Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz zur Bewirtschaftung des Gebietes von Gemeinschaftlicher Bedeutung „Lietzen/Döbberin“
DE - Landesrecht Brandenburg

Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz zur Bewirtschaftung des Gebietes von Gemeinschaftlicher Bedeutung „Lietzen/Döbberin“

Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz zur Bewirtschaftung des Gebietes von Gemeinschaftlicher Bedeutung „Lietzen/Döbberin“
vom 29. Juli 2020 ( ABl./20, [Nr. 33] , S.794)
Dieser Erlass regelt auf der Grundlage des § 32 Absatz 4 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), der zuletzt durch Artikel 290 der Verordnung vom 19. Juni 2020 ( BGBl. I
S.
1328, 1362) geändert worden ist, die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung von Artikel 6 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen ( ABl.
L 206 vom 22.7.1992, S. 7), die zuletzt durch die Richtlinie 2013/17/EU vom 13. Mai 2013 (ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 193) geändert worden ist, - Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie). Er benennt die Erhaltungsziele und in Anlage 2 erforderliche Erhaltungsmaßnahmen sowie deren Umsetzungsinstrumente. Die Umsetzung erfolgt direkt durch die zuständigen Behörden oder wird von ihnen unterstützt. Der Bewirtschaftungserlass ist im Rahmen des behördlichen Handelns zu beachten.

1 Bewirtschaftungsgegenstand

Der in Anlage 1 (Kartenskizze) näher bezeichnete Geltungsbereich des Erlasses im Landkreis Märkisch-Oderland umfasst das Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung (FFH-Gebiet) mit der Bezeichnung „Lietzen/Döbberin“ und der Gebietsnummer DE-3552-303.
Der Geltungsbereich des Erlasses hat eine Größe von rund 393 ha und umfasst Flächen in folgenden Fluren:
Gemeinde:Gemarkung: Flur:
Lietzen Lietzen 3, 4;
Zeschdorf Döbberin 1;
Niederjesar Niederjesar 1;
Alt Mahlisch Alt Mahlisch 3.
Die Grenze des Geltungsbereichs dieses Erlasses ist in der Kartenskizze (Anlage 1), in der Biotoptypenkarte im Maßstab 1 : 10.000, in der Karte der FFH-Lebensraumtypen (LRT) im Maßstab 1 : 10.000, in der Zielkarte im Maßstab 1 : 10.000 sowie in Liegenschaftskarten eingezeichnet. Die Darstellung der Grenze in den Karten erfolgt mit durchgehender Linie. Maßgeblich ist die Einzeichnung der Grenze in den Liegenschaftskarten. Diese Karten sind mit einer Flurstücksliste beim Landesamt für Umwelt in Potsdam, beim Landkreis Märkisch-Oderland als untere Naturschutzbehörde in Seelow, bei der Amtsverwaltung Lebus in Lebus und Seelow-Land in Seelow sowie beim Landesbetrieb Forst Brandenburg, Oberförsterei Waldsieversdorf als untere Forstbehörde von jedermann während der Dienstzeiten einsehbar.

2 Beschreibung des FFH-Gebietes

Das FFH-Gebiet befindet sich im Osten von Brandenburg im zentralen Teil der naturräumlichen Haupteinheit Lebuser Platte zwischen den Ortschaften Lietzen und Döbberin. Es umfasst einen größtenteils landwirtschaftlich genutzten Ausschnitt einer welligen Grundmoränenlandschaft weichselzeitlicher Entstehung. Im Zeitraum von 1976 bis 2005 lagen die jährlichen Niederschlagssummen durchschnittlich zwischen 530 und 550 mm/a, wobei 303 mm auf den Zeitraum Mai bis Oktober entfielen. Die sandig-lehmigen bis lehmigen Böden besitzen eine mittlere, insbesondere im Süden teilweise auch eine hohe Ertragskraft. In Geländevertiefungen sind zahlreiche Kleingewässer (Sölle, Pseudosölle) und mehrere Kleinseen mit umgebenden Feuchtbiotopen in von Süden nach Norden verlaufenden Ketten eingestreut. Abschnittsweise gliedern Feldgehölze und wegbegleitende Heckenzüge die Agrarlandschaft.
Die Gewässer und ihre Begleitstrukturen sind insbesondere als Lebens- und Reproduktionsstätten für Amphibien von Bedeutung.
Im FFH-Gebiet befinden sich das Flächennaturdenkmal (FND) „Feuchtgebiet Söllekette Lietzen“ (22 ha
) sowie das 3 ha große FND „Wacholderhang am Nordufer des Großen Krebssees“ (Beschluss Nr.
13 des Rates des Kreises Seelow vom 8. Juni 1988).

