Gesetz zur Regelung der außergerichtlichen Streitbeilegung durch Schiedsstellen und anerkannte Gütestellen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Schiedsstellen- und Gütestellengesetz - BbgSchGG)
Gesetz zur Regelung der außergerichtlichen Streitbeilegung durch Schiedsstellen und anerkannte Gütestellen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Schiedsstellen- und Gütestellengesetz - BbgSchGG)
vom 16. Dezember 2022 ( GVBl.I/22, [Nr. 31] )
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Inhaltsübersicht
Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Gegenstand
§ 2 Begriffsbestimmungen
§ 3 Vollstreckungstitel
Abschnitt 2 Verfahren der außergerichtlichen Beilegung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten
Unterabschnitt 1 Obligatorische außergerichtliche Streitbeilegung
§ 4 Anwendungsbereich
§ 5 Ausnahmen
§ 6 Erfolglosigkeitsbescheinigung
Unterabschnitt 2 Verfahren vor Schiedsstellen
§ 7 Sachliche Zuständigkeit
§ 8 Örtliche Zuständigkeit
§ 9 Zweck des Verfahrens
§ 10 Antrag auf Verfahrenseinleitung
§ 11 Form und Inhalt des Antrags
§ 12 Rücknahme des Antrags
§ 13 Ausschluss von der Amtsausübung kraft Gesetzes
§ 14 Ablehnung der Schiedsperson wegen Besorgnis der Befangenheit
§ 15 Ablehnung der Amtsausübung
§ 16 Terminbestimmung, Zustellung der Ladung
§ 17 Persönliches Erscheinen der Parteien
§ 18 Vertretung
§ 19 Beistand
§ 20 Verhandlungsgrundsätze
§ 21 Verfahrenssprache
§ 22 Beweiserhebung
§ 23 Tätigkeit außerhalb des Schiedsstellenbereichs
§ 24 Protokoll
§ 25 Genehmigung und Unterzeichnung des Protokolls
§ 26 Abschriften und Ausfertigungen des Protokolls
§ 27 Vollstreckung aus dem Vergleich
Unterabschnitt 3 Verfahren vor anerkannten Gütestellen
§ 28 Zuständigkeit und Verfahren
§ 29 Zweck des Verfahrens
Abschnitt 3 Schlichtungsverfahren in Strafsachen
§ 30 Zuständigkeit
§ 31 Verfahrensbestimmungen
§ 32 Absehen vom Sühneversuch
§ 33 Beschränkte Ablehnung der Amtsausübung
§ 34 Gesetzliche Vertretung der Gegenpartei
§ 35 Vertretung durch Bevollmächtigte
§ 36 Sühnebescheinigung
Abschnitt 4 Kosten
Unterabschnitt 1 Verfahren vor Schiedsstellen
§ 37 Kostenerhebung
§ 38 Kostenhaftung
§ 39 Fälligkeit, Kostenvorschuss, Zurückbehaltungsrecht
§ 40 Einforderung und Beitreibung
§ 41 Höhe der Gebühren
§ 42 Auslagen
§ 43 Absehen von der Kostenerhebung
§ 44 Einwendungen gegen den Kostenansatz
§ 45 Aufteilung und Abrechnung über die Kosten, Aufwandsentschädigung
Unterabschnitt 2 Verfahren vor anerkannten Gütestellen
§ 46 Bestimmung der Kosten
Abschnitt 5 Schiedsstellen
§ 47 Einrichtung von Schiedsstellen
§ 48 Besetzung der Schiedsstelle, Stellvertretung
§ 49 Eignung für das Schiedsamt
§ 50 Wahl der Schiedsperson, Amtsdauer
§ 51 Bestätigung der Wahl
§ 52 Verpflichtung der Schiedsperson
§ 53 Ablehnung und Niederlegung des Amtes
§ 54 Amtsenthebung
§ 55 Aufsicht
§ 56 Geschäftsunterlagen der Schiedsstelle
§ 57 Verschwiegenheitspflicht
§ 58 Sachkosten, Haftung
Abschnitt 6 Anerkannte Gütestellen
Unterabschnitt 1 Anerkennung als Gütestelle
§ 59 Antrag
§ 60 Anerkennungsvoraussetzungen
§ 61 Verfahrensordnung
§ 62 Haftpflichtversicherung
§ 63 Erlöschen, Rücknahme und Widerruf der Anerkennung
§ 64 Zuständigkeit, Gebühren und Verzeichnis der anerkannten Gütestellen
Unterabschnitt 2 Pflichten der anerkannten Gütestelle
§ 65 Aktenführung
§ 66 Mitteilungs- und Auskunftspflichten
§ 67 Verschwiegenheitspflicht
Unterabschnitt 3 Anfechtung von Entscheidungen
§ 68 Zuständigkeit und Verfahren
Abschnitt 7 Schlussvorschriften
§ 69 Einschränkung von Grundrechten
§ 70 Verwaltungsvorschriften
§ 71 Übergangsvorschriften
§ 72 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen
§ 1
Gegenstand
(1) Dieses Gesetz gilt für die außergerichtliche Beilegung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vor Schiedsstellen und anerkannten Gütestellen und für Schlichtungsverfahren in Strafsachen vor Schiedsstellen.
(2) Verfahren der außergerichtlichen Beilegung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz umfassen Streitigkeiten der obligatorischen und der freiwilligen Streitbeilegung.
(3) Schlichtungsverfahren in Strafsachen nach diesem Gesetz sind das Sühneverfahren vor Erhebung der Privatklage und der Täter-Opfer-Ausgleich.
§ 2
Begriffsbestimmungen
(1) Schiedsstellen sind von den Gemeinden, Verbandsgemeinden oder Ämtern nach diesem Gesetz eingerichtete Stellen zur Durchführung von Schlichtungsverfahren. Sie gelten als Gütestellen im Sinne des § 794 Absatz 1 Nummer 1 der Zivilprozessordnung.
(2) Gemeinden im Sinne dieses Gesetzes sind die kreisangehörigen Städte und Gemeinden sowie die kreisfreien Städte.
(3) Anerkannte Gütestellen sind Personen, rechtsfähige Personenvereinigungen oder deren Einrichtungen, die durch die Landesjustizverwaltung nach diesem Gesetz als Gütestelle im Sinne des § 794 Absatz 1 Nummer 1 der Zivilprozessordnung anerkannt worden sind.
(4) Eine Streitigkeit der obligatorischen außergerichtlichen Streitbeilegung ist eine Streitigkeit, in der der Erhebung einer Klage vor einem Gericht zunächst ein erfolgloser Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Stelle vorauszugehen hat.
(5) Eine Streitigkeit der freiwilligen außergerichtlichen Streitbeilegung ist eine Streitigkeit, in der der Klageweg zu den Gerichten ohne vorherige Durchführung eines außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahrens eröffnet ist. Vor Erhebung der Klage kann ein außergerichtlicher Einigungsversuch durchgeführt werden.
(6) Das Sühneverfahren ist ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren im Sinne des § 380 Absatz 1 der Strafprozessordnung, das vor Erhebung der Privatklage wegen folgender Straftaten durchzuführen ist:
Hausfriedensbruch (§ 123 des Strafgesetzbuchs),
Beleidigung (§§ 185 bis 189 des Strafgesetzbuchs),
Verletzung des Briefgeheimnisses (§ 202 des Strafgesetzbuchs),
Körperverletzung (§§ 223 und 229 des Strafgesetzbuchs),
Bedrohung (§ 241 Absatz 1 bis 3 des Strafgesetzbuchs),
Sachbeschädigung (§ 303 des Strafgesetzbuchs),
Vollrausch (§ 323a des Strafgesetzbuchs), wenn die im Rausch begangene Tat ein in den Nummern 1 bis 6 genanntes Vergehen ist.
(7) Der Täter-Opfer-Ausgleich ist ein Verfahren zur außergerichtlichen Konfliktbewältigung zwischen dem Opfer einer Straftat und der beschuldigten Person mit dem Ziel, einen Ausgleich zwischen den Beteiligten zu erreichen (§ 46a Nummer 1 des Strafgesetzbuchs).
§ 3
Vollstreckungstitel
Ein vor einer Schiedsstelle oder anerkannten Gütestelle geschlossener Vergleich ist Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 Absatz 1 Nummer 1 der Zivilprozessordnung.
