Botschaft zur Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)»
Botschaft zur Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)»
vom 19. Juni 2024
Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren
Wir beantragen Ihnen mit dieser Botschaft, die Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)» Volk und Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten mit der Empfehlung, die Initiative abzulehnen.
Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
19. Juni 2024 | Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi |
Übersicht
Die eidgenössische Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)» will die Abgabe für Radio und Fernsehen für Haushalte von heute 335 auf 200 Franken reduzieren und die Unternehmen gänzlich von der Abgabepflicht befreien. Der Bundesrat lehnt die Initiative ab. Diese hätte weitreichende Auswirkungen auf das publizistische Angebot und die regionale Verankerung der SRG. Der Bundesrat anerkennt aber einen gewissen Handlungsbedarf und hat einen Gegenvorschlag auf Verordnungsstufe beschlossen. Damit will er die Haushalte und die Wirtschaft finanziell entlasten.
Ausgangslage
Das Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG) weist der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) den grössten Teil der finanziellen Mittel aus der Abgabe für Radio und Fernsehen zu. Die Haushaltabgabe beträgt aktuell jährlich 335 Franken für Privathaushalte und 670 Franken für Kollektivhaushalte. Auch die mehrwertsteuerpflichtigen Unternehmen mit einem Jahresumsatz ab 500 000 Franken sind abgabepflichtig.
Die SRG erhält 2024 1,25 Milliarden Franken aus dem Ertrag der Radio- und Fernsehabgabe, zuzüglich des Teuerungsausgleichs im Umfang von 69 Millionen Franken. Sie gewährleistet in allen Sprachregionen gleichwertige und inhaltlich umfassende Radio- und Fernsehangebote in den Bereichen Information, Kultur, Bildung und Unterhaltung und je ein Onlineangebot, so wie es die Bundesverfassung, das RTVG und die Konzession der SRG vorsehen.
Inhalt der Initiative
Die eidgenössische Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)» wurde am 10. August 2023 mit 126 290 gültigen Unterschriften eingereicht. Sie will die Höhe der Radio- und Fernsehabgabe für Haushalte von 335 auf 200 Franken senken. Für Unternehmen soll neu keine Abgabepflicht mehr gelten. Die SRG soll mit den reduzierten finanziellen Mitteln in allen Sprachregionen nur noch Radio- und Fernsehprogramme anbieten, die einen «unerlässlichen Dienst für die Allgemeinheit» erbringen. Für die übrigen Anspruchsberechtigten (z. B. konzessionierte Lokalradios und Regionalfernsehen) sieht die Initiative keine Änderungen vor.
Vorzüge und Mängel der Initiative
Die Initiative würde die Haushalte und Unternehmen finanziell deutlich entlasten. Diese könnten die freiwerdenden Beträge anderweitig verwenden.
Dem Bundesrat geht die Initiative zu weit. Die Annahme hätte weitreichende Folgen für das publizistische Angebot und die regional verankerte Struktur der SRG sowie aufgrund des geringeren Service-public-Angebots auf das Publikum. Sie würde sich auch negativ auf die Volkswirtschaft, die Kultur und die Gesellschaft auswirken. Überdies würde die bewährte Aufgabenteilung zwischen Bundesrat und Parlament aufgegeben, die es dem Bundesrat ermöglicht, rasch auf Entwicklungen im dynamischen Medienmarkt zu reagieren
Antrag des Bundesrates
Der Bundesrat beantragt deshalb den eidgenössischen Räten mit dieser Botschaft, die eidgenössische Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)» Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen.
Der Bundesrat sieht aber einen gewissen Handlungsbedarf in finanzieller wie publizistischer Hinsicht. Anstelle eines direkten Gegenentwurfs oder eines indirekten Gegenvorschlags hat er einen Gegenvorschlag auf Verordnungsstufe beschlossen. Mit einer Teilrevision der Radio- und Fernsehverordnung (RTVV) senkt er die Abgabe für Haushalte schrittweise von 335 auf 300 Franken. Unternehmen mit einem mehrwertsteuerpflichtigen Jahresumsatz von bis zu 1,2 Millionen Franken werden neu von der Abgabepflicht befreit. Damit erhält die SRG einen klaren Sparauftrag.
Parallel dazu hat der Bundesrat die bisherige Konzession der SRG bis Ende 2028 verlängert. Im Anschluss an die Volksabstimmung zur SRG-Initiative will der Bundesrat eine neue Konzession erarbeiten und das Mandat der SRG präzisieren. Sie soll ab 2029 gelten und sich an den am 7. September 2022 vom Bundesrat festgelegten Grundzügen orientieren: Die SRG hat ihren Auftrag verstärkt auf Information, Bildung und Kultur auszurichten. Bei der Unterhaltung und beim Sport soll sie auf jene Bereiche fokussieren, die von anderen Anbietern nicht abgedeckt werden. Das Online-Angebot soll stärker auf Audio- und audiovisuelle Inhalte ausgerichtet werden.
Botschaft
1 Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative
1.1 Wortlaut der Initiative
Die eidgenössische Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)» ¹ hat den folgenden Wortlaut:
Die Bundesverfassung (BV) ² wird wie folgt geändert:
Art. 93 Abs. 6
Zur Finanzierung von Radio- und Fernsehprogrammen, die einen unerlässlichen Dienst für die Allgemeinheit erbringen, erhebt der Bund eine Abgabe von 200 Franken pro Jahr ausschliesslich von privaten Haushalten. Juristische Personen, Personengesellschaften und Einzelunternehmen bezahlen keine Abgabe.
Art. 197 Ziff. 15
³
15. Übergangsbestimmungen zu Art. 93 Abs. 6 (Radio und Fernsehen)
¹ Der Gesamtertrag der Abgabe unterliegt den vor Inkrafttreten dieser Verfassungsänderung geltenden Regeln über den Finanzausgleich zwischen den Sprachregionen, um für die sprachlichen Minderheiten gleichwertige und hochwertige Programme zu verbreiten.
² Der Anteil der privaten regionalen Radio- und Fernsehveranstalter an der Abgabe für Radio und Fernsehen entspricht mindestens der vor Inkrafttreten dieser Verfassungsänderung in ihren Konzessionen definierten Summe.
³ Steigt die Zahl der abgabepflichtigen Haushalte, so ist die Abgabe entsprechend zu senken, damit der Gesamtertrag aus der Abgabe unverändert bleibt. Eine allfällige Absenkung der Abgabe erfolgt alle fünf Jahre. Die Teuerung kann dabei berücksichtigt werden.
⁴ Die Grundsätze von Artikel 93 Absatz 6 und Artikel 197 Ziffer 15 Absätze 1-3 sind unmittelbar anwendbares Recht und müssen von allen rechtsanwendenden Behörden und den Gerichten ungeachtet von Artikel 190 angewendet werden.
⁵ Die Bundesversammlung erlässt die Ausführungsbestimmungen zu Artikel 93 Absatz 6 unter Beachtung von Artikel 197 Ziffer 15 Absätze 1-3 spätestens 18 Monate nach dessen Annahme durch Volk und Stände. Treten die Ausführungsbestimmungen innerhalb dieser Frist nicht in Kraft, so erlässt der Bundesrat die Ausführungsbestimmungen in Form einer Verordnung und setzt sie auf diesen Zeitpunkt hin in Kraft. Die Verordnung gilt bis zum Inkrafttreten der von der Bundesversammlung erlassenen Ausführungsbestimmungen.
¹ BBl 2022 1263
² SR 101
³ Die endgültige Ziffer dieser Übergangsbestimmungen wird nach der Volksabstimmung von der Bundeskanzlei festgelegt; dabei stimmt diese die Nummerierung ab auf die anderen geltenden Bestimmungen der Bundesverfassung und nimmt diese Anpassung im ganzen Text der Initiative vor.
1.2 Zustandekommen und Behandlungsfristen
Die eidgenössische Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)» wurde am 17. Mai 2022 von der Bundeskanzlei vorgeprüft ⁴ und am 10. August 2023 mit den nötigen Unterschriften eingereicht. Mit Verfügung vom 31. August 2023 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Initiative mit 126 290 gültigen Unterschriften zustande gekommen ist. ⁵
Die Initiative hat die Form des ausgearbeiteten Entwurfs. Der Bundesrat unterbreitet dazu weder einen direkten Gegenentwurf noch einen indirekten Gegenvorschlag. Stattdessen hat er einen Gegenvorschlag auf Verordnungsstufe verabschiedet. Dabei handelt es sich nicht um einen Gegenvorschlag nach dem Parlamentsgesetz vom 13. Dezember 2002 ⁶ (ParlG). Nach Artikel 97 Absatz 1 Buchstabe a ParlG hat der Bundesrat spätestens bis zum 10. August 2024 einen Beschlussentwurf und eine Botschaft zu unterbreiten. Die Bundesversammlung hat, sofern sie keine Fristverlängerung beschliesst (Art. 105 ParlG), bis zum 10. Februar 2026 über die Abstimmungsempfehlung zu beschliessen (Art. 100 ParlG).
⁴ BBl 2022 1263
⁵ BBl 2023 2008
⁶ SR 171.10
1.3 Gültigkeit
Die Initiative erfüllt die Anforderungen an die Gültigkeit nach Artikel 139 Absatz 3 BV:
a.
Sie ist als vollständig ausgearbeiteter Entwurf formuliert und erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Form;
b.
Zwischen den einzelnen Teilen der Initiative besteht ein sachlicher Zusammenhang. Die Initiative erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Materie;
c.
Die Initiative verletzt keine zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts. Sie erfüllt somit die Anforderungen an die Vereinbarkeit mit dem Völkerrecht.
