Steuerliche Behandlung der Überlassung von Aktienoptionsrechten an Arbeitnehmer
Steuerliche Behandlung der Überlassung von Aktienoptionsrechten an Arbeitnehmer
vom 2. Juni 2003
Gewährt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer auf Grund des Dienstverhältnisses Aktienoptionsrechte, ist die steuerliche Beurteilung davon abhängig, ob ein handelbares oder ein nicht handelbares Aktienoptionsrecht vorliegt. Handelbar i. d. S. ist ein Aktienoptionsrecht, das an einer Wertpapierbörse gehandelt wird.
Andere Aktienoptionsrechte gelten - auch wenn sie außerhalb einer Börse gehandelt werden - als nicht handelbar im Sinne der folgenden Ausführungen. Für die Beurteilung ist ferner unmaßgeblich, ob die Optionsrechte nach den Optionsbedingungen übertragbar oder vererbbar sind, oder ob sie einer Sperrfrist unterliegen.
Die steuerliche Behandlung richtet sich nach den folgenden Grundsätzen:
I. Handelbare Aktienoptionsrechte
Bei einem handelbaren Aktienoptionsrecht ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Geldwert des Optionsrechts und einem ggf.
vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelt als Arbeitslohn zu versteuern. Der Sachbezug in Form des Optionsrechts ist mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten Endpreis am Abgabeort im Zeitpunkt der Abgabe anzusetzen (§ 8 Abs.
2 Satz 1 EStG
). Zeitpunkt der Abgabe ist der Tag, an dem der Arbeitnehmer das Optionsrecht erwirbt. Fallen Bestelltag und Liefertag auseinander, sind für die Preisfeststellung die Verhältnisse am Bestelltag (Kauftag) maßgebend (R 31 Abs. 2 Satz 8 LStR
). In diesem Fall kann aus Vereinfachungsgründen der niedrigste Kurswert des Optionsrechts am Kauftag an einer deutschen Börse angesetzt werden; wird das Optionsrecht nur im Ausland gehandelt, ist der niedrigste Kurswert vom Kauftag dieser ausländischen Börse heranzuziehen. Eine Bewertung gem.
§ 19a EStG scheidet aus, weil es sich bei handelbaren Aktienoptionsrechten nicht um Vermögensbeteiligungen i. S. d.
§ 2 Abs. 1 Nr.
1 und Absätze 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes handelt.
II. Nicht handelbare Aktienoptionsrechte
Ein nicht handelbares Aktienoptionsrecht führt weder im Zeitpunkt der Gewährung noch der erstmaligen Ausübbarkeit des Optionsrechts zu einem Lohnzufluss beim Arbeitnehmer ( BFH
, Urteil v.
20.6.2001, VI R 105/99, BStBl II
2001, 689; BFH, Urteil v. 24.1.2001, I R 100/98, BStBl II 2001, 509 und vom 24.1.2001, I R 119/98, BStBl II 2001, 512). Gegenstand des Lohnzuflusses ist vielmehr die unentgeltliche oder verbilligt überlassene Aktie. Da es sich bei Aktien um Vermögensbeteiligungen i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes handelt, richtet sich die steuerliche Beurteilung nach § 19a EStG und R 77 LStR.
1. Zuflusszeitpunkt
Zeitpunkt des verbilligten Aktienerwerbs und damit Zuflusszeitpunkt ist der Tag, an dem die Aktie überlassen wird. Als Tag der Überlassung ist der Tag der Ausbuchung der Aktien aus dem Depot des Überlassenden oder dessen Erfüllungsgehilfen anzunehmen (BMF, Schreiben v. 10.3.2003, BStBl I 2003, 234; R 77 Abs. 8 LStR).
Bei Aktienoptionsrechten, die vor dem 31.12.2001 ausgeübt wurden, ist es nicht zu beanstanden, wenn stattdessen der Tag der Optionsausübung als Zuflusszeitpunkt zu Grunde gelegt wird (BMF, Schreiben v. 10.3.2003, BStBl I 2003, 234).
2. Bewertung
Die Bewertung überlassender Aktien richtet sich nach § 19 a Abs. 2 Satz 2 ff EStG. Bewertungsstichtag ist danach grundsätzlich der Tag, an dem der Beschluss über die Gewährung der Optionsrechte getroffen wird (BFH, Urteil v. 20.6.2001, VI R 105/99, BStBl II 2001, 689). Liegen jedoch zwischen dem Tag der Beschlussfassung und dem Tag der Überlassung der Aktien mehr als 9 Monate, ist der Tag der Überlassung maßgebend (§ 19 a Abs. 2 Satz 5 EStG).
Zu den Anschaffungskosten bei der Ermittlung eines privaten Veräußerungsgewinnes gem.
