Landesentwicklungsplan 2013 – LEP 2013
DE - Landesrecht Sachsen

Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über den Landesentwicklungsplan Sachsen (Landesentwicklungsplan 2013 – LEP 2013) ¹

Verordnung der Sächsischen Staatsregierung
über den Landesentwicklungsplan Sachsen
(Landesentwicklungsplan 2013 – LEP 2013) ¹
Vom 14. August 2013
Aufgrund von § 7 Abs. 1 des
Gesetzes zur Raumordnung und Landesplanung des Freistaates Sachsen (Landesplanungsgesetz – SächsLPlG)
vom 11. Juni 2010 (SächsGVBl. S. 174), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 6. Juni 2013 (SächsGVBl. S. 451, 468) geändert worden ist, wird verordnet:

§ 1 Landesentwicklungsplan

Der Landesentwicklungsplan 2013 (LEP 2013) wird gemäß Anlage erlassen.

§ 2 Inkrafttreten und Außerkrafttreten

1
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
2
Gleichzeitig tritt die
Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über den Landesentwicklungsplan Sachsen (LEP 2003)
vom 16. Dezember 2003 (SächsGVBl. S. 915) außer Kraft.
Dresden, den 14. August 2013
Der Ministerpräsident Stanislaw Tillich
Der Staatsminister des Innern Markus Ulbig

Anlage

Landesentwicklungsplan 2013

Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I.
Leitbild für die Entwicklung des Freistaates Sachsen als Lebens-, Kultur- und Wirtschaftsraum
II.
Neue Herausforderungen für die nachhaltige Raumentwicklung des Freistaates Sachsen
III.
Ziele und Grundsätze der Raumordnung
1
Raumstrukturelle Entwicklung
1.1
Allgemeine raumstrukturelle Entwicklung
1.2
Raumkategorien
1.3
Zentrale Orte und Verbünde
1.4
Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion
1.5
Verbindungs- und Entwicklungsachsen
1.6
Länderübergreifende Zusammenarbeit und Europäische Metropolregion Mitteldeutschland
2
Regional-, Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung
2.1
Regionalentwicklung
2.1.1
Regionale Kooperation
2.1.2
Einbindung Sachsens in Europa und Europäische Territoriale Zusammenarbeit
2.1.3
Räume mit besonderem Handlungsbedarf
2.2
Siedlungsentwicklung
2.2.1
Siedlungswesen
2.2.2
Stadt- und Dorfentwicklung
2.3
Wirtschaftsentwicklung
2.3.1
Gewerbliche Wirtschaft
2.3.2
Handel
2.3.3
Tourismus und Erholung
3
Verkehrsentwicklung
3.1
Mobilität und integrierte Verkehrs- und Raumentwicklung
3.2
Straßenverkehr
3.3
Überregionale Eisenbahninfrastruktur, Transeuropäische Netze (TEN) und Schienenpersonenfernverkehr
3.4
Öffentlicher Personennahverkehr und Regionale Eisenbahninfrastruktur
3.5
Luftverkehr
3.6
Binnenschifffahrt
3.7
Güterverkehr
3.8
Fahrrad- und Fußgängerverkehr
4
Freiraumentwicklung
4.1
Freiraumschutz
4.1.1
Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft
4.1.2
Grundwasser-, Oberflächenwasser-, Hochwasserschutz
4.1.3
Bodenschutz, Altlasten
4.1.4
Siedlungsklima
4.2
Freiraumnutzung
4.2.1
Landwirtschaft
4.2.2
Forstwirtschaft
4.2.3
Bergbau und Rohstoffsicherung
5
Technische Infrastruktur
5.1
Energieversorgung
5.2
Wasserversorgung
5.3
Telekommunikation
6
Daseinsvorsorge
6.1
Sicherung der Daseinsvorsorge
6.2
Gesundheits- und Sozialwesen
6.3
Erziehungs- und Bildungswesen, Wissenschaft
6.4
Kultur und Sport
6.5
Öffentliche Verwaltung, Gerichtsbarkeit, Sicherheit und Ordnung, Verteidigung
7
Übergangsbestimmung
IV.
Zusammenfassende Erklärung zur Umweltprüfung des LEP 2013
1
Berücksichtigung der Umweltbelange im Aufstellungsverfahren
2
Berücksichtigung der Ergebnisse der Öffentlichkeits- und der Behördenbeteiligung im Aufstellungsverfahren
3
Begründung für die Annahme des Planes
4
Geplante Maßnahmen zur Überwachung der erheblichen nachteiligen Auswirkungen der Durchführung des Landesentwicklungsplanes auf die Umwelt
Verzeichnis der im Plan und im Landschaftsprogramm verwendeten Abkürzungen
Glossar zu Fachbegriffen der Raumordnung
Anlagen zu III:
Zeichnerische Festlegungen und Erläuterungen (Karten)
Festlegungskarten:
Festlegungskarten
Nummer Karte Erläuterung
III.1.2, 1.3, 1.5 Karte 1: Raumstruktur
III.2.1.3 Karte 3: Räume mit besonderem Handlungsbedarf
III.3 Karte 4: Verkehrsinfrastruktur
III.4.1.1 Karte 5: Unzerschnittene verkehrsarme Räume (UZVR)
Erläuterungskarten:
Erläuterungskarten
Nummer Karte Erläuterung
III.1.3, 2.3.2 Karte 2: Mittelbereiche
III.4.1.1, 4.2.2 Karte 6: Landschaftsgliederung
III.4.1.1 Karte 7: Gebietskulisse für die Ausweisung eines großräumig übergreifenden Biotopverbundes
III.4.1.1 Karte 8: Lebensraumverbundsystem für großräumig lebende Wildtiere mit natürlichemWanderverhalten
III.4.1.3, 4.2.1 Karte 9: Gebiete mit speziellem Bodenschutzbedarf
III.4.2.3 Karte 10: Klassifizierung der Vorkommen von Steine- und Erden-Rohstoffen, aktiver Steine-Erden-Bergbau
III.4.2.3 Karte 11: Klassifizierung der Braunkohlenlagerstätten, Verbreitung erz- und spathöffiger Gebiete
III.1.1, 6.4 Karte 12: Sorbisches Siedlungsgebiet
Anhang:
A 1
Fachplanerische Inhalte des Landschaftsprogramms
A 2
Umweltbericht mit Klimacheck
(auf www.landesentwicklungsplan.sachsen.de und bei Auslegungsstellen einsehbar)

