Verordnung über das Naturschutzgebiet „Riesenbruch“
Verordnung über das Naturschutzgebiet „Riesenbruch“
vom 30. April 2003 ( GVBl.II/03, [Nr. 16] , S.334)
Auf Grund des § 21 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 und 2 und § 78 Abs. 1 Satz 5 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes vom 25. Juni 1992 (GVBl. I S. 208), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 10. Juli 2002 (GVBl. I S. 62), verordnet der Minister für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung:
§ 1 Erklärung zum Schutzgebiet
Die in § 2 näher bezeichnete Fläche im Landkreis Havelland wird als Naturschutzgebiet festgesetzt. Das Naturschutzgebiet trägt die Bezeichnung „Riesenbruch“.
§ 2 Schutzgegenstand
(1) Das Naturschutzgebiet hat eine Größe von rund 297 Hektar. Es umfasst Flächen in folgenden Fluren:
Gemeinde: | Gemarkung: | Flure: |
---|---|---|
Stadt Rathenow | Rathenow | 29; |
Stadt Rathenow | Semlin | 3; |
Stechow-Ferchesar | Stechow | 16, 17. |
Eine Kartenskizze ist dieser Verordnung zur Orientierung als Anlage beigefügt.
(2) Die Grenze des Naturschutzgebietes ist in einer topografischen Karte im Maßstab 1 : 10 000 und in Flurkarten mit ununterbrochener Linie eingezeichnet; als Grenze gilt der innere Rand dieser Linie. Zur Orientierung ist dieser Verordnung zusätzlich eine Flurstücksliste als Anlage beigefügt. Maßgeblich ist die Einzeichnung in den Flurkarten.
(3) Die Verordnung mit Karten kann beim Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg, oberste Naturschutzbehörde, in Potsdam sowie beim Landkreis Havelland, untere Naturschutzbehörde, von jedermann während der Dienstzeiten kostenlos eingesehen werden.
§ 3 Schutzzweck
Schutzzweck des Naturschutzgebietes, das eine strukturreiche Landschaft mit natürlichen Mischwäldern, unterschiedlichen Vorwaldstadien, gehölzarmen Offenflächen, Heiden, feuchten Senken, Kleingewässern und extensiv genutzten Wiesen umfasst, ist
die Erhaltung und Entwicklung der Landschaft als Standort wild wachsender Pflanzengesellschaften,insbesondere der Pfeifengraswiesen, Kleinseggenwiesen im Bereich der Riesenbruchwiese, naturnaher pfeifengrasreicher Laubmischwälder und azidophiler Buchenmischwälder, Hainmieren-Stieleichenwälder sowie von Erlenbruchwäldern;
die Erhaltung und Entwicklung der Lebensräume wild lebender Pflanzenarten, darunter nach § 10 Abs. 2 Nr. 10 und 11 des Bundesnaturschutzgesetzes besonders oder streng geschützter Arten;
der Erhaltung und Entwicklung des Gebietes als Lebens- beziehungsweise Rückzugsraum undpotentielles Wiederausbreitungszentrum wild lebender Tierarten, insbesondere der Greif- undSchreitvögel, Lurche und Kriechtiere, Insekten und anderer wirbelloser Tiere;
die Erhaltung von Vorwaldstadien und gehölzarmen Offenflächen als Lebensraum für an solche Habitategebundenen Pflanzen- und Tierarten;
der Erhalt und die Entwicklung des Gebietes aus ökologischen Gründen in seiner Funktion für denBiotopverbund mit dem Naturschutzgebiet „Rodewaldsches Luch“ und als Bindeglied zwischen der unteren Havelniederung und dem havelländischen Luch.
§ 4 Verbote
(1) Vorbehaltlich der nach § 5 zulässigen Handlungen sind in dem Naturschutzgebiet gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes alle Handlungen verboten, die das Gebiet, seinen Naturhaushalt oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen, verändern oder nachhaltig stören können.
