BBl 2024 2747
CH - Bundesblatt

Botschaft zur Umsetzung und Finanzierung der Initiative für eine 13. AHV-Rente

Botschaft zur Umsetzung und Finanzierung der Initiative für eine 13. AHV-Rente
vom 16. Oktober 2024
Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, die Entwürfe zweier Änderungen des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Umsetzung der 13. Altersrente und Finanzierung der 13. Altersrente) sowie eines Bundesbeschlusses über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer.
Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
16. Oktober 2024 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi
Übersicht
Die Volksinitiative «Für ein besseres Leben im Alter (Initiative für eine 13. AHV-Rente)» wurde in der Volksabstimmung vom 3. März 2024 angenommen. Die Vorlage sieht einerseits die Umsetzung der Initiative, andererseits die Finanzierung der 13. Altersrente der AHV vor.
Ausgangslage
Die Volksinitiative legt fest, dass Bezügerinnen und Bezüger einer Altersrente der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) Anspruch auf einen jährlichen Zuschlag in der Höhe eines Zwölftels ihrer jährlichen Rente haben. Der Anspruch entsteht spätestens mit Beginn des zweiten Kalenderjahres, das der Annahme dieser Bestimmung durch Volk und Stände folgt, also am 1. Januar 2026. Dieser jährliche Zuschlag soll weder zu einer Reduktion der Ergänzungsleistungen noch zum Verlust des Anspruchs darauf führen. Der Anspruch entsteht direkt gestützt auf den Verfassungstext. Regelungsbedarf besteht jedoch hinsichtlich der Auszahlungsmodalitäten und des Nichteinbezugs des Zuschlags auf die Altersrente bei der Prüfung auf Anspruch auf Ergänzungsleistungen und der Berechnung ihrer Höhe.
Die neue Verfassungsbestimmung (Art. 197 Ziff. 16 BV) sagt nichts über die Finanzierung der 13. Altersrenten aus. Für die Deckung der Kosten, die der neue Zuschlag verursachen wird, ist eine zusätzliche Finanzierung jedoch notwendig, weil die AHV und der Bund die zusätzlichen Kosten nicht mit den bisherigen Einnahmequellen decken können. Die beiden Aspekte der Umsetzung und der Finanzierung bedingen verschiedene Anpassungen, die in dieser Vorlage zusammen behandelt werden.
Inhalt der Vorlage
Mit dieser Vorlage sieht der Bundesrat vor, gesetzliche Bestimmungen zur Umsetzung der Initiative ins Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung aufzunehmen. Die 13. Altersrente soll einmal jährlich anteilsmässig an Personen ausbezahlt werden, welche jeweils im Dezember Anspruch auf eine Altersrente haben. Die Höhe der monatlichen Altersrenten wird durch diesen Zuschlag nicht beeinflusst. Im Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters- und Hinterlassenenversicherung soll zudem im Sinne der Initiative geregelt werden, dass die 13. Altersrente bei den anrechenbaren Einnahmen nicht berücksichtigt wird.
Der Bund leistet heute einen Beitrag an die AHV von 20,2 Prozent ihrer Ausgaben. Durch die Auszahlung der 13. Altersrente nehmen die Ausgaben der AHV und entsprechend der Bundesbeitrag stark zu. Wegen der finanziellen Lage des Bundeshaushalts soll der Bundesbeitrag auf 19,5 Prozent gesenkt werden. So wächst der Bundesbeitrag an die AHV aufgrund der Mehrkosten zwar immer noch substanziell, aber weniger als mit dem heutigen Prozentsatz. Für die Finanzierung der 13. Altersrente schlägt der Bundesrat eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,7 Prozentpunkte zugunsten der AHV vor. Während die Anpassung des Bundesbeitrags an die AHV mit einer Gesetzesänderung umgesetzt werden kann, bedarf die Anpassung der Mehrwertsteuersätze einer Verfassungsänderung.
Botschaft

1 Ausgangslage

1.1 Handlungsbedarf und Ziele

1.1.1 Umsetzung der Initiative für eine 13. AHV-Rente

Am 3. März 2024 haben Volk und Stände die Volksinitiative «Für ein besseres Leben im Alter (Initiative für eine 13. AHV-Rente)» ¹ mit 58,25 Prozent der Stimmen und der Mehrheit der Kantone angenommen. Sie legt in der Übergangsbestimmung zu Artikel 112 der Bundesverfassung (BV) ² (Art. 197 Ziff. 16 BV) fest, dass Bezügerinnen und Bezüger einer Altersrente der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) Anspruch auf einen jährlichen Zuschlag in der Höhe eines Zwölftels ihrer jährlichen Rente (13. Altersrente) haben. Der Anspruch entsteht spätestens mit Beginn des zweiten Kalenderjahres, das der Annahme dieser Bestimmung durch Volk und Stände folgt, also am 1. Januar 2026. Dieser jährliche Zuschlag soll weder zu einer Reduktion der Ergänzungsleistungen noch zum Verlust des Anspruchs darauf führen.
Der Anspruch entsteht gestützt auf den Verfassungstext, dieser ist mithin direkt anwendbar. Regelungsbedarf besteht jedoch hinsichtlich der Auszahlungsmodalitäten und des Nichteinbezugs des Zuschlags auf die Altersrente bei der Prüfung des Anspruchs auf Ergänzungsleistungen und der Berechnung deren Höhe.
Die neue Verfassungsbestimmung sagt nichts über die Finanzierung der 13. Altersrenten aus. Für die Deckung der Kosten, die diese verursachen wird, ist eine zusätzliche Finanzierung jedoch notwendig, weil die AHV und der Bund die zusätzlichen Kosten nicht mit den bisherigen Einnahmequellen decken können.
¹ Bundesbeschluss vom 17. März 2023 über die Volksinitiative «Für ein besseres Leben im Alter (Initiative für eine 13. AHV-Rente)», BBl 2023 781 .
² SR 101

1.1.2 Finanzperspektiven der AHV

Die Finanzierung der AHV basiert auf dem Umlageverfahren, bei dem die laufenden Einnahmen die Jahresausgaben decken sollen. Das Umlageergebnis entspricht der Differenz zwischen den Einnahmen und den Ausgaben der Versicherungstätigkeit. Die Reserven des AHV-Ausgleichsfonds dürfen in der Regel nicht unter den Betrag einer Jahresausgabe sinken. Diese Vorgabe ist in Artikel 107 Absatz 3 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 ³ über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) festgelegt.
Mit dem Bundesgesetz vom 28. September 2018 ⁴ über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF), welches seit dem 1. Januar 2020 in Kraft ist, wurde der Beitragssatz der AHV um 0,3 Prozentpunkte erhöht, der Anteil des Demografieprozents der Mehrwertsteuer (MWST), den bis dahin der Bund einnahm, der AHV zugewiesen und der Beitrag des Bundes an die AHV von 19,55 auf 20,2 Prozent der AHV-Ausgaben erhöht. Die Reform Stabilisierung der AHV (AHV 21) ⁵ , welche grösstenteils am 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist, beinhaltete eine zusätzliche Finanzierung durch eine Erhöhung der MWST um 0,4 Prozentpunkten und mit der progressiven Erhöhung des Referenzalters für Frauen auf 65 Jahre eine Ausgabenreduktion. Die schrittweise Anhebung des Referenzalters für Frauen und die Ausgleichsmassnahmen erfolgen ab dem 1. Januar 2025. In einem letzten Schritt, der für den 1. Januar 2027 vorgesehen ist, werden die Vorbezugs- und Aufschubssätze an die Lebenserwartung angepasst und es wird eine neue, einkommensabhängige Differenzierung der Vorbezugssätze eingeführt. Mit diesen Massnahmen wäre das finanzielle Gleichgewicht der AHV ohne die 13. Altersrente bis etwa 2031 gewährleistet.
Trotz dieser Reformen bleibt die demografische Entwicklung eine Herausforderung für die AHV, da die Lebenserwartung steigt und die Babyboomer-Generation in den Ruhestand geht.
Am 6. August 2024 veröffentlichte das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV), dass im Rahmen von Kontrollarbeiten bei der Berechnung der Finanzperspektiven der AHV unplausible Ergebnisse festgestellt wurden. Grund dafür waren zwei fehlerhafte Formeln im Berechnungsprogramm. Die finanzielle Entwicklung der AHV wurde deshalb in der Vergangenheit zu negativ dargestellt. Langfristig dürften die AHV-Ausgaben tiefer ausfallen, als dies bisher prognostiziert wurde. In der Folge wurden alternative Modelle zur Berechnung erstellt und zwei Forschungsinstitute damit beauftragt, je ein unabhängiges Modell zu entwickeln, um die neu berechneten Finanzperspektiven zu validieren. Die überprüften AHV-Finanzperspektiven wurden am 16. September 2024 veröffentlicht und am 30. September 2024 nochmals aktualisiert (vgl. Exogene Indikatoren in Tabelle 1 im Anhang). Auch mit dieser Korrektur wird sich das finanzielle Gleichgewicht der AHV ab 2030 verschlechtern. Gemäss den validierten Szenarien (ohne Berücksichtigung der 13. Altersrente) würden das Umlageergebnis ab dem Jahr 2031 und das Betriebsergebnis (Umlageergebnis und Anlageergebnis) ab dem Jahr 2037 negativ ausfallen, wodurch der Stand des AHV-Ausgleichsfonds im Jahr 2039 unter die gesetzliche Schwelle von 100 Prozent der jährlichen Ausgaben sinken würde (vgl. Tabelle 2 im Anhang). Aus diesem Grund hat der Bundesrat im Rahmen seiner Botschaft zur Reform AHV 21 ⁶ angekündigt, dass eine weitere Reform notwendig sein wird. Das Parlament hat seinerseits die Motion 21.3462 der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) «Auftrag für die nächste AHV-Reform» angenommen, die den Bundesrat beauftragt, dem Parlament bis zum 31. Dezember 2026 eine Vorlage zur Stabilisierung der AHV für den Zeitraum von 2030 bis 2040 zu unterbreiten.
Die Finanzperspektiven der AHV könnten des Weiteren durch verschiedene Projekte beeinflusst werden, die entweder zu einer Verringerung oder zu einer Erhöhung der Ausgaben führen könnten. Insgesamt werden jedoch zusätzliche Ausgaben für die AHV erwartet:
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Die Anpassung der Hinterlassenenrenten soll gemäss Vernehmlassungsvorlage ⁷ des Bundesrates bis 2030 Einsparungen von rund 350 Millionen Franken für die AHV bzw. rund 70 Millionen Franken für den Bund erlauben. Im Jahr 2036 könnten die entsprechenden Einsparungen für die AHV über 860 Millionen Franken betragen.
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Die Volksinitiative «Ja zu fairen AHV-Renten auch für Ehepaare - Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!» der Partei Die Mitte wurde am 27. März 2024 eingereicht. ⁸ Sie zielt darauf ab, die Plafonierung der AHV- und Renten der Invalidenversicherung (IV) von Ehepaaren abzuschaffen. Die finanziellen Auswirkungen der Initiative werden für 2030 auf ungefähr 3,8 Milliarden Franken zulasten der AHV geschätzt; auf den Bund entfielen 2030 rund 766 Millionen Franken an Zusatzausgaben. Die Initiative beinhaltet keinen Vorschlag zur Finanzierung der zusätzlichen Ausgaben.
³ SR 831.10
⁴ AS 2019 2395
⁵ Bundesbeschluss vom 17. Dezember 2021 über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, AS 2023 91 , Änderung vom 17. Dezember 2021 des AHVG, AS 2023 92 .
⁶ Botschaft vom 28. August 2019 zur Stabilisierung der AHV (AHV 21), BBl 2019 6305 .
⁷ www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2023 > Eidgenössisches Departement des Innern > Teilrevision des AHVG: Anpassung der Hinterlassenenrenten.
⁸ BBl 2024 938

1.1.3 Finanzielle Lage des Bundes

Der Bundeshaushalt weist aufgrund des deutlichen Ausgabenanstiegs mittelfristig erhebliche strukturelle Defizite auf. Trotz den vom Bundesrat im Frühling 2023 und Frühling 2024 bereits beschlossenen umfangreiche Bereinigungsmassnahmen rechnet der Bund für das Jahr 2026 mit einem strukturellen Defizit von 1,5 Milliarden Franken. Bis 2030 dürften die strukturellen Defizite auf über 4 Milliarden ansteigen. Bereits ohne die Mehrbelastungen, die dem Bund aus der Mitfinanzierung der 13. Altersrente entstehen würden, sind daher weitere umfangreiche Bereinigungs-massnahmen erforderlich, um den Bundeshaushalt auszugleichen und die Vorgaben der Schuldenbremse (Art. 126 BV) einzuhalten. Der Bundesrat hat eine Expertengruppe mit der Durchführung einer umfassenden Aufgaben- und Subventionsüberprüfung beauftragt. Der am 5. September 2024 veröffentlichte Bericht der Expertengruppe ⁹ zeigt zahlreiche Massnahmen auf, mit denen der Bundeshaushalt in den kommenden Jahren um 4 bis 5 Milliarden Franken entlastet werden kann. Auf der Grundlage dieses Berichts hat der Bundesrat am 20. September 2024 festgelegt, welche Massnahmen weiterverfolgt und Anfang 2025 in die Vernehmlassung gegeben werden sollen. Eine dieser Massnahmen betrifft die Entflechtung zwischen Bund und AHV ab 2027, indem der Bundesbeitrag an die AHV in Zukunft in Mehrwertsteuer-Prozenten definiert werden soll.
⁹ www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > Bundesrat legt Eckwerte des Entlastungspakets für den Bundeshaushalt fest > Links > Bericht der Expertengruppe vom 25. August 2024 «Aufgaben- und Subventionsüberprüfung 2024».