Einleitung

Rechtsgrundlagen, Aufgabe und Inhalt des Landesentwicklungsplanes
Der Landesentwicklungsplan ist das zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende landesplanerische Gesamtkonzept der Staatsregierung zur räumlichen Ordnung und Entwicklung des Freistaates Sachsen. Im Landesentwicklungsplan sind die Ziele und Grundsätze der Raumordnung für die räumliche Ordnung und Entwicklung des Freistaates Sachsen auf der Grundlage einer Bewertung des Zustandes von Natur und Landschaft sowie der Raumentwicklung festgelegt. Die Staatsregierung ist verpflichtet, den für einen mittelfristigen Zeitraum zu erstellenden Landesentwicklungsplan durch Fortschreibung an die zwischenzeitlichen Entwicklungen anzupassen. Der Landesentwicklungsplan wird als Rechtsverordnung der Staatsregierung beschlossen. Für das Aufstellungsverfahren des Landesentwicklungsplanes als Raumordnungsplan gelten die Bestimmungen des
Gesetzes zur Raumordnung und Landesplanung des Freistaates Sachsen (Landesplanungsgesetz – SächsLPlG)
vom 11. Juni 2010 (SächsGVBl. S. 174), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 6. Juni 2013 (SächsGVBl. S. 451, 468), und des
Raumordnungsgesetzes
(
ROG
) vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2986), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585, 2617), insbesondere § 6
SächsLPlG
sowie §§ 9 und 10
ROG
.
Ein wesentlicher inhaltlicher Maßstab für die Fortschreibung des Landesentwicklungsplanes sind die in § 2 Abs. 2
ROG
festgelegten (bundesweiten) Grundsätze der Raumordnung, die im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung anzuwenden und, soweit dies erforderlich ist, durch Festlegungen in den Raumordnungsplänen der Länder zu konkretisieren sind.
Mit dem Landesentwicklungsplan 2013 (LEP 2013) wird der von der Staatsregierung am 16. Dezember 2003 als Rechtsverordnung beschlossene Landesentwicklungsplan Sachsen (LEP 2003) fortgeschrieben. Aus diesem wurden die zur Zeit der Fortschreibung geltenden Regionalpläne entwickelt. Die aus den Jahren 2001 bis 2003 stammenden planerischen Grundlagen für den LEP 2003 haben sich geändert und sind der fortschreitenden Entwicklung und den neuen Herausforderungen anzupassen. Der Landesentwicklungsplan steht im engen Zusammenhang mit dem Landesverkehrsplan Sachsen 2025 (www.verkehr. sachsen.de/8510.html). Der Landesverkehrsplan ist der Fachplan für die Entwicklung der einzelnen Verkehrsträger und die Entwicklung des Gesamtverkehrssystems in Sachsen. Soweit die darin vorgesehenen Projekte einer raumordnerischen Sicherung bedürfen, werden diesbezüglich Regelungen im Landesentwicklungsplan getroffen. Der 1999 in Kraft getretene, als Raumordnungsplan aufgestellte Fachliche Entwicklungsplan Verkehr (FEV), ist nach § 20
SächsLPlG
am 31. Dezember 2011 ausgelaufen. Das unter Gliederungspunkt I verankerte Leitbild für die Entwicklung des Freistaates Sachsen als Lebens-, Kultur- und Wirtschaftsraum entwirft eine räumliche Gesamtvision zu wesentlichen Aspekten der räumlichen Entwicklung, die Maßstab und strategische Zielrichtung für die Inhalte der konkreten Ziele und Grundsätze des Landesentwicklungsplanes sind. Das Leitbild und der Landesentwicklungsplan insgesamt sind, wie die derzeitige 5. Regionalisierte Bevölkerungsprognose, auf den Zeithorizont 2025 ausgerichtet. Die der Fortschreibung zu Grunde liegenden neuen Herausforderungen für die nachhaltige Raumentwicklung im Freistaat Sachsen sind unter Gliederungspunkt II ausgeführt. Der Gliederungspunkt III enthält die textlichen Festlegungen der Raumordnung (Ziele und Grundsätze der Raumordnung) für den Freistaat Sachsen einschließlich deren Begründungen. Ziele der Raumordnung sind gekennzeichnet mit Z. Grundsätze der Raumordnung sind gekennzeichnet mit G. Dem Textteil des Landesentwicklungsplanes sind ein Abkürzungsverzeichnis sowie ein Glossar mit Erläuterungen zu wesentlichen im Plan verwendeten Fachbegriffen der Raumordnung beigefügt.
Der Gliederungspunkt IV enthält die Zusammenfassende Erklärung, die dem Landesentwicklungsplan nach § 11 Abs. 3
ROG
beizufügen ist (siehe Umweltprüfung).
Der Kartenteil (Anlagen zu III) enthält die Karten 1, 3, 4 und 5 mit zeichnerischen Festlegungen. Die Erläuterungskarten (Karten 2 und 6 bis 11), die den gegenwärtigen Stand der Fachdaten, insbesondere für die Erfüllung der im Landesentwicklungsplan festgelegten Aufträge an die Träger der Regionalplanung, darstellen, dienen lediglich der Veranschaulichung. Bei der konkreten Umsetzung sind die dann aktuellen Daten des jeweiligen Fachinformationssystems heranzuziehen. Darüber hinaus ist eine Karte (Karte 12) mit der Abgrenzung des sorbischen Siedlungsgebietes und den sorbischen Gemeindenamen beigefügt.
Primärintegration des Landschaftsprogramms
Nach dem Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege im Freistaat Sachsen (Sächsisches Naturschutzgesetz –
SächsNatSchG
) vom 6. Juni 2013 (SächsGVBl. S. 451) übernimmt der Landesentwicklungsplan die Funktion des Landschaftsprogramms. Durch die frühzeitige Integration wird gewährleistet, dass die raumordnerischen Festlegungen des Naturschutzes und der Landschaftspflege durch Grundsätze und Ziele der Raumordnung gesichert werden können. Die nicht raumordnerisch relevanten Inhalte der Landschaftsplanung, deren Bindungswirkung sich aus dem Sächsischen Naturschutzgesetz ergibt, sind dem Landesentwicklungsplan als Anhang A 1 einschließlich eines Kartenteils beigefügt.
Umweltprüfung
Nach § 9 Abs. 1
ROG
und § 2 Abs. 2
SächsLPlG
ist bei der Aufstellung und Änderung von Raumordnungsplänen eine Umweltprüfung durchzuführen. In dem dabei zu erstellenden Umweltbericht sind die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen, die die Durchführung des Raumordnungsplanes auf die Umwelt haben wird, sowie anderweitige Planungsmöglichkeiten zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten. Da der Landesentwicklungsplan zugleich auch die Funktion des Landschaftsprogramms übernimmt, dokumentiert der Umweltbericht gleichermaßen die Umweltprüfung des Landschaftsprogramms. Gemäß § 2 Abs. 2
SächsLPlG
umfasst die Umweltprüfung zugleich die Prüfung der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen der Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete. Die Ziele und Grundsätze des Landesentwicklungsplanes wurden unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Umweltberichtes festgelegt. Neu ist gegenüber vergleichbaren Umweltprüfungen, dass in den Umweltbericht zudem ein „Klimacheck“ integriert wurde. Damit wird vertiefend geprüft, welchen Beitrag der Landesentwicklungsplan zum Klimaschutz und zur vorsorgenden Anpassung an sich abzeichnende klimatische Veränderungen leistet. Der Umweltbericht liegt als gesonderter Teil der Begründung als Anhang A 2 dem Plan bei.
Verhältnis Raumordnungsplanung und Fachplanung
Die Raumordnungsplanung hat überörtlichen und fachübergreifenden Charakter und ist daher von Fachplanungen abzugrenzen. Lediglich bei Raumbezogenheit erlangen fachplanerische Inhalte im Rahmen des Landesentwicklungsplanes Relevanz. Soweit die Fachplanungen raumbedeutsame Inhalte aufweisen, sind die Träger dieser Fachplanungen an die Ziele und Grundsätze der Raumordnung nach § 4
ROG
und gegebenenfalls nach den im jeweiligen Fachrecht enthaltenen besonderen Raumordnungsklauseln gebunden. Eine wichtige Raumordnungsklausel enthält das
Baugesetzbuch
(BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Juni 2013 (BGBl. I S. 1548). Nach § 1 Abs. 4
BauGB
sind die Bauleitpläne der Gemeinden an die Ziele der Raumordnung anzupassen. Die Ziele der Raumordnung sind von den Gemeinden zu beachten und unterliegen daher nicht der bauleitplanerischen Abwägung wie zum Beispiel die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange. Den rechtlichen Möglichkeiten, die kommunale Planungshoheit einzuschränken, stehen Mitwirkungsrechte der Gemeinden bei der Aufstellung des Landesentwicklungsplanes und der Regionalpläne gegenüber.
Bindungswirkung der Festlegungen der Raumordnung
Ziele der Raumordnung sind zu beachten sowie Grundsätze der Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Gemäß § 4 Abs. 1
ROG
gelten die Ziele und Grundsätze für öffentliche Stellen und für private Stellen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen, an denen öffentliche Stellen mehrheitlich beteiligt sind oder deren jeweilige Planungen und Maßnahmen überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden, unmittelbar. Bei behördlichen Entscheidungen über Planungen und Maßnahmen sonstiger Privater gelten die Ziele und Grundsätze der Raumordnung, wenn es sich um Planfeststellungen oder Genehmigungen mit der Wirkung von Planfeststellungen handelt, und bei anderen Entscheidungen nach Maßgabe der für diese Entscheidungen geltenden Bestimmungen. Die Ziele und Grundsätze der Raumordnung erlangen darüber hinaus Geltung über die sogenannten Raumordnungsklauseln in Fachgesetzen und -verordnungen.
Ziele und Grundsätze der Raumordnung unterstützen einen effizienten und zielgerichteten Maßnahmen- und Fördermitteleinsatz. Die konkrete Mittelbewilligung, Bewertung – auch unter Kosten-Nutzen-Aspekten – und zeitliche Einordnung der Maßnahmen obliegt der Fachplanung. Insoweit haben Ziele und Grundsätze der Raumordnung keine präjudizierende Wirkung für die Bereitstellung von Haushaltsmitteln des Landes oder anderer Stellen beziehungsweise den Zeitpunkt der Realisierung. Ein Anspruch, insbesondere gegen den Freistaat Sachsen oder kommunale Körperschaften, auf Realisierung, Finanzierung oder finanzielle Förderung kann aus den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung nicht abgeleitet werden.
Zusammenhang mit dem Landesentwicklungsbericht
Gemäß § 17 Abs. 1
SächsLPlG
ist zur Unterrichtung des Landtages in jeder Legislaturperiode ein Bericht über den Stand der Landesentwicklung, über die Verwirklichung der Raumordnungspläne und über Entwicklungstendenzen zu erstellen. Der Landesentwicklungsbericht 2010 beinhaltet eine Evaluierung der Grundsätze und Ziele der Raumordnung aus dem LEP 2003 und bildet somit eine wichtige Grundlage für dessen Fortschreibung.

I. Leitbild für die Entwicklung des Freistaates Sachsen als Lebens-, Kultur- und Wirtschaftsraum

Sachsen 2025 – ein attraktiver Lebens-, Kultur- und Wirtschaftsraum
Der
r St
Bevö

