Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (Gewaltfreie Erziehung)
Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (Gewaltfreie Erziehung)
vom 13. September 2024
Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einer Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (gewaltfreie Erziehung) ¹ .
Gleichzeitig beantragen wir, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben:
2022 | M | 19.4632 | Gewaltfreie Erziehung im ZGB verankern (N 30.09.2021, Bulliard-Marbach; S 14.12.2022) |
Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
13. September 2024 | Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi |
Übersicht
Bereits nach geltendem Recht ist Gewalt in der Erziehung verboten. Mit der vorliegenden Gesetzesrevision soll der Grundsatz der gewaltfreien Erziehung ausdrücklich im Zivilgesetzbuch verankert werden. Als flankierende Massnahme soll auch der verbesserte Zugang zu Stellen mit Beratungs- und Hilfsangeboten für Kinder und Eltern gesetzlich geregelt werden. Damit wird die Motion 19.4632 Bulliard-Marbach umgesetzt.
Ausgangslage
Nachdem das sogenannte Züchtigungsrecht im Jahr 1978 abgeschafft wurde, ist nach geltendem Recht Gewalt gegenüber Kindern im Rahmen der elterlichen Erziehung nicht erlaubt. Die bestehenden Gesetzesbestimmungen sowie das Kinder- und Jugendhilfesystem und entsprechende Sensibilisierungsmassnahmen schützen Kinder vor Gewalt in der Familie.
Dennoch wurde wiederholt ein explizites gesetzliches Verbot von Körperstrafen und anderer erniedrigender Handlungen bzw. das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung gefordert; die Schweiz wurde ausserdem auf internationaler Ebene mehrmals zur Schaffung einer gesetzlichen Regelung eingeladen. Nachdem der Bundesrat im Bericht zum Postulat 20.3185 Bulliard-Marbach dargelegt hatte, wie der Schutz von Kindern vor Gewalt in der Erziehung im Zivilgesetzbuch (ZGB) verankert werden könnte, und dazu einen konkreten Lösungsvorschlag gemacht hatte, überwies das Parlament die Motion 19.4632 Bulliard-Marbach, welche die Verankerung der gewaltfreien Erziehung im ZGB verlangt.
Inhalt der Vorlage
In Anlehnung an den früher skizzierten Lösungsvorschlag soll die in Artikel 302 ZGB geregelte Erziehungspflicht der Eltern in zwei Punkten ergänzt werden. In einem ersten Punkt werden die Eltern ausdrücklich dazu verpflichtet, das Kind ohne Anwendung von Gewalt zu erziehen, namentlich ohne körperliche Bestrafungen und andere Formen erniedrigender Behandlung. Es handelt sich dabei um eine Gesetzesnorm des Familienrechts mit Leitbildcharakter, welche als klares Signal des Gesetzgebers und Verdeutlichung der bereits bestehenden elterlichen Verpflichtung die Stärkung der Prävention zum Ziel hat. Zur Unterstützung der Umsetzung soll in einem zweiten Punkt im Sinne einer flankierenden Massnahme zusätzlich eine Regelung zur Förderung und Verbesserung des Zugangs zu Beratungsstellen in Erziehungsfragen und weiteren Unterstützungsangeboten aufgenommen werden.
Damit der vorgeschlagenen neuen Regelung die erforderliche Wirkung und Strahl-kraft im Sinne des Leitbildcharakters zukommt, ist die Einführung mit Aufklärungs- und Sensibilisierungsmassnahmen zu begleiten. Bei deren Vorbereitung und Umsetzung wird sich auch der Bund entsprechend engagieren und insbesondere koordinieren.
Botschaft
¹ BBl 2024 2517
1 Ausgangslage
1.1 Handlungsbedarf und Ziele
1.1.1 Allgemeines
Mit der Revision des Kindesrechts von 1978 wurde das sogenannte Züchtigungsrecht der Eltern (Art. 278 aZGB ² ) abgeschafft. Seither wurden mehrere parlamentarische Vorstösse eingereicht mit dem Ziel, Kinder vor Gewalt in der Familie besser zu schützen und das Verbot von Körperstrafen und anderen erniedrigenden Handlungen bzw. das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung gesetzlich explizit zu verankern. ³ Zudem wurde die Schweiz auf internationaler Ebene mehrmals ermahnt, eine gesetzliche Regelung zu schaffen. ⁴ Auch von Seiten der Zivilgesellschaft sowie der Wissenschaft wurde das Anliegen regelmässig thematisiert. ⁵
Im Dezember 2019 reichte Nationalrätin Christine Bulliard-Marbach die Motion 19.4632 «Gewaltfreie Erziehung im ZGB verankern» ein. Der Bundesrat beantragte am 26. Februar 2020 die Ablehnung der Motion, stellte aber in Aussicht, das Anliegen in einem Bericht zu prüfen. Am 4. Mai 2020 reichte Nationalrätin Christine Bulliard-Marbach das Postulat 20.3185 «Schutz von Kindern vor Gewalt in der Erziehung» ein, wonach der Bundesrat prüfen sollte, wie der Schutz von Kindern vor Gewalt in der Erziehung im ZGB verankert werden kann. Der Nationalrat nahm das Postulat am 9. Dezember 2020 an (siehe dazu sogleich Ziff. 1.1.2). ⁶
² Zivilgesetzbuch, SR 210 .
³ Bereits 1996 z. B. Motion 96.3176 Kommission für Rechtsfragen NR «Rechtliches Verbot der Körperstrafe und erniedrigender Behandlung von Kindern», später die folgenden Vorstösse: Anfrage 13.1022 Fehr «Gewalt in der Erziehung. Wie stoppen?»; Motion 13.3156 Feri «Gewaltfreie Erziehung»; Motion 15.3639 Galladé «Abschaffung des Züchtigungsrechts»; Motion 18.3603 Marchand-Balet «Im Zivilgesetzbuch ein Verbot von Körperstrafen und anderen erniedrigenden Handlungen gegenüber Kindern verankern»; Motion 19.4632 Bulliard-Marbach «Gewaltfreie Erziehung im ZGB verankern». Siehe z. B. auch auf kantonaler Ebene: Kanton Jura, Motion Nr. 1402 Frossard «Loi cantonale instituant la prévention contre les violences éducatives ordinaires» vom 24. November 2021.
⁴ Sowohl im Rahmen des Staatenberichtsverfahrens vor dem UNO-Kinderrechtsausschuss, dem UNO-Ausschuss gegen Folter sowie auch im Rahmen der Allgemeinen regelmässigen Überprüfung der Schweiz (Universal periodic review, UPR). Siehe dazu im Detail Bericht Po. Bulliard-Marbach, Ziff. 3.1.1 sowie UPR Switzerland 2023, Empfehlungen 39.263-39.267.
⁵ So bspw. Fassbind, § 8 II. 3, der bereits 2006 de lege ferenda eine ausdrückliche Regelung im ZGB forderte. Siehe Bericht Po. Bulliard-Marbach, Ziff. 1.1 sowie auch Petition 15.2016 Klasse 3/4e Schule Gäbelbach, Bern «Für ein Verbot von Ohrfeigen». Siehe auch EKKJ Positionspapier 2019, S. 16.
⁶ Siehe Debatte und Entscheid des Nationalrats in der Rubrik «Chronologie», abrufbar unter: www.parlament.ch > Ratsbetrieb > Curia Vista >
20.3185.
1.1.2 Bericht «Schutz der Kinder vor Gewalt in der Erziehung» des Bundesrates vom 19. Oktober 2022
In seinem Bericht vom 19. Oktober 2022 in Erfüllung des Postulats 20.3185 ⁷ hielt der Bundesrat daran fest, dass nach heutiger Auffassung ein Züchtigungsrecht der Eltern mit dem Kindeswohl nicht mehr vereinbar ist, auch wenn das geltende Zivilgesetzbuch kein ausdrückliches Verbot von Gewalt an Kindern in der Erziehung enthält. ⁸ Die systematische Anwendung von körperlicher Gewalt als Erziehungsmethode verletze eindeutig das Kindeswohl. ⁹ Die aktuellen Strafrechtsbestimmungen, zusammen mit dem gut ausgebauten Kinder- und Jugendschutz und einem Kinder- und Jugendhilfesystem, erreichten weitaus mehr als ein ausdrückliches gesetzliches Züchtigungsverbot. Der Bundesrat verwies zudem auf die Bedeutung von Prävention durch aktive Sensibilisierungs- und Aufklärungsprogramme. 1⁰ Gleichzeitig legte er einen Vorschlag für die verlangte mehrheitsfähige Lösung vor, wie der Grundsatz der gewaltfreien Erziehung im Zivilgesetzbuch konkret ausgestaltet werden könnte.
⁷ Siehe Bericht Po. Bulliard-Marbach, abrufbar unter:
www.bj.admin.ch
> Gesellschaft > Laufende Rechtsetzungsprojekte > Gewaltfreie Erziehung.
⁸ Wie bereits gegenüber Motion 15.3639 Galladé «Abschaffung des Züchtigungsrechts»; Motion 18.3603 Marchand-Balet «Im Zivilgesetzbuch ein Verbot von Körperstrafen und anderen erniedrigenden Handlungen gegenüber Kindern verankern»; Motion 19.4632 Bulliard-Marbach «Gewaltfreie Erziehung im ZGB verankern».
⁹ So schon im Bericht Po. Fehr 2012, Anhang 4. Siehe auch die Stellungnahme des Bundesrates zu den in Fussnote 2 zitierten Vorstössen.
1⁰ Betreffend die finanzielle Unterstützung im Bereich Kinderschutz, siehe www.bsv.admin.ch > Finanzhilfen > Kinderschutz/Kinderrechte sowie Bericht Po. Bulliard-Marbach, Ziff. 1.2. Siehe auch BSV Bericht Evaluation 2022.
1.1.3 Geltendes Recht
Bereits nach geltendem Recht ist Gewalt gegenüber Kindern nicht erlaubt. Das gilt gerade auch im Rahmen der elterlichen Erziehung. Eine neue Gesetzesbestimmung im Zivilrecht zum Schutz von Kindern vor Gewalt ist daher eigentlich nicht zwingend notwendig. Zu diesem Schluss kam der Bundesrat im Rahmen der umfangreichen Analyse der geltenden Rechtslage im Oktober 2022. 1¹ Entsprechend geht es bei der gesetzlichen Verankerung des Grundsatzes der gewaltfreien Erziehung im ZGB im Kern darum, diesen Grundsatz als klares Signal des Gesetzgebers und Verdeutlichung der bereits bestehenden elterlichen Verpflichtung ausdrücklich im ZGB festzuschreiben.
1¹ Vgl. dazu ausführlich Bericht Po. Bulliard-Marbach, Ziff. 3.6 m. w. N.
1.2 Gewählte Lösung und geprüfte Alternativen
Im Rahmen der Arbeiten zum Postulat 20.3185 Bulliard-Marbach prüfte der Bundesrat bereits ausführlich, wie der Grundsatz der gewaltfreien Erziehung im ZGB verankert werden könnte.
