Verordnung über die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte nach dem Baugesetzbuch
Verordnung über die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte nach dem Baugesetzbuch Vom 2. September 2008
Zum 17.10.2024 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: geändert durch Verordnung vom 17. Juni 2014 (Brem.GBl. S. 314) |
Aufgrund des § 199 Abs. 2 des Baugesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3316) geändert worden ist, verordnet der Senat:
§ 1 Gutachterausschüsse
(1) Für den räumlichen Bereich der Stadtgemeinde Bremen und der Stadtgemeinde Bremerhaven ist jeweils ein selbstständiger Gutachterausschuss zu bilden. Die Gutachterausschüsse führen die Bezeichnungen „Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Bremen" und „Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Bremerhaven". Im Ortsteil „Stadtbremisches Überseehafengebiet Bremerhaven" der Stadtgemeinde Bremen werden die Aufgaben des Gutachterausschusses vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Bremerhaven wahrgenommen.
(2) Der Gutachterausschuss besteht aus einer Vorsitzenden oder einem Vorsitzenden (vorsitzendes Mitglied), stellvertretenden Vorsitzenden (Stellvertreter) und weiteren ehrenamtlichen Gutachtern (weitere Mitglieder).
(3) Der Gutachterausschuss wird bei der Erstattung von Gutachten als Gremium in der Besetzung mit dem vorsitzenden Mitglied oder einer Stellvertreterin oder einem Stellvertreter und zwei weiteren Mitgliedern tätig. Bei einfacheren Wertermittlungsfällen kann die Erstattung des Gutachtens auch in der Besetzung mit dem vorsitzenden Mitglied oder dessen Stellvertreterin oder Stellvertreter sowie lediglich einem weiteren Mitglied vorgenommen werden. In besonderen Wertermittlungsfällen können zusätzlich weitere Mitglieder hinzugezogen werden. Bei der Ermittlung von Bodenrichtwerten und weiterer für die Wertermittlung erforderlicher Daten wird der Gutachterausschuss in der Besetzung mit dem vorsitzenden Mitglied oder einer Stellvertreterin oder einem Stellvertreter und mindestens vier weiteren Mitgliedern tätig.
§ 2 Bestellung der Gutachterinnen und Gutachter
(1) Das vorsitzende Mitglied wird vom Senat bestellt. Die Stellvertreterinnen oder Stellvertreter und die weiteren Mitglieder werden vom vorsitzenden Mitglied mit Zustimmung des zuständigen Senators bestellt. Die Mitglieder müssen die erforderliche Sachkunde besitzen und in der Wertermittlung erfahren sein. Frauen und Männer sind bei der Bestellung in gleicher Weise zu berücksichtigen. Vor der Bestellung von Gutachtern mit dem Beruf Architektin oder Architekt soll die Architektenkammer der Freien Hansestadt Bremen gehört werden. Die Amtsperiode beträgt 5 Jahre. Die Bestellung kann wiederholt werden.
(2) Zum vorsitzenden Mitglied soll nur bestellt werden, wer auch Vorgesetzte oder Vorgesetzter der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses ist.
(3) Als Mitglieder dürfen keine Personen bestellt werden, die die Anforderungen des § 192 Abs. 3 des Baugesetzbuches nicht erfüllen oder nach § 21 Abs. 1 und 2 der Verwaltungsgerichtsordnung vom Amt des ehrenamtlichen Richters ausgeschlossen sind.
(4) Als Mitglieder sind in der Regel nur Personen zu bestellen, die das 30. Lebensjahr vollendet und bei der Erstberufung das 62. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
(5) Die Bestellung endet außer durch Tod durch Ablauf der in
§ 2 Abs. 1
genannten Frist, durch Abberufung gemäß
§ 4
oder wenn das Mitglied das 67. Lebensjahr vollendet hat. In begründeten Ausnahmefällen kann eine Wiederberufung über die Vollendung des 67. Lebensjahrs hinaus erfolgen.
(6) Für die Mitglieder gelten die
§§ 20
,
21
,
83
,
84
und
86 des Bremischen Verwaltungsverfahrensgesetzes
entsprechend.
§ 3 Pflichten der Mitglieder
(1) Die Mitglieder haben ihre Aufgaben nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen. Die durch ihre Tätigkeit zu ihrer Kenntnis gelangenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten sowie Daten der Kaufpreissammlung sind vertraulich zu behandeln. Sachverhalte, welche die Ausschließung nach
§ 20 Abs. 1 und 5 des Bremischen Verwaltungsverfahrensgesetzes
oder nach
§ 2 Abs. 3 Satz 1
zur Folge haben, sind unverzüglich dem vorsitzenden Mitglied mitzuteilen. Die weiteren Mitglieder sind nach ihrer Berufung und vor ihrer ersten Mitwirkung auf diese Verpflichtung hinzuweisen.
