Wahrung des Steuergeheimnisses (Kurzinformation Verfahrensrecht, Ausgabe 10/02)
Wahrung des Steuergeheimnisses (Kurzinformation Verfahrensrecht, Ausgabe 10/02)
vom 21. Mai 2002
1. Auskunftserteilung an Gesamtschuldner
Beantragt ein Gesamtschuldner die Erteilung einer Auskunft über Verhältnisse eines anderen Gesamtschuldners, welche im Zusammenhang mit der Gesamtschuldnerschaft stehen ( z. B.
Auskunftsersuchen eines dauernd von seinem Ehegatten getrennt lebenden Ehegatten über die steuerlichen Verhältnisse des anderen Ehegatten für Zeiträume der Zusammenveranlagung), so steht einer Auskunftserteilung das Steuergeheimnis nicht entgegen.
Denn die Verhältnisse des einen Gesamtschuldners sind gegenüber dem Anderen, bezogen auf den Zeitraum des Bestehens der Gesamtschuldnerschaft, nicht durch das Steuergeheimnis nach § 30 AO
geschützt.
2. Auskunftsersuchen der AKB Düsseldorf e. V.
(AKB e. V.) zu steuerlichen Verhältnissen von Kammermitgliedern; Verfügung O 2276 - 6 - St 153 vom 28.11.2000
Die Industrie- und Handelskammern (IHK) sowie die Handwerkskammern (HWK) der neuen Bundesländer bemessen seit dem Beitragsjahr 1998 ihre Kammerbeiträge auf Grund des Gewerbeertrags oder - falls ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt worden ist - am Gewinn aus Gewerbebetrieb. Die Finanzämter sind gemäß § 31 Abs.
1 AO berechtigt, den o. g.
Stellen die für die Festsetzung der Beiträge notwendigen Besteuerungsgrundlagen, Steuermessbeträge oder Steuerbeträge mitzuteilen.
Zur technischen Umsetzung der gemäß § 31 Abs. 1 AO zulässigen Datenübermittlung, wurde zwischen den Finanzämtern und den IHK und HWK ein bundeseinheitliches Verfahren eingerichtet. Hiernach hat der Datenaustausch über die AKB e. V. zu erfolgen. Denn die Finanzverwaltung kann mangels Kenntnis über die Kammer-Identnummer der betroffenen Steuerpflichtigen nicht feststellen, ob die benötigten Daten einer Handwerkskammer oder einer Industrie- und Handelskammer übersandt werden müssen.
Diese und andere Aufgaben wurden der zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichteten AKB e. V. übertragen. Diese nimmt somit eine Mittlerrolle im Datenaustauschverfahren wahr.
Sollten für einen bei der AKB e. V. als Kammermitglied gespeicherten Steuerpflichtigen für einzelne Beitragsjahre keine Daten maschinell übersandt werden, da beispielsweise der IHK-Merker im Grundinformationsdienst des zuständigen Finanzamtes nicht gesetzt oder versehentlich gelöscht wurde oder kam es zu Fehlern bei der Datenübermittlung, so tritt die AKB e. V. regelmäßig mittels eines Fragebogens an das betreffende Finanzamt heran und bittet, die benötigten Daten schriftlich mitzuteilen.
Einer Beantwortung dieser Schreiben steht das Steuergeheimnis (§ 30 AO) nicht entgegen, sofern sicher gestellt ist, dass die Anfragen nicht der Ermittlung neuer, bisher den Kammern nicht bekannter Mitglieder dient und die erbetenen Auskünfte nicht über den zulässigen Rahmen des § 31 Abs. 1 AO hinausgehen.
3. Mitteilung an die Arbeits- und Hauptzollämter zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und illegaler Ausländerbeschäftigung
Nach § 304 Abs. 1 SGB III
prüfen die Arbeits- und Hauptzollämter, ob
Sozialleistungen nach dem SGB III zu Unrecht bezogen werden oder wurden,
ausländische Arbeitnehmer mit einer erforderlichen Genehmigung und nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt werden oder wurden,
die Angaben des Arbeitgebers, die für die Leistungen erheblich sind, zutreffend bescheinigt wurden.
Nach § 304 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III werden die Arbeits- und die Hauptzollämter bei ihren Prüfungen von den Finanzämtern unterstützt.
Nach § 308 Abs. 1 SGB III sind die in § 304 SGB III genannten Behörden - also auch die Finanzämter -berechtigt, die für Prüfungen erforderlichen Daten einschließlich personenbezogener Daten und die Ergebnisse der Prüfung einander zu übermitteln. Diese am 1.1.1998 in Kraft getretene Vorschrift stellt eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung i. S. d.
§ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO dar ( vgl.
