinkommission (GRK) veranlasste Machbarkeitsuntersuchung kam zum Ergebnis, dass unter Berücksichtigung von Verhältnismässigkeit und Wirtschaftlichkeit eine Kapazitätserhöhung auf 4300 m³/s durch flussbautechnische Massnahmen sowohl notwendig als auch technisch umsetzbar ist ( vgl. dazu Ziff. 1 der vorliegenden Botschaft ).
Gegenstand des vorliegenden Staatsvertrages ist daher die Verbesserung des Hochwasserschutzes auf der Rheinstrecke zwischen der Illmündung (Rheinkilometer 65,0) und dem Bodensee (Rheinkilometer 91,0), insbesondere durch Erhöhung der Abflusskapazität von 3100 m³/s auf 4300 m³/s («Gemeinsames Werk»). Das Gemeinsame Werk umfasst dabei alle Massnahmen, die in der technischen Grundlage (vgl. Art. 2) dargestellt sind. Zur Verbesserung des Hochwasserschutzes auf der genannten Strecke sind zum Teil auch Massnahmen ausserhalb dieser Strecke erforderlich (etwa Geschiebeentnahmen).
Art. 2
Technische Grundlage
In der im Zuge der Staatsvertragsverhandlungen erarbeiteten bzw. fertiggestellten technischen Grundlage zum Staatsvertrag (Technischer Bericht zum Gemeinsamen Werk vom 19. September 2023) sind sämtliche Massnahmen dargestellt, auf deren Umsetzung und gemeinsame Finanzierung sich die Vertragsstaaten geeinigt haben.
Im Rahmen der nationalen Genehmigungsverfahren oder der Ausführung des Projekts kann sich die Notwendigkeit zur Abänderung des Gemeinsamen Werks ergeben. Die Befugnisse zur Änderung des Gemeinsamen Werks werden bei den Erläuterungen zu den entsprechenden Organkompetenzen näher dargestellt (vgl. Art. 5 Abs. 2, Art. 8 Abs. 3 lit. h und Art. 9 Abs. 4).
Art. 3
Bauprogramm
Das Gesamtbauprogramm sieht eine Zeitdauer von 2 Jahren für die Genehmigungsverfahren, eine Bauzeit von 20 Jahren sowie eine voraussichtlich fünfjährige Überwachung der umgesetzten Massnahmen nach Bauabschluss vor. Insgesamt ergibt dies eine voraussichtliche Zeitdauer von 27 Jahren seit dem Inkrafttreten des Staatsvertrags bis zur Fertigstellung des Gemeinsamen Werks (Jahr 2052). Zur Fertigstellung des Gemeinsamen Werks vgl. die Erläuterungen zu Artikel 19.
Variantenuntersuchungen betreffend den Bauablauf haben gezeigt, dass bei einer Bauzeit von 20 Jahren die Belastungen für Anwohnerinnen und Anwohner die Auswirkungen auf angrenzende Infrastrukturen wie Wasser-, Strom- und Gasversorgung und die Anzahl der erforderlichen Transporte möglichst geringgehalten werden können. Zudem dient der vorgesehene Bauablauf auch der Optimierung der Kosten und der Finanzierbarkeit des Gemeinsamen Werks.
Die Detailplanung während der Ausführung erfolgt durch die jährlich von der Geschäftsführung zu erlassenden Jahresarbeitsprogramme samt Jahresbudget sowie die im Sinne einer rollenden Planung jährlich zu erstellenden mittelfristigen Bauprogramme samt Finanzplan für die nächsten fünf Geschäftsjahre (vgl. Art. 9 Abs. 6).
Art. 4
Kosten
In Absatz 1 werden die kalkulierten Nettokosten für die Umsetzung des Gemeinsamen Werks angegeben (zur Regelung betreffend Mehrwertsteuer vgl. die Erläuterungen zu Art. 5). Dieser Betrag umfasst die ab Inkrafttreten des Staatsvertrags bis zur prognostizierten Fertigstellung des Gemeinsamen Werks anfallenden Kosten. Entsprechend dem Zeitplan (vgl. Ziff. 5.3 der vorliegenden Botschaft) handelt es sich daher um die bis zur voraussichtlichen Fertigstellung des Gemeinsamen Werks im Jahr 2052 anfallenden Nettokosten.
Die Kosten für die gemeinsame Erhaltung nach Fertigstellung des Gemeinsamen Werkes sind darin nicht enthalten (siehe dazu die Erläuterungen zu Art. 19).
Eine nähere Darstellung der im Zuge der Staatsvertragsverhandlungen erstellten Kostenermittlung findet sich im «Technischen Bericht zum Gemeinsamen Werk» gemäss Artikel 2.
Abs. 2 lit. a: Diese Litera umfasst die Organisationskosten der IRR in Form von Personal- und Sachkosten.
Abs. 2 lit. b: Die Planungen zur Ausarbeitung des Genehmigungsprojekts erfolgten auf Grundlage der bereits bestehenden Staatsverträge; die diesbezüglichen Kosten fallen daher nicht unter den gegenständlichen Staatsvertrag. Es sind aber auch nach Inkrafttreten dieses Staatsvertrages noch weitere Detail- und Ausschreibungsplanungen erforderlich. Die hierfür anfallenden Kosten zählen zu den Kosten des Gemeinsamen Werks.
Abs. 2 lit. c: Diese Litera umfasst die Kosten für die Bau- und sonstigen Ausführungsmassnahmen.
Abs. 2 lit. d: Zu den Kosten des Gemeinsamen Werks zählen auch die in Abs. 3 genannten Kostenbeteiligungen an Begleitmassnahmen.
Abs. 2 lit. e: Diese Litera beinhaltet die Kosten für Entschädigungen für Eingriffe in Rechte Dritter gemäss Abs. 4.
Abs. 2 lit. f: Die Überwachung und Erhaltung der im Rahmen der Umsetzung des Gemeinsamen Werks sanierten bzw. neu errichteten Anlagen zählt zu den Kosten des Gemeinsamen Werks bis der Bilaterale Ausschuss (vgl. dazu auch die Erläuterungen zu Art. 8) die Fertigstellung des Gemeinsamen Werks festgestellt hat (vgl. auch Erläuterungen zu Art. 19).
Abs. 2 lit g: Die Kostenermittlung ist bei einem Projekt dieser Grössenordnung immer mit gewissen Unsicherheiten behaftet. Im Sinne einer möglichst realistischen Kostendarstellung wurden daher Risiken und Chancen, die zu einer Kostenerhöhung bzw. -reduktion führen könnten, ermittelt und nach ihrer jeweiligen Eintrittswahrscheinlichkeit gewichtet.
Abs. 2 lit. h: Die Kosten des Gemeinsamen Werks wurden auf der Preisbasis 31. Dezember 2021 ermittelt. Durch die lange Projektdauer kommt dem Faktor Teuerung eine grosse Bedeutung zu. Im Sinne einer möglichst transparenten Darstellung der tatsächlich anfallenden Kosten und unter Berücksichtigung der Preisentwicklung in beiden Vertragsstaaten beinhalten die in Absatz 1 dargestellten Kosten des Gemeinsamen Werks auch eine prognostizierte Teuerung von jährlich 2 Prozent (vgl. dazu auch die Erläuterungen zu Abs. 5).
Abs. 3: Im Rahmen der Umsetzung des Gemeinsamen Werks müssen Infrastruktureinrichtungen Dritter angepasst oder versetzt werden. Die Vorgangsweise richtet sich grundsätzlich nach den bestehenden Verträgen zwischen den Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern und Dritten.
Im Rahmen der Staatsvertragsverhandlungen wurde beschlossen, dass sich die Vertragsstaaten an den Kosten der für das Gemeinsame Werk notwendigen Begleitmassnahmen an den konkret in Absatz 3 genannten Infrastrukturanlagen mit den angeführten Pauschalbeträgen beteiligen.
Für die Bemessung der Pauschalen wurden hinsichtlich der Brücken für Hebungen eine Kostenbeteiligung von rund 35 Prozent der Kostenermittlung, für die Verstärkung der Fundation eine Beteiligung von 100 Prozent der Kostenermittlung vorgesehen. Sofern die Pauschale höher liegt als die tatsächlich angefallenen Kosten, erfolgt die Kostenbeteiligung für die Verstärkung der Fundation maximal in der Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten.
Hinsichtlich der Trinkwasserversorgungsanlagen samt Anlagen zur Bereitstellung von Ersatzwasser während der Bauphase beteiligen sich die Vertragsstaaten mit pauschalen Beiträgen in der Höhe von rund 35 Prozent der Kostenermittlungen, wenn die Massnahme eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt:
-
Der Neubau des Grundwasserpumpwerks und der Transportleitungen ist notwendig für die Ersatzwasserversorgung im gesamten Projektperimeter. Durch sie wird trotz der Nutzungsunterbrechungen der rheinnahen Grundwasserfassungen während des Baus die Trinkwasserversorgung im gesamten Projektperimeter in Bezug auf Qualität und Quantität sichergestellt.
-
Die Verlegung von Grundwasserfassungen ist notwendig, um das Gerinne in relevantem Umfang aufzuweiten und so die erforderliche Abflusskapazität zu gewährleisten oder den möglichst natürlichen Verlauf des Flusses zu erreichen.
Qualitative und quantitative Verbesserungen und Erweiterungen der Trinkwasserversorgungen werden nicht über den Staatsvertrag mitfinanziert.
Die Kosten für die Begleitmassnahmen wurden - wie auch die übrigen Kosten des Gemeinsamen Werks - auf Preisbasis 31. Dezember 2021 ermittelt. Die angeführten Beträge der Kostenbeteiligung steigern sich im Ausmass Teuerung, die der nachweislich auf die Erhöhung des in Absatz 5 litera a angeführten Index zurückzuführen ist. Die Kostenbeteiligung setzt voraus, dass die tatsächlich umgesetzten Begleitmassnahmen durch die Vorlage entsprechender Rechnungen nachgewiesen wurden. Teilzahlungen sind möglich. Somit ist gewährleistet, dass die Infrastrukturbetreiber den Betrag von der IRR zeitnah nach Leistungserbringung erhalten.
Die Kostenbeteiligung an Infrastruktureinrichtungen, die ausschliesslich auf dem Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft liegen, erfolgt in Schweizerfranken, jene an den ausschliesslich in Österreich gelegenen Infrastruktureinrichtungen in Euro. Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Brücken existieren interne Vereinbarungen zwischen den österreichischen und schweizerischen Infrastrukturbetreibern betreffend die Erhaltung; die Kostenbeteiligung erfolgt abhängig vom Sitz jenes Infrastrukturbetreibers, der im Innenverhältnis für die Erhaltung zuständig ist, entweder in Schweizerfranken oder in Euro. Die hier angeführten Eurobeträge wurden mit dem Devisenmittelkurs der Schweizerischen und Oesterreichischen Nationalbank per Stichtag 31. Dezember 2021 (1,0335 CHF/EUR) umgerechnet. Durch das einheitliche Abstellen auf die jeweilige Preisbasis und den Umrechnungskurs zum Stichtag 31. Dezember 2021 und die einheitliche Berücksichtigung der Teuerung gemäss Absatz 5 litera a wird eine Gleichbehandlung der betroffenen Infrastruktureinrichtungen sichergestellt.
Abs. 4: Entschädigungen für Eingriffe in Rechte Dritter zählen nur dann zu den Kosten des Gemeinsamen Werks, wenn sie gerichtlich festgesetzt oder vom Bilateralen Ausschuss beschlossen wurden (vgl. Art. 8 Abs. 3 lit. g).
Abs. 5: Nachweislich teuerungsbedingte Kostensteigerungen zählen auch dann zu den Kosten des Gemeinsamen Werks, wenn die Kostensteigerungen über der Prognose von jährlich 2 Prozent liegen sollten. In litera a und b werden die massgebenden Indizes angeführt. Zur Kontrolle, dass Kostensteigerungen tatsächlich auf eine Erhöhung der genannten Indizes zurückzuführen sind, wurde ein Beschlusserfordernis des Bilateralen Ausschusses normiert (vgl. Art. 8 Abs. 3 lit. i). Für den Fall, dass die tatsächliche Teuerung unter der Prognose von jährlich 2 Prozent liegen sollte, wird darauf hingewiesen, dass jedenfalls nur die tatsächlich angefallenen Kosten getragen werden (vgl. Art. 5 Abs. 1).
Art. 5
Kostentragung
Bereits die Staatsverträge von 1892, 1924 und 1954 sahen vor, dass die Kosten für die Errichtung der bestehenden Werke von beiden Vertragsstaaten zu gleichen Teilen getragen werden.
Zudem haben Untersuchungen gezeigt, dass im Fall eines 300-jährlichen Hochwassers oder eines darüberhinausgehenden Extremhochwassers das Schadenspotenzial in beiden Vertragsstaaten in etwa gleich hoch ist, sodass die Vertragsstaaten im gleichen Ausmass von der Umsetzung des Gemeinsamen Werks profitieren. Die bei der Umsetzung des Gemeinsamen Werks in beiden Vertragsstaaten anfallenden Kosten sind ebenfalls in etwa gleich hoch.
Vor diesem Hintergrund haben sich die Vertragsstaaten darauf geeinigt, dass die Nettokosten des Gemeinsamen Werks zu gleichen Teilen getragen werden.
Wie bereits ausgeführt, beruht der in Artikel 4 Absatz 1 angeführte Betrag auf einer möglichst transparenten und umfassenden Kostenermittlung samt Risikokalkulation und Teuerungsprognose. Für den Fall, dass sich die Kostenermittlung in ihrer Gesamtheit als zu hoch erweisen sollte, stellt Absatz 1 klar, dass die Vertragsstaaten jedenfalls nur die tatsächlich angefallenen Kosten tragen.
