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Gesetz über die Beauftragte oder den Beauftragten zur Bekämpfung des Antisemitismus im Land Brandenburg (Brandenburgisches Antisemitismusbeauftragtengesetz - BbgABG)

Gesetz über die Beauftragte oder den Beauftragten zur Bekämpfung des Antisemitismus im Land Brandenburg (Brandenburgisches Antisemitismusbeauftragtengesetz - BbgABG)
vom 23. November 2023 ( GVBl.I/23, [Nr. 22] )
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1

Zweck und Ziel des Gesetzes
(1) Ziel des Gesetzes ist es, mit der Beauftragten oder dem Beauftragten zur Bekämpfung des Antisemitismus im Land Brandenburg (Antisemitismusbeauftragte oder Antisemitismusbeauftragter) eine unabhängige Stelle einzurichten, deren Aufgabe die Bekämpfung antisemitischer Haltungen und Äußerungen jeglicher Form sowie die Beratung hiervon betroffener Menschen ist.
(2) Dieses Gesetz regelt die Stellung, die Aufgaben und Befugnisse und die Zuständigkeiten der oder des Beauftragten zur Bekämpfung des Antisemitismus sowie ihre oder seine Zusammenarbeit mit öffentlichen Stellen des Landes Brandenburg.

§ 2

Anrufung und Aufgaben
(1) Jede Person hat das Recht, sich unmittelbar an die Beauftragte oder den Beauftragten zu wenden. Dies gilt insbesondere für Betroffene antisemitischer Übergriffe sowie für natürliche und juristische Personen, die im Falle eines mutmaßlichen antisemitischen Vorfalls mit einer Beschwerde beziehungsweise einer strukturellen Fragestellung im Kontext Antisemitismus an die Beauftragte oder den Beauftragten herantreten.
(2) Die oder der Beauftragte soll insbesondere folgende Aufgaben wahrnehmen:
Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner für Personen jüdischen Glaubens sowie für Belange jüdischer Gruppen, gesellschaftlicher Organisationen und der Zivilgesellschaft,
Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner bei mutmaßlich antisemitischen Vorfällen im Land Brandenburg, einschließlich Verweisberatung an spezialisierte Stellen,
Mitwirkung in der „Gemeinsamen Bund-Länder-Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Lebens“ und als Ansprechpartnerin beziehungsweise Ansprechpartner des „Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus“,
Sensibilisierung der Gesellschaft für aktuelle und historische Formen des Antisemitismus,
Unterstützung des interreligiösen Dialogs,
Austausch mit den jüdischen Gemeinden im Land Brandenburg,
Austausch mit wissenschaftlichen und Bildungseinrichtungen, öffentlichen Stellen, Stiftungen, Vereinen und Organisationen zur Antisemitismusprävention in Brandenburg.

§ 3

Zuständigkeiten und Zusammenarbeit
(1) Die fachliche Zuständigkeit und politische Verantwortung von Maßnahmen zur Stärkung des jüdischen Lebens und der jüdischen Kultur sowie die Förderung beziehungsweise Durchführung von Präventionsvorhaben, einschließlich der Vergabe von Fördermitteln, verbleiben bei den hierfür zuständigen Mitgliedern der Landesregierung.
(2) Für die Erarbeitung eines Handlungskonzepts zur Prävention und Bekämpfung von Antisemitismus im Land Brandenburg ist die Landesregierung zuständig. Die oder der Antisemitismusbeauftragte ist bei der Erarbeitung zu beteiligen.
(3) Die Landesregierung kann die Beauftragte oder den Beauftragten an der Erstellung von Gesetz- oder Verordnungsentwürfen beteiligen.
(4) Zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 2 Absatz 2 arbeitet die oder der Antisemitismusbeauftragte mit den Behörden und öffentlichen Stellen des Landes vertrauensvoll und eng zusammen. Diese sind verpflichtet, unverzüglich Auskunft zu erteilen und Akteneinsicht in die mit den Aufgaben nach § 2 Absatz 2 verbundenen Vorgänge zu gewähren, soweit die ordnungsgemäße Tätigkeit der Behörde oder schützenswerte Interessen Dritter dadurch nicht gefährdet werden und dem Wohl des Bundes, des Landes Brandenburg oder eines anderen Landes keine erheblichen Nachteile entstehen. Akten im Sinne dieses Gesetzes sind alle schriftlich, elektronisch, optisch, akustisch oder auf andere Weise aufgezeichneten Unterlagen, soweit diese ausschließlich amtlichen oder dienstlichen Zwecken dienen. Die Rechte der und des Beauftragten gehen dabei nicht über die des Landtages und seiner Mitglieder hinaus. Im Streitfall entscheidet das zuständige Mitglied der Landesregierung.

