Dienstanweisung Nr. 411 Legalisierung und Duldung von Nebengebäuden auf den nicht überbaubaren Nebenflächen
Dienstanweisung Nr. 411 Legalisierung und Duldung von Nebengebäuden auf den nicht überbaubaren Nebenflächen
Dienstanweisung Nr. 411 Legalisierung und Duldung von Nebengebäuden auf den nicht überbaubaren Nebenflächen
1
Dienstanweisung des Senators für Umwelt, Bau und Verkehr vom 1. Dezember 2013
Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr FB-01 | Bremen, den 26. 11. 2013 |
Tel. 2577 / Herr Jäger |
Verteiler:
a)
SUBV, Abteilung 6
b)
Bauamt Bremen-Nord
c)
Magistrat der Stadt Bremerhaven, Bauordnungsamt
nachrichtlich:
d)
S, SV-UZ, SV-BV
e)
Architektenkammer der Freien Hansestadt Bremen
f)
Ingenieurkammer der Freien Hansestadt Bremen
g)
MiP (Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterportal)
als elektronische Post
1.
Regelungsgegenstand
Auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen können gem. § 23 Absatz 5 Satz 1 BauNVO Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO (Baunutzungsverordnung) nur zugelassen werden (Ermessen), wenn der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt. Insbesondere in der Stadtgemeinde Bremen gibt es eine Vielzahl von älteren Bebauungsplänen nach BauNVO, die die Errichtung von oberirdischen Nebenanlagen auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen durch eine entsprechende textliche Festsetzung ausschließen.
Da häufig auch keine Bauzonen für Nebenanlagen ausgewiesen sind und diese auch in der „Hauptbauzone“ nicht hergestellt werden können, sind entgegen den textlichen Ausschlussfestsetzungen nach § 23 Absatz 5 Satz 1 BauNVO in vielen Hausgärten oberirdische Nebenanlagen, errichtet worden, insbesondere Gartenhäuser, Abstell- und Fahrradschuppen, Kinderspielhäuser etc.
Diese Entwicklung dokumentiert die Bedürfnisse der Wohnbevölkerung. Sie zeigt auf, dass der restriktive Ausschluss von Nebenanlagen auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen in der heutigen Zeit keine ausreichende Akzeptanz mehr findet. Dies spiegelt sich auch in den Abwägungsergebnissen neuerer Bebauungspläne wider, die in der Regel oberirdische Nebenanlagen nicht mehr generell ausschließen, und dürfte auch der Grund für die insoweit ausgeprägt zurückhaltende Bauaufsicht durch die Bauaufsichtsbehörden sein.
Vor diesem Hintergrund muss die an den Bebauungsplanfestsetzungen orientierte restriktive Genehmigungspraxis mit der äußerst liberalen Duldungspraxis der Bauaufsichtsbehörden in Einklang gebracht werden. Dem gesetzestreuen Bürger dürfen Befreiungsanträge nicht abschlägig beschieden werden, obwohl vergleichbare Anlagen in der Nachbarschaft geduldet werden.
Mit dieser Zielrichtung werden mit dieser Dienstanweisung für die Legalisierung von Nebengebäuden auf nicht überbaubaren Grundstücksflächen und für die Ausübung des bauaufsichtlichen Eingriffsermessens generalisierende Leitlinien erlassen.
2.
Legalisierung
Die für die materiell legale Errichtung von Nebengebäuden erforderlichen Befreiungen (§ 31 Absatz 2 BauGB (Baugesetzbuch)) von textlichen „Ausschlussfestsetzungen“ im Sinne von § 23 Absatz 5 Satz 1 BauNVO berühren keinen Grundzug der Planung. Derartige Planabweichungen sind dann städtebaulich vertretbar, wenn sie nach Art und Umfang und unter Berücksichtigung der möglichen Anzahl vergleichbarer Fälle die städtebauliche Funktion der als nicht überbaubar festgesetzten Grundstücksflächen (Grundzug der Planung) nicht nachhaltig beeinträchtigen. Bei derart geringen Randkorrekturen wird auch bei einer größeren Anzahl von Fällen kein Planungsbedürfnis ausgelöst.
Dies gilt regelmäßig nicht bei Bebauungsplänen, die für Nebenanlagen besondere Bauzonen ausweisen. In besonders gelagerten Einzelfällen können jedoch auch Abweichungen von einer derartigen Plankonzeption zugelassen werden, z.B. weil die tatsächliche bauliche Entwicklung der Planrealisierung insoweit nachhaltig entgegensteht.
Im Ergebnis sind die relevanten Gesichtspunkte für die Beurteilung der städtebaulichen Vertretbarkeit der Planabweichung, für die Berücksichtigung nachbarlicher Belange und für die Ausübung des durch § 31 Absatz 2 BauGB eingeräumten Ermessens solche, die auch bei einer Ermessensentscheidung nach § 23 Absatz 5 BauNVO zu berücksichtigen und ggf. untereinander abzuwägen sind.
