Verwaltungsanweisung zu § 27a SGB XII
Verwaltungsanweisung zu § 27a SGB XII
Verwaltungsanweisung zu § 27a SGB XII Notwendiger Lebensunterhalt, Regelbedarfe und Regelsätze
Bei den in dieser Verwaltungsanweisung grau hinterlegten Texten handelt es sich Ausführungen, die abschließend zwischen dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den zuständigen Ministerien/Ressorts der Länder abgestimmt sind.
Diese Verwaltungsanweisung tritt zum
01.01.2022
in Kraft. Die Verwaltungsanweisung vom
01.01.2020
tritt mit gleichem Datum außer Kraft.
Gesetzestext:
Zu Absatz 1:
27a.1.0 (Regelungsziel)
27a.1.1 (Anwendbarkeit § 27a Absatz 1 im Vierten Kapitel)
27a.1.2 (Begriff notwendiger Lebensunterhalt)
Zu Absatz 2:
27a.2.0 (Regelungsziel)
27a.2.1 (Anwendbarkeit § 27a Absatz 2 im Vierten Kapitel)
27a.2.2 (Regelbedarf)
27a.2.3 (Regelbedarfsstufen)
Zu Absatz 3:
27a.3.0 (Regelungsziel)
27a.3.1 (Regelsatz)
27a.3.2 (Eigenverantwortung und Budgetprinzip)
27a.3.3 (Anteilige Anerkennung)
27a.3.4 (Ohne Unterkunft, sonstige Unterkünfte)
Zu Absatz 4:
27a.4.0 (Regelungsziel)
27a.4.1 (Individuelle Senkung des Regelsatzes (Nummer 1))
27a.4.1.1 (Geringerer Bedarf - Voraussetzungen)
27a.4.1.2 Minderung des Regelsatzes - Ausschluss
27a.4.1.3 Minderung des Regelsatzes - Rechtsfolge (gebundene Entscheidung, Abzugshöhe)
27a.4.2 Individuelle Erhöhung des Regelsatzes (Nummer 2)
27a.4.2.1 Erhöhung des Bedarfs (Voraussetzungen)
27a.4.2.2 Erhöhung des Regelsatzes - Ausschluss
27a.4.2.3 Erhöhung des Regelsatzes - Rechtsfolge (gebundene Entscheidung)
Zu Absatz 5:
27a.5 Pflegekinder
Gesetzestext: § 27a Notwendiger Lebensunterhalt, Regelbedarfe und Regelsätze
(1)
1
Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung.
2
Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche.
3
Für Schülerinnen und Schüler umfasst der notwendige Lebensunterhalt auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch.
(2)
1
Der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt ergibt den monatlichen Regelbedarf.
2
Dieser ist in Regelbedarfsstufen unterteilt; für Abgrenzung und Höhe der Regelbedarfsstufen sind zu berücksichtigen:
1.
bei Kindern und Jugendlichen altersbedingte Unterschiede,
2.
bei Erwachsenen die Art der Unterkunft, in der sie leben, und zusätzlich bei in Wohnungen oder sonstigen Unterkünften nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 lebenden Erwachsenen, ob sie in einer Paarbeziehung oder ohne Paarbeziehung zusammenleben.
(3)
1
Für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel sind zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, monatliche Regelsätze als Bedarf anzuerkennen; dies gilt nicht für Leistungsberechtigte, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b bestimmt.
2
Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.
3
Besteht die Leistungsberechtigung für weniger als einen Monat, ist der Regelsatz anteilig als Bedarf anzuerkennen.
4
Zur Deckung der Regelbedarfe von Personen, die in einer sonstigen Unterkunft oder vorübergehend nicht in einer Unterkunft untergebracht sind, sind als Bedarfe monatliche Regelsätze anzuerkennen, die sich in entsprechender Anwendung der Regelbedarfsstufen nach der Anlage zu § 28 ergeben.
(4)
1
Im Einzelfall wird der Regelsatz abweichend von der maßgebenden Regelbedarfsstufe festgesetzt (abweichende Regelsatzfestsetzung), wenn ein durch die Regelbedarfe abgedeckter Bedarf nicht nur einmalig, sondern für eine Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat
1.
nachweisbar vollständig oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder
2.
unausweichlich in mehr als geringem Umfang oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegt, wie sie sich nach den bei der Ermittlung der Regelbedarfe zugrundeliegenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben ergeben, und die dadurch bedingten Mehraufwendungen begründbar nicht anderweitig ausgeglichen werden können.
2
Bei einer abweichenden Regelsatzfestsetzung nach Satz 1 Nummer 1 sind für die monatlich ersparten Verbrauchsausgaben die sich nach § 5 Absatz 1 oder nach § 6 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes für die jeweilige Abteilung ergebenden Beträge zugrunde zu legen.
3
Beschränkt sich die anderweitige Bedarfsdeckung auf einzelne in die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben je Abteilung eingegangenen Verbrauchspositionen, sind die regelbedarfsrelevanten Beträge zugrunde zu legen, auf denen die in § 5 Absatz 1 und § 6 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes genannten Beträge für die einzelnen Abteilungen beruhen.
4
Für Leistungsberechtigte, denen Bedarfe nach § 34 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 6 Satz 1 anzuerkennen sind, ist Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar.
5
Für Leistungsberechtigte, die in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 leben und denen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen sind, ist Satz 1 Nummer 1 nicht anwendbar für Bedarfe, die durch einen Vertrag über die Überlassung von Wohnraum nach § 42a Absatz 5 Satz 6 Nummer 1, 3 und 4 gedeckt werden.
6
Für Leistungsberechtigte, denen ein Mehrbedarf nach § 42b Absatz 2 anzuerkennen ist, ist Satz 1 für die dadurch abgedeckten Aufwendungen nicht anwendbar.
(
5) Sind minderjährige Leistungsberechtigte in einer anderen Familie, insbesondere in einer Pflegefamilie, oder bei anderen Personen als bei ihren Eltern oder einem Elternteil untergebracht, so wird in der Regel der individuelle Bedarf abweichend von den Regelsätzen in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterbringung festgesetzt, sofern die Kosten einen angemessenen Umfang nicht übersteigen.
Zu Absatz 1:
27a.1.0 (Regelungsziel)
1
Bei Absatz 1 handelt es sich um eine Einführungsvorschrift.
2
Sie definiert den für die Gewährleistung des soziokulturellen Existenzminimums notwendigen Lebensunterhalt nicht abschließend, sondern beispielhaft durch eine Aufzählung von Bedarfen.
3
Damit eröffnet die Regelung den erforderlichen Handlungsspielraum für die Pauschalierung der Regelbedarfe und ihre fortlaufende Aktualisierung durch den Gesetzgeber anhand der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung.
27a.1.1 (Anwendbarkeit § 27a Absatz 1 im Vierten Kapitel)
1
Absatz 1 findet auch im Vierten Kapitel Anwendung, obwohl § 42 Nummer 1 explizit nur die Anwendbarkeit von § 27a Absatz 3 und Absatz 4 regelt.
2
Dies macht die Inbezugnahme des Begriffs notwendiger Lebensunterhalt in § 41 Absatz 1 deutlich.
27a.1.2 (Begriff notwendiger Lebensunterhalt)
(1)
1
Nach Absatz 1 gehören zum notwendigen Lebensunterhalt zunächst die dort beispielhaft aufgezählten und durch den Regelbedarf abgedeckten Bedarfe für Ernährung, Kleidung, Körperpflege (zu der auch die alltäglichen Gegenstände der Gesundheitspflege gehören), Hausrat und Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile.