Abschnitt 2
Verfahren der außergerichtlichen Beilegung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten
Unterabschnitt 1 Obligatorische außergerichtliche Streitbeilegung
§ 4
Anwendungsbereich
Die Erhebung einer Klage vor den Amtsgerichten wegen eines Anspruchs, der nicht auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet ist, ist erst zulässig, nachdem vor einer Schiedsstelle oder anerkannten Gütestelle versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen
in Streitigkeiten über Ansprüche aus dem Nachbarrecht wegen
Zuführung unwägbarer Stoffe nach § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, sofern es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt,
Überhangs nach § 910 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
Überfalls nach § 911 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
eines Grenzbaumes nach § 923 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie
der im Brandenburgischen Nachbarrechtsgesetz geregelten Nachbarrechte, sofern es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt,
in Streitigkeiten über Ansprüche wegen Verletzung der persönlichen Ehre, die nicht in Presse oder Rundfunk begangen worden ist.
§ 5
Ausnahmen
Das Erfordernis eines Einigungsversuchs vor einer Schiedsstelle oder anerkannten Gütestelle nach § 4 entfällt:
wenn die Parteien ihren Wohnsitz, ihren Sitz oder ihre Niederlassung nicht in demselben Landgerichtsbezirk haben,
bei Klagen nach den §§ 323, 323a, 324, 328 der Zivilprozessordnung, Widerklagen und Klagen, die binnen einer gesetzlichen oder gerichtlich angeordneten Frist zu erheben sind,
in Wiederaufnahmeverfahren,
bei Ansprüchen, die im Urkunden- oder Wechselprozess geltend gemacht werden,
bei Klagen wegen vollstreckungsrechtlicher Maßnahmen, insbesondere nach dem Achten Buch der Zivilprozessordnung,
bei vermögensrechtlichen Ansprüchen, die im Strafverfahren gemäß den §§ 403 bis 406c der Strafprozessordnung geltend gemacht werden oder geltend gemacht worden sind,
wenn die Parteien einvernehmlich einen Einigungsversuch vor einer sonstigen Gütestelle, die Streitbeilegungen betreibt, unternommen haben. Das Einvernehmen wird unwiderleglich vermutet, wenn die Verbraucherin oder der Verbraucher eine Verbraucherschlichtungsstelle, eine branchengebundene andere Gütestelle oder eine Gütestelle der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer oder der Innung angerufen hat. Das Scheitern des Einigungsversuchs ist durch eine von der sonstigen Gütestelle ausgestellte Bescheinigung nachzuweisen.
§ 6
Erfolglosigkeitsbescheinigung
(1) Die Schiedsstelle erteilt den Parteien von Amts wegen eine Bescheinigung über einen erfolglosen Einigungsversuch, wenn
die Verhandlung beendet worden ist, weil feststeht, dass die Gegenpartei der Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben ist oder sich unentschuldigt vor dem Schluss der Verhandlung wieder entfernt hat, oder
eine Vereinbarung zwischen den Parteien nicht zustande gekommen ist.
(2) Die Schiedsstelle erteilt auf Antrag eine Bescheinigung über einen erfolglosen Einigungsversuch, wenn das Einigungsverfahren nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten seit der ordnungsgemäßen Stellung des Antrags durchgeführt worden ist. Die Frist beginnt erst, wenn die antragstellende Partei einen angeforderten Kostenvorschuss eingezahlt hat. Zeiten, in denen das Verfahren ruht, werden nicht berücksichtigt.
(3) Die Schiedsstelle versieht die Bescheinigung mit ihrer Unterschrift und dem Landessiegel. Die Bescheinigung muss folgende Angaben enthalten:
die Familiennamen, Vornamen und Anschriften der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertretung,
Angaben über den Gegenstand des Streits, insbesondere die Anträge,
den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags, der Veranlassung seiner Bekanntgabe und der Verfahrensbeendigung sowie
Ort und Zeit der Ausstellung.
(4) Wurde das Einigungsverfahren vor einer anerkannten Gütestelle im Sinne des § 794 Absatz 1 Nummer 1 der Zivilprozessordnung durchgeführt, hat die Gütestelle eine Bescheinigung über den gescheiterten Einigungsversuch entsprechend den Absätzen 1 bis 3 auszustellen.
Unterabschnitt 2 Verfahren vor Schiedsstellen
§ 7
Sachliche Zuständigkeit
(1) Die Schiedsstelle ist zuständig für Schlichtungsverfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten in Fällen
der obligatorischen außergerichtlichen Streitbeilegung nach den §§ 4 und 5 und
der freiwilligen außergerichtlichen Streitbeilegung.
(2) Schlichtungsverfahren nach Absatz 1 Nummer 2 finden nicht statt in
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit fallen,
Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und
Streitigkeiten über Ansprüche wegen Verletzung der persönlichen Ehre, die in Presse oder Rundfunk begangen worden ist.
§ 8
Örtliche Zuständigkeit
(1) Zuständig ist die Schiedsstelle, in deren Bereich die Gegenpartei wohnt oder ihren Sitz hat. Hat die Streitigkeit einen Bezug auf den Geschäftsbetrieb einer gewerblichen Niederlassung der Gegenpartei, ist auch die Schiedsstelle zuständig, in deren Bereich sich die Niederlassung befindet.
(2) In Streitigkeiten über Ansprüche aus Eigentum oder dinglichen Rechten an unbeweglichen Sachen ist auch die Schiedsstelle zuständig, in deren Bereich die Sache belegen ist.
(3) Unter mehreren zuständigen Schiedsstellen hat die antragstellende Partei die Wahl.
(4) Die angerufene Schiedsstelle ist auch für einen Gegenantrag zuständig.
(5) Die Parteien können eine abweichende örtliche Zuständigkeit vereinbaren. Die Vereinbarung muss schriftlich oder zu Protokoll der Schiedsstelle erklärt werden, vor der die Schlichtungsverhandlung stattfinden soll. § 11 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend.
§ 9
Zweck des Verfahrens
Das Schlichtungsverfahren ist darauf gerichtet, den Rechtsstreit im Wege eines Vergleichs beizulegen.
§ 10
Antrag auf Verfahrenseinleitung
(1) Die Schiedsperson leitet das Schlichtungsverfahren auf Antrag einer Partei ein.
(2) Endet das Schlichtungsverfahren nicht mit einem Vergleich, so bedarf ein erneuter Antrag in derselben Sache der schriftlichen Zustimmung der Gegenpartei. § 11 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Die Zustimmung ist mit der Antragstellung einzureichen.
§ 11
Form und Inhalt des Antrags
(1) Der Antrag auf Durchführung des Schlichtungsverfahrens ist bei der Schiedsstelle schriftlich einzureichen oder mündlich zu Protokoll zu erklären. Er muss die Familiennamen, Vornamen und Anschriften der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertretung, eine kurze Darstellung der Streitsache sowie das mit der Anrufung der Schiedsstelle angestrebte Ziel enthalten und von der antragstellenden Partei unterschrieben sein. Einem schriftlichen Antrag sollen die für die Zustellung erforderlichen Abschriften beigefügt werden.
(2) Hat die Schiedsperson für ihre Amtstätigkeit einen Zugang für den Empfang elektronischer Dokumente eröffnet, kann der Antrag in Textform im Sinne des § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs übermittelt werden. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit der Antrag elektronisch eingereicht wird.
(3) Der Antrag kann bei der Schiedsstelle, in deren Bereich die antragstellende Partei wohnt, schriftlich eingereicht oder zu Protokoll erklärt werden, auch wenn diese örtlich nicht zuständig ist. Der Antrag ist der zuständigen Schiedsstelle unverzüglich zu übermitteln.
§ 12
Rücknahme des Antrags
(1) Der Antrag kann zurückgenommen werden, nach Beginn der Schlichtungsverhandlung jedoch nur, wenn die Gegenpartei nicht widerspricht.
(2) Die Rücknahme des Antrags ist bei der Schiedsstelle schriftlich einzureichen oder mündlich zu Protokoll zu erklären. § 11 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend.
§ 13
Ausschluss von der Amtsausübung kraft Gesetzes
Die Schiedsperson ist von der Ausübung ihres Amtes kraft Gesetzes in solchen Angelegenheiten ausgeschlossen,
in denen sie selbst Partei ist oder bei denen sie zu einer Partei in dem Verhältnis einer Mitberechtigung, Mitverpflichtung oder Regressverpflichtung steht,
die eine Person betreffen, die mit ihr durch Ehe, eingetragene Lebenspartnerschaft oder Verlöbnis verbunden ist oder war,
die eine Person betreffen, die mit ihr in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist oder war,
in denen sie für eine Partei als prozessbevollmächtigte Person oder Beistand bestellt oder als deren Mitarbeiterin oder Mitarbeiter tätig ist oder war,
in denen sie als gesetzliche Vertretung einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder war,
die eine Person betreffen, bei der sie gegen Entgelt beschäftigt oder bei der sie als Mitglied des Vorstandes, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs tätig ist oder war.
