Verordnung über das Naturschutzgebiet „Pinnower See“
Verordnung über das Naturschutzgebiet „Pinnower See“
vom 26. Juni 2002 ( GVBl.II/02, [Nr. 21] , S.467)
Auf Grund des § 21 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 und 2 und § 78 Abs. 1 Satz 5 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes vom 25. Juni 1992 (GVBl. I S. 208), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 18. Dezember 1997 (GVBl. I S. 124), verordnet der Minister für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung:
§ 1 Erklärung zum Schutzgebiet
Die in § 2 näher bezeichnete Fläche im Landkreis Oberhavel wird als Naturschutzgebiet festgesetzt. Das Naturschutzgebiet trägt die Bezeichnung „Pinnower See“.
§ 2 Schutzgegenstand
(1) Das Naturschutzgebiet hat eine Größe von rund 68 Hektar. Es umfasst Flächen in folgenden Fluren:
Gemeinde: | Gemarkung: | Flur: |
---|---|---|
Oranienburg | Oranienburg | 3, 38, 39; |
Hohen Neuendorf | Borgsdorf | 2, 3. |
Eine Kartenskizze ist dieser Verordnung zur Orientierung als Anlage beigefügt.
(2) Die Grenze des Naturschutzgebietes ist in einer topografischen Karte im Maßstab 1 : 10 000 und in Flurkarten mit ununterbrochener Linie eingezeichnet; als Grenze gilt der innere Rand dieser Linie. Zur Orientierung ist dieser Verordnung zusätzlich eine Flurstücksliste als Anlage beigefügt. Maßgeblich ist die Einzeichnung in den Flurkarten.
(3) Die Verordnung mit Karten kann beim Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg, oberste Naturschutzbehörde, in Potsdam sowie beim Landkreis Oberhavel, untere Naturschutzbehörde, von jedermann während der Dienstzeiten kostenlos eingesehen werden.
§ 3 Schutzzweck
Schutzzweck des Naturschutzgebietes als naturnaher, eutropher Flachsee der Havelflachmoorrinne mit ausgedehnten Verlandungszonen und Auwaldresten sowie angrenzenden Talsandflächen ist
die Erhaltung und Entwicklung des Gebietes
als Lebensraum wild lebender Pflanzengesellschaften, insbesondere Schwimmblatt-, Weiden-Faulbaum- und Erlenbruchgesellschaften sowie Gesellschaften der Röhrichte, Seggenriede, des Weichholzauenwaldes, der Feuchtwiesen, Moore und Sandtrockenrasen,
als Lebensraum wild lebender Tierarten, insbesondere verschiedener Groß-, Sing- und Greifvogelarten, wassergebundener Säugetierarten, Amphibien- und Reptilienarten, Libellenarten, Weg- und Grabwespenarten;
als Rückzugsraum und potenzielles Wiederausbreitungszentrum von nach § 10 Abs. 2 Nr. 10 und 11 des Bundesnaturschutzgesetzes besonders und streng geschützten Tierarten wie beispielsweise Elbe-Biber (Castor fiber albicus), Eisvogel (Alcedo atthis), Rohrdommel (Botaurus stellaris), Zwergdommel (Ixobrychus minutus), Trauerseeschwalbe (Chlidonias niger), Flussseeschwalbe (Sterna hirundo) und Moorfrosch (Rana arvalis);
die Erhaltung eines aktiv wachsenden Moorkörpers;
die Erhaltung des Gebietes aus wissenschaftlichen Gründen zur Beobachtung und Erforschung von moorökologischen und ökosystemaren Zusammenhängen sowie die Erforschung von Bodendenkmalen;
die Erhaltung eines repräsentativen Ausschnitts der Zehdenick-Spandauer Havelniederung am Südrand der Stadt Oranienburg sowie im Umfeld des Ballungsraumes Berlin wegen seiner Vielfalt und besonderen Eigenart;
als wesentlicher Bestandteil des überregionalen Biotopverbundsystems in der Zehdenick-Spandauer Havelniederung.
§ 4 Verbote
(1) Vorbehaltlich der nach § 5 zulässigen Handlungen sind in dem Naturschutzgebiet gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes alle Handlungen verboten, die das Gebiet, seinen Naturhaushalt oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen, verändern oder nachhaltig stören können.
