Bestimmung der zulässigen Grundfläche nach § 19 BauNVO/1990
Bestimmung der zulässigen Grundfläche nach § 19 BauNVO/1990
Bestimmung der zulässigen Grundfläche nach § 19 BauNVO/1990
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Verwaltungsvorschrift des Senators für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa vom 1. Dezember 2008
Problem/Regelungszweck
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Nach § 19 Abs. 4 a.F. BauNVO sind auf die zulässige Grundfläche Nebenanlagen, Balkone, Loggien, Terrassen sowie die abstandsrechtlich privilegierten baulichen Anlagen nicht anzurechnen.
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Diese Regelung gilt nach wie vor für alle Bebauungspläne, die auf der Grundlage einer älteren Fassung der BauNVO (vor 1990) aufgestellt worden sind.
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Im Geltungsbereich von Bebauungsplänen, die auf der Grundlage der BauNVO/1990 aufgestellt worden sind, werden dagegen aus Gründen des Bodenschutzes alle planungsrechtlich relevanten baulichen Anlagen auf die zulässige Grundfläche angerechnet.
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Kompensiert wird diese Rechtsänderung durch die 50% -Überschreitungsregelung nach § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO/1990 und darüber hinaus durch Abweichungsregelungen, die bei Erfüllung bestimmter tatbestandlicher Voraussetzungen („geringfügiges Ausmaß“ bzw. „geringfügige Auswirkungen“) ein städtebauliches Ermessen für weitergehende Überschreitungen eröffnen.
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Vor dem Hintergrund restriktiver GRZ-Festsetzungen sind in der Genehmigungspraxis der Bauordnungsbehörden bestimmte Fragestellungen häufig problematisiert worden, die mit dieser Dienstanweisung im Interesse einer rechtssicheren und gleichmäßigen Rechtsanwendung beantwortet werden sollen.
2
Insoweit wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Dienstanweisung keine umfassende Erläuterung des § 19 BauNVO bezweckt, sondern sich nur auf die Beantwortung der folgenden Fragestellungen beschränkt:
→
Welche baulichen Anlagen bzw. Anlagenteile sind der
Hauptnutzung
zuzuordnen (siehe 1.)?
→
Welche
Nebenanlagen
sind auf die zulässige Grundfläche anzurechnen (siehe 2.)?
→
Welche
Ermessensspielräume
bietet § 19 Abs. Abs. 4 BauNVO/1990 für eine über die 50%-Überschreitungsregelung hinausgehende Überschreitung der GRZ (siehe 3.)?
[Einheitliche Rechtsanwendung
]
Im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung bitte ich insoweit, zukünftig Folgendes zu beachten:
1 Anrechnung auf die für Hauptanlagen zulässige Grundfläche („GRZ I“)
1.1
Auf die zulässige Grundfläche im Sinne von § 19 Abs. 2 BauNVO
(GRZ I)
sind alle Hauptanlagen anzurechnen, die Gegenstand einer eigenständigen planungsrechtlichen Regelung im Sinne der §§ 2 bis 13 BauNVO sind.
1.2
Hierzu zählen insbesondere die Grundflächen der Hauptgebäude und zwar einschließlich der vor die Außenwand vortretenden
Vorbauten
(Eingangsvorbauten, Wintergärten, überdachte Terrassen
2
), nicht untergeordnet auskragende
Gebäudeteile
(z.B. Gesimse, Dachvorsprünge und Balkone, die mehr als 1,5 m auskragen) sowie
Loggien
.
1.3
Zu beachten ist außerdem, dass
•
Garagen innerhalb des Hauptgebäudes auf die GRZ I anzurechnen sind,
•
Kellergeschosse und Tiefgaragen, die das Baugrundstück unterhalb der Geländeoberfläche unterbauen, auch als Bestandteil von Hauptgebäuden lediglich nach § 19 Abs. 4 auf die sog. „GRZ II“ (siehe 2.2) anzurechnen sind.
2 Anrechnung von Nebenanlagen auf die zulässige Grundfläche nach § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO („GRZ II“)
2.1
Auf die zulässige Grundfläche und auf die Grundfläche, bis zu der die GRZ I durch bauliche Anlagen nach § 19 Absatz 4 Satz 1 BauNVO/1990 aufgrund der 50% -Überschreitungsregelung des Satzes 2 überschritten werden darf (
GRZ II
), sind Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO nur anzurechnen, soweit sie planungsrechtlich relevant sind.
2.2
Planungsrechtlich relevante Nebenanlagen
3
sind insbesondere:
•
die an das Hauptgebäude gebauten Terrassen, soweit sie nicht in Verbindung mit einer Überdachung Bestandteil des Hauptgebäudes sind (siehe 1.2.),
•
Überdachungen, soweit nicht Bestandteil des Hauptgebäudes (siehe 1.2.),
•
Garten- und Gewächshäuser, Geräteschuppen, Schwimmbecken,
•
die zur Erschließung von Hauptanlagen notwendigen Wegflächen.
