Gesetz über den Vollzug des Jugendarrestes im Land Brandenburg (Brandenburgisches Jugendarrestvollzugsgesetz - BbgJAVollzG)
Gesetz über den Vollzug des Jugendarrestes im Land Brandenburg (Brandenburgisches Jugendarrestvollzugsgesetz - BbgJAVollzG)
vom 10. Juli 2014 ( GVBl.I/14, [Nr. 34] )
Inhaltsübersicht
Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1
Anwendungsbereich
§ 2 Ziel des
Arrestes
§ 3 Stellung
der Arrestierten, Mitwirkung
§ 4 Grundsätze
der Arrestgestaltung
§ 5 Grundsätze
der Förderung
§ 6
Zusammenarbeit
§ 7 Soziale
Hilfe
Abschnitt 2 Aufnahmeverfahren, Planung und Gestaltung des Arrestes
§ 8
Aufnahmeverfahren
§ 9
Arrestkonzeption
§ 10 Ermittlung
des Förderbedarfs, Förderplan
§ 11 Freizeit-
und Kurzarrest
§ 12
Nichtbefolgungsarrest
§ 13 Jugendarrest
neben Jugendstrafe
§ 14 Aufenthalte
außerhalb der Anstalt
Abschnitt 3 Unterbringung, Versorgung und Freizeit
§ 15
Unterbringung, Aufenthalt während der Aufschlusszeiten
§ 16 Gewahrsam an
Gegenständen
§ 17 Kleidung
§ 18 Verpflegung
und Einkauf
§ 19 Freizeit,
Sport
Abschnitt 4 Gesundheitsfürsorge
§ 20
Gesundheitsschutz und Hygiene
§ 21
Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge
Abschnitt 5 Verkehr mit Personen außerhalb der Anstalt
§ 22 Besuche,
Telefongespräche, Schriftwechsel und Pakete
Abschnitt 6 Religionsausübung
§ 23 Seelsorge,
religiöse Veranstaltungen, Weltanschauungsgemeinschaften
Abschnitt 7 Sicherheit und Ordnung
§ 24 Grundsatz
§ 25 Allgemeine
Verhaltenspflichten
§ 26
Durchsuchung, Absuchung
§ 27 Besondere
Sicherungsmaßnahmen
Abschnitt 8 Unmittelbarer Zwang
§ 28
Begriffsbestimmungen, allgemeine Voraussetzungen
§ 29 Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit
§ 30 Androhung
Abschnitt 9 Reaktionen auf Pflichtverstöße, einvernehmliche Streitbeilegung
§ 31 Reaktionen
auf Pflichtverstöße
§ 32
Einvernehmliche Streitbeilegung
Abschnitt 10 Entlassung, Nachsorge
§ 33 Einleitung
nachsorgender Maßnahmen, Entlassungsbeihilfe
§ 34
Schlussbericht, Entlassungsgespräch
§ 35 Verbleib
oder Aufnahme auf freiwilliger Grundlage
§ 36 Nachgehende
Betreuung
Abschnitt 11 Beschwerde
§ 37
Beschwerderecht
Abschnitt 12 Kriminologische Forschung
§ 38
Kriminologische Forschung, Berichtspflicht
Abschnitt 13 Aufbau und Organisation der Anstalt
§ 39 Einrichtung
und Ausstattung der Anstalt
§ 40 Festsetzung
der Belegungsfähigkeit, Einzelbelegung
§ 41 Leitung der
Anstalt und des Arrestes
§ 42 Bedienstete,
ärztliche und seelsorgerische Versorgung
§ 43 Hausordnung
Abschnitt 14 Aufsicht, Beirat
§ 44
Aufsichtsbehörde, Vollstreckungsplan, Vollzugsgemeinschaften
§ 45 Beirat
Abschnitt 15 Datenschutz
§ 46
Entsprechende Anwendung des Brandenburgischen Justizvollzugsgesetzes
Abschnitt 16 Schlussbestimmung
§ 47
Einschränkung von Grundrechten
Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1
Anwendungsbereich
Dieses Gesetz regelt den Vollzug des Jugendarrestes (Arrest) in einer
Jugendarrestanstalt (Anstalt).
§ 2
Ziel des Arrestes
Der Arrest dient dem Ziel, den Arrestierten das von ihnen begangene Unrecht und
ihre Verantwortung hierfür bewusst zu machen und ihnen Hilfen für eine
Lebensführung ohne Straftaten aufzuzeigen und zu vermitteln.
§ 3
Stellung der Arrestierten, Mitwirkung
(1)
Die Persönlichkeit der Arrestierten ist zu achten. Ihnen ist zugewandt,
verlässlich und konsequent zu begegnen. Maßnahmen sind ihnen regelmäßig zu
erläutern.
(2)
Die Arrestierten unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen
Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht
enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur
Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden
Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind. Sie müssen in einem
angemessenen Verhältnis zum Zweck der Anordnung stehen und dürfen die
Arrestierten nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.
(3)
Die Arrestierten wirken an der Erreichung des Arrestziels mit. Ihre
Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.
§ 4
Grundsätze der Arrestgestaltung
(1)
Der Arrest ist auf die Auseinandersetzung der Arrestierten mit ihren
Straftaten, deren Ursachen und deren Folgen auszurichten. Das Bewusstsein für
die den Opfern zugefügten Schäden soll geweckt werden.
(2)
Der Arrest ist auf die Förderung der Arrestierten auszurichten und wird
sozialpädagogisch ausgestaltet.