Trotz der sorgfältigen Kostenermittlung kann auch eine Überschreitung der kalkulierten Kosten nie gänzlich ausgeschlossen werden. Absatz. 2 bietet eine Grundlage für die Übernahme der über die ermittelten Kosten gemäss Artiekl4 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 5 hinausgehenden Mehrkosten, die sich bei der Umsetzung des Gemeinsamen Werks ergeben. Diese Mehrkosten müssen allerdings von den Vertragsstaaten anerkannt werden, damit sie im Rahmen des Gemeinsamen Werks zu gleichen Teilen getragen werden.
Blosse Verschiebungen zwischen einzelnen Kostenpositionen ohne Überschreitung des Gesamtbetrags nach Artikel 4 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 5 fallen nicht unter Artikel 5 Absatz 2. Derartige Verschiebungen werden nach Artikel 8 Absatz 3 lit. h und i vom Bilateralen Ausschuss behandelt.
Da die IRR nicht von der Mehrwertsteuer befreit ist, sind von dieser bezogene Leistungen mit der Mehrwertsteuer desjenigen Staates belastet, in welchem sie mehrwertsteuerlich als erbracht gelten (Leistungsortprinzip). Vor diesem Hintergrund bestimmt Absatz 3, dass die Mehrwertsteuer alleine von dem Staat getragen wird, in dem sie anfällt, da sie ohnehin wieder an diesen Staat zurückfliesst.
Art. 6
Abrechnungssystem und Leistungsbewertung
Hier werden die näheren Modalitäten für die Zahlungsabwicklung geregelt.
Die Mitgliedsstaaten haben ihre Zahlungen auf Anforderung der IRR zu leisten. Die IRR darf jedoch nur jene Zahlungen anfordern, die nach Massgabe des Jahresarbeitsprogrammes und des Baufortschrittes erforderlich sind.
Aufgrund der laufenden Planung (vgl. Art. 9 Abs. 6 zu den Jahresarbeitsprogrammen samt Jahresbudget sowie den mittelfristigen Bauprogrammen samt Finanzplan für die nächsten fünf Geschäftsjahre) ist sichergestellt, dass die Vertragsstaaten stets über die Höhe der in den nächsten fünf Jahren zu erwartenden Kosten informiert sind.
Die Leitwährung der IRR ist der Schweizerfranken, und die von den Vertragsstaaten zu leistenden Aufwendungen werden anlässlich der Jahresabrechnungen gesondert in SchweizerFranken ermittelt. Um das Kursrisiko abzufedern und Nachteile für einen Vertragsstaat bei der Umrechnung möglichst zu vermeiden, wird bei der Umrechnung gemäss Absatz 2 nicht auf den Wechselkurs zu einem bestimmten Stichtag abgestellt, sondern auf den Devisenmittelkurs für das jeweilige Geschäftsjahr.
Art. 7
Internationale Rheinregulierung
Für die IRR soll aufgrund des erheblich gewachsenen Aufgabenkreises eine zeitgemässe Organisation geschaffen werden, bei der die Kompetenzen der einzelnen Organe klar geregelt sind und auch ausreichende Kontrollmechanismen bestehen. Die neue Organisation orientiert sich am bewährten Aufbau privatrechtlicher Gesellschaften.
Die Einzelheiten zur Organisation der Organe der IRR sind von diesen gemäss Absatz 5 in Geschäftsordnungen zu regeln. Hinsichtlich der Beschlussfassung betreffend die Geschäftsordnung des Bilateralen Ausschusses bzw. des Aufsichtsrates gelten die Bestimmungen von Artikel 8 Absatz 2 bzw. von Artikel 10 Absatz 3. Sollte die Geschäftsführung aus zwei Mitgliedern bestehen, obliegt die Beschlussfassung betreffend die Geschäftsordnung der Geschäftsführung beiden Mitgliedern gemeinsam. Die Geschäftsordnungen der Geschäftsführung und des Aufsichtsrates sind zudem gemäss Artikel 8 Absatz 3 litera c und d vom Bilateralen Ausschuss zu genehmigen.
Die neu errichtete IRR übernimmt gemäss Absatz 6 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge sämtliche Rechte und Pflichten der auf Grundlage der alten Staatsverträge eingerichteten gemeinsamen Organisation. Da somit insbesondere sämtliche Arbeitsverträge sowie alle Verträge mit Dritten übernommen werden, ist ein reibungsloser Übergang sichergestellt.
Art. 8
Bilateraler Ausschuss
Beim Bilateralen Ausschuss handelt es sich um das mit Vertreterinnen und Vertretern der Vertragsstaaten besetzte Leitungsorgan der IRR. Ihm werden die grundlegenden und bedeutenden Entscheidungen im Rahmen der Umsetzung des Gemeinsamen Werks übertragen.
Mindestens ein Mitglied des Bilateralen Ausschusses muss dem österreichischen BML und dem schweizerischen BAFU angehören. Dem Bilateralen Ausschuss können jeweils auch je eine Vertreterin oder ein Vertreter des Landes Vorarlberg und des Kantons St. Gallen angehören.
Der Bilaterale Ausschuss gibt sich gemäss Artikel 8 Absatz 3 litera a eine Geschäftsordnung, in welcher die Organisation dieses Organs und die Zusammenarbeit seiner Mitglieder geregelt sind. Eine allfällige Entschädigung für die Mitglieder des Bilateralen Ausschusses für ihre Tätigkeit richtet sich nach den nationalen Regelungen des jeweiligen Vertragsstaates, der das Mitglied bestellt hat, und ist von diesem zu tragen.
Abs. 3 lit. b: Mit dieser Bestimmung wird klargestellt, dass der Bilaterale Ausschuss - als das mit den Vertretern der Vertragsstaaten besetzte Leitungsorgan der IRR - die Aufsicht über die Geschäftsführung ausübt und dieser auch Weisungen erteilen kann.
Die IRR unterliegt zudem der Finanzaufsicht durch die Eidgenössische Finanzkontrolle und der Gebarungskontrolle des Rechnungshofes Österreich nach den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften. Die Eidgenössische Finanzkontrolle und der Rechnungshof Österreich können einander - wie nach der bisher gelebten Praxis - bei der Aufgabenerfüllung unterstützen, indem etwa Prüf- bzw. Kontrollberichte zeitnah ausgetauscht oder eine Beiziehung von Vertreterinnen und Vertretern der jeweils anderen Kontrolleinrichtung bei eigenen Prüfungen erfolgt.
Abs. 3 lit. f: Da es zwischen der Fertigstellung des Technischen Berichtes gemäss Artikel 2 Absatz 1 und dem Zeitpunkt der Einreichung des Gemeinsamen Werks bei den nationalen Behörden noch zu technischen Adaptierungen kommen kann, hat der Bilaterale Ausschuss die Einreichung zu genehmigen.
Im Rahmen der Genehmigungsverfahren kann sich die Notwendigkeit zur Änderung des Gemeinsamen Werks ergeben. Daher hat der Bilaterale Ausschuss - auf der Grundlage einer aktualisierten Kostendarstellung - auch die Umsetzung des (geänderten) Gemeinsamen Werks zu genehmigen. Sollten allfällige Änderungen zu einer Überschreitung der Kosten gemäss Artikel 4 führen, bedarf es allerdings einer Befassung der Vertragsstaaten (vgl. Abs. 3 lit. j iVm Art. 5 Abs. 2).
Bis zur Genehmigung der Umsetzung des Gemeinsamen Werks durch den Bilateralen Ausschusses darf mit der Umsetzung nicht begonnen werden. Vorbereitungshandlungen für die Umsetzung, insbesondere die Vorbereitung der Ausschreibung der zu vergebenden Aufträge, sind zulässig.
Abs. 3 lit. g: Entschädigungen für Eingriffe in Rechte können im Rahmen des Gemeinsamen Werks, sofern sie nicht gerichtlich festgesetzt wurden, nur nach Beschluss des Bilateralen Ausschusses geleistet werden (vgl. bereits bei Art. 4 Abs. 4).
Abs. 3 lit. h: Die Genehmigungskompetenz des Bilateralen Ausschusses für Änderungen und Ergänzungen des Gemeinsamen Werks reicht nur soweit, als die Gesamtkosten gemäss Artikel 4 nicht überschritten werden. Innerhalb dieser Grenze bedürfen jene grundlegenden Änderungen und Ergänzungen des Gemeinsamen Werks einer Genehmigung des Bilateralen Ausschusses, die Ziel und Zweck desselben (vgl. Art. 1) beeinträchtigen können oder deren Genehmigung sich der Bilaterale Ausschuss vorbehalten hat; sonstige Änderungen liegen in der Kompetenz der Geschäftsführung (vgl. Art. 9 Abs. 4; gegebenenfalls mit Zustimmung des Aufsichtsrats gemäss Art. 10 Abs. 5). Bei Überschreitung der Kosten gemäss Art. 4 bedarf es einer Befassung der Vertragsstaaten (vgl. wiederum Abs. 3 lit. j iVm Art. 5 Abs. 2).
Abs. 3 lit. i: Das von der Geschäftsführung im Sinne einer rollenden Planung jährlich zu erstellende mittelfristige Bauprogramm samt Finanzplan für die nächsten fünf Geschäftsjahre (vgl. Art. 9 Abs. 6) bedarf der Genehmigung des Bilateralen Ausschusses. Der Bilaterale Ausschuss hat dabei auch zu prüfen, ob die ausgewiesene Teuerung tatsächlich auf eine Erhöhung der in Artikel 4 Absatz 5 genannten Indizes zurückzuführen ist und die teuerungsbedingte Kostensteigerung daher im Rahmen des Gemeinsamen Werks übernommen wird.
Abs. 3 lit. j: Werden die Kosten gemäss Artikel 4 überschritten, bedarf es jedenfalls einer Befassung der Vertragsstaaten (vgl. bereits bei Abs. 3 lit. f und h sowie Art. 5 Abs. 2).
Abs. 3 lit. k: Die Fertigstellung des Gemeinsamen Werks ist vom Bilateralen Ausschuss festzustellen. Ab diesem Zeitpunkt fallen nur noch Erhaltungsarbeiten an (siehe dazu Art. 19).
Art. 9
Geschäftsführung
Die Geschäftsführung ist das operative Ausführungsorgan der IRR, das die täglichen Geschäfte im Rahmen der Umsetzung des Gemeinsamen Werks führt.
Während der Umsetzungsphase bis zur Fertigstellung des Gemeinsamen Werks sind bis zu zwei Geschäftsführerinnen oder Geschäftsführer vorgesehen. Die Entscheidung hierüber liegt beim Bilateralen Ausschuss, der die Geschäftsführung ernennt. In der Erhaltungsphase wird ein Geschäftsführer als ausreichend betrachtet.
Ein wichtiger Grund, der gemäss Absatz 2 zur Abberufung eines Mitglieds der Geschäftsführung führt, wäre - neben den angeführten Beispielen - unter anderem auch ein entsprechendes Verlangen des jeweiligen Mitglieds oder eine lang andauernde Arbeitsunfähigkeit.
Insofern die Geschäftsführung aus zwei Mitgliedern besteht, hat sie gemäss Abs. 3 in ihrer Geschäftsordnung eine Ressortverteilung festzulegen. Diesbezüglich besteht insoweit eine Kontrolle des Bilateralen Ausschusses, als dieser die Geschäftsordnung der Geschäftsführung zu genehmigen hat (vgl. Art. 8 Abs. 3 lit. c).
Damit die IRR im Fall eines formellen oder faktischen Fehlens der Geschäftsführung nicht handlungsunfähig ist, hat der Bilaterale Ausschuss in dringenden Fällen interimistisch eine geeignete Person mit der Geschäftsführung zu betrauen.
Die Geschäftsführung ist zu Änderungen des Gemeinsamen Werks nur befugt, als diese nicht in die Kompetenz des Bilateralen Ausschusses (vgl. Art. 8 Abs. 3 lit. h) fallen und insofern es nicht zu einer Überschreitung der Kosten gemäss Art. 4 kommt (vgl. dazu bereits Art. 5 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 3 lit. j); in den Fällen nach Artikel 10 Absatz 5 ist zudem die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich.
Zu Absatz 5 vgl. die Erläuterungen zu Artikel 8 Absatz 3 litera f.
Der Geschäftsführung obliegt gemäss Absatz 6 die Detailplanung sowohl hinsichtlich der Bauausführung als auch hinsichtlich des Budgets. Dazu erstellt die Geschäftsführung jährlich ein Jahresarbeitsprogramm samt Jahresbudget sowie im Sinne einer rollenden Planung ein mittelfristiges Bauprogramm samt Finanzplan für die nächsten fünf Geschäftsjahre (vgl. auch Art. 3, Art. 6 Abs. 1, Art. 8 Abs. 3 lit. i und Art. 10 Abs. 4 lit. c).
Art. 10
Aufsichtsrat
Dem Aufsichtsrat obliegt als Kontrollorgan der IRR im Wesentlichen die Kontrolle der Geschäftsführung. Zudem bedürfen gemäss Absatz 5 bestimmte - kostenrelevante Geschäfte der Zustimmung des Aufsichtsrates. Durch die Einrichtung eines Aufsichtsrates wird sichergestellt, dass die Finanzmittel der Vertragsstaaten effektiv, sparsam und zweckmässig eingesetzt werden.
Ein wichtiger Grund, der gemäss Absatz 2 zur Abberufung eines Mitglieds des Aufsichtsrats führt, wäre - neben den angeführten Beispielen - unter anderem auch ein entsprechendes Verlangen des jeweiligen Mitglieds oder eine lang andauernde Arbeitsunfähigkeit (vgl. bereits Erläuterungen zu Art. 9 Abs. 2). Im Falle einer Abberufung erfolgt die Bestellung eines neuen Mitglieds für den Rest der Funktionsperiode.
Absatz 3: Umfasst der Aufsichtsrat sechs Mitglieder, ist er bei Teilnahme von fünf Mitgliedern beschlussfähig.
Zu Absatz 4 lit. b vgl. die Erläuterungen zu Artikel 12.
Zu Absatz 4 lit. c vgl. die Erläuterungen zu Artikel 9 Abs. 6.