2 Ausgangslage für die Entstehung der Initiative
2.1 Grundzüge der geltenden Regelung
Gemäss Artikel 93 Absatz 2 BV sollen Radio und Fernsehen zur Bildung und kulturellen Entfaltung, zur freien Meinungsbildung und Unterhaltung beitragen. Dabei berücksichtigen sie die Besonderheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone. Radio und Fernsehen stellen die Ereignisse sachgerecht dar und bringen die Vielfalt der Ansichten angemessen zum Ausdruck. Dieser Auftrag wird im Bundesgesetz vom 24. März 2006 ⁷ über Radio und Fernsehen (RTVG) konkretisiert. Das Gesetz erteilt der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) in Artikel 24 RTVG einen umfassenden Programmauftrag und weist ihr dazu einen überwiegenden Teil der finanziellen Mittel aus der Radio- und Fernsehabgabe zu. Der Bundesrat hielt fest, dass die SRG über eine gewisse Grösse verfügen müsse, wenn die Schweiz über ein namhaftes audiovisuelles Angebot verfügen soll, das auch im grenzüberschreitenden Wettbewerb mit den ausländischen Angeboten konkurrenzfähig ist. Die medienpolitisch notwendige Konzentration der Abgabegelder auf eine nationale Anbieterin gewichteten Parlament und Bundesrat höher als ordnungspolitische Bedenken. ⁸
Am 1. Januar 2019 wurde die vormals geräteabhängige Empfangsgebühr durch eine Abgabe für Radio und Fernsehen ersetzt. Für Haushalte wurde die Abgabe auf 365 Franken festgelegt. Mehrwertsteuerpflichtige Unternehmen mit einem Gesamtumsatz bis zu 500 000 Franken pro Jahr wurden von der Abgabepflicht befreit. Mit seinem Tarifentscheid vom 16. April 2020 beschloss der Bundesrat auf den 1. Januar 2021 eine Senkung der Haushaltabgabe von 365 auf 335 Franken jährlich. Gleichzeitig hat er die Tarifstruktur für die Unternehmensabgabe verfeinert (neu 18 statt nur 6 Tarifstufen). Aufgrund dieses Entscheids müssen rund 90 Prozent der abgabepflichtigen Unternehmen weniger bezahlen. ⁹
Zur heute geltenden Unternehmensabgabe hat das Bundesverwaltungsgericht am 8. November 2023 einen Entscheid gefällt. Es hat die Gestaltung der Tarifstufen bemängelt, die Unternehmensabgabe als solche hat das Gericht aber nicht in Frage gestellt. 1⁰ Das Verfahren ist vor Bundesgericht hängig.
⁷ SR 784.40
⁸ Bericht des Bundesrates vom 17. Juni 2016 in Erfüllung des Postulats 14.3298 der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates (KVF-S) zur Überprüfung der Definition und der Leistungen des Service public der SRG unter Berücksichtigung der privaten elektronischen Medien, S. 11 f.
⁹ Vgl.
www.bakom.admin.ch
> Medienmitteilung vom 16.4.2020 Radio- und Fernsehgebühr ab 2021 um 30 Franken günstiger.
1⁰ Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-4741/2021 vom 8. November 2023.
2.2 Demokratie- und gesellschaftspolitische Bedeutung des Service public der SRG
Der Service public im Bereich der elektronischen Medien ist ein politisch definiertes Angebot im Sinne eines Dienstes an der Gesellschaft, das allen Bevölkerungsschichten und Regionen des Landes nach gleichen Grundsätzen in guter Qualität und zu angemessenen Preisen zur Verfügung stehen soll. Dies hat der Bundesrat in seinem Bericht zum Service public vom Juni 2016 1¹ ausführlich dargelegt und darauf verwiesen, dass die Schweiz auch unter digitalen Verhältnissen und veränderter Mediennutzung auf einen unabhängigen und umfassenden Service public im Medienbereich angewiesen ist. Er vertrat die Ansicht, dass sich das bestehende Modell mit der SRG als grosser, in allen Sprachregionen verankerten Anbieterin für die schweizerische Demokratie bewährt hat und auch zukunftstauglich ist.
1¹ Bericht des Bundesrates vom 17. Juni 2016 in Erfüllung des Postulates 14.3298 der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates (KVF-S) zur Überprüfung der Definition und der Leistungen des Service public der SRG unter Berücksichtigung der privaten elektronischen Medien.
2.3 Auftrag und Angebot der SRG
Die SRG erbringt den medialen Service public auf nationaler bzw. sprachregionaler Ebene. Das RTVG und die geltende Konzession der SRG präzisieren ihren Auftrag und umschreiben ihre staats- und medienpolitische Bedeutung. Sie hat nicht nur umfassende und vielfältige publizistische Leistungen zu erbringen, sondern auch eine integrierende und identitätsstiftende Funktion wahrzunehmen: Sie muss das Verständnis, den Zusammenhalt und den Austausch unter den Landesteilen, Sprachgemeinschaften, Kulturen, Religionen und gesellschaftlichen Gruppierungen fördern und auch die Eigenheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone berücksichtigen.
Die SRG setzt ihren Auftrag in den Programmen ihrer Unternehmenseinheiten mit je mindestens zwei TV- und drei Radioprogrammen um:
-
in der deutschsprachigen Schweiz: Schweizer Radio und Fernsehen (SRF);
-
in der französischsprachigen Schweiz: Radio Télévision Suisse (RTS);
-
in der italienischsprachigen Schweiz: Radiotelevisione Svizzera (RSI).
Für die rätoromanische Schweiz produziert Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (RTR) ein Radioprogramm und verschiedene TV-Sendungen, die in den Programmen der anderen Unternehmenseinheiten gesendet werden. Ferner stellt die SRG in jeder Sprachregion gemäss ihrer Konzession ein «übriges publizistisches Angebot» bereit, das zur Erfüllung des Leistungsauftrags notwendig ist, namentlich Onlineangebote. Darüber hinaus bietet die SRG ein Auslandangebot an (TV5Monde, 3Sat, tvsvizzera.it und swissinfo.ch), das im Unterschied zum übrigen Angebot im Prinzip maximal zur Hälfte aus der Abgabe finanziert wird, mindestens zur Hälfte aus Bundesmitteln.
Mit Blick auf die demokratische Meinungs- und Willensbildung sind die Informationsleistungen der Kern des SRG-Leistungsauftrags. Hierfür muss sie gemäss Konzession mindestens die Hälfte ihrer Einnahmen aus der Abgabe aufwenden. Laut dem Geschäftsbericht der SRG für das Jahr 2023 belief sich dieser Betrag auf 602 Millionen Franken ihrer Gesamtausgaben. ¹2 Die Ausgaben für Unterhaltung und Film beliefen sich im gleichen Jahr auf 328 Millionen Franken (22 % der Ausgaben), jene für Kultur, Gesellschaft und Bildung auf zirka 266 Millionen Franken (18 % der Ausgaben), für Sport auf 185 Millionen Franken (12 % der Ausgaben) und für den Bereich Musik und Jugend auf 97 Millionen Franken (7 % der Ausgaben). ¹3
Die meisten Ausgaben der Unternehmenseinheiten RSI, RTR, RTS und SRF fliessen in die Eigenproduktionen (89 %). Für fremdproduzierte Audio- und Videoinhalte wendet die SRG bloss 11 Prozent der Ausgaben auf.
¹2 Gemessen an den Einnahmen aus der Radio- und Fernsehabgabe beträgt der Anteil 51 Prozent. Vgl.
www.srgssr.ch
> Geschäftsbericht 2023, S. 81.
¹3
www.srgssr.ch
> Geschäftsbericht 2023, S. 81.
2.4 Nutzung und Bewertung der Angebote der SRG
2022 hörten in der gesamten Schweiz durchschnittlich mehr als 3,5 Millionen Menschen, die über 15 Jahre alt sind, täglich Radioprogramme der SRG. Zudem schauen gut 3 Millionen Menschen, die über drei Jahre alt sind, täglich SRG-Fernsehprogramme. In der Schweiz dominieren aber nicht Schweizer, sondern mit gut 60 Prozent Marktanteil die ausländischen öffentlich-rechtlichen und privaten TV-Sender. Der Marktanteil der SRG beträgt 31 Prozent. Private Schweizer Angebote ohne Leistungsauftrag haben einen Marktanteil von 6 Prozent, bei den konzessionierten Regional-TV beträgt er nur 1 Prozent. ¹4
Die Reichweiten nehmen sowohl im Radio als auch im Fernsehen vor allem bei den jüngeren Zielgruppen ab. Diese Entwicklung lässt sich gemäss Mediapulse 2023 im gesamten Medienmarkt beobachten. Generell ist die TV- und Radio-Nutzung bei der jungen Schweizer Bevölkerung gering, dies gilt auch für die Angebote der SRG. Die Fernsehprogramme der SRG erreichen noch rund einen Achtel der 15- bis 24-Jährigen und rund einen Sechstel der 25- bis 34-Jährigen. ¹5 Junge Zielgruppen nutzen insbesondere Social-Media-Plattformen wie Instagram, TikTok und YouTube, um sich zu informieren. Insgesamt nimmt die Nutzung von sozialen Medien wie auch von weiteren Onlinemedien zu Informationszwecken in der gesamten Bevölkerung zu. ¹6 Die Mediennutzung verschiebt sich also zunehmend von linearen Radio- und Fernsehprogrammen zu Online- und sozialen Medien. Aus diesem Grund ist auch die SRG mit Inhalten, die sich zum Teil direkt an die jungen Zielgruppen richten, auf den Social-Media-Plattformen aktiv, was die Konzession ausdrücklich so vorsieht.