§ 14
Ablehnung der Schiedsperson wegen Besorgnis der Befangenheit
(1) Eine Schiedsperson kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen ihre Unparteilichkeit zu rechtfertigen.
(2) Das Ablehnungsrecht steht jeder Partei zu.
(3) Das Ablehnungsgesuch ist bei der Schiedsstelle unverzüglich nach Bekanntwerden des Ablehnungsgrundes anzubringen. Es kann mündlich zu Protokoll erklärt werden. Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen.
(4) Hält die abgelehnte Schiedsperson den Antrag für unbegründet, entscheidet die Direktorin, der Direktor, die Präsidentin oder der Präsident des Amtsgerichts (Leitung des Amtsgerichts) über das Gesuch.
(5) Die Leitung des Amtsgerichts hat auch dann zu entscheiden, wenn eine Schiedsperson Gründe anzeigt, die ihre Ablehnung rechtfertigen können.
(6) Bis zur Entscheidung der Leitung des Amtsgerichts kann die abgelehnte Schiedsperson unaufschiebbare Amtshandlungen vornehmen.
(7) Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ist nicht anfechtbar.
§ 15
Ablehnung der Amtsausübung
(1) Die Schiedsperson wird nicht oder nicht weiter tätig, wenn
die zu protokollierende Vereinbarung der notariellen Beurkundung bedarf,
die Parteien oder ihre Vertretung ihr nicht bekannt sind und auch nach Unterbrechung oder Vertagung der Schlichtungsverhandlung ihre Identität nicht nachweisen oder
Bedenken gegen die Geschäftsfähigkeit oder die Verfügungsbefugnis einer Partei oder ihrer gesetzlichen Vertretung oder gegen die Legitimation ihrer Vertretung bestehen.
(2) Die Schiedsperson soll nicht tätig werden, wenn der Rechtsstreit
bei Gericht anhängig ist oder
bei einer sonstigen Gütestelle, die Streitbeilegungen betreibt, anhängig oder bereits durchgeführt worden ist.
(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn
es sich um eine Streitigkeit der obligatorischen außergerichtlichen Streitbeilegung nach den §§ 4 und 5 handelt oder
sich beide Parteien mit der Durchführung des Schlichtungsverfahrens vor der Schiedsstelle einverstanden erklärt haben.
§ 16
Terminbestimmung, Zustellung der Ladung
(1) Die Schiedsperson bestimmt Ort und Zeit der Schlichtungsverhandlung.
(2) Zwischen der Zustellung der Ladung und dem Verhandlungstermin muss eine Frist von mindestens zwei Wochen liegen (Ladungsfrist). Die Ladungsfrist kann auf eine Woche verkürzt werden, wenn die antragstellende Partei glaubhaft macht, dass die Angelegenheit dringlich ist. Eine weitere Verkürzung der Ladungsfrist setzt die Zustimmung beider Parteien voraus.
(3) Die Gegenpartei erhält mit der Ladung eine Abschrift des Antrags. In der Ladung werden die Parteien auf die Pflicht, persönlich zum Verhandlungstermin zu erscheinen, und auf die Folgen hingewiesen, die eine Verletzung dieser Pflicht haben kann.
(4) Die Schiedsperson händigt die Ladung den Parteien persönlich gegen Empfangsbekenntnis aus oder lässt sie durch einen nach § 33 Absatz 1 des Postgesetzes beliehenen Unternehmer (Post) mittels Zustellungsurkunde zustellen. Für die Zustellung durch die Post gelten die §§ 177 bis 183 der Zivilprozessordnung entsprechend. Wird eine Partei gesetzlich vertreten, so ist die Ladung der Vertretung zuzustellen.
(5) Eine Partei kann ihr Ausbleiben in dem anberaumten Termin wegen Krankheit, beruflicher Verhinderung, Ortsabwesenheit oder wegen sonstiger wichtiger Gründe entschuldigen. Sie hat ihr Nichterscheinen der Schiedsperson unverzüglich anzuzeigen und dabei die Entschuldigungsgründe glaubhaft zu machen. Hebt die Schiedsperson den Termin nicht auf, so hat sie das der Partei mitzuteilen.
§ 17
Persönliches Erscheinen der Parteien
(1) Die Parteien haben in dem anberaumten Termin persönlich zu erscheinen.
(2) Wird eine Partei gesetzlich vertreten, ist die Vertretung anstelle der Partei zum Erscheinen im Verhandlungstermin verpflichtet.
(3) Erscheint die antragstellende Partei oder ihre zulässige Vertretung nicht zu dem Termin, so ruht das Verfahren. Es kann jederzeit wieder aufgenommen werden. Ruht das Verfahren länger als sechs Monate, so gilt der Antrag als zurückgenommen.
(4) Steht fest, dass die Gegenpartei oder ihre zulässige Vertretung der Schlichtungsverhandlung unentschuldigt ferngeblieben ist oder sich unentschuldigt vor dem Schluss der Verhandlung entfernt hat, vermerkt die Schiedsperson die Beendigung der Schlichtungsverhandlung. Anderenfalls beraumt sie einen neuen Termin an.
(5) Im Falle der gesetzlichen Vertretung kann die Schiedsstelle das persönliche Erscheinen der vertretenen Person anordnen, wenn dies zur Beilegung des Streits geboten erscheint.
§ 18
Vertretung
(1) Die Vertretung natürlicher Personen in der Schlichtungsverhandlung ist nur zulässig, wenn
ein Fall der gesetzlichen Vertretung vorliegt oder
eine bevollmächtigte Person zur Aufklärung des Sachverhalts in der Lage und zu einem Vergleichsabschluss ermächtigt ist.
(2) Die bevollmächtigte Person legt der Schiedsperson eine schriftliche Vollmacht vor. Erfolgt die gesetzliche Vertretung durch mehrere Personen, können sich diese unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht gegenseitig vertreten.
(3) Handelsgesellschaften und rechtsfähige Personengesellschaften werden durch ihre vertretungsberechtigten Gesellschafter, juristische Personen durch ihre Organe vertreten. Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 gelten entsprechend.
§ 19
Beistand
Jede Partei kann in der Schlichtungsverhandlung mit einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt oder einem sonstigen Beistand erscheinen.
§ 20
Verhandlungsgrundsätze
(1) Die Schlichtungsverhandlung vor der Schiedsstelle ist nicht öffentlich. Mit Zustimmung der Parteien kann die Schiedsperson Dritten die Anwesenheit gestatten.
(2) Vor der Schiedsstelle wird mündlich verhandelt. Die Verhandlung ist möglichst ohne Unterbrechung zu Ende zu führen. Wird die Verhandlung unterbrochen, ist sofort ein Termin zur Fortsetzung der Verhandlung zu bestimmen.
(3) Die Schiedsperson erörtert mit den Parteien die Streitsache und deren Vorstellungen von einer einvernehmlichen Beilegung des Konflikts. Sie kann ihnen eigene Vergleichsvorschläge unterbreiten.
§ 21
Verfahrenssprache
(1) Das Schlichtungsverfahren wird in deutscher Sprache geführt. Mit Einverständnis der Parteien kann die Verhandlung in einer anderen Sprache geführt werden, wenn die beteiligten Personen sämtlich der Sprache mächtig sind.
(2) Wird unter Beteiligung von Personen verhandelt, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, so kann die Person, die nicht deutsch spricht, eine sprachkundige Person hinzuziehen. Jede Partei kann verlangen, dass eine von der Schiedsperson auszuwählende Dolmetscherin oder ein von ihr auszuwählender Dolmetscher hinzugezogen wird.
(3) Im angestammten Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden haben die Parteien das Recht, vor der Schiedsstelle die sorbische/wendische Sprache zu gebrauchen.
§ 22
Beweiserhebung
(1) Zeugen und Sachverständige, die freiwillig erschienen sind, können gehört werden. Mit Zustimmung und in Anwesenheit der Parteien kann auch der Augenschein eingenommen werden. Vorgelegte Urkunden können berücksichtigt werden.
(2) Zur Beeidigung von Zeugen und Sachverständigen, zur eidlichen Parteivernehmung sowie zur Entgegennahme von eidesstattlichen Versicherungen ist die Schiedsperson nicht befugt.
(3) Eine Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen findet nicht statt.
