Ortsgesetz über Bürgerbeteiligung
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Ortsgesetz über Bürgerbeteiligung

Ortsgesetz über Bürgerbeteiligung Vom 24. August 1995
Zum 17.10.2024 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 2 des Ortsgesetzes vom 04.02.2016 (Brem.GBl. S. 21)
Der Magistrat verkündet das nachstehende von der Stadtverordnetenversammlung beschlossene Ortsgesetz:

§ 1 Verfahrensvorschriften

(1) Für die für einen Einwohnerantrag bzw. ein Bürgerbegehren erforderlichen Unterschriften sind Antragslisten oder Einzelanträge zu verwenden, die von jeder Antragstellerin und jedem Antragsteller persönlich und handschriftlich mit Vor- und Familiennamen zu unterzeichnen sind; neben der Unterschrift sind Familienname, Vorname, Tag der Geburt sowie Wohnort und Wohnung lesbar einzutragen. Jeder neuen Unterschriftenseite oder jedem Einzelantrag ist der Wortlaut des Antrages bzw. das Ziel des Begehrens voranzustellen. Die Beschaffung der Antragslisten ist Sache derjenigen, die den Einwohnerantrag stellen bzw. das Bürgerbegehren initiieren.
(2) Ungültig sind Eintragungen, die Absatz 1 nicht entsprechen, unleserlich oder unvollständig sind oder einen Zusatz oder Vorbehalt enthalten.
(3) Der Einwohnerantrag bzw. das Bürgerbegehren ist beim Stadtverordnetenvorsteher einzureichen. Dieser leitet die Antragslisten und Einzelanträge dem Magistrat zu, sofern der Einwohnerantrag bzw. das Bürgerbegehren nicht offensichtlich unzulässig ist. Der Magistrat überprüft die Eintragungen entsprechend

§ 15

bzw.

§ 16 der Verfassung für die Stadt Bremerhaven

anhand des Melderegisters und teilt das Ergebnis seiner Prüfung unverzüglich dem Stadtverordnetenvorsteher mit.
(4) Die Meldebehörde prüft, ob die erforderliche Zahl gültiger Eintragungen für das Zustandekommen des Einwohnerantrages bzw. Bürgerbegehrens erreicht ist. Sie kann ihre Prüfung in Form von Stichproben durchführen. Die Prüfung kann abgebrochen werden, wenn aufgrund der Stichproben erwartet werden kann, daß die erforderliche Zahl erreicht ist. In diesen Fällen wird vermutet, daß der Einwohnerantrag/das Bürgerbegehren ausreichend unterzeichnet ist.
(5) Für die Ermittlung des Quorums entsprechend

§ 15 Absatz 3

oder

§ 16 Absatz 4 der Verfassung für die Stadt Bremerhaven

ist die Zahl der Einwohner bzw. Bürger maßgebend, die vom Magistrat nach statistischen bzw. wahlrechtlichen Grundsätzen für den 31. Dezember des vorangegangenen Jahres ermittelt wurden.

§ 2 Vertrauenspersonen

Berechtigt, die Unterzeichner eines Einwohnerantrages bzw. Bürgerbegehrens zu vertreten, können nur Personen sein, die auch einen Einwohnerantrag bzw. ein Bürgerbegehren unterstützen können. Die Vertreter eines Bürgerbegehrens müssen das 18. Lebensjahr vollendet haben. Sie sind, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, jeder für sich berechtigt, verbindliche Erklärungen zum Gegenstand abzugeben und entgegenzunehmen.

§ 3 Datenschutz

Antragslisten oder Einzelanträge dürfen ausschließlich zur Prüfung der Zulässigkeit eines Einwohnerantrages bzw. Bürgerbegehrens verwendet werden. Sie sind nach Abschluß des Antragsverfahrens zu vernichten.

§ 4 Fristen und Termine Zustellung von Entscheidungen

(1) Soweit in diesem Ortsgesetz nichts anderes bestimmt ist, gilt für die Berechnung von Fristen und Terminen

§ 31 des Bremischen Verwaltungsverfahrensgesetzes

entsprechend.
(2) Der Stadtverordnetenvorsteher stellt den im Einwohnerantrag bzw. Bürgerbegehren benannten Vertrauenspersonen unverzüglich die abschließende Entscheidung über die Zulässigkeit zu.
(3) Hinsichtlich der Ladungsfristen und der Redezeit für die Vertrauenspersonen eines Einwohnerantrages bzw. Bürgerbegehrens gelten die Bestimmungen der Geschäftsordnung für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Bremerhaven entsprechend. § 14 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung findet keine Anwendung.

