BBl 2024 1079
CH - Bundesblatt

Allgemeinverfügung der Anmeldestelle Chemikalien über die Zulassung von Biozidprodukten zur Bekämpfung der Tigermücke

Allgemeinverfügung der Anmeldestelle Chemikalien über die Zulassung von Biozidprodukten zur Bekämpfung der Tigermücke
vom 1. Mai 2024
Die Anmeldestelle Chemikalien
¹
, im Einvernehmen mit den Beurteilungsstellen
²
,
gestützt auf Artikel 30 der Verordnung über das Inverkehrbringen von und den Umgang mit Biozidprodukten vom 18. Mai 2005 ³ (VBP),
verfügt:
1. Betroffene Produkte und Anwendungsfälle
a.
Alle als Pflanzenschutzmittel für die Applikationsmethode «Sprühen» zugelassenen Produkte in flüssiger Form, welche als Wirkstoff ausschliesslich Pyrethrin (CAS Nr. 08003-34-7), mit oder ohne Rapsöl kombiniert, enthalten, werden, befristet bis zum 27. Oktober 2024, für einen beschränkten Einsatz als Biozidprodukt der Produktart 18 (PA18) nach Anhang 10 VBP zur Bekämpfung der Tigermücke ( Aedes albopictus , Adulte) und mit den nachfolgenden Auflagen zugelassen:
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Anwendungsfall 1ProduktartSchadorganismusVerwenderkategorie
Nach einer bestätigten Infektion mit einer durch Tigermücken übertragbaren Krankheit nach Reiseexposition (importierter Fall): Bekämpfung von adulten Tigermücken im FreienPA18 - Insektizide, Akarizide und Produkte gegen andere ArthropodenTigermücke ( Aedes albopictus , Adulte)Berufliche Verwenderinnen und Verwender mit Fachbewilligung nach der Verordnung des EDI vom 28. Juni 2005 ⁴ über die Fachbewilligung für die allgemeine Schädlingsbekämpfung (VFB-S)
b.
alle als Pflanzenschutzmittel für die Applikationsmethode «Sprühen» zugelassenen Produkte in flüssiger Form, welche als Wirkstoff ausschliesslich Deltamethrin (CAS Nr. 52918-63-5) enthalten und für die Anwendung im Gewächshaus zugelassen sind, werden, befristet bis zum 27. Oktober 2024, für einen beschränkten Einsatz als Biozidprodukt der Produktart 18 (PA18) nach Anhang 10 VBP zur Bekämpfung der Tigermücke ( Aedes albopictus , Adulte) mit den nachfolgenden Auflagen zugelassen:
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Anwendungsfall 2ProduktartSchadorganismusVerwenderkategorie
Nach einer bestätigten autochthonen Infektion mit einer durch Tigermücken übertragbaren Krankheit (Fall mit Krankheitsübertragung in der Schweiz): Bekämpfung von adulten Tigermücken im FreienPA18 - Insektizide, Akarizide und Produkte gegen andere ArthropodenTigermücke (Aedes albopictus, Adulte)Berufliche Verwenderinnen und Verwender mit Fachbewilligung nach VFB-S
2. Auflagen
1.
Ein Einsatz darf nur auf Anordnung der zuständigen kantonalen Behörde in Absprache mit der Kantonsärztin bzw. mit dem Kantonsarzt erfolgen.
2.
Die Auswahl des Produkts erfolgt in Absprache mit den zuständigen kantonalen Behörden.
3.
Die Eigentümerinnen und Eigentümer wie auch Bewohnerinnen und Bewohner in der Behandlungszone müssen über die produktespezifischen Wiederbetretungsfristen (gemäss EFSA Leitlinien ⁵ ) für Grünflächen informiert werden. Sie sind darüber in Kenntnis zu setzen, dass während dieser Frist die behandelten Grünflächen nicht betreten werden sollen und dass Nutzpflanzen aus der behandelten Fläche erst nach der produktespezifischen Wartefrist konsumiert werden können.
4.
Die Gemeinden müssen über die produktespezifischen Wiederbetretungsfristen (gemäss EFSA Leitlinien) für öffentliche Grünflächen (inkl. Spielplätze) informiert werden.
5.
Die zuständige kantonale Behörde kann bei der Anordnung des Einsatzes die Erfüllung der Informationspflichten nach Ziffer 3 und 4 delegieren.
6.
Für jeden Einsatz sind nach dem Einsatz folgende Daten an die zuständige kantonale Behörde zu melden:
a.
Bei Anwendungsfall 1 (Wirkstoff Pyrethrine): verwendetes Produkt, verwendete Menge des Produkts, total behandelte Fläche, Ort der Behandlung (Postleitzahl);
b.
Bei Anwendungsfall 2 (Wirkstoff Deltamethrin): zusätzlich zu den Angaben nach Buchstabe a muss eine Landschaftskarte, in welcher das behandelte Gebiet genau eingezeichnet ist, eingereicht werden.
7.
Die Biozidprodukte dürfen nicht:
a.
im Wald, in der Nähe von Gewässern oder in anderen besonders empfindlichen oder schützenswerten Lebensräumen und Landschaften angewendet werden;
b.
an Regentagen angewendet werden;
c.
auf Nutztiere und Bienenstöcke gelangen.
8.