(2) Es ist insbesondere verboten:
bauliche Anlagen zu errichten oder wesentlich zu verändern, auch wenn dies keiner öffentlich-rechtlichen Zulassung bedarf;
Straßen, Wege, Plätze oder sonstige Verkehrseinrichtungen sowie Leitungen anzulegen, zu verlegen oder zu verändern;
Plakate, Werbeanlagen, Bild- oder Schrifttafeln aufzustellen oder anzubringen;
Buden, Verkaufsstände, Verkaufswagen oder Warenautomaten aufzustellen;
die Bodengestalt zu verändern, Böden zu verfestigen, zu versiegeln oder zu verunreinigen;
die Art oder den Umfang der bisherigen Grundstücksnutzung zu ändern;
zu lagern, zu zelten, Wohnwagen aufzustellen, Feuer zu verursachen oder eine Brandgefahr herbeizuführen;
die Ruhe der Natur durch Lärm zu stören;
das Gebiet außerhalb der Wege zu betreten;
außerhalb der für den öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege, der nach öffentlichem Straßenrecht oder auf Grund des § 20 Abs. 3 des Landeswaldgesetzes gekennzeichneten Reitwege zu reiten;
mit Fahrzeugen außerhalb der für den öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege zu fahren oder Fahrzeuge dort abzustellen, zu warten oder zu pflegen;
zu baden;
Wasserfahrzeuge aller Art außerhalb der Bundeswasserstraße zu benutzen;
Modellsport oder ferngesteuerte Modelle zu betreiben oder feste Einrichtungen dafür bereitzuhalten;
Hunde frei laufen zu lassen;
Be- oder Entwässerungsmaßnahmen über den bisherigen Umfang hinaus durchzuführen, Gewässer jeder Art entgegen dem Schutzzweck zu verändern oder in anderer Weise den Wasserhaushalt des Gebietes zu beeinträchtigen;
Schmutzwasser, Gülle, Dünger, Gärfutter oder Klärschlamm auszubringen, einzuleiten, zu lagern oder abzulagern; die §§ 4 und 5 der Klärschlammverordnung bleiben unberührt;
Abfälle oder sonstige Gegenstände zu lagern, abzulagern oder sich ihrer in sonstiger Weise zu entledigen;
Fische oder Wasservögel zu füttern oder Futter bereitzustellen;
Tiere auszusetzen oder Pflanzen anzusiedeln;
wild lebenden Tieren nachzustellen, sie mutwillig zu beunruhigen, zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören;
wild lebende Pflanzen oder ihre Teile oder Entwicklungsformen abzuschneiden, abzupflücken, aus- oder abzureißen, auszugraben, zu beschädigen oder zu vernichten;
Pflanzenschutzmittel jeder Art anzuwenden;
Wiesen, Weiden oder sonstiges Grünland umzubrechen oder neu anzusäen.
§ 5 Zulässige Handlungen
(1) Ausgenommen von den Verboten des § 4 bleiben folgende Handlungen:
die im Sinne des § 11 Abs. 2 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang auf den bisher rechtmäßig dafür genutzten Flächen;
die im Sinne des § 11 Abs. 3 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Bodennutzung in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang auf den bisher rechtmäßig dafür genutzten Flächen mit der Maßgabe, dass
eine einzelstamm- bis gruppenweise Nutzung ohne Kahlhieb vorzunehmen ist,
mindestens ein Totholzanteil von 5 vom Hundert und ein Altholzanteil von 10 vom Hundert am Holzvorrat erhalten bleibt,
keine Erstaufforstungen vorzunehmen sind,
§ 4 Abs. 2 Nr. 23 gilt;
für den Bereich der Jagd:
die rechtmäßige Ausübung der Jagd mit der Maßgabe, dass die Jagd in der Zeit vom 15. März bis 31. Juli eines Jahres ausschließlich vom Ansitz aus erfolgt,
die Errichtung ortsunveränderlicher jagdlicher Einrichtungen mit Zustimmung der unteren Naturschutzbehörde erfolgt. Transportable und mobile Ansitzeinrichtungen sind der unteren Naturschutzbehörde anzuzeigen. Sie kann in begründeten Fällen das Aufstellen verbieten. Die Entscheidung soll unverzüglich erfolgen. Unzulässig bleibt die Anlage von Wildwiesen, Wildäckern und Kirrungen;
die im Sinne des § 10 des Brandenburgischen Straßengesetzes ordnungsgemäße Unterhaltung der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege, die im Sinne des § 78 des Brandenburgischen Wassergesetzes ordnungsgemäße Unterhaltung der Gewässer sowie die ordnungsgemäße Unterhaltung sonstiger rechtmäßig bestehender Anlagen jeweils im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde. Zuständige Behörde für die Herstellung des Einvernehmens bei der Unterhaltung der im Schutzgebiet gelegenen Bundeswasserstraße in Bezug auf die Bedürfnisse der Landeskultur und der Wasserwirtschaft nach § 4 des Bundeswasserstraßengesetzes ist der Landkreis als zuständige untere Naturschutz- und Wasserbehörde;
die sonstigen bei In-Kraft-Treten dieser Verordnung auf Grund behördlicher Einzelfallentscheidung rechtmäßig ausgeübten Nutzungen und Befugnisse in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang;
Maßnahmen zur Untersuchung von Altlastenverdachtsflächen und Verdachtsflächen sowie Maßnahmen der Altlastensanierung und der Sanierung schädlicher Bodenveränderungen gemäß Bundes-Bodenschutzgesetz sowie Maßnahmen der Munitionsräumung im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde;
Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen, die von der zuständigen Naturschutzbehörde angeordnet worden sind;
behördliche sowie behördlich angeordnete oder zugelassene Beschilderungen, soweit sie auf den Schutzzweck des Gebietes hinweisen oder als hoheitliche Kennzeichnungen, Orts- oder Verkehrshinweise, Wegemarkierungen oder Warntafeln dienen;
Maßnahmen, die der Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dienen. Die untere Naturschutzbehörde ist über die getroffenen Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten. Sie kann nachträglich ergänzende Anordnungen zur Vereinbarkeit mit dem Schutzzweck treffen.