2
Hinzu kommen die Bedarfe für Unterkunft und Heizung, die allerdings - anders als die übrigen in § 27a Absatz 1 genannten Bedarfe - nicht von den Regelsätzen abgedeckt sind, sondern nach § 35 bzw. § 42a erbracht werden.
3
Zum notwendigen Lebensunterhalt gehören auch die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens.
4
Dazu zählt in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft.
5
Mit den Bedürfnissen des täglichen Lebens sind daher etwa Kosten für Bücher, Zeitungen, Veranstaltungen, Vereine, Kinobesuche einschließlich einer Unterrichtung über das Tagesgeschehen gemeint.
6
Ebenso werden Fahrten zu nahen Angehörigen und Internetzugang umfasst.
7
Ferner sind für Schülerinnen und Schüler auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch als Bestandteil des notwendigen Lebensunterhalts erfasst.
(2)
1
Die Aufzählung dient der Veranschaulichung und nicht der abschließenden Bestimmung des notwendigen Lebensunterhalts.
2
Denn der notwendige Lebensunterhalt ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der immer unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls auszulegen ist.
3
Die erforderliche Konkretisierung, um im Einzelfall die Höhe des notwendigen Lebensunterhalts zu bestimmen, gewährleisten insbesondere die nachfolgenden Vorschriften des Dritten und Vierten Kapitels.
Zu Absatz 2:
27a.2.0 (Regelungsziel)
Absatz 2 definiert den Regelbedarf, der in Regelbedarfsstufen unterteilt ist.
27a.2.1 (Anwendbarkeit § 27a Absatz 2 im Vierten Kapitel)
1
Absatz 2 findet im Vierten Kapitel Anwendung, obwohl § 42 Nummer 1 explizit nur die Anwendbarkeit von § 27a Absatz 3 und Absatz 4 regelt.
2
Dies macht der Verweis auf die Anlage zu § 28 in § 42 Nummer 1 deutlich, der systematisch eine Definition des Regelbedarfs und der Regelbedarfsstufen für das Vierte Kapitel voraussetzt.
27a.2.2 (Regelbedarf)
(1)
1
Der monatliche Regelbedarf umfasst die pauschalierbaren Bestandteile des notwendigen Lebensunterhalts nach Absatz 1.
2
Nicht vom Regelbedarf umfasst werden die in § 42 benannten weiteren Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt des Dritten Kapitels.
(2)
1
Die statistische Grundlage für die Höhe der Regelbedarfe sind die durchschnittlichen Verbrauchsausgaben einkommensschwacher Haushalte, die aus Sonderauswertungen einer aktuellen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) stammen.
2
Dabei handelt es sich um eine vom Statistischen Bundesamt in fünfjährigen Abständen durchgeführte repräsentative Erhebung zu Einkommen und Verbrauch der Bevölkerung, wobei der Verbrauch in den folgenden 12 Abteilungen erfasst wird (vgl. § 5 RBEG
1
):
Abteilung 1 und 2 | (Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren) |
Abteilung 3 | (Bekleidung und Schuhe) |
Abteilung 4 | (Wohnungsmieten, Energie und Wohnungsinstandhaltung) |
Abteilung 5 | (Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände, laufende Haushaltsführung) |
Abteilung 6 | (Gesundheitspflege) |
Abteilung 7 | (Verkehr) |
Abteilung 8 | (Post und Telekommunikation) |
Abteilung 9 | (Freizeit, Unterhaltung und Kultur) |
Abteilung 10 | (Bildungswesen) |
Abteilung 11 | (Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen) |
Abteilung 12 | (Andere Waren und Dienstleistungen) |
(3)
1
Liegt eine neue EVS vor, hat der Gesetzgeber nach § 28 Absatz 1 eine neue Regelbedarfsermittlung durchzuführen.
2
Hierfür benennt er die regelbedarfsrelevanten Waren und Dienstleistungen (Verbrauchspositionen) der einzelnen Abteilungen im jeweils maßgeblichen Regelbedarfsermittlungsgesetz und ordnet ihnen die durchschnittlichen monatlichen Ausgaben im Erhebungsjahr der EVS zu.
3
Die monatlichen Summen für die einzelnen Abteilungen benennt derzeit § 5 RBEG.
4
Aus den Summen der zusammengefassten Ausgaben pro Abteilung ergibt sich der monatliche regelbedarfsrelevante Verbrauch im Jahr der EVS.
5
Die in den jeweiligen Abteilungen als regelbedarfsrelevant berücksichtigten durchschnittlichen Ausgaben für die einzelnen Waren und Dienstleistungen lassen sich folgenden Quellen entnehmen: Der gesetzlichen Begründung des Gesetzesentwurfs sowie der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages zu dem im maßgeblichen Zeitraum geltenden Regelbedarfsermittlungsgesetz
2
.
(4)
1
Da die EVS in fünfjährigen Abständen erhoben wird, werden die geltenden Regelbedarfsstufen bis zur nächsten gesetzlichen Neuermittlung jährlich durch Rechtsverordnung fortgeschrieben (§ 28a).
2
Dies gilt auch für die Fortschreibung der neu ermittelten Regelbedarfe im Jahr der EVS bis zum Jahr des Inkrafttretens.
3
Die Fortschreibung erfolgt anhand der Nettolohnentwicklung und der Preise der regelbedarfsrelevanten Güter und Dienste.
4
Der Verordnungsgeber passt deshalb mit jeder Fortschreibung per Verordnung die in der Anlage zu § 28 aufgeführten Regelbedarfsstufen für das Folgejahr an.
5
Nicht fortgeschrieben werden dagegen die Verbrauchsausgaben für die einzelnen als regelbedarfsrelevant anerkannten Waren und Dienstleistungen der einzelnen Abteilungen in § 5 RBEG [vgl. dazu auch 27a.4.1.3 (4)].
27a.2.3 (Regelbedarfsstufen)
(1)
1
Der Regelbedarf wird in sog. Regelbedarfsstufen unterteilt.
2
Die Regelbedarfsstufen dienen im Wesentlichen einer Typisierung von Vergleichsgruppen anhand bestimmter Lebensumstände, die bei der Festsetzung der Regelbedarfsstufen Berücksichtigung finden.
3
Diese Lebensumstände sind bei volljährigen Personen die konkrete Wohnsituation (vgl. Regelbedarfsstufen 1 bis 3) und bei Jugendlichen und Kindern das Alter einer Person (vgl. z. B. Regelbedarfsstufen 4 bis 6).
(2)
1
Die Höhe der Regelbedarfsstufe 1 (Einpersonenhaushalt) und der Regelbedarfsstufen 4, 5 und 6 (bei Familienhaushalt mit Kind, Kind abhängig von der Altersstufe) wird direkt auf Basis der Daten der EVS ermittelt und im RBEG begründet (§§ 5, 6 RBEG).
2
Die Regelbedarfsstufen 2 und 3 sind feste Prozentsätze der Regelbedarfsstufe 1 (Regelbedarfsstufe 2 = 90 Prozent und Regelbedarfsstufe 3 = 80 Prozent von Regelbedarfsstufe 1).
(3) Im Vierten Kapitel kommt nur eine Anwendung der Regelbedarfsstufen 1 bis 3 nach § 8 RBEG und der Anlage zu § 28 in Betracht, weil nur sie erwachsene Personen erfassen.
(4)
1
Die Zuordnung zu den Regelbedarfsstufen 1 bis 3 ergibt sich wie folgt:
•
2
Die
Regelbedarfsstufe 1
gilt für jede erwachsene Person, die in einer Wohnung nach § 42a Absatz 2 Satz 2 lebt und für die nicht Regelbedarfsstufe 2 gilt.