(2) Es ist insbesondere verboten:
bauliche Anlagen zu errichten oder wesentlich zu verändern, auch wenn dies keiner öffentlich-rechtlichen Zulassung bedarf;
Straßen, Wege, Plätze oder sonstige Verkehrseinrichtungen sowie Leitungen anzulegen, zu verlegen oder solche Anlagen zu verändern;
Plakate, Werbeanlagen, Bild oder Schrifttafeln aufzustellen oder anzubringen;
Buden, Verkaufsstände, Verkaufswagen oder Warenautomaten aufzustellen;
die Bodengestalt zu verändern, die Böden zu verfestigen, zu versiegeln oder zu verunreinigen;
die Art und den Umfang der bisherigen Grundstücksnutzung zu ändern;
zu lagern, zu zelten, Wohnwagen aufzustellen, Feuer zu verursachen oder eine Brandgefahr herbeizuführen;
die Ruhe der Natur durch Lärm zu stören;
das Gebiet außerhalb der zugelassenen Wege zu betreten;
außerhalb der für den öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege, der nach öffentlichem Straßenrecht oder auf Grund des § 20 Abs. 3 des Landeswaldgesetzes gekennzeichneten Reitwege zu reiten;
mit Fahrzeugen außerhalb der für den öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege zu fahren oder Fahrzeuge dort abzustellen, zu warten oder zu pflegen;
Modellsport oder ferngesteuerte Geräte zu betreiben oder feste Einrichtungen dafür bereitzuhalten;
Hunde frei laufen zu lassen;
Be- und Entwässerungsmaßnahmen über den bisherigen Umfang hinaus durchzuführen, Gewässer jeder Art entgegen dem Schutzzweck zu verändern oder in anderer Weise den Wasserhaushalt des Gebietes zu beeinträchtigen;
Schmutzwasser, Gülle, Dünger, Gärfutter oder Klärschlamm auszubringen, einzuleiten, zu lagern oder abzulagern; die §§ 4 und 5 der Klärschlammverordnung bleiben unberührt;
Abfälle oder sonstige Gegenstände zu lagern, abzulagern oder sich ihrer in sonstiger Weise zu entledigen;
Tiere auszusetzen oder Pflanzen anzusiedeln;
wild lebenden Tieren nachzustellen, sie mutwillig zu beunruhigen, zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten der Natur zu entnehmen, zu be- schädigen oder zu zerstören;
wild lebende Pflanzen oder ihre Teile oder Entwicklungsformen abzuschneiden, abzupflücken, aus- oder abzureißen, auszugraben, zu beschädigen oder zu vernichten;
Pflanzenschutzmittel jeder Art anzuwenden;
Wiesen oder Weiden oder sonstiges Grünland umzubrechen oder neu anzusäen.
§ 5 Zulässige Handlungen
(1) Ausgenommen von den Verboten des § 4 bleiben folgende Handlungen:
die im Sinne des § 11 Abs. 2 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung auf den bisher rechtmäßig dafür genutzten Flächen mit der Maßgabe, dass § 4 Abs. 2 Nr. 21 gilt;
die im Sinne des § 11 Abs. 3 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Bodennutzung mit der Maßgabe, dass
in den Altbeständen ausschließlich eine einzelstamm- bis truppweise Nutzung erfolgt,
nur Arten der potenziell natürlichen Vegetation verwendet werden,
ein Totholzanteil von mindestens fünf Prozent und ein Altholzanteil von mindestens zehn Prozent am Holzvorrat entwickelt wird;
für den Bereich der Jagd:
die rechtmäßige Ausübung der Jagd mit der Maßgabe, dass die Jagd in der Zeit vom 1. März bis 30. Juni eines jeden Jahres ausschließlich vom Ansitz aus erfolgt,
die Errichtung ortsunveränderlicher jagdlicher Einrichtungen zur Ansitzjagd mit Zustimmung der unteren Naturschutzbehörde. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn der Schutzzweck nicht beeinträchtigt wird,
das Aufstellen mobiler Ansitzeinrichtungen,
die Anlage von Kirrungen außerhalb von geschützten Biotopen,
die Ausbildung des eigenen Jagdgebrauchshundes der im Gebiet ständig zur Jagd Berechtigten in der Zeit vom 30. Juni bis zum 1. März des Folgejahres. Im Übrigen bleibt die Anlage von Ansaatwildwiesen und Wildäckern verboten;
die im Sinne des § 10 des Brandenburgischen Straßengesetzes ordnungsgemäße Unterhaltung der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege, die im Sinne des § 78 des Brandenburgischen Wassergesetzes ordnungsgemäße Unterhaltung der Gewässer sowie die ordnungsgemäße Unterhaltung sonstiger rechtmäßig bestehender Anlagen jeweils im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde;
die sonstigen bei In-Kraft-Treten dieser Verordnung auf Grund behördlicher Einzelfallentscheidung rechtmäßig ausgeübten Nutzungen und Befugnisse in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang;
Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen, die von der unteren Naturschutzbehörde angeordnet sind;
Maßnahmen zur Untersuchung von Altlastenverdachtsflächen und Verdachtsflächen sowie Maßnahmen der Altlastensanierung und der Sanierung schädlicher Bodenveränderungen gemäß Bundes-Bodenschutzgesetz sowie Maßnahmen der Munitionsräumung im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde;
behördliche sowie behördlich angeordnete oder zugelassene Beschilderungen, soweit sie auf den Schutzzweck des Gebietes hinweisen oder als hoheitliche Kennzeichnungen, Orts- oder Verkehrshinweise, Wegemarkierungen oder Warntafeln dienen;
Maßnahmen, die der Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dienen. Die untere Naturschutzbehörde ist über die getroffenen Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten. Sie kann nachträglich ergänzende Anordnungen zur Vereinbarkeit mit dem Schutzzweck treffen.