II. Neue Herausforderungen für die nachhaltige Raumentwicklung des Freistaates Sachsen

Seit der letzten Fortschreibung des Landesentwicklungsplanes im Jahr 2003 haben sich die Rahmenbedingungen auf internationaler und nationaler Ebene, aber auch die teilräumlichen Herausforderungen für die räumliche Entwicklung im Freistaat Sachsen selbst weiter verändert. Die aktuelle Fortschreibung des Landesentwicklungsplanes greift diese Entwicklungen und Herausforderungen auf. Sie setzt damit einen den LEP 2003 im Sinne von verlässlicher Planungskontinuität fortentwickelnden Rahmen für die räumliche Entwicklung in partnerschaftlicher Verantwortung aller Ebenen der räumlichen Planung und der raumrelevanten Fachplanungen. Die folgenden Handlungsschwerpunkte fassen die im Vergleich zum LEP 2003 neuen beziehungsweise zunehmenden Herausforderungen zusammen und geben einen Überblick über die damit verbundenen wesentlichen Ziele und Grundsätze der Raumordnung, wie sie im Gliederungspunkt III verankert sind. Sie stellen aber nicht die gesamte Komplexität der raumordnerischen Erfordernisse dar, wie sie sich aus Gliederungspunkt III mit den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung ergeben. Auch ist damit keine Prioritätensetzung verbunden. Die Handlungsschwerpunkte der Fortschreibung des Landesentwicklungsplanes orientieren sich an den von der Staatsregierung am 16. März 2010 beschlossenen sechs Eckpunkten zur Fortschreibung des Landesentwicklungsplanes.
Handlungsschwerpunkte der Fortschreibung des Landesentwicklungsplanes
Einbindung Sachsens in die europäische Raumentwicklung
Veranlassung Mit der Erweiterung der Europäischen Union um zunächst zehn, vor allem östliche Mitgliedstaaten im Mai 2004 sowie um Rumänien und Bulgarien im Januar 2007 verlor der Freistaat Sachsen seine frühere Randlage an der EU-Außengrenze und liegt nun „in der Mitte Europas“. Damit hat die Europäische Struktur- und Kohäsionspolitik für Sachsen eine neue Dimension erlangt. Die Stärkung der traditionellen Funktion als Tor zu Mittel-, Ost- und Südosteuropa ist eine wichtige Grundlage, um den Freistaat Sachsen als attraktiven Lebens-, Kultur- und Wirtschaftsraum in einem zusammenwachsenden Europa modern und zukunftsfähig zu entwickeln. Am 19. Mai 2011 wurde die neue Territoriale Agenda der Europäischen Union 2020 (TA 2020) verabschiedet, in der insbesondere die Beachtung der territorialen Dimension in der Kohäsionspolitik und für die Erreichung der Ziele der Strategie „Europa 2020“ betont wird.
Die TA 2020 benennt sechs Territoriale Prioritäten bei der Entwicklung der EU:
Förderung einer polyzentrischen und ausgewogenen Raumentwicklung,
Förderung der integrierten Entwicklung in Städten, ländlichen Gebieten und Sonderregionen,
Territoriale Integration in grenzübergreifenden und transnationalen funktionalen Regionen,
Gewährleistung der globalen Wettbewerbsfähigkeit von Regionen durch eine starke lokale Wirtschaft,
Verbesserung der territorialen Anbindung für den Einzelnen, für Gemeinden und Unternehmen,
Verwaltung und Verknüpfung der Umwelt-, Landschafts- und Kulturgüter von Regionen.
Noch vor der TA 2020 war bereits mit der Strukturfondsperiode von 2007 bis 2013 die räumliche Dimension als eigenständiges Ziel Europäische Territoriale Zusammenarbeit (Ziel 3) neben dem Ziel der Konvergenz (Ziel 1) und dem Ziel Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung (Ziel 2) festgelegt worden. Auch im Vertrag von Lissabon wurde neben dem wirtschaftlichen und sozialen nun auch der Territoriale Zusammenhalt neu verankert (Artikel 3 EUV). Die Vertiefung und Ausweitung der EU-Integration sowie die wachsende wechselseitige Abhängigkeit der Regionen stellen die EU vor neue Herausforderungen, denn Ungleichheiten und Unterschiede in Rechtsordnungen sowie in den politischen und sozialen Systemen haben noch immer erhebliche Auswirkungen auf die Regionen. Die Verbesserung des Territorialen Zusammenhaltes erfordert eine wirksame Koordinierung verschiedener Politikbereiche, Akteure, Planungsmechanismen sowie die Erzeugung und gemeinsame Nutzung von gebietsspezifischem Wissen und insbesondere die vertikale und horizontale Koordinierung zwischen Entscheidungsgremien auf verschiedenen Ebenen und sektorbezogenen Maßnahmen. Maßnahmen auf grenzübergreifender, transnationaler und interregionaler Ebene wird bei der Umsetzung der TA 2020 eine zentrale Rolle beigemessen. Die mit Hilfe der Förderinstrumente der EU-Struktur- und Kohäsionspolitik (Europäische Territoriale Zusammenarbeit) durchgeführten Projekte haben erheblich zu einer positiven Raumentwicklung beigetragen. Hier gilt es auch weiterhin der traditionellen Brückenfunktion als Tor zu Ost- und Südosteuropa Rechnung zu tragen sowie den Ausbau und die Gestaltung der transeuropäischen Netze zu gewährleisten. Dies bedeutet für Sachsen, dass die Zusammenarbeit über Länder- und Staatsgrenzen hinweg ohne Alternative ist, um die menschlichen, kulturellen, wirtschaftlichen und ökologischen Ressourcen der Grenzregionen voll auszuschöpfen und in Wert zu setzen.
Handlungsschwerpunkte:
Verbesserung der Vernetzung der sächsischen Städte der Metropolregion Mitteldeutschland untereinander und mit den angrenzenden Regionen und Metropolregionen benachbarter Länder und Nachbarstaaten durch leistungsfähige Verkehrsverbindungen und die Einbindung in die transeuropäischen Netze und großräumige Verkehrskorridore (Kapitel 1.6 Länderübergreifende Zusammenarbeit und Europäische Metropolregion Mitteldeutschland),
Entwicklung und Verstetigung der Kooperationsnetzwerke auch Landes- und Staatsgrenzen übergreifend unter Einbeziehung der Wirtschaft und anderer regionaler Akteure zur Stärkung der regionalen Handlungsfähigkeit (Kapitel 2.1.1 Regionale Kooperation),
Raumordnerische Zusammenarbeit der Träger der Regionalplanung insbesondere zur Realisierung von besonderen grenzübergreifenden Entwicklungserfordernissen (Kapitel 2.1.1 Regionale Kooperation),
Entwicklung der Wirtschafts- und Kulturregion Sachsen-Böhmen-Niederschlesien (Kapitel 2.1.2 Einbindung Sachsens in Europa und Europäische Territoriale Zusammenarbeit),
Verbesserung der Einbindung Sachsens in die großräumigen europäischen Verkehrskorridore und transeuropäischen Netze (Kapitel 2.1.2 Einbindung Sachsens in Europa und Europäische Territoriale Zusammenarbeit),
Abstimmung und Umsetzung von Planungen und Maßnahmen mit grenzüberschreitenden Auswirkungen nach den Grundsätzen der Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit (Kapitel 2.1.2 Einbindung Sachsens in Europa und Europäische Territoriale Zusammenarbeit),
weitere Stärkung der Zusammenarbeit mit der Republik Polen und der Tschechischen Republik durch die Träger der Regionalplanung und Erarbeitung gemeinsamer Strategien und Entwicklungskonzepte (Kapitel 2.1.2 Einbindung Sachsens in Europa und Europäische Territoriale Zusammenarbeit),
Festlegung von „Grenznahen Gebieten“ als Räume mit besonderem Handlungsbedarf (Kapitel 2.1.3 Räume mit besonderem Handlungsbedarf),
Abbau von lagebedingten Nachteilen (Kapitel 2.1.3 Räume mit besonderem Handlungsbedarf),
Weiterentwicklung von Teilräumen entlang des Grenzraumes auf Grundlage ihrer regionsspezifischen Potenziale (Kapitel 2.1.3 Räume mit besonderem Handlungsbedarf),
Nachhaltige Entwicklung der traditionellen Tourismusgebiete Erzgebirge, Oberlausitzer Bergland, Sächsische Schweiz, Vogtland und Zittauer Gebirge unter Berücksichtigung von grenzübergreifenden Tourismusangeboten (Kapitel 2.1.3 Räume mit besonderem Handlungsbedarf und Kapitel 2.3.3 Tourismus und Erholung),
Schaffung der Voraussetzungen für eine abgestimmte, grenzüberschreitende Pflege und Entwicklung der Sächsisch-Böhmischen-Schweiz (Kapitel 4.1.1 Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft),
Gewährleistung eines auch grenzübergreifend abgestimmten Hochwasserschutzes (Kapitel 4.1.2 Grundwasser-, Oberflächenwasser-, Hochwasserschutz),
Vernetzung von Kultureinrichtungen und -initiativen sowie Intensivierung des grenzüberschreitenden Kulturaustausches und der grenzüberschreitenden Kulturpflege (Kapitel 6.4 Kultur und Sport).
Förderung von Innovation und Wachstum – Sicherung der räumlichen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft
Veranlassung Der Freistaat Sachsen sieht sich, wie viele andere europäische Regionen, großen Herausforderungen an die Wirtschaft, Wettbewerbsfähigkeit und den sozialen Zusammenhalt im Rahmen der Globalisierung gegenüber. Der europäische Integrationsprozess und rasanter technologischer Fortschritt prägen ebenso die Rahmenbedingungen für Arbeit und Kapital wie die zunehmende Verknappung und Verteuerung von Ressourcen oder das Erfordernis verstärkter Vernetzung zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung. Um für den Freistaat Sachsen eine adäquate räumliche Strategie zum Umgang mit den Herausforderungen abzuleiten, ist es erforderlich, die spezifische Raum- und Wirtschaftsstruktur seiner unterschiedlichen Teilräume mit ihren Entwicklungspotenzialen und Stärken zu beachten, aber auch vorhandenen Schwächen entgegenzuwirken. Die Unternehmenslandschaft im Freistaat Sachsen ist nach wie vor von kleineren und mittleren Unternehmen geprägt. Bündelung und Vernetzung („Clusterbildung“) sind Voraussetzungen, um an der technologischen Entwicklung teilzuhaben. Wachsender Innovationsbedarf ergibt sich auch aus der tendenziell zunehmenden Ressourcenknappheit und Ressourcenverteuerung, aus dem Klimawandel und aus dem demografischen Wandel.