Diese Gesichtspunkte und insbesondere deren Bewertung sind einer abstrakten Regelung durch Dienstanweisung nur sehr eingeschränkt zugänglich. Es wird deshalb darauf verzichtet, im Detail allgemeingültige Vorgaben festzulegen (z.B. bezüglich Grundfläche, Höhe und Lage auf dem Grundstück). In Abstimmung mit den beteiligten Ämtern wird deshalb in Abhängigkeit von typisierbaren Grundstücks- und Bauformen als grobe Orientierung lediglich der folgende „Kubikmeterrahmen“ vorgegeben:
Der Rauminhalt von Nebengebäuden auf nicht überbaubaren Grundstücksflächen sollte
insgesamt
nicht größer sein als:
•20 m
3
bei kleineren Reihenhausgrundstücken (ca. 250 m
2
),
•30 m
3
bei größeren Reihenhausgrundstücken und bei in offener Bauweise bebauten Grundstücken.
Weichen die Grundstücksgrößen wesentlich von diesen Werten nach oben oder unten ab oder sind die Baugrundstücke in der näheren Umgebung durch vorhandene Nebengebäude besonders geprägt, ist dies ebenso bei der Einzelfallbeurteilung zu berücksichtigen wie z.B. ein besonders günstiges oder ungünstiges Verhältnis von überbauter zu nicht überbauter Grundstücksfläche oder die zumutbare Möglichkeit, das Nebengebäude in der Bauzone zu errichten.
Diese Vorgaben gelten entsprechend für
•die Planbereiche, in denen Nebengebäude auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen zwar zugelassen, in den Abmessungen aber stärker eingeschränkt sind, als vorstehend vorgesehen;
•die Planbereiche übergeleiteter Bebauungspläne. Rechtsgrundlage ist hier der § 15 Absatz 1 und 2 StBO (Staffelbauordnung) als übergeleitete Ausnahmeregelung im Sinne des § 31 Absatz 1 BauGB, da der § 15 StBO insoweit Ausnahmen zulässt, die nach Art und Umfang den Bestimmungen nach § 23 Absatz 5 BauNVO entsprechen;
•die Beurteilung des Einfügens, wenn über die Zulässigkeit von Nebengebäuden nach § 34 BauGB zu entscheiden ist (unbeplanter Innenbereich). Dabei ist davon auszugehen, dass sich rahmenüberschreitende Nebengebäude auch dann einfügen, wenn sie die gegebene Situation nicht negativ in Bewegung bringen. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn sie in analoger Anwendung des § 23 Absatz 5 BauNVO zugelassen werden können.
Bei Entscheidungen über Befreiungs- bzw. Ausnahmeanträge sowie bei der Beurteilung des Einfügens nach § 34 BauGB sollte immer berücksichtigt werden, dass der gleiche Beurteilungsmaßstab (bei vergleichbaren Grundstücksverhältnissen) anzuwenden ist, wenn die materielle Legalität von bereits formell illegal errichteten Nebengebäuden beurteilt werden muss, weil ggf. über deren Beseitigung zu entscheiden ist.
3.
Bauaufsichtliches Einschreiten
Mit dieser Dienstanweisung wird
keine
systematische Erfassung von Nebengebäuden auf nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Zwecke einer „baulichen Bereinigung“ gefordert.
Es muss jedoch zukünftig sichergestellt sein, dass mindestens in den Fällen, in denen die Bauaufsichtsbehörde die legale Errichtung eines Nebengebäudes ablehnt, obwohl sie im Verfahren Kenntnis von vergleichbaren Vorhaben auf Nachbargrundstücken erhalten hat, insoweit auch eine Entscheidung über die Baubeseitigung nach Maßgabe des
§ 79 BremLBO
(Bremische Landesbauordnung) trifft.
Auf ein Einschreiten gegen materiell unzulässige Nebengebäude kann nicht verzichtet werden, wenn von diesen baulichen Anlagen erkennbar eine negative Vorbildwirkung ausgeht. Dies ist insbesondere der Fall, wenn Anträge für die legale Errichtung vergleichbarer Vorhaben bei im Wesentlichen gleichen Grundstücksverhältnissen abgelehnt worden sind.
4.
Inkrafttreten
Diese Dienstanweisung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft und ersetzt die bisherige Dienstanweisung vom 3. November 2008. Sie tritt am 31. Dezember 2018 außer Kraft.
[Ausfertiger]
Staatsrat
–Wolfgang Golasowski–
Fußnoten
1)
Diese Dienstanweisung tritt am 31. 12. 2018 außer Kraft, vgl. Abschnitt 4.
Feedback