•
3
Die
Regelbedarfsstufe 2
(90 Prozent der Regelbedarfsstufe 1) gilt
a) für jede erwachsene Person, die in einer Wohnung nach § 42a Absatz 2 Satz 2 mit einem Ehegatten oder Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft mit einem Partner zusammenlebt.
4
Hintergrund für die im Vergleich zur Regelbedarfsstufe 1 niedrigere Regelbedarfsstufe 2 ist, dass bei Paaren im Unterschied zu Alleinlebenden Einspareffekte aufgrund der gemeinsamen Lebensführung z. B. durch gemeinsame Nutzung der Wohnung, Einrichtung und des gemeinsamen Einkaufs vorliegen.
5
Leben Partner nicht in einer Wohnung zusammen, da ein Partner bspw. wegen Pflegebedürftigkeit in einer stationären Einrichtung wohnt, steht dem in der Wohnung verbliebenen Partner die Regelbedarfsstufe 1 zu.
6
Leben mehrere alleinstehende Personen in einer Wohnung zusammen, hat jede Person Anspruch auf die Regelbedarfsstufe 1.
b)
7
für jede erwachsene Person, die in einer besonderen Wohnform lebt, weil ihr zur Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX allein oder mit einer weiteren Person ein persönlicher Wohnraum und mit weiteren Personen zusätzliche Räumlichkeiten nach § 42a Absatz 2 Satz 3 zur gemeinschaftlichen Nutzung überlassen sind.
8
Grund dafür, dass für Leistungsberechtigte in besonderen Wohnformen die Regelbedarfsstufe 2 statt Regelbedarfsstufe 1 gilt, ist, dass die Leistungsberechtigten in besonderen Wohnformen anders als die Leistungsberechtigten der Regelbedarfsstufe 1 keine eigene Wohnung mit eigenem Hausstand bewohnen.
9
Hinzu kommt, dass für diese Leistungsberechtigten besondere Regelungen für die Abdeckung des notwendigen Lebensunterhalts gelten.
10
Nach § 42a Absatz 5 Satz 1 Nummer 2, Satz 4 Nummer 1, 3 und 4 wird in besonderen Wohnformen über die Bedarfe für Unterkunft und Heizung z. B. auch ein Teil der Bedarfe für Möblierung, Haushaltsstrom, Instandhaltung von Wohnraum oder Gebühren für den Zugang zu Rundfunk, Fernsehen und Internet abgedeckt.
11
Diese Ausgaben sind bei Leistungsberechtigten der Regelbedarfsstufe 1 aus dem Regelbedarf zu decken.
12
Ein Ausgleich über eine den Regelsatz absenkende abweichende Regelsatzfestsetzung ist für die Leistungsberechtigten in besonderen Wohnformen für diese Bedarfe ausgeschlossen (vgl. 27a.4.1.2).
•
13
Die
Regelbedarfsstufe 3
(80 Prozent der Regelbedarfsstufe 1) gilt für eine erwachsene Person, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b bestimmt (Unterbringung in einer stationären Einrichtung) (vgl. 27b).
(5)
1
Für die Regelbedarfsstufe einer Person ist es unerheblich, ob sie ihre reguläre Unterkunft (Lebensmittelpunkt) vorübergehend aufgrund einer Rehabilitationsmaßnahme, eines Krankenhausaufenthalts oder eines Urlaubs verlässt.
2
Die Regelbedarfsstufe für die reguläre Unterkunft (Lebensmittelpunkt) bleibt auch während zeitlich befristeter Abwesenheiten maßgeblich [vgl. dazu auch Ausführungen zu 27b.1.3. (2)].
Beispiel 1:
Die leistungsberechtigte Person lebt in einer besonderen Wohnform und verbringt die Wochenenden regelmäßig bei ihren Eltern. Ihr Bedarf bestimmt sich nach der regulären Unterkunft (Lebensmittelpunkt) und damit ausschließlich nach der Regelbedarfsstufe 2. Die leistungsberechtigte Person hat die zur Verfügung stehenden Mittel so einzuplanen, dass ihr Lebensunterhalt auch an den Wochenenden gedeckt werden kann. Eine abweichende Regelsatzfestsetzung ist für diesen Sachverhalt ausgeschlossen, da kein oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegender Bedarf vorliegt (vgl. 27a.4.2).
Beispiel 2:
Die leistungsberechtigte Person hält sich nur kurzfristig in einem Krankenhaus auf, lebt aber sonst allein in einer Wohnung. Ihr Bedarf bestimmt sich nach der regulären Unterkunft (Lebensmittelpunkt) und damit ausschließlich nach der Regelbedarfsstufe 1. Anlass für eine abweichende Regelsatzfestsetzung besteht ebenfalls nicht. Denn der Krankenhausaufenthalt samt Begleitleistungen wie Verpflegung wird typischerweise nach dem SGB V durch die Träger der Krankenversicherung getragen [vgl. 27a.4.2.1. (5)].
Zu Absatz 3:
27a.3.0 (Regelungsziel)
Absatz 3 macht allgemeine Vorgaben zur Bestimmung der Höhe des Regelsatzes.
27a.3.1 (Regelsatz)
1
Absatz 3 Satz 1, 1. Halbsatz sieht vor, dass zur Deckung der Regelbedarfe, die sich durch die Regelbedarfsstufen ergeben, monatliche Regelsätze zu gewähren sind (Monatsprinzip).
2
Absatz 3 Satz 1, 2. Halbsatz stellt klar, dass der notwendige Lebensunterhalt in Form monatlicher Regelsätze nur für Personen anzuerkennen ist, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nicht nach § 27b bestimmt.
3
Aus dem monatlichen Regelsatz sind alle dem notwendigen Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen zuzuordnenden Bedarfslagen zu decken, für die in § 42 Nummer 2 bis 4 keine anderen Bedarfe vorgesehen sind.
4
Die für ein Kalenderjahr geltenden monatlichen Beträge werden jeweils zum 1. Januar entweder durch eine gesetzliche Neuermittlung oder durch eine Fortschreibungsverordnung neu festgesetzt, was durch Ergänzung der Anlage zu § 28 erfolgt [vgl. 27a.2.2 (4)].
27a.3.2 (Eigenverantwortung und Budgetprinzip)
(1)
1
Nach Absatz 3 Satz 2 wird der Regelsatz als Pauschalbetrag erbracht, über dessen Verwendung die leistungsberechtigte Person eigenverantwortlich entscheidet.
2
Es handelt sich dabei um ein monatliches Budget.
3
Dieses Budget ermöglicht und erfordert es, individuell höhere Bedarfe in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen Lebensbereich auszugleichen.
(2)
1
Die leistungsberechtigte Person ist angehalten, in ihrem Ausgabeverhalten vorausschauend zu handeln.
2
Dazu müssen auch nicht vorhersehbare Ausgaben oder seltenere aber teure Ausgaben eingeplant werden.
3
Dies gilt beispielsweise für die Anschaffung von langlebigen Gebrauchsgütern, wie zum Beispiel die Ersatzbeschaffung eines Kühlschranks, eines Möbelstücks oder eines Wintermantels.
4
Unerheblich ist insofern, dass die im Rahmen der Regelbedarfsermittlung für solche Anschaffungen berücksichtigten durchschnittlichen Verbrauchsausgaben aus dem Erhebungsjahr der zugrundeliegenden EVS relativ gering sind.
5
Dies ergibt sich daraus, dass hier die monatlichen Ausgaben betrachtet werden und diese monatlichen Ausgaben bei seltenen Anschaffungen mathematisch nur einen Bruchteil des Anschaffungspreises ausmachen.