(3)
Die Maßnahmen des Arrestes werden in landesweit bestehende Hilfesysteme
eingebunden.
(4)
Schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken.
(5)
Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Arrestierten, insbesondere im
Hinblick auf Alter, Geschlecht, Herkunft, Religion, Behinderung und sexuelle
Identität werden bei der Arrestgestaltung berücksichtigt.
§ 5
Grundsätze der Förderung
(1)
Die Förderung erfolgt durch Maßnahmen und Programme zur Entwicklung und
Stärkung der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Arrestierten im Hinblick auf ein
künftiges Leben ohne Straftaten.
(2)
Die Maßnahmen und Programme sind auf die Ausgestaltung des Dauerarrestes
ausgerichtet. Ihre Durchführung kann auch Externen, insbesondere freien Trägern,
übertragen werden.
(3)
Einzel- und Gruppenmaßnahmen richten sich insbesondere auf die
Auseinandersetzung mit den Straftaten, deren Ursachen und Folgen, die
Unterstützung der schulischen und beruflichen Qualifizierung, die
verantwortliche Gestaltung des alltäglichen Zusammenlebens und der freien Zeit
sowie die Vermittlung unterstützender Außenkontakte. Hierzu hat die Anstalt
Angebote vorzuhalten.
(4)
Zur Strukturierung ihres Tages erhalten die Arrestierten einen Tagesplan,
der alle für sie vorgesehenen Maßnahmen beinhaltet.
(5)
Die Personensorgeberechtigten und die Eltern von volljährigen
Arrestierten mit deren Einverständnis sind in die Planung und Gestaltung des
Arrestes einzubeziehen, soweit dies möglich ist und dem Arrestziel nicht
zuwiderläuft.
§ 6
Zusammenarbeit
Die Anstalt arbeitet eng mit externen Einrichtungen und Organisationen sowie
Personen und Vereinen zusammen, um das Ziel des Arrestes zu erreichen und eine
Weiterführung der für erforderlich erachteten Maßnahmen nach der Entlassung
sicherzustellen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Jugendämter und die
Sozialen Dienste der Justiz sowie für freie regionale Träger.
§ 7
Soziale Hilfe
(1)
Die Arrestierten werden darin unterstützt, ihre persönlichen,
wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu beheben. Sie sollen dazu
angeregt und in die Lage versetzt werden, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln.
Die zuständige Jugendgerichtshelferin oder der zuständige Jugendgerichtshelfer
hält auch während des Dauerarrestes Kontakt zu den Arrestierten und beteiligt
sich an der Vermittlung von weiterführenden Hilfen.
(2)
Die Beratung der Arrestierten soll auch die Vermittlung des Kontaktes zu
Stellen und Einrichtungen außerhalb der Anstalt umfassen, die die Arrestierten
am Wohnort begleiten und fördern können. Mit dem Einverständnis der Arrestierten
stellt die Anstalt den Kontakt zu freien Trägern her, die sie nach der
Entlassung an ihrem Wohnort sofort unterstützen können.
Abschnitt 2 Aufnahmeverfahren, Planung und Gestaltung des Arrestes
§ 8
Aufnahmeverfahren
(1)
Mit den Arrestierten wird unverzüglich nach der Aufnahme ein
Zugangsgespräch geführt, in dem der aktuelle Hilfebedarf festgestellt wird und
sie insbesondere über ihre Rechte und Pflichten im Arrest in einer für sie
verständlichen Form unterrichtet werden. Den Arrestierten wird ein Exemplar der
Hausordnung ausgehändigt. Die wesentlichen Ergebnisse des Zugangsgesprächs
werden dokumentiert.
(2)
Während des Aufnahmeverfahrens dürfen andere Arrestierte nicht zugegen
sein.
(3)
Die Personensorgeberechtigten, das Jugendamt und im Falle einer
Bewährungsunterstellung die Bewährungshilfe werden von der Aufnahme der
Arrestierten unverzüglich benachrichtigt. Dies gilt auch für die
Vollstreckungsleiterin oder den Vollstreckungsleiter, wenn der Leiterin oder dem
Leiter der Anstalt diese Aufgabe nicht obliegt.
(4)
Die Arrestierten werden nach der Aufnahme alsbald ärztlich untersucht. Im
Freizeit- und Kurzarrest soll eine ärztliche Untersuchung nur erfolgen, wenn
Anhaltspunkte für eine Arrestuntauglichkeit der Arrestierten bestehen.
§ 9
Arrestkonzeption
Die Arrestleiterin oder der Arrestleiter (§ 41 Absatz 2) erstellt Konzeptionen
für die Durchführung der verschiedenen Arrestarten des Jugendgerichtsgesetzes
und gestaltet den Arrest entsprechend. Die Aufsichtsbehörde kann sich die
Genehmigung der Konzeptionen vorbehalten.
§ 10
Ermittlung des Förderbedarfs, Förderplan
(1)
Nach der Aufnahme führt die Arrestleiterin oder der Arrestleiter mit den
Arrestierten alsbald ein ausführliches Gespräch, in dem deren aktuelle
Lebenssituation erörtert und weiterer Hilfebedarf festgestellt wird.
Erforderlichenfalls können mit Zustimmung der Arrestierten oder der
Personensorgeberechtigten externe Fachkräfte hinzugezogen werden.
(2)
Auf Grundlage der Ergebnisse dieses Gesprächs und der Erkenntnisse aus
den Vollstreckungsunterlagen und der Jugendgerichtshilfe, wird unter
Einbeziehung der Arrestierten im Vollzug des Dauerarrestes ein Förderplan
erstellt. Er zeigt den Arrestierten die zur Erreichung des Arrestziels
erforderlichen Maßnahmen auf und enthält weitere Hilfsangebote und Empfehlungen.