§ 23 EStG gehört neben dem vom Arbeitnehmer gezahlten Basis- bzw.
Ausübungspreis u. a.
auch der Wert, der als geldwerter Vorteil bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit angesetzt wird (BFH, Urteil v. 20.6.2001, VI R 105/99, BStBl II 2001, 689).
3. Höhe des steuerpflichtigen Vorteils
Im Zuflusszeitpunkt liegt zu versteuernder Arbeitslohn vor in Höhe der Differenz zwischen dem Kurswert der überlassenen Aktie am maßgebenden Bewertungsstichtag und den Aufwendungen des Arbeitnehmers für die überlassenen Aktien (BFH, Urteil v. 20.6.2001, VI R 105/99, BStBl II 2001, 689).
4. Zuordnung zum deutschen Besteuerungsrecht
Für die Zuweisung des Besteuerungsrechts nach den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ist der bei Ausübung der Aktienoptionsrechte zugeflossene geldwerte Vorteil dem gesamten Zeitraum zwischen der Gewährung und der Ausübung der Optionsrechte zuzuordnen (zukunfts- und zeitraumbezogene Leistung). Befindet sich der Arbeitnehmer jedoch im Zeitpunkt der Ausübung bereits im Ruhestand, ist für die Aufteilung des geldwerten Vorteils nur der Zeitraum von der Gewährung bis zur Beendigung der aktiven Tätigkeit heranzuziehen. Hält sich der Arbeitnehmer während des maßgeblichen Zeitraums teilweise im Ausland auf und bezieht er für die Auslandstätigkeit Einkünfte, die nach einem DBA steuerfrei sind, ist der auf diesen Zeitpunkt entfallende Teil des geldwerten Vorteils aus der Ausübung des Optionsrechts ebenfalls steuerfrei (BFH, Urteil v. 24.1.2001, I R 100/98, BStBl II 2001, 509 und vom 24.1.2001, I R 119/98, BStBl II 2001, 512). Der inländischen Besteuerung wird nur der anteilige geldwerte Vorteil unterworfen, für den Deutschland das Besteuerungsrecht hat. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Gewährung der Aktienoptionsrechte noch nicht und im Zeitpunkt der Ausübung nicht mehr unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Die demnach steuerfrei bleibenden Einkunftsteile unterliegen ggf. dem Progressionsvorbehalt gem. § 32 b Abs. 1 Nr. 3 EStG.
Es ist nicht auszuschließen, dass sich Doppelbesteuerungen ergeben, wenn hinsichtlich des Zeitpunktes der Besteuerung von Aktienoptionen Regelungen im nationalen Recht anderer Staaten vom deutschen Steuerrecht abweichen. Diese können nur mit Hilfe von Verständigungsverfahren beseitigt werden.
5. Tarifermäßigung gem. § 34 EStG
Für steuerpflichtige geldwerte Vorteile aus der Ausübung der Aktienoptionsrechte kommt die Tarifbegünstigung des § 34 Abs. 1 i. V. m.
Abs. 2 Nr. 4 EStG in Betracht, wenn es sich um Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten handelt (BFH, Urteil v. 24.1.2001, I R 100/98, BStBl II 2001, 509). Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn der Zeitraum zwischen der Gewährung und der Ausübung der Aktienoptionsrechte mehr als 12 Monate beträgt. Erwirbt der Arbeitnehmer auf Grund eines einheitlichen Optionsrechts die Aktien in mehr als zwei Kalenderjahren, ist die Tarifermäßigung zu versagen (BFH, Urteil v. 21.3.1975, VI R 55/73, BStBl II 1975, 690). Sofern der Arbeitnehmer jährlich Aktienoptionsrechte erhält, sind die v. g. Voraussetzungen für jedes jährlich ausgegebene Optionsrecht zu prüfen.
6. Kursveränderungen der Aktie nach dem Zuflusszeitpunkt
Veränderungen des Kurswertes der Aktie nach dem Zuflusszeitpunkt ( vgl.
Teil II Nr. 1) haben eine steuerliche Auswirkung grundsätzlich im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte gem. § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Insbesondere rechtfertigen Verschlechterungen des Kurswertes nach dem Zuflusszeitpunkt der Aktie keine sachliche Billigkeitsmaßnahme. Ein etwaiger Verlust ist der privaten Vermögensebene zuzurechnen. Dies gilt auch dann, wenn die durch Ausübung des Optionsrechts erworbenen Aktien einer gesetzlichen oder vertraglichen Sperrfrist unterliegen.
Dieser Erlass ist mit dem Bundesministerium der Finanzen und den anderen Ländern abgestimmt. Er ist in allen offenen Fällen anzuwenden.
(S 2332 - 36)
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