Bei Aufträgen des Aufsichtsrates an Dritte zur Prüfung der Jahresabrechnung (vgl. Art. 10 Abs. 4 lit. d iVm Art. 12 Abs. 2) oder sonst zur Prüfung der Geschäftsführung (vgl. Art. 10 Abs. 6) sind die Bestimmungen für die Vergabe von Aufträgen gemäss Artikel 13 zu beachten.
Art. 11
Sorgfaltspflichten und Haftung
Diese Bestimmung entspricht vergleichbaren Regelungen privatrechtlicher Gesellschaften.
Im Fall einer schuldhaften Pflichtverletzung besteht gemäss Absatz 2 eine solidarische Haftung der Mitglieder der Organe gegenüber der IRR. Gegenüber Dritten haftet ausschliesslich die IRR (vgl. Art. 7 Abs. 7).
Art. 12
Jahresabrechnung
Die IRR hat bei ihrer Aufgabenwahrnehmung die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeit zu beachten (vgl. Art. 7 Abs. 2). Eine wirksame Kontrolle der IRR wird durch die abgestimmten Kompetenzen sämtlicher Organe der IRR sichergestellt.
Die Grundsätze für die Erstellung der Jahresabrechnung werden vom Aufsichtsrat festgelegt (vgl. Art. 10 Abs. 4 lit. b), wobei diese nach einem internationalen Standard zu erfolgen hat. Basierend auf diesen Grundsätzen wird die Jahresabrechnung von der Geschäftsführung erstellt und dem Aufsichtsrat vorgelegt (vgl. Art. 9 Abs. 7).
Der Aufsichtsrat beauftragt zunächst die Prüfung der Jahresabrechnung durch einen zugelassenen Wirtschaftsprüfer bzw. eine zugelassene Wirtschaftsprüferin (vgl. Art. 10 Abs. 4 lit. d sowie Art. 12 Abs. 2). Nach Beratung des Aufsichtsrats über den Prüfbericht (vgl. Art. 10 Abs. 4 lit. e) legt dieser die Jahresabrechnung samt Prüfbericht und Empfehlung hinsichtlich der Entlastung der Mitglieder der Geschäftsführung dem Bilateralen Ausschuss vor (vgl. Art. 10 Abs. 4 lit. d).
Der Bilaterale Ausschuss stellt die Jahresabrechnung fest (vgl. Art. 8 Abs. 3 lit. e).
Die Jahresabrechnung bildet auch die Grundlage für die Entlastung der Geschäftsführung und des Aufsichtsrats, die vom Bilateralen Ausschuss zu beschliessen ist (vgl. Art. 8 Abs. 3 lit. c bzw. d).
Art. 13
Vergabe von Aufträgen
Da das Gemeinsame Werk mit staatlichen Geldern finanziert wird, ist es erforderlich, dass die IRR für sämtliche Aufträge ein Vergabeverfahren durchführt.
Hinsichtlich des anwendbaren Vergaberechts bestimmt Absatz 1 grundsätzlich, dass für Aufträge, die sich ausschliesslich auf das schweizerische Staatsgebiet beziehen, das Beschaffungsrecht des Kantons St. Gallen und für Aufträge, die sich ausschliesslich auf das österreichische Staatsgebiet beziehen, das österreichische Vergaberecht zur Anwendung gelangt.
Es wird aber auch Aufträge geben, die sich nicht ausschliesslich einem Staatsgebiet zuordnen lassen. Aus unionsrechtlichen Überlegungen soll auch für diese Fälle das österreichische Vergaberecht zur Anwendung gelangen. Vor diesem Hintergrund wurde in Abs. 1 litera b eine entsprechende Auffangbestimmung («in allen anderen Fällen» geschaffen.
Gemäss Absatz 2 richtet sich der Rechtsschutz zur Vermeidung von Doppelzuständigkeiten ausschliesslich nach dem gemäss Absatz 1 anwendbaren Vergaberecht.
Art. 14
Erleichterung von Lieferungen und Arbeitsleistungen
Diese Regel entspricht dem bisherigen Artikel 21 Absatz 1 des Staatsvertrages 1954 1⁰ , wobei nunmehr zur Klarstellung auch ausdrücklich Transporte angeführt werden.
Art. 15
Befreiung von Abgaben bei der Ein- und Ausfuhr von Waren
Die Befreiung gemäss Absatz 1 litera a und b setzt voraus, dass die dort genannten Waren dauerhaft dort verbleiben, wo sie im Rahmen der Umsetzung des Gemeinsamen Werks verwendet werden.
Die Befreiung gemäss Absatz 1 litera c und d betrifft demgegenüber nur die dort genannten Waren, die vorübergehend verwendet und nach Ablauf einer Frist wieder ausgeführt werden.
Die praktische Durchführung ist mit den zuständigen Behörden im Einzelfall abzuklären.
Art. 16
Befreiung von sonstigen Abgaben
Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen der Regelung des Artikels 23 des Staatsvertrages 1954. Zusätzlich wurde klargestellt, dass die IRR nicht von der Mehrwertsteuer befreit ist, da eine derartige Befreiung aus unionsrechtlichen Gründen nicht in Betracht kommt. Im schweizerischen Mehrwertsteuerrecht ist eine derartige Befreiung ebenfalls nicht vorgesehen.
Art. 17
Verständigung in mehrwertsteuerrechtlichen Angelegenheiten
Mit dem gegenständlichen Artikel wird eine Rechtsgrundlage geschaffen, die es den in mehrwertsteuerrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Behörden der Vertragsstaaten ermöglicht, sich hinsichtlich der Erhebung der Mehrwertsteuer zu verständigen. Dadurch soll im Rahmen der bestehenden mehrwertsteuerrechtlichen Vorschriften eine möglichst praktikable Abwicklung sichergestellt und Doppel- oder Nichtbesteuerungen vermieden werden.
Art. 18
Hydrologie, Feststoffhaushalt und Hochwasservorhersage
Der in dieser Bestimmung normierte Datenaustausch betreffend Hydrologie, Feststoffhaushalt und Hochwasservorhersage entspricht der bereits bestehenden Praxis zwischen den Vertragsstaaten. Der Datenaustausch ist insbesondere in Zusammenhang mit Hochwasserereignissen von grosser Bedeutung.
Art. 19
Gemeinsame Erhaltungsarbeiten
Wie oben bereits ausgeführt, umfasst Artikel 4 ausschliesslich die Kosten für die Umsetzung des Gemeinsamen Werks, wobei die Umsetzungsphase die eigentliche Bauphase und die daran anschliessende, voraussichtlich fünf Jahre dauernde Überwachungsphase umfasst. Die Umsetzungsphase endet, sobald der Bilaterale Ausschuss gemäss Absatz 2 die Fertigstellung des Gemeinsamen Werks konstitutiv festgestellt hat. Die Kostentragung für die ab diesem Zeitpunkt erforderlichen Erhaltungsarbeiten wird in diesem Artikel geregelt.
Demnach tragen die Vertragsstaaten die Erhaltungskosten für das Gemeinsame Werk ab dessen Fertigstellung zu gleichen Teilen (exkl. Mehrwertsteuer). Das gilt auch für die auf Grundlage der alten Staatsverträge bereits errichteten und fertiggestellten Werke, insbesondere für die Vorstreckung. Die Vorstreckung gilt mit Inkrafttreten dieses Staatsvertrages als fertiggestellt (vgl. Abs. 2), womit auch die Mehrwertsteuer alleine von dem Staat getragen wird, in dem sie anfällt.
Die Erhaltung der auf Grundlage der alten Staatsverträge bereits errichteten und fertiggestellten Werke sowie des Gemeinsamen Werks nach dessen Fertigstellung erfolgt durch die IRR.
Die gemeinsame Erhaltungsverpflichtung ist zeitlich nicht begrenzt. Allerdings können nach ihrer jeweiligen Fertigstellung (vgl. Abs. 2) sowohl die aufgrund der alten Staatsverträge errichteten Werke als auch das Gemeinsame Werk bzw. Teile der jeweiligen Werke gemäss Absatz 3 einvernehmlich an jenen Vertragsstaat übergeben werden, auf dessen Staatsgebiet sich das jeweilige Werk bzw. der Teil des Werkes befindet. Ab diesem Zeitpunkt hat der jeweilige Vertragsstaat allein für die Erhaltung der übergebenen Werke zu sorgen. Die Zuständigkeit betreffend die Entscheidung über die einvernehmliche Übergabe richtet sich nach den jeweiligen nationalen Bestimmungen. In der Schweiz liegt dieser Entscheid beim Bundesrat.
Die vom Vertragsstaat mit der weiteren Erhaltung betraute Institution hat keine neuerlichen Bewilligungen für das übergebene Werk einzuholen; auf sie gehen die von der IRR erwirkten oder gemäss Artikel 7 Absatz 6 auf diese übergegangenen Genehmigungen und Bewilligungen über.
Art. 20
Übergangsbestimmungen
Mit der Bestimmung in Absatz 3 wird die sofortige Handlungsfähigkeit der IRR durch Ernennung einer interimistischen Geschäftsführung sichergestellt. Zudem wird sichergestellt, dass schnellstmöglich sämtliche Organe der IRR bestellt bzw. ernannt werden.
Art. 21
Verhältnis zum Recht der Europäischen Union
Diese Bestimmung regelt das Verhältnis dieses Staatsvertrages zum Recht der Europäischen Union, sie entspricht der bewährten Regelung aus früheren Staatsverträgen (vgl. Art 37 des Abkommens der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Nutzbarmachung des Inn und seiner Zuflüsse im Grenzgebiet, BGBl. III Nr. 99/2008 bzw. SR 0.721.809.163.1).
Art. 22
Schiedsklausel
Diese Bestimmung entspricht Artikel 33 des Staatsvertrages von 1954.
Art. 23
Verhältnis zu den Regelungen der Staatsverträge 1892, 1924 und 1954
Mit dieser Bestimmung wird klargestellt, dass der neue Staatsvertrag an die bisherigen Staatsverträge über die Rheinregulierung anschliesst und diese fortführt. Die bestehenden Staatsverträge werden nicht durch den neuen Staatsvertrag aufgehoben, lediglich einzelne angeführte Bestimmungen werden durch solche des neuen Staatsvertrags ersetzt.
Art. 24
Austausch der Unterlagen
Zur technischen Grundlage des Gemeinsamen Werks, die im Rahmen der Unterzeichnung des Staatsvertrages ausgetauscht wird, vgl. auch die Erläuterungen zu Art. 2.
Art. 25
Inkrafttreten
Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten des Staatsvertrages.
1⁰ SR 0 . 721.191.633 ; AS 1955 719 ; BBl 1954 II 1018
4 Grundzüge und Erläuterungen zur Gesetzesvorlage
4.1 Die beantragte Neuregelung
Um die innerstaatlichen Angelegenheiten zwischen dem Bund und dem St. Gallen festzulegen, wird ein neues Gesetz erlassen, das «Bundesgesetz über die Verbesserung des Hochwasserschutzes am Rhein von der Illmündung bis zum Bodensee (Alpenrheingesetz)».
4.2 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln
Art. 1
Zweck und Gegenstand
Das Gesetz dient der Ausführung des vierten Staatsvertrages in der Schweiz und regelt insbesondere die Schweizerische Vertretung in der IRR (Art. 2), die Aufteilung der Kosten zwischen dem Bund und dem Kanton St. Gallen (Art. 3), die Berichterstattung über die Verwendung der an die IRR geleisteten Zahlungen (Art. 4) sowie die Anwendung des Plangenehmigungsverfahrens des Kantons St. Gallen (Art. 6).
Art. 2
Vertretung in der IRR
Die Schweizerische Vertretung im bilateralen Ausschuss und im Aufsichtsrat der IRR wird durch das BAFU bestimmt. Im bilateralen Ausschuss sind der Bund und der Kanton St. Gallen mit je einer Person vertreten. Das BAFU bestimmt auch die Leitung der Schweizer Delegation in diesem Organ. Im Rahmen der Bestimmung der Person, welche die Schweizer Delegation leitet, legt das BAFU auch deren Verhandlungsbefugnisse fest. Im Aufsichtsrat stellen der Bund und der Kanton mindestens je eine Person.
Art. 3
Aufteilung der Kosten
Der Bund bezahlt 80 Prozent (inkl. MWST) und der Kanton St. Gallen 20 Prozent (inkl. MWST) der Schweizer Beteiligung an der Erstellung und Erhaltung des Gemeinsamen Werks. Anders als bei kantonalen Wasserbauprojekten gewährleistet in erster Linie der Bund die Finanzierung: Der Bund leistet der IRR Zahlungen basierend auf dem jährlichen Bauprogramm und dem effektiven Baufortschritt. Der Kanton St. Gallen erstattet seinen Anteil nach Rechnungsstellung durch das BAFU an den Bund zurück.
Die Schweiz bzw. das BAFU ist im bilateralen Ausschuss und im Aufsichtsrat der IRR vertreten und steuert in dieser Funktion die Umsetzung des Gemeinsamen Werks. Am Alpenrhein tritt die Schweizerische Eidgenossenschaft bzw. die von ihr dazu über den Staatsvertrag mandatierte IRR daher als Bauherrin auf und verfügt damit auch über die finanziellen Steuerungsfunktionen - dies im Gegensatz zu den kantonalen Hochwasserschutzprojekten, bei welchen die Zuständigkeit bei den Kantonen oder den Gemeinden liegen.
Würde wie bei rein innerschweizerischen Projekten das Bundesgesetz über den Wasserbau und das GSchG herangezogen, könnte bei einem kantonalen Projekt - welches dann mehr und umfassendere ökologische Massnahmen vorsehen könnte als vorliegend - möglicherweise ebenfalls ein Subventionssatz von bis zu 80 Prozent resultieren. Aus diesen Gründen wird die Beteiligung des Bundes in dieser Höhe als gerechtfertigt betrachtet, auch wenn keine Schwerfinanzierbarkeit vorliegt.
Der Kostenteiler besteht schon seit über 125 Jahren. Aufgrund der Tatsache, dass sowohl die Zuständigkeit als auch die Steuerungsfunktion über die Vertretung in der IRR beim Bund liegen und womöglich auch unter einem vergleichbaren kantonalen Projekt eine Kostenbeteiligung von bis zu 80 Prozent möglich gewesen wäre, ist der Kostenanteil des Bundes auch weiterhin gerechtfertigt.