§ 5 Einwohnerantrag

(1) Der Einwohnerantrag kann auch von in der Stadt wohnenden Ausländerinnen und Ausländern sowie Jugendlichen unterzeichnet werden; die Antragstellerinnen und Antragsteller müssen am Tag seines Eingangs das 16. Lebensjahr vollendet haben.
(2) Der Einwohnerantrag soll einen Vorschlag zur Deckung der mit seiner Erfüllung verbundenen Ausgaben oder Einnahmeausfälle enthalten.

§ 6 Bürgerbegehren

(1) Die mit dem Bürgerbegehren nach

§ 16 Absatz 3 der Verfassung für die Stadt Bremerhaven

einzubringende Frage ist so zu formulieren, daß sie das Ziel des Begehrens hinreichend klar und eindeutig zum Ausdruck bringt. Sie darf die freie und sachliche Willensbildung der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere durch beleidigende, polemische oder suggestive Formulierungen nicht gefährden. Inhaltlich zusammenhängende Teilbereiche können zusammengefaßt werden; in diesem Fall ist eine ganzheitliche Abstimmungsfrage zu formulieren. Die Kopplung unterschiedlicher Bürgerbegehren in einem Verfahren ist nicht zulässig.
(2) Der Kostendeckungsvorschlag muss auch die voraussichtlich zu erwartende Kostenhöhe und die eventuellen Folgekosten der verlangten Maßnahme enthalten. Unzulässig ist ein Deckungsvorschlag, der die Aufnahme von Krediten oder diesen wirtschaftlich gleichkommenden Finanzierungen vorsieht. Er ist den Antragstellerinnen und Antragstellern vor Eintragung in die Antragsliste oder Erstellung der Einzelanträge in geeigneter Weise zur Kenntnis zu geben. Gleiches gilt für die Begründung des Bürgerbegehrens.
(3) Das Bürgerbegehren darf nur von Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet werden, die am Tag seines Eingangs beim Stadtverordnetenvorsteher entsprechend den Bestimmungen des
Bremischen Wahlgesetzes
wahlberechtigt sind.
(4) Gegen den Beschluß der Stadtverordnetenversammlung ist ein Bürgerbegehren auch dann gerichtet, wenn es den Beschluß nicht ausdrücklich erwähnt, sondern in positiver Formulierung ein anderes Vorhaben anstelle des von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Vorhabens anstrebt.
(5) Soweit die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens festgestellt wurde, werden den Vertretern des Bürgerbegehrens die Kosten einer bis dahin in Anspruch genommenen anwaltlichen Beratung bis zu einem Höchstbetrag von 750,00 € erstattet. Der Antrag ist beim Stadtverordnetenvorsteher einzureichen.
(6) Der Stadtverordnetenvorsteher macht das Ergebnis der Prüfung gemäß

§ 16 Absatz 5 der Verfassung für die Stadt Bremerhaven

unverzüglich öffentlich bekannt.

§ 7 Bürgerentscheid

(1) Entspricht die Stadtverordnetenversammlung einem zulässigen Bürgerbegehren nicht, so ist innerhalb von drei Monaten ein Bürgerentscheid durchzuführen. Auf Antrag oder mit Zustimmung der Vertreter des Bürgerbegehrens kann ein außerhalb dieser Frist liegender Termin festgelegt werden. Die Stadtverordnetenversammlung legt für die Durchführung einen Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fest; der Termin und die dabei zur Entscheidung zu bringende Frage sind öffentlich bekannt zu machen.
(2) Die auf den Stimmzetteln zur Entscheidung zu bringende Frage muß so gestellt sein, daß sie mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Kommt der Bürgerentscheid durch Beschluß der Stadtverordnetenversammlung zustande, wird die Formulierung der Frage von dieser entschieden, bei einem Bürgerentscheid aufgrund eines Bürgerbegehrens von den Bürgerinnen und Bürgern, die den Bürgerentscheid erwirkt haben.
(3) Die Kosten der Durchführung eines Bürgerentscheides trägt die Stadt Bremerhaven.