6
Deshalb erfordern solche Anschaffungen Rücklagen; oftmals führen sie auch zu Einschränkungen des übrigen Verbrauchs im Anschaffungsmonat und darüber hinaus.
(3)
1
In der Praxis kann unwirtschaftliches Verhalten einer leistungsberechtigten Person dazu führen, dass es keine Planung für die Verwendung des monatlichen Budgets und damit auch keine Steuerung des monatlichen Ausgabeverhaltens gibt.
2
In einem solchen Fall ist der Träger der Sozialhilfe gehalten, die Person nach § 11 Absatz 2 Satz 4 beim Einsatz ihres Budgets zu beraten.
3
Der Beratungsbedarf kann sich offensichtlich zeigen oder von der leistungsberechtigten Person nachgefragt werden.
4
Die Beratung sollte dokumentiert werden.
5
Alternativ sollen die leistungsberechtigten Personen an Leistungsangebote Dritter (z. B. eine Schuldnerberatungsstelle) durch den Träger der Sozialhilfe vermittelt werden.
6
Eine Vermittlung zu bestehenden Angeboten ist legitim, bedarf jedoch ebenfalls der Dokumentation.
(4)
1
Bleiben der leistungsberechtigten Person keine Kompensationsmöglichkeiten, werden die Träger der Sozialhilfe bei größeren Anschaffungen, wie z. B. Haushaltsgeräten, die Gewährung eines Darlehens nach § 37 Absatz 1 prüfen und diesbezüglich ebenfalls beratend tätig werden müssen.
2
Eine abweichende Regelsatzfestsetzung zur Deckung dieser Bedarfsspitzen zugunsten der leistungsberechtigten Person nach Absatz 4 Nummer 2 ist nicht möglich, weil es sich um eine einmalige und nicht um eine über die Dauer eines Monats hinausgehende Bedarfslage handelt [vgl. 27a.4.2.1 (3)].
27a.3.3 (Anteilige Anerkennung)
(1) Absatz 3 Satz 3 gibt einen Berechnungsmodus für den Fall vor, dass die Leistungsberechtigung für weniger als einen Monat besteht.
(2)
1
Besteht die Leistungsberechtigung im Einzelfall für weniger als einen Monat, ist der Regelsatz nur anteilig als Bedarf anzuerkennen.
2
Für ganze Monate sind bei der Berechnung dabei, wie im SGB II, stets 30 Tage zugrunde zu legen, unabhängig davon, ob einzelne Monate 31 Tage oder auch 28 beziehungsweise 29 Tage haben, wie der Februar
3
.
3
Die konkrete Berechnung erfolgt, indem die Höhe des zustehenden Regelsatzes durch 30 geteilt und mit der Anzahl der Tage der Leistungsberechtigung multipliziert wird.
Beispiel 1:
Für eine Person besteht ein sozialhilferechtlicher Bedarf nur vom 20. August bis zum 31. August 2021. Obwohl der Monat August 31 Tage hat, sind im August nur 30 Tage bei der Leistungsberechnung zugrunde zu legen. Da die Person an zwölf Tagen leistungsberechtigt ist, ist bei der Ermittlung des Leistungsanspruchs ein Regelbedarf in Höhe von 12/30 des Regelsatzes anzuerkennen.
Beispiel 2:
Für eine Person besteht ein sozialhilferechtlicher Bedarf vom 20. Februar 2021 bis zum 28. Februar 2021. Obwohl der Monat Februar nur 28 Tage hat, sind im Februar 30 Tage bei der Leistungsberechnung zugrunde zu legen. Da die Person nur an neun Tagen leistungsberechtigt ist, ist bei der Ermittlung des Leistungsanspruchs ein Regelbedarf in Höhe von 9/30 des Regelsatzes anzuerkennen.
27a.3.4 (Ohne Unterkunft, sonstige Unterkünfte)
1
Die für erwachsene Personen geltenden Regelbedarfsstufen knüpfen an unterschiedliche Wohnformen an.
2
Absatz 3 Satz 4 stellt deshalb klar, dass sich die Regelsätze auch für Personen, die vorübergehend nicht in einer Unterkunft oder in einer sonstigen Unterkunft (§ 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 3) untergebracht sind, nach den Regelbedarfsstufen richten, die für Wohnungen gelten.
3
Zu den Personen, die vorübergehend nicht in einer Unterkunft leben, gehören z. B. obdachlose Personen.
4
Über den Wortlaut „vorübergehend“ hinaus, gilt dies auch für dauerhaft obdachlose Personen.
5
Entsprechendes gilt für Personen in sonstigen Unterkünften nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 3.
6
Dies sind z. B. Personen, die in Notunterkünften oder Wohnwagen leben.
Beispiel
:
Für eine alleinstehende obdachlose Person gilt Regelbedarfsstufe 1.
Zu Absatz 4:
27a.4.0 (Regelungsziel)
1
Absatz 4 Satz 1 verpflichtet in bestimmten Ausnahmefällen zur abweichenden Regelsatzfestsetzung unter Berücksichtigung des individuellen Bedarfs.
2
Dabei unterscheidet Absatz 4 zwei Alternativen:
•
Die den individuellen Regelsatz senkende Regelsatzabweichung bei einer teilweisen oder vollständigen anderweitigen Bedarfsdeckung, die zu einer Leistungskürzung bei der leistungsnachsuchenden Person führt (Nummer 1), und
•
die abweichende Regelsatzfestsetzung in Form einer Erhöhung des individuellen Regelsatzes, weil eine besondere Bedarfssituation dies zwingend erfordert (Nummer 2).
3
In beiden Fallkonstellationen werden an das Vorliegen des Ausnahmefalls eine Reihe von Anforderungen gestellt.
4
Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist die Rechtsfolge, d. h. die Abweichung vom Regelsatz zwingend.
5
Absatz 4 Satz 2 und Satz 3 legen den Absenkungsumfang für die Fälle einer abweichenden Regelsatzfestsetzung zulasten der leistungsberechtigten Person fest.
6
Absatz 4 Satz 4 bis 6 schließen Abweichungen in bestimmten Fallkonstellationen aus.
27a.4.1 (Individuelle Senkung des Regelsatzes (Nummer 1))
27a.4.1.1 (Geringerer Bedarf - Voraussetzungen)
(1) Eine den monatlichen Regelsatz absenkende Regelsatzfestsetzung kommt nur in Betracht, wenn im Einzelfall
•
nicht nur einmalig, sondern für die Dauer von voraussichtlich mehr als einen Monat
•
ein durch die Regelbedarfe abgedeckter Bedarf nachweisbar vollständig oder teilweise anderweitig gedeckt ist.
(2) Dabei sind die Träger der Sozialhilfe für alle genannten Voraussetzungen darlegungspflichtig.
(3)
1
Ein Bedarf muss nicht nur einmalig, sondern für die Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat vollständig oder teilweise anderweitig gedeckt sein.
2
Dies bedeutet, dass eine anderweitige Bedarfsdeckung, die sich nur innerhalb eines Kalendermonats auswirkt, nicht zu einer Regelsatzabsenkung führt.
3
Hinsichtlich der Dauer - mehr als ein Monat - muss der Träger der Sozialhilfe eine wertende Prognoseentscheidung unter Berücksichtigung der konkreten Bedarfssituation treffen.
4
Die Abweichungsentscheidung erfasst dabei den Zeitraum des Bewilligungszeitraums, für den auf Grund der Prognoseentscheidung von einer anderweitigen Bedarfsdeckung auszugehen ist.