1.2.1 Präzisierung der elterlichen Erziehungspflicht im ZGB
Die bestehende elterliche Verpflichtung im Bereich der Erziehung soll im Sinne der Prävention verdeutlicht und die zentrale Bedeutung, die auch der Gesetzgeber diesem Grundsatz beimisst, unterstrichen werden. Dies entspricht auch der Ansicht des UNO-Kinderrechtsausschusses, gemäss welchem die Verantwortung für die Erziehung und den Schutz der Kinder, einschliesslich der Vermeidung von Gewalt, primär bei der Familie liegt. ¹2
Die gewählte Lösung enthält ein an die Eltern gerichtetes Leitbild, das Kind ohne Gewalt, insbesondere ohne Anwendung körperlicher Bestrafung und anderer Formen erniedrigender Behandlung zu erziehen. Es geht darum, den Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder in erster Linie Unterstützung zu bieten und nicht um eine Intervention oder gar Sanktionierung. Diese in Artikel 302 ZGB vorgesehene neue gesetzliche Verankerung fügt sich somit in das bestehende System von Prävention durch Beratung und Sensibilisierung, Intervention durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) und Sanktion durch die Strafverfolgungsbehörden ein. ¹3
¹2 Siehe Observation générale no 13 (2011), Ziff. 3 h. Siehe auch Art. 18 KRK.
¹3 Siehe auch Bericht Po. Bulliard-Marbach, Zusammenfassung, S. 3.
1.2.2 Verzicht auf die Aufnahme eines expliziten Rechts des Kindes auf gewaltfreie Erziehung in den Gesetzestext
Von der Schaffung eines neuen «Rechts des Kindes» auf gewaltfreie Erziehung hatte der Bundesrat bereits im Rahmen der Analyse der europäischen Regelungen im Hinblick auf den Bericht des Bundesrates vom 19. Oktober 2022 abgesehen. ¹4 Artikel 11 der Bundesverfassung (BV) ¹5 sowie Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 19 des Übereinkommens vom 20. November 1989 ¹6 über die Rechte des Kindes (KRK) enthalten bereits einen Anspruch des Kindes auf den Schutz der körperlichen und psychischen Integrität. Zwar wurde im Rahmen der Vernehmlassung teilweise die Aufnahme einer gesetzlichen Norm mit einem expliziten Recht des Kindes auf eine gewaltfreie Erziehung gefordert. ¹7 Der Bundesrat ist weiterhin der Ansicht, dass von der Aufnahme eines ausdrücklichen Rechts abzusehen ist.
¹4 Siehe erläuternder Bericht, Ziff. 3.2.2.
¹5 SR 101
¹6 SR 0.107 , in Kraft getreten für die Schweiz am 26. März 1997.
¹7 Siehe Ergebnisbericht, Ziff. 4.1.4.
1.2.3 Umsetzungs- und Sensibilisierungsmassnahmen
Die Verankerung des Grundsatzes der gewaltfreien Erziehung im ZGB hat in der Form einer programmatischen Norm Leitbildcharakter. Der Fokus ist auf das Wohl des Kindes und die geeigneten Hilfestellungen für die betroffenen Eltern und Kinder gerichtet. Die Umsetzung der als zentrales Element vorgesehenen Stärkung der bestehenden, niederschwelligen Beratungs- und Hilfsangebote für die Eltern und Kinder wird wie bisher durch die Kantone stattfinden. Mit der vorgeschlagenen Regelung sind keine neuen Verpflichtungen zulasten der Kantone verbunden. Diese verfügen bereits heute über Angebote im Bereich der Erziehungsberatung. Anzufügen ist, dass diese teilweise im Rahmen einer Anschubfinanzierung durch den Bund unterstützt wurden. ¹8 In der Vernehmlassung wurde von einem Teil der Vernehmlassungsteilnehmenden eine inhaltliche Erweiterung der Formen fachgerechter Unterstützung in Absatz 4 gefordert (siehe dazu Ziff. 4.1.2). Der Bundesrat befürwortet die Beibehaltung der Formulierung von Absatz 4 gemäss dem Vorentwurf, entspricht aber durch entsprechende Ausführungen im Rahmen dieser Botschaft dem Anliegen eines breiten Verständnisses der Angebote für Eltern und Kinder (siehe Ziff. 5).
Darüber hinaus wird im Hinblick auf die Wirkung und Strahlkraft der vorgeschlagenen neuen Regelung der Sensibilisierung und Aufklärung eine zentrale Rolle für die Prävention zukommen, wie der Bundesrat bereits mehrfach hervorgehoben hat. Eine Mehrheit der Teilnehmenden betonte in der Vernehmlassung die Bedeutung von Sensibilisierungskampagnen und äusserte sich zugunsten einer nationalen Kampagne. Der Bundesrat teilt die Ansicht, dass Massnahmen zur Sensibilisierung durch den Bund Teil des gesamten Revisionsprojekts sein sollten und hat gestützt darauf die finanziellen und personellen Ressourcen und Möglichkeiten im Hinblick auf eine solche künftige Aufgabe geprüft (siehe Ziff. 4.2).
¹8 Siehe auch Ziff. 7.5 sowie Fussnote 9 betreffend die finanzielle Unterstützung durch den Bund (mit weiteren Verweisen).
1.2.4 Weitere geprüfte Alternativen
Bereits im Rahmen der Vorarbeiten wurde geprüft, ob und auf welche Weise die verschiedenen Formen der Gewalt in den Gesetzestext aufgenommen werden könnten und sollten. In der Vernehmlassung wurde von verschiedener Seite eine ausdrückliche gesetzliche Ergänzung der verschiedenen Gewaltformen, insbesondere der psychischen Gewalt, gefordert (siehe auch Ziff. 4.1.3). Der Bundesrat hält, nach erneuter Prüfung, an seinem Entscheid gegen die Aufnahme weiterer konkreter Gewaltformen im Gesetzestext fest. Den Anliegen aus der Vernehmlassung wird aber insofern Rechnung getragen, als die Ausführungen zu den Gewaltformen im Rahmen dieser Botschaft erweitert werden und dabei auch die psychische Gewalt als Form verbotener Gewalt hervorgehoben wird (siehe Ziff. 5)
1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates
Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 24. Januar 2024 ¹9 zur Legislaturplanung 2023-2027 noch im Bundesbeschlusses vom 6. Juni 2024 2⁰ angekündigt.
¹9 BBl 2024 525
2⁰ BBl 2024 1440
1.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse
Es wird beantragt, den folgenden parlamentarischen Vorstoss als erledigt abzuschrei-ben:
2022 | M | 19.4632 | Gewaltfreie Erziehung im ZGB verankern (N 30.09.2021, Bulliard-Marbach; S 14.12.2022) |
2 Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren
2.1 Vernehmlassungsvorlage
Der Bundesrat hat am 23. August 2023 die Vernehmlassung zum Vorentwurf eröffnet.
Der Vorentwurf sah die ausdrückliche Verankerung des Grundsatzes der gewaltfreien Erziehung im Zivilgesetzbuch vor. Dabei sollte gemäss dem im Bericht des Bundesrats zum Postulat 20.3185 Bulliard-Marbach formulierten Lösungsvorschlag die Erziehungspflicht der Eltern im Sinne des Kindeswohls weiter konkretisiert werden. Kern der Neuregelung war die Schaffung einer neuen programmatischen Gesetzesbestimmung im Familienrecht mit Leitbildcharakter, welche als klares Signal des Gesetzgebers die Stärkung der Prävention zum Ziel hatte. Zu diesem Zweck sollte die bestehende Regelung in Artikel 302 Absatz 1 ZGB zur Pflicht der Eltern, das Kind zu erziehen, durch einen zweiten Satz ergänzt werden. Ausdrücklich sollte darin gesetzlich festgeschrieben werden, dass die Eltern das Kind ohne Anwendung von körperlichen Bestrafungen und anderen Formen entwürdigender Gewalt zu erziehen haben.
Im Sinne einer flankierenden Massnahme sollte, als wesentlicher Bestandteil der Umsetzung, gleichzeitig auch der verbesserte Zugang zu Stellen mit Beratungs- und Hilfsangeboten für Kinder und Eltern gesetzlich geregelt werden.
Die Vernehmlassung dauerte bis zum 23. November 2023. Insgesamt gingen 77 Stellungnahmen ein (26 Kantone, 7 politische Parteien und 44 Organisationen und weitere Interessierte). 2¹
2¹ Die Vernehmlassungsvorlage, der erläuternde Bericht und der Ergebnisbericht können abgerufen werden unter: www.fedlex.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2023 > EJPD > Vernehmlassung 2023/42.
2.2 Zusammenfassung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens
Der Handlungsbedarf wurde von einer Mehrheit sämtlicher Vernehmlassungsteilnehmenden bejaht. Nur eine Partei lehnte den Vorentwurf vollumfänglich ab.
Ein grosser Teil der Vernehmlassungsteilnehmenden war mit der vorgeschlagenen gesetzlichen Verankerung und der Formulierung der gewaltfreien Erziehung einverstanden, sah jedoch weiteren Erläuterungsbedarf. In der Botschaft sei allgemein verständlich auszuführen, was unter gewaltfreier Erziehung zu verstehen sei, um eine eindeutige Auslegung und die künftige Umsetzung sicherzustellen. Mehrere Teilnehmende hatten sich für einen Verzicht auf die Formulierung «entwürdigende Gewalt» ausgesprochen: Diese sei missverständlich, indem gewisse Formen von Gewalt gegenüber Kindern als nicht entwürdigend und somit erlaubt verstanden werden könnten. Von verschiedener Seite wurde zudem die ausdrückliche gesetzliche Ergänzung der verschiedenen Gewaltformen, insbesondere der psychischen Gewalt, gefordert. Weitere Teilnehmende befürworteten die ausdrückliche Aufnahme eines Rechts des Kindes auf eine gewaltfreie Erziehung in Übereinstimmung mit Artikel 11 BV sowie den Artikeln 3 und 19 KRK. Einige Teilnehmende erachteten eine Ausweitung auf sämtliche erziehungsberechtigten und -verpflichteten Personen als notwendig, da Gewalt in allen Erziehungsbeziehungen verboten sein müsse.
In Bezug auf die vorgeschlagene Verpflichtung der Kantone, den Zugang zu Beratungsstellen zu fördern und zu verbessern, waren die Meinungen geteilt. Ein Teil der Vernehmlassungsteilnehmenden sprach sich dafür aus, während der andere Teil eine Ergänzung des Vorschlags forderte mit der Begründung, dass für die Gewaltprävention nicht nur Beratungsstellen, sondern auch weitere Formen fachgerechter Unterstützung wertvoll wären. Mehrere Teilnehmende befürworteten, dass gemäss Vorschlag der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) zuerst Daten zu den bestehenden Angeboten in den Kantonen und zur Nutzung dieser Leistungen zu erfassen seien. Dies würde es erlauben, allfällige Lücken im bestehenden Hilfsangebot zu identifizieren. Die Bedeutung nationaler Kampagnen, um die Wirkung der Einführung der neuen Bestimmungen zu verstärken, wurde von einer Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden hervorgehoben.
In Bezug auf die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Vorlage waren schliesslich laut gewissen Teilnehmenden auf Basis des aktuellen Forschungsstands durchaus positive Auswirkungen zu erwarten.
