Parlamentarische Initiative Verlängerung der Bundesbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung bis Ende des Jahres 2026 Bericht der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerats vom 22. Januar 2024 Stellungnahme des Bundesrates
Parlamentarische Initiative Verlängerung der Bundesbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung bis Ende des Jahres 2026 Bericht der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerats vom 22. Januar 2024 Stellungnahme des Bundesrates
vom 24. April 2024
Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren
Zum Bericht der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerats vom 22. Januar 2024 ¹ betreffend die parlamentarische Initiative 23.478 «Verlängerung der Bundesbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung bis Ende des Jahres 2026» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 nachfolgend Stellung.
Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
24. April 2024 | Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi |
Stellungnahme
¹ BBl 2024 560
1 Ausgangslage
Am 1. Februar 2003 ist das Bundesgesetz vom 4. Oktober 2002 ² über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung (KBFHG) in Kraft getreten. Mit diesem zeitlich befristeten Impulsprogramm fördert der Bund die Schaffung von familienergänzenden Betreuungsplätzen für Kinder, damit die Eltern Familie und Erwerbstätigkeit oder Ausbildung besser vereinbaren können. Das Impulsprogram war ursprünglich auf acht Jahre bis zum 31. Januar 2011 befristet. In den Jahren 2010, 2014 und 2018 verlängerte das Parlament das Programm um jeweils 4 Jahre. Im Jahr 2022 wurde das Programm schliesslich bis Ende 2024 verlängert. Finanzhilfen für die Schaffung von familienergänzenden Betreuungsplätzen für Kinder können längstens bis zum 31. Dezember 2024 gewährt werden.
Auf Antrag des Bundesrates wurde das KBFHG auf den 1. Juli 2018 zudem um auf 5 Jahre befristete neue Finanzhilfen erweitert. ³ Es wurden zwei neue Förderinstrumente eingeführt: Zum einen kann der Bund Kantone und Gemeinden mit Finanzhilfen unterstützen, die ihre Subventionen für die familienergänzende Kinderbetreuung erhöhen, um die Betreuungskosten der Eltern zu senken. Zum anderen kann der Bund einen Beitrag an Projekte leisten, die das Betreuungsangebot besser auf die Bedürfnisse der Eltern abstimmen. Auch diese beiden Förderinstrumente wurden im Jahr 2022 bis am 31. Dezember 2024 verlängert - dies, weil die laufenden Arbeiten im Parlament an einer Nachfolgeregelung (pa. Iv. 21.403 «Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung») zur Verstetigung der Anstossfinanzierung andauerten und eine Verlängerung des Impulsprogramms bis Ende 2024 damit notwendig erschien.
Am 20. November 2023 hat die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerats (WBK-S) mit 7 gegen 2 Stimmen bei einer Enthaltung beschlossen, eine parlamentarische Initiative (23.478 «Verlängerung der Bundesbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung bis Ende des Jahres 2026») mit folgendem Wortlaut auszuarbeiten:
«Das Bundesgesetz über Finanzhilfen für die familienergänzende Kinderbetreuung (KBFHG) wird verlängert:
-
hinsichtlich der Finanzhilfen für die Schaffung von familienergänzenden Betreuungsplätzen für Kinder im Sinne des 2. Abschnittes, Artikel 2 und 3 KBFHG;
-
hinsichtlich der Finanzhilfen für die Erhöhung von Subventionen für die familienergänzende Kinderbetreuung im Sinne des 2a. Abschnittes, Artikel 3a und 3b KBFHG.
Die Verlängerung der Finanzhilfen im Sinne des 2. Abschnittes, Artikel 2 und 3 KBFHG bzw. des 2a. Abschnittes, Artikel 3a und 3b KBFHG wird hinfällig, sobald das neue Gesetz, das derzeit im Rahmen der parlamentarischen Initiative
21.403
ausgearbeitet wird, in Kraft tritt, oder spätestens am 31. Dezember 2026.»