3 Erhaltungsziele

Die Erhaltungsziele wurden in der Fünfzehnten Verordnung zur Festsetzung von Erhaltungszielen und Gebietsabgrenzungen für Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung vom 18. Dezember 2017 ( GVBl. II
Nr. 72) zum FFH-Gebiet „Lietzen/Döbberin“ bekannt gegeben.
Ziel ist die Erhaltung, Entwicklung und Wiederherstellung der Biotope von gemeinschaftlichem Interesse („natürlicher Lebensraumtyp“ im Sinne des Anhangs I der Richtlinie 92/43/EWG) und der Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse (im Sinne des Anhangs II der Richtlinie 92/43/EWG). Der Erlass dient somit der Erhaltung, Entwicklung und Wiederherstellung der Stillgewässer des Gebietes als LRT Nr. 3150 „Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions“ sowie der Erhaltung und Entwicklung der Populationen der Rotbauchunke und des Kammmolches jeweils mit ihren Lebensräumen.

4 Beschreibung, Bewertung und ökologische Erfordernisse der Lebensraumtypen (LRT) nach Anhang I und der Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie

Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions (LRT Nr. 3150), Gesamtgröße 13,4 ha, Erhaltungsgrad C
Ein Teil der dauerhaft wasserführenden Kleingewässer des FFH-Gebietes und die unmittelbar von ihnen beeinflussten Verlandungs- und Uferzonen sind diesem LRT zuzuordnen. Aufgrund der überwiegend kleinen Einzugsgebiete ist natürlicherweise ein im Jahresverlauf stark schwankender Wasserspiegel charakteristisch. Die Gewässer mit ihren Uferzonen unterliegen dem Schutz des § 30 Absatz 1 Nummer 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG).
Die Wasserpflanzenvegetation ist überwiegend artenarm und besteht in kleineren Gewässern hauptsächlich aus Wasserschwebergesellschaften und Schwimmdecken, in größeren Gewässern aus Wasserschwebergesellschaften und Schwimmblattfluren. Die abschnittsweise recht ausgedehnten Röhrichte werden von Schilf, örtlich auch von Rohrkolben sowie randlich von Glanzgras beherrscht. Typische Begleitbiotope sind außerdem in unterschiedlicher Flächenausdehnung feuchte Pionierfluren und Kleinröhrichte in zeitweilig trockenfallenden Bereichen, Großseggenriede, feuchte Staudenfluren sowie Grauweidengebüsche. Viele Gewässer weisen lückige bis geschlossene Gehölzgürtel aus verschiedenen Weidenarten, Schwarz-Erle und anderen Gehölzarten auf.
Alle LRT-Gewässer besitzen nur einen durchschnittlichen bis beschränkten Erhaltungsgrad. Daneben zeigen weitere Gewässer Merkmale des LRT, sind diesem aber insgesamt aufgrund stärkerer Beeinträchtigungen gegenwärtig nicht zuzuordnen. Beeinträchtigungen betreffen insbesondere ihren Wasser- und Stoffhaushalt. Der Anschluss an das Grundwasser ist nur bei den Kleingewässern gegeben, die tief in die Landschaft eingelagert sind. Vornehmlich werden die Gewässer über das Bodenwasser, über Oberflächenabfluss/Erosion und Stauwasser aus dem Hangbereich zum Hangfuß gespeist. Wasserverluste treten vor allem durch Verdunstung und Versickerung auf. Neben einer großflächigen Grundwasserabsenkung durch Niederschlagsdefizite der vergangenen Jahrzehnte trägt ein Meliorationssystem dazu bei, in den angeschlossenen Gewässern sommerliche Niedrigwasserphasen zu verschärfen und insgesamt natürliche Wasserstandsschwankungen zu dämpfen. Randstreifen an den meisten Gewässern reduzieren Stoffeinträge aus angrenzenden Ackerflächen.
Während in den durchströmten Bereichen der Dreistachlige Stichling die Hauptfischart bildet, dominiert das Moderlieschen in stagnierenden Abschnitten. Die Schleie besiedelt die gesamte Lietzener Söllekette und profitiert offenbar vom starken Makrophytenaufkommen in den Gewässern. Vereinzelt wurden bisher Karausche und Aal erfasst, die sich von den Eiern, Kaulquappen und ausgebildeten Amphibien ernähren. Bei mehreren Gewässern im Nordwesten des Gebietes resultieren Beeinträchtigungen aus einer intensiven Angelnutzung mit Besatzmaßnahmen. Amphibien stellen einen charakteristischen Bestandteil der Gewässer dar.