AEAO
zu § 30 Tz. 5), die es den Finanzämtern gestattet, den mit der Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und illegaler Beschäftigung befassten Dienststellen der Arbeits- und Zollverwaltung, insbesondere den Stellen zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung Zoll (BillBZ), Daten mitzuteilen, die für die Prüfungen der Arbeits- und Sozialämter nach § 304 Abs. 1 SGB III erheblich sind.
4. Auskunftspflicht in Steuersachen gegenüber parlamentarischen Ausschüssen
Begehren parlamentarische Ausschüsse - abgesehen von Untersuchungs- und Petitionsausschüssen - unter Berufung auf landesgesetzliche oder landesverfassungsrechtliche Regelungen Auskünfte über Verhältnisse, die dem Steuergeheimnis nach § 30 AO unterliegen, so kann die erbetene Auskunft nur unter den Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 ff AO gewährt werden.
Denn soweit landesgesetzliche oder landesverfassungsrechtliche Regelungen und § 30 AO auf denselben Sachverhalt anwendbar sind und bei ihrer Anwendung zu verschiedenen Ergebnissen führen, geht § 30 AO als Bundesrecht gemäß Artikel 31 GG
insoweit dem Landesrecht vor.
Die Weitergabe von geschützten Verhältnissen kommt in diesen Fällen regelmäßig nur dann in Betracht, wenn der Betroffene zustimmt (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO), ein zwingendes öffentliches Interesse zu bejahen ist (§ 30 Abs. 4 Nr. 5 AO) oder die gesetzliche Norm, auf die das Auskunftsersuchen gestützt wurde, selbst eine Offenbarung der geschützten Verhältnisse ausdrücklich zulässt (§ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO).
Hinweis:
Zur Auskunftserteilung an parlamentarische Untersuchungsausschüsse vgl. BMF
, Schreiben vom 13.05.1987, IV A 5 - S 0130 - 35/87.
Zur Auskunftserteilung an Abgeordnete bzw. an Petitionsausschüsse vgl. Anlage 1b der Niederschrift zur Fachbesprechung auf dem Gebiet der Abgabenordnung vom 11.04.2000 und 13.4.2000 ( OFD
Cottbus, Verfügung vom 21.07.2000, S 0076 - 12 - St 252).
5. Telefonische Auskünfte und Steuergeheimnis
Bisher konnte davon ausgegangen werden, dass aufgrund des Steuergeheimnisses die Steuernummer nur dem jeweiligen Steuerpflichtigen bzw. seinem steuerlichen Vertreter bekannt ist.
Die Freistellungsbescheinigungen, die derzeit zur Freistellung der Leistungsempfänger von der Pflicht zum Steuerabzug im Sinne des § 48 b EStG
erteilt werden, enthalten die Steuernummern der Leistenden und werden den Leistungsempfängern ausgehändigt. Hierin liegt zwar keine Verletzung des Steuergeheimnisses, weil die Leistenden selbst den Leistungsempfängern ihre Steuernummer zugänglich machen, jedoch kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Steuernummern nur den Steuerpflichtigen selbst oder deren steuerlichen Vertretern bekannt sind.
Des Weiteren wurden durch § 14 Abs. 1a UStG
i. V. m.
§ 27 Abs. 3 UStG (eingefügt durch Artikel 1 Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz - StVBG -, vgl. BGBI I
2001, S. 3922) alle Unternehmer verpflichtet, ab 01.07.2002 in den Rechnungen die ihnen vom Finanzamt erteilte Steuernummer anzugeben. Auch aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass die Steuernummer spätestens ab dem 01.07.2002 für Dritte zugänglich ist.
Um Missbrauch in solchen Fällen vorzubeugen, können telefonische Auskünfte in der Regel nicht nur aufgrund der Nennung des Namens bzw. der Firma und der entsprechenden Steuernummer erteilt werden. Vielmehr hat der Anrufer durch weitere Angaben glaubhaft zu machen, dass er tatsächlich befugt ist, die telefonischen Auskünfte zu erhalten, wenn sich nicht durch die Fragestellung des Anrufers ergibt, dass es sich bei ihm um den Steuerpflichtigen selbst oder seinen steuerlichen Vertreter handelt. Insbesondere bei reinen Auskunftsersuchen zum Akteninhalt (z. B. Höhe der Rückstände, Höhe des zu versteuernden Einkommens etc.
) sind vom Anrufer Angaben zu fordern, die nur der Steuerpflichtige bzw. sein steuerlicher Vertreter machen kann. Welche Angaben zur Überprüfung der Befugnis der Auskunftserteilung geeignet sind, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu entscheiden.
Ein Rückruf sollte nur ausnahmsweise in Aussicht gestellt werden. In diesem Fall ist die angegebene Rufnummer mit der sich aus den Steuerakten bzw. aus dem Fernsprechverzeichnis ergebenden zu vergleichen.
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