1.1.4 Finanzielle Auswirkungen der Initiative

Ein Zuschlag in der Höhe eines Zwölftels der jährlichen Altersrente entspricht einer Erhöhung der AHV-Altersrenten um 8,3 Prozent. Gemäss den aktuellen Schätzungen vom 30. September 2024 wird die 13. Altersrente bei ihrer Einführung im Jahr 2026 rund 4,2 Milliarden Franken kosten, wovon nach der geltenden Ordnung rund 850 Millionen Franken vom Bund zu tragen wären (zu Preisen von 2023). Diese Kosten werden aufgrund des Anstiegs der Anzahl Altersrentnerinnen und -rentner sowie den regelmässigen Rentenanpassungen an die Lohn- und Preisentwicklung (Art. 33ter AHVG) mit den Jahren steigen. Für 2030 werden die entsprechenden Ausgaben auf rund 4,6 Milliarden Franken jährlich geschätzt, wovon rund 950 Millionen Franken zulasten des Bundes gehen würden (vgl. Tabelle 4 im Anhang).
Die Korrektur der AHV-Finanzperspektiven (vgl. Ziff. 1.1.2) hat auf die Folgekosten der 13. Altersrente nur einen geringen Einfluss. Das Umlageergebnis der AHV wird mit der Einführung der 13. Altersrente ab 2026 negativ, statt erst im Jahr 2031 wie ohne diesen, wobei das Defizit nach den neuen Berechnungen in den Folgejahren weniger schnell ansteigt. Das Defizit wird im Folgejahr auf 1,4 Milliarden Franken und im Jahr 2030 auf 2,5 Milliarden Franken geschätzt (vgl. Tabelle 3 im Anhang).
Die Mittel der AHV müssen ausreichen, um die Rentenzahlungen zu gewährleisten und Schwankungen des Betriebsergebnisses auszugleichen. Die zur Verfügung stehenden Mittel müssen die laufenden Ausgaben für mindestens ein Jahr decken können (Art. 107 Abs. 3 AHVG). Diese Reserven sollen die AHV in die Lage versetzen, schwierige Wirtschaftslagen zu überstehen, die zu tieferen Einnahmen führen. Weil die Einnahmen und die Rentenauszahlungen nicht synchron sind und die zeitgerechte Auszahlung der Renten sichergestellt sein muss, muss genügend Liquidität vorhanden sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Darlehen der AHV an die IV in Höhe von 10 Milliarden Franken sowie transitorische Beitragsforderungen von ungefähr 5 Milliarden Franken auf der Aktivseite der AHV-Bilanz nicht für die Bezahlung von Leistungen verwendet werden können.
Wenn die Kosten der 13. Altersrente nur aus den bisherigen Mitteln der AHV getragen werden müssten, würde der AHV-Ausgleichsfonds ab 2027 unter 100 Prozent einer Jahresausgabe fallen und anschliessend rasch weiter sinken. Je später eine Zusatzfinanzierung in Kraft tritt, desto höher werden mit der Zeit die benötigten Zusatzeinnahmen, um den AHV-Ausgleichsfonds wieder auf das gesetzliche Minimum zu bringen. Erschwerend kommt hinzu, dass die AHV-Ausgaben in den nächsten Jahren demografiebedingt stark wachsen werden. Zu berücksichtigen ist auch, dass bei einem hohen Fondsstand die Erträge aus der Anlage des Vermögens einen substantiellen Beitrag zur Finanzierung der AHV leisten. Gemäss Stellungnahme zur Vernehmlassung von compenswiss, welche für die Verwaltung des AHV-, IV- und EO-Ausgleichsfonds zuständig ist, belief sich die Rendite zwischen 2014 und 2023 auf 6,3 Milliarden Franken. Je weniger Vermögen vorhanden ist, desto weniger Ertrag kann erwirtschaftet werden.
Die vorgängig dargestellten Entwicklungen zeigen auf, dass die 13. Altersrente nicht über längere Zeit durch die bisherigen Mittel der AHV finanziert werden kann.
Dasselbe gilt für den Bundeshaushalt, dessen finanzielle Lage ebenfalls kaum Spielraum bietet, um die erwartete Erhöhung des Beitrags an die AHV zu finanzieren. Durch die Beteiligung des Bundes von 20,2 Prozent an den Ausgaben der AHV würden die Zusatzausgaben für die 13. Altersrente im Zeitraum 2026 bis 2030 jährlich rund 850 bis 950 Millionen Franken betragen, was die strukturellen Defizite des Bundes um die gleichen Beträge erhöhen und zusätzliche Sparmassnahmen bedingen würde.

1.1.5 Dringende Sicherung der Finanzierung der Initiative für eine 13. AHV-Rente

Die finanzielle Lage von AHV und Bundeshaushalt bedingen umgehende Massnahmen, um die zusätzlichen Ausgaben der AHV aufgrund der 13. Altersrente zu finanzieren und die Mehrbelastung des Bundes in Grenzen zu halten. Je länger dieser Zuschlag ohne entsprechende Gegenfinanzierung ausbezahlt wird, desto grösser werden die zu deckenden Lücken und desto umfangreicher die Korrekturmassnahmen zur nachhaltigen Sicherung der Finanzierung der AHV. Die laufende Reform der Hinterlassenenrenten, die Einsparungen für die AHV bringen soll, muss erst noch verabschiedet werden und würde längerfristig eine finanzielle Entlastung bewirken, die aber bei Weitem nicht ausreichen würde, um die Kosten der 13. Altersrente zu finanzieren.

1.2 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

1.2.1 Umsetzung

Der Initiativtext verlangt, dass die Berechtigten jedes Jahr einen Zuschlag in der Höhe eines Zwölftels ihrer jährlichen Rente erhalten. Wie der Anspruch erfüllt wird, respektive wann und in welcher Form der genannte Zuschlag ausbezahlt werden soll, ist nicht festgelegt. Mit dem neuen Verfassungsartikel sind sowohl eine jährliche als auch eine monatliche Auszahlung vereinbar. Der Kurztitel der Initiative weist mit dem Begriff 13. AHV-Rente auf eine jährliche Auszahlung hin. Ein Vorteil für die Berechtigten besteht insbesondere darin, dass mit der 13. Altersrente die zahlreichen Rechnungen gegen Ende des Jahres beglichen werden können und dass eine einmalige Auszahlung einen grösseren Effekt für die einzelnen Personen hat. Für die Umsetzung ist eine jährliche Auszahlung hinsichtlich der Koordination mit den Ergänzungsleistungen ebenfalls einfacher, weil eine klarere Trennung für die Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen zwischen der monatlichen Altersrente, welche in die Berechnung der Ergänzungsleistungen einbezogen wird, und dem Zuschlag der 13. Altersrente, welcher nicht einbezogen wird, besteht. Die 13. Altersrente soll deshalb einmal jährlich am Ende des Kalenderjahres ausbezahlt werden (vgl. auch die vom Ständerat angenommene Motion 24.3221 Stark «13. AHV-Rente einmal pro Jahr auszahlen» vom 14.03.2024).

1.2.2 Finanzierung

Angesichts der Finanzperspektiven von AHV und Bund muss die Finanzierung der 13. Altersrente so schnell wie möglich geregelt werden. Damit kann verhindert werden, dass die AHV bereits kurz nach Inkrafttreten des Anspruchs in Schieflage gerät und die Belastung für den Bundeshaushalt kann in Grenzen gehalten werden (vgl. Ziff. 1.1). Deshalb beinhaltet diese Vorlage sowohl die Umsetzung der 13. Altersrente als auch deren Finanzierung.
Die AHV wird aktuell zu rund drei Vierteln mit den Beiträgen der Versicherten und der Arbeitgeber finanziert. Daneben steuert der Bund einen Anteil bei, der sich auf 20,2 Prozent der Ausgaben der AHV beläuft (Art. 103 AHVG). Diesen Beitrag finanziert der Bund hauptsächlich aus allgemeinen Bundesmitteln. Dazu gehören die Einnahmen aus der direkten Bundessteuer und aus der MWST. Zusätzlich fliessen 1,4 Prozentpunkte MWST (sog. Demografieprozent, sowie 0,4 Prozentpunkte durch die Reform AHV 21 eingeführt) und der Ertrag der Spielbankenabgabe direkt in die AHV. Hinzu kommt der Ertrag aus der Anlage des Kapitals der AHV und aus dem Rückgriff auf haftpflichtige Dritte.
Für die Finanzierung der 13. Altersrenten steht die rasche Schaffung neuer Einnahmen bei möglichst geringen negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen im Vordergrund. Dazu soll die MWST stärker genutzt werden. Die MWST ist als etabliertes Instrument für eine rasche Umsetzung geeignet. Hinzu kommt, dass sie sicherstellt, dass die Mehrkosten der 13. Altersrente von der gesamten Gesellschaft getragen werden, namentlich auch von den Pensionierten, denen künftig ein Rentenzuschlag ausgerichtet wird. Gleichzeitig soll der Beitrag des Bundes an die Ausgaben der AHV von 20,2 Prozent auf 19,5 Prozent gesenkt werden, so dass der Bundeshaushalt nicht rund einen Fünftel, sondern ungefähr einen Zehntel der Mehrkosten der 13. Altersrente finanziert. Dies erfolgt vorübergehend bis zur Verabschiedung einer nächsten Revision des AHVG zur finanziellen Stabilisierung der Sozialversicherung. Damit soll vermieden werden, dass sich die strukturellen Defizite im Bundeshaushalt aufgrund der 13. Altersrenten zu stark vergrössern. Das Parlament hat den Bundesrat beauftragt, ihm bis Ende 2026 eine Vorlage zur Stabilisierung der AHV ab 2030 zu unterbreiten (vgl. Ziff. 1.1.2).
Der Bundesbeitrag an die AHV kann durch eine Anpassung des AHVG umgesetzt werden. Eine Erhöhung der MWST erfordert eine Änderung der Bundesverfassung und muss Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet werden (obligatorisches Referendum, Art. 140 BV). Wenn die MWST wie vorliegend vorgeschlagen bereits 2026 erhöht werden soll, muss die Volksabstimmung spätestens im September 2025 stattfinden. Ein späterer Termin ist mit Rücksicht auf die Wirtschaft, welche die Erhöhung der Mehrwertsteuer umsetzen muss, nicht möglich.
Die Einführung neuer Einnahmequellen des Bundes wie zum Beispiel einer neuen Finanzmarkttransaktionssteuer (vgl. Po. 21.3440 Rieder «Finanzierung der AHV durch eine Finanzmarkttransaktionssteuer» vom 19.03.2021) oder einer Erbschaftssteuer auf Bundesebene (vgl. z.B. abgelehntes Po. 24.3376 Graf «Finanzierung der AHV durch eine Bundeserbschaftssteuer. Eine Auslegeordnung» vom 15.03.2024) bedürfen deutlich mehr Zeit; solche würden vertiefte Abklärungen zur konkreten Ausgestaltung erfordern. Zudem wäre in jedem Fall eine Änderung der Bundesverfassung und gegebenenfalls die Schaffung eines operativen Verfahrens notwendig. Sie sind deshalb bis 2026 nicht realisierbar. Zudem lehnt der Bundesrat die Erhebung neuer Finanztransaktionssteuern und das Heranziehen der bestehenden Emissions- und Umsatzabgaben für die Finanzierung der AHV ab; das zusätzliche Einnahmenpotenzial aus Finanztransaktionssteuern in der Schweiz ist beschränkt und stellt keine stabile Quelle für die mittel- bis langfristige Finanzierung der AHV dar (Bericht des Bundesrates vom 9. Oktober 2024 in Erfüllung des Po. 21.3440 Rieder «Finanzierung der AHV durch eine Finanzmarkttransaktionssteuer»). Für die Finanzierung der 13. Altersrente ebenfalls ungeeignet ist eine Erhöhung des allgemeinen Referenzalters. Für die Finanzierung der 13. Altersrente wäre eine sofortige Erhöhung ab 2026 nötig. Diese würde sich mit der schrittweisen Erhöhung des Rentenalters für die Frauen gemäss der Reform AHV 21 überlagern (vgl. Ziff. 1.1.2). Zudem lässt die Ablehnung der Volksinitiative «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative)» 1⁰ am 3. März 2024 (mit 74,7 Prozent der Stimmen und durch alle Kantone) erwarten, dass eine deutliche Referenzaltererhöhung mit sofortiger Wirkung aktuell nicht mehrheitsfähig wäre. Im Rahmen der nächsten Reform des AHVG für die Zeit nach 2030 (vgl. Ziff. 1.1.2) sind strukturelle Massnahmen wie die Erhöhung des Referenzalters sowie alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu prüfen.
Ebenfalls verworfen wurde eine Erhöhung der Beiträge an die AHV. Dies würde dazu führen, dass die bereits hohen Lohnkosten in der Schweiz weiter steigen würden und die Erwerbstätigen für die Zusatzkosten aufkommen müssten. Eine ausschliessliche Finanzierung nur über die Beiträge hat in der Vernehmlassung aus diesen Gründen keine Mehrheit gefunden (vgl. Ziff. 2.2.2). Eine gemischte Variante mit einer Erhöhung der MWST und der Beiträge hätte zum Nachteil, dass der Anpassungsaufwand für die Wirtschaft erheblich grösser wäre, weil beide Komponenten nur wenig erhöht werden müssten. Der Bundesrat betrachtet eine solche gemischte Lösung als ineffizient.
1⁰ Bundesbeschluss vom 16. Juni 2023 über die Volksinitiative «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative)», BBl 2023 1520 .

1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 24. Januar 2024 1¹ zur Legislaturplanung 2023-2027 noch im Bundesbeschluss vom 6. Juni 2024 ¹2 über die Legislaturplanung angekündigt. Sie hat die gesetzliche Umsetzung von Artikel 197 Ziffer 16 BV (Initiative für eine 13. AHV-Rente) zum Gegenstand und regelt die Finanzierung der daraus entstehenden Kosten für die AHV und den Bund. Da der Anspruch auf eine 13. AHV-Altersrente spätestens ab 1. Januar 2026 entsteht, muss die Vorlage zeitnah nach der Annahme der Initiative verabschiedet werden, um ihre Finanzierung zu gewährleisten. Sie steht zudem im Einklang mit den Zielen des Bundesrates, für einen ausgeglichenen Bundeshaushalt zu sorgen und nachhaltig finanzierte Sozialwerke für zukünftige Generationen zu sichern, indem sie eine Mehrbelastung des Bundeshaushalts aufgrund der 13. Altersrente verhindert und die Finanzierung der zusätzlichen Kosten für die AHV regelt.
Die Vorlage ist nicht im Voranschlag 2024 und der Finanzplanung 2025-2027 enthalten.
1¹ BBl 2024 525
¹2 BBl 2024 1440

1.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Die Vorlage führt zu keiner Abschreibung von parlamentarischen Vorstössen.

2 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahren

Am 22. Mai 2024 hat der Bundesrat die Vernehmlassung eröffnet, die bis zum 5. Juli 2024 dauerte. Zur Stellungnahme eingeladen waren die Kantone, die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien, die Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, die Dachverbände der Wirtschaft, die Behörden und die verwandten Institutionen sowie weitere Organisationen und Durchführungsstellen.

