Verordnung über die Aufbewahrung und Verabreichung von Arzneimitteln in Alten- und Pflegeheimen
Verordnung über die Aufbewahrung und Verabreichung von Arzneimitteln in Alten- und Pflegeheimen Vom 15. Mai 2001
Zum 17.10.2024 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Geschäftsverteilung des Senats vom 20.10.2020 (Brem.GBl. S. 1172) |
Aufgrund des
§ 26 Abs. 2 des Gesundheitsdienstgesetzes
vom 27. März 1995 (Brem.GBl. S. 175, 366 - 2120-f-1), das durch Gesetz vom 27. Februar 2001 (Brem.GBl. S. 35) geändert worden ist, wird verordnet:
§ 1 Anwendungsbereich
(1) Diese Verordnung regelt den Bezug, die Aufbewahrung, die Verabreichung und die Entsorgung von Arzneimitteln in Alten- und Pflegeheimen.
(2) Alten- und Pflegeheime im Sinne dieser Verordnung sind Heime, die alte Menschen sowie pflegebedürftige oder behinderte volljährige Personen nicht nur vorübergehend aufnehmen, zu diesem Zweck entgeltlich betrieben werden und in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl ihrer Bewohner unabhängig sind.
(3) Diese Verordnung findet auch Anwendung auf Heime, die der vorübergehenden Aufnahme von volljährigen Personen dienen (Kurzzeitpflege) sowie auf Hospize. Gleiches gilt für Heime, die minderjährige pflegebedürftige oder behinderte Personen aufnehmen, soweit diese Verordnung nichts anderes bestimmt.
§ 2 Grundsätze
(1) Bezug, Aufbewahrung, Einnahme und Entsorgung von Arzneimitteln erfolgt grundsätzlich durch die Bewohner der in
§ 1
genannten Heime in eigener Verantwortung. Der Bewohner, sein Vertreter oder sein Betreuer kann einzelne oder sämtliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Bezug, der Aufbewahrung, der Verabreichung oder der Entsorgung von Arzneimitteln auf das Heim übertragen. Der Bewohner bleibt Eigentümer der ihm vom Arzt verordneten Arzneimittel und kann hierüber verfügen.
(2) Soweit für einen Bewohner eine Betreuung mit dem Aufgabenbereich der gesundheitlichen Versorgung angeordnet worden ist, gilt Absatz 1 für den Betreuer entsprechend.
(3) Sind Bewohner aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, ihre Arzneimittel selbst zu besorgen und auf deren ordnungsgemäße Einnahme selbst zu achten, und haben sie, ihre Vertreter oder ihre Betreuer den Bezug, die Aufbewahrung, die Verabreichung und die Entsorgung der Arzneimittel dem Heim übertragen, finden die
§§ 3
bis
8
Anwendung. In diesen Fällen übernimmt das Heim im Rahmen seiner Betreuung und Pflege die Aufgabe, die ärztlich verordneten Arzneimittel zu besorgen, für die Bewohner aufzubewahren und diesen auf Weisung und unter Verantwortung des Arztes zu verabreichen sowie die Arzneimittel zu entsorgen.
§ 3 Bezug von Arzneimitteln
(1) Arzneimittel sind aufgrund ärztlicher Verschreibungen patientenbezogen aus öffentlichen Apotheken zu beziehen.
(2) Zur Versorgung eines Heimes im Sinne des
§ 1 Abs. 2 und 3 Satz 1
mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten durch eine öffentliche Apotheke ist der Apotheker verpflichtet, mit dem Träger des Heimes einen schriftlichen Vertrag zu schließen. Der Vertrag bedarf zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Vertrag den inhaltlichen Anforderungen des § 12 a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5 des Apothekengesetzes genügt. Die Versorgung ist vor Aufnahme der Tätigkeit durch den Apotheker der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz anzuzeigen.
