Gesetz über die Rechte der Sorben im Freistaat Sachsen (Sächsisches Sorbengesetz – SächsSorbG)
Gesetz
über die Rechte der Sorben im Freistaat Sachsen
(Sächsisches Sorbengesetz – SächsSorbG)
Vom 31. März 1999
Rechtsbereinigt mit Stand vom 1. Januar 2023
Der Sächsische Landtag hat am 20. Januar 1999 das folgende Gesetz beschlossen:
Präambel
In Anerkennung des Willens des sorbischen Volkes, das in der Nieder- und Oberlausitz seine angestammte Heimat hat und seine Sprache und Kultur bis in die heutige Zeit bewahrt hat, seine Identität auch in Zukunft zu erhalten,
unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Sorben außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland keinen Mutterstaat haben, der sich ihnen verpflichtet fühlt und Sorge für den Schutz und die Bewahrung ihrer Sprache, Kultur und Überlieferung trägt,
im Bewußtsein, daß der Schutz, die Pflege und Entwicklung der sorbischen Werte sowie die Erhaltung und Stärkung des sorbisch-deutschen Charakters der Lausitz im Interesse des Freistaates Sachsen liegen,
in Erkenntnis, daß das Recht auf die nationale und ethnische Identität sowie die Gewährung der Gesamtheit der Volksgruppen- und Minderheitenrechte keine Gabe und kein Privileg, sondern Teil der universellen Menschen- und Freiheitsrechte sind,
in Erfüllung der von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierten internationalen Übereinkommen zum Schutz und zur Förderung nationaler Minderheiten und Volksgruppen,
unter Berufung auf Artikel 3 des
Grundgesetzes
, Artikel 35 des
Einigungsvertrages
, ergänzt um die Protokollnotiz Nummer 14, und die
Verfassung des Freistaates Sachsen
unter Berufung auf Artikel 3 des
Grundgesetzes
, Artikel 35 des
Einigungsvertrages
, ergänzt um die Protokollnotiz Nummer 14, und die
Verfassung des Freistaates Sachsen
beschließt der Sächsische Landtag, ausgehend von
Artikel 6 der Sächsischen Verfassung
, das nachstehende Gesetz über die Rechte der Sorben im Freistaat Sachsen (Sächsisches Sorbengesetz – SächsSorbG).
§ 1 Sorbische Volkszugehörigkeit
1
Zum sorbischen Volk gehört, wer sich zu ihm bekennt.
2
Das Bekenntnis ist frei.
3
Es darf weder bestritten noch nachgeprüft werden.
4
Aus diesem Bekenntnis dürfen keine Nachteile erwachsen.
§ 2 Recht auf sorbische Identität
(1) Die im Freistaat Sachsen lebenden Bürger sorbischer Volkszugehörigkeit sind gleichberechtigter Teil des Staatsvolkes.
(2) Das sorbische Volk und jeder Sorbe haben das Recht, ihre ethnische, kulturelle und sprachliche Identität frei zum Ausdruck zu bringen, zu bewahren und weiterzuentwickeln.
(3)
1
Das sorbische Volk und jeder Sorbe haben das Recht auf Schutz, Erhaltung und Pflege ihrer angestammten Heimat und ihrer Identität.
2
Der Freistaat Sachsen, die Landkreise, Gemeindeverbände und Gemeinden im sorbischen Siedlungsgebiet gewährleisten und fördern Bedingungen, die es den Bürgern sorbischer Volkszugehörigkeit ermöglichen, ihre Sprache und Traditionen sowie ihr kulturelles Erbe als wesentliche Bestandteile ihrer Identität zu bewahren und weiterzuentwickeln.
§ 3 Sorbisches Siedlungsgebiet
(1) Als sorbisches Siedlungsgebiet im Sinne dieses Gesetzes gelten diejenigen Gemeinden und Gemeindeteile der Landkreise Görlitz und Bautzen, in denen die überwiegende Mehrheit der im Freistaat Sachsen lebenden Bürger sorbischer Volkszugehörigkeit ihre angestammte Heimat hat und in denen eine sorbische sprachliche oder kulturelle Tradition bis in die Gegenwart nachweisbar ist.
(2)
1
Im einzelnen umfaßt das sorbische Siedlungsgebiet die Gemeinden und Gemeindeteile, die in der Anlage zu diesem Gesetz festgelegt sind.
2
Änderungen der Gemeindezugehörigkeit berühren nicht die Zugehörigkeit zum sorbischen Siedlungsgebiet.
(3)
1
Durch das sorbische Siedlungsgebiet wird der geographische Anwendungsbereich für gebietsbezogene Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der sorbischen Identität bestimmt.