Die Einreichung der parlamentarischen Initiative 23.478 zur weiteren Verlängerung der Finanzhilfen bis 2026 erfolgte vor dem Hintergrund, dass die WBK-S eine neue Variante für die Nachfolgeregelung gemäss der parlamentarischen Initiative 21.403 ausgearbeitet hat - sie hat am 6. März 2024 die Vernehmlassung dazu eröffnet - und sich die Nachfolgelösung damit verzögert. Zur Verhinderung einer Regelungslücke sollen die Finanzhilfen daher nochmals verlängert werden. Die Schwesterkommission des Nationalrats (WBK-N) hat der Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzesentwurfs am 11. Januar 2024 mit 16 gegen 8 Stimmen bei einer Enthaltung zugestimmt.
Die WBK-S hat am 23. Januar 2024 den Gesetzesentwurf zur Verlängerung der Bundesbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung bis Ende 2026 und den Entwurf des Bundesbeschlusses über die Finanzhilfen für die familienergänzende Kinderbetreuung (KBFHG) mit 11 zu 2 Stimmen gutgeheissen.
² SR 861
³ AS 2018 2247
2 Bilanz und Evaluation des Impulsprogramms
Der Bund kann mittels Finanzhilfen die Schaffung von familienergänzenden Betreuungsplätzen für Kinder in Kindertagesstätten und in Einrichtungen für die schulergänzende Betreuung fördern. Er kann zudem Strukturen für die Koordination der Betreuung in Tagesfamilien (z. B. Tageselternvereine) unterstützen. Bis am 31. Dezember 2023 hat der Bund die Schaffung von 76 271 Plätzen unterstützt, davon 44 948 in Kindertagesstätten und 31 323 in schulergänzenden Einrichtungen. Bislang ist der Bund hierfür Verpflichtungen von insgesamt 476 Millionen Franken eingegangen. ⁴
Trotz der langjährigen Bundesbeteiligung an der Schaffung neuer Betreuungsplätze bestehen nach wie vor Angebotslücken. Besonders ausgeprägt ist der Mangel in den Agglomerationen sowie in ländlichen Gebieten. Die Evaluationen des Impulsprogramms zeigen, dass das bestehende Angebot an familienergänzenden Betreuungsplätzen die aktuelle Nachfrage nach wie vor nicht zu decken vermag. Rund 20 Prozent der Kinder im Vorschulalter sowie 18 Prozent der Kinder im Schulalter können trotz Bedarf der Eltern nicht im gewünschten Umfang betreut werden. ⁵ Viele Eltern - vor allem Mütter - würden ihre Erwerbstätigkeit gerne ausweiten und wünschen sich daher einen Ausbau des familienergänzenden Betreuungsangebots. Eine Elternbefragung des Kantons Neuenburgs hat jüngst ergeben, dass Eltern bei Schuleintritt ihres Kindes häufiger unfreiwillig ihr Pensum reduzieren als bei dessen Geburt. ⁶
Die neu geschaffenen Betreuungsplätze sind nachhaltig: 96 Prozent der Kindertagesstätten und 94 Prozent der schulergänzenden Angebote wurden auch nach dem Auslaufen der Finanzhilfen des Bundes weitergeführt. Ebenso mussten die wenigsten Anbieter nach dem Wegfall der Finanzhilfen ihr Angebot reduzieren. ⁷
Auf Antrag des Bundesrates wurde das KBFHG auf den 1. Juli 2018 erweitert mit dem Ziel, die Betreuungskosten für die Eltern zu senken und das Betreuungsangebot besser auf die Bedürfnisse erwerbstätiger Eltern abzustimmen. Diese Förderung des Bundes wurde auf fünf Jahre bis zum 30. Juni 2023 befristet und anschliessend nochmals bis zum 31. Dezember 2024 verlängert. Zum einen unterstützt der Bund Kantone und Gemeinden, die ihre Subventionen für die familienergänzende Kinderbetreuung erhöhen, um die Betreuungskosten der Eltern zu senken. Jeder Kanton kann während der Geltungsdauer des Gesetzes nur einmal von der Finanzhilfe des Bundes profitieren. Zum anderen kann der Bund einen Beitrag an Projekte leisten, die das Betreuungsangebot besser auf die Bedürfnisse der Eltern abstimmen. Dazu zählen z. B. Projekte, welche das Betreuungsangebot ausserhalb der üblichen Öffnungszeiten massgeblich verbessern, oder Projekte, die ganztägige und gemeinsam mit der Schule organisierte Betreuungsangebote für Schulkinder bereitstellen.