2.1 Vernehmlassungsvorlage

Für die Umsetzung der Initiative für eine 13. AHV-Rente wurde in der Vernehmlassungsvorlage die einmal jährliche, anteilsmässige Auszahlung einer 13. Altersrente an Personen vorgeschlagen, welche jeweils im Dezember Anspruch auf eine Altersrente der AHV haben. Auch die Nichtberücksichtigung der 13. Altersrente bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen war Teil der Vorlage.
Der Bundesbeitrag sollte von heute 20,2 Prozent auf 18,7 Prozent gesenkt werden, so dass der Bundeshaushalt die Mehrkosten der 13. Altersrente nicht mitfinanziert hätte. Für die Finanzierung wurden vier verschiedene Varianten vorgeschlagen. Diese bestanden jeweils aus einer Kombination der Finanzierung des Anteils der AHV an den Gesamtausgaben der 13. Altersrente und der Finanzierung des relativen Bundesanteils:
Variante 1A: Erhöhung der Beitragssätze um 0,8 Prozentpunkte für den Anteil der AHV; keine Finanzierungsmassnahme für den Anteil des Bundes, so dass dessen Anteil durch das Vermögen der AHV getragen wird.
Variante 2A: Erhöhung der Beitragssätze um 0,5 Prozentpunkte und der MWST um 0,4 Prozentpunkte für den Anteil der AHV; keine Finanzierungsmassnahme für den Anteil des Bundes, so dass dessen Anteil durch das Vermögen der AHV getragen wird.
Variante 1B: Erhöhung der Beitragssätze um 0,8 Prozentpunkte für den Anteil der AHV; Erhöhung der Beitragssätze um 0,2 Prozentpunkte für den Anteil des Bundes, insgesamt Erhöhung der Beitragssätze um 1,0 Prozentpunkt.
Variante 2B: Erhöhung der Beitragssätze um 0,5 Prozentpunkte und der MWST um 0,4 Prozentpunkte für den Anteil der AHV; Erhöhung der Beitragssätze um 0,1 Prozentpunkte und der MWST um 0,2 Prozentpunkte für den Anteil des Bundes, insgesamt Erhöhung der Beitragssätze und der MWST um je 0,6 Prozentpunkte.
Die finanziellen Auswirkungen der verschiedenen Finanzierungsvarianten wurden mit den noch nicht validierten AHV-Finanzperspektiven berechnet. Inzwischen hat sich die Situation verändert. Erstens ist langfristig mit einer weniger negativen finanziellen Entwicklung der AHV zu rechnen (vgl. Ziff. 1.1.2). Zweitens soll den Vernehmlassungsergebnissen Rechnung getragen werden, weshalb sich auch der Bund an den Mehrkosten der 13. Altersrente beteiligen soll (vgl. Ziff 4.2). Folglich kann das Ziel, im Jahr 2030 einen Stand des AHV-Ausgleichsfonds von 100 Prozent der Jahresausgaben sicherzustellen, mit geringeren Einnahmen als ursprünglich vorgesehen erreicht werden. Die verschiedenen Finanzierungsvarianten der Vernehmlassungsvorlage sind nach den aktuellsten Berechnungen in Tabellen 11 bis 14 im Anhang dargestellt.

2.2 Zusammenfassung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Insgesamt gingen 100 Stellungnahmen ein, davon 42 von Organisationen und Personen, die nicht direkt zur Stellungnahme eingeladen worden waren. Der vollständige Vernehmlassungsbericht ist im Internet verfügbar. ¹3 Die eingegangenen Stellungnahmen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

2.2.1 Umsetzung

Zustimmung zu Auszahlung ab 2026
Die Vernehmlassungsteilnehmenden, die sich dazu geäussert haben, sind mit der Auszahlung der 13. Altersrente ab dem Jahr 2026 einverstanden.
Mehrheit für jährliche Auszahlung
Die grosse Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden, die sich dazu geäussert haben, ist mit einer einmal jährlichen Auszahlung der 13. Altersrente einverstanden. Diese würde dem Volkswillen entsprechen und hätte einen stärkeren positiven Effekt für die Begünstigten. Einige Teilnehmende sind der Ansicht, dass eine jährliche Auszahlung für Personen mit geringen finanziellen Mitteln, die die höheren Lebenshaltungskosten für das ganze Jahr finanzieren müssen, nicht sinnvoll sei, und sprechen sich für eine monatliche Auszahlung aus. Eine monatliche Auszahlung sei auch gerechter für Rentnerinnen und Rentner, welche im Laufe des Jahres vor dem Dezember versterben, und sie sei verwaltungstechnisch einfacher und kostengünstiger umsetzbar.
Auszahlung an im Dezember lebende Personen befürwortet
Von den Vernehmlassungsteilnehmenden, die sich dazu äusserten, befürwortet die Mehrheit die Auszahlung der 13. Altersrente an Personen, die im Dezember Anspruch auf eine AHV-Altersrente haben. Eine nachträgliche Auszahlung an Erben würde für die Vollzugsorgane einen sehr grossen Abklärungsaufwand bedeuten und es sei nicht das Ziel, die finanzielle Situation von Erben zu verbessern. Vorgebracht wird vereinzelt aber auch, dass diese Vorgehensweise unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung Fragen aufwerfen könnte.
Zustimmung zu Nichteinbezug bei den Ergänzungsleistungen
Die Vernehmlassungsteilnehmenden, die sich dazu geäussert haben, sind damit einverstanden, dass die 13. Altersrente bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen nicht als anrechenbare Einnahmen berücksichtigt wird.
13. Rente für IV-Beziehende und Hinterlassene und Auszahlung auf dem Rentenzuschlag
Verschiedene Vernehmlassungsteilnehmende fordern analog zur 13. Altersrente zusätzlich die Einführung einer 13. IV- und/oder Hinterlassenenrente. Die Armutsquote unter den IV-Beziehenden sei höher als unter den Altersrentnerinnen und -rentner und der Grundsatz der Einheit der 1. Säule solle dadurch gewahrt werden. Einige möchten zudem auch eine 13. Rente auf dem Rentenzuschlag, den die Frauen der Übergangsgeneration gemäss der Reform AHV 21 erhalten.

2.2.2 Finanzierung

Notwendigkeit der Finanzierungsmassnahmen anerkannt
Der Bedarf an zusätzlichen Einnahmen zur Finanzierung der 13. Altersrente wird grundsätzlich anerkannt. Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden, die sich dazu geäussert haben, unterstützt eine rasche Verabschiedung von Finanzierungsmassnahmen und fast die Hälfte aller Teilnehmenden stimmt zu, diese gleichzeitig mit der Umsetzung per 1. Januar 2026 vorzusehen. Verschiedene Teilnehmende fordern die Befristung der Finanzierungsmassnahmen. Bürgerliche Kreise und mehrere Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter verlangen hingegen, dass die Finanzierung im Rahmen der nächsten AHV-Reform geregelt wird. Vereinzelt wird die Finanzierungsvorlage ganz abgelehnt.
Ablehnung der Senkung des Bundesbeitrags
Die grosse Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden, die sich dazu geäussert haben, lehnt eine Senkung des Bundesbeitrags ab. Der Bund habe seinen Anteil an der Finanzierung der 13. Altersrente beizutragen und die Sanierung des Bundeshaushalts solle nicht auf Kosten der AHV beziehungsweise der Bevölkerung gehen. Die befürwortenden Vernehmlassungsteilnehmenden finden die Senkung aufgrund der finanziellen Situation des Bundeshaushalts nachvollziehbar.
Gemischte Finanzierungsvariante bevorzugt
Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden, die sich dazu geäussert haben, bevorzugt unter den vorgelegten Varianten (vgl. Ziff. 2.1) grundsätzlich eine gemischte Finanzierung durch Beiträge und MWST, weil diese die Verteilung der finanziellen Belastung auf alle Altersgruppen der Gesellschaft ermögliche, nicht nur die Erwerbstätigen belasten würde und mit weniger Nachteilen für die Wirtschaft verbunden wäre. Für eine Erhöhung nur der Beiträge sprechen sich die linken Parteien, die Gewerkschaften sowie Versicherten-, Frauen- und Seniorenorganisationen aus, dies mit der Begründung, dass dies sozialer und einfacher und für die Wirtschaft tragbar wäre. Mehrere Vernehmlassungsteilnehmende, insbesondere Wirtschaftsverbände, lehnen alle Varianten ab und schlagen eine Finanzierung nur durch eine Erhöhung der MWST vor, weil so die finanzielle Belastung von allen Konsumierenden getragen würde, auch von den Rentnerinnen und Rentnern. Einige Teilnehmende lehnen alle vorgeschlagenen Varianten ab und/oder bevorzugen andere Finanzierungsquellen.
¹3 www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2024 > Eidgenössisches Departement des Innern > Umsetzung und Finanzierung der Initiative für eine 13. AHV-Rente; Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) und des Bundesgesetzes über die Ergänzungsleistungen (ELG).

3 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union kann sein System der sozialen Sicherheit unabhängig gestalten; ein einheitliches europäisches System der sozialen Sicherheit gibt es somit nicht. Verschiedene europäische Länder sehen die Auszahlung von mehr als 12 monatlichen Altersenten vor. Dabei kann es sich um Altersrenten handeln, die doppelt, ein- (z. B. Liechtenstein) oder zweimal im Jahr (z. B. Österreich, Portugal oder Spanien) ausgezahlt werden. In Italien erhalten alle Altersrentnerinnen und -rentner 13 monatliche Renten und jene in bescheidenen Verhältnissen eine 14. Rente. Dabei ist zu beachten, dass sich aus der Zahl der monatlichen Renten keine Rückschlüsse auf die Gesamtleistung der unterschiedlichen Vorsorgesysteme ziehen lassen. In einigen Ländern wird stattdessen eine Oster- und/oder Weihnachtszulage (Bulgarien und Irland) oder eine Pauschal- oder Sonderzulage (Jahresendzulage in Luxemburg, Urlaubszulage in den Niederlanden) ausbezahlt. In manchen Ländern hängt die Auszahlung einer Sondergratifikation von der wirtschaftlichen Lage des Landes (Ungarn) oder von den finanziellen Mitteln der betroffenen Person ab (Rumänien).

4 Grundzüge der Vorlage

Es werden zwei Änderungen des AHVG unterbreitet: Die erste Vorlage beinhaltet die Umsetzung und Ausgestaltung des Anspruchs auf eine 13. Altersrente sowie die Koordination mit den Ergänzungsleistungen. Die zweite Vorlage enthält Massnahmen zur Finanzierung der zusätzlichen Ausgaben der AHV und zur Entlastung des Bundes.

4.1 Umsetzung der 13. Altersrente

4.1.1 Jährliche Auszahlung

Die neue Übergangsbestimmung zur AHV der Bundesverfassung (Art. 197 Ziff. 16 Abs. 1 BV) besagt, dass Bezügerinnen und Bezüger einer Altersrente Anspruch auf einen jährlichen Zuschlag in der Höhe eines Zwölftels ihrer jährlichen Rente haben. Damit werden der Anspruch und die Höhe des Anspruchs festgelegt.
Die Höhe der 13. Altersrente orientiert sich an der Summe der innerhalb eines Kalenderjahres ausbezahlten monatlichen Renten der berechtigten Personen. Grundsätzlich müssen also die monatlich effektiv ausbezahlten Altersrenten einer Person oder eines Ehepaares/eingetragenen Paares zusammengezählt und ein Zwölftel dieser Summe als 13. Altersrente gewährt werden. Im Laufe des Kalenderjahres kann sich die Höhe der monatlichen Altersrente mehrfach ändern, insbesondere aufgrund von Änderungen des Zivilstandes, Modalitäten des flexiblen Rentenbezugs (Vorbezug und Aufschub, Art. 39 ff. AHVG) oder unterjährigen Zugängen (Neurentnerinnen und -rentner). Auch der Zuschlag für verwitwete Bezügerinnen und Bezüger von Altersrenten (Art. 35bis AHVG) wird als integraler Bestandteil der Altersrenten miteinbezogen. Dies bedeutet, dass eine jährliche Abrechnung aller ausbezahlten Monatsrenten unter Berücksichtigung der im Laufe des Jahres erfolgten Mutationen vorgenommen werden muss, damit am Ende des Jahres die Summe der effektiv ausbezahlten Altersrenten ermittelt werden kann, auf deren Grundlage die 13. Altersrente berechnet wird. Dafür sind entsprechende technische und buchhalterische Anpassungen vorzunehmen. Die 13. Altersrente soll jeweils im Dezember ausbezahlt werden. Die Ausgleichskassen erteilen die Zahlungsaufträge der Post oder der Bank rechtzeitig, so dass die Auszahlung spätestens bis zum 20. Tag des Monats erfolgen kann (Art. 72 der Verordnung vom 31. Oktober 1947 ¹4 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung).
¹4 SR 831.101

4.1.2 Anspruch für im Zeitpunkt der Auszahlung lebende Personen

Der Anspruch auf die Altersrenten der AHV entsteht am ersten Tag des Monats, welcher dem Erreichen des Referenzalters folgt, und erlischt mit dem Tod (Art. 21 Abs. 2 AHVG). Die Wegleitung über die Renten (RWL) ¹5 in der Eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung präzisiert, dass der Anspruch auf die Altersrente mit Ablauf des Monats, in welchem die rentenberechtigte Person stirbt, erlischt (Rz. 3014). Gemäss Artikel 197 Ziffer 16 Absatz 1 BV haben Bezügerinnen und Bezüger einer Altersrente Anspruch auf den neuen Zuschlag in Form einer 13. Altersrente. Wenn eine Person keine Altersrente (mehr) bezieht, hat sie somit auch keinen Anspruch (mehr) auf die 13. Altersrente. Vergleichbar mit dem Weihnachtsgeld in Liechtenstein ¹6 soll der jährliche Zuschlag im Dezember deshalb nur an Personen ausbezahlt werden, welche in diesem Monat Anspruch auf eine Altersrente haben. Bezügerinnen und Bezüger von Altersrenten, welche zwischen den Monaten Januar bis November versterben, haben keinen Anspruch auf die Altersrente im Dezember und damit auch keinen Anspruch auf die 13. Altersrente.
Das Ziel der neuen Verfassungsnorm ist es, die finanzielle Situation der Bezügerinnen und Bezüger von Altersrenten zu verbessern und eine bessere Deckung ihres Existenzbedarfs zu ermöglichen (Art. 112 Abs. 2 Bst. b BV). Nicht das Ziel ist es hingegen, die finanzielle Situation von Erben zu verbessern. Aus diesem Grund erlischt der Anspruch auf Nachzahlung der 13. Altersrente mit dem Tod der versicherten Person.
¹5 www.sozialversicherungen.admin.ch > AHV > Grundlagen AHV > Weisungen Renten.
¹6 Art. 60 Abs. 1 des Gesetzes des Fürstentum Liechtenstein vom 18. September 1996 betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung.

