Verordnung über das Naturschutzgebiet "Westliches Hollerland (Leherfeld)" im Gebiet der Stadtgemeinde Bremen
Verordnung über das Naturschutzgebiet "Westliches Hollerland (Leherfeld)" im Gebiet der Stadtgemeinde Bremen Vom 25. März 1985
Zum 17.10.2024 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Geschäftsverteilung des Senats vom 20.10.2020 (Brem.GBl. S. 1172) |
Aufgrund der §
§ 18
und
19 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bremisches Naturschutzgesetz - BremNatSchG)
vom 17. September 1979 (Brem.GBl. S. 345 790-a-1) wird verordnet:
§ 1 Erklärung zum Schutzgebiet NATURA 2000
Der in dem
§ 2
näher bezeichnete Landschaftsteil in der Stadtgemeinde Bremen, Ortsteil Horn-Lehe, wird zum Naturschutzgebiet erklärt. Das Naturschutzgebiet ist bei der obersten Naturschutzbehörde im Naturschutzbuch unter Nr. 4 eingetragen und führt die Bezeichnung "Westliches Hollerland (Leherfeld)".
§ 2 Schutzgegenstand
(1) Das Naturschutzgebiet hat eine Größe von ca. 293 ha.
(2) Die Grenze des Naturschutzgebietes verläuft
im Norden:
teils unmittelbar, teils in einer Entfernung von bis zu 50 m südlich der Straße "Am Lehester Deich", teilweise entlang der südlichen Siedlungsgrenze;
im Westen:
entlang der östlichen Uferlinie des Kuhgrabens (
§ 69 Abs. 2 und 3 BremWG
);
im Süden:
vom Kuhgraben bis zum "Jan-Reiners-Weg" auf der nördlichen Seite des parallel zur Bundesautobahn A 27 bzw. des Autobahnzubringers verlaufenden Weges;
im Osten:
im südlichen Bereich entlang der Westgrenze des "Jan-Reiners-Weges", sodann dem nördlich des Autobahnzubringers gelegenen Graben auf seiner Südseite folgend bis zum Hohekampgraben, dann seiner Nordseite folgend bis zur Ostgrenze des Flurstücks 31/1, VR, Flur 327, dann in nördlicher Richtung dem Waldrand folgend bis zur Südseite des Schelenkampsfleetes, vom Schelenkampsfleet in einem Abstand von 20 m östlich des Flurstückes 19/1, VR, Flur 327, in nördliche Richtung (425 m), von hier aus in nordwestliche Richtung bis zur Südwestecke des Flurstückes 135/8, VR, Flur 326 (Am Lehester Deich Nr. 94 H).
Das Naturschutzgebiet erstreckt sich nicht auf den Bereich des Autobahnzubringers Horn-Lehe.
(3) Der genaue Grenzverlauf des Naturschutzgebietes ist mit einer schwarzgestrichelten Linie in der dieser Verordnung beiliegenden ersten Änderungskarte, Maßstab 1:5.000, eingetragen. Sie verläuft an der Außenkante dieser Linie. Die
Karte
ist Bestandteil dieser Verordnung. Sie wird bei der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau - oberste Naturschutzbehörde - verwahrt. Diese Verordnung nebst Karte kann während der üblichen Sprechzeiten kostenlos eingesehen werden.
§ 3 Schutzzweck
(1) Schutzzweck ist die Erhaltung, Entwicklung und Wiederherstellung der Leistungs- und. Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes in diesem wesentlichen Teilbereich der unteren Wümmeniederung, der noch als offener Landschaftsraum mit großflächigem und störungsarmem Grünland-Graben-Areal mit seinem reichen Arteninventar verblieben, ist. Schutzzweck ist der Erhalt und die Entwicklung dieses Gebietes als Lebensraum spezieller, an diese Verhältnisse angepasster Pflanzen- und Tiergemeinschaften mit zum Teil stark gefährdeten Arten auch als Teil des europäischen Schutzgebietsnetzes NATURA 2000 innerhalb des besonderen Schutzgebietes und Gebietes gemeinschaftlicher Bedeutung DE 2819-370 „Hollerland“ im Biotopverbundsystem des Bremer Feuchtgrünlandringes und der Wümme-Hamme-Niederung.
(2) Schutzzweck ist weiterhin der Erhalt und die Entwicklung der Lebensraumtypen 1340 („Salzwiesen im Binnenland“) und 6430 („feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe“) gemäß Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. EG Nr. L 206 S. 7), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/105/EG des Rates vom 20. November 2006 (ABl. EG Nr. L 363 S. 368).
(3) Schutzzweck ist außerdem, das großflächige Feuchtgrünland mit der Binnensalzstelle „Pannlake“ sowie das engmaschige, vielfältige Grabensystem, mit zum. Teil sehr seltenen Grabenbiozönosen, wie das großräumige Vorkommen von Krebsscheren-Gräben in unterschiedlichen Sukzessionsstadien, zu erhalten und zu entwickeln als
1.
typisches naturnahes Landschaftselement: des nordwestdeutschen Flachlandes,
2.