Zur Erhaltung, Entwicklung und Wiederherstellung des Lebensraumtyps sind daher vor allem Maßnahmen zur Stützung eines naturraumtypischen Wasserhaushalts sowie zur Minderung von Stoffeinträgen in die Gewässer, zum Beispiel durch Schaffung beziehungsweise Beibehaltung von extensiv oder nicht genutzten Pufferzonen, erforderlich. In einigen Fällen verbessern eine Entschlammung des Gewässergrundes und die Bildung eines zentralen Gewässerkörpers den Lebensraum. Wirtschaftsmaßnahmen, die das morphologische Erscheinungsbild von Gewässern und deren Uferböschungen wesentlich verändern, sind zu unterlassen.
Rotbauchunke (Bombina bombina), Erhaltungsgrad C
Die Gewässer des FFH-Gebietes sind ein Verbreitungsschwerpunkt der Rotbauchunke innerhalb der Lebuser Platte. Die Population steht im Kontakt mit mehreren Vorkommen in der weiteren Umgebung. Das Gebiet hat damit eine regionale Bedeutung für den Erhalt der Rotbauchunke im Osten Brandenburgs.
Die Rotbauchunke nutzt insbesondere miteinander verbundene Gewässersysteme und deren Uferzonen als Vermehrungshabitat und Sommerlebensraum. Als günstig erweisen sich dabei sonnenexponierte, vegetationsreiche, eutrophe und dabei fischarme Flachgewässer jeglicher Form. Die Art reagiert auf jährliche Schwankungen im Wasserhaushalt und besiedelt auch temporäre Gewässer, die in niederschlagsreichen Jahren vorübergehend in Ackersenken entstehen. Für eine erfolgreiche Reproduktion müssen die Gewässer eine Mindestwasserführung bis Mitte Juli aufweisen. Eine strukturbildende Wasservegetation wird zum Ablaichen sowie als Lebensraum der Larven (Kaulquappen) benötigt. Im näheren und weiteren Umfeld der Gewässer dienen Waldbereiche, Gehölze und Hecken sowie Brachen, Stilllegungsflächen und Säume als Überwinterungsstätten. Wichtige Kleinstrukturen sind dabei Totholz, Laub-, Reisig- und Lesesteinhaufen sowie Erdlöcher, -spalten und -höhlen wie zum Beispiel Nagetierbauten.
Die Population der Rotbauchunke weist im Gebiet gegenwärtig insgesamt einen durchschnittlichen bis beschränkten Erhaltungsgrad auf. Ein Schwerpunkt der Verbreitung befindet sich mit insgesamt über 100 Tieren in der Söllegruppe südöstlich Lietzen sowie mit mehr als 80 Tieren an den Gewässern innerhalb des Abzugsgrabens nördlich von Döbberin und in den Gewässern östlich Döbberin. An einigen Gewässern stellen sich dort Rufergemeinschaften von mehr als 20 Männchen ein.
Die Söllegruppe südöstlich Lietzen weist mit ihren überwiegend langjährig bestehenden Gewässerrandstreifen eine besonders gute Habitatausstattung auf. Eine allmähliche Degradation der Laichgewässer und Sommerlebensräume resultiert bei einigen Gewässern abseits der Söllegruppe aus Stoffeinträgen durch eine unmittelbar angrenzende ackerbauliche Nutzung, die besonders von hängigen Flächen ausgeht, die bei geringer Bedeckung einer starken Wassererosion unterliegen. Zusätzlich bedrohen allmählich sinkende Grundwasserstände aufgrund von langjährigen Niederschlagsdefiziten und Meliorationseinflüssen den Erhaltungsgrad der Population. Weitere Beeinträchtigungen ihrer Lebensbedingungen werden verursacht durch den allgemeinen Rückgang von Landschaftsstrukturen zugunsten einer effizienten Flächennutzung, den verbreiteten Einsatz von Kunstdünger und Pflanzenschutzmitteln auf den umgebenden Landwirtschaftsflächen, durch wintergetreide- und rapsdominierte Fruchtfolgen mit für den Lebensrhythmus der Rotbauchunke