Dienstanweisung der Stadt Bremerhaven über Stundung, Niederschlagung und Erlass von Forderungen
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Dienstanweisung der Stadt Bremerhaven über Stundung, Niederschlagung und Erlass von Forderungen

Dienstanweisung der Stadt Bremerhaven über Stundung, Niederschlagung und Erlass von Forderungen

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Dienstanweisung der Stadt Bremerhaven über Stundung, Niederschlagung und Erlass von Forderungen

Der Magistrat hat am 13. März 2013 folgende Dienstanweisung beschlossen:

1.

Allgemeines

1.1

Regelungs- und Geltungsbereich

Die Veränderung von Ansprüchen (Stundung, Niederschlagung und Erlass) ist im

§ 59 der Landeshaushaltsordnung

(LHO) und in den dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften geregelt. Für Steuerforderungen bestehen entsprechende Regelungen in der Abgabenordnung (AO), die aufgrund der Bestimmungen des Bremischen Abgabengesetzes Anwendung finden. Weiterhin gelten für Kosten (Verwaltungsgebühren, Benutzungsgebühren und Auslagen) und Beiträge die Regelungen des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes (BremGebBeitrG). Die Regelungen in dieser Dienstanweisung sollen die rechtlichen Bestimmungen konkretisieren und zu einer einheitlichen Verfahrensweise bei der Bearbeitung führen.
Forderungen im Sinne dieser Dienstanweisung sind sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Ansprüche (Geldforderungen) der Stadt Bremerhaven.
Diese Dienstanweisung gilt für alle Organisationseinheiten. Organisationseinheiten im Sinne dieser Dienstanweisung sind Referate, Ämter, Amtsstellen und nachgeordnete Einrichtungen (z.B. Kindertagesstätten und Schulen) sowie Betriebe nach

§ 26 LHO

.
Sie gilt nicht, soweit andere Rechtsnormen eine Regelung über Stundung, Niederschlagung und Erlass treffen oder ihr vertragsrechtliche Vereinbarungen entgegenstehen.

1.2

Sonstiges

Die in dieser Dienstanweisung bei den personenbezogenen Ausführungen gewählte männliche Sprachform gilt auch für die weibliche Sprachform.

2.

Stundung

2.1

Begriff

Die Stundung ist die Gewährung eines Zahlungsaufschubes unter Hinausschiebung des Fälligkeitstermins. Sie ist in das pflichtgemäße Ermessen der Verwaltung gestellt.

2.2

Voraussetzungen

Nach

§ 59 LHO

bzw. § 222 AO und

§ 24 BremGebBeitrG

können Ansprüche ganz oder teilweise gestundet werden, wenn ihre Einziehung

bei Fälligkeit

eine

erhebliche Härte

für den Schuldner bedeuten würde und
der Anspruch durch die Stundung

nicht gefährdet erscheint.

Die Stundung kann auch in Form einer Ratenzahlung erfolgen und wird bei Ansprüchen im Sinne des

§ 59 LHO

nur

auf

Antrag,

bei Ansprüchen nach der AO

in der Regel

auf

Antrag

gewährt.

2.2.1

Eine

erhebliche Härte

für den Schuldner ist dann anzunehmen, wenn er sich aufgrund eigener ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse vorübergehend in ernsthaften Zahlungsschwierigkeiten befindet oder im Fall der sofortigen Einziehung in diese geraten würde. Hierbei ist stets auf den

Fälligkeitszeitpunkt

abzustellen. Der Schuldner muss die notwendigen Zahlungsmittel nicht zur Verfügung haben oder kann sich diese auch nicht in zumutbarer Weise beschaffen (z. B. Aufnahme eines Kredites).

2.2.2

Durch die Stundung darf der

Anspruch nicht gefährdet

werden. Diese Gefährdung liegt insbesondere dann vor, wenn zu einem späteren Zeitpunkt die Durchsetzung des Anspruchs nicht mehr oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten realisiert werden kann. In der Regel ist bei Gefährdung des Anspruchs eine Sicherheitsleistung (z. B. Wertpapiere, Forderungsabtretung) vom Schuldner zu verlangen, in die auch eine Vollstreckung möglich ist.