Die bisherige Aufgabenteilung und die damit zusammenhängende bewährte Verteilung der Kosten zwischen Bund und Kanton wird auch bei der Umsetzung des vierten Staatsvertrags weitergeführt.
Art. 4
Berichterstattung
Das UVEK erstattet dem Bundesrat alle fünf Jahre Bericht über die Verwendung der an die IRR geleisteten Zahlungen sowie des Baufortschritts anhand des mittelfristigen Bauprogramms der IRR. Die Berichterstattung erfolgt an den Bundesrat, da der Bundesrat vom Parlament auch die Kompetenz zur Erhöhung des Verpflichtungskredits erhält (siehe Art. 5). Dieser Bericht beinhaltet alle für das finanzielle Controlling benötigen Informationen wie Projektstand und Ausblick, Risiken und Steuerungsmassnahmen, Leistungen, Kosten, Finanzen, Termine und eine Gesamtbeurteilung. Die spezifischen Vorgaben für die Projektsteuerung werden in einer separaten Controlling-Weisung dargestellt.
Die Finanzdelegation erhält nach Artikel 154 Absatz 3 Satz 1 des Parlamentsgesetzes (ParlG) vom 13. Dezember 2002 1¹ laufend sämtliche Beschlüsse des Bundesrates einschliesslich der Anträge und der Mitberichte. Analog der 3. Rhonekorrektion soll die Finanzdelegation auch in Bezug auf den Alpenrhein nicht nur mit dem Bundesratsbeschluss einschliesslich des Antrags und der Mitberichte, sondern mit sämtlichen Unterlagen bedient werden. Daher wird die Übermittlung des Berichts an die Finanzdelegation ausdrücklich vorgesehen («Bringprinzip»). Andernfalls müsste sich die Finanzdelegation auf ihre Informationsrechte (Art. 154 Abs. 2 ParlG) berufen und den Bericht selber einholen («Holprinzip).
Art. 5
Erhöhung des Verpflichtungskredits
Die Kosten des Gemeinsamen Werks wurden auf der Preisbasis 31. Dezember 2021 ermittelt. In den Gesamtkosten gemäss Staatsvertrag, nach denen auch der Verpflichtungskredit bemessen wurde, wurde eine prognostizierte Teuerung von 2 Prozent angenommen. Durch die lange Projektdauer kommt dem Faktor Teuerung eine grosse Bedeutung zu. Im Staatsvertrag ist daher geregelt, dass nachweislich teuerungsbedingte Kostensteigerungen zu den Kosten des Gemeinsamen Werks zählen, auch wenn die Kostensteigerungen über der Prognose von jährlich 2 Prozent liegen sollten (siehe Art. 4).
Mit diesem Artikel wird die Kompetenz für die Erhöhung des Verpflichtungskredits um die ausgewiesene, jährlich 2 Prozent überschreitende Teuerung vom Parlament an den Bundesrat delegiert. Dabei bemisst sich die Teuerung bei Bauleistungen nach Leistungsort am Baupreisindex des jeweiligen Landes, beziehungsweise für alle anderen Leistungen am Durchschnitt des österreichischen Verbraucherpreisindex und des Schweizer Landesindex der Konsumentenpreise. Nur in diesem Fall kann der Verpflichtungskredit um die Mehrkosten, die aufgrund einer höheren Teuerung entstanden sind, erhöht werden. Für den Fall, dass die tatsächliche Teuerung unter der Prognose von jährlich 2 Prozent liegen sollte, werden nur die tatsächlich angefallenen Kosten getragen.
Gleichermassen kann der Bundesrat den Verpflichtungskredit um eine höhere als die dem Verpflichtungskredit unterstellte Mehrwertsteuer erhöhen. Damit soll der Möglichkeit Rechnung getragen werden, dass für das Projekt Mehrkosten aufgrund einer allfälligen Anpassung des Mehrwertsteuersatzes in der Schweiz entstehen. In Bezug auf die Mehrwertsteuer ist zu erwähnen, dass die Mehrwertsteuer alleine von dem Staat getragen wird, der sie erhoben hat (siehe Ziff. 3.2, Art. 5 des Staatsvertrags).
Bei der Teuerungsentwicklung sowie bei allfälligen Anpassungen der Mehrwertsteuer für das Projekt handelt es sich um exogene, nicht steuerbare Variablen. Durch die Ermächtigung des Bundesrates wird der Handlungsspielraum des Parlaments materiell nicht eingeschränkt. Allenfalls wird sich die Schweiz mit Kostenüberschreitungen des Gemeinsamen Werkes, die in den Gesamtkosten nicht aufgeführt und nicht auf die Teuerung oder Anpassungen des Mehrwertsteuersatzes zurückzuführen sind, befassen müssen. Sofern beide Staaten diese Kosten als notwendig betrachten, müsste der Bundesrat einen Zusatzkredit zum Verpflichtungskredit an das Parlament beantragen.
Art. 6
Plangenehmigung
Das Plangenehmigungsverfahren für die Umsetzung des Gemeinsamen Werks in der Schweiz richtet sich nach dem Verfahrensrecht des Kantons St. Gallen. Genehmigungsbehörde ist das Bau- und Umweltdepartment des Kantons St. Gallen. Aktuell wird im Kanton St. Gallen ein Gesetz erarbeitet, das ein konzentriertes kantonales Verfahren für die Umsetzung des Gemeinsamen Werks vorsieht. Dieses Gesetz soll ab Januar 2025 anwendbar sein.
Art. 7
Gewässerraum
Der Gewässerraum auf Schweizer Seite des Rheins auf dem Abschnitt von der Illmündung bis zum Bodensee wird mit der Plangenehmigung des Gemeinsamen Werks festgelegt. Die Extensivierung der Bewirtschaftung des Gewässerraums nach Artikel 41 c Absatz 3 und 4 der Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 1998 ¹2 (GSchV) erfolgt jedoch zeitlich abgestimmt auf die Bauetappen. Mit Beginn der Aufweitungsmassnahmen in einer bestimmten Bauetappe ist das verbleibende Vorland gemäss den Vorgaben von Artikel 41 c Absatz 3, 4 und 4bis GSchV zu bewirtschaften. Die Bauetappen werden mit der Genehmigung des Projekts festgelegt. Dadurch wird eine Gleichbehandlung mit Österreich in Bezug auf die landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Vorländer erreicht. Dabei ist zu beachten, dass bereits heute und somit auch mit der Projektgenehmigung ein rund 20 Meter breiter Streifen zwischen der Uferlinie und dem Vorland von der intensiven landwirtschaftlichen Bewirtschaftung ausgeschlossen ist. Dieser Streifen beinhaltet die Ufersicherung, die sogenannte Mittelwuhr, sowie an vielen Stellen einen Kiesweg im Anschluss an die Mittelwuhr.
Art. 8
Freihaltung des Projektperimeters
Mit dem Staatsvertrag verpflichtet sich die Schweiz zur Umsetzung und Erhaltung des Gemeinsamen Werkes auf der Rheinstrecke zwischen der Illmündung und dem Bodensee. Die Bestimmung richtet sich an alle Inhaberinnen und Inhaber von Bauten und Anlagen im Projektperimeter und dient dem Kanton als Grundeigentümer und der IRR als Bauherrin, um sicherzustellen, dass die Umsetzung und Erhaltung des Gemeinsam Werks nicht durch neue Bauten und Anlagen im Projektperimeter beeinträchtigt wird.
Art. 9
Referendum und Inkrafttreten
Das Gesetz untersteht dem Referendum; das Inkrafttreten wird durch den Bundesrat bestimmt.
1¹ SR 171.10
¹2 SR 814.201
4.3 Umsetzungsfragen
Die Gesetzesbestimmungen sind direkt anwendbar und müssen daher nicht in einer Bundesverordnung konkretisiert werden.
5 Inhalt des Kreditbeschlusses
5.1 Antrag des Bundesrates und Begründung
5.1.1 Antrag des Bundesrates
Der Bundesrat beantragt dem Parlament:
-
einen Verpflichtungskredit für die Verbesserung des Hochwasserschutzes am Rhein zwischen Illmündung und Bodensee in Höhe von 1040,4 Millionen Franken zu beschliessen; über den Verpflichtungskredit sollen während der Realisierungsdauer von 27 Jahren die Aufwände für das Projekt verpflichtet werden, die in der Schweiz zur Zahlung kommen (Anteile Bund und Kanton St. Gallen);
-
dass er gestützt auf Artikel 5 Buchstabe a des Alpenrheingesetzes den Verpflichtungskredit im Umfang der teuerungsbedingten Mehrkosten erhöhen kann (siehe auch Ziff. 4.2);
-
dass er gestützt auf Artikel 5 Buchstabe b des Alpenrheingesetzes den Verpflichtungskredit im Umfang der Mehrkosten erhöhen, die durch eine Anpassung der Mehrwertsteuersätze in der Schweiz anfallen (siehe auch Ziff. 4.2).
5.1.2 Begründung
Der Hochwasserschutz im unteren Rheintal soll entsprechend den Vereinbarungen im vierten Staatsvertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich verbessert werden. Daneben müssen die Bauwerke, die auf früheren Staatsverträgen basieren, erhalten und überwacht werden. Der in dieser Botschaft beantragte Verpflichtungskredit umfasst alle finanziellen Verpflichtungen, die sich aus der Ratifizierung des vierten Staatsvertrags und dem Erlass des Alpenrheingesetzes für die Schweiz ergeben. In der Kostenermittlung und im Kreditantrag ist eine prognostizierte Teuerung von 2 Prozent sowie die Schweizer Mehrwertsteuer von 8,1 Prozent (gültig ab 01.01.2024) berücksichtigt.
Zur Erfüllung des Staatsvertrages ist in jedem Fall die ganze Umsetzung des Gemeinsamen Werks nötig und somit auch dessen gesamte Finanzierung. Folglich geht die Schweiz mit der Unterzeichnung des Staatsvertrags mehrjährige finanzielle Verpflichtungen ein. Deshalb wird ein Verpflichtungskredit in Höhe von 1040,4 Millionen Franken beantragt.
Sofern die Teuerung über 2 Prozent liegt und damit stärker ausfällt als prognostiziert (vgl. Art. 5, Bst. a Alpenrheingesetz), soll der Bundesrat den Verpflichtungskredit im Umfang der daraus entstehenden Mehrkosten erhöhen können.
Ebenfalls vorgesehen ist, dass der Bundesrat ermächtigt wird, auf eine allfällige Anpassung der Mehrwertsteuersätze in der Schweiz und daraus resultierenden höheren Kostenfolgen im Projekt zu reagieren und den Verpflichtungskredit in diesem Umfang zu erhöhen. Die gesetzliche Grundlage für diese Ermächtigung wird ebenfalls im Alpenrheingesetz (Art. 5, Bst. b Alpenrheingesetz) geschaffen.
Da sowohl die Teuerungsentwicklung als auch allfällige Anpassungen der Mehrwertsteuersätze für das Projekt exogene, nicht steuerbare Variablen darstellen, wird der Handlungsspielraum des Parlaments durch diese Ermächtigung materiell nicht eingeschränkt. Für allfällige Mehrkosten, deren Ursache nicht auf die Teuerung oder die Anpassung der Mehrwertsteuersätze zurückgeführt werden, müsste dem Parlament ein Zusatzkredit zum Verpflichtungskredit im Umfang dieser Mehrkosten beantragt werden.
Die drei Geschäfte «Staatsvertrag», «Bundesgesetz» und «Verpflichtungskredit» hängen voneinander ab und müssen zusammen entschieden werden. Bei einer Ablehnung des Verpflichtungskredits könnte das Bauprojekt nicht umgesetzt werden; der Staatsvertrag sowie das Bundesgesetz würden folglich hinfällig.
5.2 Inhalt der Vorlage, Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen
5.2.1 Finanzbedarf, Kostenstruktur und Wirtschaftlichkeit
Finanzbedarf beider Staaten für neue und bestehende Werke
Die Schweiz und Österreich verpflichten sich im vierten Staatsvertrag, das Gemein-same Werk umzusetzen und die bestehenden Bauwerke auf dieser Flussstrecke zu erhalten bis zum Neubau (Art. 19 Staatsvertrag). Die dafür anfallenden Nettokosten tragen die beiden Vertragsstaaten je zur Hälfte.
Die veranschlagten Nettokosten für die Umsetzung des Gemeinsamen Werks betragen 1909,9 Millionen Franken. Darin enthalten ist eine prognostizierte Teuerung von jährlich 2 Prozent.
Einschliesslich der Mehrwertsteuer kostet die Umsetzung des Gemeinsamen Werks beide Staaten zusammen insgesamt 2160,2 Millionen Franken. Zur Erhaltung der bestehenden Werke entstehen den beiden Staaten Kosten im Umfang von 34,2 Millionen Franken (inkl. Mehrwertsteuer und Teuerung).
Bis zum Ende des geplanten Realisierungszeitraums im Jahr 2052 entsteht den beiden Staaten zusammen also ein Finanzbedarf von 2194,4 Millionen Franken. Davon trägt die Schweiz 1040,4 Millionen Franken, die Republik Österreich 1154,0 Millionen Franken.
Der unterschiedliche Finanzbedarf rührt daher, dass die beiden Vertragsstaaten jeweils für sich separat die Mehrwertsteuerabgaben leisten. Diese Regelung wurde im vierten Staatsvertrag vereinbart, weil sich die Mehrwertsteuersätze der beiden Länder stark unterscheiden: der normale Mehrwertsteuersatz in der Schweiz beträgt 8,1 Prozent (gültig ab 01.01.2024), in Österreich 20 Prozent.
Die Kostenermittlung basiert auf dem «Technischen Bericht zum Gemeinsamen Werk» mit einer Preisbasis vom 31. Dezember 2021. Er bildet die verbindliche technische Grundlage für die Planung und Umsetzung des Gemeinsamen Werks.
