Richtlinien der Freien Hansestadt Bremen für die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen
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Richtlinien der Freien Hansestadt Bremen für die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen

Richtlinien der Freien Hansestadt Bremen für die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen

Richtlinien der Freien Hansestadt Bremen für die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen

Vom 1. Juli 2002
Im Rahmen der Ermächtigung durch das jeweilige Haushaltsgesetz der Freien Hansestadt Bremen und der Stadtgemeinde Bremen können Bürgschaften, Garantien und sonstige Gewährleistungen (im Folgenden zusammen „Bürgschaften“) zu Lasten der Freien Hansestadt Bremen und der Stadtgemeinde Bremen (im Folgenden zusammen „FHB“) übernommen werden. Der Senator für Finanzen hat das Bürgschaftsgeschäft mit Geschäftsbesorgungsvertrag vom 15. Dezember 1999 über die Bremer Investitions-Gesellschaft mbH auf die Bremer Aufbau-Bank GmbH (im Folgenden „BAB“ oder „Bürgin“) übertragen, die die Bürgschaften treuhänderisch für FHB im eigenen Namen übernimmt. Der Senator für Finanzen erlässt im Einvernehmen mit dem Senator für Wirtschaft und Häfen, dem Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales und der Senatskanzlei nachfolgende Richtlinie für die Übernahme von Bürgschaften (im Folgenden „Bürgschaftsrichtlinie“) und die Richtlinie über das Bürgschaftsverfahren (im Folgenden „Verfahrensrichtlinie“), im Folgenden zusammen „Richtlinien“ genannt.
Die Richtlinien sind bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gemäß Artikel 88 Abs. 3 des EWG-Vertrages notifiziert und von dieser in der Form des beigefügten Prüfrasters (
Anlage 1
) genehmigt.
Die Richtlinien treten nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Freien Hansestadt Bremen in Kraft.
Ein Rechtsanspruch auf Übernahme einer Bürgschaft durch die BAB kann aus diesen Richtlinien nicht hergeleitet werden.

I.

Bürgschaftsrichtlinie

1.

Anwendungsbereich

Die Bürgschaftsrichtlinie gilt für die Übernahme von Bürgschaften für Kredite an vertrauenswürdige Kreditnehmer zur Finanzierung von volkswirtschaftlich erwünschten, im besonderen Interesse des Landes Bremen liegenden Vorhaben.

2.

Kreditgeber

Die Bürgschaften werden grundsätzlich gegenüber Kreditinstituten im Sinne von § 1 des Gesetzes über das Kreditwesen als Ausfallbürgschaften übernommen. Die bankmäßige Betreuung, auch gegenüber der Bürgin, muss sichergestellt werden.

3.

Kreditnehmer

3.1
Kreditnehmer können nur förderwürdige Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, sonstige Einrichtungen der Wirtschaft und freiberuflich Tätige (im Folgenden „Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft“) sowie Idealvereine und nicht gewerblich tätige Einrichtungen (im Folgenden zusammen „Idealvereine“) sein. Ferner können natürliche Personen, die sich mit Hilfe von verbürgten Krediten an Unternehmen beteiligen, in denen sie in leitender Funktion tätig sind, Kreditnehmer sein (z. B. MBO). Die Bürgschaften dürfen grundsätzlich nur für Kredite übernommen werden, deren Rückzahlung durch den Schuldner bei normalem wirtschaftlichen Ablauf innerhalb der für den einzelnen Kredit vereinbarten Zahlungstermine erwartet werden kann.
3.2
Neben der Rückzahlungserwartung gemäß Nr. 3.1 wird grundsätzlich auch vorausgesetzt, dass der Kreditnehmer seinen steuerlichen Verpflichtungen nachkommt, über ein geordnetes Rechnungswesen verfügt und ein umfassender Einblick in seine rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gegeben ist.
3.3
Der Kreditnehmer hat in angemessenem Umfang Eigenmittel zur Finanzierung des zu verbürgenden Vorhabens einzusetzen.

4.

