Landesrichtlinie zu § 39 Absatz 2 SGB VIII Gewährung eines Barbetrages zur persönlichen Verfügung für junge Menschen in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe im Land Bremen (Stand: 1. Januar 2024)
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Landesrichtlinie zu § 39 Absatz 2 SGB VIII Gewährung eines Barbetrages zur persönlichen Verfügung für junge Menschen in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe im Land Bremen (Stand: 1. Januar 2024)

Landesrichtlinie zu § 39 Absatz 2 SGB VIII Gewährung eines Barbetrages zur persönlichen Verfügung für junge Menschen in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe im Land Bremen (Stand: 1. Januar 2024)

Landesrichtlinie zu § 39 Absatz 2 SGB VIII Gewährung eines Barbetrages zur persönlichen Verfügung für junge Menschen in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe im Land Bremen (Stand: 1. Januar 2024)

Vom: 29. November 2023
1.

Rechtsgrundlage

Wird Hilfe zur Erziehung, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche oder Hilfe für junge Volljährige in einer Einrichtung oder sonstigen betreuten Wohnform gewährt, ist vom Jugendhilfeträger auch der notwendige Unterhalt sicherzustellen. Der Lebensunterhalt umfasst gemäß § 39 Absatz 2 Satz 2 SGB VIII auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung. Die Höhe des Betrages wird von der nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt, wobei die Beträge nach Altersgruppen gestaffelt werden sollen.
Zuständige Stelle ist gemäß

§ 13 des Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes im Lande Bremen (BremAGKJHG)

die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration als oberste Landesjugendbehörde.
2.

Barbetrag zur persönlichen Verfügung (Taschengeld)

2.1.
Geltungsbereich, einheitlicher Barbetrag
Die Festsetzung gilt für junge Menschen, die in bremischen Einrichtungen, Erziehungsstellen oder sonstigen betreuten Wohnformen im Rahmen einer Hilfe nach §§ 27, 34, 35, 35a, 41 bzw. im Rahmen vorläufiger Schutzmaßnamen nach § 42 (Inobhutnahme) oder § 42a (vorläufige Inobhutnahme) SGB VIII leben.
Der Barbetrag soll den jungen Menschen in der jeweiligen Altersstufe in gleicher Höhe ohne Rücksicht darauf ausgezahlt werden, ob ihnen die Hilfe von einem Jugendamt des Landes Bremen oder einem anderen Jugendamt gewährt wird. Sie gilt auch für Kinder und Jugendliche, denen im Land Bremen Hilfe in einer Jugendhilfeeinrichtung durch den Sozialhilfeträger oder einen anderen Kostenträger gewährt wird.
Erhalten junge Menschen für ihren persönlichen Lebensunterhalt Leistungen analog der Vorschriften des SGB XII, wie z.B. in Jugendwohngemeinschaften, im Betreuten Jugendwohnen, in der Mobilen Betreuung bzw. in der Intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung, so ist der Barbetrag zur persönlichen Verfügung im Regelsatz enthalten.
2.2.
Anspruch
Der Barbetrag wird ab einem Alter von 3 Jahren monatlich gewährt. Für jüngere Kinder sind die mit dem Barbetrag abgegoltenen Bedarfe durch das Entgelt (Pflegesatz) abgedeckt.
Der Barbetrag der jeweiligen Altersstufe wird ab dem Ersten des Monats gezahlt, in dem das entsprechende Lebensalter erreicht wird.
Der Anspruch auf den Barbetrag besteht ab dem ersten Tag der Aufnahme in der Jugendhilfeeinrichtung. Bei Aufnahme des jungen Menschen nach dem 15. eines Monats oder Entlassung vor dem 15. eines Monats halbiert sich der Anspruch. Bei unerwarteter Entlassung entscheiden die Jugendämter nach pflichtgemäßem Ermessen über die Rückforderung überzahlter Beträge.
2.3.
Berechnungsgrundlage
Berechnungsgrundlage des Barbetrags für volljährige junge Menschen ist der jeweils gültige Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1 für Leistungen nach SGB XII. Der Barbetrag beträgt 27 % dieses Betrages.
Für Kinder und Jugendliche im Alter von 3 bis 17 Jahren ist der Barbetrag altersgestaffelt. Er beträgt 5 % bis 70 % des Barbetrags eines volljährigen jungen Menschen.
Der ermittelte Betrag wird auf volle Euro gerundet.
Prozentsatz für Kinder und Jugendliche im Alter von ...
35%
47 %
510 %
615 %
720 %
825 %
935 %
1040 %
1145 %
12 und 1350 %
14 und 1560 %
16 und 1770 %
Die jeweils gültigen Eurobeträge sind in
Anlage A
dieser Richtlinie aufgeführt.
3.