5
Nur dann, wenn sich eine Prognose nach Bescheiderteilung ausnahmsweise nicht realisiert, kann es zu einem lediglich für einen Monat abgesenkten Bedarf kommen.
6
Wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung zwar sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Bedarfsdeckung von mehr als einem Monat vorliegen, aber nicht von einer langfristigen bis dauerhaften Änderung auszugehen ist, ist die Abweichungsentscheidung von Anfang an zu begrenzen.
(4)
1
Der Regelbedarf muss vollständig oder zumindest teilweise anderweitig gedeckt sein.
2
Ob ein Teil des Regelbedarfs anderweitig gedeckt ist, ist anhand der regelbedarfsrelevanten Waren und Dienstleistungen der Abteilungen der EVS zu prüfen, die in § 5 RBEG enthalten sind [vgl. 27a.2.2. (3) und 27a.4.1.1 (5)].
(5)
1
Sowohl die anderweitige Deckung eines Bedarfs als auch die Höhe dieser Bedarfsdeckung muss nachweisbar sein.
2
Dies ist im Rahmen einer Einzelfallprüfung festzustellen, die aktenkundig zu machen ist.
3
Dafür ist zu prüfen, ob eine Einsparung durch anderweitige Deckung in einem Teil des Regelbedarfs vorliegt und diese Einsparung auch tatsächlich die Höhe des Regelbedarfs absenkt.
4
Dies verlangt eine Quantifizierung der Höhe der anderweitigen Bedarfsdeckung im Rahmen des Regelbedarfs.
5
Da eine Cent genaue Abrechnung insofern oft nicht möglich ist, ist festzustellen, dass Ausgaben für konkrete Verwendungszwecke sich tatsächlich deutlich vermindern oder gar nicht anfallen.
6
Daraus muss sich in der Gesamtbewertung ein deutlicher finanzieller Vorteil und damit eine belegte ungerechtfertigte wirtschaftliche Besserstellung feststellen lassen.
Unzulässig ist eine absenkende abweichende Regelsatzfestsetzung daher:
Bei Übernahme der Kosten der Unterkunft für eine teilmöblierte Wohnung durch den Träger der Grundsicherung im Rahmen einer Pauschalmiete, wenn nicht nachgewiesen ist, in welchem Umfang der Bedarf für Möbel und Einrichtungsgegenstände aus der Abteilung 05 durch die Pauschalmiete bereits gedeckt ist.
Zulässig ist eine abweichende Regelsatzfestsetzung hingegen:
Wenn der Träger der Grundsicherung im Rahmen des Unterkunftsbedarfs mit der monatlichen Miete für eine Privatwohnung zugleich eine Pauschale für den Haushaltsstrom als Bedarf anerkennt. In diesem Fall läge eine laufende doppelte Berücksichtigung desselben Bedarfs vor, da der Regelsatz auch den Strombedarf abdeckt [vgl. zur Berücksichtigung des Stroms die nach § 5 RBEG berücksichtigten regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus Abteilung 4 nach 27a.1.2 (1)].
(6)
1
Nach der BSG-Rechtsprechung kommt eine absenkende Regelsatzfestsetzung zudem nur in den Fällen in Betracht, in denen die anderweitige Bedarfsdeckung durch den Träger der Sozialhilfe selbst und als Leistung nach dem SGB XII erbracht wird
4
.
2
Zuwendungen Dritter (durch private Dritte oder öffentlich-rechtliche Träger) bieten hingegen keinen Anlass für eine abweichende Regelsatzfestsetzung.
Beispiel:
Bei einer Versorgung mit Lebensmitteln durch Verwandte kommt eine abweichende Regelsatzfestsetzung nicht in Betracht.
3
Sie können aber ggf. als Einkommen im Sinne der §§ 82 ff. berücksichtigt werden. Insofern sind jedoch die weiteren Einschränkungen aus § 84 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 zu berücksichtigen [evtl. Platzhalter für Verweis auf §§ 82 ff.; § 84].
27a.4.1.2 Minderung des Regelsatzes - Ausschluss
1
Für bestimmte Fälle schließt das Gesetz die Anwendung des § 27a Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 aus.
2
Diese Privilegierung gilt für Leistungsberechtigte, bei denen folgende Leistungen anzuerkennen sind:
•
Leistungen für Bildung und Teilhabe:
3
Soweit Bedarfe nach § 34 Absatz 4 Satz 1 oder § 34 Absatz 6 Satz 1 gedeckt werden, findet § 27a Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 für die dadurch abgedeckten Aufwendungen keine Anwendung.
•
Leistungen für ein Mittagessen in der WfbM:
4
Soweit ein Mehrbedarf nach § 42b Absatz 2 anerkannt wird, findet § 27a Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 für die dadurch gedeckten Aufwendungen keine Anwendung.
•
Leistungen in besonderen Wohnformen:
5
Für Personen, die in der besonderen Wohnform leben (Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3) ist eine abweichende Festsetzung für Bedarfe ausgeschlossen, soweit sie durch einen Vertrag über die Überlassung von Wohnraum nach § 42a Absatz 5 Satz 4 Nummer 1, 3 und 4 gedeckt werden.
6
Hierbei handelt es sich um Mietzuschläge aufgrund einer (Teil-)Möblierung der Räumlichkeiten, Aufwendungen für Haushaltsstrom, Instandhaltung und Ausstattung mit Haushaltsgroßgeräten sowie Gebühren für Telekommunikation und Gebühren für den Zugang zu Rundfunk, Fernsehen und Internet, die Anlass für die Prüfung einer Doppelleistung geben könnten.
27a.4.1.3 Minderung des Regelsatzes - Rechtsfolge (gebundene Entscheidung, Abzugshöhe)
(1) Die Minderung des Bedarfs ist zwingend, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 27a Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 vorliegen und kein Ausschlussgrund nach § 27a Absatz 4 Satz 4 bis 6 greift.
(2)
1
Der Umfang der Kürzung bestimmt sich nach § 27a Absatz 4 Satz 2 und 3.
2
Für die monatlich ersparten Verbrauchsausgaben sind dabei die in § 5 RBEG für die jeweilige Abteilung zum Zeitpunkt ihrer Ermittlung festgestellten Werte zugrunde zu legen.
3
Wichtig ist dabei, das Regelbedarfsermittlungsgesetz jeweils in der aktuellen Fassung zugrunde zu legen, da sich diese Werte mit jeder gesetzlichen Neuermittlung ändern.
(3)
1
Umfasst die anderweitige Bedarfsdeckung nicht alle Güter und Dienstleistungen einer gesamten Abteilung der EVS, sind jeweils die in den Beträgen für die Abteilungen (§ 5 RBEG) enthaltenen Verbrauchspositionen zugrunde zu legen.
2
Diese Beträge sind der Begründung des Gesetzentwurfs für das jeweils maßgebliche Regelbedarfermittlungsgesetz zu entnehmen.
Beispiel [vgl. auch Beispiel 27a.4.1.1 (5)]:
Erforderlich ist eine abweichende Regelsatzfestsetzung, wenn der Träger der Sozialhilfe im Rahmen der Kosten der Unterkunft für eine Privatwohnung zugleich eine Pauschale für den Haushaltsstrom übernimmt. In diesem Fall läge eine Doppelleistung des Trägers der Sozialhilfe vor, wenn er zugleich den Regelsatz in voller Höhe anerkennen würde. Denn dieser deckt auch den Strombedarf ab. Der Umfang des Abzugs bestimmt sich für alleinstehende Erwachsene nach den Ausführungen in der Begründung des RBEG für den Strombedarf (RBEG 2020: 35,30 Euro, vgl. nachstehende Tabelle zum Betrag der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben in Abteilung 04).