Subsidiarität

4.1
Die BAB übernimmt Bürgschaften grundsätzlich nur, wenn ausreichende bankmäßige Absicherungsmöglichkeiten nicht bestehen und die Möglichkeit von Bürgschaften der Bürgschaftsbank Bremen GmbH nicht gegeben ist.
4.2
Ein zu verbürgendes Investitionsprojekt sollte im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht begonnen worden sein. Bei Investitionskostenerhöhungen sind nachträgliche Finanzierungen dadurch nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Für bereits ausgereichte Kredite kann grundsätzlich keine Bürgschaft übernommen werden.

5.

Kreditzweck

5.1
Verbürgt werden können
Kredite für Investitionen,
Betriebsmittelkredite und Avalkredite sowie
Kredite zur Refinanzierung und Konsolidierung eines Unternehmens,
Kredite zur Sanierung eines Unternehmens in Schwierigkeiten einschließlich der Finanzierung einer Rettungsmaßnahme.
Ferner können auf der Grundlage der Richtlinien Garantien übernommen werden.
5.2
Kredite zur Sanierung eines Unternehmens in Schwierigkeiten dürfen insbesondere nur verbürgt werden, wenn sie einer dauernden und nicht nur vorübergehenden Stärkung der finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse dienen. In jedem Fall ist ein schlüssiges Sanierungskonzept vorzulegen, das aufzeigt, wie die langfristige Rentabilität des Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitraumes auf der Grundlage realistischer Annahmen hinsichtlich der künftigen Betriebsbedingungen wiederhergestellt werden kann. Die Bürgschaft beschränkt sich dabei auf den für die Umstrukturierung erforderlichen Mindestbetrag. Der Kreditnehmer muss unter Anrechnung von Mitteln privater Dritter einen bedeutenden Beitrag zu den Umstrukturierungskosten erbringen. Für Hilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten gelten ferner die Regelungen der Richtlinien der Freien Hansestadt Bremen über die Gewährung von Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen an kleine und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft (Umstrukturierungsrichtlinien UMSTRU).
Ein Unternehmen ist als in Schwierigkeiten befindlich anzusehen, wenn
Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung im Sinne der Insolvenzordnung vorliegt, oder
mehr als die Hälfte des buchmäßigen Eigenkapitals bei Personengesellschaften bzw. bei Kapitalgesellschaften mehr als die Hälfte des Grund-/Stammkapitals im Sinne der § 92 Aktiengesetz und § 49 GmbH-Gesetz und mehr als 25 % des buchmäßigen Eigenkapitals bzw. des Grund-/Stammkapitals innerhalb der letzten zwölf Monate verlustbedingt aufgezehrt worden ist.
Unternehmen, deren Gründung nicht länger als zwei Jahre zurückliegt, sind wie gesunde Unternehmen zu behandeln.

6.

Besondere Voraussetzungen für die Übernahme von Bürgschaften in Übereinstimmung mit EU-Recht

6.1
Die EU-Kommission stuft Bürgschaften als beihilfefrei ein (im Folgenden „de-minimis-Bürgschaft“), wenn der Subventionswert der Bürgschaft den Höchstbetrag von EUR 100.000,00 nicht überschreitet (im Folgenden „Höchstbetrag“). Der gegebene Subventionswert von 0,5 v. H. des Bürgschaftsbetrages für gesunde Unternehmen lässt ein Bürgschaftsobligo von EUR 20 Mio. zu. Bei Unternehmen in Schwierigkeiten bemisst sich der prozentuale Subventionswert nach der Ausfallwahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt der Bürgschaftsgewährung. Auf den Höchstbetrag sind jeweils alle einem Unternehmen gewährten „de-minimis“-Beihilfen der letzten drei Jahre vor der Bürgschaftsgewährung anzurechnen. Nicht auf den Höchstbetrag anzurechnen sind die Beihilfen, die aufgrund von der Kommission genehmigter Regelungen (Subventionsprogramme) gewährt wurden.
6.2
Soweit der unter Nr. 6.1 beschriebene Höchstbetrag für de-minimis-Bürgschaften überschritten oder die Regelung gemäß Nr. 6.1 (im Folgenden „de-minimis-Regel“) nicht angewendet wird, sind die beihilferechtlichen Vorgaben der Europäischen Gemeinschaft gemäß dem anliegenden bundeseinheitlichen Prüfraster in der zum Zeitpunkt der Bürgschaftsbewilligung jeweils geltenden Fassung (
Anlage 1
) maßgeblich.
6.3
Bestimmte, in
Anlage 1
, Nr. 3.3. aufgeführte Wirtschaftszweige, insbesondere der EGKS- und Verkehrssektor, sind vom Anwendungsbereich der de-minimis-Regel ausgeschlossen.