§ 7a Informationsheft

Zur Durchführung eines Bürgerentscheids wird ein Informationsheft erstellt, in dem die Vertreter des Bürgerbegehrens, die in der Stadtverordnetenversammlung vertretenen Fraktionen, Gruppen und die Stadtverordneten, die keiner Fraktion oder Gruppe angehören sowie der Magistrat eine kurze sachliche Begründung ihrer Haltung geben.

§ 8 Durchführung eines Bürgerentscheids

(1) Jeder Stimmberechtigte hat nur eine Stimme. Diese gibt er in der Weise ab, dass er durch ein auf den Stimmzettel gesetztes Kreuz oder in anderer Weise seinen Willen eindeutig kenntlich macht.
(2) Ungültig sind Stimmen, wenn der Stimmzettel
1.
nicht amtlich hergestellt ist,
2.
die Kennzeichnung der gestellten Frage zugleich mit Ja und Nein enthält,
3.
die Kennzeichnung der gestellten Frage weder mit Ja noch mit Nein enthält,
4.
den Willen des Stimmberechtigten nicht zweifelsfrei erkennen lässt,
5.
einen Zusatz oder Vorbehalt enthält.
Mehrere Stimmzettel zur selben Frage in einem Stimmzettelumschlag gelten als ein Stimmzettel, wenn die Stimmabgabe auf ihnen gleich lautet oder nur einer von ihnen gekennzeichnet ist; sonst gelten sie als ungültiger Stimmzettel.
(3) Nach Beendigung der Abstimmung stellt der Auszählwahlvorstand
1.
die Zahl der Abstimmungsberechtigten,
2.
die Zahl der abgegebenen Stimmen,
3.
die Zahlen der gültigen und ungültigen Stimmen und
4.
die Zahlen der Ja- und Nein-Stimmen
im Abstimmungsbezirk fest. Bei der Stimmabgabe durch Brief stellt der eingesetzte Auszählwahlvorstand die auf diese Weise abgegebenen Stimmen entsprechend Satz 1 fest. Der Stadtwahlausschuss stellt die Gesamtzahl der Stimmen im Gebiet der Stadt Bremerhaven entsprechend Satz 1 fest. Das endgültige Ergebnis der Abstimmung wird vom Stadtwahlleiter öffentlich bekannt gemacht.
(4) Soweit dieses Ortsgesetz nichts anderes bestimmt, gelten für den Bürgerentscheid

§ 42 Absatz 2

und

§ 43 des Bremischen Wahlgesetzes

in Verbindung mit den Vorschriften über
1.
das Wahlrecht (

§§ 1

und
2
),
2.
die Ausübung des Wahlrechts (

§ 3

),
3.
die Wahlbezirke und Wahlorgane (

§§ 9

bis
13
),
4.
die Vorbereitung der Wahl (

§ 15

),
5.
die Wahlhandlung (

§§ 26

bis
29
),
6.
die Feststellung des Wahlergebnisses (

§§ 31

und
32
mit Ausnahme von

§ 31 Absatz 1 Nummer 5

),
7.
Nachwahlen und Wiederholungswahlen (

§§ 40

und
41
),
8.
die Wahlprüfung (

§ 47

),
9.
die Anfechtung, Fristen, Termine und Form (

§§ 54

und
55
)
sowie die hierzu ergangenen Durchführungsvorschriften entsprechend.
(5) Der Magistrat trifft die zur gemeinsamen Durchführung des Bürgerentscheids und einer Wahl zum Deutschen Bundestag, Europäischen Parlament, zur Bremischen Bürgerschaft oder zur Stadtverordnetenversammlung erforderlichen Regelungen, um insbesondere die gemeinsame Benutzung der Wahlunterlagen und die Zusammenarbeit der Wahlorgane sicherzustellen.

§ 9 Inkrafttreten

Dieses Ortsgesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Bremerhaven, den 24. August 1995
Magistrat der Stadt Bremerhaven gez. Niederquell Bürgermeister
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