Betrag der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben in Abteilung 04 für Erwachsene
Wohnungsmieten, Energie und Wohnungsinstandhaltung mit Sonderauswertung Strom (Haushalte, die nicht mit Strom heizen)
lfd. Nr. | Code | Gegenstand der Nachweisung | Regelbedarfs-relevanteVerbrauchs-ausgabenin Euro | Abzug vom Regelsatz, wenn Strombedarf anderweitig gedeckt |
13 | 0451 010 | Strom (auch Solarenergie) | 35,30 | 35,30 |
14 | 0431 000 | Ausgaben für Instandhaltung und Schönheitsreparaturen Eigenleistungen Mieter- Untermieterinnen für Haupt-, Zweit- und Freizeitwohnungen | 0,92 | |
15 | 0431 915 | Ausgaben für kleinere Instandhaltung, Reparaturen der Eigentümer/innen - Eigenleistungen (Material) | / | |
16 | 0432 900 | Ausgaben für Instandhaltung und Schönheitsreparaturen - Fremdleistu ngen Mieter- /Untermieterinnen für Haupt-, Zweit- und Freizeitwohnungen | (0,50) | |
17 | 0432 915 | Ausgaben für kleinere Instandhaltung, Reparaturen der Eigentümer/innen - Fremdleistungen (Handwerker/-innen) | / | |
36,87 |
(4)
1
Die Abzugsbeträge nach Absatz 4 Satz 2 und 3 werden nicht fortgeschrieben (vgl. dazu BT-Drs. 18/9984, Seite 90).
2
Sie ändern sich erst mit Inkrafttreten eines neuen RBEG [vgl. 27a.2.2. (2) und (4)].
27a.4.2 Individuelle Erhöhung des Regelsatzes (Nummer 2)
27a.4.2.1 Erhöhung des Bedarfs (Voraussetzungen)
(1) Eine den monatlichen Regelsatz erhöhende abweichende Regelsatzfestsetzung nach § 27a Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 setzt voraus, dass ein Bedarf im Einzelfall
•
nicht nur einmalig, sondern für eine Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat [vgl. 27a.4.2.1 (3)],
•
unausweichlich ist [vgl. 27a.4.2.1 (4) bis (5)],
•
in mehr als geringem Umfang [vgl. 27a.4.2.1 (9)] oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegt, wie sie in der Regelbedarfsermittlung (vgl. 27a.2.2) unterstellt werden, und
•
die dadurch bedingten Mehraufwendungen begründbar nicht anderweitig ausgeglichen werden können [vgl. 27a.4.2.1 (9)].
(2)
1
Die leistungsnachsuchende Person ist für die genannten Voraussetzungen darlegungspflichtig.
2
Sie muss deshalb substantiiert anhand des Einzelfalls darlegen, warum ausnahmsweise eine Erhöhung des Bedarfs zu ihren Gunsten geboten ist und dafür ggf. Nachweise vorlegen.
3
Erst wenn - in der Regel aufgrund ihres Vortrags - Anhaltspunkte für eine individuelle Bedarfserhöhung vorliegen, ist der Träger der Sozialhilfe nach dem Untersuchungsgrundsatz verpflichtet, die Umstände näher zu ermitteln.
4
Die wesentlichen Gründe für die Entscheidung des Trägers der Sozialhilfe sind aktenkundig zu machen.
(3)
1
Der Bedarf muss im Einzelfall nicht nur einmalig, sondern für die Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat oberhalb der durchschnittlichen Bedarfe liegen.
2
Dies bedeutet, dass eine einmalige, beziehungsweise auf die Dauer eines Monats begrenzte Erhöhung von Bedarfen, nicht zu einer abweichenden Regelsatzfestsetzung führen kann.
3
Kurzfristige Bedarfsspitzen im Haushalt bspw. wegen des Kaufs einer Waschmaschine oder eines Wintermantels oder im Rahmen der Gesundheitsversorgung wie bspw. die Versorgung mit Zahnersatz oder einer Brille führen nicht zu einer mehr als einen Monat andauernden Bedarfserhöhung und damit auch nicht zu einer Erhöhung des Regelsatzes.
4
Bedarfsspitzen innerhalb eines Monats können durch Gewährung eines Darlehens behoben werden (§ 37 Absatz 1).
Beispiel:
Soweit Personen in einer besonderen Wohnform eine größere Anzahl von Kleidungsstücken aufgrund der Dauer des Wäschekreislaufes bei einer externen Wäscheversorgung benötigen, besteht kein für mehr als einen Monat dauerhaft erhöhter Bedarf an Wäsche, sondern eine einmalige Bedarfsspitze. Eine erhöhende abweichende Regelsatzfestsetzung kommt daher nicht in Betracht.
5
Bei einem vorübergehenden und mehr als einen Monat andauernden deutlich erhöhten laufenden Bedarf kommt eine Erhöhung des Regelsatzes hingegen in Betracht.
6
Hinsichtlich der Dauer (mehr als ein Monat) muss der Träger der Sozialhilfe unter genauer Berücksichtigung des Einzelfalls eine wertende Prognoseentscheidung treffen, für welchen Zeitraum eine abweichende Bedarfslage besteht.
7
Die Abweichungsentscheidung ist zu begrenzen, wenn nur für einen begrenzten Zeitraum Anhaltspunkte für eine individuelle Bedarfserhöhung vorliegen.
(4)
1
Der Bedarf muss im Einzelfall unausweichlich sein.
2
Unausweichlich ist ein Bedarf, wenn er nicht durch zumutbare Maßnahmen der leistungsnachsuchenden Person beseitigt werden kann.
3
Dafür ist diese jeweils auf die für sie kostengünstigste, ihr zumutbare Maßnahme zu verweisen.
Beispiel:
In Bezug auf Fahrtkosten sind die leistungsnachsuchenden Personen darauf zu verweisen, ihnen zustehende Fahrpreisermäßigungen zu nutzen.
(5)
1
Unausweichlich ist ein Bedarf auch dann nicht, soweit er von einer Person vorrangig durch die ihr verfügbaren spezielleren Leistungen gedeckt werden kann.
2
Zu berücksichtigen sind insofern insbesondere gewährte Leistungen anderer Leistungsträger als der Grundsicherung (z. B. Leistungen der Kranken- und Pflegekasse oder Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe nach dem SGB IX), soweit diese Leistungen der Leistung der Sozialhilfe vorgehen.
Beispiel 1:
Wenn eine leistungsnachsuchende Person mit Pflegegrad 2, die körperlich stark beeinträchtigt ist, die Unterstützung für eine Putz- und Haushaltshilfe begehrt, ist zunächst zu prüfen, ob dieser Bedarf durch Pflegesachleistungen der Pflegekasse (§ 36 SGB XI) gedeckt wird, die den Leistungen der Sozialhilfe vorgehen. Wenn die Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI ausreichen, kommen Hilfen für hauswirtschaftliche Verrichtungen als Lebensunterhaltsleistung nach dem SGB XII nicht in Betracht.
Beispiel 2:
Wenn eine leistungsnachsuchende Person mit Pflegegrad 1, die einen Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI erhält, die Unterstützung für eine Putz- und Haushaltshilfe begehrt, darf der Einsatz des Entlastungsbetrags für die Putz- und Haushaltshilfe nicht gefordert werden, da es sich bei § 45b SGB XI nicht um eine vorrangige Leistung handelt. Sofern die leistungsnachsuchende Person den Entlastungsbetrag jedoch bereits für eine Putz- und Haushaltshilfe tatsächlich eingesetzt hat, kommen hierfür Lebensunterhaltsleistungen nach dem SGB XII nur in Betracht, soweit der Bedarf nicht bereits gedeckt ist. Entscheidet sich die leistungsnachsuchende Person den Entlastungsbetrag künftig nicht für eine Putz- und Haushaltshilfe einzusetzen, ist der entsprechende Bedarf in voller Höhe als Lebensunterhaltsleistung nach dem SGB XII zu berücksichtigen.