7.

Höhe, Umfang und Laufzeit der Bürgschaften

7.1
Es werden grundsätzlich nur Ausfallbürgschaften mit Begrenzung auf einen Höchstbetrag übernommen. Die Höhe der Bürgschaft darf 80 % des Kredits oder des Ausfalls nicht überschreiten. Für bestimmte Arten von Krediten und in besonderen Fällen kann die Bürgschaft in vollem Umfang übernommen werden.
7.2
Neben der Hauptforderung umfasst die Bürgschaft die im Kreditvertrag vereinbarten Zinsen bzw. Avalprovisionen in der von der Bürgin gebilligten Höhe sowie die Erstattungsforderungen gegen den Kreditnehmer bezüglich der Kosten der Kündigung, der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und die Kosten etwaiger von der Bürgin verlangter Prüfungen beim Kreditnehmer. Ab Kündigung der Kredite kann nicht ein höherer als der ursprünglich verbürgte Kreditzinssatz in Rechnung gestellt werden. Ist der marktübliche Zinssatz jedoch geringer (Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank + 3 %), so wird dieser Zinssatz zugrunde gelegt. Alle etwaigen sonstigen Forderungen sind auch dann nicht verbürgt, wenn sie im Kreditvertrag oder anderweitig vereinbart sind; das gilt insbesondere für Provisionen, Zinseszinsen, Zinszuschläge oder -erhöhungen jeder Art, Forderungen auf Kostenerstattungen sowie Vorfälligkeitsentschädigungen oder Schadensersatzforderungen. Derartige nicht verbürgte Forderungen können demzufolge gegenüber der BAB nicht, auch nicht mittelbar, geltend gemacht werden.
7.3
Die Laufzeit der übernommenen Bürgschaft darf 15 Jahre nicht übersteigen. Ausnahmen können bei der Finanzierung von Bauvorhaben und Binnenschiffen sowie bei Programmkrediten der Förderbanken zugelassen werden.
7.4
Bei Betriebsmittel- und Avalkrediten ist die Rückführung des Bürgschaftsobligos der BAB im Rahmen eines linear-degressiven Systems, bei dem sich das Bürgschaftsobligo spätestens ab dem dritten Jahr nach der Kreditgewährung verringert, zu vereinbaren.

8.

Sicherheiten

8.1
Der Kreditnehmer hat alle ihm zumutbaren Sicherheiten zu bestellen.
8.2
für den verbürgten Kredit zu bestellenden Sicherheiten dienen grundsätzlich zur Sicherung des Gesamtkredits. Eine Bestellung von Sondersicherheiten für den Risikoanteil des Kreditgebers ist unzulässig.
Etwaige Sicherheiten, die dem Kreditgeber für andere, nicht von der BAB verbürgte Kredite bestellt worden sind, dienen unmittelbar nachrangig für den von der BAB verbürgten Kredit mit.
8.3
Für die bestellten Sicherheiten sowie für sämtliche Gebäude, Maschinen, Einrichtungen, sonstige Anlagen und Vorräte sind die üblichen Risikoversicherungen in ausreichender Höhe abzuschließen.
8.4
Der Ehegatte des Kreditnehmers hat grundsätzlich für den zu verbürgenden Kredit ganz oder teilweise die selbstschuldnerische Bürgschaft zu übernehmen. Bei Personengesellschaften haben die Ehegatten der persönlich haftenden Gesellschafter und die beschränkt haftenden Gesellschafter grundsätzlich in gleicher Weise zu bürgen. Bei Kapitalgesellschaften sollen die Personen, die kraft ihrer Stellung als Gesellschafter wesentlichen Einfluss auf das Unternehmen ausüben können, grundsätzlich ganz oder teilweise für den zu verbürgenden Kredit mithaften. Bei persönlichen Bürgschaften ist zu vereinbaren, dass diese vor der Bürgschaft der BAB gelten und zu keinen Rückgriffs- oder Ausgleichsansprüchen gegen die BAB führen.
8.5
Der Kreditnehmer hat sich mit Abschluss des Kreditvertrages zu verpflichten, seine Ansprüche auf Rückgewähr der Sicherheiten für den Fall an die Bürgin abzutreten, dass diese den Kreditgeber befriedigt und die Sicherheiten nicht bereits kraft Gesetzes auf die Bürgin übergehen.