Repräsentative Befragungen zeigen eine im Zeitverlauf stabile Zufriedenheit der Schweizer Bevölkerung mit den Angeboten der SRG. Besonders gut bewertet werden diese hinsichtlich Professionalität und Glaubwürdigkeit. ¹7 Auch im Onlinebereich wird die Glaubwürdigkeit der SRG-Angebote von der Bevölkerung als sehr hoch bewertet. Inmitten der Covid-19-Pandemie hat sich gezeigt, dass neben Onlineinformationen von Regierungen und Behörden vor allem die Seiten der SRG als besonders glaubwürdig eingeschätzt wurden, während Inhalte von sozialen Netzwerken die geringste Glaubwürdigkeitsbewertung erzielten. ¹8 Insgesamt halten rund 60 Prozent der Schweizer Bevölkerung öffentliche Medien wie die SRG für wichtig für die Gesellschaft. ¹9
¹4 Vgl. Anhang: Abbildung 1.
¹5 Vgl. Anhang: Abbildungen 2 und 3 .
¹6 fög (2023). Jahrbuch Qualität der Medien 2023:
www.foeg.uzh.ch
> Studien und Analysen > Jahrbuch Qualität der Medien > Gesamtausgabe, S. 140 ff.
¹7 Vgl. Anhang: Abbildung 4.
¹8 Latzer et al. (2021). Vertrauen und Sorgen bei der Internetnutzung in der Schweiz 2021: Themenbericht aus dem World Internet Project - Switzerland 2021.
¹9 Digital News Report. Länderbericht Schweiz (2023):
www.foeg.uzh.ch
> Studien und Analysen > Reuters Institute Digital News Report 2023.
2.5 Verwendung der Radio- und Fernsehabgabe
Die jährliche Abgabe für Radio und Fernsehen beträgt pro Privathaushalt 335 Franken und 670 Franken pro Kollektivhaushalt. Die Unternehmensabgabe ist in 18 Stufen gegliedert und vom jährlichen Gesamtumsatz abhängig. Die folgende Tabelle zeigt, wie die Einnahmen aus der Abgabe 2022 - in Umsetzung von Artikel 68 a RTVG - verwendet wurden.
Tabelle 1
Verwendung des Ertrags aus der Radio- und Fernsehabgabe 2023
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Verwendungszweck | Betrag in Millionen Franken |
---|---|
SRG | 1250 (+ 47 Mio. Teuerung 2⁰ ) |
Private Lokalradio- und Regionalfernsehveranstalter mit Konzession und Abgabenanteil | 81 (+ 3 Mio. Teuerung 2¹ ) |
Keystone-SDA-ATS AG | 4 |
Untertitelung Informationssendungen Regionalfernsehen | 2,5 |
Erhaltung von Programmen | 1 |
Nutzungsforschung (Mediapulse) | 2,8 |
SERAFE AG (Erhebung Haushaltabgabe) | 23,5* |
Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV (Erhebung Unternehmensabgabe) | 4,2 |
Zahlungsverkehrsgebühren | 2* |
BAKOM (Aufsichtstätigkeit) | 4,4 |
Total | 1425,4 |
* Provisorische Angaben |
Die SRG verteilt die finanziellen Mittel aus der Abgabe anhand eines internen Finanzausgleichs, den ihr weder das RTVG noch die Konzession vorschreibt. Im Jahr 2023 wurden 365 Millionen Franken der in der Deutschschweiz generierten Einnahmen zugunsten der anderen Sprachregionen umverteilt. Aufgrund dieses internen Finanzausgleichs kommen SRF (Deutschschweiz) 550 Millionen Franken zu, RTS (Suisse romande) 410 Millionen Franken und 280 Millionen Franken RSI (Svizzera italiana); 25 Millionen Franken flossen an RTR (Svizra Rumantscha). 2²
Ein Vergleich der European Broadcasting Union (EBU) ²3 zeigt, dass beispielsweise den öffentlich-rechtlichen Sendern in Deutschland fast zehn Mal mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stehen als der viersprachig produzierenden SRG. Im Vereinigten Königreich ist es 6,5-mal mehr, in Frankreich das Vierfache und in Italien rund drei Mal so viel. Etwa gleich viele Mittel wie der viersprachigen SRG stehen dem österreichischen Service public für ein einsprachiges Angebot zur Verfügung. ²4
2⁰ Die Fortschreibung des Teuerungsausgleichs kann voraussichtlich ab 2025 nicht gewährleistet werden.
2¹ Das Gleiche gilt ab 2025 für die konzessionierten privaten elektronischen Medien.
2²
www.srgssr.ch
> Geschäftsbericht 2023, S. 70.
²3 Weltweite Vereinigung nationaler Rundfunkanstalten mit Sitz in Genf.
²4 Die Angaben sind kaufkraftbereinigt. EBU: Funding of Public Service Media. Media intelligence Service, March 2022, S. 18.
3 Ziele und Inhalt der Initiative
3.1 Ziele der Initiative
Die Initiative will laut ihrem Argumentarium die SRG auf den Kernauftrag der Grundversorgung beschränken und so die unternehmerische Freiheit der privaten Anbieter stärken bzw. die monopolähnliche Stellung der SRG auf ein vernünftiges Mass reduzieren (mehr Markt, weniger Staat). Daher verlangt sie die finanzielle Entlastung der Haushalte. Insbesondere will sie Junge und Einpersonenhaushalte entlasten. Zudem will sie sämtliche Unternehmen von der Abgabepflicht befreien. Auf medienpolitischer Ebene zielt die Initiative auf eine deutliche Redimensionierung der SRG ab. ²5 Die Initiative will private Angebote erhalten, deshalb soll die Abgabefinanzierung der konzessionierten Lokalradios und Regionalfernsehen im bisherigen Umfang sichergestellt bleiben.
²5 Vgl.
www.srg-initiative.ch
> Weitere Argumente > Argumentarium herunterladen PDF > Argumentarium SRG-Initiative «200 Franken sind genug!», S. 2.
3.2 Inhalt der vorgeschlagenen Regelung
Die Initiantinnen und Initianten wollen die Grundsätze der Abgabe neu auf Stufe Verfassung festlegen. Heute ist das Abgabesystem im RTVG geregelt, die Abgabehöhe bestimmt der Bundesrat in der Radio- und Fernsehverordnung vom 9. März 2007 ²6 (RTVV).
Die Initiative will die finanziellen Mittel für die SRG durch eine Reduktion der Haushaltabgabe auf 200 Franken beschränken. Die Unternehmen sollen keine Abgabe mehr bezahlen. ²7 Mit dem Ertrag aus der Abgabe sollen nur noch Radio- und -Fernsehprogramme der SRG finanziert werden, die einen - nach Annahme der Initiative vom Gesetzgeber zu definierenden - «unerlässlichen Dienst für die Allgemeinheit erbringen».
Keine Reduktion sieht die Initiative bei den Mitteln für konzessionierte Lokalradios und Regionalfernsehen vor. Deren Abgabenanteil soll künftig in der Summe mindestens dem Betrag vor Inkrafttreten der Verfassungsänderung entsprechen. Zum weiteren aus der Abgabe finanzierten Bedarf (vgl. Ziff. 2.5) äussert sich die Initiative nur im Argumentarium (im Sinne einer Beibehaltung).
²6 SR 784.401
²7 Vgl.
www.srg-initiative.ch
> Weitere Argumente > Argumentarium herunterladen PDF > Argumentarium SRG-Initiative «200 Franken sind genug!», S. 3.
3.3 Auslegung und Erläuterung des Initiativtextes
Der geltende Artikel 93 BV bleibt inhaltlich unverändert. Er wird einzig mit einem neuen Absatz 6 ergänzt, der sich auf die maximale Höhe der Abgabe für Radio und Fernsehen bezieht. Die umfassende Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Bereich von Radio und Fernsehen sowie anderer Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen bleibt unverändert.
Im vorgeschlagenen Absatz 6 wird neu ausdrücklich die Erhebung einer Abgabe für Radio und Fernsehen vorgesehen, die ausschliesslich von privaten Haushalten zu entrichten ist und maximal 200 Franken betragen soll. Die Rechtsnatur dieser Abgabe bleibt offen. Was die Verwendung des Ertrags aus dieser Abgabe betrifft, so wird die SRG, auf deren Beschränkung die Initiative abzielt, nicht genannt. Laut dem Wortlaut der vorgeschlagenen Verfassungsnorm soll die Abgabe für Radio und Fernsehen nur für die Finanzierung von Radio- und Fernsehprogrammen und somit für lineare Angebote verwendet werden.