Zu den erforderlichen Standort- und Rahmenbedingungen gehören vor allem:
eine leistungsfähige und moderne Infrastruktur,
ausreichende Flächenangebote zur Sicherung von Wirtschaftsstandorten und neuen Entwicklungsoptionen für Wirtschaft und Wissenschaft,
eine sichere, bezahlbare und umweltgerechte Energieversorgung,
ein verlässlicher Rahmen für eine nachhaltige Rohstoffnutzung und -versorgung,
ein hohes und weit gefächertes Bildungsniveau,
die Erschließung von erforderlichem Fachkräftepotenzial,
attraktive weiche Standortfaktoren (wie Wohn- und Umweltqualität, Kultur und Freizeit, medizinische Versorgung),
eine enge Vernetzung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft,
die Erschließung und Vernetzung touristischer Potenziale,
die Intensivierung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit mit der Republik Polen und der Tschechischen Republik,
ein investitionsfreundliches Klima für Wachstum und Beschäftigung durch Beschleunigung und Vereinfachung von Verwaltungs- und Verfahrensabläufen.
Handlungsschwerpunkte:
Erhalt und Schaffung der räumlichen Voraussetzungen für eine vielfältig strukturierte Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft (Kapitel 4.1 Freiraumschutz und Kapitel 4.2 Freiraumnutzung) sowie Erweiterung der Erwerbsgrundlagen außerhalb dieser Bereiche im ländlichen Raum (Kapitel 1.2 Raumkategorien),
Stärkung der Zentralen Orte als Schwerpunkte des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens im Freistaat (Kapitel 1.3 Zentrale Orte und Verbünde),
Steigerung der Wahrnehmung der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland als bedeutende Wirtschafts- und Technologieregion und Intensivierung der Zusammenarbeit innerhalb und umlandbezogen (Kapitel 1.6 Länderübergreifende Zusammenarbeit und Europäische Metropolregion Mitteldeutschland),
Sicherung und Nutzung der Potenziale der unterschiedlich strukturierten Teilräume Sachsens und gezielte Stärkung benachteiligter Regionen (Kapitel 1.1 Allgemeine raumstrukturelle Entwicklung, Kapitel 1.2 Raumkategorien und Kapitel 2.1.3 Räume mit besonderem Handlungsbedarf),
weitere Verbesserung der räumlichen Voraussetzungen für die Entwicklung Sachsens als europäischer Wirtschaftsraum in seiner Brückenfunktion von West- und Ost- sowie Nord- und Südeuropa und als Bestandteil eines neu zu entwickelnden Wirtschaftsraumes in Europa sowie Ausweitung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit mit der Republik Polen und der Tschechischen Republik (Kapitel 2.1.2 Einbindung Sachsen in Europa und Europäische Territoriale Zusammenarbeit und Kapitel 2.1.3 Räume mit besonderem Handlungsbedarf),
Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Wirtschaft durch eine entsprechende Standortvorsorge mit Anbindung an eine leistungsfähige Infrastruktur (Kapitel 2.3.1 Gewerbliche Wirtschaft und Kapitel 3 Verkehrsentwicklung),
Stärkung der Tourismuswirtschaft, vor allem in qualitativer Hinsicht, und Beseitigung von bestehenden Lücken in der infrastrukturellen Ausstattung der Regionen (Kapitel 2.3.3 Tourismus und Erholung),
Raumordnerische Sicherung der einheimischen Rohstoffvorkommen (Kapitel 4.2.3 Bergbau und Rohstoffsicherung),
Schaffung der räumlichen Voraussetzungen zum Ausbau der Nutzung Erneuerbarer Energien (Kapitel 5.1 Energieversorgung) und der Braunkohle (Kapitel 4.2.3 Bergbau und Rohstoffsicherung).
Sicherung der Daseinsvorsorge unter den Bedingungen des demografischen Wandels
Veranlassung Ein langfristiger Rückgang der Bevölkerungsanzahl sowie die Alterung der Bevölkerung sind die wesentlichen Merkmale des demografischen Wandels in Sachsen. Die demografischen Veränderungen verlaufen dabei, verglichen mit dem bundesdeutschen Durchschnitt auf hohem Niveau und regional sehr differenziert, wobei der ländliche Raum mit seinen Teilräumen stärker als die Verdichtungsräume von diesen Entwicklungen betroffen ist. Grundlage für eine Einschätzung der künftigen demografischen Entwicklung ist die jeweils gültige Bevölkerungsprognose. Derzeit gilt die 5. Regionalisierte Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamtes Sachsen vom 30. November 2010 mit einem Prognosehorizont bis zum Jahr 2025 (www.statistik.sachsen.de/bevprog). Die Veränderungen durch eine ältere, abnehmende und räumlich zunehmend ungleich verteilte Bevölkerung wirken in alle Lebensbereiche hinein. Der demografische Wandel beeinflusst die öffentlichen Haushalte. Einerseits verringert der Rückgang der Bevölkerung die Einnahmeseite des Landes und der Kommunen. Andererseits kann man aber auch die notwendigen Anpassungsprozesse und Strategien des Gegensteuerns als eine Chance für eine Erneuerung und Qualitätsverbesserung, zum Beispiel infrastruktureller Leistungen und des ehrenamtlichen Engagements, begreifen. Die Gegenstrategien zielen vor allem darauf ab, die Geburtenraten und die Zuwanderungsrate zu erhöhen beziehungsweise die Abwanderung zu verringern. Hier greifen vor allem lokale Wachstumsstrategien mit wirtschaftlichen Maßnahmen, wie der Schaffung eines ausreichenden und attraktiven Arbeitsplatzangebotes, Investitionen im Bildungsbereich, Maßnahmen zur Familienfreundlichkeit und Frauenförderung sowie die Stärkung weiterer weicher Standortfaktoren, zum Beispiel in den Bereichen Kultur und Freizeit. Im Bereich der Daseinsvorsorge geht es vor allem darum, den Menschen im Interesse der Chancengerechtigkeit und der gleichwertigen Lebensbedingungen in allen Teilräumen einen barrierefreien Zugang zu den Einrichtungen und Leistungen der Daseinsvorsorge auch unter den sich verändernden demografischen Bedingungen, und damit auch reduzierten finanziellen Ressourcen, zu gewährleisten. Wesentliche Herausforderungen sind die Gefährdung der Tragfähigkeit von sozialen Einrichtungen sowie der technischen Infrastrukturen als auch die veränderten Bedarfe infolge der veränderten Altersstrukturen, insbesondere des erhöhten Anteils älterer Menschen. Unter Berücksichtigung der räumlichen Differenzierung des demografischen Wandels sowie auch der unterschiedlichen Potenziale der Teilräume in Sachsen müssen regionale Spielräume geschaffen werden, indem flexible, nachfragegerechte und auf den jeweiligen Teilraum zugeschnittene Lösungen zur Sicherung der Daseinsvorsorge ermöglicht werden. Bündelung, Vernetzung, Kooperation, Nutzung neuer Medien, E-Government, die flexible Handhabung von Standards, die Bereitstellung von Leistungen anstelle von Einrichtungen und die zeitgemäße Anpassung von Inhalten und Organisationsformen seien hier als wesentliche Lösungsansätze genannt. Beide Strategieoptionen, die Anpassung und das Gegensteuern, schließen sich einander grundsätzlich nicht aus, sondern können auch gleichzeitig verfolgt und kombiniert werden.
Handlungsschwerpunkte:
Berücksichtigung der künftigen demografischen Rahmenbedingungen bei Infrastrukturinvestitionen (Kapitel 1.1 Allgemeine raumstrukturelle Entwicklung),
Intensivierung der interkommunalen Zusammenarbeit, insbesondere auch zur Bewältigung von Herausforderungen, die sich aus dem demografischen Wandel ergeben (Kapitel 1.2 Raumkategorien und Kapitel 2.1.1 Regionale Kooperation),
Stärkung der Zentralen Orte als Standorte für Einrichtungen der Daseinsvorsorge (Kapitel 1.3 Zentrale Orte und Verbünde),
Auftrag an die Träger der Regionalplanung, die Vorbereitung und Begleitung der Umsetzung von Konzepten zur Sicherung der Daseinsvorsorge sowie für öffentliche Aufgaben im Stadt-Umland-Bereich zu übernehmen (Kapitel 2.1.1 Regionale Kooperation),
Zusammenarbeit im Bereich der Daseinsvorsorge in grenznahen Gebieten (Kapitel 2.1.3 Räume mit besonderem Handlungsbedarf),
Konzentrationsgebot der Siedlungsentwicklung auf die Verknüpfungspunkte des ÖPNV/SPNV sowie Konzentrationsgebot von zentralörtlichen Einrichtungen auf die Versorgungs- und Siedlungskerne der Zentralen Orte (Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen),
dem demografischen Wandel angemessene Stadtentwicklung und Stadtumbau (Kapitel 2.2.2 Stadt- und Dorfentwicklung),
Innovative Lösungen zur Sicherung der Daseinsvorsorge in vom demografischen Wandel besonders betroffenen Dörfern („Dorfumbau“ – Kapitel 2.2.2 Stadt- und Dorfentwicklung),
Erhalt und Ausbau des bestehenden Straßennetzes und bedarfsgerechte Schließung bestehender Lücken (Kapitel 3.2 Straßenverkehr),
bedarfsgerechte Weiterentwicklung des ÖPNV in allen Regionen (Kapitel 3.4 Öffentlicher Personennahverkehr und Regionale Eisenbahninfrastruktur),
Verknüpfung des ÖPNV mit anderen Verkehrsträgern im Rahmen integrierter Verkehrssysteme (Kapitel 3.4 Öffentlicher Personennahverkehr und Regionale Eisenbahninfrastruktur),
Weiterentwicklung des Radverkehrsnetzes und Stärkung des Radverkehrs, insbesondere unter Berücksichtigung der Elektromobilität (Kapitel 3.8 Fahrrad- und Fußgängerverkehr),
flächendeckende Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen in allen Landesteilen (Kapitel 5.3 Telekommunikation),
Festlegungen zur Sicherung der Daseinsvorsorge (Kapitel 6.1 Sicherung der Daseinsvorsorge), dabei:
Bündelung in den Zentralen Orten,
Sicherung der Barrierefreiheit,
Eigenverantwortliche Sicherung der Daseinsvorsorge durch die Zentralen Orte,
Vernetzung, Kooperation und Abstimmung öffentlicher, freier und privat-gewerblicher Träger der Daseinsvorsorge,