(2) Die in § 4 für das Betreten und Befahren des Naturschutzgebietes enthaltenen Einschränkungen gelten nicht für die Dienstkräfte der Naturschutzbehörden, die zuständigen Naturschutzhelfer und sonstige von den Naturschutzbehörden beauftragte Personen sowie für Dienstkräfte und beauftragte Personen anderer zuständiger Behörden und Einrichtungen, soweit diese in Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben handeln. Der Genehmigungsvorbehalt nach § 19 Abs. 3 Satz 2 des Landeswaldgesetzes bleibt unberührt.
§ 6 Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen
Folgende Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen werden als Zielvorgabe benannt:
der Wasserhaushalt des Gebietes soll durch eine angepasste Bewirtschaftung des Freigrabens einschließlich des Wehres an der Schleuse Pinnow gesichert und verbessert werden;
die Feuchtwiesen sollen zur Erhaltung der Orchideenbestände gemäht werden. Die dabei anfallende Biomasse soll aus dem Gebiet entfernt werden;
im Uferbereich des Freigrabens sollen an geeigneten Stellen Steilwände als Eisvogelbrutplätze entwickelt werden;
das unberechtigte Befahren des Gebietes soll durch den Einbau geeigneter Wegeabsperrungen verhindert werden;
die Forstflächen sollen mittel- bis langfristig möglichst durch Naturverjüngung in naturnahe, strukturierte, sich an der potenziell natürlichen Vegetation (Bruch- und Auenwälder) orientierende Waldbestände überführt werden.
§ 7 Befreiungen
Von den Verboten dieser Verordnung kann die oberste Naturschutzbehörde auf Antrag gemäß § 72 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes Befreiung gewähren.
§ 8 Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 73 Abs. 2 Nr. 2 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Vorschriften des § 4 zuwiderhandelt.
(2) Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 können gemäß § 74 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes mit einer Geldbuße bis zu 51 129,19 Euro (in Worten: einundfünfzigtausendeinhundertneunundzwanzig Euro, neunzehn Cent) geahndet werden.
§ 9 Verhältnis zu anderen naturschutzrechtlichen Bestimmungen
(1) Die Aufstellung einer Behandlungsrichtlinie zur Ausführung der in dieser Verordnung festgelegten Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen und zur Verwirklichung des Schutzzwecks sowie die Duldung von Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege richten sich nach den §§ 29 und 68 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes.
(2) Die Vorschriften dieser Verordnung gehen anderen naturschutzrechtlichen Schutzgebietsausweisungen im Bereich des in § 2 genannten Gebietes vor.
(3) Soweit diese Verordnung keine weiter gehenden Vorschriften enthält, bleiben die Regelungen über gesetzlich geschützte Teile von Natur und Landschaft (§§ 31 bis 36 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes) und über den Schutz und die Pflege wild lebender Tier- und Pflanzenarten (§§ 39 bis 55 des Bundesnaturschutzgesetzes, §§ 37 bis 43 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes) unberührt.
§ 10 Geltendmachen von Form- und Verfahrensmängeln
Eine Verletzung von Vorschriften des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes oder anderer Rechtsvorschriften kann gegen diese Verordnung nur innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Verkündung geltend gemacht werden (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 des Brandenburgischen Verwaltungsgerichtsgesetzes).
§ 11 In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten
(1) Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt der Beschluss Nr. 0116 des Rat des Bezirkes Potsdam zur Sicherung des Naturschutzgebietes „Pinnower See“ vom 17. März 1986 außer Kraft.
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