Vorstellungen der Arrestierten, die dem Arrestziel entsprechen, sollen
berücksichtigt werden.
(3)
Der Förderplan und seine Fortschreibungen enthalten insbesondere folgende
Angaben:
Wesentliche Erkenntnisse der Anstalt zum Förderbedarf,
Teilnahme an Trainingsmaßnahmen zur Verbesserung der sozialen Kompetenz,
namentlich zu den Schwerpunkten Gewalt, Sucht und Schulden,
Teilnahme an Maßnahmen zur beruflichen und schulischen Förderung,
Teilnahme an Sportangeboten und Maßnahmen zur strukturierten Gestaltung
der Freizeit,
Förderung von Außenkontakten,
Aufenthalte außerhalb der Anstalt,
Vermittlung in nachsorgende und weiterführende Maßnahmen und Hilfen,
nachgehende Betreuung, Anregung von Auflagen und Weisungen,
Vermittlung einer intensiven fachlichen Einzelbetreuung,
Maßnahmen zur Erfüllung von Auflagen und zur Befolgung von Weisungen.
(4)
Der Förderplan wird wöchentlich fortgeschrieben. Hierzu führt die
Arrestleiterin oder der Arrestleiter eine Konferenz mit den in der Anstalt an
der Förderung maßgeblich Beteiligten durch. Der Förderplan wird den Arrestierten
in der Konferenz erläutert und alsbald ausgehändigt. Er wird den
Personensorgeberechtigten auf Verlangen übersandt.
§ 11
Freizeit- und Kurzarrest
Im Freizeit- und Kurzarrest sind den Arrestierten zur Erreichung des Arrestziels
in intensiven Gesprächen insbesondere ihre Straftaten und ihre gegenwärtige
Lebenssituation bewusst zu machen. Ausgehend von den Erkenntnissen des
Aufnahmegesprächs werden die Arrestierten über externe Hilfsangebote
unterrichtet. Sie erhalten Gelegenheit, an den Maßnahmen nach § 5 teilzunehmen.
§ 12
Nichtbefolgungsarrest
(1)
Für den Nichtbefolgungsarrest gilt je nach dessen Dauer § 5 oder § 11
entsprechend.
(2)
Im Nichtbefolgungsarrest sollen die Arrestierten auch dazu angehalten und
motiviert werden, die ihnen auferlegten Weisungen zu befolgen und ihre Auflagen
zu erfüllen.
§ 13
Jugendarrest neben Jugendstrafe
(1)
Die zuständige Bewährungshelferin oder der zuständige Bewährungshelfer
hält während des Arrestes Kontakt zu den Arrestierten und beteiligt sich an der
Planung und Einleitung nachsorgender Hilfen.
(2)
In den Fällen des § 16a Absatz 1 Nummer 2 des Jugendgerichtsgesetzes
gestattet die Arrestleiterin oder der Arrestleiter Kontakte der Arrestierten zu
Personen des sozialen Umfeldes nur dann, wenn schädliche Einflüsse nicht zu
befürchten sind.
(3)
In den Fällen des § 16a Absatz 1 Nummer 3 des Jugendgerichtsgesetzes
erfolgt eine auf die individuelle Problematik besonders zugeschnittene
pädagogische Einwirkung auf die Arrestierten.
§ 14
Aufenthalte außerhalb der Anstalt
(1)
Aufenthalte außerhalb der Anstalt können den Arrestierten zur Erreichung
des Arrestziels, insbesondere zur Durchführung von Maßnahmen der Förderung, zur
Teilnahme an externen Hilfs- und Beratungsangeboten sowie zur Erfüllung der
ihnen auferlegten Weisungen und Auflagen, gewährt werden, namentlich
das Verlassen der Anstalt für mehrere Stunden in Begleitung einer von der
Anstalt zugelassenen Person oder ohne Begleitung,
der Aufenthalt in Einrichtungen freier Träger.
Vor Gewährung eines Aufenthaltes außerhalb der Anstalt nach Satz 1 Nummer 2 wird
die Jugendrichterin oder der Jugendrichter gehört, die oder der die Arrestierten
verurteilt hat.
(2)
Aufenthalte außerhalb der Anstalt können auch aus wichtigem Anlass
gewährt werden. Wichtige Anlässe sind insbesondere die Teilnahme an
gerichtlichen Terminen, die medizinische Behandlung der Arrestierten sowie eine
schwere Erkrankung naher Angehöriger.
(3)
Aufenthalte außerhalb der Anstalt dürfen nicht gewährt werden, wenn zu
erwarten ist, dass die Arrestierten sich dem Arrest entziehen oder sie zu
Straftaten missbrauchen werden.
(4)
Durch Aufenthalte außerhalb der Anstalt wird die Vollstreckung des
Jugendarrestes nicht unterbrochen.
(5)
Für Aufenthalte außerhalb der Anstalt können die nach den Umständen des
Einzelfalles erforderlichen Weisungen erteilt werden.
(6)
Liegen die Aufenthalte außerhalb der Anstalt ausschließlich im Interesse
der Arrestierten, können ihnen die Kosten auferlegt werden. Sind sie nicht in
der Lage, die Kosten zu tragen, kann die Anstalt diese in begründeten Fällen in
angemessenem Umfang übernehmen.