Die Planungs- und Baukosten für das Hochwasserschutzprojekt betragen auf Stufe Genehmigungsprojekt insgesamt (für die Schweiz und Österreich) 1414,4 Millionen Franken ohne Berücksichtigung der Mehrwertsteuer und Teuerung. Auf Stufe Generelles Projekt (entspricht in der Schweiz dem Vorprojekt) im Jahr 2017 wurden diese Planungs- und Baukosten auf 1041,4 Millionen Franken geschätzt. Die Kostensteigerung um rund 36 Prozent ist auf den detaillierteren Planungsstand auf Stufe Genehmigungsprojekt zurückzuführen. Die durchgeführten Detailuntersuchungen zeigten einen Anpassungsbedarf in verschiedenen Bereichen (z.B. Massnahmen zur Erdbebensicherheit der Dämme, verstärkte Ufersicherung zum Schutz der Dämme vor Erosion).
Zusätzlich zu den Planungs- und Baukosten sind die Teuerung und die Mehrwert-steuer hinzurechnen. Der Betrag für die voraussichtliche Teuerung beträgt auf Stufe Genehmigungsprojekt rund 502,2 Millionen Franken (+ 154 Prozent gegenüber der Kostenschätzung im Generellen Projekt mit rund 197,4 Millionen Franken). Grund dafür ist die Entwicklung der Teuerung seit 2017. Die IRR geht bei der überarbeiteten Kostenschätzung von einem Teuerungsprozentsatz von 2 Prozent aus anstelle von 1,26 Prozent.
Der Betrag für die Mehrwertsteuer beträgt rund 255,4 Millionen Franken (+76 Pro-zent gegenüber der Kostenschätzung im Generellen Projekt mit rund 144,8 Millionen Franken). Die Zunahme der Mehrwertsteuer ist direkt abhängig von den höheren Planungs- und Baukosten, der höheren Teuerung und der Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes in der Schweiz.
Bei den Gesamtkosten sind die Erhaltungskosten der bestehenden Bauwerke (bestehende Dämme, Vorstreckung) für die gesamte Projektdauer von 27 Jahren neu auch berücksichtigt. Die Erhaltungskosten betragen 22,4 Millionen Franken.
Finanzbedarf Schweiz
Tabelle 1 zeigt den Finanzbedarf für die Schweiz, der sich aus der Realisierung des Gemeinsamen Werks und der Erhaltung der bestehenden Werke bis 2052 ergibt.
Tabelle 1
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Finanzbedarf Schweiz | Kosten in Millionen CHF |
---|---|
Finanzbedarf Gemeinsames Werk | |
Basiskosten | 591,05 |
Risikokosten | 116,15 |
Teuerung | 247,75 |
Kosten Gemeinsames Werk | 954,95 |
Mehrwertsteuer ¹3 | 70,40 |
Summe | 1025,35 |
Finanzbedarf bestehende Werke | |
Erhaltung und Überwachung | 11,2 |
Teuerung | 3,35 |
Kosten bestehende Werke | 14,55 |
Mehrwertsteuer | 0,50 |
Summe | 15,05 |
Finanzbedarf Schweiz | 1040,40 |
Kostenstruktur
Der Schweizer Anteil der Kosten setzt sich zusammen aus Basiskosten und Risiko-kosten für das Gemeinsame Werk, aus Kosten für die Erhaltung und Überwachung der bestehenden Bauwerke sowie aus der Teuerung und der Mehrwertsteuer.
Die Basiskosten für das Gemeinsame Werk in der Höhe von 591,05 Millionen Fran-ken entstehen aus den Leistungen, die zur Umsetzung des Gemeinsamen Werks zu erbringen sind:
-
Planungs- und Nebenarbeiten wie Ausschreibungsplanungen, juristische Begleitung und Bauaufsichten;
-
Baukosten für Arbeiten wie Dammneubauten oder Dammsanierungen;
-
Finanzielle Mittel für die Projektorganisation wie beispielsweise die Projektleitung durch die IRR oder die Öffentlichkeitsarbeit;
-
Kostenbeteiligungen an Begleitmassnahmen, zum Beispiel durch das Projekt bedingte Anpassungen an Infrastrukturanlagen wie Brücken und Trinkwasserfassungen oder Entschädigungen für den Eingriff in Rechte Dritter;
-
Kosten für die Wiederinstandstellung von Strassen und Wegen, welche für die bauliche Umsetzung des Hochwasserschutzprojektes benutzt werden (Bauzufahrten zum Rhein).
-
Ausgleichszahlungen für private Grundstücke, die temporär genutzt werden müssen.
Die Risikokosten beschreiben die Kosten für Änderungen bei den Projektanforderungen, wie sie speziell bei grossen Bauprojekten vorkommen können. Die Risikokosten sind mit 116,15 Millionen Franken
veranschlagt. Die bedeutendsten Risiken sind:
-
Kosten, die erst mit einer grösseren Planungstiefe - also bei der Ausschreibungs- und Ausführungsplanung - sichtbar werden;
-
Mehrkosten infolge von Baugrundrisiken, da sich der tatsächliche Baugrund möglicherweise unerwartet von den Annahmen in der Planung unterscheidet und Mehraufwände verursacht;
-
Hochwasser, die während der Bauzeit auftreten und Baustellen überfluten;
-
Einsprachen, die zu Verzögerungen im Bauablauf führen können;
-
Unerwartete Auflagen aus Behördenverfahren, die zu Mehraufwand in Planung und Bau führen können.
Die Erhaltung der bestehenden Bauwerke verursachen bis 2052 Kosten in der Höhe von rund 11,2 Millionen Franken.
Die prognostizierte Teuerung von 2 Prozent verursacht über die 27 Jahre der Realisierungsphase (von 2025 bis 2052) voraussichtliche Aufwände von 251,1 Millionen Franken (247,75 Millionen Franken für das Gemeinsame Werk; 3,35 Millionen Franken für die bestehenden Werke).
Die Mehrwertsteuerabgaben für Leistungen auf Schweizer Seite betragen insgesamt 70,9 Millionen Franken (70,4 Millionen Franken für das Gemeinsame Werk; 0,5 Millionen Franken für die bestehenden Werke). Die Mehrwertsteuer wurde mit dem Satz von 8,1 Prozent (gültig ab dem 1. Januar 2024) berechnet. Von der Mehrwertsteuer befreit sind Kosten der IRR wie Personal, Verwaltung und Betrieb.
Wirtschaftlichkeit der Massnahmen
Aufgrund des hohen Schadenpotenzials im unteren Rheintal wird das Gemeinsame Werk auf ein 300-jährliches Hochwasser bemessen. Dieses Schutzziel entspricht den Grundsätzen des Hochwasserschutzes gemäss der Wasserbauverordnung vom 2. November 1994 ¹4 .
Das gewählte Schutzziel ist auch vergleichbar mit den grossen Hochwasserschutzprojekten anderer Kantone (z.B. der 3. Rhonekorrektion, dem Hochwasserschutz Sihl Stadt Zürich oder dem Hochwasserschutzprojekt Urner Talboden).
Die Wirtschaftlichkeit des Gemeinsamen Werks wurde sowohl mit der Schweizerischen Methode EconoMe ¹5 als auch mit der in Österreich üblichen Methode Kosten-Nutzen-Untersuchungen im Schutzwasserbau (KNU) ermittelt. Für die Auswertung nach EconoMe ergibt sich ein Wert von 3,14 für das Nutzen-Kosten-Verhältnis. Das bedeutet, dass das Risiko mit jedem investierten Franken um 3,14 Franken sinkt. Für die Auswertung nach KNU ergibt sich ein Wert von 2,59. Die Wirtschaftlichkeit des Gemeinsamen Werks ist mit beiden Methoden klar nachgewiesen.
Plausibilisierung der Kostenermittlung
Angesichts der Grössenordnung und der Dauer des Projekts verlangten das BAFU und das österreichische BML eine Plausibilisierung der Kosten des Generellen Projekts im Rahmen einer unabhängigen Review.
Je ein unabhängiges Ingenieurunternehmen in der Schweiz und in Österreich wurde damit beauftragt, zu prüfen, ob die budgetierten Kosten korrekt ermittelt, vergleichbar mit anderen Wasserbauprojekten und somit plausibel sind. Nicht analysiert wurde die grundsätzliche Frage der Zweckmässigkeit der Massnahmen - diese war bereits in verschiedenen Stellungnahmen der Fachstellen des Kantons St. Gallen und des Landes Vorarlberg sowie der Bundesfachstellen bestätigt worden.
Konkret untersuchten die beiden Ingenieurunternehmen die ermittelten Baukosten für den Wasserbau, die ermittelten Kosten für die Anpassung an den Werkleitungen und Brücken, die Risikokosten, die ermittelten Projektierungskosten sowie die Kostenermittlung für die Kommunikation und den Landerwerb.
Die beiden Ingenieurunternehmen sind zum Schluss gekommen, dass die Kostenermittlung klar aufgebaut und verständlich ist und alle relevanten Kostenparameter beinhaltet.
Zudem haben die unabhängigen Expertinnen und Experten verschiedene Empfehlungen abgegeben, welche von der IRR in die aktualisierte Kostenermittlung für den vierten Staatsvertrag übernommen worden sind. Es sind dies insbesondere: Die Anwendung von höheren Kostenansätzen für Baustelleninstallationen sowie für die Drainageleitungen und eher tieferen Kostenansätzen für Anpassungen an Brücken. Den enthaltenen Risiken von Mehrkosten wurden gemäss den Empfehlungen der Fachleute auch die Chancen von Minderkosten gegenübergestellt.
¹3 Von der Mehrwertsteuer befreit sind Kosten der IRR wie Personal, Verwaltung und Betrieb.
¹4 SR 721.100.1
¹5 Econome.ch
5.2.2 Grundsätze und Mechanismen der Finanzierung
Grundsätze der Finanzierung
Die Finanzierung des Gemeinsamen Werks ist im vierten Staatsvertrag geregelt.
Die Nettokosten werden zu je 50 Prozent von Österreich und der Schweiz getragen. Die Regelung gilt auch für allfällige Mehrkosten (siehe dazu Ziff. 4.2).
Die Mehrwertsteuer wird alleine von dem Staat getragen, in dem sie anfällt.
Für notwendige Massnahmen an Trinkwasserversorgungen und Brücken sind pauschale Kostenbeteiligungen der Vertragsstaaten vorgesehen.
Landwirtschaftliche Bodenverbesserungsmassnahmen fallen nicht unter die Gesamtkosten und werden jeweils innerstaatlich finanziert.
Die Beteiligungen des Kantons St. Gallen und des Landes Vorarlberg werden ebenfalls innerstaatlich geregelt.
Die Bundeskosten werden über den Kredit 810/A236.0124 «Hochwasserschutz» des BAFU finanziert. Auch der Anteil des Kantons St. Gallen wird über diesen Kredit vorfinanziert. Diese Aufwände unterliegen den Vorgaben der Schuldenbremse (siehe Ziff. 7.4).
Aufteilung der Kosten zwischen Bund und Kanton
Die innerstaatlichen Kosten werden, wie bei Wasserbauprojekten üblich, von Bund und Kanton gemeinsam getragen. Für die Massnahmen auf der Rheinstrecke zwischen Illmündung und Bodensee gilt der Kostenteiler «80 Prozent Bund, 20 Prozent Kanton» (vgl. Ziff. 4.2; Art. 3 Alpenrheingesetz).
Vom Schweizer Finanzbedarf von 1040,4 Millionen Franken trägt der Bund gemäss Kostenteiler einen Anteil von 832,32 Millionen Franken. Bei einer Realisierungsdauer von 27 Jahren entspricht dies durchschnittlichen Aufwänden für den Bund von rund 30,8 Millionen Franken pro Jahr.
Gemäss dem Kostenteiler übernimmt der Kanton St. Gallen einen Anteil von insgesamt 208,08 Millionen Franken.
Da der Bund via IRR die Bauherrenfunktion innehat und die finanzielle Steuerungswirkung hauptsächlich beim Bund liegt, liegt auch die finanzielle Verantwortung hauptsächlich beim Bund. Diese Regelung besteht bereits seit dem ersten Staatsvertrag aus dem Jahr 1892.
Anders als bei kantonalen Wasserbauprojekten gewährleistet in erster Linie der Bund die Finanzierung: Er leistet der IRR Zahlungen basierend auf dem jährlichen Bauprogramm und dem effektiven Baufortschritt. Der Kanton St. Gallen erstattet seinen Anteil jährlich an den Bund zurück.
Interessenbeitrag der Nationalstrassen
Auf der ganzen Projektlänge grenzen die Hochwasserschutzdämme an die Autobahn N13 und damit an eine Nationalstrasse. Bei Verkehrswegen und Infrastrukturen obliegt der Schutz der Anlage deren Betreibern. Eine finanzielle Beteiligung des Bundes an Hochwasserschutzmassnahmen der Kantone im Rahmen des Nationalstrasseninteresses aus dem Fonds für die Nationalstrassen und den Agglomerationsverkehr (NAF) stützt sich auf Artikel 31-33 des Bundesgesetzes vom 22. März 1985 ¹6 über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und weiterer für den Strassen- und Luftverkehr zweckgebundener Mittel und auf Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung vom 7. November 2007 ¹7 über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und weiterer für den Strassenverkehr zweckgebundener Mittel.
Die Höhe dieser Beiträge richtet sich nach der Notwendigkeit oder der Nützlichkeit der Hochwasserschutzmassnahmen für die Nationalstrassen und den Einschränkungen für die Hochwasserschutzmassnahmen aufgrund der Nationalstrassen.
Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) hat in Absprache mit dem BAFU das Modell des Bundes für den risikobasierten Kostenteiler auf den Projektperimeter für den Rhein von der Illmündung bis zum Bodensee angewandt. Die Berechnung führt zu einer Beteiligung der Nationalstrassen von 0,5 Prozent an den Gesamtkosten. Der Interessenbeitrag der Nationalstrassen, der über den NAF finanziert wird, beläuft sich demnach auf 0,5 Prozent des Gesamtbetrags für die Schweizerische Eidgenossenschaft, d.h. 5,20 Mio. über 27 Jahre.