Für diese zwei zusätzlichen Förderinstrumente wurde ein Verpflichtungskredit von 96,8 Millionen Franken bereitgestellt. Da sich aufgrund der eingegangenen und angekündigten Gesuche abgezeichnet hatte, dass der Kredit in dieser Höhe nicht ausreichen würde, hat das Parlament den Kredit 2021 um 80 Millionen Franken auf 176,8 Millionen Franken erhöht. Die geplanten Mittel wurde im Zusammenhang mit der Umsetzung der Sparvorgabe des Bundesrates um 4,1 Millionen Franken auf 172,7 Millionen Franken gekürzt. Bis am 31. Dezember 2023 haben 17 Kantone ein Gesuch für eine Bundesbeteiligung an Subventionserhöhungen eingereicht, mit denen Finanzhilfen in der Höhe von rund 163,3 Millionen Franken beantragt werden. Für Projekte zur besseren Abstimmung des Angebots auf die Bedürfnisse der Eltern wurden bisher 8 Gesuche im Umfang von insgesamt rund 0,5 Millionen Franken bewilligt.
Die Finanzhilfen für Subventionserhöhungen in Kantonen und Gemeinden wurden evaluiert. ⁸ Den Bundesgeldern wird, obwohl teilweise Mitnahmeeffekte zu beobachten waren, eine förderliche Wirkung bescheinigt: Die politische Akzeptanz der kantonalen Vorlage hat sich dank der Beteiligung des Bundes erhöht, der Gesetzgebungsprozess hat sich beschleunigt oder die Subventionserhöhungen fielen dank der Finanzhilfen des Bundes höher aus als ursprünglich geplant. In der Tendenz erhöhen Kantone mit bereits höherem Finanzierungsgrad ihre Subventionen stärker als jene mit einem tieferen Finanzierungsgrad. Mit den neuen Finanzhilfen bleiben folglich regionale Unterschiede bestehen bzw. könnten sich sogar weiter verstärken. Der Anteil der Ausgaben für die familienergänzende Kinderbetreuung liegt in der Grossmehrheit der untersuchten Kantone auch nach der Subventionserhöhung unter 0,1 Prozent des kantonalen Bruttoinlandprodukts. Dieser Anteil ist im internationalen Vergleich nach wie vor tief. Es ist davon auszugehen, dass die Wirkungen der neuen Finanzhilfen in den einzelnen Kantonen und auch innerhalb eines Kantons unterschiedlich ausfallen. In einigen Gemeinden wurden die Eltern durch die Subventionserhöhungen spürbar entlastet. In anderen Kantonen und Gemeinden dienten die Subventionserhöhungen vor allem dazu, der erhöhten Nachfrage nach subventionierten Plätzen nachzukommen, ohne dass sich die Tarifstrukturen oder Subventionsbeiträge pro Betreuungseinheit merklich verändert haben.
⁴ Vgl. «Finanzhilfen für die Schaffung von familienergänzenden Betreuungsplätzen für Kinder: Bilanz nach zwanzig Jahren», BSV, 2023. Abrufbar unter: www.bsv.admin.ch > Finanzhilfen > Familienergänzende Kinderbetreuung.
⁵ Vgl. den Bericht «Entspricht das bestehende Angebot an familienergänzender Kinderbetreuung der Nachfrage?», Interface Politikstudien Forschung Beratung und Universität St. Gallen, Forschungsbericht Nr.14/17, BSV, 2017, S. 83. Abrufbar unter:
www.bsv.admin.ch
> Finanzhilfen > Familienergänzende Kinderbetreuung > Publikationen > Evaluationen.