§ 4

Berufung und Rechtsstellung
(1) Der Landtag wählt auf Vorschlag der Fraktionen mit der Mehrheit seiner gesetzlichen Mitglieder in geheimer Wahl die Beauftragte oder den Beauftragten zur Bekämpfung des Antisemitismus im Land Brandenburg. Zu den Vorschlägen der Fraktionen sind die in § 2 Absatz 2 Nummer 1 angesprochenen jüdischen Gruppen zu hören. Die oder der Beauftragte muss über die nötige Qualifikation und Erfahrung zur Erfüllung der in § 2 Absatz 2 beschriebenen Aufgaben verfügen. Eine Aussprache findet nicht statt. Die oder der Gewählte ist von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtages zu ernennen und für die Dauer ihrer oder seiner Amtszeit in das Beamtenverhältnis auf Zeit zu berufen. Die oder der Beauftragte wird gemäß den beamtenrechtlichen Vorgaben vor dem Landtag auf das Amt vereidigt.
(2) Die Amtszeit der oder des Antisemitismusbeauftragten beträgt sechs Jahre. Die zweimalige Wiederwahl ist möglich. Nach dem Ende der Amtszeit bleibt sie oder er bis zur Ernennung einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers im Amt, längstens jedoch für sechs Monate. Die Abwahl ist zulässig. Diese erfordert eine Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages.
(3) Das Amt der oder des Antisemitismusbeauftragten wird bei der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtages Brandenburg eingerichtet. Die oder der Beauftragte ist in der Wahrnehmung der Aufgaben nach § 2 Absatz 2 unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Sie oder er untersteht der Dienst- und der Rechtsaufsicht der Präsidentin oder des Präsidenten, soweit diese die Unabhängigkeit des Amtes nicht berühren.
(4) Für die Erfüllung der Aufgaben ist die notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen. Die Mittel sind im Einzelplan des Landtages in einem gesonderten Kapitel auszuweisen. Die Landtagsverwaltung ist für die Umsetzung der personalwirtschaftlichen, haushaltswirtschaftlichen und rechtlichen sowie organisatorischen Angelegenheiten zuständig.
(5) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden auf Vorschlag der oder des Beauftragten durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Landtages eingestellt oder ernannt. Sie können nur im Einvernehmen mit der oder dem Beauftragten versetzt oder abgeordnet werden; auch die Aussprache einer Kündigung oder Änderungskündigung bedarf des Einvernehmens des oder der Beauftragten. Dienstvorgesetzte oder Dienstvorgesetzter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist die oder der Beauftragte, an deren oder dessen Weisungen sie ausschließlich gebunden sind.

§ 5

Unterrichtungspflichten
(1) Die Staatsanwaltschaft des Landes Brandenburg ist verpflichtet, die Beauftragte oder den Beauftragten zur Bekämpfung des Antisemitismus im Land Brandenburg quartalsweise über die Einleitung von Strafverfahren, die Erhebung öffentlicher Klagen und Abschlussentscheidungen zu unterrichten, wenn die Vorgänge von ihr oder ihm zugeleitet worden sind.
(2) Die Staatsanwaltschaft des Landes Brandenburg übermittelt der oder dem Beauftragten jährlich einen Überblick der wegen antisemitischer Straftaten eingeleiteten Ermittlungsverfahren und die Art ihrer Erledigung bis zum 31. März des Folgejahres.

§ 6

Schutz personenbezogener Daten
(1) Die oder der Beauftragte nimmt sich unter Wahrung der Vertraulichkeit und der Achtung personenbezogener Daten der Anliegen der sich an sie oder ihn wendenden Personen an.
(2) Die oder der Beauftragte zur Bekämpfung des Antisemitismus ist befugt, personenbezogene Daten, einschließlich Daten im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung ( EU
) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/ EG
(Datenschutz-Grundverordnung, ABl.
L
119 vom 4.5.2016, S.
1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2; L 074 vom 4.3.2021, S. 35) zu verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlich ist.
(3) Bei der Weiterleitung von Beschwerden nach § 2 Absatz 1 an Staatsanwaltschaften dürfen durch die Antisemitismusbeauftragte oder den Antisemitismusbeauftragten personenbezogene Daten zu dem jeweiligen Vorgang übermittelt werden, soweit dies zur Aufgabenerfüllung der empfangenden Stelle erforderlich ist und die eingebende Person dem zugestimmt hat.

§ 7

Verschwiegenheitspflicht
Die oder der Beauftragte ist auch nach Beendigung des Amtsverhältnisses verpflichtet, über die ihr oder ihm im Zusammenhang mit der Amtsführung bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

§ 8

Berichtspflichten
Die oder der Antisemitismusbeauftragte erstattet dem Landtag alle zwei Jahre einen Bericht über ihre oder seine Tätigkeit. Der Landtag kann die Beauftragte oder den Beauftragten darüber hinaus ersuchen, über ihre oder seine Tätigkeit weitere Auskünfte zu erteilen und Stellungnahmen abzugeben.

§ 9

Bezüge
Die oder der Beauftragte erhält vom Beginn des Kalendermonats an, in dem das Amtsverhältnis beginnt, bis zum Ablauf des Kalendermonats, in dem das Amtsverhältnis endet, Amtsbezüge in Höhe der Bezüge einer Beamtin oder einem Beamten der Besoldungsgruppe B 3. § 8 Absatz 2, 4 und 5 sowie die §§ 9 bis 17 des Brandenburgischen Ministergesetzes sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Besoldungsgruppe B 11 für Ministerinnen und Minister in § 8 Absatz 2 des Brandenburgischen Ministergesetzes die Besoldungsgruppe B 3 tritt.

§ 10

Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Potsdam, den 23. November 2023
Die Präsidentin des Landtages Brandenburg In Vertretung
Barbara Richstein
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