4.1.3 Ergänzungsleistungen

Der neue Verfassungstext (Art. 197 Ziff. 16 Abs. 3 BV) sieht vor, dass das Gesetz sicherstellt, dass die 13. Altersrente weder zu einer Reduktion der Ergänzungsleistungen noch zum Verlust des Anspruchs darauf führt. Für die Berechnung des Anspruchs auf Ergänzungsleistungen und deren Höhe werden grundsätzlich alle Einnahmen und Ausgaben einander gegenübergestellt (Art. 9 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2006 ¹7 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung [ELG]). Da die 13. Altersrente eine wiederkehrende Leistung ist, fällt sie gemäss Definition im ELG unter die Einnahmen und nicht unter das Vermögen. Zu den anrechenbaren Einnahmen gehören unter anderem die Renten der AHV (Art. 11 Abs. 1 Bst. d ELG). Die 13. Altersrente muss daher im Sinne des Artikels 197 Ziffer 16 Absatz 3 BV ausdrücklich im Gesetz von den anrechenbaren Einnahmen ausgeschlossen werden.
¹7 SR 831.30

4.1.4 Keine Auswirkung auf Höhe der monatlichen Altersrente

Mindestbetrag der Altersrente
Die Berechnung der Altersrente wird in Artikel 34 AHVG festgelegt, wobei sich die monatliche Altersrente aus einem Bruchteil des Mindestbetrages der Altersrente und einem Bruchteil des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens zusammensetzt (Rentenformel). Der Mindestbetrag richtet sich nach dem Rentenindex (dieser wird regelmässig an Lohn- und Preisentwicklung angepasst, vgl. Art. 33ter AHVG). Der Höchstbetrag der Altersrente entspricht dem doppelten Mindestbetrag. Der Mindestbetrag der Altersrente und damit die monatliche Altersrente wird durch die 13. Altersrente nicht verändert, sondern die Berechnung der Altersrente richtet sich nach dem bisherigen Verfahren. Dasselbe gilt für alle Bestimmungen, welche auf den Mindestbetrag oder den Höchstbetrag respektive die Altersrente Bezug nehmen: die 13. Altersrente hat dort keine Auswirkungen.
Rentenzuschlag für Frauen der Übergangsgeneration nach AHV 21
Per 1. Januar 2025 tritt Artikel 34bis nAHVG in Kraft, gemäss welchem Frauen der Übergangsgeneration, die ihre Altersrente nicht vorbeziehen, beim Bezug der Altersrente Anspruch auf einen Rentenzuschlag haben. Dieser ist nicht Bestandteil der Altersrente, sondern wird ausserhalb des AHV-Systems als Ausgleich ausbezahlt. Er unterliegt beispielsweise nicht der Plafonierung (Art. 35 AHVG), wird über den Betrag der Maximalrente hinaus bezahlt und nicht an Lohn- und Preisentwicklung angepasst. Er hängt vom Durchschnittseinkommen der betroffenen Frauen, vom Erhöhungsschritt des Rentenalters und der Beitragsdauer ab. In den Ergänzungsleistungen wird dieser Rentenzuschlag nicht berücksichtigt.
Die 13. Altersrente soll auf den Altersrenten der AHV gewährt werden. Der beschriebene Rentenzuschlag gehört nicht zur Altersrente. Entsprechend wird auf diesem Rentenzuschlag ebenfalls keine 13. Altersrente gewährt.
Hinterlassenen- und Invalidenversicherung
Die Altersrenten der AHV dienen für andere Leistungen der Sozialversicherungen als Referenzgrösse. So werden innerhalb der AHV beispielsweise die Höhe der Hinterlassenenrenten (Witwen- und Witwerrenten, Waisenrenten) und der Kinderrenten als Anteile der AHV-Altersrente berechnet (Art. 35ter, 36 und 37 AHVG). Die Renten der IV entsprechen gemäss geltender Ordnung jenen der AHV (Art. 37 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 ¹8 über die Invalidenversicherung [IVG]). Gemäss dem Wortlaut des neuen Verfassungstexts wird die 13. Altersrente jedoch nur auf den Altersrenten der AHV als Zuschlag gewährt. Die Höhe der AHV-Altersrenten selbst ändert dadurch nicht und dient wie bisher als Referenzgrösse für die Hinterlassenen-, Kinder- und IV-Renten.
Die 13. Altersrente wird bei der Prüfung der Kürzung wegen Überversicherung (Art. 41 AHVG) nicht berücksichtigt. Unter der «Rente des Vaters oder der Mutter», welche in diesem Artikel genannt werden, ist die monatliche Rente zu verstehen. Die Methode zur Prüfung der Überversicherung und zur Bestimmung der Höhe der gekürzten Renten bleibt also die Gleiche und alle Kinderrenten sowie alle Zusatzrenten, welche mit der individuellen Rente ohne die 13. Altersrente ausbezahlt werden, müssen miteinberechnet werden.
Erfüllt eine Person gleichzeitig die Voraussetzungen für eine Witwen- oder Witwerrente und für eine Altersrente oder für eine Rente gemäss dem IVG, so wird nur die höhere Rente ausbezahlt (Art. 24 b AHVG). Bei dieser Vergleichsrechnung wird die Jahresrente berücksichtigt, inklusive der 13. Altersrente.
¹8 SR 831.20

4.1.5 Koordination mit anderen Sozialversicherungen

Berufliche Vorsorge
Die Leistungen der obligatorischen beruflichen Vorsorge sind mit der AHV-Altersrente koordiniert. Um den in der beruflichen Vorsorge versicherten Lohn zu bestimmen, wird der sogenannte Koordinationsabzug vom massgebenden Lohn abgezogen. Dieser ist im Gesetz in absoluten Zahlen festgelegt (Art. 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 ¹9 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVG]). Er beträgt derzeit 25 725 Franken, das entspricht 7/8 der maximalen jährlichen AHV-Altersrente. Der Betrag der maximalen AHV-Altersrente wird mit der vorliegenden Gesetzesänderung nicht angepasst, weshalb eine Anpassung des Koordinationsabzugs nicht angezeigt ist. Dasselbe gilt für die obere Limite des Jahreslohns (Art. 8 Abs. 1 BVG), die Eintrittsschwelle (Art. 7 Abs. 1 BVG), den minimalen koordinierten Lohn (Art. 8 Abs. 2 BVG) und die maximalen jährlichen Beiträge an die Säule 3a (Art. 7 Abs. 1 der Verordnung vom 13. November 1985 2⁰ über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen).
Um zu vermeiden, dass Vorsorgeeinrichtungen aufgrund der 13. Altersrente ihre Vorsorgepläne anpassen müssen, wird in Artikel 1 der Verordnung vom 18. April 1984 2¹ über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge zu präzisieren sein, dass nur die monatlichen Altersrenten der AHV für die Beurteilung der Angemessenheit der Vorsorgepläne berücksichtigt werden, nicht auch die 13. Altersrente.
Unfallversicherung
Die Invaliditätsrenten gemäss dem Bundesgesetz vom 20. März 1981 2² über die Unfallversicherung (UVG) werden lebenslang und beim gleichzeitigen Bezug einer Rente der ersten Säule als Komplementärrente ausgerichtet. In diesem Fall wird die Differenz zwischen 90 Prozent des versicherten Verdienstes und der Rente der IV oder der AHV in Form einer Komplementärrente gewährt (Art. 20 Abs. 2 UVG). Der in Artikel 20 Absatz 2 UVG verwendete Sammelbegriff «Rente der AHV» umfasst auch die AHV-Altersrenten. Da die 13. Altersrente in Form eines Zuschlags zusätzlich zur AHV-Altersrente gewährt wird und daher keine Auswirkungen auf die Höhe der Altersrenten hat, wird die 13. Altersrente bei der Berechnung der Komplementärrente nicht berücksichtigt. Dasselbe gilt für die Berechnung der Komplementärrenten bei Hinterlassenenrenten der Unfallversicherung (Art. 31 Abs. 4 UVG). Die Ausrichtung einer 13. Altersrente hat daher keinen Einfluss auf die Leistungen der Unfallversicherung.
Militärversicherung
In der Militärversicherung wird die auf unbestimmte Zeit zugesprochene Invalidenrente der Militärversicherung beim Vorbezug einer ganzen Altersrente nach Artikel 40 Absatz 1 AHVG, spätestens jedoch ab Erreichen des Referenzalters nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG, in eine Altersrente für invalide Versicherte umgewandelt. Die Altersrente für invalide Versicherte der Militärversicherung wird nur noch auf der Hälfte des Jahresverdienstes ausgerichtet, welcher der Rente zugrunde liegt, unabhängig davon, wie hoch die AHV-Altersrente ausfällt (Art. 47 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 ²3 über die Militärversicherung). Bei den Hinterlassenenrenten ist in der Militärversicherung keine Koordination mit Leistungen der AHV vorgesehen. Die Ausrichtung einer 13. Altersrente hat daher keinen Einfluss auf die Leistungen der Militärversicherung.
Arbeitslosenversicherung
Nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 25. Juni 1982 ²4 (AVIG) können Personen, die ihre Altersrente vorbeziehen, Arbeitslosenentschädigung erhalten. Es ist möglich, sowohl Altersleistungen als auch Arbeitslosenentschädigung zu beziehen, solange die versicherten Personen das Referenzalter im Sinne der AHV-Gesetzgebung noch nicht erreicht haben (Art. 8 Abs. 1 Bst. d AVIG). Die Altersleistungen der AHV werden von der Arbeitslosenentschädigung abgezogen (Art. 18 c AVIG). Im Gegensatz zum Begriff «AHV-Rente» ist mit dem allgemeineren Begriff «Altersleistungen» nicht nur die Altersrente der AHV, sondern auch die 13. Altersrente gemeint. Da die 13. Altersrente im Dezember ausbezahlt wird, wird diese somit auch von der Arbeitslosenentschädigung für den Monat Dezember abgezogen. Nach der Praxis der Arbeitslosenversicherung ist dieser Abzug proportional zum Beschäftigungsgrad, den die versicherte Person anstrebt.
Überbrückungsleistungen
Der Bezug einer Altersrente der ersten Säule schliesst den Bezug von Überbrückungsleistungen nach dem Bundesgesetz vom 19. Juni 2020 ²5 über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose aus, einerseits, wenn die Altersrente vorbezogen wird, und andererseits, indem das ordentliche Referenzalter den Anspruch auf die Überbrückungsleistung beendet. Die Ausrichtung einer 13. Altersrente hat daher keinen Einfluss auf die Überbrückungsleistungen.
¹9 SR 831.40
2⁰ SR 831.461.3
2¹ SR 831.441.1
2² SR 832.20
²3 SR 833.1
²4 SR 837.0
²5 SR 837.2

4.2 Finanzierung der 13. Altersrente

Die Einführung der 13. Altersrente ab 2026 hat zur Folge, dass die Ausgaben der AHV ab diesem Zeitpunkt stark ansteigen. Dadurch wächst auch der reale Bundesbeitrag, der in Prozent der Ausgaben der AHV definiert ist. Ohne Zusatzfinanzierung würde die AHV zu wenig einnehmen, um die laufenden Ausgaben zu decken. Durch das sich kumulierende Umlagedefizit würde der Stand des AHV-Ausgleichsfonds rasch unter die gesetzlich vorgesehene Schwelle von 100 Prozent der jährlichen Ausgaben der AHV sinken.
Das Ziel dieser Vorlage ist, die zusätzliche Belastung des Bundes zu begrenzen und das finanzielle Gleichgewicht der AHV bis 2030 sicherzustellen (vgl. Ziff. 1.2.2). Dazu wird der Stand des AHV-Ausgleichsfonds als Richtwert genommen, so wie er sich nach den aktuellen Prognosen voraussichtlich entwickeln dürfte. Für die Zeit danach hat das Parlament den Bundesrat bereits beauftragt, eine Vorlage für die Stabilisierung der AHV zu unterbreiten (vgl. Ziff. 1.1.2). In dieser werden die zukünftigen finanziellen Entwicklungen der AHV berücksichtigt werden können. Für die Erstellung der AHV-Finanzperspektiven wird nämlich eine Vielzahl von Annahmen zur demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung getroffen. Die Perspektiven über einen längeren Zeitraum sind deshalb mit zunehmender Unsicherheit behaftet und können daher erheblich revidiert werden.
Die Darstellung der Finanzierungsmassnahmen erfolgt gemessen an den geschätzten Auswirkungen für das Jahr 2030 (zu Preisen von 2023). In diesem Jahr werden die Ausgaben für die 13. Altersrente voraussichtlich rund 4,6 Milliarden Franken betragen. Davon würde der Bund nach geltender Ordnung automatisch 20,2 Prozent finanzieren. Dies entspricht rund 950 Millionen Franken. Die übrigen Ausgaben von ungefähr 3,7 Milliarden Franken müsste die AHV selbst tragen (vgl. Tabelle 4 im Anhang).

4.2.1 Bundesbeitrag

Ohne Gesetzesänderung würde der Bund automatisch gut einen Fünftel der Mehrkosten aus der 13. AHV-Rente tragen. Angesichts der in den nächsten Jahren erwarteten strukturellen Defizite im Bundeshaushalt in der Grössenordnung von 3 Milliarden Franken pro Jahr soll der Bundesbeitrag von heute 20,2 Prozent auf 19,5 Prozent der Ausgaben der AHV gesenkt werden, bis zum Inkrafttreten der nächsten AHV-Reform (vgl. Ziff. 1.2.2). Damit finanziert der Bund rund einen Zehntel der 13. Altersrenten Im Jahr 2030 wird sich der Bundesbeitrag an die AHV voraussichtlich auf rund 12,3 Milliarden Franken belaufen. Gegenüber dem heutigen Anteilssatz von 20,2 Prozent reduziert sich die Mehrbelastung des Bundes 2030 von rund 950 Millionen Franken auf rund 500 Millionen Franken. Der Bund beteiligt sich somit mit rund 500 Millionen Franken an den Kosten der 13. Altersrente (vgl. Tabelle 6 im Anhang).
Diese finanziellen Auswirkungen auf den Bund werden hier zu Preisen von 2023 beschrieben, so wie auch generell die Finanzperspektiven der AHV dargestellt sind. Der Voranschlag und die Finanzplanung des Bundeshaushalts werden hingegen zu laufenden Preisen dargestellt. Um den direkten Vergleich der Mehrbelastung des Bundes aufgrund der 13. Altersrente und der Entwicklung des Bundeshaushalts zu ermöglichen, werden in Tabellen 7 und 8 im Anhang die Finanzperspektiven und die finanziellen Auswirkungen der Massnahmen zusätzlich zu laufenden Preisen dargestellt.