Erhöhter Barbetrag, Zusatzbeträge

Neben dem Barbetrag zur persönlichen Verfügung (Taschengeld), der Bestandteil der Leistungen zum notwendigen Lebensunterhalt und damit unantastbar ist, werden unter den nachfolgend beschriebenen Voraussetzungen zur Abdeckung des angemessenen Lebensunterhaltes Zusatzbeträge gewährt.
3.1.
Schule und Ausbildung
Der Barbetrag für Jugendliche (14 bis 17 Jahre) erhöht sich auf das 1,5-fache des für die Altersstufe geltenden Grundbetrages, wenn
-
sie mindestens die 10. Klasse besuchen oder
-
eine andere Schule nach 9 Schuljahren weiterbesuchen, um den Schulabschluss zu erwerben oder
-
eine weiterführende, berufsbildende Schule besuchen oder
-
an einer berufsvorbereitenden Maßnahme oder an einem mindestens 6-monatigen Berufspraktikum teilnehmen.
Eine Erhöhung des Barbetrags erfolgt nicht, wenn die Jugendlichen eine Ausbildungsvergütung erhalten.
Der erhöhte Barbetrag für junge Volljährige beträgt unter den gleichen Bedingungen das 1,2-fache des Grundbetrages.
Die berechneten Beträge werden auf volle Euro gerundet.
3.2.
Klassenfahrten, Erholungs- und Ferienmaßnahmen
Während einer mehrtägigen Klassenfahrt (mindestens 3 Übernachtungen) wird zusätzlich ein halber Monatssatz des Barbetrags der jeweiligen Altersstufe gezahlt. Das gleiche gilt bis zu zweimal jährlich für Erholungs- oder Ferienmaßnahmen von mindestens 7 Tagen Dauer.
3.3.
Weihnachten
Im Monat Dezember wird für alle jungen Menschen mit Anspruch auf den Barbetrag altersunabhängig zusätzlich ein Betrag in Höhe von 10 % des jeweils gültigen Regelsatzes der Regelbedarfsstufe 1 als Weihnachtsbeihilfe ausgezahlt. Der Betrag wird auf volle Euro gerundet. Abweichend von der Regelung unter 2.2 wird die Weihnachtsbeihilfe auch bei Beendigung einer Maßnahme im Monat Dezember in voller Höhe gewährt.
4.

Verwendung

4.1.
Verfügungsrecht des jungen Menschen
Der Barbetrag ist eine Leistung zur Abdeckung des notwendigen Lebensunterhaltes und ist damit unantastbar. Der junge Mensch hat einen Anspruch auf den Barbetrag und damit auch das Verfügungsrecht darüber. Der Barbetrag kann nicht versagt und ohne Einwilligung des betroffenen jungen Menschen nicht gekürzt werden.
Im Einvernehmen mit dem jungen Menschen kann ein Teil des Barbetrags für Schadensregulierungen, Geldbußen, Geldstrafen oder sonstige Verpflichtungen verwandt werden. Es soll darauf geachtet werden, dass in diesen Fällen Teilzahlungen erfolgen, damit dem jungen Menschen ein Betrag erhalten bleibt, mit dem er seinen Mindestbedarf decken kann.
Der Grundsatz der eigenverantwortlichen Verwendung des Barbetrages beinhaltet, dass es Aufgabe der Pädagoginnen und der Pädagogen ist, den jungen Menschen bei der Einteilung und Verwendung des Barbetrages zu beraten.
4.2.
Verwendung
Der Einsatz für Ausgaben, die durch den Pflegesatz der Einrichtung oder durch einmalige Leistungen nach § 39 Absatz 3 SGB VIII neben dem Pflegesatz gedeckt sind oder sein sollten, darf nicht verlangt werden.
Hierzu zählen beispielhaft Maßnahmen, die zu dem Erziehungsprogramm der Einrichtung gehören, vielseitige Freizeitbetätigungen (Werken, Spiel, Sport, Musizieren u.a.), Teilnahme an kulturellen, fortbildenden und sportlichen Veranstaltungen auch außerhalb des Heimes, Ausflüge, Ferienfahrten, Zeltlager u.ä., Fahrgeld für Heimfahrten und Fahrgeld, um Standortnachteile des Heimes auszugleichen.
Beispiele für die Verwendung der Barbeträge zur persönlichen Verfügung sind:
-
zusätzliche Genusswaren (Erfrischungsgetränke, Süßigkeiten u.a.)
-
zusätzliche Körper-, Haarpflege- und Kosmetikartikel
-
zusätzlicher Hobbybedarf und zumutbare Vereinsbeiträge
-
individuelle Bedürfnisse bei freiem Ausgang
-
zusätzliche und besondere Kleidung sowie modische Kleinigkeiten
-
Geschenke
-
Briefpapier, Porto und Telefongebühren, ausgenommen für den Briefwechsel mit Behörden
-
Fahrtkosten, die für individuelle Bedürfnisse anfallen
5.

Verwaltung und Abrechnung

Der Barbetrag ist dem jungen Menschen monatlich ganz oder in angemessenen Teilbeträgen zur eigenverantwortlichen Verwaltung grundsätzlich im Voraus bar auszuzahlen.
Die Einrichtung führt für jeden jungen Menschen ein Barbetragskonto, aus dem die ausgezahlten Beträge jederzeit zu ersehen sind. Die Auszahlungen sind von dem jungen Menschen gegenzuzeichnen. Der Barbetrag wird als Nebenkostenbestandteil zum Pflegesatz abgerechnet. Bei einem Einrichtungswechsel im laufenden Monat sind die bereits ausgezahlten Barbeträge im Übergabeprotokoll zu dokumentieren.
6.

Beschwerderecht

Der junge Mensch hat das Recht, sich über einen seiner Meinung nach nicht korrekten Umgang der Einrichtung mit den Barbeträgen in Hinsicht auf die Auszahlung und die Höhe zu beschweren. Beschwerdeinstanz ist die fallführende Sozialarbeiterin oder der fallführende Sozialarbeiter. Der junge Mensch kann sich mit seiner Beschwerde auch an das Landesjugendamt wenden.
Die jungen Menschen sind in altersgemäßer Form über die Beschwerdemöglichkeiten zu informieren.
7.

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am 1. Januar 2024 in Kraft. Gleichzeitig wird die Landesrichtlinie zu § 39 Absatz 2 SGB VIII vom 1. März 2021 aufgehoben.
Bremen, den 29. November 2023
Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration
Anlagen (nichtamtliches Verzeichnis)
Weitere Informationen siehe rechte Spalte oben.
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