Abschnitt 3 Unterbringung, Versorgung und Freizeit
§ 15
Unterbringung, Aufenthalt während der Aufschlusszeiten
(1)
Die Arrestierten werden in Arresträumen einzeln untergebracht.
(2)
Weibliche und männliche Arrestierte werden getrennt voneinander
untergebracht.
(3)
Während der Aufschlusszeiten halten sich die Arrestierten grundsätzlich
in Gemeinschaft auf. Der gemeinschaftliche Aufenthalt kann eingeschränkt werden,
wenn
es die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert,
ein schädlicher Einfluss auf andere Arrestierte zu befürchten ist,
es aus pädagogischen Gründen dringend geboten ist.
§ 16
Gewahrsam an Gegenständen
Die Arrestierten dürfen Gegenstände nur mit Zustimmung der Anstalt einbringen
oder in Gewahrsam haben. Die Anstalt kann die Zustimmung verweigern, wenn die
Gegenstände geeignet sind, die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder die
Erreichung des Arrestziels zu gefährden.
§ 17
Kleidung
(1)
Die Arrestierten tragen eigene Kleidung. Soweit es zur Gewährleistung der
Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerlässlich ist, kann dieses Recht
eingeschränkt werden.
(2)
Bei Bedarf stellt die Anstalt den Arrestierten Kleidung zur Verfügung.
Diese haben für die Reinigung ihrer Kleidung selbst zu sorgen. Die Einzelheiten
regelt die Arrestleiterin oder der Arrestleiter.
§ 18
Verpflegung und Einkauf
(1)
Zusammensetzung und Nährwert der Verpflegung entsprechen den
Anforderungen an eine gesunde Ernährung junger Menschen und werden ärztlich
überwacht. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Den
Arrestierten ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft
zu befolgen oder sich vegetarisch zu ernähren.
(2)
Die Arrestierten können aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot,
das auf ihre Wünsche und Bedürfnisse Rücksicht nimmt, einkaufen.
§ 19
Freizeit, Sport
(1)
Zur Ausgestaltung der Freizeit hat die Anstalt insbesondere Angebote zur
sportlichen und kulturellen Betätigung und Bildungsangebote vorzuhalten. Sie
stellt eine angemessen ausgestattete Mediathek sowie Zeitungen und Zeitschriften
zur Verfügung.
(2)
Dem Sport kommt bei der Gestaltung des Arrestes besondere Bedeutung zu.
Die Anstalt bietet täglich Maßnahmen oder andere Möglichkeiten zur sportlichen
Betätigung an. Sie fördert die Bereitschaft der Arrestierten, sich sportlich zu
betätigen.
(3)
Der Hörfunkempfang ist in den Arresträumen gestattet. Der Empfang von
Fernsehprogrammen und die Nutzung von Geräten der Informations- und
Unterhaltungselektronik sind nur in den hierfür vorgesehenen Gemeinschaftsräumen
zulässig.
Abschnitt 4 Gesundheitsfürsorge
§ 20
Gesundheitsschutz und Hygiene
(1)
Die Anstalt unterstützt die Arrestierten bei der Erhaltung ihrer
körperlichen, geistigen und seelischen Gesundheit. Sie fördert das Bewusstsein
für gesunde Ernährung und Lebensführung. Die Arrestierten haben die notwendigen
Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu befolgen.
(2)
Den Arrestierten wird ermöglicht, sich täglich mindestens eine Stunde im
Freien aufzuhalten.
(3)
Arrestierte, die nicht krankenversichert sind, haben einen Anspruch auf
notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Leistungen unter Beachtung
des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und unter Berücksichtigung des
allgemeinen Standards der gesetzlichen Krankenversicherung und der Dauer des
Arrestes.
§ 21
Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge
(1)
Zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene ist die zwangsweise körperliche
Untersuchung zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden
ist.
(2)
Die Maßnahmen dürfen nur von der Leiterin oder dem Leiter der Anstalt auf
der Grundlage einer ärztlichen Stellungnahme angeordnet werden. Durchführung und
Überwachung unterstehen ärztlicher Leitung. Unberührt bleibt die Leistung erster
Hilfe für den Fall, dass eine Ärztin oder ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar
und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist.
Abschnitt 5 Verkehr mit Personen außerhalb der Anstalt
§ 22
Besuche, Telefongespräche, Schriftwechsel und Pakete
(1)
Die Arrestierten dürfen Besuch empfangen und Telefongespräche führen,
wenn dies dem Arrestziel nicht entgegensteht und die Sicherheit oder Ordnung der
Anstalt hierdurch nicht gefährdet wird. Sie haben das Recht, Schreiben
abzusenden und zu empfangen. Besuche, Telefongespräche und Schriftwechsel werden
nicht überwacht.
(2)
Besuche von Personensorgeberechtigten sowie von Verteidigerinnen oder
Verteidigern, von Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes, von
Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälten und Notarinnen oder Notaren in einer die
Arrestierten betreffenden Rechtssache sind zu gestatten. Dies gilt auch für
Telefongespräche mit diesen Personen.
(3)
Aus Gründen der Sicherheit können Besuche davon abhängig gemacht werden,
dass sich die Besucherinnen und Besucher durchsuchen oder mit technischen
Hilfsmitteln absuchen lassen. Besuche dürfen beaufsichtigt werden. Sie dürfen
abgebrochen werden, wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet
würde. Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis übergeben werden.