(3) Zur Versorgung eines Heimes, das minderjährige pflegebedürftige oder behinderte Personen aufnimmt, mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten kann der Apotheker mit dem Träger des Heimes einen Versorgungsvertrag nach Absatz 2 abschließen. Dieser Vertrag bedarf für seine Rechtswirksamkeit nicht der Genehmigung durch die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz.
(4) Entsprechend § 17 Abs. 2 der Apothekenbetriebsordnung hat die Apotheke die Arzneimittel patientenbezogen zu verpacken, mit Name und Anschrift des Bewohners zu versehen sowie zusätzlich die ärztlich angeordneten Dosierungsanweisungen auf den Arzneimitteln zu vermerken.
§ 4 Aufbewahrung der Arzneimittel
(1) Arzneimittel sind mit der gebotenen Sorgfalt und unter Einhaltung der Hygieneanforderungen aufzubewahren und anzuwenden.
(2) Die aus der Apotheke bezogenen Arzneimittel sind im Heim für jeden Bewohner im Sinne des
§ 2 Abs. 3
getrennt in abgeteilten Fächern und Behältnissen in einem abschließbaren Schrank aufzubewahren. Dabei ist jedes Fach oder Behältnis mit Namen und Bezeichnung des Zimmers des Bewohners zu kennzeichnen. Für kühl zu lagernde Arzneimittel ist ein Kühlschrank vorzuhalten, in dem ausschließlich Arzneimittel aufbewahrt werden dürfen. Auch diese Arzneimittel sind für jeden Bewohner gesondert und mit Namen und Zimmerbezeichnung versehen aufzubewahren.
(3) Arzneimittel, die der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung unterliegen, sind mit dem Namen des Bewohners versehen diebstahlsicher aufzubewahren.
§ 5 Pflegedokumentation
(1) Grundlage für die Arzneimittelverabreichung an die Bewohner im Sinne des
§ 2 Abs. 3
bildet die Pflegedokumentation. Diese wird vom Heim geführt. In der Pflegedokumentation ist für jeden Bewohner namentlich die gesamte Arzneimittelanwendung zu vermerken.
(2) Der behandelnde Arzt trägt bei der Ausstellung des Rezeptes Sorge dafür, dass das verordnete Arzneimittel und die genaue Anwendung mit Dosierungsanweisung in der Pflegedokumentation vermerkt werden, und bestätigt die Richtigkeit der Dokumentation durch seine Unterschrift. Sollten sich nachträglich Änderungen der angeordneten Arzneimitteltherapie als notwendig erweisen, sind diese zwischen dem Arzt und dem Personal des Heimes telefonisch abzustimmen, vom Arzt unverzüglich mit Telefax oder mit geeigneten elektronischen Medien schriftlich zu bestätigen und vom Personal des Heimes in der Pflegedokumentation zu vermerken. Der Arzt hat diesen Vermerk nachträglich durch seine Unterschrift abzuzeichnen.
(3) Das Personal des Heimes hat die Anweisungen des Arztes strikt zu befolgen und darf sie nicht eigenmächtig abändern. Soweit Arzneimittel nicht oder nicht der Anweisung entsprechend eingenommen wurden, ist dies in der Pflegedokumentation zu vermerken.
(4) Bei Arzneimitteln hat der Arzt dem Pflegepersonal die Anwendung und Dosierung möglichst genau, mindestens jedoch mit Angabe der Einzel- und Tageshöchstmenge vorzugeben und in der Pflegedokumentation zu vermerken. Unbestimmte Angaben, insbesondere die Angabe "bei Bedarf", gelten nicht als ausreichend im Sinne des Satzes 1.
(5) Das Heim hat die Pflegedokumentation auf Verlangen der Heimaufsicht und dem Gesundheitsamt vorzulegen.
§ 6 Verabreichung der Arzneimittel
(1) Die Arzneimittelverabreichung erfolgt ausschließlich unter der Verantwortung einer Fachkraft im Sinne des § 6 der Heimpersonalverordnung, die von der Heimleitung oder der Pflegedienstleitung bestimmt wird. Das Personal ist nicht berechtigt, eigenmächtig Bewohnern Arzneimittel zu verabreichen.
