Erlass des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg zur Darstellung der Indikatoren für einen Notarzteinsatz
Erlass des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg zur Darstellung der Indikatoren für einen Notarzteinsatz
vom 8. April 2021 ( ABl./21, [Nr. 16] , S.375)
Der nachfolgende Notarztindikationskatalog ist die primäre Dispositionsgrundlage für die Arbeit der Disponenten in den fünf Regionalleitstellen im Land Brandenburg. Er wird durch die Anwendung der standardisierten Notrufabfrage („NOAS“) in die Praxis umgesetzt. Aus medizinischer Sicht ist die primäre Alarmierung eines notarztbesetzten Rettungsmittels immer dann geboten, wenn sich in der Notrufabfrage bei Erkrankungen, Verletzungen oder in sonstigen Notfallsituationen Hinweise auf eingetretene oder unmittelbar drohende akut lebensbedrohliche Störungen der Vitalfunktionen ergeben und eine unmittelbare notfallmedizinische Behandlung geboten ist, um Lebensgefahr oder schwere bleibende Gesundheitsschäden abzuwenden.
Die detaillierte Darstellung der Indikationen für einen Notarzteinsatz wird in drei Kategorien (symptom-, ereignis- und diagnosebezogen) unter Bezugnahme auf die in der strukturierten und standardisierten Notrufabfrage in der Leitstelle erfassten Vitalfunktionsstörungen (entsprechend dem in der Notfallmedizin bewährten A-B-C-D-E-Schema) durchgeführt. Wichtige Diagnosen und Ereignisse, die sehr häufig mit einer Gefährdung vitaler Funktionen verbunden sind, werden beispielhaft aufgeführt.
Indikationskatalog für den Notarzteinsatz
Indikation für Notarzteinsatz | Einschätzung | Beispiele (unvollständig) | Keine Indikation für primäre Notarztalarmierung |
Atemwegs- oder Atmungsprobleme A/B- Problem | - Atemstillstand - Schnappatmung - schwere Atemnot mit Unfähigkeit, im ganzen Satz zu sprechen - schwere Atemnot mit brodelndem oder pfeifendem Atemgeräusch - erhebliche Schwellung im Bereich der Atemwege | - mechanische Atemwegsverlegung - allergische infektiöse Reaktion mit Schwellungszustand in Atemwegen - Insektenstich im Halsbereich - schwerer Asthmaanfall - akut exacerbierte COPD - Lungenödem - akute Lungenembolie - schwere Lungenentzündung | |
Herz-Kreislauf-Problem C-Problem | - symptomatische Hypertonie (cerebral, cardial) - symptomatische Hypotonie - erhebliche Kreislaufinstabilität - mehrfacher Kollaps/mehrfache Synkope - symptomatische Herzrhythmusstörung - schwerer anhaltender Brustschmerz mit vegetativer Symptomatik - starke Blutung - größere Amputationsverletzungen - schwere Bewusstseinsstörung - allergische Reaktion mit Störung der Vitalfunktion - mehrfache AICD-Auslösungen in kurzem Abstand | - Reanimation - akuter Myokardinfarkt/akutes Koronarsyndrom - akute Lungenembolie - rupturiertes Aortenaneurysma - mehrfaches oder massives Absetzen von Blut bzw. Teerstuhl - mehrfaches oder massives kaffeesatzartiges bzw. blutiges Erbrechen - Schock - Sepsis | - selbst gemessener erhöhter/erniedrigter Blutdruck ohne Symptome |
Neurologisches bzw. psychiatrisches Defizit D-Problem | - akute Lähmung mit vitaler Bedrohung (A-, B- oder C-Problem) - akute Sprach- oder Sehstörung mit vitaler Bedrohung (A-, B- oder C-Problem) - akuter Verwirrtheitszustand mit vitaler Bedrohung (A-, B- oder C-Problem) - akute Querschnittslähmung - anhaltender oder wiederholter Krampfanfall (Grand Mal) - plötzlich aufgetretene starke bisher nicht bekannte Kopfschmerzen - Koma/Bewusstseinsstörungen unklare Genese - symptomatische und/oder potenziell lebensbedrohliche Intoxikation - psychiatrische Ausnahmezustände und Erkrankungen mit Selbst- und/oder Fremdgefährdung | - Schlaganfall mir vitaler Bedrohung - Schädel-Hirn-Trauma - Sepsis - Status epilepticus - Suizidalität bzw. Suizidversuch | - Schlaganfall ohne vitale Bedrohung - Hypoglykämie ohne schwere Bewusstseinsstörung - einzelner stattgehabter Krampfanfall bei bekannten Krampfleiden - länger bestehende oder eher schwache Kopfschmerzen |
Sonstige Schädigung E-Problem und weitere Indikationen | - Trauma mit Indikation zur Schockraumalarmierung lt. aktueller S3-Leitlinie Polytrauma - schwere Hieb-/Stich-/Pfählungs-, Schussverletzung - Frakturen mit deutlicher Fehlstellung - Unfall mit Kindern - Starkstrom- und Blitzunfälle - Einklemmung/Verschüttung - Ertrinkungs-/Tauch-/Eiseinbruchunfälle - schwere chemische Unfälle (inklusive Rauchgas) - schwere Verbrennungen/Verbrühungen, Erfrierungen - starke Hypo- und Hyperthermie - hochinfektiöse potenzielle lebensbedrohliche Erkrankungen (Kategorie C1 und C2) - schwerer Schmerzzustand - unmittelbar einsetzende Geburt - unmittelbar bevorstehende Risiko-Geburt - MANV ¹ /MAN-E 2 - CRBN-Lagen mit Hinweis auf geschädigte Personen - polizeiliche Einsatzlage (KLEE ³ -Lagen, Geiselnahme/Amok/Terror) | - Polytrauma - schweres Schädel-Hirn-Trauma - schweres Thoraxtrauma - schweres Abdominaltrauma - schweres Wirbelsäulentrauma - schweres Beckentrauma | - isolierte Verletzungen von Fingern und Zehen (außer Amputationen) - Unfälle mit Strom im Haushalt ohne vitale Bedrohung - Wehentätigkeit, unkomplizierte stattgehabte Geburt |
¹ Massenanfall von Verletzten
² Massenanfall von Erkrankten
³ Konzept lebensbedrohliche Einsatzlagen
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