(4)
Die Arrestleiterin oder der Arrestleiter kann den Arrestierten in
begründeten Ausnahmefällen gestatten, Pakete zu empfangen. Die Anstalt kann die
Annahme von Paketen, deren Einbringung nicht gestattet ist, ablehnen oder solche
Pakete an die Absenderin oder den Absender zurücksenden.
(5)
Die Arrestierten haben das Absenden und den Empfang ihrer Schreiben durch
die Anstalt vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist. Ein- und
ausgehende Schreiben werden in Anwesenheit der Arrestierten auf verbotene
Gegenstände kontrolliert und sind unverzüglich weiterzuleiten. Pakete sind in
Gegenwart der Arrestierten zu öffnen, an die sie adressiert sind.
(6)
Die Kosten der Telefongespräche und des Schriftwechsels tragen die
Arrestierten. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in
begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
Abschnitt 6 Religionsausübung
§ 23
Seelsorge, religiöse Veranstaltungen, Weltanschauungsgemeinschaften
(1)
Den Arrestierten darf religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder
einen Seelsorger nicht versagt werden. Auf ihren Wunsch ist ihnen zu helfen, mit
einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft in
Verbindung zu treten.
(2)
Die Arrestierten dürfen grundlegende religiöse Schriften sowie in
angemessenem Umfang Gegenstände des religiösen Gebrauchs besitzen. Diese dürfen
ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.
(3)
Die Arrestierten haben das Recht, an religiösen Veranstaltungen ihres
Bekenntnisses in der Anstalt teilzunehmen. Die Zulassung zu religiösen
Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft bedarf der Zustimmung der
Seelsorgerin oder des Seelsorgers der Religionsgemeinschaft.
(4)
Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die Absätze 1 bis 3
entsprechend.
Abschnitt 7 Sicherheit und Ordnung
§ 24
Grundsatz
(1)
Sicherheit und Ordnung der Anstalt bilden die Grundlage des auf die
Förderung der Arrestierten ausgerichteten Anstaltslebens und tragen dazu bei,
dass in der Anstalt ein von gegenseitiger Akzeptanz geprägtes gewaltfreies Klima
herrscht.
(2)
Auf eine einvernehmliche Streitbeilegung ist hinzuwirken. Das Bewusstsein
der Arrestierten hierfür ist zu entwickeln und zu stärken.
(3)
Die Pflichten und Beschränkungen, die den Arrestierten zur
Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt auferlegt werden, sind
so zu wählen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen
und die Arrestierten nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.
§ 25
Allgemeine Verhaltenspflichten
(1)
Die Arrestierten sind für ein sozialverträgliches Miteinander
verantwortlich. Ihr Bewusstsein hierfür ist zu wecken und zu fördern.
(2)
Die Arrestierten dürfen durch ihr Verhalten das geordnete Zusammenleben
in der Anstalt nicht stören. Sie sind verpflichtet, die Anordnungen der
Bediensteten zu befolgen.
(3)
Ihre Arresträume und die ihnen von der Anstalt überlassenen Sachen müssen
die Arrestierten selbst in Ordnung halten und schonend behandeln.
(4)
Die Arrestierten haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine
erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu
melden.
§ 26
Durchsuchung, Absuchung
(1)
Die Arrestierten, ihre Sachen und die Arresträume dürfen durchsucht und
mit technischen Mitteln abgesucht werden. Die Durchsuchung männlicher
Arrestierter darf nur von Männern, die Durchsuchung weiblicher Arrestierter nur
von Frauen vorgenommen werden. Das Schamgefühl ist zu schonen.
(2)
Nur bei Gefahr im Verzug ist es auf Anordnung der Leiterin oder des
Leiters der Anstalt im Einzelfall zulässig, eine mit einer Entkleidung
verbundene körperliche Durchsuchung Arrestierter vorzunehmen. Sie darf bei
männlichen Arrestierten nur in Gegenwart von Männern, bei weiblichen
Arrestierten nur in Gegenwart von Frauen erfolgen. Sie ist in einem
geschlossenen Raum durchzuführen. Andere Arrestierte dürfen nicht anwesend sein.
Die Anordnung ist zu begründen. Anordnung, Durchführung und Ergebnis der
Durchsuchung sind aktenkundig zu machen.
§ 27
Besondere Sicherungsmaßnahmen
(1)
Gegen Arrestierte können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden,
wenn nach ihrem Verhalten oder aufgrund ihres seelischen Zustandes in erhöhtem
Maße die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, der
Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht.
(2)
Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:
der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,
die Trennung von den anderen Arrestierten (Absonderung) für bis zu 24
Stunden.
(3)
Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet die Leiterin oder der Leiter der
Anstalt an. Erforderlichenfalls können auch andere Bedienstete diese Maßnahmen
vorläufig anordnen; die Entscheidung der Leiterin oder des Leiters der Anstalt
ist unverzüglich einzuholen.
(4)
Die Entscheidung wird den Arrestierten von der Leiterin oder dem Leiter
der Anstalt mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung schriftlich
abgefasst. Die Anordnung ist aktenkundig zu machen.
(5)
Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen nur so weit aufrechterhalten werden,
wie es ihr Zweck erfordert. Sie sind in angemessenen Abständen daraufhin zu
überprüfen, ob und in welchem Umfang sie aufrechterhalten werden müssen. Das
Ergebnis der Überprüfungen und die Durchführung der Maßnahmen einschließlich
einer Beteiligung des ärztlichen Dienstes sind aktenkundig zu machen.
(6)
Während der Absonderung sind die Arrestierten in besonderem Maße zu
betreuen.