2.3 Würdigung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens
Der Handlungsbedarf im Bereich gewaltfreie Erziehung wurde in der Vernehmlassung breit anerkannt. In Bezug auf die Formulierung ergaben sich jedoch verschiedene Änderungsanträge. Im Vordergrund standen dabei der Verzicht auf die als missverständlich betrachtete Formulierung «entwürdigende Gewalt», die ausdrückliche Aufnahme der psychischen Gewalt sowie eines Rechts des Kindes auf gewaltfreie Erziehung in Absatz 1 von Artikel 302 ZGB sowie die Ergänzung von Absatz 4 durch weitere Formen fachgerechter Unterstützung. Ein wichtiges Anliegen einer Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden bildete auch die Begleitung der Inkraftsetzung durch nationale Kampagnen. Der Bundesrat hat diese Anliegen geprüft und hat entsprechende Anpassungen der Vorlage vorgenommen sowie weiterführende Ausführungen in diese Botschaft aufgenommen (siehe dazu im Einzelnen unter Ziff. 4.1).
3 Rechtsvergleich
3.1 Internationales Recht
3.1.1 Instrumente der UNO
Artikel 3 Absatz 1 der UNO-Kinderrechtskonvention (KRK) verankert das Grundprinzip des Vorrangs des Kindeswohls. Demnach hat das Wohl des Kindes immer Vorrang, wenn die Erziehungspflicht bzw. -rechte der Eltern gegen die Rechte des Kindes abzuwägen sind. Das Wohl des Kindes kann daher niemals zur Rechtfertigung schädigender Praktiken wie der körperlichen Züchtigung und anderer grausamer Formen der Bestrafung herangezogen werden. 2² Diese verletzen stets die Menschenwürde und das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit. ²3 Ein spezifisches Gewaltverbot ²4 enthält Artikel 19 KRK, der die Vertragsstaaten verpflichtet, alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs-, Sozial- und Bildungsmassnahmen zum Schutz des Kindes vor jeder Form von körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung, Schadenszufügung oder Misshandlung, vor Verwahrlosung oder Vernachlässigung, vor schlechter Behandlung oder Ausbeutung einschliesslich des sexuellen Missbrauchs zu treffen. Dabei kommt es gemäss UNO-Kinderrechtsausschuss weder auf die Häufigkeit noch auf die Intensität oder die Absicht der Schadenszufügung an. ²5 Seiner Ansicht nach ist jede Form von Gewalt gegen ein Kind - wie geringfügig auch immer sie sein mag - inakzeptabel. ²6 Die Eltern sind für die Erziehung und die Entwicklung des Kindes gemäss Artikel 18 Absatz 1 KRK verantwortlich, wobei die Vertragsstaaten sie in angemessener Weise bei der Erfüllung ihrer Aufgabe zu unterstützen haben (Art. 18 Abs. 2 KRK). Gleichzeitig spielt das in Artikel 12 Absatz 1 KRK gewährleistete Recht des Kindes auf freie Meinungsbildung und -äusserung und auf angemessene Berücksichtigung seiner Meinung gemäss dem UNO-Kinderrechtsausschuss präventiv eine Rolle gegen alle Formen von Gewalt zu Hause und in der Familie, weil dadurch innerhalb der Familie die persönliche Entwicklung des Kindes gefördert und die Familienbeziehungen gestärkt werden. ²7
Der UNO-Kinderrechtsausschuss lud die Schweiz bereits 2015 im Anschluss an den Austausch über deren periodischen Staatenbericht und 2021 erneut ein, das Verbot von Körperstrafen ausdrücklich gesetzlich zu verankern. ²8 Im Rahmen der Allgemeinen regelmässigen Überprüfung der Schweiz (Universal periodic review, UPR), welche unter der Schirmherrschaft des UNO-Menschenrechtsrats stattfindet, wurden in allen vier Zyklen ebenfalls diesbezügliche Empfehlungen an die Schweiz gerichtet. ²9 Zusätzlich wurden sowohl vom UNO-Kinderrechtsausschuss als auch im Rahmen der UPR verstärkte Sensibilisierungs- und Präventionsmassnahmen zur Förderung einer gewaltfreien, positiven und partizipativen Erziehung 3⁰ empfohlen, wobei der UNO-Kinderrechtsausschuss im Jahr 2021 3¹ in einer noch deutlicheren Weise die Schweiz einlud, genügend Ressourcen bereitzustellen für Sensibilisierungskampagnen, die positive, gewaltfreie und partizipative Formen der Kindererziehung und Disziplin fördern und die negativen Folgen von körperlicher Züchtigung aufzeigen.
2² CRC, Observation générale no 13 (2011), Ziff. 61.
²3 Ebd.
²4 Art. 37 Bst. a KRK enthält das generelle Verbot von Folter oder einer anderen grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe gegenüber Kindern.
²5 Siehe CRC, Observation générale no 13 (2011), Ziff. 17.
²6 CRC, Observation générale no 13 (2011), Ziff. 17.
²7 CRC, Observation générale no 12 (2009), Ziff. 90 f.
²8 Observations finales CRC-CH 2015, Ziff. 39; Observations finales CRC-CH 2021, Ziff. 27a.
²9 UPR Switzerland 2008, Empfehlung 57.23; UPR Switzerland 2012, Empfehlung 123.81; UPR Switzerland 2017, Empfehlungen 146.103 und 148.61 sowie UPR Switzerland 2023, Empfehlungen 39.263 - 39.267.
3⁰ UPR 2012, Empfehlung 122.44; Observations finales CRC-CH 2015, Ziff. 39.
3¹ Observations finales CRC-CH 2021, Ziff. 27b.
3.1.2 Instrumente des Europarats
Die Konvention vom 4. November 1950 3² zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK) enthält in Artikel 3 das Verbot von unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung. Aus Artikel 3 ergeben sich Schutzpflichten der Staaten, insbesondere auch gegenüber Kindern, wenn die Behörden um die Gefahr von Misshandlungen wissen bzw. wissen müssen. 3³ Artikel 3 EMRK kommt jedoch nur bei einem gewissen Mindestmass an Schwere der Misshandlung und wenn diese «körperliche Verletzungen oder intensive physische oder psychische Leiden mit sich bringt» zur Anwendung. ³4
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Bestrafung eines Kindes in der Familie mit Stockhieben ³5 als eine Verletzung von Artikel 3 EMRK erachtet. Im Falle von Ohrfeigen, die Polizisten zwei Minderjährigen auf dem Polizeikommissariat verabreicht hatten, war das Gericht ebenfalls der Meinung, dass der erniedrigende Charakter der Strafe gemäss Artikel 3 EMRK erfüllt sei, da diese Anwendung von körperlicher Gewalt aufgrund des Verhaltens der Jugendlichen nicht unbedingt erforderlich war und somit deren Würde verletzte. ³6 Weiter erinnerte es in diesem Zusammenhang daran, dass es ausreichen kann, dass das Opfer in seinen eigenen Augen gedemütigt wird, um eine erniedrigende Behandlung im Sinne von Artikel 3 der Konvention zu bewirken: Eine Ohrfeige, selbst wenn sie isoliert, nicht vorsätzlich und ohne schwerwiegende oder dauerhafte Auswirkungen auf den Empfänger ist, könne von diesem als Erniedrigung empfunden werden. ³7 Vorliegend von besonderem Interesse ist ein EGMR-Urteil aus dem Jahr 2018, in welchem es der EGMR als empfehlenswert erachtete, dass Mitgliedstaaten jegliche Formen von körperlicher Bestrafung von Kindern gesetzlich verbieten, um jegliches Risiko einer Misshandlung von und eines herabwürdigenden Verhaltens gegenüber Kindern zu vermeiden. ³8
Nach dem für die Schweiz am 1. April 2018 in Kraft getretenen Übereinkommen des Europarats vom 11. Mai 2011 ³9 zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ( Istanbul-Konvention ) ist namentlich körperliche, sexuelle und psychische Gewalt strafbar zu erklären und mit verschärften Strafen zu ahnden, wenn sie sich gegen ein Kind richten oder in seiner Anwesenheit begangen werden. 4⁰ Die Schweiz erfüllt diese Vorgaben, weil die genannten Tathandlungen gemäss Schweizer Strafrecht strafbar sind und das Gericht erschwerende Tatumstände im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigen muss (Art. 47 des Strafgesetzbuchs 4¹ ). 4² Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch die vom Bund und den Kantonen Ende April 2021 unterzeichnete Roadmap gegen häusliche Gewalt, welche in Handlungsfeld 2 als Massnahme vorsieht, dass im Bereich der Präventionsarbeit Bund und Kantone unter anderem Projekte zur gewaltfreien Erziehung in der Familie fördern sollen. Handlungsfeld 7 sieht vor, Kinder vor häuslicher Gewalt zu schützen, indem z. B. ein ausreichendes und qualitativ hochwertiges Hilfsangebot für Kinder geschaffen wird, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind. 4³ Der im Juni 2022 vom Bundesrat verabschiedete Nationale Aktionsplan der Schweiz zur Umsetzung der Istanbul-Konvention 2022-2026 verstärkt mit 44 Massnahmen in drei Schwerpunkten von Bund, Kantonen und Gemeinden die Prävention und Bekämpfung von Gewalt an Frauen und häuslicher Gewalt und namentlich auch von Gewalt an Kindern. 4⁴
Der Europarat hat seit 1985 ausserdem mehrere Empfehlungen ausgearbeitet, in welchen der Schutz von Kindern gegen Gewalt bzw. die positive Elternschaft («parentalité positive») thematisiert werden. ⁴5 Es handelt sich dabei beispielsweise um die Empfehlung 1666 (2004) ⁴6 über ein europaweites Verbot der körperlichen Züchtigung von Kindern sowie die Empfehlung Rec(2006)19 ⁴7 über die Politik zur Förderung einer positiven Elternschaft. Diese Empfehlungen sind nicht rechtsverbindlich, können jedoch im Sinne einer Interpretationshilfe für die Schweizer Rechtsnormen beigezogen werden. ⁴8
3² SR 0.101 , in Kraft getreten für die Schweiz am 28. November 1974.
3³ EMRK-Handkommentar, Meyer-Ladewig/Lehnert, ad Art. 3 N 10 mit Verweisen auf die Rechtsprechung des EGMR.
³4 EMRK-Handkommentar, Meyer-Ladewig/Lehnert, ad Art. 3 N 19 mit Verweisen auf die Rechtsprechung des EGMR.
³5 A. v. the United Kingdom (application no. 25599/94) vom 23. September 1998, Tlapak and Others v. Germany (nos. 11308/16 and 11344/16) and Wetjen and Others v. Germany (nos. 68125/14 and 72204/14) vom 22. März 2018. Siehe auch Factsheet des EGMR zum Thema Kindesschutz und Körperstrafe, abrufbar unter: www.echr.coe.int > Press > Factsheets > Children and parents > Protection of minors; sowie auch De Luze, ZKE, S. 229f.
³6 Bouyid c. Belgique, (Requête no 23380/09), arrêt du 28 septembre 2015, N 110 ff .
³7 Ebd., N. 105.
³8 Wetjen and Others v. Germany (Applications nos. 68125/14 and 72204/14) vom 22. März 2018.
³9 SR 0.311.35
4⁰ Siehe Art. 46 Bst. d.
4¹ SR 311.0
4² BBl 2017 185 , Ziff. 2.5.18, Botschaft zur Genehmigung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention).
4³ Abrufbar unter:
www.bj.admin.ch
> Gesellschaft > Häusliche Gewalt > Strategischer Dialog «Häusliche Gewalt».
4⁴ Siehe
www.ebg.admin.ch
> Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt > Istanbul-Konvention > Nationaler Aktionsplan der Schweiz zur Umsetzung der Istanbul-Konvention 2022-2026.