4.2.2 AHV

Nach dem geltenden Gesetz darf das Vermögen des AHV-Ausgleichsfonds in der Regel nicht unter den Betrag einer Jahresausgabe sinken (Art. 107 Abs. 3 AHVG). Mit der vorgeschlagenen Senkung des Bundesbeitrags und ohne Zusatzeinnahmen würde der Stand des Ausgleichsfonds im Jahr 2030 noch 80 Prozent der Ausgaben der AHV betragen.
Deshalb wird vorgeschlagen, die MWST um 0,7 Prozentpunkte zugunsten der AHV zu erhöhen. Dies würde im Jahr 2030 rund 2,6 Milliarden Franken einbringen (vgl. Tabelle 6 im Anhang). Der Stand des AHV-Ausgleichsfonds würde damit im Jahr 2030 100 Prozent der Ausgaben der AHV betragen (vgl. Tabelle 5 im Anhang). Bei der Berechnung der notwendigen MWST-Erhöhung wurde sowohl die Entwicklung des AHV-Ausgleichsfonds in den fünf Jahren nach 2030 berücksichtigt, so dass dieser nach 2030 nicht zu rasch absinkt, als auch die Entwicklung in den Jahren 2026 bis 2029, so dass in diesem Zeitraum nicht unnötigerweise ein zu hohes Niveau erreicht wird. Auch mit der beantragten MWST-Erhöhung bleibt eine umfassende Reform zur finanziellen Stabilisierung der AHV ab 2030 nötig.
Aktuell beträgt der Normalsatz der MWST 8,1 Prozent, der reduzierte Satz 2,6 Prozent und der Sondersatz für Beherbergung 3,8 Prozent. 1,4 proportionale Prozentpunkte fliessen heute direkt in die AHV. Bei einer Erhöhung der MWST würden die drei verschiedenen Sätze proportional angehoben. Mit dieser Methode sind die tieferen Sätze weniger stark betroffen und der Konsum von Gütern des täglichen Bedarfs wird somit weniger stark zusätzlich belastet. Dies hat den Vorteil, dass die Kaufkraft der Haushalte mit tiefen bis mittleren Einkommen weniger beeinträchtigt wird.
Die untenstehende Tabelle zeigt die MWST-Sätze, die bei einer proportionalen Erhöhung der Steuersätze um 0,7 Prozentpunkte gelten würden.
Tabelle 4-1
Neue MWST-Sätze bei proportionaler Erhöhung um 0,7 Prozentpunkte
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Aktuelle Sätze Proportionale Erhöhung
Normalsatz 8,1 8,8
Sondersatz für Beherbergungsleistungen 3,8 4,2
Reduzierter Satz 2,6 2,8

4.3 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Die Vorlage enthält abgesehen von der Umsetzung bei der Zentralen Ausgleichsstelle (ZAS) keine neuen Aufgaben, die dem Bund durch die Gesetzesänderungen entstehen. Die finanziellen Auswirkungen der Vorlage auf den Bund gehen auf die vorgeschlagene Finanzierung der 13. Altersrente zurück, da er von der Erhöhung der MWST-Sätze (Konsum und Investitionen) betroffen wäre. Diese Finanzierungsmassnahmen sollen das finanzielle Gleichgewicht der AHV sichern.

4.4 Umsetzungskosten

Die Auszahlung der 13. Altersrente obliegt den Durchführungsorganen der AHV (AHV-Ausgleichskassen und ZAS, Art. 63 und 71 AHVG). Die Einführung der 13. Altersrente bringt Kosten für technische und administrative Anpassungen mit sich. Die Kosten für die Ausgleichskassen werden durch Verwaltungskostenbeiträge der Mitglieder (Arbeitgeber, Selbstständigerwerbende, Nichterwerbstätige und freiwillig Versicherte) finanziert. Die Anpassungskosten, die den Ausgleichskassen entstehen, lassen sich nicht abschätzen, dürften sich aber in einem angemessenen Rahmen bewegen. Die 13. Altersrente würde mit der Dezemberrente ausbezahlt und der Anspruch auf Nachzahlungen würde mit dem Tod der versicherten Person erlöschen. Somit wären keine komplexen Nachzahlungsverfahren erforderlich. Die Altersrenten werden mithilfe einer gemeinsamen Berechnungssoftware (Acor) berechnet, die von der ZAS zur Verfügung gestellt und von allen Ausgleichskassen verwendet wird. Die Ausgleichskassen melden dem Rentenregister, das ebenfalls von der ZAS betrieben wird, sämtliche ausbezahlten Leistungen. Aufgrund der Einführung der 13. Altersrente müssen die Berechnungssoftware und das Rentenregister angepasst werden. Die Kosten für die Umsetzung der technischen Anpassungen der ZAS werden auf ungefähr 1,9 Millionen Franken geschätzt, die fortlaufende Pflege der IT-Systeme auf jährlich ungefähr 900 000 Franken (72 000 Fr. für die Verwaltung des Rentenregisters und 828 000 Fr. Personalkosten für die Fallverwaltung durch die Schweizerische Ausgleichskasse). Diese Umsetzungskosten gehen zu Lasten der AHV.

5 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

5.1 Entwurf zur Umsetzung der 13. Altersrente

5.1.1 Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)

Art. 24b, zweiter Satz
Erfüllt eine Person gleichzeitig die Voraussetzungen für eine Witwen- oder Witwerrente und für eine Altersrente oder für eine Rente gemäss dem IVG, so wird nur die höhere Rente ausbezahlt (Art. 24 b AHVG). Bei dieser Vergleichsrechnung wird die Jahresrente berücksichtigt, inklusive der 13. Altersrente.
Da die AHV-Altersrente im engen Sinn zu verstehen ist, also ohne die 13. Altersrente (welche als separaten Zuschlag zur Rente ausgerichtet wird), muss im vorliegenden Fall klargestellt werden, dass die 13. Altersrente angerechnet wird. Der Vollständigkeit halber wird die gleiche Präzisierung bezüglich des Rentenzuschlags für die Frauen der Übergangsgeneration nach Artikel 34bis AHVG vorgenommen.
Art. 34ter 1b.
13. Altersrente
Abs. 1: Der Anspruch auf die Altersrenten der AHV entsteht am ersten Tag des Monats, welcher dem Erreichen des Referenzalters folgt und erlischt mit dem Tod (Art. 21 Abs. 2 AHVG). Wenn eine Person keine Altersrente (mehr) bezieht, hat sie somit auch keinen Anspruch mehr auf die 13. Altersrente. Bezügerinnen und Bezüger von Altersrenten, welche zwischen den Monaten Januar bis November versterben, haben keinen Anspruch auf die Altersrente im Dezember und damit auch keinen Anspruch auf die 13. Altersrente. Personen, deren Altersrente nicht monatlich ausbezahlt wird, entweder aus administrativen Gründen oder weil dies in einem internationalen Abkommen vorgesehen ist, haben dennoch Anspruch auf die 13. Altersrente, sofern sie nicht vor dem 1. Dezember verstorben sind. In solchen Fällen hat die versicherte Person im Dezember Anspruch auf die Rente, nur die Zahlungsmodalität ist anders.
Wird die Rente ganz oder teilweise vorbezogen, so wird die 13. Altersrente anteilig zum im betreffenden Kalenderjahr vorbezogenen Rentenbetrag ausbezahlt. Bei einem Rentenaufschub wird die 13. Altersrente erst ab dem Zeitpunkt ausbezahlt, ab dem die versicherte Person zumindest einen Teil ihrer Rente bezieht. In diesem Fall entspricht die Höhe der 13. Altersrente einem Zwölftel der im betreffenden Kalenderjahr bezogenen, nicht aufgeschobenen Altersrenten.
Anspruch auf die 13. Altersrente haben ausschliesslich Bezügerinnen und Bezüger von AHV-Altersrenten. Bei Hinterlassenenrenten, Kinderrenten oder Zusatzrenten wird keine 13. Rente ausbezahlt.
Abs. 2: Da die 13. Altersrente als Zuschlag zur jährlichen Altersrente ausbezahlt wird, betrifft sie Bestimmungen, die auf die Monatsrente oder die Jahresrente abstellen, nicht. Das gilt beispielsweise für die Plafonierung, die Erziehungs- und Betreuungsgutschrift oder den Höchstbetrag der Altersrente: bei der Berechnung der Maximalrente (für Einzelpersonen oder Ehepaare) wird die 13. Altersrente also nicht berücksichtigt. Als Bestandteil der Altersrente fliesst der Verwitwetenzuschlag in die Berechnung der 13. Altersrente mit ein. Der Rentenzuschlag für die Frauen der Übergangsgeneration gemäss Reform AHV 21 ist hingegen kein Bestandteil der Rente und beeinflusst die Höhe der 13. Rente daher nicht. Zudem wird er unabhängig von der 13. Rente ausbezahlt.
Die 13. Altersrente beträgt ein Zwölftel der bezogenen Monatsrenten von Januar bis Dezember. Alle Mutationen, die während eines Kalenderjahres auftreten können (z. B. Einkommensteilung), werden bei der Berechnung der 13. Altersrente somit berücksichtigt.
Abs. 3: Die 13. Altersrente wird im Monat Dezember ausbezahlt. Gemäss Artikel 44 Absatz 2 AHVG werden Renten, deren Betrag 20 Prozent der minimalen Vollrente nicht übersteigen, einmal jährlich ausbezahlt. Die Auszahlung dieser Renten wird während des ganzen Jahres vorgenommen und betrifft sehr kleine Beträge. Aus diesem Grund ist es notwendig, eine Ausnahme von der Zahlung der 13. Altersrente im Dezember vorzusehen. Die Anspruchsvoraussetzungen bleiben jedoch dieselben. Bei einer Zahlung der Rente einmal pro Jahr wird die 13. Altersrente also zusammen mit der Altersrente ausbezahlt.
Art. 46 Abs. 2bis
Das Ziel der neuen Verfassungsnorm ist es, die finanzielle Situation der Bezügerinnen und Bezüger insbesondere der niedrigsten Altersrenten zu verbessern und eine bessere Deckung ihres Existenzbedarfs zu ermöglichen (Art. 112 Abs. 2 Bst. b BV). Nicht das Ziel ist es hingegen, die finanzielle Situation von Erben zu verbessern. Da Artikel 24 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 ²6 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vorsieht, dass der Anspruch auf ausstehende Leistungen fünf Jahre nach dem Ende des Monats, für welchen die Leistung geschuldet war, erlischt, ist eine ausdrückliche Abweichung von dieser Bestimmung vorzusehen. So erlischt der Anspruch auf Nachzahlung der 13. Altersrente mit dem Tod der versicherten Person und ausstehende 13. Altersrenten werden nicht an die Erben ausbezahlt.
Die in diesem Artikel festgelegte Abweichung von Artikel 24 ATSG gilt nur für das Erlöschen des Anspruchs infolge des Todes der versicherten Person. Die allgemeine fünfjährige Verjährungsfrist auf ausstehende Leistungen gemäss Artikel 24 ATSG gilt daher in allen anderen Fällen weiterhin.
²6 SR 830.1

5.1.2 Änderung anderer Erlasse

Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG)
Art. 37 Abs. 1
Die 13. Altersrente wird gemäss der Initiative nur auf Altersrenten gewährt, nicht auf Invalidenrenten. Da der Wortlaut der bisherigen deutschen Fassung im Gegensatz zur Französischen und Italienischen nicht eindeutig ist, wird sie an die anderen Sprachfassungen angepasst. Mit der Änderung dieser Bestimmung erfolgt keine materielle Änderung: die AHV-Altersrente, auf welche diese Bestimmung verweist, ist im engen Sinn zu verstehen, also ohne die 13. Altersrente, welche als separaten Zuschlag zur Rente ausgerichtet wird.
Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen - und Invalidenversicherung (ELG)
Art. 11 Abs. 3 Bst. i
Die Ergänzungsleistungen entsprechen grundsätzlich der Differenz der anerkannten Ausgaben und der anrechenbaren Einnahmen. Die 13. Altersrente wird explizit von den anrechenbaren Einnahmen ausgeschlossen, wie es der Verfassungstext vorsieht.

5.2 Entwurf zur Finanzierung der 13. Altersrente

5.2.1 Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer

Art. 130 Abs. 3quinquies und 3sexies
Die vorgeschlagene Finanzierung der 13. Altersrente beinhaltet eine Erhöhung der MWST. Aus diesem Grund wird Artikel 130 BV mit je einem neuen Absatz 3quinquies und 3sexies ergänzt. Da die Erhöhung der MWST eine Anpassung in der Verfassung erfordert, untersteht diese Änderung dem obligatorischen Referendum und muss von einer Mehrheit von Volk und Ständen angenommen werden.
Abs. 3 quinquies : Dieser Absatz bildet die Verfassungsgrundlage zur Erhöhung der MWST um 0,7 Prozentpunkte im Hinblick auf die Finanzierung der 13. Altersrente und Sicherung des finanziellen Gleichgewichts der AHV. Die Zuständigkeit für die Erhöhung der MWST-Sätze wird dem Bundesrat übertragen.
Abs. 3 sexies : Dieser Absatz präzisiert, dass die Einnahmen aufgrund der Erhöhung des MWST-Satzes nach Absatz 3quinquies für die Finanzierung der 13. Altersrente bestimmt sind.

5.2.2 Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)

Art. 103
Bundesbeitrag
Der Bundesbeitrag wird von heute 20,2 Prozent der jährlichen Ausgaben der AHV auf 19,5 Prozent reduziert, um die strukturellen Defizite des Bundes infolge der 13. Altersrente nicht unverhältnismässig zu erhöhen. Mit der nächsten AHV-Reform soll eine Folgelösung in Kraft treten.