Abschnitt 8 Unmittelbarer Zwang
§ 28
Begriffsbestimmungen, allgemeine Voraussetzungen
(1)
Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch
körperliche Gewalt.
(2)
Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf
Personen oder Sachen.
(3)
Bedienstete dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Maßnahmen des
Arrestes rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck nicht auf andere
Weise erreicht werden kann.
(4)
Gegen andere Personen als Arrestierte darf unmittelbarer Zwang angewendet
werden, wenn sie es unternehmen, Arrestierte zu befreien oder widerrechtlich in
die Anstalt einzudringen, oder wenn sie sich unbefugt darin aufhalten.
(5)
Das Recht zu unmittelbarem Zwang aufgrund anderer Regelungen bleibt
unberührt.
§ 29
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
(1)
Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren
Zwangs sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit
voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.
(2)
Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender
Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.
§ 30
Androhung
Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann
unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang
sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand
eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr
abzuwenden.
Abschnitt 9 Reaktionen auf Pflichtverstöße, einvernehmliche Streitbeilegung
§ 31
Reaktionen auf Pflichtverstöße
(1)
Verstöße der Arrestierten gegen Pflichten, die ihnen durch oder aufgrund
dieses Gesetzes auferlegt sind, sind unverzüglich im Gespräch aufzuarbeiten.
(2)
Daneben können Maßnahmen angeordnet werden, die geeignet sind, den
Arrestierten ihr Fehlverhalten bewusst zu machen. Als solche Maßnahmen kommen
namentlich die Erteilung von Weisungen und Auflagen, die Beschränkung oder der
Entzug einzelner Gegenstände für die Freizeitbeschäftigung und der Ausschluss
von gemeinsamer Freizeit oder einzelnen Freizeitveranstaltungen in Betracht.
(3)
Die Arrestleiterin oder der Arrestleiter legt fest, welche Bediensteten
befugt sind, die Gespräche zu führen und die Maßnahmen anzuordnen.
(4)
Es sollen solche Maßnahmen angeordnet werden, die mit der Verfehlung in
Zusammenhang stehen.
§ 32
Einvernehmliche Streitbeilegung
(1)
Zur Abwendung von Maßnahmen nach § 31 Absatz 2 können in geeigneten
Fällen im Wege einvernehmlicher Streitbeilegung Vereinbarungen getroffen werden.
Insbesondere kommen die Wiedergutmachung des Schadens, die Entschuldigung beim
Geschädigten, die Erbringung von Leistungen für die Gemeinschaft und das
vorübergehende Verbleiben im Arrestraum in Betracht. Die Vereinbarungen sind
aktenkundig zu machen.
(2)
Erfüllen die Arrestierten die Vereinbarung, so ist die Anordnung von
Maßnahmen nach § 31 Absatz 2 unzulässig.
Abschnitt 10 Entlassung, Nachsorge
§ 33
Einleitung nachsorgender Maßnahmen, Entlassungsbeihilfe
(1)
Die Anstalt unterstützt und berät die Arrestierten in enger
Zusammenarbeit mit dem Jugendamt sowie freien Trägern bei der Einleitung von
nachsorgenden Maßnahmen.
(2)
Die Entlassung kann am Tag des Ablaufs der Arrestzeit vorzeitig, im
Freizeitarrest auch schon am Abend zuvor, erfolgen, wenn die Arrestierten aus
schulischen oder beruflichen Gründen hierauf angewiesen sind.
(3)
Bedürftigen Arrestierten kann eine Entlassungsbeihilfe in Form eines
Reisekostenzuschusses, angemessener Kleidung oder einer sonstigen notwendigen
Unterstützung gewährt werden.
§ 34
Schlussbericht, Entlassungsgespräch
(1)
Die Leiterin oder der Leiter der Anstalt erstellt zum Ende des Arrestes
einen Schlussbericht, der insbesondere folgende regelmäßig von der
Arrestleiterin oder dem Arrestleiter vorzuschlagende Angaben enthält:
Übersicht über den Arrestverlauf, insbesondere über die durchgeführten
Maßnahmen,
Aussagen zur Persönlichkeit und zu den gegenwärtigen Lebensumständen der Arrestierten sowie zu ihrer Mitwirkung an der Erreichung des Arrestziels,
Darlegung des Förderungs- und Betreuungsbedarfs der Arrestierten sowie
Empfehlung von weiteren externen Hilfsangeboten,
Vorschläge zu Auflagen und Weisungen im Falle einer
Bewährungsunterstellung.
(2)
Im Nichtbefolgungsarrest enthält der Schlussbericht zudem Angaben über
die Befolgung von Weisungen oder die Erfüllung von Auflagen während des
Arrestes.
(3)
Die Leiterin oder der Leiter der Anstalt erläutert den Arrestierten den
Inhalt des Schlussberichts in einem Entlassungsgespräch.
(4)
Der Schlussbericht ist für die Arrest- und Strafakten bestimmt. Eine
Ausfertigung des Berichts ist der Jugendgerichtshilfe und bei unter
Bewährungsaufsicht stehenden Arrestierten der Bewährungshilfe sowie den
Arrestierten und den Personensorgeberechtigten auf deren Wunsch zuzuleiten.
(5)
Im Freizeit- und Kurzarrest wird ein Schlussbericht nur dann erstellt,
wenn dies aus besonderen Gründen erforderlich ist.