(2) Über den Hinweis nach Absatz 1 Satz 4 ist eine Niederschrift aufzunehmen, die von den weiteren Mitgliedern zu unterschreiben ist.
§ 4 Abberufung von Mitgliedern
(1) Ein Mitglied ist abzuberufen, wenn
1.
es dieses beantragt,
2.
es nach
§ 2
nicht als Gutachterin oder Gutachter bestellt werden durfte oder wenn nach der Bestellung die Bestellungsvoraussetzungen entfallen sind,
3.
sich nachträglich herausstellt, dass das Mitglied die für die Erstattung von Gutachten erforderliche Sachkunde und Erfahrung nicht besitzt,
4.
es gegen die in
§ 3 Abs. 1 Satz 1 und 2
genannten Pflichten verstoßen hat oder
5.
es an einem Gutachten mitgewirkt hat, obwohl es nach
§ 3 Abs. 1 Satz 3
ausgeschlossen war und die Informationspflicht schuldhaft verletzt hat.
(2) Ein Mitglied kann nach Würdigung aller Umstände abberufen werden, wenn andere wichtige Gründe vorliegen.
§ 5 Weitere Aufgaben der Gutachterausschüsse
Über die ihm nach § 193 des Baugesetzbuches und § 5 Abs. 2 Bundeskleingartengesetz obliegenden Aufgaben hinaus kann der Gutachterausschuss auf Antrag
1.
sonstige Wertgutachten erstatten, wenn Behörden oder sonstige öffentliche Stellen die Vorlage eines Gutachtens des Gutachterausschusses verlangen,
2.
von Behörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben
a)
Bodenrichtwerte im Sinne des § 196 Abs. 1 Satz 5 des Baugesetzbuches ermitteln,
b)
Gutachten über den Bodenwert von Grundstücksgruppen ermitteln,
c)
den Zustand eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts bei vorzeitiger Besitzeinweisung im Enteignungsfall feststellen.
§ 6 Verfahren
(1) Die Sitzungen der Gutachterausschüsse sind nicht öffentlich.
(2) Beschlüsse über Wertermittlungen werden mit Stimmenmehrheit gefasst und von den mitwirkenden Mitgliedern unterzeichnet. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des vorsitzenden Mitglieds.
§ 7 Entschädigung der Mitglieder
(1) Die Mitglieder der Gutachterausschüsse erhalten
1.
eine Leistungsentschädigung nach Absatz 2 und
2.
Fahrtkostenersatz nach § 5 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes.
(2) Die Leistungsentschädigung wird nach Maßgabe des § 8 Abs. 2 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes nach Stunden berechnet. Der Stundensatz beträgt fünfzig vom Hundert des in § 9 Abs. 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes in der Honorargruppe 6 vorgesehenen Betrages.
(3) Die hauptberuflich im öffentlichen Dienst beschäftigten Mitglieder erhalten keine Entschädigung nach Absatz 1 Nr. 1, soweit sie ihre Tätigkeit für den Gutachterausschuss als dienstliche Angelegenheit wahrnehmen.
§ 8 Aufgaben des vorsitzenden Mitglieds
(1) Dem vorsitzenden Mitglied des Gutachterausschusses obliegt insbesondere
1.
die Vertretung des Gutachterausschusses, insbesondere die Erläuterung von Gutachten bei Behörden und Gerichten,
2.
die Besetzung der Gutachtergremien nach
§ 1 Abs. 3
,
3.
die Wahrnehmung der Befugnisse nach § 197 des Baugesetzbuches für den Gutachterausschuss und
4.
die Hinweispflicht nach
§ 3 Abs. 1 Satz 4
.
(2) Das vorsitzende Mitglied kann seine Aufgaben und Befugnisse nach Absatz 1 Nr. 1 und 3 im Einzelfall einem anderen Mitglied übertragen.
§ 9 Geschäftsstellen
(1) Bei den örtlich zuständigen Katasterbehörden werden Geschäftsstellen der Gutachterausschüsse eingerichtet.
(2) Den Geschäftsstellen obliegen nach Weisung des vorsitzenden Mitgliedes folgende Aufgaben:
1.
Führung der Kaufpreissammlung,
2.
Vorbereitung von Wertermittlungen und Zustandsfeststellungen,
3.
Veröffentlichung von Bodenrichtwerten, Grundstücksmarktberichten und sonstigen zur Wertermittlung erforderlichen Daten sowie Bereitstellung dieser Unterlagen zur Einsichtnahme, für Auskünfte und zur Abgabe an Dritte,
4.
Erteilung von Auskünften aus der Kaufpreissammlung,
5.
Ausfertigung von Gutachten,
6.