Beispiel 3:
Wenn einem Elternteil mit einem unter 12 Jahre altem Kind wegen Krankenhausbehandlung oder schwerer Krankheit die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist, haben Versicherte nach § 38 SGB V Anspruch auf eine Haushaltshilfe.
•
anderer Hilfen nach dem SGB XII, wie Leistungen der Hilfe zur Pflege (§§ 61 ff.), der Altenhilfe (§ 71) oder der Blindenhilfe (§ 72);
Beispiel
: Eine leistungsnachsuchende Person, die körperlich stark beeinträchtigt ist, begehrt die Unterstützung für eine Putz- und Haushaltshilfe, weil sie einzelne Maßnahmen nicht mehr selbst verrichten kann. Wenn keine berücksichtigungsfähigen Leistungen nach dem SGB XI oder SGB V in Betracht kommen (s. o.) oder diese zur Bedarfsdeckung nicht ausreichen, ist weiter zu prüfen, ob dieser Bedarf durch anderweitige Sozialleistungen nach dem SGB XII gedeckt werden kann. Insofern kommen insbesondere in Betracht:
Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel setzt das Vorliegen eines Pflegegrades voraus. Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 1 steht dabei nur ein eingeschränkter Leistungskatalog offen. Die Unfähigkeit, ausschließlich im Bereich der allgemeinen Haushaltsführung anfallende Tätigkeiten ohne fremde Hilfe bewältigen zu können ohne Pflegegrad, reicht für einen Anspruch auf Hilfe zur Pflege nicht aus.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen können im Rahmen der häuslichen Pflegehilfe auch Leistungen als Hilfen bei der Haushaltsführung gewährt werden (§ 64 b; im Einzelfall - in der Regel bei Personen mit Pflegegrad 1, die keine Leistungen der Pflegeversicherung beziehen - ggf. in Verbindung mit § 66).
Weiterhin kommt die Hilfe zur Weiterführung des Haushalts nach dem Neunten Kapitel (§ 70, sog. große Haushaltshilfe) in Betracht, wenn keiner der Haushaltsangehörigen den Haushalt führen kann und die Weiterführung des Haushalts geboten ist (z. B. weil ein alleinerziehender Elternteil wegen Krankheit oder Behinderung hierzu teilweise nicht mehr in der Lage ist). Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Leistung unabhängig von der Dauer des Bedarfs in der Regel nur vorübergehend erbracht werden soll (§ 70 Absatz 1 Satz 2), es sei denn, eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung kann dadurch aufgeschoben oder vermieden werden (§ 70 Absatz 1 Satz 3).
Wenn keine anderen Hilfen nach dem SGB XII beansprucht werden können, kommt als Auffanglösung für Leistungsberechtigte nach dem Vierten Kapitel auch eine abweichende Regelsatzfestsetzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 zwecks Übernahme der Kosten von Haushaltsdienstleistungen in Betracht [vgl. 27a.4.2.1.(10)].
•
oder Mehrbedarfe nach § 42 Nummer 2 i. V. m. § 30 Absatz 1 bis 3, 5 und 7 und § 42 Nummer 2 i. V. m. § 42 b Absatz 2 und 3.
3
Diese Mehrbedarfe sind leges speciales.
4
Ihre Aufstockung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 ist ausgeschlossen.
Beispiel
:
Bei einer leistungsnachsuchenden Person, die wegen Niereninsuffizienz eine Dialysediät einhalten muss, wird, weil hiermit dauerhaft höhere Kosten einhergehen, ein Mehrbedarf nach § 42 Nummer 2 i. V. m. § 30 Absatz 5 in angemessener Höhe anerkannt. Der Mehrbedarf ist abschließend und nicht nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 aufstockbar.
(6)
1
Die Bedarfsabweichung muss sich der Höhe und dem Gegenstand nach auf die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben nach § 5 RBEG beziehen.
2
Zwecks Feststellung, ob ein Bedarf im Einzelfall oberhalb der durchschnittlichen Bedarfe liegt, ist zunächst festzustellen, ob der geltend gemachte Bedarf überhaupt einer Abteilung nach § 5 RBEG und den darin enthaltenen Verbrauchspositionen zuzuordnen ist.
Beispiel:
Aufgrund einer Neurodermitis Erkrankung kann ein erhöhter Bedarf für Körperpflegemittel entstehen. Abteilung 12 (Andere Waren und Dienstleistungen) des § 5 Absatz 1 RBEG beinhaltet die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben für Körperpflege. Diesbezüglich kann ein Fall eines gesteigerten Bedarfs nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 vorliegen, wenn der ungedeckte Bedarf mehr als geringfügig und unausweichlich ist.
3
Aus welchen Gegenständen die einzelnen Abteilungen bestehen, ist durch einen Abgleich mit der Begründung des jeweils maßgeblichen Regelbedarfsermittlungsgesetzes feststellbar.
(7)
1
Wird ein Bedarf nicht von den Abteilungen nach § 5 RBEG erfasst, handelt es sich um einen Bedarf nach § 42 Nummer 2 bis 4 oder wird der Bedarf im Rahmen anderer Sozialleistungen gedeckt, greift Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 nicht.
2
Dann handelt es sich, wenn keine anderweitige Bedarfsdeckung erfolgt, möglicherweise um atypische Bedarfe, deren Deckung nach § 73 (Hilfe in besonderen Lebenslagen) zu prüfen ist.
3
Im Einzelfall kann die Abgrenzung gesteigerter Bedarfe und atypischer Bedarfe jedoch schwierig sein.
Beispiel:
Bei den Kosten für Fahrten zu inhaftierten oder kranken Angehörigen handelt es sich um überdurchschnittliche Kosten einer grundsätzlich durch den Regelsatz erfassten Bedarfsgruppe (Verkehr). Daher liegt ein Fall eines gesteigerten Bedarfs nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und kein Fall eines atypischen Bedarfs nach § 73 vor.
(8)
1
Zwecks Feststellung eines erhöhten Bedarfs ist der bestehende Bedarf mit den festgestellten Werten für die einzelnen Abteilungen nach dem Regelbedarfsermittlungsgesetz in der jeweils geltenden Fassung abzugleichen.
2
Betrifft der Bedarf keine ganze Abteilung, sondern einzelne Waren und Dienstleistungen einer Abteilung, sind für diese jeweils die sich aus der Begründung im Gesetzentwurf für das geltende Regelbedarfsermittlungsgesetz zu den § 5 RBEG ersichtlichen Ausgaben zugrunde zu legen.
(9)
1
Der erhöhte Bedarf muss in mehr als geringem Umfang oberhalb dieser Werte liegen und die dadurch bedingten Mehraufwendungen dürfen begründbar nicht anderweitig ausgleichbar sein.
2
Bei dem Merkmal des „
in mehr als geringem Umfang erhöhten Bedarfs
“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff.
3
Dieser ist gerichtlich voll überprüfbar und erfordert eine detaillierte Einzelfallbetrachtung.
4
Diese muss dem Ausnahmecharakter der Regelung Rechnung tragen.