§ 35
Verbleib oder Aufnahme auf freiwilliger Grundlage
(1)
Sofern es die Belegungssituation zulässt, können die Arrestierten auf
ihren Antrag ausnahmsweise vorübergehend in der Anstalt verbleiben oder wieder
aufgenommen werden, wenn ihre Wohnsituation ungeklärt und ein Aufenthalt in der
Anstalt aus diesem Grunde gerechtfertigt ist. Der Aufenthalt soll eine Woche
nicht überschreiten.
(2)
Die Unterbringung erfolgt auf vertraglicher Basis. Gegen die in der
Anstalt untergebrachten Entlassenen dürfen Maßnahmen des Arrestes nicht mit
unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden.
(3)
Bei Störung des Anstaltsbetriebes durch die Entlassenen oder aus
organisatorischen Gründen kann die Unterbringung jederzeit beendet werden.
(4)
Erforderlichenfalls unterrichtet die Anstalt das Jugendamt unverzüglich
über die Notwendigkeit der Unterbringung der Arrestierten in einem Heim der
Jugendhilfe.
§ 36
Nachgehende Betreuung
Mit Zustimmung der Leiterin oder des Leiters der Anstalt können Bedienstete in
besonders gelagerten Ausnahmefällen an der nachgehenden Betreuung entlassener
Arrestierter mit deren Einverständnis mitwirken. Die nachgehende Betreuung kann
auch außerhalb der Anstalt erfolgen. In der Regel ist sie auf den ersten Monat
nach der Entlassung begrenzt.
Abschnitt 11 Beschwerde
§ 37
Beschwerderecht
(1)
Die Arrestierten erhalten Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und
Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen oder von gemeinsamem
Interesse sind, an die Leiterin oder den Leiter der Anstalt zu wenden.
(2)
Besichtigen Vertreterinnen oder Vertreter der Aufsichtsbehörde (§ 44
Absatz 1) die Anstalt, so ist zu gewährleisten, dass die Arrestierten sich in
Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an diese wenden können.
(3)
Die Möglichkeiten der Dienstaufsichtsbeschwerde und des gerichtlichen
Rechtsschutzes bleiben unberührt.
Abschnitt 12 Kriminologische Forschung
§ 38
Kriminologische Forschung, Berichtspflicht
(1)
Programme zur Förderung der Arrestierten sind auf der Grundlage
wissenschaftlicher Erkenntnisse zu konzipieren, zu standardisieren und auf ihre
Wirksamkeit hin zu überprüfen.
(2)
Der Arrest, insbesondere seine Gestaltung sowie die Programme und deren
Wirkungen auf die Erreichung des Arrestziels, soll regelmäßig von dem
Kriminologischen Dienst, von einer Hochschule oder von einer anderen Stelle
wissenschaftlich begleitet werden.
(3)
Die Berichte an den Rechtsausschuss des Landtages nach § 106 Absatz 3 des
Brandenburgischen Justizvollzugsgesetzes haben auch die mit diesem Gesetz
gemachten Erfahrungen einzubeziehen.
Abschnitt 13 Aufbau und Organisation der Anstalt
§ 39
Einrichtung und Ausstattung der Anstalt
(1)
Der Jugendarrest wird in einer selbstständigen Anstalt der
Justizverwaltung vollzogen.
(2)
Die Gestaltung der Anstalt muss sozialpädagogischen Erfordernissen
entsprechen und soziale Gruppenmaßnahmen ermöglichen.
(3)
Es sind bedarfsgerechte Einrichtungen für pädagogische Gruppen- und
Einzelmaßnahmen vorzusehen. Gleiches gilt für Besuche, Freizeit, Sport und
Seelsorge.
(4)
Arrest-, Funktions-, Gemeinschafts- und Besuchsräume sind wohnlich und
zweckentsprechend auszustatten.
§ 40
Festsetzung der Belegungsfähigkeit, Einzelbelegung
(1)
Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit der Anstalt so fest,
dass eine angemessene Unterbringung der Arrestierten gewährleistet ist. § 39
Absatz 3 ist zu berücksichtigen.
(2)
Arresträume dürfen nur mit einer oder einem Arrestierten belegt werden.
§ 41
Leitung der Anstalt und des Arrestes
(1)
Die Leiterin oder der Leiter der Anstalt trägt die Verantwortung für den
gesamten Arrest, soweit sich nicht aus Absatz 2 Abweichendes ergibt, und
vertritt die Anstalt nach außen. Sie oder er kann einzelne Aufgabenbereiche und
Befugnisse auf andere Bedienstete übertragen. Die Aufsichtsbehörde kann sich die
Zustimmung zur Übertragung vorbehalten.
(2)
Die Arrestleiterin oder der Arrestleiter trägt die Verantwortung für die
sozialpädagogische Ausgestaltung und Organisation des Arrestes, leitet die
Bediensteten fachlich an und vertritt die Leiterin oder den Leiter der Anstalt.
(3)
Die Aufsichtsbehörde überträgt die Leitung der Anstalt der
Jugendrichterin oder dem Jugendrichter am Ort. Ist dort eine Jugendrichterin
oder ein Jugendrichter nicht oder sind dort mehrere Jugendrichterinnen oder
Jugendrichter tätig, bestimmt die Aufsichtsbehörde eine Jugendrichterin oder
einen Jugendrichter zur Leiterin oder zum Leiter der Anstalt.