ungünstigen Bewirtschaftungszeitpunkten sowie stellenweise eine Ackernutzung bis an den unmittelbaren Rand von Kleingewässern heran. Vor allem während der Wanderungszeit vieler Amphibien im August und September sowie im Februar und März muss die wendende Bodenbearbeitung vermieden werden. Es besteht die Gefahr, dass bei intensivem Wanderungsgeschehen ganze Populationen untergepflügt und damit artenschutzrechtliche Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes verletzt werden. Außerdem spielt bei einigen Gewässern eine übermäßige Beschattung durch hochwüchsige Röhrichte und Strauchweiden in der Hohlform sowie durch am Südufer dicht stehende Gehölze, fehlende Flachuferbereiche, Fischbesatz sowie örtlich ein unzureichendes Angebot an Überwinterungsplätzen eine Rolle.
Die vorgesehenen Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen an Gewässern zur Stützung und Verbesserung des Wasserhaushalts und zur Verminderung von Stoffeinträgen zielen auf eine Aufwertung der Fortpflanzungs- und Sommerlebensräume der Rotbauchunke ab. Von besonderer Bedeutung sind der Erhalt und die Ausweitung von Pufferstreifen um Amphibiengewässer. Neben der Minderung von Stoffeinträgen in die Fortpflanzungsgewässer dienen diese auch der Erhöhung des Nahrungsangebots im Umfeld sowie der Verbesserung der Habitatvernetzung für die Rotbauchunke und andere Amphibienarten. An einigen Gewässern sollen Schatten werfende Gehölze auf südseitigen Böschungen zurückgeschnitten werden, um die Wassertemperatur anzuheben. Durch die Entwicklung eines gewässernahen Angebots an geeigneten Winterlebensräumen sollen die Wanderwege der Amphibien verkürzt werden. Anpassungen der Bewirtschaftung der Ackerflächen zur Vermeidung der oben genannten Beeinträchtigungen sind erforderlich.
Die Rotbauchunke ist mit ihren Fortpflanzungs- und Ruhestätten gemäß § 44 BNatSchG geschützt.
Kammmolch (Triturus cristatus), Erhaltungsgrad C
Der Kammmolch wurde bisher in Gewässern des FND Feuchtgebiet Söllekette Lietzen im Nordwesten des FFH-Gebietes nachgewiesen. Weitere Vorkommen des Kammmolches in westlich und südwestlich gelegenen FFH-Gebieten zeigen einen Verbreitungsschwerpunkt der Art auf der zentralen Lebusplatte an. Das Gebiet hat damit eine regionale Bedeutung für den Erhalt der Art im Osten Brandenburgs.
Der Kammmolch benötigt zur Reproduktion sonnenexponierte, vegetationsreiche, über 0,5 m
tiefe und bis mindestens in den August hinein Wasser führende, fischarme Flachgewässer jeglicher Form mit reich strukturierten Uferzonen. Als Sommerlebensraum nach der Laichzeit werden Gehölze, Gebüsche, Brachflächen und Extensivgrünland im Umfeld der Laichgewässer genutzt. Die Überwinterung des Kammmolches kann aquatisch oder terrestrisch erfolgen. Zu den Tagesquartieren der nachtaktiven Tiere und Überwinterungsplätzen zählen unter anderem Nagerbauten in Ackerstilllegungen, Keller, Stein- und Holzhaufen oder altes Mauerwerk.
Die örtliche Population weist einen durchschnittlichen bis beschränkten Erhaltungsgrad auf. Beeinträchtigungen resultieren aus der isolierten Lage der Population und aus der Degradation ihrer Lebensräume.
Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen für den Kammmolch unterscheiden sich nicht wesentlich von denen für die Rotbauchunke. In erster Linie sind Maßnahmen zur Sicherung und Verbesserung der Lebensraumqualität der Kleingewässer und von deren Umfeld sowie zur Habitatvernetzung vorgesehen.
Der Kammmolch ist mit seinen Fortpflanzungs- und Ruhestätten gemäß § 44 BNatSchG geschützt.
Erläuterung zum Erhaltungsgrad
A - hervorragender Erhaltungsgrad B - guter Erhaltungsgrad C - durchschnittlicher oder beschränkter Erhaltungsgrad E - Entwicklungsfläche