⁴5 Siehe unter www.coe.int > Droits humains > Droits des enfants > Thèmes > La violence à l’encontre des enfants > Châtiment corporel > Normes juridiques du Conseil de l’Europe.
⁴6 Abrufbar ebd.
⁴7 Abrufbar ebd.
⁴8 Siehe auch De Luze, ZKE, S. 232.
3.2 Rechtslage in Europa
In der Europäischen Union verfügen 23 der 27 EU-Staaten über eine gesetzliche Regelung in Bezug auf die gewaltfreie Erziehung. Nur Italien, die Slowakei, Tschechien und Belgien verfügen über keine Regelung. Im Europarat haben 34 der total 46 Mitgliedstaaten ⁴9 ein ausdrückliches Gewaltverbot gesetzlich verankert. Ein Grossteil der europäischen Staaten hat somit in der Zwischenzeit Bestimmungen geschaffen, um die Gewalt in der Erziehung zu verbieten respektive die gewaltfreie Erziehung zu fördern. 5⁰
Über eine zivilrechtliche Regelung verfügen zum Beispiel Österreich (1989), Dänemark (1997), Deutschland (2000), die Niederlande und Spanien (2007), Liechtenstein (2008) sowie Frankreich (2019). Im Pionierland Schweden (1979) ist die Bestimmung in einem «Amendment to the Children and Parents Code» als Teil des Swedish Code of Statutes enthalten. 5¹ Schweden, Österreich, Liechtenstein und Dänemark sehen eine spezifische Formulierung in Form eines Verbots von Körperstrafen, seelischem Leid bzw. weiteren erniedrigenden Handlungen vor. 5² Deutschland hat seit dem 1. Januar 2023 die Formulierung im Sinne eines Gebots der Gewaltfreiheit abgeändert. 5³ In Deutschland und Österreich ist die Regelung mit einem Recht des Kindes auf gewaltfreie Erziehung verbunden. 5⁴ Frankreich, Spanien und die Niederlande verpflichten die Eltern im Rahmen ihrer elterlichen Sorge, diese unter Beachtung der physischen und psychischen Unversehrtheit des Kindes, d. h. ohne physische oder psychische Gewalt, auszuüben. 5⁵
Einige der Länder, die ein Gewaltverbot kennen, haben ausserdem eine eigene gesetzliche Grundlage für die flankierenden Informations-, Aufklärungs- und Beratungsmassnahmen und -angebote geschaffen: Deutschland hat eine gesetzliche Grundlage in § 16 des Sozialgesetzbuches vorgesehen, ⁵6 wonach Angebote zur Erziehungsförderung auch Wege aufzeigen, Konflikte in der Familie gewaltfrei zu lösen. Spanien hat in seinem neuen Gesetz zum umfassenden Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt vom Juni 2021 der Prävention, Sensibilisierung und Früherkennung mehrere Artikel gewidmet. ⁵7 Unter dem Titel Prävention im familiären Umfeld werden mehrere staatliche Massnahmen aufgelistet.
⁴9 Siehe unter www.coe.int > Droits humains > Droits des enfants > Thèmes > La violence à l’encontre des enfants > Châtiment corporel.
5⁰ Siehe EKKJ Positionspapier
2019
, S. 7 f. sowie die Auflistung der Staaten Europas unter Global Initiative to End All Corporal Punishment of Children: endcorporalpunishment.org > Global progress > By region > Europe and Central Asia.
5¹ Föräldrabalk 1949:381, 6 kap 1 § (Elterngesetz), basierend auf Prop. 1978/79:67 (Botschaft), beschlossen am 16. November 1978, in Kraft getreten am 1. Januar 1979, geändert durch 1983:47.
5² Schweden, Föräldrarbalken (1949:381) 6. Kapitel, §1: «Children are entitled to care, security and a good upbringing. Children shall be treated with respect for their person and individuality and may not be subjected to corporal punishment or any other humiliating treatment». Österreich hat zusätzlich zu § 137 Abs. 2 ABGB («Die Anwendung jeglicher Gewalt und die Zufügung körperlichen oder seelischen Leides sind unzulässig») im Jahr 2011 in Art. 5 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte der Kinder das folgende Gewaltverbot formuliert: «Jedes Kind hat das Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, die Zufügung seelischen Leides, sexueller Missbrauch und andere Misshandlungen sind verboten.» Liechtenstein, § 137 Abs. 2 ABGB: «Die Anwendung jeglicher Gewalt und die Zufügung körperlichen oder seelischen Leides sind unzulässig.» Dänemark, Art. 2 Abs. 2, 2 . Satz des Danish Act on Parental Responsibility (2007) (inoffizielle englische Übersetzung): «Children have the right to care and security. Children must be treated with respect for their person and must not be exposed to corporal punishment or other humiliating treatment».
5³ Deutschland, § 1631 Abs. 2 BGB: «Das Kind hat ein Recht auf Pflege und Erziehung unter Ausschluss von Gewalt, körperlichen Bestrafungen, seelischen Verletzungen und anderen entwürdigenden Massnahmen». Diese Neuregelung in der Fassung vom 4. Mai 2021 ist seit 1. Januar 2023 in Kraft (BGBl. I 2021 S. 882).
5⁴ Siehe Fussnoten 51 und 52 .
5⁵ Frankreich, Art. 371-1 Code civil: «L’autorité parentale est un ensemble de droits et de devoirs ayant pour finalité l’intérêt de l’enfant. Elle appartient aux parents jusqu’à la majorité ou l’émancipation de l’enfant pour le protéger dans sa sécurité, sa santé et sa moralité, pour assurer son éducation et permettre son développement, dans le respect dû à sa personne. L’autorité parentale s’exerce sans violences physiques ou psychologiques. […]». Spanien, Art. 154 Código civil: «Los hijos no emancipados están bajo la patria potestad de los progenitores. La patria potestad, como responsabilidad parental, se ejercerá siempre en interés de los hijos, de acuerdo con su personalidad, y con respeto a sus derechos, su integridad física y mental. […]» (Inoffizielle dt. Übersetzung: «[…] Die elterliche Sorge als elterliche Verantwortung ist stets im Interesse der Kinder, entsprechend ihrer Persönlichkeit und unter Wahrung ihrer Rechte sowie ihrer körperlichen und geistigen Unversehrtheit auszuüben»). Niederlande, Art. 1:247 of the Civil Code (inoffizielle englische Übersetzung): «(1) Parental authority includes the duty and the right of the parent to care for and raise his or her minor child. (2) Caring for and raising one’s child includes the care and the responsibility for the emotional and physical wellbeing of the child and for his or her safety as well as for the promotion of the development of his or her personality. In the care and upbringing of the child the parents will not use emotional or physical violence or any other humiliating treatment».
⁵6 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) - Kinder- und Jugendhilfe.
⁵7 Ley Orgánica 8/2021, de 4 de junio, de protección integral a la infancia y la adolescencia frente a la violencia. Jefatura del Estado «BOE» núm. 134, de 05 de junio de 2021 Referencia: BOE-A-2021-9347, abrufbar unter: www.boe.es/buscar/pdf/2021/ BOE-A-2021-9347-consolidado.pdf.
4 Grundzüge der Vorlage
4.1 Die beantragte Neuregelung
Im Rahmen seines Berichts zum Postulat 20.3185 vom 19. Oktober 2022 hatte der Bundesrat bereits einen Lösungsvorschlag skizziert, wie das Recht auf gewaltfreie Erziehung im ZGB verankert werden kann (vgl. dazu auch vorne Ziff. 1.1.2 und 1.2). Dieser Vorschlag bildete den Inhalt des Vorentwurfs für das Vernehmlassungsverfahren. Angesichts der Ergebnisse der Vernehmlassung entspricht die Vorlage im Wesentlichen dem Vorentwurf (siehe dazu vorne Ziff. 2). Damit die vorgeschlagene Regelung eine möglichst eindeutige, unmissverständliche und zugleich mehrheitsfähige Formulierung hat, soll diese gegenüber dem Vorentwurf in gewissen Punkten angepasst werden.
4.1.1 Pflicht der Eltern zur gewaltfreien Erziehung
Kern der Neuregelung ist die Schaffung einer neuen programmatischen Gesetzesbestimmung im Familienrecht mit Leitbildcharakter, welche als klares Signal des Gesetzgebers und Verdeutlichung der bereits bestehenden elterlichen Verpflichtung die Stärkung der Prävention zum Ziel hat. Dazu soll die bestehende Regelung in Artikel 302 Absatz 1 ZGB zur Pflicht der Eltern, das Kind zu erziehen, durch einen zweiten Satz ergänzt werden. Dieser konkretisiert den Umfang der elterlichen Erziehungspflicht weiter. Da Stief- und Pflegeeltern die Eltern in der Ausübung der elterlichen Sorge - und somit in der Erziehung - vertreten (Art. 299 f. ZGB), gelten diese sowie die nachfolgenden Ausführungen auch für sie. ⁵8 Aufgrund des Verweises in Artikel 327 c Absatz 1 ZGB ist der Vormund, gleich wie die Eltern, für die Erziehung des Kindes verantwortlich und somit ebenfalls zur gewaltfreien Erziehung verpflichtet. ⁵9
Ergänzend zur bisherigen allgemeinen Erziehungspflicht der Eltern soll ausdrücklich gesetzlich festgeschrieben werden, dass die Eltern das Kind ohne Anwendung von Gewalt, namentlich ohne körperliche Bestrafungen und andere Formen erniedrigender Behandlung zu erziehen haben. Der Grundsatz der gewaltfreien Erziehung ergibt sich weiterhin bereits aus Artikel 301 Absatz 1 ZGB (Pflege und Erziehung im Blick auf Kindeswohl) und Artikel 302 Absatz 1 erster Satz ZGB (Förderung und Schutz der körperlichen und geistigen Entfaltung). Mit der neuen Bestimmung wird diese Rechtslage aber in Form einer ausdrücklichen Verpflichtung im Gesetz festgehalten. Dabei handelt es sich um ein Leitbild, das die gesetzliche Erziehungspflicht der Eltern präzisiert.
Die neue Gesetzesbestimmung hat damit wie erwähnt programmatischen Charakter. Sie steckt den konzeptionellen Rahmen der elterlichen Erziehung zugunsten des Kindes ab, das Kind steht somit im Mittelpunkt dieser Regelung, ganz im Sinne des in Artikel 301 ZGB enthaltenen Grundprinzips des Kindeswohls. Im Vordergrund stehen dabei die Prävention von Gewalt in der Erziehung sowie die Unterstützung bei Konfliktsituationen.
Es wird damit aber keine bestimmte Erziehungsmethode vorgeschrieben; die Eltern sollten nach wie vor in der Wahl ihrer Erziehungsmethoden autonom bleiben. Daran soll nichts geändert werden: Bereits heute ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, wie bzw. nach welchen Methoden die Erziehung erfolgen soll. Der Gesetzgeber hat bereits elementare Leitlinien festgelegt, nämlich den Schutz und die Förderung der körperlichen, geistigen und sittlichen Entfaltung des Kindes. 6⁰ Mit der vorgeschlagenen expliziten Gesetzesbestimmung soll in Zukunft insbesondere auch die Tätigkeit der verschiedenen Fachpersonen (z. B. Lehrerinnen und Lehrer, Sozialdienste, Strafbehörden, KESB sowie auch, gerade in der frühen Familienphase bzw. bei Kleinkindern, Hebammen oder Erziehungsberatende) mit gewaltbetroffenen Familien erleichtert und begünstigt werden, weil die gesetzliche Verankerung der gewaltfreien Erziehung die Rechtslage klar zum Ausdruck bringt. Damit können sowohl die Eltern und Kinder als auch die Fachpersonen über die neue Gesetzesbestimmung sensibilisiert werden (siehe Ziff. 4.2).