2.3

Zinsen

Gestundete Beträge sind angemessen zu verzinsen. Die Stundungszinsen betragen 2 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB (VV-LHO Nr. 1.4.1 zu § 59 LHO), bzw. 0,5 % je Monat für Steuerbeträge (§ 238 Abs. 1 AO) sowie für Gebühren und Beiträge (

§ 24 Abs. 2 BremGebBeitrG

).
Von der Erhebung von Zinsen

kann

u. a. abgesehen werden, wenn der Zinsanspruch sich auf nicht mehr als 10 Euro belaufen würde (VV-LHO Nr. 1.4.2.2 zu § 59 LHO).
Bei Steuerforderungen werden Stundungszinsen

nur

festgesetzt, wenn sie mehr als 10 Euro betragen (§ 239 Abs. 2 AO).

2.4

Verfahren

Über die gewährte Stundung ist dem Schuldner ein schriftlicher Bescheid zu erteilen, bei privatrechtlichen Ansprüchen sowie bei Ansprüchen aus öffentlich-rechtlichen Verträgen ist die Stundung vertraglich zu vereinbaren.
Der Bescheid ist mit einem ausdrücklichen Vorbehalt des Widerrufs zu versehen für den Fall, dass eine der festgesetzten Raten bei Fälligkeit nicht gezahlt ist oder laufende Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt werden.
Nach W-LHO Nr. 1.3 zu § 59 LHO wird die jeweilige Restforderung

sofort fällig,

wenn die Frist für die Leistung von zwei aufeinanderfolgenden Raten um eine Woche überschritten ist oder wenn die Höhe des Rückstandes den Betrag von zwei Raten erreicht.

2.5

Zuständigkeit

Bei Stundungen von

grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung

sowie in allen von der Delegation

nicht

betroffenen Fällen ist die Einwilligung des Magistrats einzuholen.
Von einer grundsätzlichen Bedeutung ist insbesondere dann auszugehen, wenn die Entscheidung über den Einzelfall hinaus präjudizielle Auswirkungen haben kann.
Fälle von erheblicher finanzieller Bedeutung sind gegeben bei
-
Beträgen über 50.000 Euro,
-
Beträgen über 10.000 Euro bis 50.000 Euro länger als 18 Monate,
-
Beträgen über 2.000 Euro bis 10.000 Euro länger als 3 Jahre

Zur Stundung von Einzelansprüchen werden ermächtigt:

Beträge:Berechtigte:
-bis zu 25.000 Euro mit einer Stundungsdauer bis zu 18 Monaten bzw. bis zu 5.000 Euro mit einer Stundungsdauer bis zu 3 Jahrenalle Amts- und Betriebsleiter für ihre Geschäftsbereiche sowie
- der Leiter für Wirtschaftsangelegenheiten innerhalb des Führungsstabes der Ortspolizeibehörde
- der Leiter der Steuerabteilung innerhalb der Stadtkämmerei
-bis zu 50.000 Euro mit einer Stundungsdauer bis zu 18 Monaten bzw. bis zu 10.000 Euro mit einer Stundungsdauer bis zu 3 JahrenStadtkämmerer bzw. Vertreter

3.

Niederschlagung

3.1

Begriff

Die Niederschlagung ist die befristete oder unbefristete Zurückstellung der Weiterverfolgung eines fälligen Anspruchs ohne Verzicht auf diesen Anspruch.
Sie ist eine verwaltungsinterne Maßnahme. Von der Niederschlagung erhält der Schuldner keine Nachricht.