5 Bestand und Bewertung weiterer Arten und Biotope

5.1 Nach § 30 BNatSchG in Verbindung mit § 18 des Brandenburgischen Naturschutzausführungsgesetzes (BbgNatSchAG) geschützte Biotope
5.2 Biotope, die Einfluss auf die in Nummer 3 aufgeführten Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie und Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie haben
5.3 Entwicklungsflächen für Lebensräume nach Anhang I der FFH-Richtlinie, die nicht bereits in Nummer 4 aufgeführt sind
Kleingewässer und temporäre Kleingewässer teilweise mit Röhrichtgesellschaften, Seggen- und Röhrichtmooren und feuchten Hochstaudenfluren (Nummern 5.1, 5.2, 5.3)
Das FFH-Gebiet weist zahlreiche Senken mit Gewässern und Feuchtgebieten in unterschiedlicher Größe und Ausprägung auf. Einem Teil der Gewässer fehlen aufgrund von übermäßiger Nährstoffbelastung oder temporärer Wasserführung gegenwärtig die für den FFH-LRT 3150 charakteristischen Wasserpflanzenfluren. Neben Kleingewässern, die nur während sommerlicher Dürreperioden zeitweilig austrocknen, gibt es auch Hohlformen, die nur in niederschlagsreichen Jahren oder nach starken oder ergiebigen Regenfällen mit Wasser gefüllt sind.
Viele Kleingewässer sind eingebettet in Komplexe aus Feuchtbiotopen wie Röhrichte, Riede und feuchte Staudenfluren. Häufig handelt es sich dabei um verlandete ehemalige Gewässerbereiche mit moorigen Böden. Senken mit vollständig verlandeten oder durch Meliorationsmaßnahmen trocken gefallenen Gewässern weisen nur noch Seggen- und Röhrichtmoore auf. Die weitere Entwicklung führt zur allmählichen Ausbreitung von Grauweidengebüschen und schließlich von Erlenbruchwäldern. Örtlich führen Lesesteinablagerungen oder jährliches Pflügen bis in die Ränder der Gewässer hinein zu einer allmählichen Schrumpfung und Aufsteilung ihrer Böschungen.
Komplexe aus Restgewässern und Brachflächen bieten aufgrund ihrer Unzugänglichkeit günstige Lebensbedingungen für störungsempfindliche Tierarten, darunter gefährdete Vogelarten wie zum Beispiel Rohrweihe und Kranich.
Die Kleingewässer sind insbesondere für die Rotbauchunke und den Kammmolch, aber auch für andere gefährdete Amphibienarten, darunter Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie wie Laubfrosch (Hyla arborea), Moorfrosch (Rana arvalis), Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae), Knoblauchkröte (Pelobates fuscus) und die stark im Rückgang befindliche Wechselkröte (Bufotes viridis) von Bedeutung. Sie dienen diesen als Laichgewässer und zusammen mit angrenzenden Ufer- und Randzonen auch als Sommerlebensraum.
Ein Teil der Kleingewässer bedarf der Verbesserung im Hinblick auf Erhaltung oder Wiederherstellung offener Gewässerflächen, flacher, besonnter Ufer und Uferrandbereiche mit niedriger Vegetationsdecke. Um eine ausreichende Wasserführung zu gewährleisten, sind einige Gewässer zu entschlammen. Wei-terhin sind Drainageeinrichtungen so zu optimieren, dass eine Wasserabführung aus Feuchtgebieten verringert wird, ohne Nutzflächen unzumutbar zu beeinträchtigen. Zur Minderung von Stoffeinträgen sollen in den Randzonen von Gewässern nicht oder nur extensiv genutzte Pufferstreifen eingerichtet werden. Bei einigen Gewässern des Gebietes ist durch entsprechende Maßnahmen eine Wiederherstellung der typischen Merkmale des FFH-LRT 3150 erreichbar.
Extensivgrünland und dessen Brachen im Kontakt mit Gewässern als Amphibienhabitat (Nummer 5.2)
Seit 1994 wird im Bereich des FND Feuchtgebiet Söllekette Lietzen im Umfeld von Amphibiengewässern die Umwandlung von Ackerflächen in eine extensive Grünlandnutzung (Mahd, Schafweide) gefördert. Ziel ist die Minderung von Stoffeinträgen in die Gewässer zur Verbesserung der Habitatqualität der Fortpflanzungs- und Sommerlebensräume, die Erhöhung des Nahrungsangebots in deren Umfeld sowie die Verbesserung der Habitatvernetzung für Amphibienarten. Diese Maßnahmen sollen fortgeführt und auf bisher nicht extensivierte Bereiche im Nahbereich von Gewässern des FFH-Gebietes ausgedehnt werden.