§ 23
Tätigkeit außerhalb des Schiedsstellenbereichs
Zu einer amtlichen Tätigkeit außerhalb des Bereichs der Schiedsstelle ist die Schiedsperson nur im Falle der Stellvertretung sowie dann befugt, wenn die Amtsräume außerhalb des Bereichs der Schiedsstelle liegen oder der Augenschein eingenommen werden soll.
§ 24
Protokoll
(1) Über die Schlichtungsverhandlung ist ein Protokoll in deutscher Sprache aufzunehmen.
(2) Das Protokoll enthält
den Ort und die Zeit der Verhandlung,
die Familiennamen und Vornamen der erschienenen Parteien, der gesetzlichen Vertretung und der Bevollmächtigten sowie die Angabe, ob die Schiedsperson die Beteiligten kennt oder wie sie sich Gewissheit über ihre Person sowie über die Legitimation der gesetzlichen Vertretung und der Bevollmächtigten verschafft hat,
die Familiennamen und Vornamen der erschienenen Beistände, Dolmetscherinnen und Dolmetscher,
Angaben über den Gegenstand des Streits, insbesondere die Anträge, sowie
den Wortlaut eines Vergleichs der Parteien oder die Feststellung, dass eine Vereinbarung zwischen den Parteien nicht zustande gekommen ist.
(3) Vorgelegte Vollmachtsurkunden sind als Anlagen zum Protokoll zu nehmen.
§ 25
Genehmigung und Unterzeichnung des Protokolls
(1) Das Protokoll ist den Parteien vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen und von ihnen zu genehmigen. Dies ist im Protokoll zu vermerken.
(2) Das Protokoll ist von der Schiedsperson und im Falle eines Vergleichs auch von den Parteien eigenhändig zu unterschreiben. Nach Vollzug der Unterschriften wird ein Vergleich wirksam.
(3) Erklärt eine Partei, dass sie nicht schreiben kann, so muss die Schiedsperson das Handzeichen der schreibunkundigen Person durch einen besonderen Vermerk beglaubigen.
§ 26
Abschriften und Ausfertigungen des Protokolls
(1) Die Parteien oder deren Rechtsnachfolger erhalten auf Verlangen Abschriften oder zum Zwecke der Zwangsvollstreckung Ausfertigungen des Protokolls.
(2) Die Ausfertigung besteht aus der mit dem Ausfertigungsvermerk versehenen Abschrift des Protokolls. Der Ausfertigungsvermerk muss Angaben über den Ort und die Zeit der Ausfertigung sowie die Person enthalten, für die die Ausfertigung erteilt wird, von der Schiedsperson unterschrieben und mit einem Dienstsiegel versehen werden.
(3) Die Ausfertigung wird von der Schiedsstelle erteilt, die die Urschrift des Protokolls verwahrt. Die Schiedsperson hat vor Aushändigung der Ausfertigung auf der Urschrift des Protokolls zu vermerken, wann und für wen die Ausfertigung erteilt worden ist.
(4) Befindet sich das Protokoll in der Verwahrung des Amtsgerichts, so wird die Ausfertigung von der Urkundsbeamtin oder dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erteilt.
§ 27
Vollstreckung aus dem Vergleich
(1) Aus dem vor einer Schiedsstelle geschlossenen Vergleich findet die Zwangsvollstreckung statt.
(2) Die Vollstreckungsklausel auf der Ausfertigung erteilt das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Schiedsstelle ihren Sitz hat.
(3) Auf der Urschrift des Protokolls ist zu vermerken, wann und von wem sowie für und gegen wen die Vollstreckungsklausel erteilt worden ist. Das Amtsgericht benachrichtigt die Schiedsstelle von der Erteilung der Vollstreckungsklausel, wenn es das Protokoll nicht verwahrt.
(4) Im Übrigen finden die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung aus Vergleichen, die vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, entsprechende Anwendung.
Unterabschnitt 3 Verfahren vor anerkannten Gütestellen
§ 28
Zuständigkeit und Verfahren
(1) Anerkannte Gütestellen führen Schlichtungsverfahren und sonstige Verfahren der außergerichtlichen Streitbeilegung (Güteverfahren) in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten durch. Gegenstand des Güteverfahrens können Streitigkeiten der obligatorischen außergerichtlichen Streitbeilegung nach den §§ 4 und 5 und der freiwilligen außergerichtlichen Streitbeilegung sein.
(2) Die Verfahrensordnung (§ 61) der jeweiligen anerkannten Gütestelle bestimmt das Güteverfahren und regelt die Einzelheiten seiner Durchführung.
§ 29
Zweck des Verfahrens
Das Güteverfahren ist darauf gerichtet, den Rechtsstreit im Wege eines Vergleichs beizulegen.
Abschnitt 3
Schlichtungsverfahren in Strafsachen
§ 30
Zuständigkeit
(1) Die Schiedsstelle ist Vergleichsbehörde im Sinne des § 380 Absatz 1 der Strafprozessordnung zur Durchführung des Sühneverfahrens (§ 2 Absatz 6).
(2) Die Schiedsstelle kann einen Täter-Opfer-Ausgleich (§ 2 Absatz 7) durchführen.
§ 31
Verfahrensbestimmungen
Der Sühneversuch wird im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens durchgeführt. Für das Sühneverfahren gelten die §§ 8 bis 27 entsprechend, soweit in diesem Abschnitt keine abweichenden Bestimmungen getroffen worden sind.
§ 32
Absehen vom Sühneversuch
(1) Das im Falle der Erhebung der Privatklage zuständige Gericht kann auf Antrag gestatten, dass von dem Sühneversuch abgesehen wird, wenn die antragstellende Partei von der Gemeinde, in der die Verhandlung stattfinden müsste, so weit entfernt wohnt, dass ihr unter Berücksichtigung ihrer Verhältnisse und nach den Umständen des Falles nicht zugemutet werden kann, zu der Verhandlung zu erscheinen. Das Gericht kann stattdessen die antragstellende Partei ermächtigen, sich in der Sühneverhandlung vertreten zu lassen. Die Vertretung legt der Schiedsstelle den gerichtlichen Beschluss sowie eine schriftliche Vollmacht vor.
(2) Die Parteien können die Entscheidung des Gerichts mit der sofortigen Beschwerde nach den Vorschriften der Strafprozessordnung anfechten.
§ 33
Beschränkte Ablehnung der Amtsausübung
(1) Die Schiedsperson darf den Sühneversuch nur ablehnen, wenn die antragstellende Partei oder ihre Vertretung ihr nicht bekannt ist und ihre Identität nicht nachweist.
(2) Liegt ein sonstiger Grund im Sinne von § 15 Absatz 1 vor, ist dies im Protokoll zu vermerken.
§ 34
Gesetzliche Vertretung der Gegenpartei
Wird die Gegenpartei gesetzlich vertreten, so stellt die Schiedsstelle der Gegenpartei die Ladung und der gesetzlichen Vertretung eine Terminsnachricht zu. Die Gegenpartei ist verpflichtet, im Termin persönlich zu erscheinen. Ihre gesetzliche Vertretung ist als Beistand zur Sühneverhandlung zuzulassen.
§ 35
Vertretung durch Bevollmächtigte
Abgesehen von dem Fall des § 32 Absatz 1 Satz 2 ist eine Vertretung der Parteien durch Bevollmächtigte in der Sühneverhandlung unzulässig.
§ 36
Sühnebescheinigung
(1) Auf Antrag bescheinigt die Schiedsperson die Erfolglosigkeit des Sühneversuchs zum Zwecke der Einreichung der Klage nach § 380 Absatz 1 Satz 3 der Strafprozessordnung, wenn
in der Sühneverhandlung eine Einigung nicht zustande gekommen ist oder
allein die Gegenpartei der Sühneverhandlung unentschuldigt ferngeblieben ist oder sich vor dem Schluss der Sühneverhandlung unentschuldigt entfernt hat; wohnen die Parteien in derselben Gemeinde, in der die Sühneverhandlung stattzufinden hat, so tritt diese Wirkung erst dann ein, wenn die beschuldigte Partei auch in einem zweiten Termin ausbleibt.
(2) Die Bescheinigung ist von der Schiedsperson zu unterschreiben und mit einem Dienstsiegel zu versehen. Sie hat die vorgeworfene Straftat und den Zeitpunkt ihrer Begehung, das Datum der Antragstellung sowie Ort und Datum der Ausstellung zu enthalten.
Abschnitt 4
Kosten
Unterabschnitt 1 Verfahren vor Schiedsstellen
§ 37
Kostenerhebung
Die Schiedsstelle erhebt für ihre Tätigkeit Kosten (Gebühren und Auslagen) nur nach diesem Unterabschnitt.