⁶ Vgl. das Themenpapier «Ganztägige Bildung und Betreuung in Schweizer Städten. Modelle, Erfahrungen, Empfehlungen. Themenpapier der Städteinitiative Bildung, Städteinitiative Bildung», 2021, S. 7. Abrufbar unter: www.staedteverband.ch > Publikationen > Studien und Berichte.
⁷ Vgl. den Bericht «Nachhaltigkeit der Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung», Ecoplan, Forschungsbericht Nr. 13/17, BSV, 2017, S. 61. Abrufbar unter: www.bsv.admin.ch > Finanzhilfen > Familienergänzende Kinderbetreuung > Publikationen > Evaluationen.
⁸ Vgl. den Bericht «Evaluation Finanzhilfen für familienergänzende Betreuung: Wirkungen der Finanzhilfen für Subventionserhöhungen in Kantonen», Infras und evaluanda, Forschungsbericht Nr. 8/22, BSV, 2022, S. 49-55. Abrufbar unter
www.bsv.admin.ch
> Finanzhilfen > Familienergänzende Kinderbetreuung > Publikationen > Evaluationen.
3 Stellungnahme des Bundesrates
3.1 Politische Einordnung
Sowohl hinsichtlich der Arbeitsmarktbeteiligung als auch der Rollenteilung in Beruf und Familie bestehen in der Schweiz grosse Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Im internationalen Vergleich ist die Erwerbsquote der Frauen in der Schweiz hoch. In den letzten 30 Jahren ist sie von 70 Prozent auf fast 80 Prozent gestiegen. Die Erwerbspensen sind indessen im internationalen Mittelfeld zu verorten. Auf Vollzeitäquivalente umgerechnet entspricht die Erwerbsbeteiligung der 15- bis 64-jährigen Frauen 60 Prozent, diejenige der Männer liegt bei 83,5 Prozent. Als Gründe für die tiefen Erwerbspensen werden insbesondere die Betreuung von Kindern und Angehörigen genannt, die nach wie vor deutlich häufiger von den Frauen wahrgenommen wird. ⁹ Kinder im Haushalt beeinflussen die Rollenteilung von Frauen und Männern stark: 78 Prozent der erwerbstätigen Mütter mit Kindern unter 25 Jahren arbeiten Teilzeit, bei den Vätern macht dieser Anteil 12 Prozent aus. 1⁰ In einer in Erfüllung des Postulats Arslan vom 30. Oktober 2020 1¹ durchgeführten Umfrage werden als die wichtigsten Voraussetzungen für eine Aufnahme einer Erwerbsarbeit oder die Erhöhung eines bestehenden Pensums finanzielle Notwendigkeit, familienfreundlichere Arbeitsbedingungen sowie günstigere externe Kinderbetreuung genannt. ¹2 Von den befragten erwerbstätigen Müttern würde rund ein Viertel gerne mehr arbeiten, ein Viertel würde jedoch gerne weniger arbeiten oder nicht erwerbstätig sein. Knapp die Hälfte der erwerbstätigen Mütter gibt an, mit ihrem Pensum zufrieden zu sein.
In der Schweiz besteht ein hoher Bedarf an Arbeits- und Fachkräften. Die Zuwanderung von ausländischen Arbeits- und Fachkräften spielt bei der Deckung der Nachfrage nach Fachkräften eine wesentliche Rolle. Insbesondere aufgrund des demografischen Wandels, mit welchem auch andere Länder Europas zunehmend konfrontiert sind, nimmt der internationale Wettkampf um sie zu. Der Bundesrat verfolgt das Ziel, den Bedarf nach Arbeits- und Fachkräften bestmöglich im Inland zu decken. Damit die benötigten Arbeits- und Fachkräfte nachhaltig verfügbar sind, ist die Förderung des inländischen Arbeits- und Fachkräftepotenzials - zusammen mit der Arbeitsmigration - daher von zentraler Bedeutung.