2.3
Planungsrechtlich
nicht relevant
sind insbesondere unbedeutende Anlagen wie z.B:
•
Fahrradabstellanlagen,
•
Vorrichtungen und Befestigungen zum Teppichklopfen und Wäschetrocknen,
•
Anlagen, die der zweckentsprechenden Einrichtung von Kinderspielplätzen dienen, wie kleinere Spielhäuser, Sandkisten, Schaukeln, Klettergerüste etc.,
•
Anlagen, die der Gartennutzung oder der Gartengestaltung dienen, wie Gartenwege, Kompostanlagen, kleinere Gewächshäuser, Pergolen, Zierbrunnen, Grillplätze, Teiche, Bänke, Sitzgruppen, auch in Verbindung mit Gartenterrassen,
•
Anlagen für Kleintierhaltung, wie Hundehütten und Kaninchenställe,
•
Grundstücksleitungen für Wasser, Abwasser etc.
3 Weitere Überschreitungen der GRZ II über Abweichungen nach § 19 Absatz. 4 Satz 2 Halbsatz 2 und Satz 4 BauNVO/1990
3.1
Über die GRZ II hinaus können nach § 19 Absatz 4 Satz 2 Halbsatz 2 weitere Überschreitungen „in geringfügigem Ausmaß“ zugelassen werden.
3.1.1
Eine Überschreitung der GRZ II um mehr als 10 % ist im Regelfall nicht mehr geringfügig.
3.1.2
Geringfügige Überschreitungen (bis zu 10 %) können im Einzelfall zugelassen werden, wenn nicht besondere städtebauliche Umstände einer Überschreitung entgegenstehen.
3.1.3
Bei der Feststellung, um wie viel Prozent die GRZ II überschritten wird, sind alle Anlagen nach § 19 Absatz 4 Satz 1 BauNVO nicht mit ihrer absoluten Flächengröße, sondern nur anteilig in Relation zu dem jeweiligen Versiegelungsgrad anzurechnen:
•
Versiegelungsgrad 1,0
bei allen vollständig versiegelten Flächen, d.h. der Belag ist luft- und wasserundurchlässig (Beton, Asphalt, Platten mit gebundenem Unterbau).
•
Versiegelungsgrad 0,7
bei teilversiegelten Flächen, d.h. der Belag ist luft- und wasserdurchlässig (z.B. Klinker-, Mosaikpflaster, Platten mit jeweils Sand- /Schotterunterbau).
•
Versiegelungsgrad 0,5
○ bei halboffenen Flächen, d.h. der Belag ist luft- und wasserdurchlässig, Versickerung möglich, (z.B. Rasenschotter, Holzpflaster, Rasengittersteine),
○ bei Vegetationsflächen ohne Bodenanschluss auf z.B. Kellerdecken und Tiefgaragen und sonstigen Dächern.
3.1.4
Überschreitet die so ermittelte „relative Grundfläche“ die zulässige GRZ II um nicht mehr als 10 %, liegt noch eine Überschreitung in geringfügigem Umfang vor, die in Ausübung städtebaulichen Ermessens regelmäßig zugelassen werden kann.
3.1.5
1
Es handelt sich dabei nicht um eine Ausnahmeentscheidung.
2
Eine Verwaltungsgebühr ist deshalb nur zu erheben, wenn die Abweichung isoliert eingeholt wird, entweder im Zusammenhang mit einem verfahrensfreien Vorhaben oder als Voraussetzung für eine Genehmigungsfreistellung.
3.2
Eine mehr als nur geringfügige Überschreitung der GRZ II kann im Einzelfall nach § 19 Absatz 4 Satz 4 Nr. 1 BauNVO/1990 zugelassen werden, wenn die Überschreitung nur „geringfügige Auswirkungen auf die natürliche Funktion des Bodens“ hat.
Nach der fachlichen Stellungnahme des Referat Bodenschutz gibt es keine praxisrelevanten Versiegelungen von Grundstücksflächen, die sich nur geringfügig auf die natürlichen Funktionen des Bodens auswirken.
Soweit die einschlägige Kommentierung den gesetzgeberischen Absichten entsprechend gleichwohl in Verbindung mit § 19 Abs. 4 Satz 4 Nr. 1 BauNVO/1990 auf den unterschiedlichen Versiegelungsgrad baulicher Anlagen hinsichtlich Versickerungsfähigkeit und Luftaustausch abstellt, kann dies im Ergebnis dahingestellt bleiben, weil diese Besonderheiten bereits bei der nach Maßgabe der Ziffer 3.1.3 zu ermittelnden „Geringfügigkeit“ im Sinne des § 19 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 BauNVO/1990 abschließend berücksichtigt worden sind.
4 Inkrafttreten
Diese Dienstanweisung tritt am 01. 12. 2008 in Kraft.
5 Gültigkeit
Diese Dienstanweisung tritt am 31. 12. 2010 außer Kraft.
Fußnoten
1)
Die Dienstanweisung tritt mit Ablauf des 31. 12. 2010 außer Kraft, vgl. Abschnitt 5.
2)
[Amtl. Anm.:]
Ausgenommen sind Markisen und Pergolen.
3)
[Amtl. Anm.:]
Garagen und Stellplätze mit ihren Zufahrten im Sinne des § 12 BauNVO sind begrifflich keine Nebenanlagen, aber bereits nach § 19 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 auf die GRZ II anzurechnen.
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