9.

Übergang der Kreditforderung, Schuldnerwechsel

9.1
Bei rechtsgeschäftlichem Übergang der verbürgten Kreditforderung auf einen anderen Gläubiger oder im Falle ihrer Verpfändung erlischt die Bürgschaft, wenn dem Rechtsgeschäft von der Bürgin nicht zugestimmt wird.
Eine Abtretung zur Erlangung von Refinanzierungsmitteln ist ohne Zustimmung der Bürgin zulässig, jedoch anzeigepflichtig; die Anzeigepflicht entfällt, wenn die Abtretung im Rahmen eines zentralgesteuerten Kredit- oder Refinanzierungsprogramms erfolgt. In beiden Fällen bleibt das Bürgschaftsverhältnis zwischen der BAB und dem ursprünglichen Kreditgeber unberührt.
9.2
Der Kreditgeber ist nicht berechtigt, ohne schriftliche Einwilligung der Bürgin einem Schuldnerwechsel zuzustimmen.

10.

Verpflichtungen des Kreditgebers

10.1
Der Kreditgeber hat bei Stellung des Antrages auf Übernahme der Bürgschaft sowie bei der Verwaltung, Überwachung und Abwicklung des verbürgten Kredits und der hierfür bestellten Sicherheiten die gleiche Sorgfalt wie bei unter vollem Eigenrisiko gewährten Krediten anzuwenden.
10.1.1
Der Kreditgeber ist verpflichtet, den verbürgten Kredit und die hierfür bestellten Sicherheiten gesondert von seinen übrigen Geschäften mit dem Kreditnehmer zu verwalten, er hat insbesondere ein gesondertes Konto für den verbürgten Kredit zu führen.
10.1.2
Der Kreditgeber ist auch verpflichtet, die zweckgebundene Verwendung der Kreditmittel und die Einhaltung der im Zusammenhang mit der Übernahme der Bürgschaft getroffenen Vereinbarungen zu überwachen.
10.1.3
Der Kreditgeber hat dafür Sorge zu tragen, dass der Kreditnehmer über den anzurechnenden Subventionswert einer im Rahmen der „de-minimis“-Regelung bereitgestellten Bürgschaft und dessen Bedeutung informiert ist.
10.1.4
Der Kreditgeber hat den Kreditnehmer zu verpflichten, ihm zeitnah alle Tatsachen mitzuteilen, die zu einer anderen Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Kreditnehmers gegenüber jener zum Zeitpunkt der Kreditvergabe/Bürgschaftsübernahme führen können. Geänderte Prognosen sind zu erläutern.
10.1.5
Während der Bürgschaftslaufzeit hat der Kreditgeberjährlich den Jahresabschluss des Kreditnehmers und, soweit eine Abschlussprüfung stattfindet, den Bericht des Abschlussprüfers zusammen mit der Stellungnahme des Kreditgebers unverzüglich der Bürgin einzureichen. Ferner sind der Bürgin zeitnah für den Stichtag 31. Dezember eines jeden Jahres einzureichen:
Kontostände der verbürgten oder garantierten Kredite,
erhebliche Wertänderungen bei den für die verbürgten Kredite hereingenommenen Sicherheiten,
Aufstellung über den Auftragsbestand des Kreditnehmers,
Zahl der Beschäftigten des Kreditnehmers.
10.2
Der Kreditgeber hat Ereignisse, die wesentliche Rückwirkungen auf das Vertragsverhältnis haben oder haben können, der Bürgin unverzüglich anzuzeigen. Der Kreditgeber unterrichtet die Bürgin insbesondere sofort,
10.2.1
wenn der Kreditnehmer mit der Zahlung der vereinbarten Zins- oder Tilgungsleistungen auf den verbürgten Kredit länger als einen Monat in Verzug gerät;
10.2.2
wenn der Kreditgeber feststellt, dass sonstige Kreditbedingungen vom Kreditnehmer verletzt worden sind;
10.2.3
wenn sich nachträglich die Angaben des Kreditnehmers über seine Vermögens- oder Einkommensverhältnisse als unrichtig oder unvollständig erweisen;
10.2.4
wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Kreditnehmers beantragt wird oder entsprechende Maßnahmen, z. B. die Bestellung eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters oder Treuhänders, getroffen werden oder ein entsprechendes ausländisches Verfahren beantragt oder eröffnet wird;
10.2.5
wenn das Unternehmen oder der Betrieb oder wesentliche Betriebsteile ohne Einwilligung der Bürgin aus der Freien Hansestadt Bremen verlegt werden;
10.2.6
wenn der Kreditnehmer in Zahlungsschwierigkeiten kommt; der Kreditgeber hat der Bürgin zugleich die von ihm beabsichtigten Maßnahmen mitzuteilen;
10.2.7
wenn sonstige Umstände eintreten, durch die nach Ansicht des Kreditgebers die Rückzahlung des verbürgten Kredits gefährdet wird.
10.3
Stundungen der vereinbarten Zins- und Tilgungszahlungen, die innerhalb der Bürgschaftslaufzeit einen Zeitraum von sechs Monaten überschreiten, sowie Änderungen wesentlicher Kreditvereinbarungen bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung durch die Bürgin.
10.4
Reichen eingehende Zahlungen nicht zur Bedienung aller fälligen Forderungen des Kreditgebers gegen den Kreditnehmer aus, so gilt im Verhältnis zwischen Bürgin und Kreditgeber, dass die Anrechnung der Zahlungen auf die einzelnen Forderungen für die Bürgin nicht ungünstiger erfolgt, als es einer Anrechnung der Zahlungen auf den verbürgten Kredit und die übrigen Forderungen des Kreditgebers im Verhältnis ihrer jeweiligen Valutierung entspricht.
Dies gilt nicht für Erlöse aus Sicherheiten, wenn deren Zweckbestimmung der Verrechnung entgegensteht.
10.5
Der Kreditgeber ist verpflichtet, sein vertragliches Kündigungsrecht auf Verlangen der Bürgin auszuüben. Hierbei sind berechtigte Belange des Kreditgebers zu berücksichtigen.