§ 38
Kostenhaftung
(1) Wer die Tätigkeit der Schiedsstelle veranlasst hat, ist zur Zahlung der Kosten verpflichtet. Beim Täter-Opfer-Ausgleich in Strafsachen ist die beschuldigte Person verpflichtet, die Kosten zu tragen.
(2) Die Kosten hat ferner zu tragen:
die Gegenpartei, wenn allein wegen ihres unentschuldigten Ausbleibens die Schlichtungsverhandlung nicht durchgeführt werden konnte,
wer die Kostenschuld durch eine vor der Schiedsstelle abgegebene oder ihr mitgeteilte Erklärung oder in einem Vergleich übernommen hat,
wer für die Kostenschuld eines anderen kraft Gesetzes haftet,
hinsichtlich der Dokumentenpauschale diejenige Person, die die Erteilung von Ausfertigungen oder Abschriften beantragt hat.
(3) Haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, ohne darin eine Vereinbarung über die Kostentragung zu treffen, trägt jede Partei die Kosten des Schlichtungsverfahrens zur Hälfte.
(4) Sind mehrere Personen verpflichtet, die Kosten zu tragen, haften sie als Gesamtschuldner. Die Haftung nach Absatz 2 Nummer 1, 2 und 4 und Absatz 3 geht der Haftung nach Absatz 1 vor. Die Haftung nach Absatz 1 für die nicht durch Vorschuss gedeckten Kosten soll in diesen Fällen erst geltend gemacht werden, wenn das Beitreibungsverfahren nach § 40 Absatz 2 gegen die vorrangig haftende Person erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint.
§ 39
Fälligkeit, Kostenvorschuss, Zurückbehaltungsrecht
(1) Gebühren werden mit der Beendigung des gebührenpflichtigen Geschäfts, Auslagen mit ihrem Entstehen fällig.
(2) Die Schiedsstelle soll ihre Tätigkeit von der vorherigen Zahlung der voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen abhängig machen.
(3) Die Schiedsstelle, die den Antrag im Wege der Amtshilfe aufnimmt, hat lediglich Anspruch auf Ersatz ihrer Auslagen und fordert nur hierfür einen Vorschuss ein.
(4) Haftet eine Person für Kosten, so können die ihr zu erteilenden Bescheinigungen, Ausfertigungen und Abschriften sowie Urkunden, die diese eingereicht hat, zurückbehalten werden, bis die in der Angelegenheit entstandenen Kosten gezahlt sind.
§ 40
Einforderung und Beitreibung
(1) Die Kosten werden aufgrund einer von der Schiedsperson unterschriebenen Kostenrechnung eingefordert, die der kostenpflichtigen Person zu übermitteln ist.
(2) Zahlt die kostenpflichtige Person nicht oder nicht vollständig innerhalb der Zahlungsfrist, werden die Kosten auf Antrag der Schiedsperson von der Gebietskörperschaft, die die Schiedsstelle betreibt, oder in den Fällen des § 47 Absatz 3 vom Amt im Verwaltungswege beigetrieben.
§ 41
Höhe der Gebühren
(1) Für das Schlichtungsverfahren wird eine Gebühr von 15 Euro erhoben. Kommt ein Vergleich zustande, beträgt die Gebühr 25 Euro.
(2) Unter Berücksichtigung der Verhältnisse der kostenpflichtigen Person und des Umfangs und der Schwierigkeit des Falles kann die Gebühr auf höchstens 75 Euro erhöht werden.
(3) Sind auf der Seite einer Partei oder beider Parteien mehrere Personen am Schlichtungsverfahren beteiligt oder ist bei wechselseitigen Anträgen die antragstellende Partei zugleich Gegenpartei, so wird die Gebühr nur einmal erhoben. Diese Umstände können nach Absatz 2 berücksichtigt werden.
§ 42
Auslagen
(1) Als Auslagen werden erhoben:
eine Dokumentenpauschale für die Aufnahme von Anträgen, für Mitteilungen an die Parteien sowie für Ausfertigungen und Abschriften von Protokollen und Bescheinigungen; die Höhe der Dokumentenpauschale bestimmt sich nach Nummer 31000 der Anlage 1 (Kostenverzeichnis) des Gerichts- und Notarkostengesetzes;
die bei der Durchführung einer Amtshandlung entstehenden notwendigen Auslagen in tatsächlicher Höhe.
(2) Die Vergütung der von der Schiedsstelle hinzugezogenen Dolmetscherinnen und Dolmetscher zählt zu den Auslagen nach Absatz 1 Nummer 2. Vor der Hinzuziehung soll die Schiedsstelle einen die voraussichtlichen Kosten deckenden Vorschuss einfordern. Wer die Dolmetscherkosten zu tragen hat, bestimmt sich nach § 38. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz. Die Vergütung ist auf Antrag der Schiedsstelle oder der Dolmetscherin oder des Dolmetschers von dem Amtsgericht, in dessen Bezirk die Schiedsstelle ihren Sitz hat, durch richterlichen Beschluss festzusetzen; § 4 Absatz 3 bis 9 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes ist auf das Festsetzungsverfahren entsprechend anzuwenden.
§ 43
Absehen von der Kostenerhebung
(1) Die Schiedsstelle kann ausnahmsweise, wenn dies mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der kostenpflichtigen Person oder sonst aus Billigkeitsgründen geboten erscheint, die Gebühren ermäßigen oder von ihrer Erhebung ganz oder teilweise absehen. Aus denselben Gründen kann von der Erhebung von Auslagen, mit Ausnahme der in § 42 Absatz 2 genannten, abgesehen werden.
(2) Den Ausfall der Dokumentenpauschale nach § 42 Absatz 1 Nummer 1 trägt die Schiedsstelle, während notwendige Auslagen nach § 42 Absatz 1 Nummer 2 von der Gebietskörperschaft, die die Schiedsstelle betreibt, oder in den Fällen des § 47 Absatz 3 vom Amt als Sachkosten der Schiedsstelle zu tragen sind.
§ 44
Einwendungen gegen den Kostenansatz
Über Einwendungen der kostenpflichtigen Person gegen die Kostenrechnung oder gegen Maßnahmen nach § 39 Absatz 2 und 4 entscheidet das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Schiedsstelle ihren Sitz hat, durch richterlichen Beschluss. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar. Kosten werden nicht erhoben. Auslagen der Parteien werden nicht erstattet.
§ 45
Aufteilung und Abrechnung über die Kosten, Aufwandsentschädigung
(1) Die Gebühren stehen zu gleichen Teilen der Schiedsstelle und der Gebietskörperschaft, die die Schiedsstelle betreibt, zu. In den Fällen des § 47 Absatz 3 steht der hälftige Anteil dem Amt zu.
(2) Die nach § 42 Absatz 1 erhobenen Auslagen erhält die Schiedsstelle.
(3) Die Schiedsperson hat über die erhobenen Gebühren und Auslagen mindestens einmal jährlich gegenüber der Gebietskörperschaft, die die Schiedsstelle betreibt, oder in den Fällen des § 47 Absatz 3 gegenüber dem Amt abzurechnen.
(4) Die Gemeinde, die Verbandsgemeinde oder in den Fällen des § 47 Absatz 3 das Amt können durch Satzung bestimmen, dass der Schiedsperson eine pauschale Aufwandsentschädigung gewährt wird.
Unterabschnitt 2 Verfahren vor anerkannten Gütestellen
§ 46
Bestimmung der Kosten
Die Kosten für das Güteverfahren bestimmen sich nach der Verfahrensordnung (§ 61) der jeweiligen anerkannten Gütestelle.
Abschnitt 5
Schiedsstellen
§ 47
Einrichtung von Schiedsstellen
(1) Zur Durchführung von Schlichtungsverfahren nach diesem Gesetz richtet jede Gemeinde eine oder mehrere Schiedsstellen ein und unterhält sie. Sind mehrere Schiedsstellen errichtet, bestimmt die Gemeinde deren Zuständigkeitsbereiche. Der Bereich einer Schiedsstelle soll in der Regel nicht mehr als 10 000 Einwohnerinnen und Einwohner umfassen.