Erledigung laufender Verwaltungsgeschäfte einschließlich Festsetzung der Entschädigung der Mitglieder.
§ 10 Auswertung der Kaufverträge und anderer Urkunden
(1) Kaufverträge und andere Urkunden nach § 195 des Baugesetzbuches sind vollständig zu erfassen und zeitnah in die Kaufpreissammlung zu übernehmen.
(2) Für jeden Auswertungsfall sind mindestens die Vertragsmerkmale, die preisbeeinflussenden Merkmale, die Grundstücksart und die Lagebezeichnung zu erfassen. Dabei ist auch zu untersuchen, ob ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sowie ein vom gewöhnlichen Geschäftsverkehr abweichendes Verhalten ersichtlich vorgelegen haben.
(3) Vertragsmerkmale sind die Vertragsart oder der sonstige Grund des Rechtsübergangs, die typisierten Angaben zu den Vertragsparteien, das Entgelt und die Zahlungsbedingungen sowie Besonderheiten der Preisvereinbarung.
(4) Preisbeeinflussende Merkmale sind vor allem der Entwicklungszustand des Grundstücks, die Größe, die Form, die Nutzung und die Nutzungsmöglichkeit sowie bei bebauten Grundstücken die Art, das Baujahr und die Größe der Gebäude.
§ 11 Verwendung der Daten der Kaufpreissammlung
(1) Auskünfte aus der Kaufpreissammlung sind zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird, schutzwürdige Interessen Betroffener nicht entgegen stehen und der Empfänger der Daten die Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen zusichert. Öffentlich bestellte und vereidigte oder nach internationalen Normen zertifizierte Sachverständige für Grundstückswertermittlung erhalten Auskünfte, soweit sie zur rechtmäßigen Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind.
(2) Auskünfte aus der Kaufpreissammlung, die in anonymisierter Form oder als Ergebnisse von Auswertungen in aggregierter Form abgegeben werden, setzen nicht die Darlegung des berechtigten Interesses voraus, weil sie keine Auskunft aus der Kaufpreissammlung im Sinne des § 195 Abs. 3 des Baugesetzbuches darstellen.
(3) Bediensteten der Katasterbehörden, die Wertermittlungsaufgaben wahrnehmen, wird Auskunft gegeben durch Gewährung fallbezogener Einsichtnahme in die Kaufpreissammlung.
(4) Durch geeignete Maßnahmen ist sicherzustellen, dass Unbefugte keine Kenntnis vom Inhalt der Kaufpreissammlung erhalten.
§ 12 Bodenrichtwerte
(1) Bodenrichtwerte sind für baureifes Land zu ermitteln. Es ist zu kennzeichnen, ob sie sich auf erschließungsbeitragspflichtiges oder erschließungsbeitragsfreies Bauland beziehen. Für Grundstücke eines anderen Entwicklungszustandes oder einer anderen Nutzung können Bodenrichtwerte ermittelt werden, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht. Die Bodenrichtwerte sind zum Stichtag 1. Januar eines jeden geraden Kalenderjahres zu ermitteln und auf den Quadratmeter Grundstücksfläche zu beziehen.
(2) Bei Bodenrichtwerten im Sinne § 196 Abs. 1 Satz 5 des Baugesetzbuches, die für einen abweichenden Zeitpunkt zu ermitteln sind, ist zu kennzeichnen, auf welchen Zustand sie sich beziehen.
(3) Bodenrichtwerte sind für eine Mehrzahl von Grundstücken zu ermitteln, die im Wesentlichen gleiche Nutzungs- und Wertverhältnisse haben.
§ 13 Bekanntmachung und Veröffentlichung
(1) Der Abschluss der Ermittlung der Bodenrichtwerte und sonstiger Richtwerte ist ortsüblich bekannt zu machen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass jedermann bei der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses Einsicht in die Bodenrichtwertkarte nehmen und schriftlich Auskunft über die Bodenrichtwerte verlangen kann.
(2) Über den Grundstücksmarkt ist grundsätzlich jährlich durch Veröffentlichungen zu berichten. Dabei sind die Verhältnisse auf den Teilmärkten für unbebaute Grundstücke, Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke, Eigentumswohnungen und Ertragsgrundstücke gesondert darzustellen.
§ 14 Übergangsvorschriften
Die nach den bisher geltenden Vorschriften gebildeten Gutachterausschüsse bleiben bestehen. Bei Wiederholung der Bestellung der Mitglieder ist nach dieser Verordnung zu verfahren.
§ 15 Inkrafttreten
(1) Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt die Verordnung über die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte nach dem Baugesetzbuch vom 4. September 1990 (Brem.GBl. S. 261- 2130-a-2), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 18. Oktober 2005 (Brem.GBl. S. 547), außer Kraft.
Beschlossen, Bremen, den 2. September 2008
Der Senat
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