11.

Inanspruchnahme der BAB aus der Bürgschaft

11.1
Der Ausfall gilt als eingetreten, wenn und soweit die Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers erwiesen ist und nennenswerte Eingänge aus der Verwertung des Vermögens des Kreditnehmers und der bestellten Sicherheiten nicht oder in absehbarer Zeit nicht mehr zu erwarten sind.
11.2
Die für den verbürgten Kredit bestellten Sicherheiten sind vom Kreditgeber nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers mit der gleichen Sorgfalt wie bei unter vollem Eigenrisiko gewährten Krediten zu verwerten. Die eingehenden Erlöse aus der Sicherheitenverwertung sind dabei zunächst – abweichend von § 367 BGB – auf die Hauptforderung zu verrechnen.
11.3
Die BAB kann im Benehmen mit dem Senator für Finanzen sowie dem zuständigen Fachsenator entscheiden, dass von Zwangsmaßnahmen gegen den Kreditnehmer zunächst abgesehen oder – falls dies für die Bürgin zweckmäßiger und wirtschaftlicher als die zwangsweise Abwicklung erscheint – hierauf verzichtet werden soll. Berechtigte Belange des Kreditgebers sind zu berücksichtigen.
In diesen Fällen gilt hinsichtlich der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft der Ausfall zu dem von der BAB dann festgelegten Zeitpunkt, spätestens jedoch ein Jahr nach Fälligkeit der nicht bezahlten Zinsen oder Tilgungsbeträge als festgestellt.
11.4
Abweichend von Nr. 11.1 kann in Einzelfällen bereits bei Bürgschaftsübernahme festgelegt werden, dass der Ausfall spätestens ein Jahr nach Nichtzahlung fälliger Zinsen oder Tilgungsbeträge als festgestellt gilt. Einer Entscheidung der BAB gemäß Nr. 11.3 bedarf es dann nicht.
11.5
Die BAB behält sich vor, abweichend von den Regelungen unter Nr. 11.1 und 11.3
11.5.1
auf die voraussichtlich zu leistende Bürgschaftsschuld Abschlagszahlungen zu entrichten;
11.5.2
nach Maßgabe der im Kreditvertrag festgelegten Kapitaldiensttermine ihre Bürgschaftsverpflichtung zu erfüllen.
11.6
Nach eingetretenem oder festgestelltem Ausfall bzw. im Fall einer Entscheidung nach Nr. 11.3 macht der Kreditgeber seine Ansprüche aus der Bürgschaft gegenüber der BAB geltend. Die BAB zahlt nach Prüfung des Ausfallberichtes des Kreditgebers den aufgrund der Bürgschaft zu leistenden Betrag.
11.7
Die BAB wird aus ihrer Bürgschaft außer in den gesetzlich vorgesehenen Fällen insoweit frei, als der Kreditgeber seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist und dadurch ein Ausfall oder eine Ausfallerhöhung eingetreten ist, es sei denn, der Ausfall oder die Ausfallerhöhung wäre auch sonst eingetreten. Ist die Übernahme der Bürgschaft von Bedingungen abhängig gemacht worden, gelten die einschlägigen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches.
11.8
In Ausnahmefällen kann sich die BAB nach bereits übernommenen Bürgschaften oder Garantien an Unternehmenssanierungen im Rahmen eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs durch Ausfallerstattung beteiligen, wenn damit eine grundlegende Neuordnung des Unternehmens verbunden ist. Das der Sanierung zugrunde liegende Konzept muss eine finanzielle Konsolidierung gewährleisten und einen nachhaltigen Erfolg erwarten lassen. Eine Neugewährung von Bürgschaften oder Garantien im Rahmen des Sanierungskonzeptes ist dann ausgeschlossen.