(2) Haben sich mehrere Gemeinden zu einer Verbandsgemeinde zusammengeschlossen, obliegt der Verbandsgemeinde die Einrichtung und Unterhaltung von Schiedsstellen. Für mehrere Ortsgemeinden kann die Verbandsgemeinde eine oder mehrere gemeinsame Schiedsstellen errichten. Sind mehrere Schiedsstellen errichtet, bestimmt die Verbandsgemeinde die Einteilung der Schiedsstellenbereiche. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Das Amt richtet Schiedsstellen für amtsangehörige Gemeinden ein und unterhält sie, wenn dem Amt diese Aufgabe nach § 135 Absatz 5 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg übertragen worden ist. Für mehrere amtsangehörige Gemeinden kann das Amt eine oder mehrere gemeinsame Schiedsstellen errichten. Sind mehrere Schiedsstellen errichtet, obliegt dem Amtsausschuss die Einteilung der Schiedsstellenbereiche. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(4) Bei der Errichtung gemeinsamer Schiedsstellen darf sich der Zuständigkeitsbereich einer Schiedsstelle nicht über einen Amtsgerichtsbezirk hinaus erstrecken.
(5) Die Schiedsstelle führt in ihrer Bezeichnung einen Zusatz, der auf die Gemeinde, die Verbandsgemeinde oder auf den Schiedsstellenbereich hinweist.
(6) Die Gemeinden und die Verbandsgemeinden erfüllen die ihnen nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben als pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben.
§ 48
Besetzung der Schiedsstelle, Stellvertretung
(1) Die Aufgaben der Schiedsstelle werden von Schiedspersonen wahrgenommen. Sie sind ehrenamtlich tätig.
(2) Für jede Schiedsperson wird eine stellvertretende Schiedsperson bestellt. Bei mehreren Schiedsstellen in der Gemeinde kann diese die Vertretung so regeln, dass die Vertretung gegenseitig erfolgt. Schiedsperson im Sinne dieses Gesetzes ist auch die stellvertretende Schiedsperson.
(3) Ist auch die stellvertretende Schiedsperson vorübergehend oder dauernd verhindert, das Amt auszuüben, so kann die Leitung des Amtsgerichts eine Schiedsperson oder eine stellvertretende Schiedsperson einer anderen Schiedsstelle innerhalb des Amtsgerichtsbezirks beauftragen, das Amt einstweilen wahrzunehmen.
(4) Absatz 3 gilt entsprechend, wenn eine Schiedsstelle vorübergehend unbesetzt ist.
§ 49
Eignung für das Schiedsamt
(1) Die Schiedsperson muss nach ihrer Persönlichkeit und ihren Fähigkeiten für das Amt geeignet sein.
(2) Schiedsperson kann nicht sein, wer
infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt oder
sich im Vermögensverfall befindet; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schiedsperson eröffnet oder sie in das vom zentralen Vollstreckungsgericht zu führende Schuldnerverzeichnis nach § 882b der Zivilprozessordnung eingetragen ist.
(3) In das Amt soll nicht berufen werden,
wer nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat,
wer nicht im Bereich der Schiedsstelle wohnt.
§ 50
Wahl der Schiedsperson, Amtsdauer
(1) Die Schiedsperson wird von der Gemeindevertretung der jeweiligen Gebietskörperschaft, in den Fällen des § 47 Absatz 3 vom Amtsausschuss gewählt.
(2) Die Schiedsperson wird auf fünf Jahre gewählt. Bis zu ihrem Amtsantritt bleibt die bisherige Schiedsperson tätig.
(3) Das Amt der Schiedsperson endet vorzeitig, wenn die Schiedsstelle aufgelöst wird.
§ 51
Bestätigung der Wahl
(1) Die gewählte Schiedsperson bedarf der Bestätigung durch die Leitung des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die Schiedsstelle ihren Sitz hat.
(2) Die Leitung des Amtsgerichts prüft, ob bei der Wahl der Schiedsperson die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 49 beachtet worden sind.
(3) Die Bestätigung oder die Versagung der Bestätigung ist der gewählten Schiedsperson sowie der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister der jeweiligen Gebietskörperschaft schriftlich oder elektronisch mitzuteilen. In den Fällen des § 47 Absatz 3 ergeht die Mitteilung an die Amtsdirektorin oder den Amtsdirektor. Die Entscheidung, durch die die Bestätigung einer Schiedsperson versagt wird, ist zu begründen.
§ 52
Verpflichtung der Schiedsperson
Die Schiedsperson wird von der Leitung des Amtsgerichts in ihr Amt berufen und verpflichtet, ihre Aufgaben gewissenhaft und unparteiisch zu erfüllen.
§ 53
Ablehnung und Niederlegung des Amtes
(1) Die Berufung zur Schiedsperson kann ablehnen, wer
das 60. Lebensjahr vollendet hat,
aus gesundheitlichen Gründen auf voraussichtlich längere Zeit gehindert ist, das Amt auszuüben,
aus beruflichen Gründen häufig oder langandauernd von seinem Wohnort abwesend ist oder
aus sonstigen wichtigen Gründen das Amt nicht ausüben kann.
(2) Absatz 1 Nummer 2 bis 4 gilt entsprechend für die Niederlegung des Amtes.
(3) Über die Befugnis zur Ablehnung oder Niederlegung des Amtes entscheidet die Leitung des Amtsgerichts.
§ 54
Amtsenthebung
(1) Die Schiedsperson ist ihres Amtes zu entheben, wenn die Voraussetzungen für ihre Wahl nach § 49 Absatz 1 oder Absatz 2 nicht mehr vorliegen oder nachträglich Umstände im Sinne des § 49 Absatz 1 oder Absatz 2 bekannt werden, die ihrer Wahl entgegengestanden hätten. Sie kann ferner aus wichtigem Grund ihres Amtes enthoben werden. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn die Schiedsperson
ihre Pflichten gröblich verletzt hat,
sich als unwürdig erwiesen hat, das Schiedsamt auszuüben, oder
ihr Amt nicht mehr ordnungsgemäß ausüben kann.
(2) Über die Amtsenthebung entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf Antrag der Leitung des Amtsgerichts. Vor der Entscheidung sind die Schiedsperson und die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister der jeweiligen Gebietskörperschaft oder in den Fällen des § 47 Absatz 3 die Amtsdirektorin oder der Amtsdirektor zu hören.
§ 55
Aufsicht
(1) Die Tätigkeit der Schiedsperson im Schlichtungsverfahren wird von den Behörden der Justizverwaltung, insbesondere hinsichtlich ihrer fach- und zeitgerechten Durchführung, beaufsichtigt. Die Aufsichtsbehörden treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die Schiedsperson zu ordnungsgemäßer Führung ihrer Amtstätigkeit anzuhalten. Sie können Weisungen erteilen. Sie bearbeiten Beschwerden über die Schiedsperson.
(2) Die Schiedsperson untersteht unmittelbar der Aufsicht der Leitung des Amtsgerichts, soweit es ihre Tätigkeit im Rechtspflegebereich betrifft.
§ 56
Geschäftsunterlagen der Schiedsstelle
Die Schiedsperson führt für die Schiedsstelle ein Protokollbuch und ein Kassenbuch sowie eine Sammlung der Kostenrechnungen, die spätestens mit Ablauf der Wahlperiode der Schiedsperson abzuschließen sind. Abgeschlossene Bücher und die abgeschlossene Sammlung der Kostenrechnungen hat sie unverzüglich bei der Leitung des Amtsgerichts einzureichen.
§ 57
Verschwiegenheitspflicht
(1) Die Schiedsperson hat, auch nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit, über ihre Verhandlungen und die Verhältnisse der Parteien, soweit sie ihr amtlich bekannt geworden sind, Verschwiegenheit zu wahren, soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes geregelt ist.
(2) Die Verschwiegenheitspflicht gilt nicht, soweit es sich um Tatsachen handelt, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.
(3) Über Angelegenheiten, über die Verschwiegenheit zu wahren ist, darf die Schiedsperson nur mit Genehmigung der Leitung des Amtsgerichts aussagen.
(4) Die Genehmigung soll erteilt werden, wenn die Parteien zustimmen. Im Übrigen ist § 37 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5 des Beamtenstatusgesetzes entsprechend anzuwenden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Vertrauen in die Schiedsperson und ihre Tätigkeit ernstlich gefährdet werden kann, wenn sie über Angelegenheiten aussagt, die ihrer Verschwiegenheitspflicht unterliegen.
§ 58
Sachkosten, Haftung
(1) Die Sachkosten der Schiedsstelle trägt die Gebietskörperschaft, die die Schiedsstelle betreibt, in den Fällen des § 47 Absatz 3 das Amt.
(2) Zu den Sachkosten gehört auch der Ersatz von Sachschäden der Schiedsperson, die durch einen Unfall bei Ausübung ihres Amtes eingetreten sind, soweit die Schiedsperson diesen nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat und von Dritten keinen Ersatz verlangen kann.
