Verordnung über die Ausbildung und Prüfung der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger des Landes Bremen (Rechtspflegerausbildungsverordnung)
Verordnung über die Ausbildung und Prüfung der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger des Landes Bremen (Rechtspflegerausbildungsverordnung) Vom 23. Februar 2004
Gesamtausgabe in der Gültigkeit vom 10.06.2010 bis 31.12.2015
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 1 Abs. 7 des Gesetzes vom 25.05.2010 (Brem.GBl. S. 349) |
Auf Grund des
§ 17 des Bremischen Beamtengesetzes
in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. September 1995 (Brem.GBl. S. 387 - 2040-a-1), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. April 2003 (Brem.GBl. S. 151) geändert worden ist, verordnet der Senat:
§ 1 Regelungsgegenstand, Ziel der Ausbildung
(1) Diese Verordnung regelt die Ausbildung und Prüfung im Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des gehobenen Justizdienstes (Rechtspflegerausbildung).
(2) Die Ausbildung soll in einem Fachhochschulstudiengang mit praktischem Bezug Rechtspfleger heranbilden. Diese sollen nach ihrer Persönlichkeit und nach ihren allgemeinen fachlichen Kenntnissen in der Lage sein, selbständig die ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben der Rechtspflege und des gehobenen Dienstes der Justizverwaltung wahrzunehmen. Sie sollen dazu befähigt werden, Lebenssachverhalte zu erfassen, zu klären und zu ordnen, wirtschaftliche, soziale und rechtspolitische Zusammenhänge zu verstehen, Verfahren gesetzmäßig und mit praktischem Geschick zu betreiben, die für die zu treffenden Entscheidungen maßgeblichen Rechtsnormen zu ermitteln, sie wissenschaftlich zu durchdringen und anzuwenden und die Entscheidungen erforderlichenfalls verständlich und überzeugend zu begründen.
§ 2 Bewerbung und Auswahl
(1) Der Antrag auf Zulassung zum Vorbereitungsdienst ist an den Präsidenten des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen zu richten. Die Bewerber nehmen an einem Auswahlverfahren teil, das vom Präsidenten des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen durchgeführt wird. Art und Durchführung des Auswahlverfahrens werden im Einvernehmen mit dem Senator für Finanzen und nach Anhörung des Präsidenten des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom Senator für Justiz und Verfassung geregelt.
(2) Für Bewerber, die eine Tätigkeit in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, in der Sozialgerichtsbarkeit oder in der Arbeitsgerichtsbarkeit anstreben, gilt Absatz 1 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Präsidenten des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen der Präsident des Oberverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen oder des Landesarbeitsgerichts tritt.
§ 3 Rechtsverhältnis
(1) Die zum Vorbereitungsdienst zugelassenen Bewerber werden mit der Dienstbezeichnung „Rechtspflegeranwärterin“ oder „Rechtspflegeranwärter“ in das Beamtenverhältnis auf Widerruf eingestellt.
(2) Dienstvorgesetzter ist der Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen. Er trifft die nach dieser Verordnung erforderlichen Entscheidungen, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.
§ 4 Dauer und Gliederung der Ausbildung
(1) Der Vorbereitungsdienst besteht aus Fachstudien von insgesamt zwei Jahren und berufspraktischen Studienzeiten von insgesamt einem Jahr.
(2) Der Vorbereitungsdienst beginnt jährlich am 1. Oktober und gliedert sich in folgende Abschnitte:
1. Grundstudium | 10 Monate, |
2. berufspraktische Studienzeit I | 3 Monate, |
3. Hauptstudium I | 8 Monate, |
4. berufspraktische Studienzeit II | 9 Monate und |
5. Hauptstudium II | 6 Monate. |
(3) Die Fachstudien sind an der Niedersächsischen Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege - Fachbereich Rechtspflege - abzuleisten. Die berufspraktischen Studienzeiten sind bei den Justizbehörden im Land Bremen abzuleisten.