12.

Rechtslage nach Inanspruchnahme

12.1
Nach Befriedigung durch die Bürgin ist der Kreditgeber verpflichtet, die Rechte – einschließlich der Rechte aus bestellten Sicherheiten – auf die Bürgin zu übertragen, soweit sie nicht gemäß § 774 BGB kraft Gesetzes auf die Bürgin übergehen.
12.2
Die auf die Bürgin übergegangenen oder übertragenen Rechte und Sicherheiten sind vom Kreditgeber für sie treuhänderisch ohne besondere Entschädigung, jedoch gegen Erstattung der Auslagen in angemessener Höhe, mit der gleichen Sorgfalt wie bei unter vollem Eigenrisiko gewährten Krediten zu verwalten und zu verwerten.
12.3
Gehen Beträge, insbesondere aus der Verwertung von Sicherheiten, auf Kreditforderungen ein, für die die Bürgin aufgrund der Bürgschaft bereits Zahlung geleistet hat, so überweist der Kreditgeber diese Beträge unverzüglich an die BAB.
12.4
Bei Zahlung später als eine Woche nach Eingang der Beträge zahlt der Kreditgeber Zinsen in Höhe des für den Kredit vereinbarten Zinssatzes vom achten Tage nach dem Eingang der Beträge bei sich bis zum Tage ihres Eingangs bei der BAB.

13.

Prüfungs- und Auskunftsrechte

13.1
Die BAB ist berechtigt, beim Kreditgeber und beim Kreditnehmer – beim Kreditgeber jedoch nur hinsichtlich der den verbürgten Kredit betreffenden Unterlagen – jederzeit eine Prüfung nach

§ 39 Abs. 3 Landeshaushaltsordnung

vorzunehmen oder durch Beauftragte vornehmen zu lassen. Das gleiche Recht besteht für den Rechnungshof der Freien Hansestadt Bremen.
13.2
Kreditnehmer und Kreditgeber haben den unter Nr. 13.1 genannten Stellen jederzeit Auskunft über die mit der Übernahme der Bürgschaft zusammenhängenden Fragen zu erteilen.
13.3
Die Kosten der Prüfung zahlt der Kreditgeber. Er kann den Kreditnehmer damit belasten. Es ist darauf zu achten, dass die Kosten niedrig gehalten werden und dem Kreditnehmer vermeidbare Kosten erspart bleiben.
13.4
Der Kreditgeber hat die Bürgin bei der jährlichen Berichterstattung an die Europäische Kommission über staatliche Bürgschaften bei der Zusammenstellung erforderlicher Unternehmensdaten des Kreditnehmers zu unterstützen und insoweit eine Informationspflicht des Kreditnehmers zu vereinbaren.