(3) Für Amtspflichtverletzungen der Schiedsperson im Rahmen des Schlichtungsverfahrens haftet das Land.
Abschnitt 6
Anerkannte Gütestellen
Unterabschnitt 1 Anerkennung als Gütestelle
§ 59
Antrag
Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können Personen, rechtsfähige Personenvereinigungen oder deren Einrichtungen als Gütestelle im Sinne des § 794 Absatz 1 Nummer 1 der Zivilprozessordnung anerkannt werden, wenn sie die Voraussetzungen der §§ 60 bis 62 erfüllen. Die zur Prüfung dieser Voraussetzungen erforderlichen Unterlagen und Nachweise sind beizufügen.
§ 60
Anerkennungsvoraussetzungen
(1) Natürliche Personen können als Gütestelle anerkannt werden, wenn sie nach ihrer Persönlichkeit und ihren Fähigkeiten für die Tätigkeit geeignet sind und die Gewähr für eine von den Parteien unabhängige und objektive Streitbeilegung bieten. Die erforderlichen Fähigkeiten besitzt, wer theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen im Bereich der einvernehmlichen Streitbeilegung nachweist. Natürliche Personen müssen sich verpflichten, außergerichtliche Streitbeilegung als dauerhafte Aufgabe zu betreiben.
(2) Die erforderliche Eignung besitzt insbesondere nicht, wer
infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt oder
sich im Vermögensverfall befindet; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der antragstellenden Person eröffnet oder sie in das vom zentralen Vollstreckungsgericht zu führende Schuldnerverzeichnis nach § 882b der Zivilprozessordnung eingetragen ist.
(3) Juristische Personen, rechtsfähige Personenvereinigungen oder deren Einrichtungen können als Gütestelle anerkannt werden, wenn hinsichtlich der von ihnen zur Durchführung des Güteverfahrens bestellten natürlichen Person (Güteperson) die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 und 2 vorliegen und keine Hindernisse nach Absatz 2 gegeben sind. Die in Satz 1 genannten Stellen müssen sich verpflichten, außergerichtliche Streitbeilegung als dauerhafte Aufgabe zu betreiben, und gewährleisten, dass die Güteperson ihre Tätigkeit unabhängig und ohne Bindung an Weisungen ausübt.
(4) Die Gütestelle muss ihren Sitz im Land Brandenburg haben.
§ 61
Verfahrensordnung
(1) Die Gütestelle gibt sich eine Verfahrensordnung, auf deren Grundlage das Güteverfahren unter Beachtung der Grundsätze eines fairen Verfahrens durchzuführen ist. Diese muss den Parteien des Güteverfahrens jederzeit zugänglich sein.
(2) Die Verfahrensordnung muss vorsehen, dass
die Tätigkeit als anerkannte Gütestelle nicht ausgeübt wird, wenn ein in § 13 genannter Ausschlussgrund in der als Gütestelle anerkannten natürlichen Person oder in der Güteperson vorliegt und
die am Güteverfahren beteiligten Parteien die Gelegenheit erhalten, selbst oder durch von ihnen beauftragte Personen Tatsachen und Rechtsansichten vorzubringen und sich zu dem Vorbringen der jeweils anderen Partei zu äußern.
(3) Die Verfahrensordnung muss ferner die von der Gütestelle erhobene Vergütung (Gebühren und Auslagen) bezeichnen. Die Vergütung für die Durchführung eines Güteverfahrens in Streitigkeiten der obligatorischen außergerichtlichen Streitbeilegung im Sinne der §§ 4 und 5 darf einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer einen Betrag von 250 Euro nicht übersteigen.
§ 62
Haftpflichtversicherung
(1) Soweit die Gütestelle nicht von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts getragen wird, muss eine Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden bestehen und die Versicherung während der Dauer der Anerkennung als Gütestelle aufrechterhalten bleiben. Die Versicherung muss bei einem im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen zu den nach Maßgabe des Versicherungsaufsichtsgesetzes eingereichten Allgemeinen Versicherungsbedingungen aufgenommen werden und sich auch auf solche Vermögensschäden erstrecken, für die die Gütestelle nach § 278 oder § 831 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einzustehen hat.
(2) Der Versicherungsvertrag hat Versicherungsschutz für jede einzelne Pflichtverletzung zu gewähren, die gesetzliche Haftpflichtansprüche privatrechtlichen Inhalts gegen die Gütestelle zur Folge haben könnte. Dabei kann vereinbart werden, dass sämtliche Pflichtverletzungen bei Erledigung eines einheitlichen Auftrags, mögen diese auf dem Verhalten der Gütestelle oder einer von ihr herangezogenen Hilfsperson beruhen, als ein Versicherungsfall gelten.
(3) Die Mindestversicherungssumme beträgt 250 000 Euro für jeden Versicherungsfall. Die Leistungen des Versicherers für alle innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten Schäden können auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme begrenzt werden.
(4) Die Vereinbarung eines Selbstbehaltes bis zu 1 Prozent der Mindestversicherungssumme ist zulässig.
(5) Im Versicherungsvertrag ist der Versicherer zu verpflichten, der nach § 64 Absatz 1 zuständigen Behörde den Beginn und die Kündigung oder sonstige Beendigung des Versicherungsvertrages sowie jede Änderung des Versicherungsvertrages, die den vorgeschriebenen Versicherungsschutz beeinträchtigt, unverzüglich mitzuteilen.
(6) Zuständige Stelle im Sinne des § 117 Absatz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes ist die nach § 64 Absatz 1 zuständige Behörde.
§ 63
Erlöschen, Rücknahme und Widerruf der Anerkennung
(1) Die Anerkennung erlischt, wenn
die als Gütestelle anerkannte natürliche Person stirbt oder
die als Gütestelle anerkannte juristische Person oder rechtsfähige Personenvereinigung oder deren Einrichtung aufgelöst wird.
(2) Die Anerkennung als Gütestelle ist mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, wenn Tatsachen nachträglich bekannt werden, bei deren Kenntnis die Anerkennung hätte versagt werden müssen. Von der Rücknahme der Anerkennung kann abgesehen werden, wenn die Gründe, aus denen die Anerkennung hätte versagt werden müssen, nicht mehr bestehen.
(3) Die Anerkennung ist mit Wirkung für die Zukunft zu widerrufen, wenn
die natürliche oder juristische Person, die rechtsfähige Personenvereinigung oder deren Einrichtung nicht mehr die Anerkennungsvoraussetzungen des § 60 erfüllt,
die Verfahrensordnung nicht mehr den Anforderungen des § 61 entspricht,
die erforderliche Haftpflichtversicherung nach § 62 nicht mehr besteht,
die Gütestelle wiederholt und beharrlich ihre Pflichten nicht erfüllt oder
die Gütestelle auf die Rechte aus ihrer Anerkennung gegenüber der nach § 64 Absatz 1 zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch verzichtet hat.
§ 64
Zuständigkeit, Gebühren und Verzeichnis der anerkannten Gütestellen
(1) Zuständige Behörde für die Anerkennung als Gütestelle sowie für die Rücknahme und den Widerruf der Anerkennung ist die Präsidentin oder der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts. Sie übt die Aufsicht über die anerkannten Gütestellen aus.
(2) Die nach Absatz 1 zuständige Behörde entscheidet auch über die Ermächtigung nach § 797a Absatz 4 Satz 1 der Zivilprozessordnung. Die Ermächtigung soll nur einer Notarin oder einem Notar erteilt werden.
(3) Für die Anerkennung als Gütestelle wird eine Gebühr in Höhe von 125 Euro erhoben. Wird der Antrag auf Anerkennung abgelehnt oder zurückgenommen, beträgt die Gebühr 60 Euro.
(4) Die nach Absatz 1 zuständige Behörde ist befugt, ein Verzeichnis über die im Land Brandenburg anerkannten Gütestellen zu führen, um der an einer außergerichtlichen Streitbeilegung interessierten Öffentlichkeit das Auffinden und die Kontaktaufnahme zu anerkannten Gütestellen zu erleichtern. Zu diesem Zweck dürfen der Familienname und Vorname der anerkannten natürlichen Person oder die Bezeichnung der anerkannten juristischen Person, rechtsfähigen Personenvereinigung oder deren Einrichtung sowie der Familienname und Vorname der von ihr bestellten Güteperson, ihre Anschrift oder ihr Sitz, ihre Telefon- und Faxnummer, ihre Internetadresse und ihre Adresse zum Empfang elektronischer Dokumente verarbeitet werden. Das Verzeichnis darf im Internet veröffentlicht werden.