6 Auswirkungen

6.1 Finanzielle Auswirkungen auf die Sozialversicherungen

6.1.1 Auswirkungen auf die AHV

Die nachstehende Tabelle fasst die finanziellen Auswirkungen der Vorlage auf die AHV bei einer Senkung des Bundesbeitrags auf 19,5 Prozent und einer proportionalen Erhöhung der MWST um 0,7 Prozentpunkte zusammen (vgl. Ziff. 4.2). Sie bezieht sich auf das Jahr 2030, zu Preisen von 2023. Die Beträge sind in der Tabelle auf 1 Million Franken gerundet. Im Anhang finden sich eine zeitliche Übersicht über die finanziellen Auswirkungen der geplanten Massnahmen (vgl. Tabelle 6 im Anhang) sowie den damit resultierenden Finanzhaushalt der AHV (vgl. Tabelle 5 im Anhang).
Die Senkung des prozentualen Bundesbeitrags soll bis zum Inkrafttreten der nächsten AHV-Reform befristet werden (vgl. Ziff. 4.2.1). Inhalt und Inkrafttreten der nächsten Reform sind noch nicht bekannt. Bei den Prognosen nach 2030 wird vorläufig unterstellt, dass der Bundesbeitrag per 2031 wieder auf das heutige Niveau von 20,2 Prozent erhöht wird. Zusätzlich werden in Tabellen 9 und 10 im Anhang die Finanzperspektiven und die finanziellen Auswirkungen unter der Annahme, dass der Bundesbeitrag bei 19,5 Prozent bleibt, aufgezeigt.
Tabelle 6-1
Änderung der AHV-Rechnung im Jahr 2030
In Millionen Franken, zu Preisen von 2023
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Massnahmen Änderung der Ausgaben Änderung der Einnahmen
13. Altersrente 4609
Nettoerhöhung Bundesbeitrag 490
- Davon: Erhöhung Bundesbeitrag infolge veränderter Ausgaben 931
- Davon: Senkung Bundesbeitrag auf 19,5 % der Ausgaben -441
Proportionale Erhöhung der MWST um 0,7 Prozentpunkte 2566
Total der Ausgaben und Einnahmen 4609 3056
Die nachstehenden Grafiken zeigen die Entwicklung des Umlageergebnisses und des Stands des AHV-Ausgleichsfons gemäss der geltenden Ordnung ohne 13. Altersrente sowie mit der 13. Altersrente und den vorgeschlagenen Finanzierungsmassnahmen auf.
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Nach 2030 müssen die Finanzen der AHV infolge der demografischen Entwicklung zusätzlich stabilisiert werden. Für die Stabilisierung des finanziellen Gleichgewichts während der Jahre 2030 bis 2040 hat das Parlament dem Bundesrat zudem den Auftrag erteilt, bis Ende 2026 einen Reformvorschlag zu unterbreiten.
Tabelle 6-2
Umlageergebnis und Stand des AHV-Ausgleichsfonds
In Millionen Franken, zu Preisen von 2023
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Finanzierung Umlageergebnis 2026 Fondsstand in % der Ausgaben 2026 Umlageergebnis 2030 Fondsstand in % der Ausgaben 2030 Fondsstand in % der Ausgaben 2033
AHV ohne 13. Altersrente - 2880 115 1170 122 115
Mit 13. Altersrente ohne Massnahmen - -438 100 -2508 83 60
Mit 13. Altersrente mit Massnahmen 0,7 MWST-Prozentpunkte 1057 103 -383 100 88

6.1.2 Auswirkungen auf die anderen Sozialversicherungen

Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf die anderen Sozialversicherungen. Bei den Ergänzungsleistungen wird die 13. Altersrente explizit von den anrechenbaren Einnahmen ausgenommen.

6.2 Auswirkungen auf den Bund

6.2.1 Bundesbeitrag an die Ausgaben der AHV

Der Bund beteiligt sich heute mit 20,2 Prozent an den AHV-Gesamtausgaben. Mit der Einführung der 13. Altersrente steigen die Ausgaben der AHV zusätzlich, wodurch sich auch der Anteil des Bundes entsprechend vergrössern würde. Die Vorlage sieht jedoch vor, den Bundesbeitrag auf 19,5 Prozent zu verringern. So verringern sich die zusätzlichen Ausgaben des Bundes aufgrund der 13. Altersrente und der Bundeshaushalt wird weniger stark belastet. Dennoch finanziert er rund einen Zehntel der 13. Altersrenten. Er hat im Jahr 2026 mit rund 450 Millionen Franken Mehrausgaben aufgrund der 13. Altersrente zu rechnen, im Jahr 2030 belaufen sich diese bereits auf rund 500 Millionen Franken jährlich.

6.2.2 Mehrwertsteuer

Eine Erhöhung der MWST-Sätze zugunsten der AHV führt im Bundeshaushalt zu einer haushaltneutralen Erhöhung der Einnahmen und Ausgaben. Der Bund ist aber von der Erhöhung der Steuersätze für seinen Konsum sowie seine Investitionen in gleichem Masse betroffen wie private Unternehmen und Haushalte.
Der Bund kauft zur Erfüllung seiner hoheitlichen Aufgaben Leistungen und Güter ein, auf welchen die MWST erhoben wird. Bei von der MWST ausgenommenen Leistungen und bei hoheitlichen Tätigkeiten kann der Bund die MWST, die auf seinen Vorleistungen lastet, nicht als Vorsteuer in Abzug bringen. Er ist somit mit einer Schattensteuer (taxe occulte) belastet. Die Höhe der Schattensteuer lässt sich jedoch nur grob schätzen. Diese Schattensteuer würde durch eine Erhöhung der MWST-Sätze leicht steigen. Gemäss Schätzungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) wird eine proportionale MWST-Erhöhung um 0,7 Prozentpunkte für den Bund beim Bezug von Gütern und Dienstleistungen zu Mehrausgaben in der Grössenordnung von 70 Millionen Franken führen (Stand: 2021).
Für den Bund als Arbeitgeber dürften mittelfristig die Lohnkosten ansteigen. Die MWST-Satzanhebung um 0,7 Prozentpunkte erhöht den Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) um rund 0,36 Prozent, was im Rahmen der Lohnpolitik des Bundes das Lohnwachstum beeinflussen kann. Würden die Löhne vollumfänglich an die Teuerung angepasst, hätte dies angesichts des Personalaufwands in der Höhe von 8,6 Milliarden Franken (konsolidierte Rechnung 2021) um rund 31 Millionen Franken höhere Kosten zur Folge. Allerdings ist damit zu rechnen, dass die Erhöhung der MWST nicht vollumfänglich auf die Kundinnen und Kunden überwälzt wird und der LIK weniger stark ansteigen würde (vgl. Ziff. 6.4.1). Die Teuerung ist ausserdem nur einer von verschiedenen Einflussfaktoren bei der Lohnentwicklung des Bundes.
Da die AHV-Renten an die Preis- und Lohnentwicklung angepasst werden, dürfte eine MWST-Erhöhung auch zu einem Anstieg der AHV-Ausgaben führen. Der Bund trägt über seinen Beitrag an die AHV diesen Zuwachs mit.
Die dämpfende Wirkung der Steuererhöhung auf das Wirtschaftswachstum dürfte sich zudem auf die Einnahmen des Bundes auswirken. Gemäss verschiedenen Schätzungen dürften die Steuereinnahmen etwa im gleichen Verhältnis zurückgehen wie sich das Wirtschaftswachstum abschwächt. ²7
Insgesamt werden die potenziellen Mehrausgaben aufgrund der MWST-Erhöhung für den Bund auf rund 100 Millionen Franken geschätzt.
²7 F. Bodmer, Frank (2003): Eine Analyse der Einnahmenschwankungen. Working Paper 7/2003, Eidgenössische Finanzverwaltung, Bern.

6.2.3 Einkommenssteuern (direkte Bundessteuer)

Die 13. Altersrente ist bei den Empfängerinnen und Empfängern als Einkommen steuerbar, was zu Mehreinnahmen bei den Einkommenssteuern führt. Die Schätzungen der ESTV zu den finanziellen Auswirkungen bei den Einkommenssteuern basieren auf der Statistik der direkten Bundessteuer. Der verwendete Datensatz enthält sämtliche Personen, die bei der direkten Bundessteuer steuerpflichtig sind. Er enthält namentlich Informationen zu Zivilstand, Beschäftigungsstatus (erwerbstätig oder mit Renteneinkommen), steuerbarem Einkommen, Anzahl Kinderabzüge sowie zu Versicherungsabzug, Verheiratetenabzug, Zweiverdienerabzug und Säule-3a-Abzug. Über den Anteil des Renteneinkommens oder des Erwerbseinkommens am gesamten Einkommen einer steuerpflichtigen Person enthält der Datensatz keine Informationen. Die Informationen im Datensatz sind deshalb für sich allein nicht hinreichend, um die steuerlichen Auswirkungen der Vorlage präzise zu schätzen, weshalb die Schätzungen auf zusätzlichen Annahmen beruhen. Die Schätzergebnisse beziehen sich auf die Bundessteuerstatistik des Jahres 2020 und eine Hochrechnung der Auswirkungen auf das Jahr 2026. Das verwendete Einkommenskonzept für die Zuteilung der zusätzlichen Rente ist das modifizierte Reineinkommen. Dieses ist definiert als das steuerbare Einkommen zuzüglich Kinderabzüge, Versicherungsabzug, Verheiratetenabzug, Zweiverdienerabzug und Säule-3a-Abzug.
Die Schätzung geht von der Gesamtsumme der ausbezahlten 13. Altersrenten aus. Diese Summe beträgt nach Abzug des ins Ausland fliessenden Anteils von 570 Millionen Franken gemäss Schätzung rund 3,6 Milliarden Franken. Rund die Hälfte dieses Betrags fliesst zu Ehepaaren und rund die Hälfte zu unverheirateten Personen. Die Schätzung erfolgt in zwei Schritten.
Erster Schritt: Der erste Schritt der Schätzung besteht darin, den Betrag von rund 3,6 Milliarden Franken auf alle Rentnerinnen und Rentnern in der Bundessteuerstatistik zu verteilen. Die Verteilung der Summe der 13. Altersrente geschieht wie folgt: Jede Rentnerin und jeder Rentner erhält ein zusätzliches Einkommen zugewiesen, das mindestens der Minimalrente und höchstens der Maximalrente entspricht. Bei den unverheirateten Personen entspricht die Minimalrente 1225 und die Maximalrente 2450 Franken, bei den Ehepaaren liegen Minimal- und Maximalrente bei 2450 und 3675 Franken. Die Einkommensstärksten erhalten jeweils die Maximalrente und die Einkommensschwächsten jeweils die Minimalrente. Diejenigen dazwischen erhalten eine Rente zwischen Minimal- und Maximalrente gestützt auf einen Steigerungsparameter, der iterativ festgelegt wird, sodass die Summe der zugeteilten Renten dem Betrag von 3,6 Milliarden Franken entspricht. Das Resultat dieses ersten Schritts ist eine geschätzte Erhöhung des steuerbaren Einkommens für jede Rentnerin und jeden Rentner.
Zweiter Schritt: Der zweite Schritt besteht darin, die Steuerbelastung bei der direkten Bundessteuer und bei den kantonalen Einkommenssteuern vor und nach der Einkommenserhöhung durch die 13. Altersrente zu schätzen. Aus der Differenz ergeben sich die geschätzten steuerlichen Mehreinnahmen durch die Summe der ausbezahlten 13. Altersrente.
Insgesamt werden die potenziellen Mehreinnahmen bei der direkten Bundessteuer durch die 13. Altersrente auf 137 Millionen Franken geschätzt.

6.3 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Die Kantone beteiligen sich nicht an der Finanzierung der AHV und sind damit nur indirekt durch eine grössere MWST-Belastung betroffen. Die Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden in ihrer Funktion als Konsumenten, Investoren und Arbeitgeber entsprechen grundsätzlich den Folgen für den Bund (vgl. Ziff. 6.2). Es wird daher auf das vorangehende Kapitel verwiesen.

6.3.1 Mehrwertsteuer

Die konkreten finanziellen Folgen für die Kantone und Gemeinden fallen insbesondere im Steuerbereich höher aus als beim Bund. Gemäss Schätzungen der ESTV würde eine proportionale MWST-Satzerhöhung um 0,7 Prozentpunkte für die Kantone beim Bezug von Gütern und Dienstleistungen zu Mehrausgaben in der Grössenordnung von rund 80 Millionen Franken führen (Stand: 2021). Bei den Gemeinden wäre mit Mehrausgaben von ungefähr 95 Millionen Franken zu rechnen (Stand: 2021).
2021 betrugen die Personalausgaben der Kantone rund 31 Milliarden Franken. ²8 Würde die MWST-Satzerhöhung von 0,7 Prozentpunkten vollumfänglich auf die Kundinnen und Kunden überwälzt und würden die Löhne an die daraus resultierende Teuerung von 0,36 Prozent angepasst, hätte dies rund 112 Millionen Franken höhere Personalausgaben zur Folge. Auch die Gemeinden müssten mit höheren Personalausgaben rechnen. Im Jahr 2021 betrugen ihre Personalausgaben rund 15,9 Milliarden Franken. ²9 Eine Erhöhung im Umfang der Teuerung hätte somit Mehrausgaben für das Personal von rund 57 Millionen Franken zur Folge. Allerdings ist damit zu rechnen, dass die Erhöhung der MWST nicht vollumfänglich auf die Kundinnen und Kunden überwälzt wird und deshalb der LIK und die Personalausgaben weniger stark ansteigen würden.
Die dämpfende Wirkung der Steuererhöhung auf das Wirtschaftswachstum dürfte sich auf die übrigen Steuereinnahmen der Kantone und Gemeinden etwa im gleichen Verhältnis auswirken wie beim Bund.
Insgesamt werden die potenziellen Mehrausgaben aufgrund der MWST-Erhöhung für die Kantone auf 192 Millionen Franken und für die Gemeinden auf 152 Millionen Franken geschätzt.
²8 Finanzstatistik national, abrufbar unter www.data.finance.admin.ch > Öffentliche Finanzen der Schweiz (Stand: 16. Oktober 2024).
²9 Finanzstatistik national, abrufbar unter www.data.finance.admin.ch > Öffentliche Finanzen der Schweiz (Stand: 16. Oktober 2024).

6.3.2 Kantonale Einkommenssteuern

Die Schätzungen der Mehreinnahmen durch die 13. Altersrente erfolgt analog zum Vorgehen zu den Schätzungen zu den Auswirkungen bei der direkten Bundessteuer (vgl. Ziff. 6.2). Die Schätzungen zu den finanziellen Auswirkungen bei den kantonalen Einkommenssteuern sind jedoch mit grösserer Unsicherheit behaftet als diejenigen zu den Auswirkungen bei der direkten Bundessteuer. Der Grund dafür ist, dass sich das steuerbare Einkommen in der Bundessteuerstatistik auf die direkte Bundessteuer bezieht. Die Schätzungen basieren auf der Annahme, dass das steuerbare Einkommen bei der kantonalen Einkommenssteuer demjenigen der direkten Bundessteuer entspricht. Weil das steuerbare Einkommen auf kantonaler Ebene tendenziell niedriger ist als bei der direkten Bundessteuer, führt das Schätzverfahren tendenziell zu einer leichten Überschätzung der finanziellen Auswirkungen bei den kantonalen Einkommenssteuern. Grund dafür ist, dass bei einem niedrigeren steuerbaren Einkommen der Grenzsteuersatz etwas niedriger ist, was die finanziellen Auswirkungen reduziert.
Zusätzlich zu den finanziellen Auswirkungen bei den kantonalen Einkommenssteuern fällt auch ein Teil der Auswirkungen der direkten Bundessteuer wegen des Kantonsanteils von 21,2 Prozent auf die Kantone.
Insgesamt werden die Mehreinnahmen bei den kantonalen Einkommenssteuern durch die 13. Altersrente auf 462 Millionen Franken geschätzt.

6.3.3 Auswirkungen auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Es ist offensichtlich, dass die Vorlage keine spezifischen Auswirkungen auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete hat. Die entsprechenden Fragen wurden daher nicht vertieft untersucht.