14.

Kosten der Bürgschaftsübernahme

14.1
Für die Übernahme einer Bürgschaft durch die BAB werden nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einmalige und laufende Entgelte erhoben, die vom Kreditgeber zu zahlen und vom Kreditnehmer zu tragen sind.
14.1.1
Für die Bearbeitung des Antrages auf Übernahme einer Bürgschaft hat der Antragsteller ein einmaliges Entgelt in Höhe von 1 v. H. der beantragten Bürgschaftssumme zu zahlen (Antragsentgelt).
Das Antragsentgelt beträgt mindestens EUR 5.000,00 und höchstens EUR 50.000,00; es kann nur in begründeten Ausnahmefällen auf Antrag ermäßigt werden. Idealvereine sind von der Zahlung des Antragsentgeltes befreit.
Das Antragsentgelt ist mit der Antragstellung und unabhängig von der Entscheidung über den Antrag zu entrichten. Die Bearbeitung des Bürgschaftsantrages ist vom Eingang des Antragsentgelts abhängig.
14.1.2
Für die Verwaltung der Bürgschaft hat der Kreditgeber ein Entgelt in Höhe von 0,75 v. H. p.a. des Bürgschaftsbetrages bzw. des verbleibenden Bürgschaftsbetrages zu entrichten (Verwaltungsentgelt), für Idealvereine gilt ein reduzierter Satz von 0,5 v. H. p. a.. Das erste Verwaltungsentgelt ist bei Aushändigung der Bürgschaftserklärung fällig; die späteren Entgelte sind bis zum 31. März eines jeden neuen Kalenderjahres zu zahlen.
14.2
Wird eine Bürgschaft verbindlich in Aussicht gestellt, so wird für den Zeitraum von der Erteilung der Bürgschaftszusage bis zur Ausstellung der Bürgschaftserklärung eine ermäßigte Bürgschaftsprovision in Höhe von 0,25 v. H. p. a. erhoben (Bereitstellungsentgelt).
14.3
Das Antragsentgelt und das Verwaltungsentgelt sind vom Kreditgeber als Primärschuldner zu zahlen und vom Kreditnehmer zu tragen. Die Einzelheiten sind in den als Anlagen
2
und
3
beigefügten Entgeltbestimmungen geregelt.

15.

Mitwirkung der PwC Deutsche Revision AG

Die BAB kann die PwC Deutsche Revision Aktiengesellschaft Niederlassung Bremen (im Folgenden „PwC“) beauftragen, sie bei der Bearbeitung und Begutachtung der Anträge sowie bei der Abwicklung der Bürgschaften zu unterstützen. Die PwC ist in diesem Rahmen befugt, im Bürgschaftsverfahren für die BAB tätig zu werden, insbesondere sämtliche Auskünfte, die für die Bearbeitung und Begutachtung der Anträge notwendig sind, vom Kreditgeber bzw. Kreditnehmer einzuholen.

16.

Schlussbestimmungen

16.1
Alle Verhandlungen, Beratungen, Unterlagen und Auskünfte sind vertraulich zu behandeln und dürfen Dritten nicht offenbart werden. Alle an Entscheidungen über Bürgschaften Beteiligten sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
16.2
Alle im Antrag und nachträglich vorgebrachten Tatsachenangaben sind subventionserheblich im Sinne des § 264 StGB in Verbindung mit § 2 des Subventionsgesetzes. Das Nähere regelt das für den Antrag auf Bürgschaftsübernahme zu verwendende Formular.
16.3
Die Übernahme einer Bürgschaft erfolgt nach Maßgabe von Allgemeinen Bedingungen und gegebenenfalls von Sonderbedingungen, die Bestandteil einer jeden Bürgschaftserklärung sind.
16.4
Erfüllungsort für alle sich aus dem Bürgschaftsverhältnis ergebenden Ansprüche und Gerichtsstand für alle Streitigkeiten ist Bremen.
16.5
Diese Richtlinie ist vom Kreditgeber und vom Kreditnehmer bei Antragstellung ausdrücklich anzuerkennen.