(2) Die in § 4 für das Betreten und Befahren des Naturschutzgebietes enthaltenen Einschränkungen gelten nicht für die Dienstkräfte der Naturschutzbehörden, die zuständigen Naturschutzhelfer und sonstige von den Naturschutzbehörden beauftragte Personen sowie für Dienstkräfte und beauftragte Personen anderer zuständiger Behörden und Einrichtungen, soweit diese in Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben handeln. Der Genehmigungsvorbehalt nach § 19 Abs. 3 Satz 2 des Landeswaldgesetzes bleibt unberührt.
§ 6 Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen
Folgende Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen werden als Zielvorgabe benannt:
auf den in der Übersichtskarte im Maßstab 1 : 10 000 gekennzeichneten Flächen soll eine Deckung mit Gehölzen von 30 Prozent nicht überschritten werden;
die Nutzung des Grünlandes soll extensiv erfolgen. Dabei soll die erste Nutzung möglichst nicht vor dem 1. Juli eines jeden Jahres erfolgen.
§ 7 Befreiungen
Von den Verboten dieser Verordnung kann die oberste Naturschutzbehörde auf Antrag gemäß § 72 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes Befreiung gewähren.
§ 8 Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig im Sinne des 73 Abs. 2 Nr. 2 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Verboten des § 4 oder den Maßgaben des § 5 zuwiderhandelt.
(2) Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 können gemäß § 74 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes mit einer Geldbuße bis zu 51 129,19 Euro (in Worten: einundfünfzigtausendeinhundertneunundzwanzig Euro, neunzehn Cent) geahndet werden.
§ 9 Verhältnis zu anderen naturschutzrechtlichen Bestimmungen
(1) Die Aufstellung einer Behandlungsrichtlinie zur Ausführung der in dieser Verordnung festgelegten Schutz, Pflege und Entwicklungsmaßnahmen und zur Verwirklichung des Schutzzwecks sowie die Duldung von Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege richten sich nach den §§ 29 und 68 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes.
(2) Die Vorschriften dieser Verordnung gehen anderen naturschutzrechtlichen Schutzgebietsausweisungen im Bereich des in § 2 genannten Gebietes vor.
(3) Soweit diese Verordnung keine weiter gehenden Vorschriften enthält, bleiben die Regelungen über gesetzlich geschützte Teile von Natur und Landschaft (§§ 31 bis 36 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes) und über den Schutz und die Pflege wild lebender Tier- und Pflanzenarten (§§ 39 bis 55 des Bundesnaturschutzgesetzes, §§ 37 bis 43 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes) unberührt.
§ 10 Geltendmachen von Form- und Verfahrensmängeln
Eine Verletzung von Vorschriften des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes oder anderer Rechtsvorschriften kann gegen diese Verordnung nur innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Verkündung geltend gemacht werden (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 des Brandenburgischen Verwaltungsgerichtsgesetzes).
§ 11 In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten
(1) Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt die „Anordnung Nr. 1 über Naturschutzgebiete des Ministers für Landwirtschaft, Ernährung und Forstwirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik vom 30. März 1961 zum Naturschutzgebiet Forst Semlin“ außer Kraft.
Potsdam, den 30. April 2003
Anlage
Flurstücksliste zur Verordnung über das Naturschutzgebiet „Riesenbruch“ vom 30. April 2003
Das Naturschutzgebiet hat eine Größe von rund 297 Hektar. Es umfasst folgende Flächen in den Gemarkungen:
Landkreis | Gemarkung | Flur | Flurstücke |
---|---|---|---|
Havelland | Rathenow | 29 | 14/3, 22/2, 22/3, 24/2, 25/2, 25/1, 26/2, 36/1 (anteilig); |
Gemarkung Semlin | 3 | jeweils anteilig: 92/1, 92/2, 94/2, 94/3; | |
Gemarkung Stechow | 16 | 1/2, 7; | |
17 | 30/1, 37, 44/1. |
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