flexible und bedarfsgerechte Lösungen zur Sicherung der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum,
maßgebliche Einbeziehung lokaler Akteure und bürgerschaftlichen Engagements,
Sicherung eines breiten, gleichwertigen und bedarfsgerechten Angebotes von Diensten und Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens in allen Landesteilen; regionale Vernetzung der Beratungs-, Unterstützungs- und Hilfsangebote im Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesen; Zentrale Orte als Standorte für Krankenhäuser; Sicherung der medizinischen und pflegerischen Versorgung insbesondere im ländlichen Raum; flächendeckende Stabilisierung der ambulanten ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung (Kapitel 6.2 Gesundheits- und Sozialwesen),
Ausrichtung der Standorte der Schulen am System der Zentralen Orte (Kapitel 6.3 Erziehungs- und Bildungswesen, Wissenschaft),
Verknüpfung der Kultureinrichtungen von regionaler Bedeutung mit dem Standortsystem der Zentralen Orte; Vernetzung von Kultureinrichtungen (Kapitel 6.4 Kultur und Sport),
flächendeckendes Netz von Sportanlagen und -einrichtungen in allen Landesteilen in zumutbarer Erreichbarkeit; Zentrale Orte als Standorte für Anlagen mit überörtlicher Bedeutung; regional abgestimmte Konzepte zur Sportstättenentwicklungsplanung; gemeindeübergreifender Betrieb/Sanierung/Neubau von Sportanlagen (Kapitel 6.4 Kultur und Sport),
Verteilung von Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung, Gerichtsbarkeit, Sicherheit und Ordnung derart, dass in allen Landesteilen eine ausreichende und bürgernahe Versorgung gewährleistet ist; Zentrale Orte als Standorte für Einrichtungen des überörtlichen Bedarfs (Kapitel 6.5 Öffentliche Verwaltung, Gerichtsbarkeit, Sicherheit und Ordnung, Verteidigung).
Ressourcenschonende Mobilität und integrierte Verkehrsentwicklung.
Veranlassung Trotz wesentlicher Fortschritte beziehungsweise Erfolge bei der Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur sind auch zukünftig unter Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Anforderungen erhebliche Anstrengungen zur weiteren Optimierung der Verkehrsinfrastruktur erforderlich. Ein leistungsfähiges und effizientes Verkehrssystem ist Voraussetzung für die Stärkung der Position des Freistaates Sachsen im Wettbewerb der Regionen und unter den Bedingungen der Globalisierung. Dazu gehören eine bedarfsgerecht ausgebaute und instand gehaltene Verkehrsinfrastruktur, die gleichzeitig essenzieller Standortfaktor für Wirtschaft, Wohlstand und Lebensqualität ist, sowie integrierte Verkehrskonzepte als Grundlage für eine effektive und verträgliche Verkehrsentwicklung. Sachsens Position als Logistikstandort, als Drehscheibe und Standort beziehungsweise Vorreiter für innovative nachhaltige Verkehrslösungen innerhalb Europas ist zu stärken und auszubauen. Um das weitere Zusammenwachsen Europas zu fördern, sind die sächsischen Verkehrsnetze mit den Transeuropäischen Netzen leistungsfähig und bedarfsgerecht zu verflechten. Dabei sind der großräumige Leistungsaustausch zwischen den Teilräumen Sachsens, insbesondere zwischen den Städten der Metropolregion Mitteldeutschland, sowie der Leistungsaustausch zu anderen deutschen Metropolregionen und zu europäischen Wirtschaftsräumen zu unterstützen. Bei Neubau von Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen ist auf effiziente Flächennutzung und eine Reduzierung der Flächeninanspruchnahme zu achten, wobei zukünftig der Erhaltung der Infrastruktur ein immer höherer Stellenwert zukommen wird (Erhaltung vor Aus- und Neubau). Die Sicherung der Mobilität für alle Einwohner ist im Freistaat Sachsen mit seinen unterschiedlichen regionalen Bedingungen ein entscheidender Faktor für die Lebensqualität der Bevölkerung in allen Landesteilen. Unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklungen und der daraus resultierenden, regional unterschiedlichen Entwicklung der Verkehrsnachfrage muss mit einer differenzierten, bedarfsgerechten Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur, auch für den Fahrrad- und Fußgängerverkehr, und einer angepassten Angebotspolitik des ÖPNV reagiert werden. Zwischen den einzelnen Verkehrsangeboten ist ein diskriminierungsfreier Wettbewerb zu schaffen. Es sind verkehrspolitische Lösungen zu entwickeln, die Mobilität nachhaltig organisieren. Der Einsatz von Elektromobilität bietet dabei große Potenziale zur Reduzierung von Schadstoffemissionen und ist deshalb am Automobilstandort Sachsen zu stärken. Innovative Fahrzeugkonzepte sollen den Transportraum besser auslasten. Durch den Einsatz moderner intermodaler Verkehrsmanagementsysteme soll eine effiziente und stärkere verkehrsträgerübergreifende Vernetzung erreicht werden. Mobilität ist ein Bürgerrecht. Voraussetzung für die Verwirklichung dieses Bürgerrechts ist eine verkehrsträgerübergreifende Verkehrspolitik. Gleichzeitig ist die Erhöhung der Verkehrssicherheit für alle Verkehrsarten und alle Verkehrsteilnehmer bei der Infrastrukturentwicklung ein wichtiges Ziel.
Handlungsschwerpunkte:
Erhaltung und Verbesserung des Straßennetzes und Sicherung der hierfür erforderlichen Trassen und Korridore in Sachsen (Kapitel 3.2 Straßenverkehr),
Entwicklung der überregionalen Eisenbahninfrastruktur, sodass Sachsen bestmöglich an das nationale und europäische Eisenbahnnetz angebunden wird (Kapitel 3.3 Überregionale Eisenbahninfrastruktur, Transeuropäische Netze und Schienenpersonenfernverkehr),
organisatorische und infrastrukturelle Weiterentwicklung des gesamten ÖPNV (Kapitel 3.4 Öffentlicher Personennahverkehr und Regionale Eisenbahninfrastruktur),
Schaffung eines integrierten Verkehrssystems (Kapitel 3.4 Öffentlicher Personennahverkehr und Regionale Eisenbahninfrastruktur),
Weiterentwicklung von qualitativ hochwertigen, tariflich weitgehend einheitlichen und benutzerfreundlichen Nahverkehrssystemen (Kapitel 3.4 Öffentlicher Personennahverkehr und Regionale Eisenbahninfrastruktur),
Sicherung und bedarfsgerechte Weiterentwicklung der Verkehrsflughäfen Leipzig und Dresden (Kapitel 3.5 Luftverkehr),
Sicherung der Binnenschifffahrt auf der Elbe im Rahmen der Unterhaltung mit Mindesttiefen der Fahrrinnen und bedarfsgerechte Weiterentwicklung der sächsischen Häfen (Kapitel 3.6 Binnenschifffahrt),
bedarfsgerechte Weiterentwicklung der Güterverkehrszentren und bedarfsgerechter Ausbau von Terminals für den kombinierten Verkehr (Kapitel 3.7 Güterverkehr),
Entwicklung eines landesweiten Radverkehrsnetzes unter Berücksichtigung des Alltagsradverkehrs, des Schülerradverkehrs und des Radverkehrstourismus (Kapitel 3.8 Fahrrad- und Fußgängerverkehr).
Effiziente Flächennutzung und Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme
Veranlassung Die Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme und eine wirtschaftlich effiziente Flächennutzung, welche von zahlreichen Faktoren beeinflusst wird, ist eine wichtige Aufgabe der weiteren Entwicklung des Freistaates Sachsen. Dazu werden drei Strategien verfolgt: Vermeiden (Aktiver Freiflächenschutz und Flächensparendes Bauen), Mobilisieren (Aktivierung von Baulücken, Entsiegelung im Bestand) und Revitalisieren (Revitalisierung beziehungsweise Rekultivierung von Brachflächen und Stadtumbau). Das Ziel einer Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme kann aber nicht durch völligen Verzicht auf Neuausweisungen realisiert werden. Um die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit durch die Ansiedelung oder Erweiterung von Industrie und Gewerbe sowie durch Verkehrs- und Logistikinfrastruktur zu erhalten und um den Bedürfnissen nach attraktiven und kostengünstigen Wohnverhältnissen Rechnung zu tragen, ist entsprechend begründeter Flächenbedarf weiterhin zu berücksichtigen.
Handlungsschwerpunkte:
Koordinierung der Flächennutzungsansprüche und einer effizienten Flächennutzung für die nachhaltige Sicherung der Leistungsfähigkeit von Wirtschaft einschließlich Landwirtschaft und Infrastruktur in den Verdichtungsräumen (Kapitel 1.2 Raumkategorie),
Verminderung der Neuinanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke (Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen),
Konzentration der Siedlungstätigkeit im Bereich von Verknüpfungspunkten des ÖPNV (Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen),
Konzentration der zentralörtlichen Einrichtungen in den Versorgungs- und Siedlungskernen sowie neuer Wohnbaugebiete in zumutbarer Entfernung zum Versorgungs- und Siedlungskern (Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen),
Beschränkung der baulichen Entwicklung in den Gemeinden auf die Eigenentwicklung; Zulässigkeit einer über die Eigenentwicklung hinausgehenden baulichen Entwicklung in den Zentralen Orten und Gemeinden mit besonderen Gemeindefunktionen (Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen),
Beplanungsgebot von Brachflächen, sofern Marktfähigkeit gegeben ist; Rekultivierung beziehungsweise Renaturierung von Brachflächen im Außenbereich sowie von nicht revitalisierbaren Brachen (Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen),
Zulässigkeit der Ausweisung von Baugebieten im Außenbereich nur in Ausnahmefällen, wenn geeignete Flächen im Innenbereich nicht ausreichend vorhanden sind. Anbindung solcher Baugebiete an vorhandene im Zusammenhang bebaute Ortsteile (Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen),