(4) Die von der Niedersächsischen Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege - Fachbereich Rechtspflege - erlassene Studienordnung konkretisiert die Inhalte des Studiums und bestimmt Lehrgebiete für die Fachstudien sowie Ausbildungsgebiete für die berufspraktischen Studienzeiten in der Weise, dass
1.
im Grundstudium neben den Grundlagen und Methoden juristischer Arbeitsweise insbesondere die Grundzüge des Zivilrechts (einschließlich Handelsrecht) und des Strafrechts sowie das Zivilprozess- und das Strafvollstreckungsrecht gelehrt werden,
2.
in der berufspraktischen Studienzeit I die Tätigkeit in Strafvollstreckungs- und in Zivilprozesssachen geübt wird,
3.
im Hauptstudium I insbesondere das Immobiliarsachen-, das Erb-, das Familien- und das Gesellschaftsrecht mit den jeweiligen Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie das Zwangsvollstreckungsrecht einschließlich Insolvenzrecht gelehrt und vertieft werden,
4.
in der berufspraktischen Studienzeit II die Tätigkeit in Grundbuch-, Nachlass-, Familien-, Register- und Vollstreckungssachen einschließlich Insolvenzsachen geübt wird,
5.
im Hauptstudium II einzelne Arbeitsfelder nach Wahl der Studierenden vertieft und Grundzüge der Verwaltungstätigkeit sowie des Gerichtsmanagements gelehrt werden und die Diplomarbeit angefertigt wird.
(5) Der Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen kann im Benehmen mit dem Fachbereich aus wichtigem Grund den Vorbereitungsdienst um bis zu einem Jahr verlängern und in diesem Fall das weitere Studium gesondert gestalten. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere dann vor, wenn Studierende sich wegen Krankheit dem Studium nicht in dem notwendigen Maße widmen konnten.
§ 5 Zuweisung in Studienabschnitte
(1) Der Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen weist die Rechtspflegeranwärter für das Grundstudium und die Hauptstudien der Niedersächsischen Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege - Fachbereich Rechtpflege - zu.
(2) Der Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen leitet die Ausbildung während der berufspraktischen Studienzeiten und weist die Studierenden einem Amtsgericht im Land Bremen und im Bereich der Strafvollstreckung der Staatsanwaltschaft in Bremen als Ausbildungsbehörde zu. Die Ausbildungsbehörde regelt die Durchführung der Ausbildung nach der Studienordnung des Fachbereichs.
(3) Jede Ausbildungsbehörde bestimmt für die Ausbildung in den berufspraktischen Studienzeiten einen Ausbildungsleiter.
§ 6 Bewertung, Ausbildungsgesamtnote
(1) Die Leistung in den einzelnen Abschnitten wird für jedes Lehrgebiet von den Lehrkräften und für jedes Ausbildungsgebiet von den Ausbildenden bewertet. Die Studienordnung kann einzelne Gebiete von der Bewertung ausnehmen. Die Bewertungen müssen erkennen lassen, ob das Ziel der jeweiligen Ausbildung erreicht worden ist. Die Leistungen sind hierbei mit folgenden Punkten und Noten zu bewerten:
15 bis 14 Punkte sehr gut | = eine den Anforderungen in besonderem Maße entsprechende Leistung, |
13 bis 11 Punkte gut | = eine den Anforderungen voll entsprechende Leistung, |
10 bis 8 Punkte befriedigend | = eine den Anforderungen im Allgemeinen entsprechende Leistung, |
7 bis 5 Punkte ausreichend | = eine Leistung, die zwar Mängel aufweist, aber im Ganzen den Anforderungen noch entspricht, |
4 bis 2 Punkte mangelhaft | = eine den Anforderungen nicht entsprechende Leistung, die jedoch erkennen lässt, dass die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden könnten, |
1 bis 0 Punkte ungenügend | = eine den Anforderungen nicht entsprechende Leistung, bei der selbst die Grundkenntnisse so lückenhaft sind, dass die Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben werden könnten. |
(2) Aus dem Mittelwert der Punktzahlen der einzelnen Ausbildungsnoten wird bis auf zwei Dezimalstellen ohne Rundung die Punktzahl der Ausbildungsgesamtnote errechnet. Hierbei entsprechen:
14,00 bis 15,00 Punkte | sehr gut, |
11,00 bis 13,99 Punkte | gut, |
8,00 bis 10,99 Punkte | befriedigend, |
5,00 bis 7,99 Punkte | ausreichend, |
2,00 bis 4,99 Punkte | mangelhaft, |
0 bis 1,99 Punkte | ungenügend. |
(3) Wird ein Ausbildungsabschnitt ganz oder teilweise wiederholt, werden für die Berechnung der Ausbildungsgesamtnote die Wiederholungsnoten für die wiederholten Ausbildungsgebiete und im Übrigen die Noten der ersten Ausbildung berücksichtigt.