Aufgrund der geringeren Exposition der Nationalstrassen im unteren Rheintal ist dieser Beteiligungssatz tiefer als bei der 3. Rhonekorrektion in den Kantonen Wallis und Waadt. Dort beteiligt sich das ASTRA mit 2 Prozent des Gesamtbetrags.
Beteiligung des Bundesamtes für Landwirtschaft an den nicht anrechenbaren Kosten
Bei der Umsetzung des Gemeinsamen Werks werden bei den Bauarbeiten grössere Mengen an Bodenmaterial anfallen (Oberboden, Schluff, Sand sowie abschnittsweise auch Kies). Dieses Material wird in erster Priorität im Projektperimeter wiederverwendet. Geeignetes Material für Bodenverbesserungen in Form von humosem Oberboden und Feinsediment (Sand und Schluff) kann bei Bedarf für Bodenverbesserungsprojekte im Hinterland auf Zwischenlagern zur Verfügung gestellt werden. Die Kosten für die Verwertung von Oberboden sind im Projekt berücksichtigt.
Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) richtet für parallel zum Hochwasserschutzprojekt realisierte Massnahmen zur Bodenverbesserung, die nicht unter diese Botschaft fallen, Subventionen aus. Das BLW stützt sich dabei auf das Landwirtschaftsgesetz vom 29. April 1998 ¹8 und die Strukturverbesserungsverordnung vom 2. November 2022 ¹9 .
Da die Planung für die Bodenverbesserungsprojekte im Hinterland erst auf Stufe Grundlagenbeschaffung stehen, kann zu diesem Zeitpunkt noch keine Aussage zu den Gesamtkosten und allfälligen Subventionen durch das BLW gemacht werden. Die Bundesbeiträge an die Bodenverbesserungsprojekte, welche nicht durch das Gemeinsame Werk finanziert werden, erfolgen aus dem jährlichen Budget beim BLW für Strukturverbesserungen.
Innerstaatlicher Finanzierungsmechanismus
Die Geschäftsführung der IRR erstellt jährlich ein Jahresarbeitsprogramm samt Jahresbudget sowie im Sinne einer rollenden Planung ein mittelfristiges Bauprogramm samt Finanzplan für die nächsten fünf Geschäftsjahre.
Der Bilaterale Ausschuss (d.h. das mit Vertreterinnen und Vertretern der Vertragsstaaten besetzte Leitungsorgan) genehmigt jährlich das mittelfristige Bauprogramm samt Finanzplan (vgl. Ziff. 4.2).
Das Parlament genehmigt mit dem Bundesbeschluss den gesamten Verpflichtungskredit. Das Bauprogramm sieht bis 2052 vier einzelne Bauabschnitte vor (für eine Beschreibung der Bauetappen, siehe Ziff. 5.3).
Durch die lange Projektdauer kommt der Teuerung eine grosse Bedeutung zu. Im Sinne einer möglichst transparenten Darstellung der tatsächlich anfallenden Kosten beinhalten die Gesamtkosten des Gemeinsamen Werks eine prognostizierte Teuerung von jährlich 2 Prozent (siehe auch Ziff. 4.2 und 5.4).
Zu den Kosten des Gemeinsamen Werks zählen gemäss Staatsvertrag jedoch auch die teuerungsbedingten Kostensteigerungen, die über die Teuerungsprognose von 2 Prozent hinausgehen, sofern sie nachweislich auf die Erhöhung der relevanten Indizes zurückzuführen sind. Sollte die Teuerung also über 2 Prozent liegen, müsste der gesamte Verpflichtungskredit erhöht werden. Hierfür soll der Bundesrat gestützt auf das Alpenrheingesetz ermächtigt werden, den Verpflichtungskredit im Umfang der auf die Teuerung zurückzuführenden Mehrkosten zu erhöhen.
Aufgrund der langen Dauer des Projekts ist nicht auszuschliessen, dass die Mehrwertsteuer in der Schweiz während der Projektdauer erhöht wird, z.B. in Zusammenhang mit der Finanzierung der Sozialversicherungen. Auch hierfür soll der Bundesrat gestützt auf das Alpenrheingesetz ermächtigt werden, den Gesamtbetrag im Umfang der durch diese Anpassungen entstehenden Mehrkosten zu erhöhen.
Weiter ist im Staatsvertrag geregelt, wie mit allfälligen Mehrkosten umzugehen ist, welche nicht auf die Teuerung zurückzuführen sind: Mehrkosten, die sich bei der Umsetzung des Gemeinsamen Werks ergeben und von beiden Vertragsstaaten als notwendig anerkannt werden, werden von den Vertragsstaaten zu gleichen Teilen getragen. Der Bilaterale Ausschuss befasst die Vertragsstaaten, sobald erkennbar ist, dass Mehrkosten mit hoher Wahrscheinlichkeit anfallen werden. Allfällig entstehende Mehrkosten, die nicht auf die Teuerung oder eine Anpassung der Mehrwertsteuersätze zurückzuführen sind, müsste der Bundesrat in einem Zusatzkredit zum Verpflichtungskredit dem Parlament beantragen.
Das UVEK erstattet dem Bundesrat alle fünf Jahre Bericht über die Verwendung der an die IRR geleisteten Zahlungen (siehe Ziff. 4.2, Art. 4 Alpenrheingesetz).
¹6 SR 725.116.2
¹7 SR 725.116.21
¹8 SR 910.1
¹9 SR 913.1
5.3 Umsetzungs- und Finanzierungsetappen des Bundes
5.3.1 Zeitplan
Die IRR geht in ihren Kostenermittlungen davon aus, dass der vierte Staatsvertrag per 1. Juli 2025 in Kraft tritt. Die IRR geht weiter davon aus, dass der Baustart nach erfolgreichem Abschluss der Genehmigungsverfahren frühestens am 1. Juli 2027 erfolgen kann. Der Baustart setzt eine vorgängige Genehmigung des Bauprojekts im Kanton St. Gallen und im Land Vorarlberg voraus.
Das führt mit einer 20-jährigen Bauzeit zu einem Bauabschluss im Jahr 2047. Unter Berücksichtigung weiterer fünf Jahre für Überwachung und Erhaltung wird das Gemeinsame Werk voraussichtlich im Jahr 2052 fertig gestellt. Die voraussichtliche Realisierungsdauer (Genehmigung, Bau, Überwachung und Erhaltung) beträgt damit rund 27 Jahre.
Der geplante Bauablauf optimiert die Kosten und die finanzielle Tragbarkeit über die gesamte Bauzeit. Zudem wurde der Bauablauf so geplant, dass trotz starker Bautätigkeit möglichst geringe Belastungen für die Anwohnerinnen und Anwohner sowie die Umwelt auftreten, die Auswirkungen auf angrenzende Infrastrukturen wie Wasser-, Strom- oder Gasversorgung verträglich sind und möglichst wenig Transporte erforderlich sind.
5.3.2 Bauablauf
Das Bauprogramm sieht eine Umsetzung in vier Bauabschnitten vor (für eine graphische Darstellung des Bauablaufs siehe «Technischer Bericht zum Gemeinsamen Werk vom 19. September 2023», Abbildung 38, Seite 47). Die Arbeiten beginnen bei den Abschnitten mit dem grössten Handlungsbedarf aus Sicht des Hochwasserschutzes.
Folglich starten die Bauarbeiten mit dem Abschnitt «Diepoldsauer Durchstich» und dem Abschnitt «Fussacher Durchstich». In beiden Abschnitten werden die Dämme über 5 bzw. 6 Jahre neu gebaut oder saniert. Im Fussacher Durchstich wird mit der Aufweitung des Gerinnes begonnen.
Im Baujahr 5 starten voraussichtlich die Bauarbeiten auf dem Abschnitt «Zwischenstrecke». Auch hier werden die Dämme neu gebaut respektive saniert und das Gerinne aufgeweitet. Die voraussichtliche Bauzeit wird sich von Baujahr 5 bis Baujahr 10 erstrecken. Daran anschliessend folgt in den Baujahren 11 bis 14 die Aufweitung des Gerinnes im Abschnitt «Diepoldsauer Durchstich».
Im Abschnitt «Obere Strecke» wird nach Plan ab Baujahr 11 mit der Umlegung des Ehbaches und dem Neubau der Dämme im Bereich der Frutzmündung gestartet. Bis zum Baujahr 20 folgt der Neubau und die Sanierung der restlichen Dammstrecken und die Aufweitung des Gerinnes.
5.3.3 Finanzplanung
Gemäss Bauprogramm werden sich einzelne Bauabschnitte überlagern und die Intensität der Bauarbeiten wird in einzelnen Phasen höher sein. Der Mittelbedarf wird sich über die gesamte Bauzeit voraussichtlich zwischen 29 und 70 Millionen Franken pro Jahr bewegen.
Die untenstehende Tabelle 2 zeigt Zeitraum und Kosten für die einzelnen Bauabschnitte sowie die Kosten, welche für übergeordnete Arbeiten über die gesamte Realisierungsdauer anfallen.
Tabelle 2
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Bauabschnitt | Zeitraum Jahr | Kosten in Millionen CHF |
---|---|---|
Übergeordnete Kosten Organisation der IRR, Risikokosten, Erhaltung und Überwachung, Wasserwehr, übergeordnete Planungsarbeiten | 2025-2052 | 352,95 |
Fussacher Durchstich Dammbau und Aufweitung | 2027-2033 | 122,50 |
Diepoldsauer Durchstich Dammbau und Aufweitung | 2027-2041 | 141,85 |
Zwischenstrecke Dammbau und Aufweitung | 2032-2038 | 113,20 |
Obere Strecke Dammbau und Aufweitung | 2038-2047 | 309,90 |
Summe | 1040,4 |
Bei den übergeordneten Kosten wurden alle Kosten ausgewiesen, welche nicht direkt einem konkreten Bauabschnitt zugeordnet werden können. Dazu gehören Kosten für die Organisation der IRR (d.h. Personalkosten, Sachkosten), Wasserwehr, ein grosser Teil der Risikokosten, die Ausgleichszahlungen für Eingriffe in Rechte sowie alle Kosten für die Erhaltung und Überwachung. Diesen Kosten beinhaltet auch die entsprechende Teuerung und die Mehrwertsteuer.
5.4 Teuerungsannahmen
In der aktuellen Kostenermittlung wurde eine prognostizierte Teuerung in der Schweiz und Österreich von 2 Prozent berücksichtigt; damit wurde den jüngsten gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen und der Preisentwicklung in beiden Vertragsstaaten Rechnung getragen.
Die Teuerung macht - bedingt durch die lange Realisierungsdauer von 27 Jahren - fast einen Viertel der Gesamtkosten aus.
Die Schweiz und Österreich haben sich im Staatsvertrag verpflichtet, eine eventuell höhere Teuerung zu gleichen Teilen zu finanzieren. Die Indizes zur Bemessung eines Teuerungsanstieges sind in Artikel 4 Absatz 5 des vierten Staatsvertrages festgelegt (vgl. Ziff. 3.2, Art. 4 Abs. 5 des Staatsvertrags).
6 Auswirkungen
6.1 Auswirkungen auf den Bund
6.1.1 Finanzielle Auswirkungen
Wie bereits unter Ziffer 5.2 ausgeführt, betragen die Gesamtkosten des Projekts 2194,4 Millionen Franken. Davon ist der von der Schweiz gemäss Staatsvertrag zu übernehmende Anteil 1040,4 Millionen Franken. Der Bund übernimmt vom Anteil der Schweiz 80 Prozent der Kosten, die restlichen 20 Prozent der Kosten werden vom Kanton St. Gallen getragen.
Der vom Kanton St. Gallen getragene Teil der Kosten wird vom Bund vorfinanziert und vom Kanton in jährlichen Tranchen zurückerstattet. Die Rückzahlung des Kantons an den Bund erfolgt über den Ertragskredit des BAFU 810/E130.0001 (Rückerstattung Beiträge).
Tabelle 3
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Finanzielle Auswirkungen für die Schweiz | Kosten in Millionen CHF | Anteil |
---|---|---|
Finanzbedarf für die schweizerische Eidgenossenschaft | 1040,40 | 100 % |
Anteil Kanton St. Gallen | 208,08 | 20 % |
Anteil Bund | 832,32 | 80 % |
Davon Interessensbeitrag über den NAF (ASTRA) | 5,20 | 0,5 % |
Davon Hochwasserschutz (BAFU) | 827,12 | 79,5 % |
Insgesamt belaufen sich die Bundeskosten auf 832,32 Millionen Franken oder jährlich durchschnittlich 30,83 Millionen Franken.
Bemessung des Verpflichtungskredits
Die Höhe des Verpflichtungskredits bemisst sich an dem von der Schweiz zu leistendem Anteil (siehe Ziff. 5.2). Dieser beträgt insgesamt 1040,4 Millionen Franken über die Dauer von 27 Jahren. Im Verpflichtungskredit berücksichtigt sind die Basiskosten (591,05 Millionen), Risikokosten (116,15 Millionen), die prognostizierte Teuerung im Umfang von 2 Prozent (247,75 Millionen), der Anteil der Schweiz an der Mehrwertsteuer (70,4 Millionen) sowie der Finanzbedarf für die Erhaltung der bestehenden Werke (15,05 Millionen).
Aufstockung Investitionskredit Hochwasserschutz (BAFU)
Der Finanzbedarf für die Schweizerische Eidgenossenschaft wird über den Kredit 810/A236.0124 «Hochwasserschutz» beglichen. Der Anteil des Kantons St. Gallen und der Interessensbeitrag über den NAF (ASTRA) werden vom BAFU vorfinanziert und anschliessend in Rechnung gestellt. Die Rechnungsstellung erfolgt basierend auf dem jährlichen Bauprogramm der IRR. Dem Kanton St. Gallen wird somit ein Anteil von 20 Prozent des jährlichen Finanzbedarfs für die Schweizerische Eidgenossenschaft in Rechnung gestellt. Der Interessensbeitrag über den NAF (ASTRA) beträgt 0,5 Prozent des jährlichen Finanzbedarfs für die Schweizerische Eidgenossenschaft. Die Rückerstattung des Kantons St. Gallen und aus dem NAF erfolgt über den Ertragskredit des BAFU 810/E130.0001 (Rückerstattung Beiträge).