Auftrag an die Träger der Regionalplanung zur Hinwirkung auf ein Regionales Flächenmanagement unter Einbeziehung der kommunalen Ebene (Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen),
Freihaltung von Regionalen Grünzügen und Grünzäsuren von Bebauung und von anderen funktionswidrigen Nutzungen (Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen),
Gewährleistung einer energiesparenden integrierten Siedlungs- und Verkehrsflächenentwicklung bei der Entwicklung der Städte und Dörfer (Kapitel 2.2.2 Stadt- und Dorfentwicklung),
Rückbau beziehungsweise Zwischennutzung von leerstehender Bausubstanz einschließlich eines Leerstandsmanagements bei Dörfern mit hohem Gebäudeleerstand (Kapitel 2.2.2 Stadt- und Dorfentwicklung),
Bedarfsgerechte Bereitstellung von gewerblichen Bauflächen zur Sicherung der Eigenentwicklung unter Prüfung der Möglichkeiten einer interkommunalen Kooperation (Kapitel 2.3.1 Gewerbliche Wirtschaft),
Schutz vor beziehungsweise Beschränkung von Zerschneidung in unzerschnittenen verkehrsarmen Räumen einschließlich Rückbau von nicht mehr benötigten zerschneidend wirkenden Elementen in angrenzenden Bereichen (Kapitel 4.1.1 Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft),
Lenkung der unvermeidbaren Neuinanspruchnahme von Flächen auf anthropogen vorbelastete Böden beziehungsweise auf Böden mit geringer Bedeutung für die landwirtschaftliche Produktion, den Arten- und Biotopschutz, als natur- und kulturgeschichtliche Urkunden oder für die Regeneration der Ressource Wasser (Kapitel 4.1.3 Bodenschutz, Altlasten),
Sicherung von siedlungsklimatisch bedeutsamen Bereichen und Freihaltung von Neubebauung und Versiegelung (Kapitel 4.1.4 Siedlungsklima),
Sicherung von Böden besonderer Funktionalität, insbesondere für die landwirtschaftliche Produktion (Kapitel 4.1.3 Bodenschutz, Altlasten und Kapitel 4.2.1 Landwirtschaft),
Schutz von Wäldern mit besonderer Bedeutung (Kapitel 4.2.2 Forstwirtschaft),
Auftrag an die Träger der Regionalplanung zur Hinwirkung auf einen flächensparenden, effizienten und umweltverträglichen Ausbau der Nutzung der Erneuerbaren Energien (Kapitel 5.1 Energieversorgung),
dezentrale Konzentration der Windenergienutzung durch Festlegung von Vorrang- und Eignungsgebieten (Kapitel 5.1 Energieversorgung).
Einbindung von Strategien zum Klimaschutz und zur vorausschauenden Anpassung an die Folgen des Klimawandels
Veranlassung Der Klimawandel stellt eine der großen Herausforderungen für unsere heutige Gesellschaft sowie für zukünftige Generationen dar. Um diese Herausforderung bewältigen zu können, ist es erforderlich
die Möglichkeiten zur Reduzierung des CO
2
-Ausstoßes durch eine angepasste Siedlungs- und Verkehrsflächenentwicklung sowie den Ausbau Erneuerbarer Energien und damit verbundene Netzanpassungsmaßnahmen und die Entwicklung von Kohlenstoffspeichern und -senken konsequent zu nutzen und,
Anpassungsmaßnahmen, die eine Bewältigung der Folgen des Klimawandels befördern, zu entwickeln und umzusetzen. Dazu gehört insbesondere die Risikovorsorge durch Anpassung an die Zunahme der Intensität und Häufigkeit von Extremwetterlagen (Hitze, Starkregen, Sturm) sowie Anpassung an den Landschaftswandel und an eine mögliche Einschränkung der Nutzbarkeit natürlicher Ressourcen.
Von den Auswirkungen des Klimawandels sind viele Bereiche der natürlichen Umwelt, wie Wasser, Natur und Landschaft, des sozialen Umfeldes und der menschlichen Gesundheit, aber auch der Wirtschaft, der Land- und Forstwirtschaft und des Tourismus betroffen. Die komplexen Veränderungen und absehbaren Nutzungskonflikte erfordern schon jetzt strategische und integrative Planungsansätze, wie sie die Raumordnung als fach- und raumübergreifende Planung liefern kann.
Dass sich die Raumordnung der Koordinationsverantwortung bei der Bewältigung des Klimawandels stellen will, wird auch in dem Grundsatz des
Raumordnungsgesetzes
nach § 2 Abs. 2 Nr. 6
ROG
deutlich, wonach den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes Rechnung zu tragen ist, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen.
Regionale Klimaprojektionen zeigen, mit welchen Auswirkungen des Klimawandels in Sachsen zu rechnen ist (vergleiche Kapitel 1.3 „Künftige Herausforderungen: Klimawandel in Sachsen“ der Anlage A 2 „Umweltbericht mit Klimacheck“):
deutliche Erwärmungstendenz im 21. Jahrhundert
weniger Frosttage, weniger Schnee im Winter,
häufigere und längere Hitzeperioden im Sommer,
generelle Abnahme des Jahresniederschlages
insbesondere zunehmende Sommertrockenheit,
Rückgang der Niederschläge, vor allem in Nord- und Ostsachsen (eine sich von Westen nach Osten verschärfende Abnahme der Wasserbilanz),
häufigeres Auftreten von Extremereignissen.
Handlungsschwerpunkte: Energiesparende, integrierte Siedlungs- und Verkehrsflächenentwicklung durch:
räumliche Steuerung der Siedlungsentwicklung (Kapitel 2.2.2 Stadt- und Dorfentwicklung),
Abstimmung der Siedlungsentwicklung mit der Verkehrsinfrastruktur (Kapitel 2.2.2 Stadt- und Dorfentwicklung und Kapitel 3 Verkehrsentwicklung).
Klimaverträgliche Energieversorgung durch:
Sicherung geeigneter Flächen für die Windenergienutzung entsprechend den neuen Zielstellungen der sächsischen Energie- und Klimapolitik (Kapitel 5.1 Energieversorgung),
Auftrag zur Erstellung Regionaler Energie- und Klimaschutzkonzepte als Grundlage für den Ausbau der Erneuerbaren Energien (Kapitel 2.1.1 Regionale Kooperation und Kapitel 5.1 Energieversorgung).
Entwicklung natürlicher Kohlenstoffspeicher und -senken durch:
Vorgaben für die Sicherung/Entwicklung/Renaturierung von Feuchtgebieten und Mooren (Kapitel 4.1.1 Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft),
Vorgaben zu Waldmehrung und Waldumbau zu standortgerechten Mischwäldern mit einer hohen Anpassungsfähigkeit an die Folgen des Klimawandels unter Verwendung eines hinreichenden Anteils standortheimischer Baumarten (Kapitel 4.2.2 Forstwirtschaft),
Hinwirkung auf die Stabilisierung der Umweltsituation landwirtschaftlich genutzter Böden (Kapitel 4.2.1 Landwirtschaft).
Vorbeugender Hochwasserschutz und Hochwasservorsorge durch:
Sicherung und Rückgewinnung von Retentionsräumen und Verbesserung des Wasserrückhaltevermögens in der Landschaft (Kapitel 4.1.2 Grundwasser-, Oberflächenwasser, Hochwasserschutz),
Risikovorsorge in potenziellen Überflutungsbereichen, die bei Versagen bestehender Hochwasserschutzeinrichtungen oder Extremhochwasser überschwemmt werden können (Kapitel 4.1.2 Grundwasser-, Oberflächenwasser-, Hochwasserschutz),
technische Schutzmaßnahmen wie Deiche, Hochwasser- und Regenrückhaltebecken, sonstige Hochwasserschutzanlagen (Kapitel 4.1.2 Grundwasser-, Oberflächenwasser-, Hochwasserschutz).
Minimierung bioklimatischer Belastungen, insbesondere in Siedlungsbereichen, durch:
Schutz und Entwicklung klimawirksamer Ausgleichsräume (Kapitel 4.1.4 Siedlungsklima),
räumliche Steuerung der Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung (Kapitel 2.2 Siedlungsentwicklung und Kapitel 3 Verkehrsentwicklung),
räumliche Prioritätensetzung der Waldmehrung in Bezug auf Siedlungsbereiche (Kapitel 4.2.2 Forstwirtschaft),
Fortsetzung klimarelevanter Siedlungsstrukturen innerhalb des Siedlungsgefüges (Kapitel 4.1.4 Siedlungsklima).
Sicherung der Wasserversorgung durch:
nachhaltige Sicherung geeigneter Grundwasservorkommen zur öffentlichen Wasserversorgung (Kapitel 5.2 Wasserversorgung),
Unterstützung der Erhaltung beziehungsweise der Verbesserung des Wasserhaushaltes der Böden (Kapitel 4.1.1 Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft, Kapitel 4.1.2 Grundwasser-, Oberflächenwasser-, Hochwasserschutz, Kapitel 4.1.3 Bodenschutz, Altlasten und Kapitel 4.2.1 Landwirtschaft).
Anpassung der Land- und Forstwirtschaft durch:
Hinwirkung auf räumliche Schwerpunktsetzung von Anpassungsmaßnahmen der Landwirtschaft an die Folgen des Klimawandels (Kapitel 4.2.1 Landwirtschaft),
Vorgaben für den Waldumbau zu standortgerechten Mischwäldern mit einer hohen Anpassungsfähigkeit an die Folgen des Klimawandels und landesweite räumliche Schwerpunktsetzung (Kapitel 4.2.2 Forstwirtschaft).
Ermöglichung von Wanderungsbewegungen für Tiere und Pflanzen durch:
den Ausbau des großräumig übergreifenden Biotopverbundsystems (Kapitel 4.1.1 Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft),
Sicherung von unzerschnittenen verkehrsarmen Räumen (Kapitel 4.1.1 Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft),
Erhaltung und Entwicklung von naturnahen Quellbereichen, Fließ- und Standgewässern mit ihren Auen und Ufern (Kapitel 4.1.1 Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft),
Erhaltung beziehungsweise Neuanlage von landschaftsprägenden Gehölzen und Baumbeständen an Straßen, Wegen und Gewässern (Kapitel 4.1.1 Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft),
Erhaltung beziehungsweise Renaturierung/Revitalisierung von grundwasserabhängigen Landökosystemen und Mooren (Kapitel 4.1.1 Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft),
Schwerpunktsetzung für Waldmehrungsgebiete (Kapitel 4.2.2 Forstwirtschaft),
Beitrag der Landwirtschaft zur Eindämmung des Biodiversitätsverlustes (Kapitel 4.2.1 Landwirtschaft).
Darüber hinaus erfolgt mit der Durchführung eines Klimachecks im Rahmen der Umweltprüfung eine Prüfung aller landesplanerischen Festlegungen auf ihre Resilienz gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels (siehe Anhang A 2 Umweltbericht).