Im Bereich der Radio- und Fernsehprogramme sieht der Initiativtext eine Beschränkung auf Angebote vor, «die einen unerlässlichen Dienst für die Allgemeinheit erbringen». Es handelt sich um eine auslegungsbedürftige Formulierung, die vom Gesetzgeber zu konkretisieren wäre. Vor diesem Hintergrund wird auch klar, dass die Initiative nicht unmittelbar anwendbar ist. Das Parlament hat sich bei seinen Überlegungen auch an den übrigen Inhalten von Artikel 93 BV zu orientieren - insbesondere am Leistungsauftrag in Absatz 2 und der Garantie der Programmautonomie in Absatz 3, welche die Initiative unverändert lässt. Die Initiantinnen und Initianten liefern in ihrem Argumentarium nur wenige Hinweise, wie sie den von ihnen benannten «Kernauftrag der Grundversorgung» der SRG im Rahmen des verfassungsrechtlichen Gesamtkontexts interpretieren. Als Auslegungshilfe können die ausführlichen Übergangs- bzw. Ausführungsbestimmungen beigezogen werden. Gemäss deren Absatz 1 unterliegt der Gesamtertrag der Abgabe «den vor Inkrafttreten dieser Verfassungsänderung geltenden Regeln über den Finanzausgleich zwischen den Sprachregionen, um für die sprachlichen Minderheiten gleichwertige und hochwertige Programme zu verbreiten». Es bleibt unklar, ob mit dieser Formulierung der interne Finanzausgleich zwischen den Sprachregionen bei der SRG gemeint ist (vgl. Ziffer 2.5), der allerdings lediglich Charakter einer Selbstverpflichtung hat. Klar erscheint hingegen, dass das Initiativkomitee davon ausgeht, dass auch mit der reduzierten Abgabe flächendeckend Angebote produziert werden sollen, ohne dass einzelne Sprachregionen benachteiligt werden. Es geht davon aus, dass dies auch bei einer Reduktion der Abgabe auf 200 Franken möglich sein soll. Nach seiner Auffassung ist die Leistung der SRG auf den aus Abgabegeldern finanzierten Service public zu beschränken, also auf Angebote, die zwingend bereitgestellt werden müssen und nicht von Privaten erbracht werden können. Damit soll namentlich ein Informationsangebot in den vier Landessprachen sichergestellt werden. ²8
Was die Übergangsbestimmungen der Initiative betrifft, ist auf die sehr kurzen Umsetzungsfristen in Artikel 197 Ziffer 15 Absatz 5 BV hinzuweisen. Diese dürften dazu führen, dass der Bundesrat auf dem Verordnungsweg befristete Umsetzungsmassnahmen wird treffen müssen, da eine Umsetzung im ordentlichen Gesetzgebungsprozess inklusive allfälliger Volksabstimmung in nur 18 Monaten sehr anspruchsvoll ist. Dies gilt umso mehr, als die notwendigen Anpassungen auch die Erfüllung des unverändert bleibenden Leistungsauftrags gemäss Artikel 93 Absatz 2 BV werden sicherstellen müssen. Eine direkte Umsetzbarkeit von Artikel 93 Absatz 6 BV ist vor diesem Hintergrund nicht anzunehmen, unbesehen davon, dass Artikel 197 Ziffer 15 Absatz 4 BV die nicht näher bezeichneten «Grundsätze» von Artikel 93 Absatz 6 BV als unmittelbar anwendbares Recht bezeichnet, gleich wie die Absätze 1-3 der Übergangsbestimmungen. Der Bundesrat wird darauf zu achten haben, dass der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers für eine definitive Umsetzung der Initiative nicht eingeschränkt wird.
²8 Vgl.
www.srg-initiative.ch
> Weitere Argumente > Argumentarium herunterladen PDF > Argumentarium SRG-Initiative «200 Franken sind genug!», Argumentarium S. 8 f.
4 Würdigung der Initiative
4.1 Würdigung der Anliegen der Initiative
Die Initiative will die Unternehmen und Haushalte finanziell entlasten und die SRG redimensionieren. Für die Haushalte würde die Abgabe um 40 Prozent reduziert (von 335 auf 200 Franken). Von der SRG würde nicht mehr wie heute ein inhaltlich umfassendes Service-public-Angebot verlangt, sondern nur noch Radio- und Fernsehprogramme, die einen unerlässlichen Dienst für die Allgemeinheit erbringen.
Der Bundesrat teilt das Anliegen der Initiative, die Haushalte und Unternehmen zu entlasten, weshalb er Massnahmen in eigener Kompetenz ergriffen hat (vgl. Ziff. 6). Die deutliche Reduktion der Haushaltabgabe und die Aufhebung der Unternehmensabgabe hätten aber weitreichende Folgen für das Angebot und die Struktur der SRG sowie das Publikum. Ferner wären auch die Volkswirtschaft, die Kultur, die Gesellschaft und die bewährte Aufgabenteilung zwischen Bundesrat und Parlament negativ tangiert.
Im Gegensatz zur Initiative, die die maximale Abgabenhöhe auf Verfassungsstufe festlegt sowie den Umfang des nationalen Service public begrenzt, hält der Bundesrat an der bestehenden Kompetenzordnung wie auch an seinem bisherigen Service-public-Verständnis fest: Das Parlament hat dem Bundesrat die Steuerungsinstrumente zur Konkretisierung des im RTVG umschriebenen Leistungsauftrags der SRG zugewiesen und so die nötige Flexibilität in einem dynamischen Umfeld ermöglicht (vgl. Ziff. 6.1). Als Konzessionsbehörde befürwortet der Bundesrat ein gutes Grundangebot durch die SRG ebenso wie die in der Bundesverfassung verankerte Rücksichtnahme auf private Medien. Als für die Festlegung der Abgabenhöhe zuständige Behörde spricht er sich für namhafte finanzielle Mittel aus, die auch weiterhin ein vielfältiges Angebot - Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung - in Radio, Fernsehen und Online gewährleisten, wie es die Bundesverfassung vorgibt. Dabei muss die SRG auch auf die veränderte Mediennutzung reagieren können. Nur so kann sie einen grossen Teil der Bevölkerung mit Service-public-Inhalten erreichen.
Im genannten Rahmen sieht aber auch der Bundesrat Anpassungsbedarf beim Leistungsauftrag der SRG. Dies hat er bereits in seinem Entscheid vom 7. September 2022 zum Ausdruck gebracht: In der nächsten SRG-Konzession will er den Leistungsauftrag der SRG verstärkt auf Information, Bildung und Kultur (Service public im engen Sinn) und stärker auf die veränderten Nutzungsgewohnheiten des Publikums ausrichten. Ihr Online-Angebot soll die SRG stärker auf Audio- und audiovisuelle Inhalte ausrichten. In den Bereichen Unterhaltung und Sport soll die SRG auf jene Bereiche fokussieren, die von anderen Anbietern nicht abgedeckt werden.
4.2 Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme
4.2.1 Auswirkungen auf den Ertrag aus der Radio- und Fernsehabgabe, die SRG und ihr Angebot
Laut der Staatsrechnung belief sich der Beitrag der Haushalte zum medialen Service public im Jahr 2023 auf 1,119 Milliarden Franken, jener der Unternehmen auf 173 Millionen Franken. ²9 2024 beträgt der Abgabenanteil der SRG 1,25 Milliarden Franken zuzüglich einer Teuerung im Umfang von 69 Millionen Franken. Die SRG wird zu rund 80 Prozent über die Abgabe finanziert. Der kommerzielle Ertrag (insbesondere durch Werbung) und der übrige Ertrag (z. B. durch Produktionsaufträge) betrugen 2023 rund 280 Millionen Franken (210 bzw. 67 Mio.).
Die SRG verfügt über sieben Hauptproduktionsstandorte (Genf, Lausanne, Bern, Basel, Zürich, Chur und Lugano) sowie 17 Regionalbüros (Solothurn, Aarau, Brig, Luzern, Schaffhausen, St. Gallen, Moutier, Biel/Bienne, Freiburg, Delémont, Neuchâtel, Sion, Disentis-Mustér, Ilanz, Savognin, Samedan, Scuol).
Bei Annahme der Initiative würde sich der Ertrag aus der Haushaltabgabe im Referenzjahr 2029 gemäss heutigen Berechnungen - unter Berücksichtigung der Entwicklung von Haushalten und Unternehmen - auf 765 Millionen Franken reduzieren. Abzüglich des übrigen Bedarfs aus der Radio- und Fernsehabgabe, der von der SRG-Initiative nicht betroffen ist (vgl. Ziff. 2.5), würde der Abgabenanteil der SRG auf zirka 630 Millionen Franken sinken. Die Umsetzung der Einsparungen hätten gemäss einer aktuellen Studie voraussichtlich eine Zentralisierung zahlreicher Tätigkeiten der SRG in den Bereichen Produktion, IT und Verwaltung zur Folge. 3⁰
Laut den Übergangsbestimmungen der Initiative (Art. 197 Ziff. 15 Abs. 1 BV) sollte der heute von der SRG freiwillig vorgenommene interne Finanzausgleich zwischen den Sprachregionen fortgesetzt werden. Bei einem Abgabenanteil von noch 630 Millionen Franken würden den Sprachregionen, sollte der Gesetzgeber diesen analog zum heutigen Verteilmechanismus festlegen, noch die folgenden finanziellen Mittel zur Verfügung stehen:
Tabelle 2
Abgabenanteil nach Sprachregion - regionaler Finanzausgleich
Tabelle vergrössern
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Sprachregion | Unternehmenseinheiten der SRG | Abgabenanteil 2023 in Mio. Fr. (in°%) | Geschätzter Abgabenanteil bei Annahme der Initiative in Mio. Fr., sofern der heutige Verteilmechanismus beibehalten wird |
---|---|---|---|
Deutschsprachige Schweiz | SRF | 550 (43 %) | 270,9 |
Französischsprachige Schweiz | RTS | 410 (33 %) | 207,9 |
Italienischsprachige Schweiz | RSI | 280 (22 %) | 138,6 |
Rätoromanische Schweiz | RTR | 25 (2 %) | 12,6 |
Total | SRG | 1265 (100 %) | 630 |
Quelle: Geschäftsbericht der SRG 2023, S. 70. - Aus der Deutschschweiz wurden 2023 von den dort erhobenen Einnahmen aus der Abgabe 115 Millionen Franken in die französische Schweiz umverteilt, 230 Millionen Franken in die italienische und 20 Millionen Franken in die rätoromanische Schweiz.
Die Mittelreduktion hätte einen spürbaren Angebotsabbau zur Folge. Die entsprechend geringere Vielfalt des Angebots hätte wiederum voraussichtlich eine geringere Nutzung zur Folge. Dazu käme ein zusätzlicher Rückgang der ohnehin bei allen traditionellen Medien sinkenden kommerziellen Einnahmen.
²9 Staatsrechnung > Übrige zweckgebundene Mittel > Radio- und Fernsehabgabe, S. 75.
3⁰ BAK Economics (2024): Die volkswirtschaftliche Bedeutung der SRG. Eine makroökonomische Wirkungsanalyse im Auftrag des Bundesamts für Kommunikation BAKOM. vgl.
www.bakom.admin.ch
> Elektronische Medien > Studien.