2
Im Einzelfall kann das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst auf Antrag einer Gemeinde, nach Anhörung des jeweiligen Landkreises, der Interessenvertretung der Sorben gemäß § 5 und des Rates für sorbische Angelegenheiten gemäß § 6, Ausnahmen von gebietsbezogenen Maßnahmen gewähren.
(4) Der besondere Charakter des sorbischen Siedlungsgebietes und die Interessen der Sorben sind bei der Gestaltung der Landes- und Kommunalplanung zu berücksichtigen.
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§ 4 Sorbische Farben und Hymne
(1)
1
Farben und Wappen der Sorben können im sorbischen Siedlungsgebiet gleichberechtigt neben den Landesfarben und dem Landeswappen verwendet werden.
2
Die sorbischen Farben sind Blau-Rot-Weiß.
(2) Die sorbische Hymne kann im sorbischen Siedlungsgebiet gleichberechtigt verwendet werden.
§ 5 Interessenvertretung der Sorben
Die Interessen der Bürger sorbischer Volkszugehörigkeit können auf Landes-, Regional- und Kommunalebene von einem Dachverband der sorbischen Verbände und Vereine wahrgenommen werden.
§ 9 Sorbische Sprache vor Behörden und Gerichten
(1)
1
Im sorbischen Siedlungsgebiet haben die Bürger das Recht, sich vor Behörden des Freistaates Sachsen und der seiner Aufsicht unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts der sorbischen Sprache zu bedienen.
2
Machen sie von diesem Recht Gebrauch, hat dies dieselben Wirkungen, als würden sie sich der deutschen Sprache bedienen.
3
In sorbischer Sprache vorgetragene Anliegen der Bürger können von den Behörden des Freistaates Sachsen und der seiner Aufsicht unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts in sorbischer Sprache beantwortet und entschieden werden.
4
Kostenbelastungen oder sonstige Nachteile dürfen den sorbischen Bürgern hieraus nicht entstehen.
(2)
1
In den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung gemäß § 184 Satz 2 des
Gerichtsverfassungsgesetzes
(
GVG
) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch Artikel 3 Abs. 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300, 2303) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, gelten die Festlegungen des Absatzes 1 vor Gerichten des Freistaates Sachsen entsprechend.
2
Heimatkreise sind die Landkreise Bautzen und Görlitz.
(3) Der Freistaat Sachsen setzt sich dafür ein, daß die Festlegungen des Absatzes 1 auch auf Bundesbehörden und Einrichtungen des Privatrechts, insbesondere des Verkehrs- und Fernmeldewesens, der Post, des Gesundheits- und Sozialwesens sowie der Kultur und Bildung, die im sorbischen Siedlungsgebiet ansässig sind, angewandt werden.
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) vom 21. Januar 1993 (SächsGVBl. S. 74), geändert durch § 22 des Gesetzes vom 19. April 1994 (SächsGVBl. S. 777, 781), und § 3 des Gesetzes zur Ausführung verfahrensrechtlicher und grundstücksrechtlicher Vorschriften im Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz (Justizausführungsgesetz – JustAG) vom 12. Dezember 1997 (SächsGVBl. S. 638) außer Kraft.
3
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.
3
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.
Bautzen, den 31. März 1999
Der Landtagspräsident
Erich Iltgen
Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf
Der Staatsminister
für Wissenschaft und Kunst
Prof. Dr. Hans Joachim Meyer
Anlage
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Zakoń
wo prawach Serbow w Swobodnym staće Sakskej
(Sakski serbski zakoń – SSZ)
Z dnja 31. měrca 1999
Sakski krajny sejm je dnja 20. januara 1999 slědowacy zakoń wobzamknył:
Preambla
Připóznawajo wolu serbskeho ludu, kotryž ma w Delnjej a Hornjej Łužicy swoju starodawnu domiznu a kotryž je swoju rěč a kulturu hač do dźensnišeho časa wobchował, swoju identitu tež w přichodźe zdźeržeć,
wobkedźbujo fakt, zo Serbja zwonka hranicow Zwjazkoweje republiki Němskeje žadyn maćerny stat nimaja, kotryž so jim napřećo winowaty čuje a so wo škit a wobstaće jich rěče, kultury a tradicije stara,
wědomy sej toho, zo je škit, hladanje a wuwiće serbskich hódnotow kaž tež zdźerženje a sylnjenje serbsko-němskeho charaktera Łužicy w zajimje Swobodneho stata Sakskeje,
spóznawajo, zo njejstej prawo na narodnu a etnisku identitu kaž tež spožčenje cyłka prawow ludowych skupin a mjeńšin ani dar ani priwileg, ale dźěl uniwersalnych čłowjeskich prawow a prawow na swobodu,