⁵8 Siehe auch BSK ZGB I-Schwenzer/Cottier, Art. 299 N 3 ff. sowie BSK ZGB I-Schwenzer/Cottier, Art. 300 N 4.
⁵9 Siehe BSK ZGB I-Lienhard/Affolter, Art. 327 c N 10.
6⁰ Meier/Stettler, N. 1270 ff.
4.1.2 Verbesserter Zugang zu Stellen mit Beratungs- und Hilfsangeboten
Das Verständnis des Kindeswohls und der Achtung der Persönlichkeit des Kindes kann in der Praxis gerade mit Bezug auf die Erziehung und ihre Methoden sehr unterschiedlich sein. Deshalb ist es zentral, dass den Eltern nicht nur die Unzulässigkeit der Anwendung von Gewalt in der Erziehung bewusst gemacht wird, sondern dass auch Möglichkeiten offenstehen, sich über die bestehenden, gewaltfreien Methoden zu informieren und allenfalls eine fachliche Beratung oder andere Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
In einer Studie aus dem Jahr 2021 wurden die aktuellen Brennpunkte in Bezug auf die Dienstleistungen für die Familien zusammengefasst. 6¹ Es handelte sich unter anderem um die unterschiedliche Verfügbarkeit der Dienstleistungen, insbesondere zwischen Stadt und Land, aber auch um die mangelhafte Erreichbarkeit gewisser Zielgruppen, wie den schwierigen Zugang zu sozial benachteiligten Familien. Lücken wurden insbesondere bei sogenannten aufsuchenden Angeboten, d. h. bei Angeboten, bei welchen die Zielgruppen an ihrem Aufenthaltsort aufgesucht werden, festgestellt. Diese sind gerade für die sozial benachteiligten Familien, aber auch für Familien mit Migrationshintergrund von Bedeutung. Insbesondere Kleinkinder vor dem Kindergarteneintritt sind davon betroffen. Kinderärztinnen und Kinderärzte sowie Hebammen nehmen als wichtige Kontaktpersonen bei der Vermittlung von Informationen über Dienstleistungen und des Zugangs dazu eine wesentliche Rolle ein. Bereits 2019 hat sich die Eidgenössische Kommission für Kinder- und Jugendfragen (EKKJ) dahingehend geäussert, dass in Bezug auf die frühe Kindheit «[d]ie Vermittlung von Wissen über die Entwicklungsphasen des Kleinkindes und deren Bedeutung […] eine wichtige Grundlage der Prävention von Gewalt bildet». 6²
Nach Ansicht des Bundesrates ist es daher sinnvoll und wesentlich, die bereits bestehenden, niederschwelligen Beratungs- und Hilfsangebote für die Eltern und Kinder auszubauen bzw. den Zugang dazu zu verbessern. So können die Eltern und Kinder sich die notwendige Unterstützung holen, ohne eine unmittelbare (straf- oder Kindesschutz-)behördliche Intervention befürchten bzw. erwirken zu müssen. 6³ Der verbesserte Zugang zu Beratungs- und Hilfsangeboten soll deshalb ebenfalls bundesrechtlich verankert werden. Dazu soll in einem neuen Absatz 4 von Artikel 302 ZGB vorgesehen werden, dass die Kantone dafür sorgen, dass sich die Eltern und das Kind gemeinsam oder einzeln bei Schwierigkeiten in der Erziehung an Beratungsstellen wenden können. Diese Bestimmung richtet sich an die Kantone, die für ein genügendes Angebot zu sorgen haben. Die Regelung ist analog zu der bereits bestehenden Regelung von Artikel 171 ZGB zum Eheschutz ausgestaltet, die von den Kantonen verlangt, «dafür zu sorgen, dass sich die Ehegatten bei Eheschwierigkeiten gemeinsam oder einzeln an Ehe- oder Familienberatungsstellen wenden können».
In der Vernehmlassung wurde diese gesetzliche Aufgabenzuteilung nicht kritisiert, hingegen wurde von gewisser Seite der kantonale Handlungsspielraum in der Umsetzung betont. 6⁴ In Bezug auf die Formulierung forderte ein Teil der Vernehmlassungsteilnehmenden mit Verweis auf die praktischen Bedürfnisse eine entsprechende Erweiterung der Vorlage in Absatz 4, nämlich dass neben der Beratung auch weitere Formen fachgerechter Unterstützung angeboten werden sollten. 6⁵ Nur ein Kanton sprach sich aufgrund neuer finanzieller Verpflichtungen gegen Absatz 4 aus, solange der Entwurf keine Angaben zu den finanziellen Mitteln enthalte, die den Kantonen für die Entwicklung solcher Angebote zur Verfügung gestellt würden. 6⁶ Der Bundesrat befürwortet die Beibehaltung der Formulierung von Absatz 4 gemäss dem Vorentwurf, entspricht aber durch entsprechende Ausführungen im Rahmen dieser Botschaft dem Anliegen eines breiten Verständnisses der Angebote für Eltern und Kinder (siehe Ziff. 5).
Der Bundesrat begrüsst den Vorschlag der SODK im Rahmen der Vernehmlassung, der von mehreren weiteren Teilnehmenden unterstützt wurde, gemäss welchem in einem ersten Schritt Daten zu den bestehenden Angeboten in den Kantonen und zur Nutzung dieser Leistungen erhoben werden sollen. Diese würden gemäss SODK erlauben, in Erfahrung zu bringen, welche allfälligen Lücken im bestehenden Hilfsangebot vorliegen und wie das bestehende Angebot erweitert werden müsste. Die Erfassung von Daten und die Bewertung von Lücken bei der aktuellen Umsetzung sind wichtige Elemente für eine wirksame künftige Umsetzung der Vorlage. Des Weiteren gilt es auf das Projekt der SODK hinzuweisen, in dessen Rahmen voraussichtlich 2025 eine zentrale Telefonnummer für Opfer eingeführt wird, welche gemäss SODK sehr wahrscheinlich die Hemmschwelle, dass sich auch junge Opfer von Gewalt in der Familie Hilfe holen können, senken wird. ⁶7
6¹ Walker et al
. 2021, S.
XI, XII.
6² Gemäss EKKJ Positionspapier 2019, S. 17.
6³ Siehe auch die Empfehlung des UNO-Kinderrechtsausschusses an die Schweiz aus dem Jahr 2015 (Observations finales CRC-CH 2015, Ziff. 39), welche zusätzlich zum ausdrücklichen Verbot die Schweiz auch dazu auffordert, «[…] d’intensifier ses efforts pour promouvoir des formes positives, non violentes et participatives d’éducation des enfants et de discipline».
6⁴ Siehe Ergebnisbericht, Ziff. 5.2.
6⁵ Siehe Ergebnisbericht, Ziff. 4.2.3.
6⁶ Siehe Ergebnisbericht, Ziff. 4.2.2.
⁶7 Siehe Vernehmlassungsstellungnahme SODK, S. 2 f.
4.1.3 Überlegungen und Anliegen aus der Vernehmlassung zur gewählten Formulierung
In der Vernehmlassung wurde insbesondere ein Verzicht auf die im Vorentwurf enthaltene Formulierung mit «entwürdigender Gewalt», die ausdrückliche Nennung der psychischen Gewalt sowie die Aufnahme eines Rechts des Kindes auf eine gewaltfreie Erziehung gefordert. ⁶8 Auf die Aufnahme eines ausdrücklichen Rechts des Kindes in der Formulierung hat der Bundesrat bereits früher bewusst verzichtet (vgl. dazu vorne unter Ziff. 1.2.2), und er hält auch im Lichte des Vernehmlassungsergebnisses daran fest.
Mit der Formulierung «andere Formen entwürdigender Gewalt» des Vorentwurfs war gemäss erläuterndem Bericht beabsichtigt, einen Auffangtatbestand für Gewalthandlungen oder Unterlassungen der Eltern zu schaffen, welche die Menschenwürde und das Persönlichkeitsrecht bzw. das Ehr- und Selbstwertgefühl des Kindes in einem im Verhältnis zum Anlass der Erziehungsmassnahme nicht zu rechtfertigenden Mass verletzen. ⁶9 Die Formulierung «entwürdigende Gewalt» wurde in der Vernehmlassung von verschiedener Seite kritisiert, da daraus geschlossen werden könnte, dass gewisse Formen von Gewalt gegenüber Kindern nicht entwürdigend und somit erlaubt seien, dadurch Unklarheiten und Unsicherheiten in Bezug auf das Verständnis des Gesetzestextes gefördert würden und es sich im Übrigen um einen Pleonasmus handeln würde, da jegliche Gewalt gegenüber Kindern entwürdigend sei. 7⁰ Der Bundesrat hat diesem Anliegen Rechnung getragen und, unter Beibehaltung eines Auffangtatbestands, mit dieser Vorlage die Neuformulierung «andere Formen erniedrigender Behandlung» vorgeschlagen. Der Begriff der Gewalt als wesentliches Teilelement der Gewalt freiheit ist weiterhin im Leitgrundsatz zu behalten, weshalb die allgemeine Zielvorstellung, keine Gewalt in der Erziehung anzuwenden, vorangestellt und damit noch unterstrichen wird («Insbesondere haben sie das Kind ohne Anwendung von Gewalt zu erziehen , […]»). 7¹ Die anschliessend statuierte Unzulässigkeit von körperlicher Bestrafung sowie der neue Auffangtatbestand betreffend andere Formen erniedrigender Behandlung ergeben sich aus dem allgemeinen Grundsatz. Durch diesen neuen, zweischichtigen Aufbau der Regelung ist nach Ansicht des Bundesrats eine stärkere Signalwirkung zu erwarten.
Was die psychische Gewalt betrifft, so hat der Bundesrat im erläuternden Bericht 7² deren Aufnahme in die Gesetzesvorlage verworfen. Die dafür angeführten Argumente, dass es sich bei der psychischen Gewalt um eine schwierig messbare und definierbare Form von Gewalt handle, was die Anwendung einer entsprechenden Gesetzesbestimmung äusserst kompliziert machen würde und dass die Abgrenzung zwischen zulässigem und unzulässigem Verhalten in hohem Masse den Umständen des Einzelfalls unterliegen würde, wurden in der Vernehmlassung von mehreren Vernehmlassungsteilnehmenden nicht als stichhaltig gegen eine Aufnahme der psychischen Gewalt betrachtet. 7³ Sie hoben insbesondere hervor, dass sich die psychische Gewalt im Einzelfall und mittels Fachwissen sehr wohl definieren und zuordnen lasse. Ausserdem ergäbe sich das Erfordernis, die psychische Gewalt ausdrücklich aufzunehmen, namentlich auch aus dem Ausmass und den Auswirkungen dieser Gewaltform. 7⁴ Aufgrund einer erneuten Prüfung möchte der Bundesrat weiterhin davon absehen, die psychische Gewalt explizit in den Gesetzeswortlaut aufzunehmen. Vielmehr ist diese in der neugefassten Formulierung sowohl Teil des generellen Gewaltverbots als auch der anderen Formen erniedrigender Behandlung (siehe Ziff. 5). Gleichzeitig wird dem Anliegen aus der Vernehmlassung aber insofern Rechnung getragen, als die Ausführungen zu den Gewaltformen erweitert worden sind und dabei auch die psychische Gewalt als Form verbotener Gewalt noch ergänzt und ausführlicher gefasst worden ist.