4.2.2 Auswirkungen auf Demokratie, Gesellschaft und Kultur
Den Medien und namentlich auch dem Service public kommt in der direkten Demokratie eine grosse Bedeutung zu. Ein politisch und wirtschaftlich unabhängiger Service public mit entsprechend sicherer Finanzierung ist deshalb wichtig. 3¹ In Ländern mit einem gut ausgebauten medialen Service public ist eine höhere Diversität an politischen Nachrichten gewährleistet. 3²
Die SRG ist verpflichtet, in allen Sprachregionen für ein umfassendes, vielfältiges und sachgerechtes Informationsangebot zu sorgen und sich auch der Kultur, Bildung und Unterhaltung und der Berichterstattung über Sport zu widmen. 3³ Die Programmanalysen verdeutlichen die hohen Anteile relevanter Berichterstattung in den Radio- und Fernsehprogrammen der SRGAbbildung 9
SRG-Radios: Themenstruktur der Informationsbeiträge nach Programm (2020-2022
-
Vielfalt: Es wird über eine Vielfalt an Themen, Meinungen und Akteuren berichtet, und es kommen unterschiedliche journalistische Formate zum Einsatz;
-
Professionalität: Mehrheitlich werden einordnende Formate eingesetzt. Darunter versteht man journalistische Darstellungsformen, die dem Publikum Hintergrundinformationen zu einem Thema liefern. Zudem ist die Quellentransparenz durchgängig in hohem Masse gegeben;
-
Austausch Sprachregionen: Die SRG berücksichtigt in sämtlichen Radio- und Fernsehprogrammen Informationen aus allen Sprachregionen, um für das Verständnis und den Zusammenhalt zwischen den Landesteilen zu sorgen.
Die SRG hat nebst der Kulturberichterstattung auch den Auftrag, die Schweizer Kultur zu fördern. Hierfür hat sie mit der Schweizer Musikbranche im Rahmen der Charta der Schweizer Musik ³4 vereinbart, in ihren Radioprogrammen einen angemessenen Anteil an Schweizer Musikproduktionen zu verbreiten. Das Schweizer Filmschaffen fördert sie im Rahmen des Pacte de l’audiovisuel ³5 mit namhaften Beträgen , ab 2024 mit jährlich 34 Millionen Franken. Insgesamt hat die SRG seit 1996 über 400 Millionen Franken in Schweizer Filmproduktionen investiert, daraus resultierten über 3000 Filme und 20 Serien. Darüber hinaus unterstützt sie Filmfestivals und Filmevents. Auf der eigenen Streamingplattform Play Suisse stellt die SRG ausgewählte Filme, Serien und weitere Formate aus allen Sprachregionen zur Verfügung. Der SRG kommt daher bei der Unterstützung des Schweizer Kulturschaffens eine wichtige Bedeutung zu.
Auch den Gesellschaftsbereich Bildung integriert die SRG in ihrem publizistischen Angebot. Sie fördert den Bildungssektor aber auch durch unterschiedliche Kooperationen. Teil des Bildungsangebots sind Angebote für Schule und Unterricht und das Bereitstellen von Unterrichtsmaterialien für Lehrpersonen. Zu den Bildungspartnerschaften der SRG zählen beispielsweise die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren sowie Schweizer Hochschulen und Museen.
Im Sportbereich sorgt sie für eine Berichterstattung über eine Vielfalt an Sportereignissen und Sportarten und investiert in die Produktion von Sportanlässen. In den letzten Jahren berichtete die SRG über rund 100 Sportarten und regelmässig live über rund 30 Sportarten. ³6 Bei den Radioprogrammen der SRG macht die Sportberichterstattung 6 Prozent der Informationsinhalte aus, in den Fernsehprogrammen sind es durchschnittlich 14 Prozent. ³7
Den Grossteil der Audio- und Video-Angebote produziert die SRG selber. Gemäss dem Geschäftsbericht der SRG für das Jahr 2023 machte dieser Anteil 89 Prozent ihrer Ausgaben aus. Ein Teil der Sportproduktionen, Spiel- und Dokumentarfilme sowie ein Teil der Serien werden hingegen fremdproduziert. ³8
Mit Blick auf den barrierefreien Zugang zu medialen Angeboten kommt der SRG eine besondere Funktion zu. Sie ist gesetzlich verpflichtet, in ihren Angeboten die Bedürfnisse von Menschen mit Sinnesbehinderungen zu berücksichtigen und mit ihren Verbänden eine Leistungsvereinbarung abzuschliessen. Die laufende Vereinbarung umfasst Untertitelungen, Audiodeskription sowie Übersetzungen in Gebärdensprache. Die SRG untertitelt bereits 80 Prozent des linearen TV-Angebots, bietet 1050 Stunden Erstausstrahlungen in Gebärdensprache an, und über 1300 Stunden Programm sind mit Audiodeskription versehen. In allen Bereichen sieht die Leistungsvereinbarung einen weiteren Ausbau vor. ³9
Das RTVG definiert ein Auslandangebot, das die SRG zu erbringen hat, mit dem Ziel, die Auslandschweizerinnen und -schweizer mit der Heimat zu verbinden und die Präsenz der Schweiz und das Verständnis für deren Anliegen im Ausland zu fördern.
Bei Annahme der Initiative hätte der Gesetzgeber die Vorgabe, Radio- und Fernsehprogramme, die einen unerlässlichen Dienst für die Allgemeinheit erbringen, zu konkretisieren. Ein Abbau aller hier skizzierten Leistungen wäre notwendig. Der Abbau wäre folglich vom Gesetzgeber bzw. vom Bundesrat in der Konzession zu konkretisieren.
3¹
Neff, T., & Pickard, V. (2021).
Funding Democracy: Public Media and Democratic Health in 33 Countries. The International Journal of Press/Politics
:
www.journals.sagepub.com
.
3² Humprecht, E. & Esser, F (2018). Diversity in online news: On the importance of ownership types and media system types. Journalism Studies 19(12): 1825-84:
www.tandfonline.com
.
3³ Vgl. Anhang: Abbildungen 5-8.
³4
www.srgssr.ch
> Was wir tun > Kultur > Musik > Schweizer Musik
³5
www.srgssr.ch
> Was wir tun > Kultur > Filme und Serien
³6
www.srgssr.ch
> News & Medien > Publikationen > Factsheets
³7 Programmanalysen im Auftrag des BAKOM:
www.bakom.admin.ch
> Elektronische Medien > Studien > Programmanalysen SRG.
³8
www.srgssr.ch
> Geschäftsbericht 2023, S. 82.
³9
www.srgssr.ch
> Was wir tun > Barrierefreier Zugang
4.2.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft
Der mediale Service public in der Schweiz hat gemäss einer aktuellen Studie eine volkswirtschaftliche Bedeutung. 4⁰ Die SRG ist eine wesentliche Leistungserbringerin und Arbeitgeberin und somit ein relevanter Wirtschaftsfaktor. Mit ihrer Tätigkeit ist eine Wertschöpfung von insgesamt 1,67 Milliarden Franken verbunden.
Die Bruttowertschöpfung der SRG beträgt 870 Millionen Franken. Sie beschäftigt rund 7000 Personen auf 5500 Vollzeitstellen.
Von der SRG profitieren auch andere Unternehmen und Branchen, von denen sie Waren und Dienstleistungen bezieht. Die wirtschaftliche Tätigkeit der SRG führt in anderen Unternehmen in der Schweiz zu einer Wertschöpfung von etwa 805 Millionen Franken, damit verbunden sind über 5000 Arbeitsplätze und Einkommen von Arbeitnehmenden von zirka 480 Millionen Franken.
Basierend auf einer Szenarioanalyse geht die oben erwähnte Studie bei Annahme der Initiative und aufgrund der entsprechenden Kürzung des Abgabenanteils der SRG von gesamtwirtschaftlichen Folgen von zirka 800 Millionen Franken aus, wovon gut 400 Millionen Franken bei der SRG. Davon wären rund 6300 Personen bzw. rund 4900 Vollzeitstellen betroffen, etwa die Hälfte davon bei der SRG. Da die SRG die grösste gesamtwirtschaftliche Bedeutung in der italienischsprachigen Schweiz hat, wären die Folgen einer Annahme dort ausgeprägter als in den anderen Sprachregionen.
Bei einer Annahme der Initiative würden für die Konsumentinnen und Konsumenten sowie für die Unternehmen Mittel frei, die für Investitionen und Konsum eingesetzt werden könnten. Dies könnte zu Wertschöpfungsgewinnen in vergleichbarer Grössenordnung führen wie die oben ausgeführten Verluste. Diese Gewinne könnten teilweise jedoch in anderen Wirtschaftsbereichen und teilweise im Ausland entstehen.
4⁰ BAK Economics (2024): Die volkswirtschaftliche Bedeutung der SRG. Eine makroökonomische Wirkungsanalyse im Auftrag des Bundesamts für Kommunikation BAKOM.
www.bakom.admin.ch
> Elektronische Medien > Studien. - Vgl. unter diesem Pfad auch die Studie von BAK Basel Economics AG von 2016: Volkswirtschaftliche Effekte des gebührenfinanzierten Medialen Service public.
4.2.4 Auswirkungen auf den Medienplatz Schweiz
Im Medienplatz Schweiz kommt der SRG eine wichtige Rolle zu. Sie organisiert sich so, dass sie vom Staat und von einzelnen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Gruppierungen unabhängig ist (Art. 31 RTVG). Ihre Angebote richten sich an alle Bevölkerungsgruppen und Sprachregionen.
Ein guter Service public ist für die gesamte Medienlandschaft eines Landes von grosser Bedeutung. Der schweizerische Medienmarkt befindet sich in Folge der Digitalisierung seit Jahren im Umbruch und steht grossen Herausforderungen gegenüber. Ein Ausdruck davon ist die zunehmende Medienkonzentration und der Abbau an journalistischem Personal. Allein im Jahr 2023 und im ersten Quartal 2024 kürzten mehrere Schweizer Medien-Grosskonzerne aufgrund von sinkenden Einnahmen zahlreiche Vollzeitstellen. 4¹ Eine substanzielle Reduktion der finanziellen Ressourcen der SRG würde diesen Negativtrend fördern. Die Medienkonzentration würde auf inhaltlicher Ebene ansteigen, 4² die Vielfalt der Berichterstattung dadurch sinken. Das birgt Risiken für einen qualitativ hochwertigen Journalismus. Kommt hinzu, dass sich die Informationsnutzung zunehmend auf internationale digitale Plattformen verschiebt. Mit einem Abbau schweizerischer journalistischer Angebote würde die Nutzung und Bedeutung der ausländischen Angebote zusätzlich steigen. Der Medienplatz Schweiz würde dadurch für die Bevölkerung an Bedeutung verlieren.