(2) Die für einen Tag benötigten Arzneimittel sind dem Bewohner mit der Einnahmeanweisung zuzuführen. Soweit Bewohner nicht mehr in der Lage sind, die Arzneimitteleinnahme selbständig durchzuführen, ist es Aufgabe des Heimes, die Einzeldosen zu den vorgesehenen Zeiten dem Bewohner zur unmittelbaren Einnahme oder Anwendung zuzuführen und die Einnahme oder Anwendung zu überwachen.
(3) Vor der Anwendung von Arzneimitteln sind die aufgedruckten Verfalldaten zu kontrollieren und zu beachten. Bei Flüssigkeiten ist das Datum des erstmaligen Öffnens auf dem Behältnis zu vermerken. Verfallene Arzneimittel dürfen nicht mehr verwendet werden.
§ 7 Verabreichung von Injektionsarzneimitteln
(1) Die Anwendung von Injektionen ist grundsätzlich dem behandelnden Arzt persönlich vorbehalten.
(2) Abweichend von Absatz 1 dürfen intramuskuläre und subkutane Injektionen einschließlich der regelmäßigen Insulinversorgung, soweit der Arzt dies ausdrücklich zulässt und dokumentiert, von qualifiziertem Personal, das von der Heimleitung oder der Pflegedienstleitung und dem Arzt dazu ermächtigt ist, appliziert werden. Der Arzt trägt die Verantwortung für die Anordnung der Injektionen. Er hat sich in regelmäßigen Abständen von der ordnungsgemäßen Durchführung der Injektionen zu überzeugen.
(3) Bei Injektionsarzneimitteln darf die Vorbereitung der Spritze erst unmittelbar vor der Injektion erfolgen. Bei der Entnahme von Teilmengen aus Ampullen ist der in der Ampulle verbleibende Rest unverzüglich zu vernichten. Er darf nicht für eine spätere Injektion aufbewahrt werden. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht für Insuline, die in speziellen Applikationsgeräten für die mehrmalige Entnahme im vorgegebenen Entnahmeintervall bestimmt sind.
§ 8 Entsorgung von Arzneimitteln
Verfallene Arzneimittel sind an Apotheken zur ordnungsgemäßen Entsorgung zurückzugeben. Das Einbringen in Hausmüllbehälter ist unzulässig. Aus Resten nicht mehr benötigter Arzneimittel dürfen keine Arzneimittelvorratslager (Hausapotheken) angelegt werden.
§ 9 Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrig im Sinne des
§ 38 Abs. 1 Nr. 9 des Gesundheitsdienstgesetzes
handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1.
entgegen
§ 4 Abs. 2 Satz 1
Arzneimittel für Bewohner nicht in abgeteilten Fächern und Behältnissen in einem abschließbaren Schrank aufbewahrt,
2.
entgegen
§ 5 Abs. 2 Satz 1
als behandelnder Arzt die Richtigkeit der Dokumentation des verordneten Arzneimittels und die genaue Anwendung mit Dosierungsanweisung nicht durch seine Unterschrift bestätigt,
3.
entgegen
§ 5 Abs. 3 Satz 1
die Anweisungen des Arztes nicht befolgt oder sie eigenmächtig abändert,
4.
entgegen
§ 6 Abs. 1 Satz 1
Arzneimittel nicht unter der Verantwortung einer Fachkraft im Sinne des § 6 der Heimpersonalverordnung verabreicht,
5.
entgegen
§ 7 Abs. 2 Satz 1
Injektionsarzneimittel verabreicht, ohne hierzu qualifiziert und von der Heimleitung und dem Arzt hierzu ermächtigt zu sein,
6.
entgegen
§ 8 Satz 3
eine Hausapotheke im Heim anlegt.
§ 10 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Richtlinie des Senators für Gesundheit, Jugend und Soziales über Arzneimittelbezug, -aufbewahrung und -verabreichung in Alten- und Pflegeheimen vom 1. August 1994 außer Kraft.
Bremen, den 15. Mai 2001
Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales
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