Einleitung der Vollstreckung von Freiheitsstrafen und Jugendstrafen, wenn sich der Verurteilte in Untersuchungshaft befindet
DE - Landesrecht Brandenburg

Einleitung der Vollstreckung von Freiheitsstrafen und Jugendstrafen, wenn sich der Verurteilte in Untersuchungshaft befindet

Einleitung der Vollstreckung von Freiheitsstrafen und Jugendstrafen, wenn sich der Verurteilte in Untersuchungshaft befindet
vom 8. September 1993 (JMBl/93, [Nr. 10], S.156)
Befindet sich der Angeklagte in Untersuchungshaft, so hat ihn die Justizvollzugsanstalt als Strafgefangenen zu behandeln, sobald das auf Freiheits- oder Jugendstrafe lautende Urteil rechtskräftig wird ( vgl.
Nr.
91 Abs.
1 Nr. 1 UVollzO
). Die Vollstreckungsbehörde muß gegen ihn die Vollstreckung einleiten und, soweit erforderlich, seine Überführung in die zuständige Justizvollzugsanstalt veranlassen (§ 28 StVollstrO
).
Es bedeutet einen ungerechtfertigten Eingriff in die Belange des Verurteilten, wenn er nach Rechtskraft des Urteils weiterhin den Bedingungen der Untersuchungshaft unterworfen bleibt, weil die Justizvollzugsanstalt über die Rechtskraft des Urteils nicht unterrichtet ist. Beschränkungen, die der Zweck der Untersuchungshaft oder die Ordnung einer zum Vollzug der Untersuchungshaft bestimmten Anstalt erfordern (§ 119 Abs. 3 StPO
) oder tatsächlich mit sich bringen, können mit den Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes oder der §§ 90 ff.
JGG
unvereinbar sein.
Entsprechendes gilt, wenn der Verurteilte zwar als Strafgefangener behandelt, jedoch mangels Vorliegens des Aufnahme- und des Überführungsersuchens nicht in die für ihn zuständige, auf den Vollzug von Freiheits- oder Jugendstrafe eingerichtete Justizvollzugsanstalt verlegt wird. Dies gefährdet zudem das gesetzliche Ziel des Vollzuges (vgl. 3, 2 StVollzG
, § 91 JGG).
Daraus ergeben sich für den Jugendrichter und die Staatsanwaltschaft - für letztere auch im Erkenntnisverfahren - Erfordernisse, die ich nachstehend verdeutliche und ergänze:
Wird ein auf Freiheits- oder Jugendstrafe lautendes Urteil in der Hauptverhandlung rechtskräftig, so regt der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft bei dem Vorsitzenden an,
dem Leiter der Justizvollzugsanstalt zugleich mit der Rückführung des Gefangenen den Eintritt der Rechtskraft schriftlich mitzuteilen (Nr. 7 Abs. 2 UVollzO) und
dafür Sorge zu tragen, daß der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle binnen drei Tagen eine beglaubigte Abschrift des erkennenden Teils der zu vollstreckenden Entscheidung(en) anfertigt und der zuständigen Vollstreckungsbehörde (Jugendrichter oder Staatsanwalt) zuleitet (§ 451 Abs. 1 StPO, § 13 Abs. 2 StVollstrO).
Darauf, wann die schriftlichen Urteilsgründe voraussichtlich vorliegen werden, kommt es dabei nicht an.
Wird der Staatsanwaltschaft sonst bekannt, daß das Urteil durch Fristablauf, Verzicht oder Rücknahme rechtskräftig geworden ist, unterrichtet sie vor allen anderen Amtshandlungen den Anstaltsleiter. Liegen die Akten noch dem erkennenden Gericht vor, so bittet sie den Vorsitzenden mit dem Vermerk “Eilt sehr! Sofort vorlegen!", die Fertigung und Versendung der urkundlichen Grundlage für die Vollstreckung zu veranlassen.
Wird gegen ein auf Freiheits- oder Jugendstrafe lautendes Urteil Revision eingelegt, so behält die Staatsanwaltschaft beglaubigte Abschriften mindestens der erkennenden Teile der für die Vollstreckung erforderlichen Urteile zurück (§ 13 Abs. 4 S. 1 StVollstrO). Lautet das Urteil auf Jugendstrafe, wird die Revision verworfen und übersendet der Urkundsbeamte des Revisionsgerichts eine beglaubigte Abschrift des erkennenden Teils des Revisionsurteils (§ 13 Abs. 4 S. 2 StVollstrO), so leitet die Staatsanwaltschaft die für die Vollsteckung erforderlichen Unterlagen unverzüglich dem zunächst zuständigen Jugendrichter (§ 84 Abs. 1 und 2 JGG) zu.
Liegen der Vollstreckungsbehörde die Vollstreckungsunterlagen vor und steht fest, daß noch Freiheits- oder Jugendstrafe verbüßt werden muß, leitet sie unverzüglich die Vollstreckung ein, auch wenn ihr die Verfahrensakten noch nicht zur Verfügung stehen. Das - notfalls vorläufige - Aufnahmeersuchen braucht die Zeitdauer der anzurechnenden Untersuchungshaft oder sonstigen Freiheitsentziehung (§ 30 Abs. 1 Buchst.
e) StVollstrO) oder - bei Gesamtstrafen - der etwa schon verbüßten Strafzeit (Buchst. f) aaO) noch nicht anzugeben. Diese und die sonst etwa noch fehlenden Angaben sind nachzuholen, wenn die dafür benötigten Akten zur Verfügung stehen.
Ist der Rechtspfleger (§ 31 Abs. 2 S. 1, Abs. 5 S. 1 RpflG
) verhindert oder ist ein Rechtspfleger nicht vorhanden, ist der Richter oder Staatsanwalt, an dessen Stelle der Rechtspfleger tätig wird (§ 31 Abs. 6 S. 1 RpflG), selbst zur Einleitung der Vollstreckung verpflichtet (vgl. auch Anlage I zum Einigungsvertrag, Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 3 Maßgabe a) Absatz 1).
Potsdam, den 8. September 1993
Der Minister der Justiz
Dr.
Bräutigam
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