Das Ziel des KBFHG ist die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit oder Ausbildung. Für die Verbesserung der Vereinbarkeit sind unterschiedliche Massnahmen erforderlich. Dazu zählen Urlaube nach der Geburt oder Aufnahme eines Kindes (Mutterschaftsurlaub, Urlaub des anderen Elternteils, Elternzeit, Adoptionsurlaub), die Schaffung von familienfreundlichen Arbeitsbedingungen (z. B. flexible Arbeitszeiten), Massnahmen zur Unterstützung von Erwerbstätigen, die Angehörige betreuen und pflegen, steuerrechtliche Massnahmen sowie Massnahmen zur Realisierung der Lohngleichheit für Frau und Mann. Der familienergänzenden Kinderbetreuung kommt für die Verbesserung der Vereinbarkeit eine Schlüsselrolle zu: Ein bedarfsgerechtes Kinderbetreuungsangebot sowie die Kostensenkung für die Eltern zur Verminderung von Abhalteeffekten sind die Voraussetzungen dafür, dass Eltern regelmässig einer Erwerbstätigkeit oder Ausbildung nachgehen können.
Der Bundesrat hat am 28. April 2021 die Gleichstellungsstrategie 2030 ¹3 verabschiedet. Die Strategie sieht Massnahmen in den vier Handlungsfeldern Vereinbarkeit und Familie, berufliches und öffentliches Leben, geschlechtsspezifische Gewalt sowie Diskriminierung vor. Die Massnahmen in Bezug auf die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie sollen dazu beitragen, dass alle Eltern von Rahmenbedingungen profitieren, welche die Vereinbarkeit von Privat-, Familien- und Erwerbsleben sowie die ausgewogenere Aufteilung von bezahlter Arbeit und unbezahlter Haus- und Familienarbeit zwischen den Geschlechtern begünstigen. Der Bundesrat hat sich folglich zum Ziel gesetzt, Förderinstrumente zu unterstützen, welche zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit beitragen. Das Impulsprogramm des Bundes für die Förderung eines bedarfsgerechten familienergänzenden Kinderbetreuungsangebots ist eine wesentliche Massnahme, um die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu verbessern.
Der Bundesrat hat in seinem Bericht vom 29. Juni 2023 ¹4 «Wiedereinstieg und Verbleib in der Erwerbstätigkeit von Frauen mit Kindern» in Erfüllung des Postulats 20.4327 festgehalten, dass auf Bundesebene vier zentrale Handlungsfelder zur weiteren Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen mit Kindern bestehen. Eines der Handlungsfelder ist die Senkung der Kosten der familienergänzenden Kinderbetreuung. Sie soll zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit und zur Bekämpfung des Fachkräftemangels beitragen. Die Rolle des Bundes in Bezug auf die Finanzierung der familienergänzenden Kinderbetreuung ist jedoch subsidiär, liegt sie doch in erster Linie in der Verantwortung der Kantone.
Die Vorlage in Erfüllung der parlamentarischen Initiative 21.403 «Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung» sieht vor, dass der Bund während vier Jahren bis zu 20 Prozent der durchschnittlichen Kosten eines Betreuungsplatzes übernehmen soll. Im ersten Jahr wären für diese neue Leistung nach Hochrechnungen der WBK-N rund 710 Millionen Franken aus dem stark belasteten Bundeshaushalt einzustellen, wobei dieser Betrag in den Folgejahren stark steigen dürfte. Zusätzlich sollen die Kantone mittels Programmvereinbarungen mit globalen Finanzhilfen unterstützt werden. Für die erste 4-jährige Vertragsperiode hat der Nationalrat abzüglich der Sach- und Personalkosten einen Verpflichtungskredit in der Höhe von 224 Millionen Franken festgelegt.