Die SRG leistet heute Beiträge in vielen medienrelevanten Institutionen und Organisationen wie Keystone-SDA, Mediapulse oder den Aus- und Weiterbildungsinstitutionen des Landes. Eine Annahme der Initiative hätte Auswirkungen auf diese Beiträge. Die SRG würde ihre finanzielle Beteiligung anpassen.
4¹ TX Group, CH Media, Ringier.
4² fög (2023). Jahrbuch Qualität der Medien 2023:
www.foeg.uzh.ch
> Studien und Analysen > Jahrbuch Qualität der Medien > Gesamtausgabe.
4.2.5 Auswirkungen auf den Bund
Für die Erhebung der Unternehmensabgabe ist seit 2019 die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) zuständig. Sie erhält für diese Aufgabe eine Entschädigung aus der Radio- und Fernsehabgabe. In den vergangenen Jahren bewegte sich diese zwischen 3,2 Millionen und 4,2 Millionen Franken. Diese Aufgabe würde bei Annahme der Initiative entfallen.
4.3 Vorzüge und Mängel der Initiative
Die Initiative entlastet die Haushalte finanziell und befreit alle Unternehmen von der Abgabepflicht. Die freiwerdenden Mittel könnten anderweitig, zum Beispiel für Bezahlangebote privater Medien verwendet werden. Die bisher politisch gewollte unterschiedliche Marktstellung zwischen kommerziellen Medien einerseits und der öffentlich finanzierten SRG andererseits würde zugunsten privater Medien verschoben. Denn die starke Stellung der SRG in der Schweizer Medienlandschaft würde aufgrund der stark reduzierten finanziellen Mittel und in Anbetracht des reduzierten Angebots in Frage gestellt.
Bei einer Annahme der Initiative würde in der Bundesverfassung eine ausdrückliche Grundlage für die Erhebung der Radio- und Fernsehabgabe geschaffen. In der heutigen Bestimmung ist sie implizit gegeben. Mit Ausnahme der Vorgaben für die SRG setzt die Initiative auf Kontinuität. Denn sie belässt die Bundeskompetenz im Bereich elektronischer Medien unverändert, ebenso den generellen Auftrag von Radio und Fernsehen, deren Unabhängigkeit und Programmautonomie, die Vorgabe der Rücksichtnahme auf private Medien und die unabhängige Beschwerdeinstanz.
Die Initiative hätte einen Abbau der vielfältigen publizistischen Leistungen und eine Schwächung des gesamten Medienplatzes Schweiz zur Folge. Namentlich in Regionen, in denen die Medienvielfalt bereits gering ist, würde diese noch zusätzlich sinken, weil die SRG mit reduzierten Mitteln nicht mehr alle Regionen gleichermassen publizistisch abdecken könnte. Dies würde insbesondere die französische, italienische und rätoromanische Sprachregion treffen, weil die Medienvielfalt da geringer ist. Das Initiativkomitee geht davon aus, dass die SRG mit einem stark reduzierten Abgabenanteil noch gleichwertige «Grundangebote» in und für die Sprachregionen würde anbieten können. 4³ Dies ist aus finanzieller Optik aber wenig plausibel. Das Verhältnis zwischen dem Aufwand zur Finanzierung der Unternehmenseinheiten in allen Sprachregionen und dem Aufwand für die Herstellung der publizistischen Leistungen wäre ökonomisch ineffizient und mit Blick auf das Service-public-Angebot nicht haltbar, denn die Abgabegelder würden in Strukturen anstatt in Inhalte investiert. Wahrscheinlicher sind gemäss der Szenarioanalyse der erwähnten Studie eine Zentralisierung der SRG, ein Stellenabbau im Umfang von rund 2400 Vollzeitstellen und ein erheblicher Abbau beim publizistischen Angebot.
Leistungen, die heute die SRG erbringt bzw. erbringen muss, wie die Kulturförderung (Schweizer Filmschaffen, Schweizer Musik usw.), die Leistungen für Menschen mit einer Sinnesbehinderung (Untertitelung, Gebärdensprache, Audiodeskription) oder Leistungen für die Auslandschweizerinnen und -schweizer wären im heutigen Umfang nicht mehr möglich. Es ist nicht davon auszugehen, dass sie sich am Markt finanzieren liessen. Daher würden sie auch nicht von privaten Schweizer Medien erbracht werden.
Die Initiative sieht vor, lineare Radio- und Fernsehangebote aus der Abgabe zu finanzieren. Die SRG könnte daher diese Angebote auch online zur Verfügung stellen. Hingegen wäre es ihr nicht erlaubt, Service-public-Inhalte, die sie ausschliesslich für den Online-Bereich produziert, aus der Abgabe zu finanzieren. Dies ist in Anbetracht des veränderten Mediennutzungsverhaltens der Schweizer Bevölkerung hin zu Online-Angeboten nicht zukunftsorientiert. Ein Service public, der nur noch traditionell via lineares Radio und Fernsehen verbreitet wird, würde zu einem Bedeutungsverlust der SRG führen. Ob und inwiefern die SRG in der Lage wäre, exklusive Online-Angebote als nicht konzessionierte Tätigkeiten am Markt zu finanzieren, ist in Anbetracht der geringen Zahlungsbereitschaft der Bevölkerung, wie sie am Beispiel der Informationsangebote festgestellt wird, offen. 4⁴ Im Übrigen wären die Vorgaben von Artikel 29 RTVG zu beachten.
4³ Vgl.
www.srg-initiative.ch
> Weitere Argumente > Argumentarium herunterladen PDF > Argumentarium SRG-Initiative «200 Franken sind genug!», S. 9.
4⁴ Digital News Report. Länderbericht Schweiz (2023):
www.foeg.uzh.ch
> Studien und Analysen > Reuters Institute Digital News Report 2023, S. 15 ff.
4.4 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz
Vor dem Hintergrund der Meinungsfreiheit (Art. 10 der Konvention vom 4. November 1950 ⁴5 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten) hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgehalten, dass die Mitgliedstaaten eine positive Verpflichtung zur Gewährleistung der Vielfalt im Bereich der audiovisuellen Medien haben. Eine deutliche Senkung der Abgabengelder der SRG würde eine Reduktion ihres Angebots nach sich ziehen. Dies hätte auch eine Schwächung der Medienvielfalt in der Schweiz zur Folge, da nur die wenigsten heutigen Leistungen der SRG von privaten Schweizer Anbieterinnen übernommen werden könnten. Eine auch Minderheiten berücksichtigende Medienlandschaft würde durch den Wegfall von entsprechenden Service-public-Angeboten geschwächt.
Gemäss Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a des Internationalen Pakts vom 16. Dezember 1966 ⁴6 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UNO-Pakt I) anerkennt die Schweiz als Vertragsstaat das Recht jeder Person, «am kulturellen Leben teilzunehmen». Dazu gehört unter anderem die Vermittlung von Kultur durch Medien wie Film und Fernsehen. Die SRG leistet hier in Zusammenarbeit mit dem schweizerischen Kulturschaffen einen Beitrag (Art. 24 Abs. 4 Bst. b RTVG). Mit spürbar weniger finanziellen Mitteln könnte sie diese Aufgabe nicht mehr im gleichen Umfang wie heute erfüllen - jedenfalls dann nicht, wenn man sie auf ein Informationsangebot in den Sprachregionen beschränken würde, so wie es das Initiativkomitee vorsieht.
Gemäss Artikel 21 Buchstabe d des Übereinkommens vom 13. Dezember 2006 ⁴7 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen müssen die Vertragsstaaten die Massenmedien dazu auffordern, ihre Angebote für Menschen mit Behinderungen zugänglich zu gestalten. Entsprechend verpflichtet das RTVG die SRG dazu, Leistungen zugunsten von Menschen mit einer Sinnesbehinderung zu erbringen. Eine Annahme der Initiative würde dazu führen, dass die SRG dieser Verpflichtung nicht mehr im heutigen Umfang nachkommen könnte.
Fazit: Der Leistungsauftrag der SRG hat Berührungspunkte zu mehreren verbindlichen internationalen Abkommen. Diese könnten auch mit der Initiative eingehalten werden, allerdings mit reduzierten Leistungen.
⁴5 SR 0.101
⁴6 SR 0.103.1
⁴7 SR 0.109
5 Schlussfolgerungen
Das heutige System der Radio- und Fernsehabgabe ermöglicht die Finanzierung des Service public, wie ihn das RTVG vorsieht. Die SRG als nationale Service-public-Anbieterin leistet einen wichtigen Beitrag zur demokratischen Meinungs- und Willensbildung und zur kulturellen Entfaltung in der Schweiz. Sie stellt dabei ein vielfältiges und gleichwertiges Angebot in allen Sprachregionen sicher, das auch die Interessen der Minderheiten berücksichtigt.
Eine Annahme der Initiative hätte erhebliche Auswirkungen auf das Angebot der SRG, ihre Verankerung in den Sprachregionen und die Mediennutzung der Bevölkerung. Der Bundesrat beantragt den eidgenössischen Räten mit dieser Botschaft daher, die Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)» Volk und Ständen ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen.