⁶8 Siehe Ergebnisbericht, Ziff. 4.1.
⁶9 Siehe erläuternder Bericht, Ziff. 4 mit weiteren Verweisen.
7⁰ Siehe Ergebnisbericht, Ziff. 4.1.2.
7¹ Siehe auch den bereits 2012 von
De Luze
formulierten Ergänzungsvorschlag von Art. 301 Abs. 1 in fine ZGB «L’éducation se fait sans violence», De Luze,
ZKE, S.
224 ff., 241.
7² Siehe erläuternder Bericht, Ziff. 3.2.3.
7³ Siehe Ergebnisbericht, Ziff. 4.1.3.1.
7⁴ Ebd.
4.2 Sensibilisierungsmassnahmen
Das gesetzlich verankerte Leitbild der gewaltfreien Erziehung wird die Grundlage dafür bilden, dass die zuständigen Behörden gezielte Aufklärungsarbeit (Kampagnen), Unterstützung, Weiterbildung und Beratung zuhanden der Eltern, Kinder und betroffenen Fachpersonen leisten können. Durch die gesetzliche Aufforderung der Kantone, zugunsten der Eltern und der Kinder Unterstützungsangebote bei Schwierigkeiten in der Erziehung anzubieten, wird die Regelung insgesamt auf eine flächendeckende Unterstützung der Eltern und Kinder abzielen. Dies ist auch im Einklang mit der Strategie des Europarats 2022-2027 für die Kinderrechte: Dieser identifizierte als Mittel zur Verhütung von Gewalt und zum Schutz der Kinder u. a. die Abschaffung der Körperstrafen und anderen grausamen und erniedrigenden Formen von Bestrafungen sowie die Förderung von Kampagnen, die auf einen Mentalitätswechsel in Bezug auf Gewalt gegen Kinder, insbesondere im familiären Rahmen, abzielen. 7⁵ Durch solche Kampagnen sollen die Eltern über alternative Wege der Kindererziehung informiert werden, in Übereinstimmung mit der Empfehlung (2006) 19 des Europarates über Massnahmen zur Unterstützung einer positiven Elternschaft. 7⁶ Erfahrungen im Ausland belegen, dass solche begleitenden Sensibilisierungsmassnahmen für eine Reduktion der körperlichen Gewalt an Kindern entscheidend sind. Die Auswirkungen des gesetzlichen Verbots von Gewalt in der Erziehung bzw. der begleitenden Kampagnen auf das elterliche Verhalten wurden insbesondere in Schweden, Norwegen, Österreich und Deutschland über mehrere Jahre mittels Studien erhoben und analysiert. Das Verbot und die begleitenden Sensibilisierungs- und Informationskampagnen haben demnach mittelfristig dazu beigetragen, dass sich - je nach Ausmass und Dauer der Kampagnen - das Erziehungsverhalten der Eltern verändert hat und die Akzeptanz der Gewalt gesunken ist. 7⁷ In Ländern mit einem gesetzlich geregelten Gewaltverbot kam es gemäss Untersuchungen auch tatsächlich zu weniger körperlicher Gewalt in der Erziehung, während Informationskampagnen ohne gesetzliche Regelung das Erziehungsverhalten weniger beeinflussten. ⁷8
Der Bundesrat verwies in der Vergangenheit bereits im Zusammenhang mit Anliegen und parlamentarischen Vorstössen betreffend die gewaltfreie Erziehung mehrfach auf die Bedeutung von Prävention durch aktive Sensibilisierungs- und Aufklärungsprogramme. ⁷9 In der Vernehmlassung unterstrichen zahlreiche Teilnehmende den hohen Stellenwert von Sensibilisierungskampagnen. Diese müssten auf nationaler Ebene stattfinden, um im Zuge der Inkraftsetzung des Artikels in den ersten Jahren, aber auch anschliessend, Sorgeberechtigte, Fachpersonen und auch die Gesellschaft als Ganzes für die gewaltfreie Erziehung zu sensibilisieren und so dem Ansinnen zu einer nachhaltigen Wirkung zu verhelfen. Nationale Kampagnen würden es erlauben, Kinder und Eltern schweizweit in gleichem Masse zu erreichen, weshalb zumindest eine Koordination der Sensibilisierung und Aufklärung auf Bundesebene erforderlich sei.
Gestützt auf die Verordnung vom 11. Juni 2010 8⁰ über Massnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie zur Stärkung der Kinderrechte (Kinderschutzverordnung) kann der Bund gesamtschweizerische Programme oder auch Projekte, die Modellcharakter haben durchführen, welche u. a. die Prävention, Sensibilisierung, Information, Wissensvermittlung zum Inhalt haben (vgl. Art. 3 Abs. 2). Bisher wurden vom zuständigen Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) die zwei Programme «Jugend und Medien» und «Jugend und Gewalt» erfolgreich durchgeführt. In beiden Programmen ging es unter anderem darum, die Akteure (Kantone, Gemeinden, NGO, Wissenschaft etc.) zu vernetzen, Modellprojekte zu unterstützen, von ihnen durchgeführte Projekte zu evaluieren, Good Practice zu verbreiten und Fachtagungen zu organisieren.
Der Bund soll somit im Rahmen eines Programms Sensibilisierungsmassnahmen zur gewaltfreien Erziehung ergreifen. Eine nationale Kampagne für die breite Öffentlichkeit und insbesondere Eltern wird durch weitere Sensibilisierungsmassnahmen begleitet sein müssen, wobei vor allem auch der kindgerechten Information und Aufklärung sowie der spezifischen Unterstützung von Fachpersonen Beachtung geschenkt werden muss. Massnahmen wären in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen sowie anderen wichtigen öffentlichen und privaten Akteuren umzusetzen. Angestrebt werden eine Finanzierung mit bestehenden Budgets sowie eine Mitfinanzierung durch die Kantone, da die Massnahmen in enger Zusammenarbeit mit diesen umgesetzt werden sollen.
Die Durchführung einer nationalen Sensibilisierungskampagne für die breite Öffentlichkeit und insbesondere für Eltern kann erfahrungsgemäss je nach Umfang Kosten von bis zu 1,5 bis 2 Millionen Franken pro Jahr verursachen. 8¹ Für die weiteren Sensibilisierungsmassnahmen für Fachpersonen sowie Massnahmen zur kindgerechten Information und Aufklärung könnten Kosten von bis zu 0,5 Millionen Franken pro Jahr anfallen. Die Kosten für begleitende Sensibilisierungsmassnahmen würden sich somit je nach Umfang auf insgesamt bis zu 2 bis 2,5 Millionen Franken pro Jahr belaufen. Vor der Durchführung der Sensibilisierungsmassnahmen müssten die Inhalte, die Form, das Zielpublikum, die unterschiedlichen Kanäle, die Zusammenarbeit mit den Kantonen und Gemeinden bei der Umsetzung sowie die Kosten der nationalen Kampagne und der weiteren Sensibilisierungsmassnahmen genauer festgelegt werden. Zudem müsste die Vergabe der Sensibilisierungskampagne gemäss den Ausschreibungsregelungen der Welthandelsorganisation erfolgen.
Auf Bundesebene ist das für Kinder- und Jugendfragen verantwortliche BSV für die Vorbereitung und Umsetzung eines Sensibilisierungsprogramms zur gewaltfreien Erziehung zuständig. Zur Vorbereitung und Umsetzung der Sensibilisierungsmassnahmen werden personelle und finanzielle Mittel benötigt, die vom Bund und den Kantonen zu tragen sind.
7⁵ Conseil de l’Europe, Stratégie 2022-2027, S. 17.
7⁶ Ebd.
7⁷ EKKJ Positionspapier
2019, S. 7
ff.
;
Bussmann et al.
2011
. Für eine Kurzzusammenfassung der Forschung über den Rückgang von Körperstrafen nach deren ausdrücklichem Verbot, siehe End Violence Against Children / End Corporal Punishment, The positive impact, 2023.
⁷8 Bussmann et al
.
2011, S.
3
19
ff. (5 Länder mit und ohne Verbot vergleichende Studie).
⁷9 Siehe Bericht Po. Bulliard-Marbach, Ziff. 1.2. Siehe auch BSV Bericht Evaluation 2022.
8⁰ SR 311.039.1
8¹ Siehe beispielsweise Nationale Präventionskampagne gegen häusliche, sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt, abrufbar unter:
www.gleichstellung2030.ch
> Aktionsplan > Massnahme 3.1.1.6; LOVE LIFE Kampagne, abrufbar unter: www.bag.admin.ch > Das BAG > Aktuell > Medienmitteilungen > HIV-Prävention: LOVE LIFE verwandelt Kondome in Gewinnlose.
5 Erläuterungen zur neuen Regelung in Artikel 302 ZGB
Der geltende Artikel 302 ZGB zur Erziehung soll in zweierlei Hinsicht ergänzt werden: Mittels einer programmatischen Bestimmung, welche die elterliche Erziehungspflicht zum Wohle des Kindes verdeutlicht (Abs. 1 zweiter Satz), sowie einer Regelung über den Zugang zu Beratungs- und Hilfsangeboten im Sinne einer flankierenden Massnahme, für welche die Kantone verantwortlich sind (Abs. 4).
Abs. 1 erster Satz (betrifft nur den französischen Text)
Der französische Text wird redaktionell angepasst: Der Ersatz von «père et mère» durch «parents» führt die Perspektive der heute möglichen gleichgeschlechtlichen Elternschaft auch an dieser Stelle in das ZGB ein.
Abs. 1 zweiter Satz (Pflicht der Eltern zur gewaltfreien Erziehung)
Durch die gesetzliche Präzisierung der Erziehungspflicht der Eltern, das Kind ohne Gewalt zu erziehen, namentlich ohne körperliche Bestrafungen und andere Formen erniedrigender Behandlung, wird der bestehende Grundsatz in Bezug auf die Gewaltfreiheit der elterlichen Erziehung vom Gesetzgeber verdeutlicht und verankert: Der im ersten Teil enthaltene allgemeine Grundsatz der Gewaltfreiheit in der Erziehung («Insbesondere haben sie das Kind ohne Anwendung von Gewalt zu erziehen, […]») ist ein klares Signal des Gesetzgebers. Die im zweiten Satzteil folgende offene Aufzählung von körperlichen Bestrafungen und anderen Formen erniedrigender Behandlung umfasst die bereits nach geltendem Recht unzulässigen Erziehungsformen: Es handelt sich um «jegliche entwürdigenden Erziehungsmassnahmen sowie Massnahmen, die das Kind quälen, sein Anstandsgefühl verletzen oder zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung führen können» 8² und «[d]arüber hinaus […] jede körperliche Züchtigung». 8³ Diese wesentlichen Rechtsgrundlagen, bei welchen das Kindeswohl im Zentrum steht, sind einerseits in Artikel 301 Absatz 1 ZGB und Artikel 302 Absatz 1 erster Satz ZGB enthalten, andererseits sehen Artikel 11 Absatz 1 BV sowie Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 1 KRK bereits heute einen Anspruch des Kindes auf Schutz vor Gewalt vor. Die neue programmatische Regelung begründet keinen Anspruch des Kindes, sondern präzisiert die Erziehungspflicht der Eltern.