Lebensraum von Populationen der naturraumtypischen Kleinfischarten, insbesondere des Schlammpeitzgers, in einem günstigen Zustand durch Erhaltung und Verbesserung des vernetzten Fleet- und Grabensystems im Grünland und Durchführung einer naturverträglichen Grabenräumung,
3.
Standort seltener Grünland-, Wasser- und Röhrichtpflanzen sowie als Standort salztoleranter Pflanzenarten,
4.
bedeutendes Vogelbrutgebiet, insbesondere von Wiesenvögeln wie der Bekassine,
5.
Rast- und Überwinterungsgebiet von. Vögeln,
6.
bedeutenden Lebensraum und bedeutendes Laichgebiet von Amphibien, insbesondere des Moor-, Gras- und Seefrosches,
7.
bedeutsamen Lebensraum einer artenreichen Insektenfauna, insbesondere der Libellen, wie der Grünen Mosaikjungfer und der Keilflecklibelle, Schwebfliegen, Wasserwanzen und -käfer, wie dem Schmalbindigen Breitflügeltauchkäfer, sowie der Laufkäfer,
8.
Lebensraum von Kleinsäugern, Spinnen, Wasserschnecken, wie der Zierlichen Tellerschnecke, Muscheln und Fischen.
(4) Schutzzweck für den mit Laubwald bestandenen Bereich ist, dieses Gebiet seiner natürlichen Entwicklung zu überlassen als herausragenden Lebensraum einer artenreichen seltenen Pilzflora, als bedeutenden Lebensraum einer artenreichen Insektenfauna, insbesondere Hautflügler, Schwebfliegen und Käfer sowie Spinnen, als wichtigen Sommerlebensraum und wichtiges Überwinterungsgebiet für Amphibien, sowie als bedeutsamen Lebensraum für Kleinsäuger und Vögel.
(5) Im Schutzgebiet gibt es ein Vorkommen des prioritären Lebensraumtyps 1340 („Salzwiesen im Binnenland“) gemäß Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG. Weitere prioritäre Lebensraumtypen gemäß Anhang I oder prioritäre Arten gemäß Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG kommen im Schutzgebiet nicht vor.
§ 4 Verbote, Gebote
(1) In dem Naturschutzgebiet sind alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können.
(2) Es ist deshalb insbesondere
verboten,
1.
in der Zeit vom 1. Januar bis 10. Juni eines jeden Jahres das Grünland zu walzen, zu schleppen, zu mähen, Düngemittel oder Bodenhilfsstoffe im Sinne des Düngemittelgesetzes aufzubringen, sowie in der Zeit vom 15. März bis 10. Juni Stallmist aufzubringen und vor dem 31. Juli eines jeden Jahres die Flächen von außen nach innen zu mähen.
2.
vor dem 25. Juni eines jeden Jahres entlang der das Pachtland begrenzenden Gräben sowie entlang der Kleingewässer (Bombentrichter) in jeweils einer Maschinenbreite mindestens jedoch von jeweils 2 m zu mähen,
3.
Düngemittel oder Bodenhilfsstoffe im Sinne des Düngemittelgesetzes in den unter 2. genannten Bereichen zu verwenden,
4.
Gülle, Jauche, Klärschlamm, Fäkalien oder Abwasser aufzubringen,
5.
das Grünland umzubrechen sowie Nachsaaten oder Reparatursaaten durchzuführen,
6.
chemische sowie sonstige Mittel zur Bekämpfung von Pflanzen und Tieren einzusetzen. Hierunter fällt auch der Einsatz dieser Mittel zum Abtöten der Grasnarbe oder zur Reinigung der Wasserläufe, Gräben und Fleete,
7.
das Naturschutzgebiet zu betreten oder mit Fahrzeugen aller Art zu befahren, soweit dieses nicht im Rahmen der zulässigen Handlungen nach
§ 6
geschieht,
8.
die Bodendecke abzubrennen,
9.
Maßnahmen vorzunehmen, die eine Entwässerung des Gebietes über den bei Inkrafttreten dieser Rechtsverordnung vorhandenen Zustand hinaus zur Folge haben, bzw. eine generelle Absenkung der Gewässer verursachen können, wie z.B. die Anlage ortsfester Dränage- oder Rohrleitungen,
10.
Bodenbestandteile zu entnehmen, Sprengungen, Bohrungen und Grabungen vorzunehmen, Stoffe aller Art aufzuschütten oder einzubringen oder das Bodenrelief, insbesondere Mulden, Senken, den Geländerücken, Wasserläufe, Gräben und Fleete zu verändern,
11.
bauliche Anlagen aller Art, auch wenn sie keiner bauaufsichtlichen Genehmigung bedürfen oder nur vorübergehender Art sind, zu errichten oder zu verändern,
12.
Schilder und Inschriften anzubringen, soweit sie sich nicht auf den Naturschutz oder Verkehr beziehen,
13.
in dem Naturschutzgebiet zu lagern, zu zelten oder Wohnwagen und andere für die Unterkunft geeignete Fahrzeuge aufzustellen,
14.
wild lebenden Tieren nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, oder sie mutwillig zu stören, oder ihre Fortpflanzungs- oder Ruhestätten aus der Natur zu. entnehmen, zu beschädigen oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören oder Tiere auszusetzen;
15.
die Ruhe der Natur durch Lärm oder auf andere Weise zu stören (z.B. Tonwiedergabegeräte, Modellflugzeuge, Krafträder),
16.