(4)
Die Aufsichtsbehörde kann in begründeten Ausnahmefällen abweichend von
Absatz 3 eine Beamtin oder einen Beamten des höheren Dienstes zur Leiterin oder
zum Leiter der Anstalt bestellen. In diesem Fall bleibt die Regelung des § 85
Absatz 1 des Jugendgerichtsgesetzes unberührt mit der Maßgabe, dass für die
Abgabe der Vollstreckung an die Stelle der oder des als Vollzugsleiterin oder
Vollzugsleiter zuständigen Jugendrichterin oder Jugendrichters die oder der am
Ort des Vollzuges nach der Geschäftsverteilung des betreffenden Amtsgerichts
zuständige Jugendrichterin oder Jugendrichter tritt.
§ 42
Bedienstete, ärztliche und seelsorgerische Versorgung
(1)
Die Anstalt wird mit dem für die Erreichung des Arrestziels und für die
Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Personal ausgestattet. Die Bediensteten
müssen für die pädagogische Gestaltung des Arrestes geeignet und qualifiziert
sein.
(2)
Fortbildung sowie Praxisberatung und -begleitung werden regelmäßig
durchgeführt.
(3)
Die ärztliche Versorgung und die seelsorgerische Betreuung der
Arrestierten sind sicherzustellen.
§ 43
Hausordnung
Die Leiterin oder der Leiter der Anstalt erlässt auf Vorschlag der
Arrestleiterin oder des Arrestleiters zur Gestaltung und Organisation des
Arrestalltags auf der Grundlage dieses Gesetzes eine Hausordnung. Die
Aufsichtsbehörde kann sich die Genehmigung vorbehalten.
Abschnitt 14 Aufsicht, Beirat
§ 44
Aufsichtsbehörde, Vollstreckungsplan, Vollzugsgemeinschaften
(1)
Das für den Justizvollzug zuständige Mitglied der Landesregierung führt
die Aufsicht über die Anstalt (Aufsichtsbehörde).
(2)
An der Aufsicht über die Gesundheitsfürsorge sowie die Förderung der
Arrestierten sind medizinische, pädagogische und sozialpädagogische Fachkräfte
zu beteiligen.
(3)
Die Aufsichtsbehörde regelt die örtliche und sachliche Zuständigkeit der
Anstalt in einem Vollstreckungsplan.
(4)
Im Rahmen von Vollzugsgemeinschaften kann der Arrest auch in
selbstständigen Anstalten der Justizverwaltungen anderer Länder vorgesehen
werden.
§ 45
Beirat
(1)
Bei der Anstalt ist ein Beirat zu bilden. Auf eine ausgewogene Besetzung
mit Frauen und Männern wird hingewirkt. Bedienstete dürfen nicht Mitglieder des
Beirats sein.
(2)
Die Mitglieder des Beirats wirken beratend bei der Gestaltung des
Arrestes und der Vermittlung der Arrestierten in nachsorgende Maßnahmen mit. Sie
fördern das Verständnis für den Arrest und seine gesellschaftliche Akzeptanz und
vermitteln Kontakte zu öffentlichen und privaten Einrichtungen.
(3)
Der Beirat steht der Leiterin oder dem Leiter der Anstalt, den
Bediensteten und den Arrestierten als Ansprechpartner zur Verfügung.
(4)
Die Mitglieder des Beirats können sich über die Unterbringung der
Arrestierten und die Gestaltung des Arrestes sowie die Arbeitsbedingungen der
Bediensteten unterrichten und die Anstalt besichtigen. Sie können die
Arrestierten in ihren Räumen aufsuchen.
(5)
Die Mitglieder des Beirats sind verpflichtet, außerhalb ihres Amtes über
alle Angelegenheiten, die ihrer Natur nach vertraulich sind, besonders über
Namen und Persönlichkeit der Arrestierten, Verschwiegenheit zu bewahren. Dies
gilt auch nach Beendigung ihres Amtes.
Abschnitt 15 Datenschutz
§ 46
Entsprechende Anwendung des Brandenburgischen Justizvollzugsgesetzes
Die §§ 121 bis 125, 126 Absatz 2 Satz 1 bis 4, §§ 127, 128, 129 Absatz 5,
§§ 131, 132 Absatz 1, §§ 133 bis 137, 138 Absatz 2, §§ 139 und 140 des
Brandenburgischen Justizvollzugsgesetzes gelten mit folgenden Maßgaben
entsprechend:
Der Zweck der Förderung der Arrestierten steht den vollzuglichen Zwecken
des § 122 Absatz 2 des Brandenburgischen Justizvollzugsgesetzes gleich.
Abweichend von § 126 Absatz 2 Satz 1 des Brandenburgischen
Justizvollzugsgesetzes ist eine Videoüberwachung auf das Anstaltsgelände, die
Außenbereiche des Anstaltsgebäudes und den Eingangsbereich der Anstalt
beschränkt.
Eine Datenübermittlung im Sinne des § 128 Absatz 1 des Brandenburgischen
Justizvollzugsgesetzes ist auch zulässig an Justizvollzugsanstalten für die
Durchführung eines Diagnoseverfahrens gemäß § 13 des Brandenburgischen
Justizvollzugsgesetzes.
Justizvollzugsanstalten stehen den Anstalten des § 131 Absatz 1 Nummer 1
des Brandenburgischen Justizvollzugsgesetzes gleich.
Abschnitt 16 Schlussbestimmung
§ 47
Einschränkung von Grundrechten
Durch dieses Gesetz werden die Rechte auf körperliche Unversehrtheit und
Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes, Artikel 8 Absatz 1
und Artikel 9 Absatz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg), auf
Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10
Absatz 1 des Grundgesetzes, Artikel 16 Absatz 1 der Verfassung des Landes
Brandenburg) und auf Datenschutz (Artikel 11 der Verfassung des Landes
Brandenburg) eingeschränkt.
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