Im Kredit «Hochwasserschutz» müssen folglich die gesamten Bundeskosten (832,32 Mio.) zuzüglich des Anteils des Kantons St. Gallen (208,08 Mio.) finanziert werden (Bruttoprinzip, 1040,4 Mio.). Der durchschnittliche jährliche Bedarf beim BAFU für das Projekt und die Begleichung der Verpflichtungen (einschliesslich Kanton St. Gallen und Interessensbeitrag gemäss NAF) beläuft sich auf 38,53 Millionen Franken.
Im Kredit «Hochwasserschutz» des BAFU sind für den bestehenden Staatsvertrag mit Österreich bereits 135 Millionen Franken (oder 5 Mio. Franken jährlich) vorgesehen. Die zusätzlichen Aufwände für die Bundeskasse (Hochwasserschutzkredit), die noch nicht budgetiert sind oder durch Erträge (Anteil Kanton St. Gallen und NAF) gedeckt werden, betragen 692,12 Millionen Franken.
Aufgrund der variierenden Bauintensität sind starke Schwankungen im Auszahlungsverlauf zu erwarten. Laut dem aktuell vorgesehenem Projektverlauf werden die Auszahlungen aus dem Investitionskredit 810/A236.0124 «Hochwasserschutz» an die Kantone von 146 Millionen Franken im Jahr 2025 bis auf rund 267 Millionen Franken im Jahr 2031 und auf rund 259 Millionen Franken in den Jahren 2038-2040 ansteigen und anschliessend bis 2052 wieder auf 172 Millionen Franken sinken (s. Tabelle im Anhang).
Der Voranschlagskredit soll ab dem Voranschlag 2025 im Umfang des prognostizierten Mehrbedarfs erhöht werden. Die beim BAFU eingestellten Mittel im Kredit Hochwasserschutz werden jährlich anhand des Projektfortschritts überprüft und gegebenenfalls angepasst.
6.1.2 Personelle Auswirkungen
Die Begleitung des Gemeinsamen Werks durch das BAFU führt während der Projektdauer zu einem geschätzten zusätzlichen Personalaufwand in der Höhe von zwei Vollzeitäquivalenten, d.h. zu rund 360 000 Franken pro Jahr. Dabei handelt es sich um zwei technische Stellen für die Aufsicht über die Ausführungsplanung und die Realisierung beim BAFU. Die Finanzierung der Stellen erfolgt innerhalb des bestehenden Eigenaufwandes des UVEK.
Dieser Personalaufwand ist vergleichbar mit der Begleitung der 3. Rhonekorrektion durch das BAFU, bei welcher der zusätzliche Personalaufwand ebenfalls zwei Vollzeitäquivalente beträgt (siehe Botschaft betreffend der Gesamtkredit für die Realisierung der zweiten Etappe der 3. Rhonekorrektion (R3) vom 14.12.2018).
6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete
Der Kanton St. Gallen als Standortkanton ist durch das Gemeinsame Werk in verschiedener Hinsicht stark betroffen: Als Behörde für das Plangenehmigungsverfahren und als Grundeigentümer, aber auch als Nutzniesser des besseren Schutzes.
So richtet sich das Plangenehmigungsverfahren für die Umsetzung des Gemeinsamen Werks in der Schweiz nach dem Verfahrensrecht des Kantons St. Gallen. Zudem ist der Kanton St. Gallen auch Eigentümer von Grund und Boden, auf welchem das Gemeinsame Werk umgesetzt wird.
Im Kanton und in den Gemeinden des unteren Rheintals profitieren die Menschen und die Wirtschaft aber auch unmittelbar von der Verbesserung des Hochwasserschutzes. Das betrifft auf Schweizer Seite mindestens 75 000 Menschen, die im St. Galler Wahlkreis Rheintal leben. In der grenzüberschreitenden und soziökonomisch eng vernetzten Region des St. Galler und Vorarlberger Rheintals leben heute über 320 000 Menschen. Auf beiden Seiten des Rheins ist ein Wachstum der Siedlungsgebiete, eine intensivere Nutzung des Lebensraums sowie eine stetige Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastrukturen festzustellen. Bis 2030 rechnen die Prognosen mit einer Bevölkerung von rund 360 000 Menschen, bis 2040 werden wahrscheinlich gegen 375 000 Menschen in dieser Region leben.
6.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft
6.3.1 Allgemeine Bemerkungen
Das Gemeinsame Werk führt zu einer signifikanten Verbesserung des Hochwasserschutzes im unteren Rheintal. Gegenüber dem heutigen Zustand wird das sehr grosse Hochwasserrisiko in Rheinnähe zwischen Illmündung und Bodensee deutlich reduziert - gerade auch im Hinblick auf immer häufiger auftretende Extremhochwasser.
Die Verbesserung des Hochwasserschutzes ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die weitere wirtschaftliche Entwicklung des unteren Rheintals.
Das Hochwasserschutzprojekt basiert auf einem nachhaltigen Ansatz, wobei die Projektplanung wirtschaftliche, umweltpolitische und soziale Kriterien berücksichtigt.
6.3.2 Auswirkungen auf die Industrie
Das St. Galler Rheintal gehört schweizweit zu den Regionen mit dem höchsten Anteil an industriellen Unternehmen im Hochtechnologie-Sektor. Das Gemeinsame Werk ist für diese und weitere der insgesamt über 500 Unternehmen von vitaler Bedeutung.
Im heute überflutungsgefährdeten Perimeter befinden sich auf Schweizer Seite Infrastrukturen und Produktionsanlagen wichtiger Betriebe wie beispielsweise der SFS Group AG und der Leica Geosystems AG in Heerbrugg, der RAUCH Trading AG in Widnau, der Greiner Packaging AG in Diepoldsau oder der Jansen AG in Oberriet.
Die direkten Schäden für die betroffenen Industriebetriebe machen gemäss den Wirtschaftlichkeitsberechnungen mit EconoMe und KNU 11-17 Prozent des gesamten Schadenpotenzials aus.
6.3.3 Auswirkungen auf den Tourismus
Die touristische Nutzung am Alpenrhein konzentriert sich auf die Rad-, Skating- und Wanderwege entlang der Rheindämme, des Bodenseeufers und der anschliessenden Talflanken.
Das Gemeinsame Werk ermöglicht eine Aufwertung des Rheins als Lebensader für die Entwicklung von Sport-, Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten. Im Rahmen des Projekts werden neue Fahr- und Fusswege erstellt. Diese werden für Radfahrende, Spaziergängerinnen und Wanderer zur Mitnutzung zur Verfügung stehen und das bestehende Rad- und Wanderwegnetz aufwerten und erweitern.
Die ökologischen Aufwertungen schaffen vielfältige Naturräume und verbessern die Zugänglichkeit zum Gewässer. Das steigert das Naturerlebnis und den Erholungsnutzen bei Freizeitaktivitäten in Flussnähe.
6.3.4 Auswirkungen auf die Landwirtschaft
Das Gemeinsame Werk wurde in enger Abstimmung mit der Landwirtschaft entwickelt. Im Rahmen einer landwirtschaftlichen Planung wurden die Auswirkungen des Gemeinsamen Werks auf die Landwirtschaft untersucht und mögliche Synergien ausgearbeitet.
Das Gemeinsame Werk führt auf Schweizer Seite zum Verlust von 156 ha zumeist intensiv in Graswirtschaft genutzter Landwirtschaftsfläche. Diese Fläche entspricht rund 0,2 Prozent der landwirtschaftlichen Produktionsfläche des Kantons St. Gallen. Es sind keine Fruchtfolgeflächen betroffen. Die betroffenen Flächen liegen vollständig innerhalb der bestehenden Hochwasserschutzdämme. Grundeigentümer dieser Flächen ist der Kanton St. Gallen. Die Flächen sind an Landwirtschaftsbetriebe verpachtet. Das verbleibende Vorland und die Dammflächen werden zukünftig extensiv bewirtschaftet. Die Extensivierung der Bewirtschaftung des Gewässerraums erfolgt zeitlich abgestimmt auf die Bauetappen (siehe auch Ziff. 4.2; Art. 7 Alpenrheingesetz).
Ein wichtiger Aspekt für die Landwirtschaft sind Bodenverbesserungsmassnahmen ausserhalb der Hochwasserschutzdämme. Im Zuge eines Meliorationsprojekts in den Jahren 1942 bis 1962 wurden im St. Galler Rheintal eine Fläche von rund 4200 ha melioriert. Die Nutzung dieser Böden ist für die Landwirtschaft jedoch zunehmend mit Problemen verbunden. Dafür verantwortlich sind die bekannten Erscheinungen von Setzung, Sackung und Torfverzehr. Zudem weist rund ein Viertel der drainierten Flächen einen kritischen Flurabstand von unter einem halben Meter auf.
Um den gewünschten Flurabstand wieder herzustellen resp. zu verbessern, sind Bodenverbesserungsmassnahmen vorgesehen. Die Zuständigkeit für die Koordination und Umsetzung der landwirtschaftlichen Projekte liegt auf kommunaler und kantonaler Stufe. Das Bodenmaterial, welches bei den Bauarbeiten des Gemeinsamen Werks verfügbar wird, kann für diese Bodenverbesserungsmassnahmen zur Verfügung gestellt werden. Damit wird mit dem Gemeinsamen Werk ein Beitrag zum Erhalt der landwirtschaftlichen Produktionsfähigkeit und Bodenfruchtbarkeit im St. Galler Rheintal geleistet.
6.3.5 Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung
Ein Grossteil des Trinkwassers für die über 320 000 Bewohnerinnen und Bewohner des unteren Rheintals wird aus Grundwasser gewonnen. Sowohl während als auch nach Abschluss der Bauarbeiten muss daher die Versorgung des Rheintals mit qualitativ einwandfreiem Trinkwasser aus Grundwasser sichergestellt sein.
Gemeinsam mit den Trinkwasserversorgern wurde eine Begleitplanung erarbeitet, die regelt, wann einzelne Brunnenfelder während der Bauzeit vorübergehend ausser Betrieb genommen werden müssen und wie die Versorgung mit Ersatzwasser jederzeit sichergestellt wird.
6.3.6 Regionale Wettbewerbsfähigkeit
Das Gemeinsame Werk hat beträchtliche Auswirkungen auf die regionale Wettbewerbsfähigkeit.
Der Schutz des unteren Rheintals macht die Ansiedlung von weiteren Industrie- und Dienstleistungsbetrieben wahrscheinlich. Zudem zielt die Umgestaltung des Fliessgewässers ab auf eine Diversifizierung des Tourismusangebotes durch die Nutzung des Flusses als Erholungsgebiet.
6.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft
6.4.1 Sicherheit und Gesundheit
Die Hochwassersicherheit für Menschen, Umwelt und Sachwerte wird im unteren Rheintal deutlich erhöht.
Auf die Gesundheit der Menschen sind insofern Auswirkungen zu erwarten, als dass der Erholungswert des Rheins durch die ökologische Aufwertung und die bessere Zugänglichkeit zum Gewässer massiv gesteigert wird.
6.4.2 Bildung
Im Bereich Bildung sind keine Auswirkungen zu erwarten; die entsprechende Frage wurde daher nicht detailliert untersucht.
6.4.3 Selbstverantwortung und Handlungsspielraum
Die Selbstverantwortung und der Handlungsspielraum der Privatpersonen wird bei der geplanten Verbesserung des Hochwasserschutzes gewahrt.
6.4.4 Kultur, gesellschaftliche Werte und Ressourcen
Auf Kultur, gesellschaftliche Werte und Ressourcen sind insofern Auswirkungen zu erwarten, als dass der Rhein in seiner Bedeutung als Lebensader für das Tal wieder stärker an Bedeutung gewinnt. Die besseren Nutzungsmöglichkeiten für Naherholung und Tourismus werden den Menschen eine noch stärkere Identifikation mit dem Rheintal erlauben.
6.5 Auswirkungen auf die Umwelt
Das Gemeinsame Werk entspricht den gesetzlichen Anforderungen und der Umweltpolitik des Bundes.
6.5.1 Anforderungen aus der Umweltpolitik
Wie unter Ziffer 1.3 erwähnt, entspricht das Vorhaben der Strategie «Nachhaltige Entwicklung 2030». Im Bereich Umwelt wirkt es insbesondere im Sinne der Stossrichtung, die Artenvielfalt und genetische Vielfalt zu erhalten, nachhaltig zu nutzen, zu fördern und wiederherzustellen.
6.5.2 Verbesserung der Gewässerökologie
Auf dem Rheinabschnitt zwischen Illmündung und Bodensee bestehen im heutigen - flussmorphologisch monotonen und naturfremden - Zustand erhebliche Defizite hinsichtlich der Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Die Gesetzgebungen der beiden Staaten (Wasserbau- und Gewässerschutzgesetz in der Schweiz, Wasserrechtsgesetz in Österreich) verlangen im Rahmen der Umsetzung eines Wasserbauprojekts auch eine Verbesserung des ökologischen Zustands.
Das übergeordnete ökologische Entwicklungsziel des Gemeinsamen Werks besteht darin, den «möglichst natürlichen Verlauf» auf dem betreffenden Rheinabschnitt wiederherzustellen.
Dazu wird die durchschnittliche Breite des Mittelgerinnes von ca. 70 m auf ca. 210 m verdreifacht. In einzelnen sogenannten Kernlebensräumen kann sich das Gerinne auf einer Breite von über 300 m dynamisch verhalten. In den Kernlebensräumen können sich Auenwald und vielfältige Strukturen (z.B. Stillwasserzonen) entwickeln und so den Biotopverbund über die gesamte Projektstrecke hinweg fördern.