Hunde frei herumlaufen zu lassen,
17.
Bäume, Hecken, Gehölze oder sonstige Pflanzen einzubringen, zu beseitigen, zu beschädigen oder in ihrem Weiterbestand zu beeinträchtigen sowie Totholz zu entnehmen,
18.
Abfälle aller Art wegzuwerfen, abzulagern, Fahrzeuge zu waschen oder die Landschaft auf andere Weise zu verunreinigen,
19.
die erforderliche Räumung oder Krautung von Gewässern in der Zeit vom 15. November bis 31. August durchzuführen. Die erforderlichen Arbeiten dürfen innerhalb einer Räumungsperiode nur von einer Seite des Grabens aus vorgenommen werden. Der Einsatz von Grabenfräsen ist unzulässig.
§ 5 Hineinwirken von Handlungen
Gemäß
§ 19 Abs. 2 Satz 2 BremNatSchG
gelten die Verbote nach
§ 4 Abs. 1
ebenso für Handlungen, die in das Gebiet hineinwirken können. Insbesondere sind aus diesem Grunde in den angrenzenden Landschaftsteilen sämtliche Gewässerbenutzungen untersagt, die zu einer Veränderung der Grundwasserstände oder zu einer Verschmutzung des Oberflächenwassers führen können, soweit sie dem Schutzzweck nach
§ 3
entgegenstehen.
§ 6 Zulässige Handlungen
Zugelassen sind im Naturschutzgebiet folgende Handlungen:
1.
landwirtschaftliche Nutzung unter Beachtung der Verbote und Gebote nach
§ 4
. Ferner die Ausbringung von Stallmist und Phosphor- Kali -Dünger in der Zeit vom. 15. März bis zum 10. Juni mit Genehmigung der obersten Naturschutzbehörde;
2.
das Betreten und Befahren des Naturschutzgebietes zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben,
3.
die ordnungsgemäße Unterhaltung der Gewässer, soweit sie nicht durch
§ 4
eingeschränkt wird,
4.
die Benutzung des Jan-Reiners-Weges als Rad- und Gehweg im Rahmen der verkehrsrechtlichen Bestimmungen sowie seine ordnungsgemäße Unterhaltung,
5.
die ordnungsgemäße Unterhaltung der vorhandenen öffentlichen Ver- und Entsorgungsleitungen, soweit sie nicht dem Schutzzweck nach
§ 3
entgegensteht,
6.
Maßnahmen des Naturschutzes sowie der wissenschaftlichen Forschung und Lehre, die der Pflege und Entwicklung des Schutzgebietes oder der Umweltbildung dienen und mit Genehmigung der obersten Naturschutzbehörde durchgeführt werden;
7.
die Bisambekämpfung im Rahmen artenschutzrechtlicher Bestimmungen;
8.
die Ausübung der Jagd im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen.
§ 7 Befreiung
Von den Bestimmungen dieser Verordnung kann die oberste Naturschutzbehörde gemäß
§ 48 BremNatSchG
Befreiung erteilen. Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden.
§ 8 Verkehrssicherungspflicht/Gefahrenabwehr
(1) Die Verpflichtung der Eigentümer oder sonst Berechtigten, den nach
§ 1
geschützten Landschaftsteil und seine Bestandteile in einem verkehrssicheren Zustand zu halten, bleibt unberührt.
(2) Nicht mehr schutzwürdige Bäume oder Bäume, die eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen, können von der unteren Naturschutzbehörde von dem Schutz dieser Verordnung ausgenommen werden.
§ 9 Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrig im Sinne des
§ 49 Abs. 1 des Bremischen Naturschutzgesetzes
handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1.
einem Verbot oder Gebot nach
§§ 4
und
5
zuwiderhandelt,
2.
einer Nebenbestimmung nach
§ 7 Satz 2
zuwiderhandelt,
3.
einer vollziehbaren Verpflichtung nach
§ 10
zuwiderhandelt.
§ 10 Wiederherstellung
(1) Die Naturschutzbehörde kann anordnen, daß derjenige, der nach
§ 4
oder
§ 5
verbotene Handlungen ohne Erlaubnis vornimmt, den ursprünglichen Zustand soweit wie möglich wieder herzustellen hat, indem er die eingetretenen Schäden oder Veränderungen auf seine Kosten beseitigt.
(2) Die Beseitigung von Veränderungen nach Absatz 1 entbindet nicht von der Verpflichtung, nach
§ 52 BremNatSchG
angemessene und zumutbare Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder Ausgleichsabgaben zu leisten.
§ 11
Der Vollzug dieser Verordnung obliegt, soweit nichts anderes bestimmt ist, der unteren Naturschutzbehörde.
§ 12 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
Bremen, den 25. März 1985
Der Senator für Umweltschutz oberste Naturschutzbehörde
Anlage
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