In seiner Stellungnahme vom 15. Februar 2023 ¹5 lehnt der Bundesrat einen Bundesbeitrag zur Senkung der Kosten der familienergänzenden Kinderbetreuung grundsätzlich ab. Die Vorlage wurde vom Nationalrat am 1. März 2023 entgegen der Stellungnahme des Bundesrats mit 107 zu 79 Stimmen und bei 5 Enthaltungen angenommen. In Bezug auf die Finanzierung und die Höhe der Beträge sowie die Programmvereinbarungen folgte der Nationalrat der Vorlage der WBK-N. Die WBK-S hat ihrerseits eine neue Variante mit einer Betreuungszulage als neue Familienzulage und mit Programmvereinbarungen ausgearbeitet. Die Betreuungszulage soll durch Arbeitgeberbeiträge finanziert werden. Weiter sind die Kantone frei, in die Finanzierung auch die Arbeitnehmenden einzubeziehen oder die Betreuungszulage selber mitzufinanzieren. Derzeit befindet sich der Entwurf der WBK-S in der Vernehmlassung.
⁹ Vgl. «Schweizerische Arbeitskräfteerhebung. SAKE in Kürze 2020», Bundesamt für Statistik, 2021. Abrufbar unter: www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Kataloge und Datenbanken > Publikationen.
1⁰ Vgl. den Bericht «Familien in der Schweiz. Statistischer Bericht 2021», Bundesamt für Statistik, 2021, S. 26. Kann abgerufen werden unter: www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Bevölkerung > Familien.
1¹ 20.4327 «Massnahmenplan für den Wiedereinstieg von Frauen in die Arbeitswelt»
¹2 Vgl. die Studie zum Wiedereinstieg und Verbleib von Frauen mit Kindern in der Erwerbstätigkeit, Ecoplan, 2023. Abrufbar unter:
www.seco.admin.ch
> Arbeit > Fachkräftepolitik > Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit.
¹3 Abrufbar unter: www.ebg.admin.ch
¹4 Abrufbar unter:
www.parlament.ch
¹5 BBl 2023 598
3.2 Würdigung des Entwurfs der Kommission
Im Bereich der familienergänzenden Kinderbetreuung sind hauptsächlich die Kantone und Gemeinden zuständig. Die Rolle des Bundes ist subsidiär. Vor diesem Hintergrund hat der Bund sowohl das 2003 geschaffene Impulsprogramm als auch die 2018 erfolgte Erweiterung um zwei weitere Förderinstrumente stets als zeitlich befristete Anschubfinanzierung vorgesehen. Die aktuelle finanzielle Lage des Bundeshaushalts lässt grundsätzlich keinen Spielraum für eine Weiterführung des Bundesengagements in einem kantonalen Zuständigkeitsbereich zu.
Die neuerliche Verlängerung des Impulsprogramms wurde von der WBK-S nun angestossen, weil sie zurzeit zu einer Variante zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative 21.403 eine Vernehmlassung durchführt. Diese sieht insbesondere die Einführung einer Betreuungszulage gemäss dem Familienzulagengesetz vor, die durch die Arbeitgeber und optional durch die Kantone und Arbeitnehmenden finanziert werden soll. Dieser Vorschlag der WBK-S würde den Bundeshaushalt deutlich weniger belasten und dafür die Arbeitgeber stärker in die Pflicht nehmen. Für die Durchführung sieht die WBK-S die bestehende Struktur der Familienzulagen über die Familienausgleichskassen vor, was die Umsetzung erheblich erleichtern wird.
Die bisherige Bilanz des Impulsprogramms fällt eindeutig positiv aus. Den neuen Finanzhilfen wird in fast allen Kantonen eine förderliche Wirkung bescheinigt, die sich beispielsweise in einer deutlich gestiegenen Akzeptanz für kantonale oder kommunale Vorhaben zur Senkung der Kosten für die familienergänzende Kinderbetreuung zeigt. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt sich die Weiterführung insbesondere auch angesichts der Tatsache, dass bis anhin erst 17 von 26 Kantonen ein Gesuch gestellt haben.
Aus den erwähnten Gründen unterstützt der Bundesrat den Antrag der Kommission, das laufende Impulsprogramm längstens bis zum 31. Dezember 2026 zu verlängern. Die Dauer der Befristung ist kurz und erscheint dem Bundesrat angemessen. Zum Zusatzbericht der WBK-S über die Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung wird sich der Bundesrat zu einem späteren Zeitpunkt äussern.