3.2

Voraussetzungen

Eine

befristete Niederschlagung

kommt nach

§ 59 LHO

und § 261 AO in Betracht, wenn die Einziehung wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Anspruchsgegners oder aus anderen Gründen vorübergehend keinen Erfolg haben wird und die Voraussetzungen für eine Stundung nicht vorliegen.
Beispiele für das Vorliegen der Voraussetzung für eine befristete Niederschlagung sind:
-
Es ist mindestens ein Pfändungsversuch fehlgeschlagen und die Forderung beträgt mehr als 100 Euro.
-
Der Aufenthalt des Schuldners ist nicht zu ermitteln.
Eine

unbefristete Niederschlagung

ist nach

§ 59 LHO

und § 261 AO zulässig, wenn die Einziehung dauernd ohne Erfolg bleiben wird oder die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs stehen.
Die Voraussetzung für eine unbefristete Niederschlagung liegt z. B. vor,
-
wenn ein Pfändungsversuch fehlgeschlagen ist und die Forderung weniger als 100 Euro beträgt,
-
wenn mehrfach Pfändungsversuche fehlgeschlagen sind,
-
über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (Ausnahmen: Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungs- und Zwangsgelder so wie Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen),
-
beim Tod des Schuldners, wenn der Anspruch auch gegenüber den Erben dauerhaft nicht durchsetzbar ist.
Bei Prüfung der Voraussetzungen für eine unbefristete Niederschlagung ist ein

strenger Maßstab

anzulegen.

3.3

Verfahren

Die Niederschlagung ist mit einer Darstellung des Sachverhalts unter Angabe der Rechtsgrundlage und Entscheidungsgründe entsprechend zu verfügen.
In angemessenen Zeitabständen sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Anspruchsgegners zu überprüfen. Die Verjährung ist rechtzeitig zu unterbrechen.
Die Einziehung ist erneut zu versuchen, wenn sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sie Erfolg haben wird.
Die Vorgänge mit den unbefristeten Niederschlagungen sind 10 Jahre aufzubewahren. Wenn auch dann noch keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage des Schuldners vorliegen, können sie ausgesondert werden.
Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist dürfen die Unterlagen von den Ämtern und Betrieben nicht eigenmächtig vernichtet werden. Sie sind komplett dem Stadtarchiv zur Übernahme ins Archiv anzubieten. Das Stadtarchiv entscheidet, welche Unterlagen ins Archiv übernommen werden und welche von den Ämtern vernichtet werden können.

3.4

Zuständigkeit

Bei Niederschlagungen von

grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung

ist die Einwilligung des Magistrats einzuholen.
Fälle von erheblicher finanzieller Bedeutung sind gegeben, wenn
-
Beträge über 50.000 Euro befristet niedergeschlagen oder
-
Beträge über 20.000 Euro unbefristet niedergeschlagen werden sollen.

Zur Niederschlagung von Einzelansprüchen werden ermächtigt:

Beträge:Berechtigte:
-bis zu 10.000 Euro bei befristeten Niederschlagungen undalle Amts- und Betriebsleiter für ihre Geschäftsbereiche sowie
-bis zu 5.000 Euro bei unbefristeten Niederschlagungen- der Leiter für Wirtschaftsangelegenheiten innerhalb des Führungsstabes der Ortspolizeibehörde
- der Leiter der Steuerabteilung innerhalb der Stadtkämmerei
-bis zu 25.000 Euro bei befristeten Niederschlagungen undzuständiger Dezernent, Betriebsausschussvorsitzender
-bis zu 10.000 Euro bei unbefristeten Niederschlagungen
-bis zu 50.000 Euro bei befristeten Niederschlagungen undStadtkämmerer bzw. Vertreter
bis zu 20.000 Euro bei unbefristeten Niederschlagungen

4.

Erlass

4.1

Begriff

Der Erlass ist der endgültige Verzicht auf eine Geldforderung.

4.2

Voraussetzungen

Ansprüche dürfen ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn ihre Einziehung nach Lage des einzelnen Falles
a)
gemäß

§ 59 Abs. 1 Nr. 3 LHO

für den Schuldner

eine besondere Härte

bedeuten würde und eine Stundung nicht in Betracht kommt (hierzu zählt auch ein Erlass aus Gründen der Billigkeit nach

§ 25 BremGebBeitrG

)
oder
b)
gemäß § 227 Abs. 1 AO

unbillig

wäre.