Berufliche Verwenderinnen und Verwender müssen sicherstellen, dass:
a.
die Abdrift minimiert wird, indem:
i.
geeignete Geräte (Hand- und Rückensprühgeräte) verwendet werden, die Tröpfchen, die grösser als 100 µm sind, erzeugen, und
ii.
die Anwendung erfolgt, wenn es möglichst windstill ist;
b.
sich während der Anwendung keine Drittpersonen oder Haustiere im Behandlungsbereich aufhalten;
c.
Fenster und Türe von Räumen, die sich im oder in der Nähe des Behandlungsbereichs befinden, bis zum Abschluss der Behandlung geschlossen bleiben;
d.
sie während der Vorbereitung und Anwendung geeignete Schutzausrüstung tragen und die Vorsichts- und Sicherheitsmassnahmen betreffend Arbeitnehmerschutz gemäss Pflanzenschutzmittelzulassung einhalten, die auf der Etikette des Produktes aufgeführt sind (u.a. dürfen die Dämpfe und Aerosole nicht eingeatmet werden);
9.
Die Behandlung erfolgt innerhalb eines Radius von 100 Metern um den Aufenthaltsort der infizierten Person. Beim Anwendungsfall 2 wird die Behandlung zusätzlich innerhalb eines Radius von 100 Metern um den Aufenthaltsort der Person, die die Krankheit importiert hat, sofern diese bekannt ist, durchgeführt. Sind mehrere autochthone Übertragungen bekannt, kann auch eine grössere Fläche behandelt werden. Der Ort und die Fläche, die behandelt werden, liegen im Ermessen der zuständigen kantonalen Behörde und sind fallabhängig.
10.
Zum Schutz der Bienen darf die Behandlung nur am Abend erfolgen.
11.
Die Wahl der Aufwandmenge erfolgt produktabhängig basierend auf den Dosierungshinweisen auf der Etikette. Bei mehreren angegebenen Aufwandmengen in Abhängigkeit vom zu bekämpfenden Organismus wird empfohlen, die geringste Aufwandmenge oder diejenige gegen kleine Fliegenarten zu verwenden. Bei mehreren angegebenen Aufwandmengen in Abhängigkeit von der Kultur wird empfohlen, die geringste Aufwandmenge oder diejenige für Grünpflanzen oder andere bodennahe Kulturen zu verwenden.
12.
Das Produkt wird nur auf die Vegetation unterhalb von 1,5 Meter gesprüht.
13.
Zusätzlich zur Behandlung der Vegetation sollen im Umkreis von 200 Metern um den Aufenthaltsort der infizierten Person Massnahmen zur Bekämpfung der Tigermückenlarven getroffen werden. Alle potentiellen Brutstätten (z. B. Töpfe, Untersätze, Regentonnen) werden zuerst geleert und umgedreht. Mögliche Brutstätten, die so nicht eliminiert werden können, u.a. Abwasserschächte, werden mit Bacillus thuringiensis israelensis / Bacillus sphaericus-basierten Produkten behandelt, die zur Bekämpfung der Tigermückenlarven unter der VBP zugelassen sind. Um auch die Puppen der Tigermücke abzutöten, werden die potentiellen Brutstätten anschliessend zusätzlich mit Silikon-basierten Produkten behandelt.
14.
Die Zahl der adulten Tigermücken soll nach der Behandlung mit Adultfallen erfasst werden. Ziel der Bekämpfung ist es, die Anzahl adulten Tigermücken im behandelten Gebiet um 80 % zu reduzieren. Die Tigermückenpopulation soll bei Anwendungsfall 1 1-4 Tage und bei Anwendungsfall 2 1-2 Wochen nach der Behandlung beobachtet werden.
3. Entzug der aufschiebenden Wirkung
Einer allfälligen Beschwerde gegen diese Allgemeinverfügung wird gemäss Artikel 55 Absatz 2 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 ⁶ (VwVG) die aufschiebende Wirkung entzogen.
4. Rechtsmittelbelehrung
Gegen diese Verfügung kann gemäss Artikel 50 VwVG innert 30 Tagen seit Eröffnung beim Bundesverwaltungsgericht, Postfach, 9023 St. Gallen Beschwerde erhoben werden. Die Rechtsschrift muss spätestens am letzten Tage der Frist der Behörde eingereicht oder zu deren Handen der schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden (Art. 21 Abs. 1 VwVG). Sie hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift der beschwerdeführenden Partei oder ihres Vertreters zu enthalten. Die angefochtene Verfügung und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 52 Abs. 1 VwVG).
21. Mai 2024Anmeldestelle Chemikalien:Der Leiter: Mauro Schindler
¹ Die Anmeldestelle Chemikalien ist nach Art. 4 Abs. 1 Bst. h der Chemikaliengesetz ( SR 813.1 ) die gemeinsame Anlauf- und Verfügungsstelle für Chemikalien des BAFU, BAG und SECO.
² Die Beurteilungsstellen nach Art. 78 ChemV sind das BAG für die Belange des Schutzes des Lebens und der Gesundheit des Menschen, das BAFU für die Belange des Umweltschutzes und des mittelbaren Schutzes des Menschen und das SECO für die Belange des Arbeitnehmerschutzes.
³ SR 813.12
⁴ SR 814.812.32
⁵ «Guidance on the assessment of exposure of operators, workers, residents and bystanders in risk assessment of plant protection products», https://doi.org/10.2903/j.efsa.2022.7032.
⁶ SR 172.021
Bundesrecht
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