III. Ziele und Grundsätze der Raumordnung

1
Raumstrukturelle Entwicklung
1.1
Allgemeine raumstrukturelle Entwicklung
G 1.1.1
Die Teilräume des Freistaates Sachsen sollen sich in ihren Funktionen so ergänzen, dass sie gemeinsam zur Stärkung der Wirtschaftskraft und zur Verbesserung der Lebensqualität im Freistaat Sachsen beitragen.
G 1.1.2
Die lokale und regionale Identität in den Teilräumen soll bewahrt und gestärkt werden. Dabei sind der besondere Charakter des sorbischen Siedlungsgebietes und die Interessen des sorbischen Volkes zu berücksichtigen.
G 1.1.3
Die innerhalb der Teilräume bestehenden unterschiedlichen infrastrukturellen, wirtschaftlichen und naturräumlichen Gegebenheiten und Potenziale sollen bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen berücksichtigt und durch den abgestimmten Einsatz der Planungsinstrumente sowie durch eine gezielte Regionalentwicklung erschlossen werden.
Z 1.1.4
Bei mit öffentlichen Mitteln geförderten Infrastrukturinvestitionen ist die wirtschaftliche Tragfähigkeit unter den Bedingungen des demografischen Wandels zu beachten.
Begründung zu 1.1 Allgemeine raumstrukturelle Entwicklung
zu Grundsatz 1.1.1
Eine ausgewogene Entwicklung und Zusammenarbeit im Sinne einer Verantwortungsgemeinschaft von Verdichtungsräumen und ländlichem Raum mit seinen Teilräumen ist Grundlage für eine nachhaltige räumliche Entwicklung des gesamten Landes. Für die nachhaltige Raumentwicklung gemäß der Leitvorstellung nach § 2 Abs. 2
ROG
bedarf es daher der Funktionsfähigkeit und der Zusammenarbeit aller unterschiedlich strukturierten Teilräume. In beidseitigem Interesse und Verantwortung müssen sich die Verdichtungsräume und der ländliche Raum mit seinen Teilräumen in ihren Funktionen und Potenzialen ergänzen und partnerschaftlich kooperieren (siehe auch Kapitel 1.2 Raumkategorien, Kapitel 1.6 Länderübergreifende Zusammenarbeit und Europäische Metropolregion Mitteldeutschland und Kapitel 2.1 Regionalentwicklung).
zu Grundsatz 1.1.2 Die Bewahrung und Stärkung lokaler und regionaler Identität ist eine wesentliche Säule einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Gesellschaft und trägt zur Sicherung und Verbesserung der Lebensqualität in allen Teilräumen bei. Lokale und regionale Identität definiert sich sowohl zum Beispiel durch Ortsbilder, Landschaftsbilder oder regional vorhandene Eigenheiten, aber auch im Sinne eines lokalen oder regionalen Bewusstseins. Zur Bewahrung und Stärkung lokaler und regionaler Identität im Freistaat Sachsen gehört auch, die Belange des sorbischen Volkes und die regionalen Besonderheiten im zweisprachigen sorbischen Siedlungsgebiet zu berücksichtigen. Das sorbische Siedlungsgebiet mit den sorbischen Gemeindenamen ist in Karte 12 dargestellt.
zu Grundsatz 1.1.3 Die gesellschaftlichen Entwicklungsprozesse führen zu einer zunehmenden sozialen und wirtschaftlichen Verflechtung von Stadtregionen und geringer verdichteten ländlichen Teilräumen. Hinsichtlich der bevölkerungs- und siedlungsstrukturellen Merkmale bestehen zwar weiterhin Unterschiede, die sich auch auf die infrastrukturelle Ausstattung und die Wirtschaftsstruktur auswirken (siehe Kapitel 1.2 Raumkategorien). Wachstum und Schrumpfung von Bevölkerung finden aber sowohl in den Verdichtungsräumen als auch im ländlichen Raum mit seinen Teilräumen im unterschiedlichen Maße, oft auch in räumlicher Nähe, statt. Dabei gelten die wesentlichen, auf die Zukunft gerichteten Herausforderungen (siehe Gliederungspunkt II) für alle Teilräume gleichermaßen, jedoch unterscheiden sich die Rahmenbedingungen und Aufgaben, um den Herausforderungen gerecht zu werden. Jeder Teilraum braucht seine spezifische raumbezogene und problemorientierte Entwicklungsstrategie, die von den endogenen Potenzialen der jeweiligen Region ausgeht („Stärken stärken“). Die Träger der Regionalplanung sollen dazu beitragen, diese differenzierten Potenziale der Teilräume aufzuzeigen und regionale Partnerschaften mit Strategien (siehe auch Kapitel 2.1.1 Regionale Kooperation), unter anderem Grundlage von regionalen Leitbildern gemäß § 4 Abs. 1
SächsLPlG
, zu unterstützen.
zu Ziel 1.1.4 Demografische Veränderungen betreffen, wenn auch im unterschiedlichen Maße, den ländlichen Raum ebenso wie die Verdichtungsräume. Sie berühren alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und verlangen ressort- und ebenenübergreifendes Denken und Handeln. Insbesondere in den Bereichen der technischen und sozialen Infrastruktur führen sich verändernde Nutzerzahlen und -gruppen (zum Beispiel durch die Alterung der Bevölkerung) zu geänderten qualitativen und quantitativen Anforderungen an Einrichtungen und Leistungen. Die Staatsregierung hat am 11. Januar 2011 einen Kabinettsbeschluss zur Einführung eines Demografietests gefasst, wonach künftig bei allen relevanten Zuwendungsverfahren sowie bei staatlichen Bauvorhaben die demografische Tragfähigkeit zu prüfen und zu berücksichtigen ist (www.demografie.sachsen.de). Die Berücksichtigung von künftigen demografischen Rahmenbedingungen ist sowohl auf der Ebene des Landes als auch der Regionen und Kommunen eine fach- und ebenenübergreifende Querschnittsaufgabe. Insoweit richtet sich diese Festlegung sowohl an die Maßnahmenträger als auch an die Fördermittelgeber. Die Ermittlung der demografischen Tragfähigkeit von raumbedeutsamen Infrastrukturinvestitionen schließt die Ermittlung des künftigen Bedarfs, der Folge- und Unterhaltungskosten und der Kostenbelastung für künftige Nutzer und somit die Wirtschaftlichkeit ein. Vorhaben unter den Bedingungen des demografischen Wandels können sowohl Vorhaben zur kontrollierten Anpassung an die Auswirkungen des demografischen Wandels sein, wie zum Beispiel zum Umbau der Versorgungsstruktur. Es können aber auch Vorhaben sein, die zur Stabilisierung kommunaler Strukturen beitragen und weiteren Schrumpfungsprozessen entgegensteuern, wie zum Beispiel Maßnahmen für eine bessere Kinder- und Familienfreundlichkeit und zu einem generationenübergreifenden Miteinander. Dabei können Entscheidungen zum Ausbau, zur Anpassung, aber auch zur Gestaltung eines unabwendbaren Rückbaus von Infrastruktur, nur im Ergebnis eines breiten Kommunikationsprozesses mit der Bürgerschaft und lokalen beziehungsweise regionalen Akteuren sowie Kooperationsprozessen getroffen werden, um passfähige lokale, aber auch regional abgestimmte und wirtschaftliche Lösungen zu finden (siehe auch Kapitel 2.1.1 Regionale Kooperation und Kapitel 6 Daseinsvorsorge). Bei der Beurteilung eines Vorhabens hinsichtlich wirtschaftlicher Tragfähigkeit und Geeignetheit der Planung oder Maßnahme entsprechend der konkreten demografischen Situation sind auch weitere Aspekte, wie Ressourcenschonung, Energieeffizienz, die geografischen Gegebenheiten, sowie die Bedürfnisse der Bevölkerung und der regionalen Wirtschaft heranzuziehen. Bei der Beurteilung der demografischen Tragfähigkeit ist die jeweils gültige Bevölkerungsprognose zu Grunde zu legen. Derzeit gilt die „5. Regionalisierte Bevölkerungsprognose für den Freistaat Sachsen bis 2025“ als einheitliche Planungs- und Entscheidungsgrundlage für die Raumordnung und die Fachplanungen im Freistaat Sachsen.
1.2
Raumkategorien
Karte:
Die Abgrenzung der Raumkategorien ist in der Karte 1 „Raumstruktur“ festgelegt.
G 1.2.1
Die Verdichtungsräume sollen in ihren Potenzialen zur Mobilisierung von Innovation und Wachstum als landesweit und überregional bedeutsame Leistungsträger weiter gestärkt werden. Dazu sollen
Siedlungs- und Verkehrsentwicklung sowie der Städtebau so erfolgen, dass verdichtungs- und verkehrsbedingte Umweltbelastungen und Standortbeeinträchtigungen vermieden beziehungsweise abgebaut,
durch Koordinierung der Flächennutzungsansprüche und eine effiziente Flächennutzung die Leistungsfähigkeit von Wirtschaft und Infrastruktur nachhaltig gesichert,
die Zusammenarbeit in den Stadt-Umland-Räumen der Zentralen Orte intensiviert sowie,
die Vernetzung mit den ländlichen Teilräumen weiter ausgebaut
werden.
G 1.2.2
Der ländliche Raum soll unter Berücksichtigung seiner siedlungsstrukturellen Besonderheiten und seiner Vielfalt als attraktiver Lebens-, Wirtschafts-, Kultur- und Naturraum weiterentwickelt und gestärkt werden. Hierzu sollen
die Siedlungsstruktur des ländlichen Raumes durch die funktionale Stärkung seiner Zentralen Orte gefestigt,
die Erreichbarkeit der Zentralen Orte aus ihren Verflechtungsbereichen gesichert,
die besonderen Herausforderungen des demografischen Wandels im ländlichen Raum, insbesondere im Hinblick auf die Sicherung der Daseinsvorsorge, sowohl durch Anpassung als auch durch Gegenstrategien bewältigt sowie,
staatliches, kommunales und privates Handeln stärker miteinander vernetzt
werden.
G 1.2.3