6.4 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

6.4.1 Auswirkungen auf die Konsumentinnen und Konsumenten

Eine Erhöhung des MWST-Satzes hat Auswirkungen auf das allgemeine Preisniveau und damit indirekt auf die Kaufkraft der Haushalte. Sie wird im Regelfall - je nach Konkurrenzsituation und Marktmacht - von den Unternehmen auf die Konsumentinnen und Konsumenten überwälzt, woraus eine Verteuerung der Preise für Waren und Dienstleistungen resultiert. Dabei ist es möglich, dass sich die Erhöhung nur teilweise oder schrittweise über einen längeren Zeitraum auf die Konsumentinnen und Konsumenten überträgt. Folglich wirkt sich die Erhöhung der MWST-Sätze in der Regel nicht vollständig und nicht unbedingt zeitnah auf die Preise aus, sondern womöglich über mehrere Jahre. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass verschiedene Güter und Dienstleistungen nicht MWST-pflichtig sind beziehungsweise zu einem reduzierten Satz besteuert werden. Unabhängig vom Ausmass der Umwälzung muss sich eine MWST-Erhöhung somit nicht im vollen Umfang auf das allgemeine Preisniveau niederschlagen.
In der Schweiz zeigte sich bei der Einführung der MWST 1995 und der Steuersatzerhöhung per 1. Januar 1999 zugunsten der AHV eine Überwälzung der Steuermehrbelastungen auf die Konsumentinnen und Konsumenten von 75 Prozent (1995) und 65 Prozent (1999). 3⁰
Der genaue Effekt der vorgeschlagenen MWST-Satzerhöhung auf das Preisniveau (LIK) kann anhand der verfügbaren empirischen Daten nicht prognostiziert werden.
Bei einer proportionalen Erhöhung der MWST-Sätze um 0,7 Prozentpunkte wäre - unter der Annahme vollständiger Überwälzung auf die Kundinnen und Kunden - mit einer Zunahme des LIK um rund 0,36 Prozent zu rechnen. Diese höheren Preise ziehen eine schwächere Gesamtnachfrage nach sich. Als mögliche Reaktion der Wirtschaftsteilnehmenden wird, unter sonst gleichbleibenden Bedingungen, der mengenmässige Konsum der Haushalte abnehmen und werden die Investitionen der Unternehmen zurückgehen, auch wenn die Vorankündigung einer MWST-Satzerhöhung oft einen verstärkten Konsum vor der Einführung der neuen Steuersätze bewirkt.
Ein dadurch möglicher Rückgang der Wirtschaftsleistung wird allerdings durch weitere Faktoren begrenzt. Zum einen ist der Export von Gütern und Dienstleistungen von der MWST befreit und somit nicht von der Erhöhung der MWST-Sätze betroffen. Zum anderen betrifft die tiefere Nachfrage in der Schweiz nicht nur in der Schweiz hergestellte, sondern auch importierte Güter und Dienstleistungen. Sie wirkt sich also auch nur anteilig auf die inländische Wirtschaftsleistung aus. Ferner ist es möglich, dass die Haushalte weniger sparen, um ihren mengenmässigen Konsum auf dem gleichen Niveau zu halten.
Den negativen Effekten der MWST-Erhöhung auf den Konsum wirkt entgegen, dass Personen, die eine Altersrente beziehen, von der Auszahlung der 13. Altersrente profitieren und über zusätzliches Einkommen verfügen. Dies stärkt die Kaufkraft von Rentnerinnen und Rentnern. Bei Rentenbeziehenden ist die Konsumquote, das heisst der Anteil der Konsumausgaben am verfügbaren Einkommen, im Vergleich zu anderen Altersgruppen überdurchschnittlich hoch. Gemäss der Haushaltsbudgeterhebung des Bundesamtes für Statistik (BFS) betrug die Konsumquote bei Einpersonenhaushalten über 65 Jahren in den Jahren 2018 bis 2019 91 Prozent, bei Paaren über 65 Jahren betrug sie 89 Prozent. Sowohl jüngere Einpersonenhaushalte (77 %) als auch jüngere Paare (68 %) und Paarhaushalte mit Kindern (71 %) verwendeten einen deutlich geringeren Einkommensanteil für Konsumausgaben. 3¹ Aufgrund ihrer vergleichsweise hohen Konsumquote dürfte der Grossteil des zusätzlichen Einkommens, insbesondere von Haushalten mit geringen finanziellen Mitteln, für Konsumausgaben ausgegeben werden.
3⁰ Vgl. Botschaft vom 25. Juni 2008 zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer, BBl 2008 6885 , 7093 ff.
3¹ Abrufbar unter: www.bfs.admin.ch > Statistiken > Wirtschaftliche und soziale Situation der Bevölkerung > Einkommen, Verbrauch und Vermögen > Haushaltseinkommen und -ausgaben > Haushaltsausgaben (Stand: 8. August 2024).

6.4.2 Auswirkungen auf die Unternehmen

Wegen der Möglichkeit, die MWST auf die Konsumentinnen und Konsumenten zu überwälzen, ergibt sich aus der Erhöhung der Sätze keine unmittelbare Belastung der Produktionskosten. Erfahrungen aus der Vergangenheit und aus anderen Ländern zeigen jedoch, dass die Unternehmen eine MWST-Satzerhöhung in unterschiedlicher Art weitergeben. Je nach Markt- und Konkurrenzsituation können sie beispielsweise die Erhöhung nur teilweise auf die Preise überwälzen und den übrigen Mehraufwand entweder intern zu kompensieren oder auf ihre Lieferantinnen und Lieferanten zu überwälzen versuchen.
Falls Unternehmen die MWST-Erhöhung nicht vollständig überwälzen können, kann dies bei den Unternehmen in Branchen mit starker Konkurrenz Druck auf die Margen ausüben. Ausserdem kann die Erhöhung der Konsumentenpreise infolge der MWST-Satzerhöhung höhere Lohnforderungen nach sich ziehen. Unternehmen, die von der MWST ausgenommene Leistungen erbringen, und Unternehmen, die wegen zu geringen Umsätzen nicht steuerpflichtig werden, können die MWST, die auf ihren Vorleistungen lastet, ebenfalls nicht als Vorsteuer in Abzug bringen. Auch sie sind somit mit einer Schattensteuer belastet. Die Höhe dieser Schattensteuer lässt sich wiederum nur grob schätzen, würde durch die Erhöhung der MWST-Sätze aber zunehmen. Bei einer proportionalen MWST-Satzerhöhung um 0,7 Prozentpunkte würde die Schattensteuer für die Bereiche Bildung, Gesundheit, Sport und Kultur nach groben Schätzungen der ESTV um rund 240 Millionen Franken ansteigen (privater und öffentlicher Sektor zusammengenommen).
Ferner fallen bei den MWST-pflichtigen Unternehmen Kosten für die Umsetzung an (z. B. Informatikkosten). Eine Schätzung der ESTV beziffert diese Kosten auf rund 150-200 Millionen Franken für jede MWST-Satzänderung, bei der alle Sätze ändern. Im Weiteren benötigen MWST-Pflichtige Unternehmen genügend Zeit, um eine Steuersatzänderung umzusetzen. Für die Unternehmen ist dies also mit einem erheblichen personellen und finanziellen Aufwand verbunden. Idealerweise beträgt die Vorlaufzeit 1 Jahr ab Feststehen von neuen Steuersätzen. Steht weniger Vorlaufzeit zur Verfügung, können diejenigen Unternehmen, die periodische Leistungen mit Vorauszahlung erbringen (z.B. bei Abonnementen), ihre Leistungen unter Umständen gar nicht zum höheren Steuersatz fakturieren. Dies ist dann der Fall, wenn der neue, höhere Steuersatz im Zeitpunkt der Rechnungstellung noch gar nicht definitiv ist und der Kunde in einem späteren Zeitpunkt eine Nachfakturierung verweigert. Trotzdem müssen auch diese Unternehmen ihren Deklarationspflichten gegenüber der ESTV korrekt nachkommen. Im Übrigen benötigt auch die ESTV hinreichend Zeit und finanzielle Ressourcen, um die IT-Systeme, welche die MWST-pflichtigen Unternehmen benutzen müssen, um ihren Deklarationspflichten nachkommen zu können, an Steuersatzänderungen anzupassen. Nach Schätzungen der ESTV belaufen sich die Entwicklungskosten für die IT auf ca. CHF 200 000 (Betrag ohne ESTV-interne Kosten für beispielsweise Projektleitung, Testen etc.).

6.4.3 Die Mehrwertsteuer in der EU

In den vergangenen Jahrzehnten haben weltweit immer mehr Länder eine MWST eingeführt. In der EU verfügen alle Länder über eine MWST, deren Steuersätze im Laufe der Jahrzehnte gestiegen sind. Die Schweiz weist mit 8,1 Prozent im Vergleich zu den Ländern der EU den weitaus niedrigsten Normalsatz auf. In den EU-Ländern betrug 2022 kein Normalsatz weniger als 17 Prozent. Die höchsten MWST-Sätze fanden sich in Ungarn mit 27 Prozent sowie in Schweden, Dänemark und Kroatien mit 25 Prozent. 3²
Tabelle 6-3
Mehrwertsteuersätze im Vergleich mit der EU
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Eingeführt 1976 Normalsatz 1996 Normalsatz 2006 Normalsatz 2022 Normalsatz 2022 Reduzierte Sätze bzw. Sondersätze
Belgien 1971 18,0 21,0 21,0 21,0 6,0/12,0
Bulgarien 1994 - 22,0 20,0 20,0 9,0
Tschechische Republik 1993 - 22,0 19,0 21,0 10,0/15,0
Dänemark 1967 15,0 25,0 25,0 25,0
Deutschland 1968 11,0 15,0 16,0 19,0 7,0
Estland 1991 - 18,0 18,0 20,0 9,0
Griechenland 1987 - 18,0 19,0 24,0 6,0/13,0
Spanien 1986 - 16,0 16,0 21,0 4,0/10,0
Frankreich 1968 20,0 20,6 19,6 20,0 2,1/5,5/10,0
Kroatien 1998 - - 22,0 25,0 5,0/13,0
Irland 1972 20,0 21,0 21,0 23,0 4,8/9,0/13,5
Italien 1973 12,0 19,0 20,0 22,0 5,0/10,0
Zypern 1992 - 8,0 15,0 19,0 5,0/9,0
Lettland 1995 - 18,0 21,0 21,0 5,0/12,0
Litauen 1994 - 18,0 18,0 21,0 5,0/9,0
Luxemburg 1970 10,0 15,0 15,0 17,0 3,0/8,0/14,0
Ungarn 1988 - 25,0 20,0 27,0 5,0/18,0
Malta 1995 - 15,0 18,0 18,0 5,0/7,0
Niederlande 1969 18,0 17,5 19,0 21,0 9,0
Österreich 1973 18,0 20,0 20,0 20,0 10,0/13,0
Polen 1993 - 22,0 22,0 23,0 5,0/8,0
Portugal 1986 - 17,0 21,0 23,0 6,0/13,0
Rumänien 1993 - 18,0 19,0 19,0 5,0/9,0
Slowenien 1999 - - 20,0 22,0 5,0/9.5
Slowakei 1993 - 23,0 19,0 20,0 10,0
Finnland 1994 - 22,0 22,0 24,0 10,0/14,0
Schweden 1969 17,7 25,0 25,0 25,0 6,0/12,0
Schweiz 1995 - 6,5 7,6 8,1 * 2,6/3,8*
* Schweiz: Steuersätze ab 1.1.2024 (vorher 7,7 % / 2,5 % / 3,7 %)
3² Europäische Union, Mehrwertsteuervorschriften und Sätze, abrufbar unter europa.eu/youreurope > Geschäfte in Europa > Steuern > Mehrwertsteuer > Mehrwertsteuervorschriften und -sätze (Stand: 16. Oktober 2024).

6.4.4 Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft

Im Allgemeinen stellt der Konsum eine breite und stabile Besteuerungsgrundlage dar, was der MWST ein hohes Einnahmepotenzial ermöglicht.
Die verringerte Kaufkraft privater Haushalte kann den Konsum drosseln. Damit verbunden sein können weitere Rückwirkungen auf die wirtschaftliche Dynamik, etwa eine verringerte Arbeitsnachfrage. Insgesamt ist somit von einer potenziellen Dämpfung des Wirtschaftswachstums auszugehen. Allerdings sollte dank verschiedener Anpassungsmechanismen im Bereich der Löhne und der Preise, die von dieser Verlangsamung ausgelöst werden, die Wirtschaft im Anschluss an diese Anpassungsperiode - ausgehend von einem leicht niedrigeren Niveau des BIP - wieder zum langfristigen Wachstum vor der MWST-Satzerhöhung zurückfinden.
Gemäss einer Modellierung, die BAK Basel im Auftrag des BSV für die Reform «Altersvorsorge 2020» durchgeführt hat, überträgt sich eine Erhöhung der MWST-Sätze auf lange Sicht zu rund 50 Prozent auf das Konsumniveau. Angewendet auf die hier vorgeschlagene Erhöhung um 0,7 Prozentpunkte, würde demnach langfristig das Konsumniveau schätzungsweise um ca. 0,35 Prozent zurückgehen. Das Niveau des realen BIP würde gegenüber dem Status quo sinken, und die Beschäftigung könnte leicht zurückgehen. Für eine bedeutende Erhöhung der MWST-Sätze von rund 3 Prozentpunkten kalkuliert BAK Basel auf lange Sicht einen leichten Rückgang des BIP-Niveaus um zirka 0,2 Prozent. Die für die Finanzierung der 13. Altersrente vorgeschlagene Erhöhung um 0,7 Prozentpunkte würde das BIP entsprechend geringer beeinträchtigen und kaum Auswirkungen auf die langfristigen Wachstumsperspektiven der Schweizer Wirtschaft haben. 3³
3³ Müller, U. et al. (2012): Babyboom-Generation und AHV 2010-2060, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 9/12, Bern: 40.