Überwiegend beweidete Extensivgrünlandbereiche gibt es im Umfeld des Kunkelsees und im Umfeld der Ortslage Döbberin. Diese Flächen dienen den zu schützenden Amphibienarten als Nahrungshabitate und als gefährdungsarme Verbindungsbiotope zu Nachbargewässern. Die extensive Nutzung ohne oder mit nur mäßiger Düngung und Verzicht auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sollte daher fortgeführt werden. Um eine Nutzung des Mähguts zu ermöglichen, könnte eine Mahd der Grünlandflächen auf den Gewässerrandstreifen in der zweiten Hälfte Mai bis zur ersten Hälfte Juni eines Jahres erfolgen. Optimal wäre jedoch eine Mahd kurz nach dem Hochsommer Mitte August oder in besonders trockenen Phasen im Sommer, da sich zu diesem Zeitpunkt die Amphibien bevorzugt im verbleibenden Wasserlebensraum aufhalten und dann während der Mahd nur geringe Verluste auftreten.
Weiterhin gibt es im Umfeld von Gewässern an einigen Stellen ehemalige Grünlandflächen die brachliegen. Da eine niedrige Vegetation die Wanderbewegungen und das Nahrungsangebot für Amphibien begünstigt, sollten geeignete Bereiche einmal im Jahr gemäht oder gemulcht werden. In Brachen ist als einfache Grundpflege ein winterlicher Pflegeschnitt im Turnus von drei Jahren möglich, um Jungwuchs von Gehölzen und den abgestorbenen krautigen Aufwuchs zu entfernen.
Erlenwälder und Weidengebüsche (Nummern 5.1, 5.2)
Im Bereich von Feuchtsenken treten im Gebiet örtlich flächig ausgebildete Weidengebüsche sowie von Erlen und Baumweiden dominierte, zum Teil bruchwaldartige Feldgehölze auf, so unter anderem am Kunkelsee und in südlich von diesem gelegenen Feuchtsenken sowie an den Krebsseen. Diese besitzen wichtige Habitatfunktion als Nahrungsraum und Überwinterungsstätten für die Amphibienfauna, aber auch als Lebensraum für andere gefährdete Tier- und Pflanzenarten der Feuchtgebiete. Bei übermäßiger Beschattung von Amphibiengewässern kann aber ein partieller Rückschnitt der Bestände erforderlich werden. Totholz ist als ein wichtiges Strukturelement für die Amphibienfauna zu erhalten.
Feldgehölze, Laubgebüsche und Erstaufforstungen mittlerer Standorte (Nummer 5.2)
Auf den Hängen von Gewässersenken und sonstigen Geländeböschungen sind im Gebiet örtlich kleine Waldbereiche sowie Gehölze und Gebüsche unterschiedlicher Flächenausdehnung vorhanden, so unter anderem um den Großen Krebssee, auf dem Osthang des Kunkelsees und südlich des FND Lietzener Söllekette. Weiterhin findet man lineare Gehölzstreifen entlang von Wegen und Gräben. Am Südwestrand des Gebietes gibt es eine große Erstaufforstungsfläche überwiegend aus heimischen Laubbaumarten.
Diese Gehölzbiotope können, soweit sie nicht die Reproduktionsgewässer und blütenreiche Wiesen beschatten, der Amphibienfauna Überwinterungsplätze bieten sowie mit ihren Säumen dem Biotopverbund dienen. Totholz aller Art bildet in ihnen wichtige Kleinhabitate und ist daher zu belassen. Bestehende Gehölze sind zu erhalten und Verbindungsgehölze aus naturraum- und standorttypischen heimischen Gehölzen möglichst linear am Rand von Ackerflächen neu anzulegen. In aktuell naturfern bestockten Beständen außerhalb von Feuchtbereichen sind heimische Laubholzarten wie Stiel- und Trauben-Eiche, Hainbuche und Winter-Linde zu fördern.
Winterquartiere von Amphibien sind möglichst nahe zu ihren Sommerlebensräumen zu optimieren und neu zu entwickeln, um ausgedehnte Wanderungen der Tiere im Frühjahr und Herbst zu vermeiden.
Bei übermäßiger Beschattung von Amphibiengewässern kann ein partieller Rückschnitt von Gehölzen erforderlich werden.
Lesesteinhaufen (Nummern 5.1, 5.2)
Die Grundmoränenböden des FFH-Gebietes sind abschnittsweise geschiebereich. Steine stellen Bewirtschaftungshindernisse bei der Ackernutzung dar und werden daher örtlich in Acker- und Gehölzsäumen, aber auch an Gewässerrändern abgelagert. Lesesteinhaufen und -wälle stellen wertvolle (Teil-)Lebensräume für Kleintiere dar und können den zu schützenden Amphibienarten als Winterquartier, dem nachtaktiven Kammmolch im Sommer auch als Tagesquartier dienen.
Lesesteinhaufen sind als geschützte Biotope daher zu erhalten. Lesesteine können in der Nähe von Kleingewässern außerhalb eines möglichen Überschwemmungsbereichs abgelagert werden.