Unter die unzulässigen körperlichen Bestrafungen fallen sowohl leichte (z. B. Ohrfeige, Klaps, Schütteln) wie auch schwere körperliche Eingriffe (Schläge mit Gegenständen wie Gürtel, Stab, Verbrennen, Fusstritte etc.). Bei den leichten körperlichen Bestrafungen handelt es sich um Gesten, die vor allem einen demütigenden bzw. erniedrigenden Charakter haben. Körperliche Bestrafung stellt eine Form der in Artikel 19 KRK als unzulässig erklärten körperlichen Gewalt dar. 8⁴
Mit der Formulierung «andere Formen erniedrigender Behandlung» soll ein Auffangtatbestand für das elterliche Verhalten, Handlungen oder Unterlassungen, geschaffen werden, welche von mangelndem Respekt der Eltern gegenüber der Menschenwürde des Kindes zeugen 8⁵ und das Persönlichkeitsrecht bzw. das Ehr- und Selbstwertgefühl des Kindes in einem im Verhältnis zum Anlass der Erziehungsmassnahme nicht zu rechtfertigenden Mass verletzen. Es kann sich dabei insbesondere auch um psychische Gewalt mit oder ohne Bestrafungsabsicht handeln. Diese ist zugegebenermassen schwieriger fassbar und findet vor allem durch eine verbale Gewalthandlung statt, wie z. B. Drohung, Beschimpfung, Demütigung, Verachtung, Angsteinflössen, Blossstellen oder Abwerten, aber auch durch Liebesentzug. Bei der psychischen Gewalt wird in der Regel von einem wiederholten Muster von schädlichen Interaktionen zwischen Eltern und Kind ausgegangen. Das Miterlebenlassen von häuslicher Gewalt, welches unter die psychische Gewalt subsumiert wird und unter Umständen zum Entzug der elterlichen Sorge führen kann, wird ebenfalls erfasst. Zugleich kann auch die physische bzw. psychische Vernachlässigung des Kindes, d. h. mangelnde oder ungenügende Fürsorge, Aufsicht und Anregung von Kindern (und Jugendlichen), darunterfallen. Auch sexuelle Gewalt ist darunter zu subsumieren. Ebenfalls bei intensiven Erwachsenenkonflikten um das Kind kann eine erniedrigende Behandlung des Kindes vorliegen. Insgesamt ist von einem weiten Verständnis von Gewalt, körperlicher Bestrafung und anderen Formen erniedrigender Behandlung auszugehen.
Die genaue Zuordnung einer Gewalthandlung als körperliche Bestrafung oder als andere Form erniedrigender Behandlung ist nicht entscheidend, denn gewisse Handlungen, insbesondere von leichter körperlicher Gewalt, können sowohl als Form der einen als auch der anderen verstanden werden. Ausserdem kommen verschiedene Gewaltformen in der Praxis oftmals in Kombination vor, wie z. B. Schläge und gleichzeitige verbale Demütigung, und die körperlichen Bestrafungen wirken sich nicht nur auf die physische Gesundheit des Kindes, sondern auch auf dessen psychische Gesundheit sowie auf seine Beziehung zu den Eltern aus. Auf eine detaillierte Auflistung der zulässigen bzw. verbotenen Verhalten kann daher ebenfalls verzichtet werden, wie das auch in ausländischen Regelungen der Fall ist. Dies gilt umso mehr, als im Wandel der Zeit gerade im Bestrafungsverhalten Veränderungen auftreten. 8⁶
Von den unzulässigen Handlungen und Unterlassungen sind diejenigen Erziehungshandlungen abzugrenzen, welche einen physischen Einsatz der Eltern zum Schutz des Kindes zum Inhalt haben. Es geht dabei darum, das Kind vor einer imminenten Gefahr zu schützen («acte physique de protection», unmittelbare Gefahrenabwehr), zum Beispiel, wenn das Kleinkind auf die Strasse laufen oder die heisse Herdplatte berühren will. Derartige Einsätze können nicht als Gewalt qualifiziert werden, sondern fallen unter die «Sozialadäquanz», da es sich grundsätzlich um harmlose Beeinträchtigungen handelt, die sich praktisch notwendigerweise aus dem menschlichen und familiären Zusammenleben ergeben. Dasselbe gilt für weitere verhältnismässige körperliche Einwirkungen der Eltern ohne Bestrafungscharakter im Rahmen der Erziehung, soweit diese im konkreten Fall erforderlich sind und keine andere, mildere Erziehungsmassnahme (Ermahnen, Zureden, Ablenken) geeignet ist, der Situation ein Ende zu bereiten. Die Verhältnismässigkeit im Einzelfall ist ein wichtiges Kriterium. Im Allgemeinen gilt es zu präzisieren, dass es nicht darum geht, einzelne Handlungen als zulässig oder unzulässig zu qualifizieren. Die gesamte Situation muss im konkreten Einzelfall berücksichtigt werden.
Abs. 4 (Verbesserter Zugang zu Stellen mit Beratungs- und Hilfsangeboten)
Mit dem Ziel des Ausbaus der niederschwelligen Beratungs- und Hilfsangebote soll Artikel 302 ZGB in einem zusätzlichen Punkt erweitert werden. Das ist aus Sicht des Bundesrats für die tatsächliche Verbesserung des Schutzes von Kindern vor Gewalt in der Erziehung und seiner effektiven Umsetzung unverzichtbar. Die dafür bereits heute zuständigen Kantone sollen für die Zukunft explizit dazu aufgefordert werden, den Eltern und Kindern genügend Beratungsstellen zur Verfügung stellen bzw. das bestehende Angebot an Beratungsstellen weiter zu verbessern. Ein flächendeckendes Angebot soll den Kindern und Eltern erlauben, sich gegebenenfalls die notwendige Unterstützung für die Bewältigung einer Konfliktsituation holen zu können bzw. diese zu erhalten. In der Vernehmlassung kam zum Ausdruck, dass für die Gewaltprävention nicht nur Beratungsangebote, sondern auch weitere Formen fachgerechter Unterstützung wie z. B. Elternbildung (durch Informationsveranstaltungen, Kurse, Webseiten oder Lernapps), Entlastungsangebote, aufsuchende Unterstützungsangebote, aber auch für die Kinder lückenloser Zugang zu Angeboten der Schulsozialarbeit oder Beratungen wie die Telefonnummer 147 von Pro Juventute notwendig seien. Gleichzeitig wurde in der Vernehmlassung auf die Relevanz hingewiesen, dass die Beratungsangebote zum Dispositiv der Kinder- und Jugendhilfe, nicht des Kinder- und Jugendschutzes, gehörten.
Der entsprechend seinem konzeptionellen Vorbild in Artikel 171 ZGB (siehe Ziff. 4.1.2) schlank formulierte Absatz 4 ist umfassend zu verstehen, indem den Eltern und dem Kind neben Beratung auch weitere Unterstützungsangebote zur Verfügung gestellt werden sollen. Im Hinblick auf die angestrebte Signalwirkung der Bestimmung erscheint eine breite Auslegung dieser flankierenden Massnahmen als sinnvoll. Den Kantonen soll bei der Umsetzung der Angebote Spielraum gelassen werden. In Bezug auf die zu erzielende Verbesserung des Zugangs zu diesen Angeboten ist, wie auch in der Vernehmlassung geltend gemacht wurde, insbesondere der Niederschwelligkeit, d. h. möglichst unentgeltliche Angebote, aber auch der Zugänglichkeit für oder Erreichbarkeit von Familien mit kleinen Kindern, sozial belasteten Familien oder Familien mit Migrationshintergrund Beachtung zu schenken. 8⁷
Analog zu Artikel 171 ZGB ist die Regelung systematisch allfälligen Kindesschutzmassnahmen vorangestellt: Die Zielsetzung besteht darin, dass diese vorgelagerten Dienstleistungen zur Prävention und Beratung in Erziehungsfragen somit auch Kindesschutzmassnahmen vorbeugen und damit Ressourcen bei der KESB einsparen helfen können. Dementsprechend handelt es sich dabei um ein Angebot an Eltern und auch Kinder und nicht um eine Verpflichtung. Die Kantone sind, wie bei Artikel 171 ZGB, in der Organisation dieser Beratung und weiterer Unterstützungsangebote weitgehend frei, d. h. sie können entweder selbst diese Dienstleistungen anbieten oder auch private Stellen fördern und unterstützen.
Wie die Erfahrungen aus dem Ausland gezeigt haben und es auch der UNO-Kinderrechtsausschuss nahegelegt hat, ist dieser Zugang zu niederschwelligen und flächendeckend gewährleisteten Beratungs- und Hilfsangeboten für Eltern und Kinder als flankierende Massnahme zentral für die effektive Umsetzung und Verwirklichung der gesetzlichen Bestimmungen zur gewaltfreien Erziehung. Gewisse Staaten verfügen ebenfalls über entsprechende gesetzliche Verpflichtungen (siehe vorne Ziff. 3.2).
8² Siehe BSK ZGB I-Schwenzer/Cottier, Art. 301, N 8.
8³ Ebd., mit Verweisen auf gleiche Meinungen und andere Ansichten.
8⁴ CRC, Observation générale no 13 (2011), Ziff. 24, mit Verweis auf die frühere Observation générale no 8 (2006): Siehe nicht offizielle deutsche Übersetzung von Verein Kinderanwaltschaft Schweiz / Stiftung Kinderschutz Schweiz, Juni 2012, abrufbar unter:
www.netzwerk-kinderrechte.ch
> Grundlagen > Kinderrechtsausschuss > Allgemeine Bemerkungen des UN-Kinderrechtsausschusses.
8⁵ Siehe Affaire Bouyid c. Belgique, (Requête no 23380/09), arrêt du 28 septembre 2015, N 88, sowie Ziff. 3.1.2.
8⁶ Siehe auch Fassbind
,
AJP, S. 550.
8⁷ Siehe Ergebnisbericht, Ziff. 4.2.3.
6 Auswirkungen
6.1 Auswirkungen auf den Bund
Die Vorlage selbst hat keine unmittelbaren finanziellen oder personellen Auswirkungen auf den Bund. In Bezug auf die damit verbundenen Umsetzungsmassnahmen, d. h. die Entwicklung und Durchführung von künftigen, das Inkrafttreten begleitenden Sensibilisierungsmassnahmen auf nationaler Ebene, ist je nach Umfang der Massnahmen von Kosten im Rahmen von bis zu jährlich 2 bis 2,5 Millionen Franken auszugehen. Um eine Wirkung zu erzielen, muss dabei mit einer Programmdauer von mindestens 5 Jahren gerechnet werden. Angestrebt werden eine Finanzierung mit bestehenden Budgets sowie eine Mitfinanzierung durch die Kantone, da die Massnahmen in enger Zusammenarbeit mit diesen umgesetzt werden sollen.