§ 7 Prüfungen, Zuständigkeiten, Verfahren
(1) Gliederung und Inhalt der Rechtspflegerprüfung, einer abzulegenden Zwischenprüfung, die Bestimmung der zur Abnahme der Prüfung zuständigen Stellen sowie das zu beachtende Verfahren richten sich nach den diesbezüglichen Regelungen der niedersächsischen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger vom 20. März 2000 (Nds. GVBl. S. 59) in der jeweils geltenden Fassung sowie dem diese Regelungen ergänzenden Recht des Landes Niedersachsen.
(2) Eine Diplomarbeit kann auch fristwahrend bei einem Gericht im Lande Bremen abgegeben werden.
§ 8 Wiederholung der Rechtspflegerprüfung
Wer die Rechtspflegerprüfung nicht bestanden hat, kann sie einmal wiederholen und hat hierzu ein ergänzendes Studium von längstens einem Jahr abzuleisten. Auf Vorschlag des Prüfungsausschusses ordnet der Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen an, welche Ausbildungsabschnitte ganz oder teilweise zu wiederholen sind.
§ 9 Beendigung des Beamtenverhältnisses
(1) Das Beamtenverhältnis auf Widerruf endet mit Ablauf des Tages, an dem das Ergebnis der bestandenen oder endgültig nicht bestandenen Laufbahnprüfung bekannt gegeben wird, frühestens jedoch mit dem Ablauf des vorgeschriebenen oder im Einzelfall festgesetzten Vorbereitungsdienstes.
(2) Der Rechtspflegeranwärter ist aus dem Vorbereitungsdienst zu entlassen, wenn
1.
er den Anforderungen in charakterlicher, körperlicher oder geistiger Hinsicht nicht genügt,
2.
die Zwischenprüfung endgültig nicht bestanden wurde oder
3.
ein sonstiger wichtiger Grund vorliegt.
(3) Für Rechtspflegeranwärter im Sinne des
§ 26 Abs. 2 des Bremischen Beamtengesetzes
gelten die Absätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass sie bei endgültig nicht bestandener Prüfung in die frühere Beschäftigung zurücktreten.
§ 10 Personenbezeichnungen
Werden in dieser Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Personen Bezeichnungen in der männlichen Form verwendet, so gelten diese Bezeichnungen für Frauen in der weiblichen Form.
§ 11 Zulassung zum Aufstieg
Die Entscheidung über die Zulassung eines Beamten der Laufbahn des mittleren Justizdienstes zur Rechtspflegerausbildung nach
§ 26 Abs. 2 des Bremischen Beamtengesetzes
und
§ 17 Abs. 1 der Bremischen Laufbahnverordnung
trifft der Senator für Justiz und Verfassung im Einvernehmen mit dem Senator für Finanzen.
§ 12 In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten
Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. Oktober 2003 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Bremische Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger vom 28. April 1992 (Brem.GBl. S. 105 - 2040-k-1) außer Kraft. Diese Verordnung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2015 außer Kraft.
Beschlossen, Bremen, den 23. Februar 2004
Der Senat
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