6.5 Auswirkungen auf die Gesellschaft

Durch die 13. Altersrente verbessert sich das Gesamteinkommen und somit die finanzielle Situation der AHV-Altersrentenbezügerinnen und -bezüger. Ihre Kaufkraft wird damit gestärkt.
Die Abschwächung der Kaufkraft als Folge der MWST-Satzerhöhung wirkt sich nicht auf alle Bevölkerungsgruppen gleich aus. Haushalte mit tiefen Einkommen verbrauchen in der Regel einen grösseren Teil ihres Einkommens für den Konsum als Haushalte mit höheren Einkommen. Das heisst, dass eine Anhebung der MWST-Sätze Haushalte mit tiefen Einkommen absolut (in Franken) zwar weniger belastet, relativ (in Prozent ihres Einkommens) aber härter trifft. Die Reduktion der Kaufkraft bei einer proportionalen Erhöhung der MWST-Sätze um 0,7 Prozentpunkte variiert nach Schätzungen der ESTV je nach Haushaltseinkommen und Haushaltstyp, zwischen 135 und 633 Franken jährlich. In Prozent der Haushaltseinkommen entspricht dies einer Abnahme um rund 0,26 Prozent beim Fünftel der Haushalte mit den höchsten Einkommen und von 0,37 bis 0,42 Prozent beim Fünftel der Haushalte mit den tiefsten Einkommen (vgl. Tabellen 6-4 und 6-5: Schätzungen der ESTV basierend auf speziell extrahierten, nicht publizierten Daten der Haushaltsbudgeterhebung 2018-2019 des BFS ³4 ). Der reduzierte Satz für die Güter des täglichen Bedarfs vermag die regressive Wirkung der MWST nicht ganz zu kompensieren, kann den Effekt allerdings etwas abschwächen.
Bei diesen Schätzungen ist allerdings Folgendes zu beachten: Zum einen beziehen sie sich auf den Fall, dass die Steuersatzerhöhungen vollständig auf die Konsumentinnen und Konsumenten überwälzt werden, was jedoch nicht zwingend der Fall sein muss, wie in Ziffer 6.4.1 dargestellt wurde. Zum anderen enthält die Haushaltbudgeterhebung des Bundesamtes für Statistik, auf die sich die ESTV bei ihren Schätzungen abstützt, nicht alle Ausgaben der Haushalte. So fehlen beispielsweise die Ausgaben für den Bau, den Kauf und die Renovation von Häusern und Wohnungen. Nicht berücksichtigt sind darin zudem die Haushalte mit sehr hohen Einkommen. Ausserdem werden bei der Schätzung der ESTV die Auswirkungen der Steuererhöhung auf die Mieten ausgeklammert, da diese erst dann anfallen, wenn eine Wohnung renoviert wird.
Deshalb sind diese Schätzungen nicht geeignet, die exakte Höhe der Belastung darzustellen. Es lässt sich damit jedoch gut aufzeigen, wie unterschiedlich sich eine MWST-Erhöhung auf die Haushaltstypen und Einkommensklassen auswirkt.
Bezüglich der Rentner- und Rentnerinnen-Haushalte ist festzuhalten, dass die durch die 13. Altersrente verursachten Effekte nicht abgebildet werden können. Es ist nicht bekannt, wie viel des zusätzlichen Einkommens gespart und wie viel für Konsumzwecke verwendet wird. Ausserdem ist offen, wie sich die Nachfrage nach den einzelnen Gütern und Dienstleistungen entwickeln wird. Somit weichen die Auswirkungen der MWST-Erhöhung auf die Rentner- und Rentnerinnen-Haushalte von den nachstehenden Tabellen ab. Die MWST-Belastung in Franken ist höher und der Anteil am Bruttoeinkommen niedriger als dargestellt. Der Netto-Effekt der Rentenerhöhung dürfte bei praktisch allen Rentnerhaushalte positiv sein. Die Konsumausgaben eines Haushaltes müssten auch bei einer MWST-Erhöhung um 0,7 Prozentpunkte deutlich über 500 000 Franken pro Jahr betragen, damit es kippt.
Tabelle 6-4
Jährliche Mehrbelastung (in Franken) unter Berücksichtigung einer proportionalen Satzerhöhung um 0,7 Prozentpunkte gegenüber der geltenden Ordnung
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Einkommensklassen (Fr. pro Monat) 0-4599 4600-6699 6700-9399 9400-13 399 13 400 und mehr
Alle Haushalte 159.69 221.21 301.82 392.70 620.37
Einpersonen-Haushalte (ohne Rentner/innen) 134.73 199.72 257.15 400.83
Paar-Haushalte (ohne Kinder) 240.50 302.51 370.01 600.96
Paar-Haushalte (mit 1 Kind) 308.55 413.52 609.73
Paar-Haushalte (mit 2 Kindern) 314.52 415.47 632.57
Rentner/innen-Haushalte 165.26 233.12 343.38 556.24
Rentner/innen- und Einpersonen-Haushalte: Aufgrund der geringen Anzahl Beobachtungen wurden die Einkommensklassen «9400-13 399» und «13 400 und mehr» zusammengefügt.
Tabelle 6-5
Mehrbelastung (in Prozent des Bruttoeinkommens) unter Berücksichtigung einer proportionalen Satzerhöhung um 0,7 Prozentpunkte gegenüber der geltenden Ordnung
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Einkommensklassen (Fr. pro Monat) 0-4599 4600-6699 6700-9399 9400-13 399 13 400 und mehr
Alle Haushalte 0.41 % 0.33 % 0.31 % 0.29 % 0.26 %
Einpersonen-Haushalte (ohne Rentner/innen) 0.37 % 0.29 % 0.27 % 0.24 %
Paar-Haushalte (ohne Kinder) 0.35 % 0.31 % 0.27 % 0.26 %
Paar-Haushalte (mit 1 Kind) 0.31 % 0.30 % 0.26 %
Paar-Haushalte (mit 2 Kindern) 0.32 % 0.30 % 0.26 %
Rentner/innen-Haushalte 0.42 % 0.35 % 0.36 % 0.35 %
Rentner/innen- und Einpersonen-Haushalte: Aufgrund der geringen Anzahl Beobachtungen wurden die Einkommensklassen «9400-13 399» und «13 400 und mehr» zusammengefügt.
Wie das BFS festgestellt hat, veränderte sich die Ungleichheit beim verfügbaren Einkommen zwischen 2010 und 2011 nicht, obwohl die MWST-Sätze per 1. Januar 2011 um 0,4 Prozentpunkte erhöht wurden. Für Erwerbshaushalte nahm sie sogar ab. Die sozialen Auswirkungen einer MWST-Satzerhöhung sind folglich immer in einen grösseren Zusammenhang zu setzen, unter Einbezug anderer Faktoren, welche die Einkommensverteilung beeinflussen.
³4 Abrufbar unter: www.bfs.admin.ch > Statistiken > Wirtschaftliche und soziale Situation der Bevölkerung > Einkommen, Verbrauch und Vermögen > Haushaltseinkommen und -ausgaben > Haushaltsausgaben (Stand: 8. August 2024).

7 Rechtliche Aspekte

7.1 Verfassungsmässigkeit

Artikel 197 Ziffer 16 Absatz 1 BV, welcher den Anspruch auf einen jährlichen Zuschlag in Höhe eines Zwölftels der jährlichen Rente für die Bezügerinnen und Bezüger einer Altersrente vorsieht, ist direkt anwendbar. Wenn keine materiellen Änderungen des AHVG erforderlich wären, wäre der Bundesrat nach Artikel 182 Absatz 2 BV ermächtigt, die Ausführungsbestimmungen im Bereich AHV auf dem Verordnungsweg zu regeln. Das AHVG enthält zwar keine anderslautende Bestimmung, welche im Widerspruch zur neuen Verfassungsnorm stehen würde. Aus Transparenzgründen ist es jedoch angebracht, den Inhalt des Initiativtextes im AHVG festzuhalten. Zudem müssen wegen der Einführung der 13. Altersrente gewisse Gesetzesbestimmungen - sowohl im AHV als auch im Bereich der Ergänzungsleistungen - präzisiert oder angepasst werden. Dabei sieht Artikel 197 Ziffer 16 Absatz 3 BV vor, dass das Gesetz sicherstellt, dass der jährliche Zuschlag weder zu einer Reduktion der Ergänzungsleistungen noch zum Verlust des Anspruchs auf diese Leistungen führt.
Im Übrigen geben verschiedene Verfassungsnormen dem Bund die Befugnis zur Gesetzgebung auf dem Gebiet der Sozialversicherungen (Art. 112 BV für die AHV/IV, Art. 112 a BV für die Ergänzungsleistungen).

7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

7.2.1 Instrumente der Vereinten Nationen

Der Internationale Pakt vom 16. Dezember 1966 ³5 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ist für die Schweiz am 18. September 1992 in Kraft getreten. In seinem Artikel 9 sieht er das Recht eines jeden auf soziale Sicherheit vor; diese schliesst die Sozialversicherungen ein.
³5 SR 0.103.1

7.2.2 Instrumente der Internationalen Arbeitsorganisation

Die Schweiz hat das Übereinkommen Nr. 128 vom 29. Juni 1967 ³6 über Leistungen bei Invalidität und Alter und an Hinterbliebene am 13. September 1977 ratifiziert. Teil III regelt die Leistungen im Alter. Das Übereinkommen definiert den gedeckten Schadenfall und bezeichnet die zu schützenden Personen, die Leistungsvoraussetzungen sowie die Mindesthöhe und die Dauer der Leistungen. Es sieht weiter im Teil V (Berechnung der regelmässig wiederkehrenden Zahlungen) vor, dass der Betrag der laufenden Barleistungen nach erheblichen Änderungen in der allgemeinen Verdiensthöhe oder nach erheblichen Änderungen in den Lebenshaltungskosten zu überprüfen ist (Art. 29 Abs. 1).
³6 SR 0.831.105

7.2.3 Instrumente des Europarats

Die Europäische Ordnung der Sozialen Sicherheit vom 16. April 1964 ³7 wurde am 16. September 1977 von der Schweiz ratifiziert. Die Schweiz hat namentlich Teil V über die Leistungen bei Alter angenommen. Dieser Teil definiert den gedeckten Versicherungsfall und bezeichnet die zu schützenden Personen, die Leistungsvoraussetzungen sowie die Mindesthöhe und die Dauer der Leistungen. Die Europäische Ordnung sieht zudem im Teil XI (Berechnung der regelmässig wiederkehrenden Zahlungen) vor, dass der Betrag der laufenden Zahlungen nach namhaften Änderungen in der allgemeinen Verdiensthöhe, die sich aus namhaften Änderungen in den Lebenshaltungskosten ergeben, zu überprüfen ist (Art. 65 Abs. 10). Die Ordnung regelt zudem im Teil XII (Gemeinsame Bestimmungen) die Finanzierung der Sozialversicherungssysteme, indem sie die Staaten verpflichtet, erforderlichenfalls dafür zu sorgen, dass die notwendigen versicherungstechnischen Untersuchungen und Berechnungen über das finanzielle Gleichgewicht vor jeder Änderung der Leistungen, der Sätze der Versicherungsbeiträge oder der zur Deckung der in Betracht kommenden Fälle in Anspruch genommenen Steuern angestellt werden (Art. 70 Abs. 3).
³7 SR 0.831.104

7.2.4 Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU und EFTA-Übereinkommen

Die EU hat zwecks Erleichterung der Personenfreizügigkeit Regelungen zur Koordinierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit geschaffen. Die Schweiz nimmt seit dem Inkrafttreten des Abkommens vom 21. Juni 1999 ³8 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen) am 1. Juni 2002 an diesem Koordinationssystem teil. Das EU-Recht sieht keine Harmonisierung der einzelstaatlichen Systeme der sozialen Sicherheit vor. Die Mitgliedstaaten können die Einzelheiten ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unter Beachtung der europarechtlichen Koordinierungsgrundsätze selber festlegen. Dies gilt aufgrund des revidierten Übereinkommens vom 4. Januar 1960 ³9 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) auch in den Beziehungen zwischen der Schweiz und den übrigen EFTA-Staaten.
Die Schweiz wendet aufgrund des Freizügigkeitsabkommens mit der EU sowie des revidierten EFTA-Übereinkommens die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 4⁰ sowie die Verordnung (EG) Nr. 987/2009 4¹ an. Diese beiden Verordnungen bezwecken einzig die Koordinierung der einzelstaatlichen Systeme der sozialen Sicherheit und stützen sich auf die entsprechenden internationalen Koordinationsgrundsätze, insbesondere die Gleichbehandlung der Staatsangehörigen anderer Vertragsparteien mit den eigenen Staatsangehörigen, die Aufrechterhaltung der erworbenen Ansprüche und die Auszahlung von Leistungen im ganzen europäischen Raum.
³8 SR 0.142.112.681
³9 SR 0.632.31
4⁰ Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, in der für die Schweiz nach Anhang II zum Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit jeweils verbindlichen Fassung ( SR 0.142.112.681 ) (eine unverbindliche, konsolidierte Fassung dieser Verordnung ist veröffentlicht in SR 0.831.109.268.1 ) sowie in der für die Schweiz gemäss Anhang K Anlage 2 zum Übereinkommen vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) ( SR 0.632.31 ) jeweils verbindlichen Fassung.
4¹ Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, in der für die Schweiz nach Anhang II zum FZA jeweils verbindlichen Fassung (eine unverbindliche, konsolidierte Fassung dieser Verordnung ist veröffentlicht in SR 0.831.109.268.11 ) sowie in der für die Schweiz gemäss Anhang K Anlage 2 zum EFTA-Übereinkommen jeweils verbindlichen Fassung.

7.2.5 Fazit: Vereinbarkeit mit dem internationalen Recht

Die Einführung einer 13. Altersrente ist mit den von der Schweiz ratifizierten Übereinkommen der UNO, der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und des Europarates insofern vereinbar, als diese Instrumente Mindesthöhen festhalten.
Die Vorlage ist mit dem Freizügigkeitsabkommen und dem EFTA-Übereinkommen vereinbar. Sowohl die Altersrenten als auch der Rentenzuschlag gemäss Initiative fallen in den sachlichen Geltungsbereich der erwähnten Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in der EU, denn es handelt sich um Geldleistungen bei Alter (Art. 3 Abs. 1 Bst. d Verordnung (EG) Nr. 883/2004). Der neue Rentenzuschlag ist diskriminierungsfrei ausgestaltet. Aufgrund des Gleichbehandlungsgebots und der Aufhebung von Wohnortsklauseln (Art. 4 und Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004) muss die 13. Altersrente insbesondere auch an Staatsangehörige der EU/EFTA, die ausserhalb der Schweiz wohnen, ausgerichtet werden.

7.3 Erlassform

Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form eines Bundesgesetzes zu erlassen. Die vorliegenden Änderungen des AHVG erfolgen demzufolge im normalen Gesetzgebungsverfahren. Es werden zwei verschiedene Entwürfe vorgelegt: Einer beinhaltet die Änderung des AHVG zur Umsetzung der 13. Altersrente, die andere die Änderung des AHVG zur Finanzierung der 13. Altersrente.
Die Erhöhung des MWST-Satzes erfordert indes eine Änderung der Bundesverfassung. Diese Änderung hat gemäss Artikel 163 Absatz 2 BV in der Form des Bundesbeschlusses zu ergehen.

7.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen noch neue Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen. Die Erhöhung des Bundesbeitrags an die AHV wurde bereits mit der Verfassungsbestimmung beschlossen. Die Vorlage ist somit nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) unterstellt.

Anhang

Finanzhaushalte der AHV

Tabelle 1
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Tabelle 2
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Tabelle 3
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Tabelle 4
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Tabelle 5
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Tabelle 6
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Tabelle 7
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Tabelle 8
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Tabelle 9
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Tabelle 10
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Tabelle 11
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Bundesrecht
Botschaft zur Umsetzung und Finanzierung der Initiative für eine 13. AHV-Rente
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