6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete
Die Vorlage hat insofern Auswirkungen auf die Kantone, als diese zukünftig von Gesetzes wegen für ein niederschwelliges Beratungs- und Unterstützungsangebot für alle Kinder und Eltern bei Schwierigkeiten in der Erziehung sorgen müssen. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass die Kantone in vielen Fällen bereits solche Beratungs- und Hilfeangebote zur Verfügung stellen und heute bereits ein gut ausgebautes Netz an Hilfsangeboten besteht, der Zugang jedoch nach Ansicht der EKKJ aufgrund regionaler Unterschiede in der Versorgung nicht überall gleichermassen gewährleistet ist. Für die Kantone wäre dies somit keine effektiv neue Aufgabe oder Verpflichtung, denn solche Beratungsstellen existieren bereits in vielen Kantonen. Es muss daher vielmehr darum gehen, dass die Kantone im Rahmen der bestehenden Kompetenzen und Zuständigkeiten die Angebote, soweit notwendig, ausbauen bzw. den Zugang dazu verbessern. Eine solche Stärkung von vorgelagerten niederschwelligen Hilfssystemen könnte ausserdem auch zu einer Entlastung der KESB führen, welche gemäss den Prinzipien der Subsidiarität und der Komplementarität des Kindes- und Erwachsenenschutzes erst in einem nächsten Schritt zum Zuge kommen. Je nach kantonaler Organisation und bisheriger Situation kann der vorgeschlagene verbesserte Zugang zu Stellen mit Beratungs- und Hilfsangeboten zu einer gewissen Mehrbelastung der Kantone führen. In Bezug auf die Umsetzung sind die Kantone frei (siehe auch Ziff. 5), wobei auch eine Delegation von Aufgaben an die kommunale Ebene möglich ist. In diesem Sinne ist eine indirekte Auswirkung auf die Gemeinden denkbar.
Die Vorlage hat keine spezifischen Auswirkungen auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete.
6.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft
Die Vorlage hat kann insofern positive Auswirkungen auf die Volkswirtschaft haben, als Folgekosten aufgrund belasteter Kindheitserlebnisse durch Gewalt in der Erziehung vermindert werden können, wie dies auch in der Vernehmlassung erwähnt wurde.
6.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft
Die Verankerung der gewaltfreien Erziehung sowie die Stärkung der Prävention durch niederschwellige Beratungs- und Hilfsangebote in Erziehungsfragen haben eine positive Wirkung auf die Gesellschaft. Mittel- bis längerfristig sind aufgrund der Signalwirkung der Vorlage Änderungen im Gewaltverständnis sowie in den Verhaltensweisen zu erwarten, d. h. gesamthaft betrachtet ein gesellschaftlicher Sinneswandel. Gemäss Erhebungen in anderen Ländern haben ein Gewaltverbot in der Erziehung zusammen mit begleitenden Sensibilisierungs- und Informationskampagnen mittelfristig dazu beigetragen, das Erziehungsverhalten der Eltern zu verändern und die Akzeptanz der Gewalt zu senken. 8⁸
8⁸ Siehe Ziff. 4.2.
6.5 Auswirkungen auf die Umwelt
Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf die Umwelt.
7 Rechtliche Aspekte
7.1 Verfassungsmässigkeit
Die Vorlage stützt sich auf Artikel 122 Absatz 1 BV, wonach die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Zivilrechts und des Zivilprozessrechts Sache des Bundes ist. Diese Zuständigkeit umfasst auch das Familienrecht, in dem die elterliche Sorge geregelt wird.
7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen
Der Entwurf entspricht den internationalen Verpflichtungen der Schweiz, insbesondere Artikel 19 KRK.
7.3 Erlassform
Die Vorlage enthält eine rechtsetzende Bestimmung, die nach Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen ist. Die Änderung des Zivilgesetzbuches erfordert den Erlass eines Bundesgesetzes.
7.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse
Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen noch neue Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen. Die Vorlage ist somit nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) unterstellt.
7.5 Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz
Die Vorlage enthält Regelungen zur Aufgabenerfüllung durch den Bund und die Kantone. Dies entspricht der Aufgaben- und Kompetenznorm ⁸9 in Artikel 67 Absatz 1 BV, gemäss welcher der Bund und die Kantone bei der Erfüllung ihrer Aufgaben den besonderen Förderungs- und Schutzbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen Rechnung tragen. Bund und Kantone sind gleichermassen verpflichtet, es handelt sich um eine parallele Kompetenz. 9⁰ Gestützt auf Artikel 26 des Kinder- und Jugendförderungsgesetzes vom 30. September 2011 9¹ wurden zwischen 2014 und 2022 kantonale Programme zur konzeptuellen Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendpolitik - die Politik der frühen Kindheit eingeschlossen - mittels befristeter Anschubfinanzierung durch den Bund unterstützt. Weitere Subventionierungen finden u. a. über die Kredite «Kinderschutz / Kinderrechte» und «Familienorganisationen» des BSV statt. 9² Sensibilisierungsmassnahmen des Bundes im Zuge der Inkraftsetzung der neuen Gesetzesbestimmung würden in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen und ergänzend zu deren Präventionsmassnahmen umgesetzt werden. Die neu gesetzlich vorgesehene Aufgabe der Kantone, für ein genügendes Angebot an Beratungsstellen für die Eltern und Kinder zu sorgen, entspricht der bereits heute gelebten Aufgabenteilung, wie sie namentlich auch im verwandten Bereich der Ehe- oder Familienberatungsstellen etabliert ist. 9³
Die Regelung ist im Übrigen mit der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen im Zivilrecht, insbesondere mit der kantonalen Organisationsautonomie (Art. 122 Abs. 2 BV), vereinbar. Artikel 302 Absatz 4 des Entwurfs fordert die Kantone dazu auf, solche Beratungsstellen zur Verfügung zu stellen. Dies verpflichtet die Kantone zur Einrichtung von Stellen oder Organen mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben. Die Bestimmung schreibt jedoch keine bestimmte Form vor, sodass die Kantone entscheiden können, ob sie bestehende Beratungsstellen nutzen (z. B. jene, die nach der Annahme von Artikel 171 ZGB eingerichtet wurden), neue Beratungsstellen schaffen oder sogar private Stellen fördern wollen (siehe vorne Ziff. 5).
⁸9 BSK BV-Tschentscher, Art. 67, N 1.
9⁰ Siehe Wyttenbach, St. Galler Kommentar, 4. Auflage, zu Art. 67 BV, N. 3 sowie bereits in der vormaligen Kommentarfassung aus dem Jahr 2014: Gerber Jenni, St. Galler Kommentar, 3. Auflage, zu Art. 67 BV, N 5 ff., mit Verweis auf Mahon, gemäss welchem Abs. 1 als «mandat» zu verstehen ist.
9¹ SR 446.1
9² Betreffend den Kredit «Kinderschutz/Kinderrechte» siehe Verordnung über Massnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie zur Stärkung der Kinderrechte vom 11. Juni 2010 ( SR 311.039.1 ) sowie
www.bsv.admin.ch
> Finanzhilfen > Kinderschutz / Kinderrechte. Betreffend die finanzielle Unterstützung von Familienorganisationen, siehe Familienzulagengesetz vom 24. März 2006 ( SR 836.2 ) sowie
www.bsv.admin.ch
> Finanzhilfen > Familienorganisationen.
9³ Siehe BSK ZGB I-Maier/Schwander, Art. 171, N 4.
7.6 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen
Es werden keine neuen Rechtsetzungsbefugnisse an den Bundesrat delegiert.
7.7 Datenschutz
Der Datenschutz ist durch diese Vorlage nicht betroffen.
8 Bibliografie
8.1 Materialien
Bericht des Bundesamtes für Sozialversicherungen «Evaluation der Zweckmässig-keit und Wirksamkeit der Massnahmen und Finanzhilfen gemäss Kinderschutzverordnung» vom 9. Dezember 2022, abrufbar unter: www.newsd.admin.ch/newsd/ message/attachments/74308.pdf (zit. BSV Bericht Evaluation 2022).
Bericht des Bundesrates «Schutz von Kindern vor Gewalt in der Erziehung» vom 19. Oktober 2022 in Erfüllung des Postulats 20.3185 Bulliard-Marbach vom 4. Mai 2020, abrufbar unter: www.bj.admin.ch > Gesellschaft > Laufende Rechtsetzungsprojekte > Gewaltfreie Erziehung (zit. Bericht Po. Bulliard-Marbach).
Bericht des Bundesrates vom September 2024 «Revision des Zivilgesetzbuchs (Gewaltfreie Erziehung)», Bericht über das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens, abrufbar unter: www.bj.admin.ch > Gesellschaft > Laufende Rechtsetzungsprojekte > Gewaltfreie Erziehung (zit. Ergebnisbericht).
Bericht des Bundesrates «Gewalt und Vernachlässigung in der Familie: notwendige Massnahmen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe und der staatlichen Sanktionierung» vom 27. Juni 2012 in Erfüllung des Postulats 07.3725 Fehr vom 5. Oktober 2007 (zit. Bericht Po. Fehr 2012).
Botschaft des Bundesrates zur Genehmigung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention), BBl 2017 185.
Comité des droits de l’enfant, Observation générale no 8 (2006), Le droit de l’enfant à une protection contre les châtiments corporels et les autres formes cruelles ou dégradantes de châtiments (art. 19, 28 [par. 2] et 37, entre autres), CRC/C/GC/8, 2 mars 2007 (zit. CRC, Observation générale no 8 [2006]).
Comité des droits de l’enfant, Observation générale no 13 (2011), Le droit de l’enfant d’être protégé contre toutes les formes de violence, CRC/C/GC/13, 18 avril 2011 (zit. CRC, Observation générale no 13 [2011]).
Comité des droits de l’enfant, Observations finales concernant les deuxième à quatrième rapports périodiques de la Suisse, CRC/C/CHE/CO/2-4, 26 février 2015 (zit. Observations finales CRC-CH 2015).
Comité des droits de l’enfant, Observations finales concernant le rapport de la Suisse valant cinquième et sixième rapports périodiques, CRC/C/CHE/CO/5-6, 22 octobre 2021 (zit. Observations finales CRC-CH 2021).
Conseil de l’Europe, Stratégie du Conseil de l’Europe pour les droits de l’enfant (2022-2027), mars 2022 (zit. Conseil de l’Europe, Stratégie 2022-2027).
Erläuternder Bericht des Bundesrates zum Vorentwurf, Revision des Zivilgesetzbuchs (Gewaltfreie Erziehung) vom 23. August 2023, abrufbar unter:
www.admin.ch
> Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2023 > EJPD Vernehmlassung 2023/42 oder unter: www.bj.admin.ch > Gesellschaft > Laufende Gesetzgebungsprojekte > Gewaltfreie Erziehung (zit. Erläuternder Bericht).
Universal Periodic Review, Report of the Working Group on the Universal Periodic Review, Switzerland, A/HRC/8/41, 28. Mai 2008 (zit. UPR Switzerland 2008).
Universal Periodic Review, Report of the Working Group on the Universal Periodic Review, Switzerland, A/HRC/22/11/Add.1, 5. März 2013 (zit. UPR Switzerland 2012).
Universal periodic review, Report of the Working Group on the Universal Periodic Review, Switzerland, A/HRC/37/12, 29. Dezember 2017 (zit. UPR Switzerland 2017).
Universal periodic review, Report of the Working Group on the Universal Periodic Review, Switzerland, A/HRC/53/12, 31. März 2023 (zit. UPR Switzerland 2023).
8.2 Literatur
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Bundesrecht
Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (Gewaltfreie Erziehung)
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