Unterabschnitt 2 Pflichten der anerkannten Gütestelle
§ 65
Aktenführung
(1) Die Gütestelle hat durch die Führung von Akten sicherzustellen, dass sie jederzeit den Nachweis über die Verfahrenshandlungen der Parteien und die von ihr ausgeübte Tätigkeit erbringen kann. In diesen Akten müssen insbesondere enthalten sein:
die Familiennamen, Vornamen und Anschriften der Parteien, der gesetzlichen Vertretung und der Bevollmächtigten,
der Inhalt des Güteantrags,
der Zeitpunkt des Eingangs des Güteantrags bei der Gütestelle, der Veranlassung seiner Bekanntgabe, weiterer Verfahrenshandlungen der Parteien und der Gütestelle sowie der Beendigung des Güteverfahrens,
im Falle des Abschlusses eines Vergleiches zwischen den Parteien dessen genauer Wortlaut und
die von der Gütestelle erhobene Vergütung.
(2) Ein Vergleich ist von der als Gütestelle anerkannten natürlichen Person oder von der Güteperson zu unterschreiben. Er ist den Beteiligten vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen und von ihnen durch Unterschrift zu genehmigen.
(3) Die Gütestelle hat die Akten für die Dauer von fünf Jahren nach Beendigung des Verfahrens aufzubewahren. Wurde ein Vergleich geschlossen, beträgt die Aufbewahrungsfrist 30 Jahre. Im Fall des Erlöschens, der Rücknahme oder des Widerrufs der Anerkennung hat die Gütestelle die aufzubewahrenden Unterlagen unverzüglich der nach § 64 Absatz 1 zuständigen Behörde zur Verwahrung zu übergeben. Für die Aufbewahrung durch diese Behörde sind die Sätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden.
(4) Innerhalb des in Absatz 3 genannten Zeitraums können die Parteien oder deren Rechtsnachfolger von der Gütestelle oder im Fall des Absatzes 3 Satz 3 von der zuständigen Behörde gegen Erstattung der hierdurch entstehenden Kosten Ablichtungen aus den Akten und Ausfertigungen geschlossener Vergleiche verlangen.
(5) Auf Anforderung des nach § 797a Absatz 1 der Zivilprozessordnung zuständigen Gerichts hat die Gütestelle oder im Fall des Absatzes 3 Satz 3 die zuständige Behörde die Urschrift des Vergleichs zur Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung dem Gericht zu übergeben.
§ 66
Mitteilungs- und Auskunftspflichten
(1) Änderungen der für die Anerkennung nach den §§ 60 bis 62 maßgeblichen Umstände sind der nach § 64 Absatz 1 zuständigen Behörde unverzüglich mitzuteilen.
(2) Soll bei juristischen Personen, rechtsfähigen Personenvereinigungen oder deren Einrichtungen die Güteperson ausgetauscht oder eine weitere Güteperson bestellt werden, ist die vorherige Zustimmung der nach § 64 Absatz 1 zuständigen Behörde erforderlich.
(3) Auf Anforderung der nach § 64 Absatz 1 zuständigen Behörde hat die Gütestelle Auskunft über ihre Geschäftsführung und die für die Anerkennung nach den §§ 60 bis 62 maßgeblichen Umstände zu erteilen sowie zur Prüfung erforderliche Unterlagen, Nachweise und Akten vorzulegen.
§ 67
Verschwiegenheitspflicht
Die als Gütestelle anerkannte natürliche Person, die Güteperson und die sonstigen für die Gütestelle tätigen Personen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes geregelt ist. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihnen im Rahmen des Güteverfahrens anvertraut oder sonst bekannt geworden ist. § 4 Satz 3 des Mediationsgesetzes gilt entsprechend.
Unterabschnitt 3 Anfechtung von Entscheidungen
§ 68
Zuständigkeit und Verfahren
Über die Rechtmäßigkeit von Anordnungen, Verfügungen oder sonstigen Maßnahmen nach diesem Abschnitt entscheiden auf Antrag die ordentlichen Gerichte. Für das Verfahren gelten die §§ 23 bis 30a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz.
Abschnitt 7
Schlussvorschriften
§ 69
Einschränkung von Grundrechten
Durch § 6 Absatz 3 und 4, § 11 Absatz 1, § 15 Absatz 1, § 24 Absatz 2 und 3, §§ 26 und 27 Absatz 3, § 33 Absatz 1, § 49 Absatz 2 und 3, § 51 Absatz 3, §§ 56 und 60 Absatz 2 bis 4, § 62 Absatz 5, § 64 Absatz 4, § 65 Absatz 1 und Absatz 3 bis 5 sowie § 66 Absatz 1 und 3 werden das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nach Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes und das Grundrecht auf Datenschutz nach Artikel 11 Absatz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg eingeschränkt. Durch die §§ 60 bis 62 wird das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Artikel 49 Absatz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg eingeschränkt.
§ 70
Verwaltungsvorschriften
Das für Justiz zuständige Ministerium erlässt die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften.
§ 71
Übergangsvorschriften
(1) Für die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes bei einer Schiedsstelle oder anerkannten Gütestelle anhängigen oder bereits abgeschlossenen Verfahren sind die Bestimmungen des Schiedsstellengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2000 ( GVBl. I
S.
158, 2001 I S. 38), des Brandenburgischen Gütestellengesetzes vom 5. Oktober 2000 (GVBl. I S. 134, 135) und des Brandenburgischen Schlichtungsgesetzes vom 5. Oktober 2000 (GVBl. I S. 134), die zuletzt durch Artikel 1 bis 3 des Gesetzes vom 8. März 2018 (GVBl. I Nr.
4) geändert worden sind, weiter anzuwenden. Dies gilt auch für Vergleiche, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes vor einer Schiedsstelle oder anerkannten Gütestelle geschlossen worden sind, und für Erfolglosigkeitsbescheinigungen, die von diesen Stellen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgestellt worden sind.
(2) § 65 Absatz 3 findet auf solche Verfahren Anwendung, in denen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes vor einer anerkannten Gütestelle ein Vergleich geschlossen worden ist, wenn die nach § 6 Absatz 2 des Brandenburgischen Gütestellengesetzes vom 5. Oktober 2000 (GVBl. I S. 134, 135), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. März 2018 (GVBl. I Nr. 4) geändert worden ist, geltende Aufbewahrungsfrist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht abgelaufen ist.
(3) Für die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits gewählten Schiedspersonen und stellvertretenden Schiedspersonen bedarf es keiner erneuten Wahl. Die §§ 49, 51 und 54 sind auf diese Personen für die laufende Amtsperiode nicht anwendbar. Insoweit sind die §§ 3, 5 und 8 des Schiedsstellengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2000 (GVBl. I S. 158, 2001 I S. 38), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. März 2018 (GVBl. I Nr. 4) geändert worden ist, nebst in Bezug genommener Normen weiter anzuwenden.
(4) Die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes anerkannten Gütestellen bedürfen keiner erneuten Anerkennung. Die Vorschriften des Abschnitts 6 finden auf diese Gütestellen mit der Maßgabe Anwendung, dass die Anforderungen an die Verfahrensordnung (§ 61) und die Haftpflichtversicherung (§ 62) innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zu erfüllen sind. Für diesen Übergangszeitraum sind insoweit die §§ 4, 5, 7, 8 Absatz 3 und § 9 des Brandenburgischen Gütestellengesetzes vom 5. Oktober 2000 (GVBl. I S. 134, 135), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. März 2018 (GVBl. I Nr. 4) geändert worden ist, nebst in Bezug genommener Normen weiter anzuwenden. § 63 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 und § 66 Absatz 1 finden auf diese Gütestellen hinsichtlich der erst nach der Anerkennung geltenden zusätzlichen Voraussetzungen und Anforderungen entsprechende Anwendung.
§ 72
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig treten das Brandenburgische Schlichtungsgesetz vom 5. Oktober 2000 (GVBl. I S. 134), das Schiedsstellengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2000 (GVBl. I S. 158, 2001 I S. 38) und das Brandenburgische Gütestellengesetz vom 5. Oktober 2000 (GVBl. I S. 134, 135), die zuletzt durch Artikel 1 bis 3 des Gesetzes vom 8. März 2018 (GVBl. I Nr. 4) geändert worden sind, außer Kraft.
Potsdam, den 16. Dezember 2022
Die Präsidentin des Landtages Brandenburg
Dr. Ulrike Liedtke
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