5
Daher verbietet sich die Festlegung von pauschalen Grenzen (z. B. 10 Prozent des Regelsatzes nach der Regelbedarfsstufe 1), ab denen ein solcher Umfang vorliegen soll, wenn daraus geschlussfolgert wird, dass eine Unterschreitung automatisch ein Nichtvorliegen bedeutet.
6
Erforderlich ist vielmehr eine Einzelfallentscheidung, die eine Gesamtbetrachtung der Situation einer leistungsberechtigten Person verlangt.
7
Im Rahmen dieser Entscheidung ist in einem ersten Schritt zu fragen, um wieviel abgewichen wird und in einem zweiten Schritt, über voraussichtlich welchen Zeitraum die Abweichung vorliegt.
(10)
1
Praktische Anwendungsfälle der abweichenden Regelsatzfestsetzung können im Einzelfall insbesondere sein:
•
2
Die Kostenübernahme für Pflege- und Hygieneartikel, die aus gesundheitlichen Gründen laufend benötigt werden (z. B. Körperpflegemittel bei Neurodermitis, ausgebrochener HIV-Infektion
5
oder Waschzwang).
3
Sie sind im Einzelfall, wenn der Bedarf nicht durch andere Leistungen (z. B. Krankenkassenleistung) gedeckt wird, im erforderlichen Umfang zu übernehmen.
•
4
Die Mehraufwendungen für „Essen auf Rädern“ sind im Einzelfall z. B. für körperlich eingeschränkte Personen, die in Wohnungen i. S. d. § 42a Absatz 2 Satz 2 leben, zu übernehmen, wenn der Bedarf nicht durch andere Sozialleistungen abgedeckt ist.
•
5
Die Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts.
6
Entstehen einem geschiedenen oder einem getrenntlebenden Elternteil regelmäßig Fahrt- und Übernachtungskosten aufgrund der Wahrnehmung des Umgangsrechts mit seinen Kindern und können diese nicht aus evtl. vorhandenem Einkommen oder dem Regelsatz bestritten werden, können diese in angemessenem Umfang im Einzelfall übernommen werden.
7
Zu übernehmen sind dann regelmäßig die Kosten für die jeweils preisgünstigste zumutbare Fahrt und ggf. einer preisgünstigen Übernachtungsmöglichkeit.
•
8
Die Kosten für eine Putz- und Haushaltshilfe für psychisch oder körperlich stark beeinträchtigte Personen, soweit nicht vorrangige Ansprüche gegen die Kranken- oder Pflegeversicherung oder gegen den Träger der Eingliederungshilfe bestehen oder andere Hilfen nach dem SGB XII beansprucht werden können (vgl. 27a.4.2.1).
•
9
Die Kosten, die entstehen, weil eine leistungsberechtigte Person behinderungsbedingt Gegenstände des täglichen Bedarfs zerstört.
10
Insofern ist sorgfältig festzustellen, ob die Zerstörungen unausweichlich sind, oder ob diese durch angemessene Maßnahmen vermieden werden können.
•
Fahrtkosten zur Methadon-Substitutionsbehandlung oder regelmäßigen Arztterminen (maximal Kosten des StadtTickets),
•
Mehrkosten bei altersbedingten Schwierigkeiten (Besuchsfahrten zu Angehörigen, Fahrten zur Grabpflege),
•
Über- oder Sondergrößen bei Bekleidung und Schuhen
•
Behinderungsbedingte Zerstörung von Gegenständen des täglichen Bedarfs, sofern die Zerstörung unausweichlich ist und nicht durch andere Maßnahmen vermieden werden kann und in besonderen Wohnformen nicht bereits durch vertragliche Regelungen abgedeckt ist
•
Dauerhafter Waschzwang, der einen erhöhten Bedarf an Reinigungsmitteln zur Folge hat
•
Behinderungsbedingter Mehrbedarf bis zur formalen Feststellung des Merkzeichens „G“ durch das Versorgungsamt und damit verbundenem Anspruch auf Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 bei Nachweis konkreter höherer Aufwendungen (vgl. BSG B 8 SO 25/16 R vom 25.04.2018)
(11) Eine Erhöhung des Regelsatzes kommt z. B. nicht in Betracht:
•
aufgrund hoher Zuzahlungen an den Leistungserbringer von Personen, die in einer besonderen Wohnform nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, Satz 3 leben, und dadurch über geringere verbleibende Barmittel verfügen und
•
für Kosten für nicht verordnungsfähige Arzneimittel.
•
Kabelanschluss,
•
Zahnersatz/Implantate,
•
sonstige ungedeckte Kosten über Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus (z.B. Hilfsmittel bei Inkontinenz),
•
Passgebühren,
•
Brillen,
•
Nahrungsergänzungsmittel,
•
Zuzahlung zu Medikamenten,
•
Verhütungsmittel,
•
Zusatzkrankenversicherung,
•
Fahrtkosten zu medizinisch notwendigen Behandlungen,
•
Beförderungskosten zu Fahrten zur Kindertageseinrichtung,
•
Ausgaben für Haustiere
27a.4.2.2 Erhöhung des Regelsatzes - Ausschluss
1
Das Gesetz schließt eine Erhöhung des individuellen Bedarfs gemäß Absatz 4 Satz 6 für Personen aus, soweit es sich um einen Bedarf handelt, für den ein Mehrbedarf nach § 42b Absatz 2 gewährt wird.
2
Für andere Bedarfe ist jedoch eine Regelsatzerhöhung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 anzuerkennen.
Beispiel:
Eine leistungsberechtigte Person ist in einer WfbM beschäftigt und erhält den Mehrbedarf nach § 42b Absatz 2. Da die leistungsberechtigte Person wegen Neurodermitis auf besondere Körperpflegemittel angewiesen ist, ist insofern eine Regelsatzerhöhung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 möglich.
27a.4.2.3 Erhöhung des Regelsatzes - Rechtsfolge (gebundene Entscheidung)
Wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 vorliegen und kein Ausschlussgrund greift, ist die Übernahme der Mehraufwendungen zwingend.
Zu Absatz 5:
27a.5 Pflegekinder
Da sich Absatz 5 ausschließlich auf minderjährige Leistungsberechtigte bezieht, findet er nur im Dritten aber nicht im Vierten Kapitel Anwendung.
Bei minderjährigen Leistungsberechtigten, die im Rahmen einer Maßnahme nach
§ 27 SGB VIII
in einer anderen Familie (Pflegefamilien oder Verwandten) untergebracht sind, wird der individuelle Bedarf abweichend von den Regelsätzen in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterbringung festgesetzt. Voraussetzung hierfür ist, dass diese Kosten einen angemessenen Umfang nicht übersteigen. Die Leistungen werden im Regelfall von der Wirtschaftlichen Jugendhilfe in Anlehnung an
§ 39 SGB VIII
als Pauschalen, die den gesamten Bedarf abdecken, erbracht.
Fußnoten
1)
§ 6 RBEG befasst sich mit den regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben für Kinder und Jugendliche, daher ist im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nur § 5 RBEG (Regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben für Einpersonenhaushalte) von Relevanz.
2)
vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung - Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes - BT-Drs.
3)
BT-Drs. 17/3404, S. 120 und Parallelregelung in § 41 Absatz 1 Satz 2 SGB II und § 44 Absatz 2 Satz 2 SGB I.
4)
vgl. BSG Urteil vom 23.03.2010 - B 8 SO 17/09 R; BSG Urteil vom 14.12.2017 - B 8 SO 16/16 R; BSG Urteil vom 24.2.2016 - B 8 SO 13/14 R.
5)
vgl. BSG Urteil vom 19.08.2010 - B 14 AS 13/10 R.
Feedback