Der Bundesrat teilt zudem die Auffassung der Kommission, dass neben der Verlängerung der Geltungsdauer des Impulsprogramms keine weitere Gesetzesänderung notwendig ist. Das Verfahren für Gesuche um Finanzhilfen hat sich bewährt. Aus heutiger Sicht muss es somit nicht geändert werden.
Was den finanziellen Rahmen betrifft, teilt der Bundesrat die Einschätzung der Kommission, dass eine Erhöhung des laufenden Verpflichtungskredits der Finanzhilfen für die Schaffung von Betreuungsplätzen aufgrund der Verlängerung erforderlich ist. Die beantragten 50 Millionen schätzt der Bundesrat als die minimale zu verpflichtende Summe ein. Im Jahr 2022 konnten 3773 Plätze bewilligt werden und im Jahr 2023 sogar 4347. Da ein Platz im Durchschnitt rund 6300 Franken kostet, würde sich bei gleichbleibenden Zahlen ein Finanzbedarf von etwas mehr als 51 Millionen Franken ergeben. In diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass eine Prioritätenordnung angewendet werden müsste, wie sie bereits im Gesetz vorgesehen ist (Art. 4 Abs. 3 KBFHG). Unter Berücksichtigung, dass der Kredit für die Finanzhilfen für die kantonalen und kommunalen Subventionen und der Finanzhilfen für Projekte, die eine bessere Anpassung des familienergänzenden Betreuungsangebots an die Bedürfnisse der Eltern zum Ziel haben, nicht gänzlich verwendet wird bis zum Ende der Verlängerung, ist es jedoch angebracht einen Teil des Kredits zu Gunsten der Finanzhilfen für die Schaffung von Betreuungsplätzen zu übertragen. Aufgrund der laufenden oder angekündigten Gesuche scheint es, dass ein Betrag von 10 Millionen Franken für diesen Zweck verwendet werden könnte. Die Erhöhung des Kredits für Finanzhilfen zur Schaffung von Betreuungsplätzen kann somit auf 40 Millionen Franken begrenzt werden.
Für die verlängerte Durchführung des Impulsprogramms ist im Bundesamt für Sozialversicherungen zusätzlicher Personal- und Sachaufwand nötig. Gemäss Artikel 11 Buchstabe b der Finanzhaushaltverordnung vom 5. April 2006 ¹6 gehören diese Personal- und Sachaufwände wie in den Vorjahren jedoch nicht in den Bundesbeschluss zum Verpflichtungskredit. Sollte das Parlament der beantragten Verlängerung zustimmen, wird der Bundesrat dem Parlament die dafür erforderlichen Ressourcen im Umfang von 3,2 Millionen Franken mit dem Voranschlag 2025 beantragen.
¹6 SR 611.01
4 Anträge des Bundesrates
Der Bundesrat beantragt, auf die Entwürfe der WBK-S für das Bundesgesetz über Finanzhilfen und für familienergänzende Kinderbetreuung und für den Bundesbeschluss über die Finanzhilfen für die familienergänzende Kinderbetreuung einzutreten und ihnen zuzustimmen, mit folgenden Änderungen im Bundesbeschluss:
Art. 1 Abs. 1 zweiter Satz sowie Abs. 2 und 3
¹ ... Der Verpflichtungskredit für die Finanzhilfen für die Schaffung von Betreuungsplätzen wird um höchstens 40 Millionen Franken erhöht. Zudem wird ein Transfer von 10 Millionen Franken vom Verpflichtungskredit für Finanzhilfen zur Erhöhung der kantonalen und kommunalen Subventionen und für Finanzhilfen für Projekte, die eine bessere Abstimmung des familienergänzenden Betreuungsangebots auf die Bedürfnisse der Eltern zum Ziel haben, zugunsten des Verpflichtungskredits für Finanzhilfen zur Schaffung von Betreuungsplätzen vorgenommen.
² und ³ Streichen
Bundesrecht
Parlamentarische Initiative. Verlängerung der Bundesbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung bis Ende des Jahres 2026. Bericht der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerats vom 22. Januar 2024. Stellungnahme des Bundesrates
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