6 Erhaltungsmaßnahmen

Geeignete Maßnahmen zur Umsetzung der unter Nummer 3 aufgeführten Erhaltungsziele sind in Anlage 2 aufgeführt. Unberührt bleiben Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen, die durch die zuständige Naturschutzbehörde angeordnet, zugelassen oder durchgeführt werden.
Besonderer Handlungsbedarf zur Sicherung oder Wiederherstellung günstiger Erhaltungszustände besteht vor allem in der Einrichtung und dem Erhalt von Gewässerrandstreifen bei Kleingewässern, an die eine ackerbauliche Nutzung unmittelbar angrenzt.
Änderungen der Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen bedürfen der Zustimmung des Landesamtes für Umwelt.

7 Projekte

Es wird darauf hingewiesen, dass Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebietes zu überprüfen sind, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebietes dienen. Die Maßstäbe für die Verträglichkeit ergeben sich aus den Erhaltungszielen im Standarddatenbogen.

8 Umsetzung

Für die Betreuung, Koordinierung und Kontrolle der Umsetzung des Bewirtschaftungserlasses ist die untere Naturschutzbehörde verantwortlich.
Die Durchsetzung der einzelnen Erhaltungsmaßnahmen beziehungsweise deren Berücksichtigung im Vollzug obliegt der jeweilig zuständigen Fachbehörde, die darüber die zuständige Naturschutzbehörde auf Anforderung informiert.
Durch den Bewirtschaftungserlass werden keine über die gesetzlichen Zuständigkeiten hinausgehenden oder davon abweichenden Zuständigkeiten begründet.

9 Inkrafttreten

Dieser Erlass tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt für Brandenburg in Kraft.
Anlagen
1
Anlage 1 Kartenskizze zum Bewirtschaftungserlass „Lietzen/Döbberin“ 740.9 KB
2
Anlage 2 zum Bewirtschaftungserlass für das Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung „Lietzen/Döbberin“ 192.9 KB
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