Auch auf den Strecken zwischen den Kernlebensräumen wird der Lebensraum im Fliessgewässer so weit wie möglich aufgewertet, und die Flusssohle wird verbreitert. Aufgrund der räumlichen Einschränkungen werden hier zusätzlich Massnahmen in Form von Buhnen und Holzstrukturen umgesetzt. Sie fördern die Strukturvielfalt in den Zwischenstrecken und stärken deren Vernetzungsfunktion.
6.5.3 Umweltverträglichkeit
Das Gemeinsame Werk wurde bereits auf der Stufe Generelles Projekt (entspricht in der Schweiz dem Vorprojekt) einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Vorgaben des Kantons St. Gallen respektive der Umweltverträglichkeitserklärung nach den Vorgaben Österreichs unterzogen.
Der entsprechende Bericht aus dem Jahr 2018 beschreibt die für die weitere Verbesserung der Umweltverträglichkeit zu prüfenden Massnahmen, die in der weiteren Planung und in der Umsetzung berücksichtigt werden.
Auf Stufe «Genehmigungsprojekt» richtet sich das Genehmigungsverfahren inklusive Umweltverträglichkeitsprüfung für das Hochwasserschutzprojekt in der Schweiz nach dem Wasserbaugesetz des Kantons St. Gallen (WBG SG). Genehmigungsbehörde ist das Bau- und Umweltdepartment des Kantons St. Gallen. Aktuell wird im Kanton St. Gallen ein Gesetz erarbeitet, das ein konzentriertes kantonales Verfahren für die Umsetzung des Gemeinsamen Werks vorsieht. Dieses Gesetz soll ab Januar 2025 anwendbar sein.
In Österreich gelangt ein vollkonzentriertes Genehmigungsverfahren nach dem Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit zur Anwendung (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 - UVP-G 2000). Genehmigungsbehörde ist die Vorarlberger Landesregierung.
Die beiden Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung in den beiden Staaten werden im Sinne des Übereinkommens von Espoo vom 25. Februar 1991 2⁰ miteinander koordiniert.
2⁰ SR 0.814.06
6.6 Andere Auswirkungen
6.6.1 Aussenpolitik
Das Gemeinsame Werk führt die bewährte und über 130-jährige Zusammenarbeit für den bilateralen Hochwasserschutz mit Österreich weiter. Die Zustimmung zum ausgehandelten Staatsvertrag stärkt das partnerschaftliche Verhältnis der beiden Nachbarländer. Eine Ablehnung des Staatsvertrags würde die guten Beziehungen zu Österreich sehr wahrscheinlich belasten und auch die heute bestehende Regulierung des Rheins erschweren.
7 Rechtliche Aspekte
7.1 Verfassungs- und Gesetzesmässigkeit
Der Staatsvertrag stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV) 2¹ , wonach die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes sind. Die Bundesversammlung beteiligt sich an der Gestaltung der Aussenpolitik, beaufsichtigt die Pflege der Beziehungen zum Ausland und genehmigt die völkerrechtlichen Verträge (Ar. 166 BV und Art. 24 ParlG 2² ).
Das Alpenrheingesetz über die Verbesserung des Hochwasserschutzes am Rhein von der Illmündung zum Bodensee, welches die Umsetzung des Gemeinsamen Werks in der Schweiz regelt, stützt sich auf Artikel 76 Absatz 3 BV.
Der Kreditbeschluss stützt sich auf Artikel 167 BV, der die Bundesversammlung ermächtigt, über diesen Finanzierungsbeschluss abzustimmen.
2¹ SR 101
2² SR 171.10
7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz
Das Abkommen ist mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar. Es steht insbesondere im Einklang mit dem Übereinkommen vom 17. März 1992 zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen ²3 ; dessen Ziel ist, die internationale Zusammenarbeit zu fördern, um die Wasserqualität zu erhalten und die nachhaltige Nutzung grenzüberschreitender Oberflächengewässer und des Grundwassers zu gewährleisten.
²3 SR 0.814.20
7.3 Erlassform
Da der vierte Staatsvertrag als völkerrechtlicher Vertrag unbefristet und unkündbar ist (Art. 141 Abs. 1 Bst. d Ziff. 1 BV), die Schaffung einer internationalen Organisation (die IRR) zum Gegenstand hat (Art.141 Abs. 1 Bst. d Ziff.2 BV) und und zur Umsetzung den Erlass eines Bundesgesetzes erfordert (Art. 141 Abs. 1 Bst. d Ziff. 3 BV), untersteht er dem fakultativen Referendum.
Die Umsetzung des Staatsvertrages erfordert gemäss Artikel 164 Absatz 1 BV den Erlass eines Bundesgesetzes. Das Alpenrheingesetz ü untersteht dem fakultativen Referendum (Art. 141 Abs. 1 Bst. a BV).
Gemäss Artikel 163 Absatz 2 BV und Artikel 25 Absatz 2 ParlG ergeht der Erlass des Kreditbeschlusses in Form eines einfachen Bundesbeschlusses, der nicht dem Referendum untersteht.
7.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse
Gemäss Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedürfen Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte.
Vorliegend fallen einmalige Ausgaben an, die über dem Schwellenwert von 20 Millionen Franken liegen. Diese Ausgaben werden durch den Staatsvertrag begründet. Staatsverträge unterstehen allerdings nicht der Ausgabenbremse, weil es nicht möglich ist, die Bestimmung über den finanziellen Beitrag der Schweiz herauszubrechen und unabhängig vom Rest der Vorlage zu behandeln. Das Alpenrheingesetz und der Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für die Schweizer Beteiligung an der Verbesserung des Hochwasserschutzes am Rhein von der Illmündung bis zum Bodensee sind der Ausgabenbremse ebenfalls nicht zu unterstellen, weil beide zur Erfüllung des Staatsvertrags notwendig sind.
7.5 Vorläufige Anwendung
Es ist keine vorläufige Anwendung des völkerrechtlichen Vertrages vorgesehen.
7.6 Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz
Der Hochwasserschutz ist in der Schweiz eine Verbundaufgabe zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden. In der Regel sind die Kantone in der Rolle der Bauherren und der Bund unterstützt sie mit leistungsabhängigen Subventionen. Anders verhält es sich beim Gemeinsamen Werk: Hier tritt der Bund als Bauherr auf und der Kanton St. Gallen erstattet einen Teil der Kosten an den Bund zurück (vgl. Ziff. 4.2). Aus diesem Grund ist es gerechtfertigt, dass die Beteiligung des Bundes höher ausfällt, als es bei einem rein innerschweizerischen Projekt der Fall gewesen wäre.
Bei der Zuweisung der staatlichen Aufgaben, beziehungsweise der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kanton St. Gallen im Rahmen des vierten Staatsvertrages, wird der Grundsatz der Subsidiarität gemäss Artikel 5 a Absatz 1 BV beachtet. Der Bund übernimmt im Rahmen der Beteiligung an der Finanzierung und der Aufsicht über die Ausführung des Gemeinsamen Werks nur diejenigen Aufgaben, welche die Kraft des Kantons übersteigen oder einer einheitlichen Regelung bedürfen.
Was das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz gemäss Artikel 43 a BV Absätze 2 und 3 betrifft, so trägt die Kostenverteilung zwischen Bund und Kanton der Tatsache Rechnung, dass das Rheintal nicht nur für den Kanton St. Gallen, sondern für die ganze Schweiz ein wichtiger Lebens- und Wirtschaftsraum ist, und die Hochwasserschäden, mit welchen ohne Realisierung des Gemeinsamen Werks zu rechnen wäre, neben dem kantonalen Finanzhaushalt auch den Bundesfinanzhaushalt potenziell stark belasten würden (vgl. Ziff. 1.1).
7.7 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes
7.7.1 Bedeutung der Subvention für die vom Bund verfolgten Ziele
Das Gemeinsame Werk erfüllt die Anforderungen des Bundesgesetzes über den Wasserbau. Im vorliegenden Fall liegt der Hochwasserschutz nicht im Auftrag des Kantons, sondern im Auftrag der vom Bund mandatierten IRR. Der Bund gewährt der IRR Beiträge für Massnahmen, die auf einer zweckmässigen Planung beruhen, die gesetzlichen Anforderungen erfüllen und ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen (vgl. Ziff. 3.2, Art. 9).
Mit der Verbesserung des Hochwasserschutzes auf der Rheinstrecke zwischen Illmündung und Bodensee setzt das Vorhaben die Rahmenbedingungen für die sozioökonomische Entwicklung des unteren Rheintals. Darüber hinaus wird die Umgestaltung des Fliessgewässers die ausgeprägten ökologischen Defizite deutlich verringern; es trägt damit zur Erreichung der Umweltziele bei (vgl. Ziff. 6.2 und 6.5).
7.7.2 Materielle und finanzielle Steuerung der Subvention
Die materielle und finanzielle Steuerung erfolgt direkt über die personelle Vertretung des Bundes in den Gremien der IRR: Aufsichtsrat und Bilateraler Ausschuss (vgl. Ziff. 3.2, Artikel 7-10).
Beim Bilateralen Ausschuss handelt es sich um das mit Vertretern der Vertragsstaaten besetzte Leitungsorgan der IRR. Dem Bilateralen Ausschuss werden die grundlegenden und bedeutenden Entscheidungen im Rahmen der Umsetzung des Gemeinsamen Werks übertragen.
Dem Aufsichtsrat obliegt als Kontrollorgan der IRR im Wesentlichen die Kontrolle der Geschäftsführung. Zudem bedürfen bestimmte - kostenrelevante - Geschäfte der Zustimmung des Aufsichtsrates. Durch die Einrichtung eines Aufsichtsrates wird sichergestellt, dass die Finanzmittel der Staaten effektiv, sparsam und zweckmässig eingesetzt werden.
Die Geschäftsführung legt dem Aufsichtsrat jedes Jahr eine Jahresabrechnung vor, die anschliessend durch einen zugelassenen Wirtschaftsprüfer bzw. eine zugelassene Wirtschaftsprüferin überprüft wird. Der Aufsichtsrat hat den Prüfbericht schliesslich dem bilateralen Ausschuss zur Entlastung der Geschäftsführung vorzulegen.
7.7.3 Verfahren der Beitragsgewährung
Die Herleitung der Subventionssätze und das Verfahren der Subventionsgewährung sind transparent geregelt. Für das Gemeinsame Werk gelten in Bezug auf die Beiträge das im Staatsvertrag und in den Erläuterungen beschriebene Zusicherungsverfahren (vgl. Ziff. 3.2).
7.7.4 Befristung der Subvention
Die Befristung der Subvention ist sichergestellt. Es wird von einer Realisierungszeit bis 2052 ausgegangen. Sobald das Gemeinsame Werk fertiggestellt ist, hat der Bilaterale Ausschuss dies gemäss Artikel 8 des vierten Staatsvertrages zuhanden beider Vertragsstaaten festzustellen.
7.8 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen
Der Bundesrat oder andere Instanzen werden nicht zum Erlass von gesetzesvertretendem Verordnungsrecht bemächtigt.
7.9 Datenschutz
Für die Umsetzung des Staatsvertrages ist keine Bearbeitung von Personendaten oder anderen Massnahmen nötig, die Auswirkungen auf den Datenschutz haben.
Anhang
Modellsimulation der Zahlungsströme 2025-2052 im Kredit A236.0124 «Hochwasserschutz» des BAFU (in Millionen Franken)
Tabelle vergrössern
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Subventionsgegenstand | 2025 | 2026 | 2027 | 2028 | 2029 | 2030 | 2031 | 2032 | 2033 | 2034 | 2035 | 2036 | 2037 | 2038 | 2039 | 2040 | 2041 | 2042 | 2043 | 2044 | 2045 | 2046 | 2047 | 2048 | 2049 | 2050 | 2051 | 2052 | Total |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Programmvereinbarung und Einzelprojekte Gemäss Bundesgesetz über den Wasserbau | 120 | 120 | 120 | 121 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | 122 | |
3. Rhonekorrektion | 20 | 25 | 30 | 50 | 70 | 80 | 80 | 80 | 80 | 80 | 80 | 80 | 80 | 80 | 80 | 80 | 80 | 80 | 80 | 80 | 80 | 70 | 70 | 70 | 70 | 70 | 60 | 50 | |
Alpenrhein ²4 | 11 | 17 | 61 | 52 | 54 | 55 | 70 | 29 | 29 | 29 | 31 | 34 | 47 | 59 | 61 | 62 | 49 | 50 | 51 | 52 | 53 | 54 | 5 | 5 | 5 | 5 | 5 | 5 | 1040 |
Bestehender Staatsvertrag CH-AUT (in PV & EP) | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | -5 | 0 | -135 |
Hochwasserschutz gemäss Bundesgesetz über den Wasserbau | 146 | 157 | 206 | 218 | 241 | 252 | 267 | 226 | 226 | 226 | 228 | 231 | 244 | 256 | 258 | 259 | 246 | 247 | 248 | 249 | 250 | 241 | 192 | 192 | 192 | 192 | 182 | 167 | |
Finanzplan Hochwasserschutz A236.0124 (ab 2028 kalkuliert) | 146 | 147 | 150 | 170 | 172 | 173 | 175 | 177 | 179 | 180 | 182 | 184 | 186 | 188 | 190 | 192 | 193 | 195 | 197 | 199 | 201 | 203 | 205 | 207 | 210 | 212 | 214 | 216 | |
Differenz | 0 | 10 | 56 | 48 | 69 | 79 | 92 | 49 | 47 | 46 | 46 | 47 | 58 | 68 | 68 | 67 | 53 | 52 | 51 | 50 | 49 | 38 | -13 | -15 | -18 | -20 | -32 | -44 |
²4 Die hier dargestellten Bruttoausgaben werden teilweise gegenfinanziert durch die Beteiligung des Kanton St. Gallen (insgesamt CHF 208, 08 Mio.) sowie der Interessenbeitrag NAF (insgesamt CHF 5, 2 Mio.).
Bundesrecht
Botschaft über die Verbesserung des Hochwasserschutzes am Rhein von der Illmündung bis zum Bodensee
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