Eine besondere Härte ist z. B. dann gegeben,

wenn sich der Schuldner in einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage befindet und zu erwarten ist, dass die Weiterverfolgung des Anspruchs zu seiner Existenzgefährdung führen würde und weder die Stundung noch die Niederschlagung des geschuldeten Betrages eine Minderung der Notlage des Schuldners auf Dauer erwarten lassen.
An die Prüfung der Voraussetzungen für einen Erlass nach

§ 59 LHO

müssen

besonders strenge Anforderungen

gestellt werden. Im Gegensatz zur Voraussetzung für eine Stundung und Niederschlagung muss die besondere Härte dauernd zu bejahen sein und nicht durch eine Verschiebung des Leistungszeitpunktes beseitigt werden können.
Die

Unbilligkeit

kann in der Sache selbst (sachliche Unbilligkeit) oder in den persönlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen (persönliche Unbilligkeit) begründet sein.
Nähere Ausführungen zur Unbilligkeit nach § 227 Abs. 1 AO ergeben sich aus den entsprechenden Kommentierungen und der aktuellen Rechtsprechung.

4.3

Verfahren

Für einen Erlass ist in der Regel ein

Antrag

des Anspruchsgegners erforderlich.
Vor jedem Erlass von Ansprüchen nach

§ 59 LHO

bzw. § 227 AO und

§ 25 BremGebBeitrG

ist die

Stellungnahme des Rechnungsprüfungsamtes

einzuholen (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 2 des Ortsgesetzes über die Rechnungsprüfung in der Stadtgemeinde Bremerhaven (Rechnungsprüfungsordnung)).
Über den Erlass ist ein schriftlicher Bescheid zu erteilen, bei privatrechtlichen Ansprüchen sowie bei Ansprüchen aus öffentlich-rechtlichen Verträgen ist der Erlass vertraglich zu vereinbaren.
Die Erlassvorgänge sind 10 Jahre aufzubewahren. Anschließend sind sie dem Stadt-archiv zur Übernahme ins Archiv anzubieten (vgl. Nr. 3.3 dieser Dienstanweisung).

4.4

Zuständigkeit

Bei Erlassen von

grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung

ist die Einwilligung des Magistrats einzuholen.
Ein Fall von erheblicher finanzieller Bedeutung ist gegeben, wenn Beträge von mehr als 10.000 Euro erlassen werden sollen.
Zum Erlass von Einzelansprüchen werden ermächtigt:
Beträge:Berechtigte:
-bis zu 5.000 Euroalle Amts- und Betriebsleiter für ihre Geschäftsbereiche sowie
- der Leiter für Wirtschaftsangelegenheiten innerhalb des Führungsstabes der Ortspolizeibehörde
- der Leiter der Steuerabteilung innerhalb der Stadtkämmerei
-bis zu 10.000 EuroStadtkämmerer bzw. Vertreter

5.

Eingaben im Finanzprogramm

Die Stundungen, Niederschlagungen und Erlasse sind in der jeweils aktuellen Finanzsoftware zu erfassen.

6.

Berichtspflicht

Nach Abschluss des Haushaltsjahres sind der Stadtkämmerei bis zum 15. Februar des Folgejahres die Übersichten über niedergeschlagene (getrennt nach befristeten und unbefristeten Niederschlagungen) und erlassene Ansprüche aus jedem Fachbereich vorzulegen. Dazu sind die dieser Dienstanweisung beigefügten Listen in Form von Excel-Dateien zu verwenden. Fehlanzeigen sind erforderlich.

7.

Inkrafttreten

Diese Dienstanweisung tritt am 01.02.2013 in Kraft.
Gleichzeitig tritt die „Dienstanweisung über Stundungen, Niederschlagungen und Erlasse“ vom 01.01.2002 außer Kraft.
Bremerhaven, den 26. März 2013
Magistrat der Stadt Bremerhaven
Grantz Oberbürgermeister
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