II.

Verfahrensrichtlinie für die Übernahme von Bürgschaften

1.

Geltungsbereich

Diese Richtlinie regelt das Verfahren zur Übernahme, Aufstockung, Verlängerung und Kündigung von Bürgschaften durch die BAB sowie die Veränderung von Bürgschaftsbedingungen.

2.

Verfahren

2.1
Antragstellung
2.1.1
Die Kreditinstitute reichen für ihre Kreditnehmer die Anträge auf Übernahme von Bürgschaften in zweifacher Ausfertigung bei der BAB ein. Für die Anträge sind besondere Formblätter zu verwenden.
2.1.2
Dem Bürgschaftsantrag sind grundsätzlich beizufügen:
a)
Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre; bei Verlustabschlüssen mit Erläuterung der Verlustursachen sowie der Darstellung der erwarteten besseren Entwicklung;
b)
Vermögensstatus zum Antragszeitpunkt;
c)
Ertragsvorschau/Finanzierungsplan;
d)
bei einem inländischen Kreditnehmer eine Bescheinigung des zuständigen Finanzamts, ob und ggf. in welcher Höhe Steuerrückstände (gestundete oder fällige Beträge mit Fälligkeitsdatum) bestehen; das Gleiche gilt für gesetzliche Krankenkassen und Berufsgenossenschaften.
e)
bei einem inländischen Kreditnehmer dessen Erklärung, die die Finanzbehörden unter Befreiung vom Steuergeheimnis ermächtigt, ab Antragstellung bis zum Ende der Laufzeit der Bürgschaft der BAB alle Auskünfte über die durch § 30 Abgabenordnung geschützten Verhältnisse des Kreditnehmers zu erteilen mit der Befugnis, die Auskünfte der kreditgebenden Bank, dem Senator für Finanzen und den zuständigen Fachsenatoren, den mit der Prüfung seiner Verhältnisse im Einzelfall befassten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, dem Aufsichtsrat der BAB und den zuständigen parlamentarischen Gremien weiterzuleiten.
2.1.3
Mit Annahme der Bürgschaftsurkunde bestätigen Kreditgeber und Kreditnehmer, dass sich gegenüber dem Zeitpunkt der Antragstellung keine Änderung wesentlicher Daten ergeben hat.
2.2
Vorprüfung der Anträge
Das Bürgschaftsverfahren wird federführend von der BAB durchgeführt. Die BAB prüft die Anträge auf ihre Vereinbarkeit mit der Bürgschaftsrichtlinie und erstellt eine Beschlussvorlage, in der Regel unter Berücksichtigung eines Gutachtens der PwC. Die zuständigen Fachsenatoren prüfen auf Basis der Beschlussvorlage, ob eine Bürgschaftsübernahme volkswirtschaftlichen und bremischen Interessen dient; der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales hat die Anträge insbesondere unter arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen Gesichtspunkten zu prüfen.
2.3
Entscheidung über die Bürgschaftsanträge
Bei einem Bürgschaftsbetrag von einschließlich bis zu EUR 256.000,00 entscheidet die BAB über Anträge auf Übernahme von Bürgschaften.
Bei einem Bürgschaftsbetrag über EUR 256.000,00 holt die BAB die Zustimmung ihres Aufsichtsrates und des Senators für Finanzen ein.
In allen Fällen über EUR 256.000,00 hat der Senator für Finanzen ein Vetorecht bei der Übernahme von Bürgschaften durch die BAB.

3.

Bürgschaftserteilung

Die BAB stellt die Bürgschaftsurkunden im eigenen Namen und im Auftrag der FHB aus. Die Ablehnung einer Bürgschaft wird ebenfalls durch die BAB mitgeteilt.

III.

Außerkrafttreten der bisherigen Richtlinien

Die Richtlinien vom 17. März 2000 (Amtsblatt der FHB Nr. 22, S. 149 ff.) treten außer Kraft.
Bremen, den 1. Juli 2002
Der Senator für Finanzen
Anlagen (nichtamtliches Verzeichnis)
Weitere Informationen siehe rechte Spalte oben.
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