Was die finanzielle Belastung der Haushalte und Unternehmen anbelangt, so teilt der Bundesrat die Anliegen der Initiative. Er hat daher entsprechende Entlastungsmassnahmen in seinem Kompetenzbereich beschlossen. Sie umfassen die verbindliche und schrittweise Senkung der Haushaltabgabe auf 300 Franken und die Befreiung eines weiteren Teils der Unternehmen von der Abgabepflicht. Die entsprechende Änderung der Verordnung wird am 1. Januar 2027 in Kraft gesetzt und ab 2029 ganz umgesetzt sein. Auf diesen Zeitpunkt hin will der Bundesrat auch die neue SRG-Konzession verabschieden, in welcher er auf der Basis seiner bereits gefällten Entscheide (vgl. Ziff. 6.3.2) den Leistungsauftrag der SRG präzisieren wird. Auch in dieser Hinsicht teilt der Bundesrat bis zu einem gewissen Grad ein Anliegen der Initiative.
Diese Massnahmen des Bundesrats sind gekoppelt an die Ablehnung bzw. den Rückzug der SRG-Initiative.
6 Gegenvorschlag des Bundesrates auf Verordnungs-stufe und Eckwerte der neuen SRG-Konzession
6.1 Ausgangslage und Teilrevision der RTVV
6.1.1 Kompetenzverteilung Parlament/Bundesrat
Der Inhalt der SRG-Initiative tangiert Kompetenzen, die vom Parlament dem Bundesrat zugewiesen sind. Die Festlegung der Abgabenhöhe und die Konkretisierung des gesetzlichen Leistungsauftrags der SRG in der Konzession liegen beim Bundesrat. In Wahrnehmung dieser Kompetenzen erachtet er einen Gegenvorschlag zur Initiative als notwendig und hat darum beschlossen, der Initiative einen Vorschlag in seinem eigenen Kompetenzbereich gegenüberzustellen. Er beschränkt sich dabei auf eine Senkung der Abgabenhöhe in der RTVV und will den Leistungsauftrag der SRG in der neuen Konzession entsprechend präzisieren.
Auch wenn der Bundesrat einen Gegenvorschlag auf Verordnungsstufe erarbeitet hat, steht es dem Parlament frei, der Initiative einen direkten Gegenentwurf oder einen indirekten Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Sollte sich das Parlament für diesen Weg entscheiden, wird der Bundesrat im Lichte der materiellen Entscheide des Gesetzgebers entscheiden, wie er mit seinem eigenen Gegenvorschlag auf Verordnungsstufe umgehen soll. Wenn das Parlament beispielsweise die Abgabenhöhe auf Gesetzesstufe festlegt, geht dies der Verordnung vor; der vom Bundesrat beschlossene Gegenvorschlag auf Verordnungsstufe wird somit hinfällig. Sollte das Parlament anderweitige gesetzliche Anpassungen (beispielsweise im Bereich des Leistungsauftrags der SRG) beschliessen, wird der Bundesrat entscheiden müssen, wie er mit den vorgesehenen Abgabenanpassungen auf Verordnungsstufe umgeht und diese mit Blick auf den Entscheid des Parlaments überprüfen.
Damit der Bundesrat die neue SRG-Konzession ausarbeiten kann, muss er den Finanzrahmen kennen. Dies wird unabhängig vom bundesrätlichen Gegenvorschlag oder von einem Gegenvorschlag des Parlaments erst nach erfolgter Abstimmung zur SRG-Initiative der Fall sein.
6.1.2 Verzicht auf einen direkten Gegenentwurf und einen indirekten Gegenvorschlag
Der Bundesrat hat am 8. November 2023 beschlossen, die Initiative abzulehnen und ihr weder einen direkten Gegenentwurf auf Verfassungsstufe noch einen indirekten Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe gegenüberzustellen.
Das Parlament hat dem Bundesrat im RTVG zwei Steuerungsinstrumente zugewiesen, die in direktem Bezug zueinander stehen: die Höhe der Abgabe für Radio und Fernsehen, die der Bundesrat in der RTVV regelt, und die inhaltliche Steuerung der SRG in der Konzession. Diese Kompetenzordnung hat sich bewährt, und der Bundesrat will daran festhalten. So kann auf einen allfälligen Anpassungsbedarf aufgrund des technologischen Wandels oder anderer grundlegender Veränderungen in der Medienbranche flexibel und zeitnah reagiert werden.
Mit der Festlegung der Abgabenhöhe auf Gesetzes- oder gar auf Verfassungsstufe wäre dies nicht möglich. Der Bundesrat erachtet seinen eigenen Gegenvorschlag auf Verordnungsstufe (vgl. Ziff. 6.1.3) als ausreichend, um eine Antwort auf die Initiative zu geben. Die SRG wird auch mit dem neuen, reduzierten Abgabenanteil ab 2029 ihren gesetzlichen Leistungsauftrag erfüllen können. In der Konzession wird der Bundesrat diesen weiter präzisieren (vgl. Ziff. 6.3.2) und die SRG zukunftsfähiger machen.
6.1.3 Gegenvorschlag auf Verordnungsstufe
Der Bundesrat befürwortet ein qualitativ gutes und vielfältiges Grundangebot der SRG. Er teilt aber auch das Anliegen der Initiative, die Wirtschaft und die Haushalte finanziell zu entlasten. Die Haushalte bezahlen nebst dem Betrag für die Radio- und Fernsehabgabe zunehmend auch für die Nutzung zahlungspflichtiger in- und ausländischer Fernsehangebote sowie von Audio- und Video-Streamingangeboten. Um diesem anderen Nutzungsverhalten Rechnung zu tragen und die Akzeptanz für den medialen Service public aufrechtzuerhalten, hat er im Rahmen der ihm vom Gesetzgeber übertragenen Kompetenzen einen Gegenvorschlag auf Verordnungsstufe beschlossen. Dieser stellt keinen Gegenvorschlag im Sinne des ParlG dar (vgl. Ziff. 1.2). Der Bundesrat sieht eine Senkung der Haushaltabgabe in zwei Schritten vor. Zudem werden ab 2027 Unternehmen mit einem mehrwertsteuerpflichtigen Jahresumsatz von bis zu 1,2 Millionen Franken neu von der Abgabepflicht befreit. Damit werden rund 80 Prozent aller mehrwertsteuerpflichtigen Unternehmen die Radio- und Fernsehabgabe nicht bezahlen müssen. Diese Massnahme wird zu einer Reduktion des Abgabenanteils der SRG führen.
Die am 19. Juni 2024 beschlossene Änderung der RTVV, der eine Vernehmlassung vorausgegangen ist, ⁴8 umfasst konkret die schrittweise Senkung der Haushaltabgabe und die bereits erwähnte Befreiung weiterer Unternehmen von der Abgabepflicht ab 2027.
⁴8
www.bakom.admin.ch
> Das BAKOM > Rechtliche Grundlagen > Vernehmlassungen.
6.2 Teilrevidierte RTVV
Vgl. Ziffer 6.1.
Art. 57
Höhe der Abgabe
Die Abgabe beträgt heute für einen Privathaushalt jährlich 335 Franken, für einen Kollektivhaushalt 670 Franken. Die Abgabe wird in zwei Schritten gesenkt. Sie geht mit einer Senkung des Abgabenanteils der SRG einher. Die Staffelung verschafft der SRG eine angemessene Übergangszeit, um sich an den neuen Finanzrahmen anzupassen. Die neue Bestimmung lautet wie folgt:
Die Abgabe je Haushalt beträgt vom 1. Januar 2027 bis zum 31. Dezember 2028 neu 312 Franken pro Jahr (Art. 57 Bst. a RTVV) bzw. 624 Franken pro Jahr für Kollektivhaushalte (Art. 57 Bst. b RTVV). Ab dem 1. Januar 2029 beträgt die Abgabe je Haushalt 300 Franken bzw. 600 Franken für Kollektivhaushalte.
Art. 67b Abs. 1
Der jährliche Mindestumsatz für die Abgabepflicht eines Unternehmens beträgt heute 500 000 Franken. Diese Limite wird auf 1 200 000 Franken erhöht. Damit werden neu zirka 80 Prozent der mehrwertsteuerpflichtigen Unternehmen keine Unternehmensabgabe mehr entrichten müssen. Die neue Bestimmung lautet wie folgt:
Ab dem 1. Januar 2027 beträgt der jährliche Mindestumsatz für die Abgabepflicht eines Unternehmens 1 200 000 Franken.
Art. 67b Abs. 2 Bst. a und b
Da der jährliche Mindestumsatz für die Abgabepflicht eines Unternehmens auf 1 200 000 Franken erhöht wird, werden die Umsatzstufen 1 (500 000-749 999 Franken) und 2 (750 000-1 199 999 Franken) aufgehoben.
6.3 Auswirkungen
6.3.1 Senkung des Abgabenanteils der SRG
Die Teilrevision der RTVV hat eine Reduktion des Abgabenanteils der SRG zur Folge. 2024 erhält die SRG einen Abgabenanteil von 1,25 Milliarden Franken. Zudem bekommt sie 69 Millionen Franken Teuerung. Insgesamt erhält die SRG daher 1,319 Milliarden Franken. Wird die Initiative abgelehnt und macht das Parlament keinen eigenen Gegenvorschlag, wird der bundesrätliche Gegenvorschlag 2029 umgesetzt sein. Der Abgabenanteil der SRG wird dann gemäss heutigen Prognosen - unter Berücksichtigung der Entwicklung der Haushalte und Unternehmen - 1,2 Milliarden Franken betragen. Von 2024 bis 2029 reduziert sich der Abgabenanteil demnach um 50 Millionen Franken. Dazu kommen Mindereinnahmen aufgrund der wegfallenden Teuerung, die im Referenzjahr 2024 69 Millionen Franken betrug.
Die SRG muss unabhängig vom Gegenvorschlag des Bundesrats Sparmassnahmen einleiten. Denn die heutigen Tarife der Radio- und Fernsehabgabe sind seit 2021 nicht mehr kostendeckend. Zur Kostendeckung bzw. unter anderem um die Teuerung auszurichten, wurden die aus der Abgabe geäufneten Reserven schrittweise abgebaut. Diese Reserven werden ab 2025 aufgebraucht sein. Deshalb kann der SRG der Teuerungsausgleich nicht oder nicht mehr vollumfänglich ausgerichtet werden.
Offen ist, ob und in welchem Umfang der oben erwähnte Abgabenanteil von 1,2 Milliarden Franken aufgrund der Umsetzung der parlamentarischen Initiativen Bauer (22.407) und Chassot (22.417) sinken wird. Die entsprechenden Mindereinnahmen der SRG werden aufgrund dieser Medienfördermassnahmen maximal 35 Millionen Franken betragen, je nach Entscheid des Parlaments und des Bundesrats. Diese Medienfördermassnahmen sehen einerseits in Artikel 40 Absatz 1 RTVG die Erhöhung der Abgabenanteile für konzessionierte Lokalradios und Regionalfernsehen von heute 4-6 Prozent auf neu 6-8 Prozent vor, andererseits in den Artikeln 76-76 c RTVG die finanzielle Unterstützung der Aus- und Weiterbildung, der Selbstregulierung der Branche sowie der Agenturleistungen.
Die Mindereinnahmen der SRG aus der Abgabe werden bis 2029 bei maximaler Umsetzung der zwei parlamentarischen Initiativen insgesamt zirka 155 Millionen Franken betragen (50 Mio. wegen der erwähnten Senkung der Abgabe, 69 Mio. wegen der wegfallenden Teuerung, 35 Mio. wegen der parlamentarischen Initiativen). ⁴9
Daneben wird die SRG aufgrund der rückläufigen kommerziellen Einnahmen weitere Einbussen hinnehmen müssen.
⁴9 Im November 2023 wurden die Mindereinnahmen der SRG aus der Abgabe mit zirka 170 Millionen Franken - unter Berücksichtigung der maximalen Umsetzung der pa.Iv. Bauer - etwas höher veranschlagt. Die Prognose für die Teuerung für das Jahr 2024 war damals höher (CHF 73 statt CHF 69). Ferner wurden seither die Daten zur Haushalts- und Unternehmensentwicklung aktualisiert.
6.3.2 Neue SRG-Konzession ab 2029 - Präzisierung des Leistungs-auftrags
Das RTVG erteilt dem Bundesrat den Auftrag, die Service-public-Leistungen der SRG zu konkretisieren (Art. 24 ff. RTVG).
Die zur Verfügung stehenden Mittel haben einen zentralen Einfluss auf den Umfang der Service-public-Leistungen. Der Bundesrat kann daher die neue SRG-Konzession erst in Kenntnis des neuen Finanzrahmens nach erfolgter Abstimmung zur SRG-Initiative ausarbeiten.
Da die heute geltende SRG-Konzession Ende 2024 ausläuft, hat der Bundesrat entschieden, die Konzession mit Blick auf die bevorstehende Volksabstimmung bis Ende 2028 zu verlängern.
Die Eckwerte der neuen Konzession hat der Bundesrat jedoch bereits am 7. September 2022 festgelegt. Er will den Leistungsauftrag der SRG präzisieren.
Handlungsleitend für die neue SRG-Konzession - unter Vorbehalt der Annahme der Initiative - sind folgende Vorgaben des Bundesrats: Die SRG soll weiterhin in allen Regionen, Landessprachen und Altersgruppen Service-public-Inhalte anbieten. Sie soll dabei aber auf den Service public im engeren Sinne fokussieren, d. h. auf die publizistischen Bereiche Information, Bildung und Kultur.
Bei Unterhaltung und Sport hingegen sollen die Angebote der SRG vor allem das anbieten, was andere Schweizer Anbieter nicht abdecken.
Die neue SRG-Konzession soll ferner auf die Anforderungen der veränderten Mediennutzung ausgerichtet werden. Daher soll die SRG die Transformation in Richtung Online-Angebote als wichtigen Verbreitungskanal weiter entwickeln mit dem Ziel, die Bevölkerung mit ihren audiovisuellen Service-public-Inhalten dort zu erreichen, wo sie Medien nutzt. Da die Nutzung linearer Angebote rückläufig ist, wird der Bundesrat auch die Anzahl der linearen Radio- und Fernsehprogramme überprüfen, die die SRG heute anbieten muss.
Die Online-Angebote der SRG will der Bundesrat noch stärker auf Audio- und audiovisuelle Angebote fokussieren. Beim Online-Textangebot will er der SRG wie heute Schranken setzen. Dies auch mit Rücksicht auf private Schweizer Medien, welchen dadurch im Onlinebereich mehr Spielraum zukommt.
Der Bundesrat wird die neue SRG-Konzession in einer öffentlichen Vernehmlassung zur Diskussion stellen. Anschliessend wird er sie auf den 1. Januar 2029 in Kraft setzen.
6.3.3 Sparauftrag an die SRG
Der Entscheid des Bundesrats geht mit einem Sparauftrag an die SRG einher. Aus Sicht des Bundesrats wird die Erfüllung des gemäss Ziffer 6.3.2 präzisierten Leistungsauftrags der SRG mit einem Grundangebot in allen Sprachregionen weiterhin möglich sein.
6.3.4 Bundesrat nimmt Anliegen der Initiative teilweise auf
Der Bundesrat nimmt mit den Massnahmen in seinem Kompetenzbereich zwei Grundanliegen der Initiative auf: Er entlastet die Haushalte und weitere Unternehmen. Zudem wird er in der neuen Konzession ab 2029 das Profil der SRG präzisieren.
In einem weiteren Punkt teilt der Bundesrat ein Anliegen des Initiativkomitees: Auch der Bundesrat sieht vor, die konzessionierten Lokalradios und Regionalfernsehen von den Konsequenzen der Abgabensenkung auszunehmen.
6.4 Rechtliche Aspekte
Vgl. Ziffer 6.1
Mit dem Gegenvorschlag auf Verordnungsstufe wird die bewährte Aufgabenteilung zwischen Parlament und Bundesrat gewahrt. Das Parlament regelt im RTVG die Grundlagen für den Leistungsauftrag der SRG. Der Bundesrat präzisiert diesen in der Konzession und legt weiterhin gestützt auf Artikel 68 a Absatz 2 RTVG periodisch die Höhe der Abgabe für Radio und Fernsehen fest. Diese bewährte Kompetenzordnung ermöglicht im dynamischen Medienumfeld bei Bedarf eine zeitnahe Anpassung der Vorgaben.
Anhang
Abbildung 1
Marktanteile der Sendergruppen im Altersvergleich (2022)
[Bild bitte in Originalquelle ansehen]
Quelle:
www.bakom.admin.ch
> Elektronische Medien > Studien > Medienstrukturbericht 2023, S. 52. - Lesebeispiel : 23 Prozent der gesamten Fernsehnutzung der jüngsten Altersgruppe (3-14 Jahre) entfiel auf die Angebote der SRG.
Abbildung 2
SRG-Radios: Nettoreichweite in Prozent nach Alter (2018-2022)
[Bild bitte in Originalquelle ansehen]
Quelle: Mediapulse 2023. - Lesebeispiel: In der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen nutzten im Jahr 2022 25 von 100 Personen SRG-Radios, bei der Altersgruppe 60+ waren es 72 von 100.
Abbildung 3
SRG-TV: Nettoreichweite in Prozent nach Alter (2018-2022)
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Quelle: Mediapulse 2023. - Lesebeispiel: In der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen nutzten im Jahr 2022 11 von 100 Personen SRG-TV, bei der Altersgruppe 60+ waren es 72 von 100.
Abbildung 4
Bewertungen SRG-Radio und SRG-TV 2022 aus der Optik der Nutzerinnen und Nutzer (Skalen 1-5)
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> Elektronische Medien > Studien > Publikumsbefragung > Erhebungsjahr 2022.
Abbildung 5
Alle Sprachregionen: Programmstrukturen der SRG-Fernsehprogramme (2021)
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> Elektronische Medien > Studien > Programmanalysen SRG TV - Lesebeispiel: Bei Fernsehen SRF1 betrug im Jahr 2021 der Anteil Information am gesamten Programm 42 Prozent.
Abbildung 6
Deutschsprachige Schweiz: Programmstrukturen der SRF-Radios (2020)
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> Elektronische Medien > Studien > Programmanalysen SRG-Radios - Lesebeispiel: Bei Radio SRF1 betrug 2020 der Anteil Information am gesamten Programm 30 Prozent.
Abbildung 7
Französischsprachige Schweiz: Programmstrukturen der RTS-Radios (2021)
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> Elektronische Medien > Studien > Programmanalysen SRG-Radios - Lesebeispiel: Bei Radio La 1ère betrug 2021 der Anteil Information am gesamten Programm 67 Prozent.
Abbildung 8
Italienischsprachige und rätoromanische Schweiz: Programmstrukturen RSI-Radios und RTR (2022)
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> Elektronische Medien > Studien > Programmanalysen SRG-Radios - Lesebeispiel : Bei Radio Rete Uno betrug 2022 der Anteil Information am gesamten Programm 38 Prozent.
Abbildung 9
SRG-Radios: Themenstruktur der Informationsbeiträge nach Programm (2020-2022)
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> Elektronische Medien > Studien > Programmanalysen SRG-Radios - Lesebeispiel : In den Informationsbeiträgen von Radio SRF1 wird am häufigsten über Gesellschaft vor Politik berichtet.
Abbildung 10
Fernsehprogramme der SRG: Themenstruktur der Nachrichtenbeiträge (2021)
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> Elektronische Medien > Studien > Programmanalysen SRG-TV - Lesebeispiel : In den Nachrichtenbeiträgen von Fernsehen SRF1 wird mit Abstand am meisten über Politik berichtet.
Bundesrecht
Botschaft zur Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG Initiative)»
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