Zur Entwicklung des ländlichen Raumes und seiner eigenständigen Potenziale sollen insbesondere Planungen und Maßnahmen unterstützt werden, die
die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung, Stärkung und zeitgemäße Fortentwicklung einer vielfältig strukturierten Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft und der damit verbundenen Arbeitsplätze schaffen,
die Erwerbsgrundlagen für Gewerbe, Handwerk und Dienstleistungen erweitern,
zur Stärkung der Funktionen als Freizeit- und Erholungsraum beitragen,
die regionale Handlungsfähigkeit und Verantwortung stärken und,
die Eigeninitiative und das lokale Engagement der Bevölkerung befördern.
G 1.2.4
Die verdichteten Bereiche im ländlichen Raum sollen als Siedlungs-, Wirtschafts- und Versorgungsräume mit ihren Zentralen Orten in ihrer Leistungskraft so weiterentwickelt werden, dass von ihnen in Ergänzung zu den Verdichtungsräumen Entwicklungsimpulse in den ländlichen Raum insgesamt ausgehen.
G 1.2.5
In den verdichteten Bereichen im ländlichen Raum soll die Infrastruktur für den Personen- und Güterverkehr so gestaltet werden, dass sowohl ihre innere Erschließung als auch die Erreichbarkeit der Verdichtungsräume gewährleistet wird.
Begründung zu 1.2 Raumkategorien
Die gemäß § 3 Abs. 2
SächsLPlG
festzulegenden Raumkategorien bilden ein raumordnerisches Gebietsraster zur räumlichen Bewertung von Entwicklungsprozessen und zur Ableitung landeseinheitlicher raumordnerischer Maßstäbe, die den allgemeinen strukturellen Unterschieden Rechnung tragen, ohne jedoch die spezifischen Gegebenheiten der Teilräume außer Acht zu lassen. Raumkategorien sind vor allem siedlungsstrukturell abgegrenzte Räume. Die Suburbanisierungsprozesse und damit die siedlungsstrukturelle Verdichtung im Umland der Oberzentren waren bereits bei der letzten Fortschreibung des Landesentwicklungsplanes weitgehend abgeschlossen. Wesentliche siedlungsstrukturelle Veränderungen beschränken sich seitdem auf großflächige Verkehrsbauten und Industrie- und Gewerbegebiete, die aber größtenteils innerhalb der bereits bestehenden Verdichtungsräume erfolgen. Veränderungen bei der Abgrenzung der Verdichtungsräume betreffen daher lediglich einzelne Gemeinden im Randbereich zum ländlichen Raum. Um Gemeinden konkret einer Raumkategorie zuordnen zu können, werden Raumkategorien gemeindescharf abgegrenzt. Zur Vermeidung von Insellagen sowie zur sinnvollen Arrondierung werden in Einzelfällen Gemeinden, die die Kriterien nicht oder nur teilweise erfüllen, der sie umgebenden Kategorie zugeordnet.
Verdichtungsräume Die Abgrenzung der Verdichtungsräume wird unter Berücksichtigung bundesweit vergleichbarer Schwellenwerte (Beschluss des Hauptausschusses der MKRO 1993 zur Ausweisung von Verdichtungsräumen) nach folgenden Kriterien vorgenommen (Quelle: Statistisches Landesamt):
Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche (2010) größer als 11,6 Prozent,
Einwohnerdichte größer als 200 Einwohner je km²,
Siedlungsdichte größer als 2 000 Einwohner je km² Siedlungsfläche
Mindestens zwei dieser Kriterien müssen erfüllt werden. Voraussetzung zur Abgrenzung eines Verdichtungsraumes ist ein zusammenhängender Raum mit mindestens 150 000 Einwohnern. Demnach sind die Verdichtungsräume großflächige Gebiete um die Oberzentren der Metropolregion Mitteldeutschland, wobei die Oberzentren Chemnitz und Zwickau einen gemeinsamen Verdichtungsraum ausbilden. Die Verdichtungsräume sind durch eine hohe Konzentration von Bevölkerung, Wohn- und Arbeitsstätten, Trassen, Anlagen und Einrichtungen der technischen und sozialen Infrastruktur sowie durch hohe innere Verflechtungen gekennzeichnet. Neben den Kernstädten und städtisch geprägten Ortsteilen befinden sich in den Verdichtungsräumen auch einzelne Ortsteile mit dörflichen Siedlungsstrukturen, deren landschaftsprägende Eigenarten bei der spezifischen Ordnung und Entwicklung zu berücksichtigen sind.
Ländlicher Raum Der ländliche Raum umfasst die Teile Sachsens, die im Vergleich zu den Verdichtungsräumen dünnere Besiedlung und geringere bauliche Verdichtung aufweisen. Er wird durch spezifische Besonderheiten seiner Teilräume, ein differenziertes Netz von städtisch und dörflich geprägten Siedlungen mit funktionalen Verflechtungen, durch unterschiedliche ökonomische und soziokulturelle sowie ökologische Standortfaktoren und Potenziale gekennzeichnet. Der ländliche Raum umfasst sowohl besonders dünn besiedelte Teilräume, Teilräume mit einer hohen Dichte von Kleinstsiedlungen, Teilräume mit vergleichsweise peripherer Lage zu den Oberzentren der Metropolregion, als auch Teilräume mit einem höheren Anteil städtisch geprägter Siedlungen.
Verdichtete Bereiche im ländlichen Raum Um den unterschiedlichen Gegebenheiten und Herausforderungen Rechnung zu tragen, werden innerhalb des ländlichen Raumes verdichtete Bereiche mit überdurchschnittlichem Anteil an Siedlungs- und Verkehrsfläche bestimmt. Die Abgrenzung dieser Bereiche wird nach folgenden Kriterien (Quelle: Statistisches Landesamt/IÖR-Monitor) vorgenommen:
Siedlungs- und Verkehrsflächenanteil größer als 10 Prozent (2010),
Randbereich eines Verdichtungsraumes oder
zusammenhängender Raum mit mindestens 10 000 Einwohnern.
Die Raumkategorien „Verdichtungsräume“ und „ländlicher Raum“ einschließlich seiner verdichteten Bereiche sind nicht per se Fördergebietskulissen. Eine eventuelle Eignung dieser Räume oder davon abweichender Teilräume als räumliche Förderschwerpunkte, auch durch Bündelung von Fachförderungen, zur Unterstützung ihrer spezifischen Potenziale und Lösung spezieller Probleme ist im Rahmen der jeweiligen Fachförderung zu entscheiden.
zu Grundsatz 1.2.1 Die Potenziale der Verdichtungsräume, die sich aus der Bevölkerungs- und Wirtschaftskonzentration ergeben, gilt es für die Entwicklung des gesamten Landes zu sichern. Die Verdichtungsräume sind im unterschiedlichen Maße auch von Alterung und Abwanderung, aber auch von Zuwanderung, Internationalisierung der Gesellschaft und Veränderung der Haushaltsformen sowie anderen Herausforderungen des demografischen Wandels betroffen. Suburbanisierungsprozesse und die Umgestaltung der Wirtschaft sowie der Infrastruktur haben dazu geführt, dass sich die traditionellen Gegensätze zwischen Zentrum und Peripherie weiter auflösen. Die Räume entwickeln sich zunehmend zu Stadtregionen mit einem vernetzten Sozial-, Wirtschafts- und Kulturraum. Diese Potenziale für Wirtschaftswachstum auf der einen Seite, aber auch die notwendige Ressourcenschonung hinsichtlich der Flächeninanspruchnahme auf der anderen Seite gilt es durch eine abgestimmte Siedlungs- und Verkehrsentwicklung, durch entsprechende städtebauliche Maßnahmen sowie durch passfähige stadtregionale Kooperationsstrukturen zu unterstützen. Deshalb stehen in den Verdichtungsräumen neben Entwicklungs- und Sanierungsaufgaben zur Stärkung als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort insbesondere auch Ordnungsaufgaben hinsichtlich einer zweckmäßigen und umweltverträglichen Flächennutzung im Vordergrund. Die Zentralen Orte in den Verdichtungsräumen stehen in engen wechselseitigen Verflechtungen mit ihrem Umland. Diesem besonderen Abstimmungs- und Koordinierungsbedarf ist durch geeignete Formen der Zusammenarbeit zu entsprechen. Der weitere Ausbau der Vernetzung und der Zusammenarbeit der Verdichtungsräume mit den ländlichen Teilräumen ist eine Chance, die Wirtschafts-, Wachstums-, Innovations-, Ausgleichs-, Erholungs- und kulturellen Funktionen der Teilräume zu stärken und gegenseitig nutzbar zu machen.
zu Grundsatz 1.2.2 und Grundsatz 1.2.3 Der ländliche Raum mit seinen Teilräumen ist als eigenständiger Lebens-, Wirtschafts-Kultur- und Naturraum mit seinen gewachsenen Strukturen langfristig zu sichern und weiterzuentwickeln. Seine dezentrale Siedlungsstruktur mit Städten und Dörfern sowie seine vielfältigen Kulturlandschaften prägen weite Teile des Freistaates Sachsen. Die regionale Vielfalt seiner Teilräume und die unterschiedlichen naturräumlichen und siedlungsstrukturellen Bedingungen sowie die differenzierten Erfordernisse für eine verbesserte Erreichbarkeit der Ober- und Mittelzentren sind bei den Festlegungen der Raumordnung sowie bei den raumbezogenen Fachplanungen zu berücksichtigen. Zielstellung ist es, die sich aus der regionalen Vielfalt ergebenden Potenziale des ländlichen Raumes zu erschließen, seine natürlichen Lebensgrundlagen zu sichern, die Erholungseignung der Landschaft zu erhalten und die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft in ihrer jeweiligen strukturellen Vielfalt und als wichtigen Wirtschaftszweig zu stärken. Zu den Wertschöpfungspotenzialen zählen Erzeugung und Verarbeitung in regionalen Wirtschaftskreisläufen genauso wie die Gemeinwohlleistungen zur Pflege und Erhaltung der Kulturlandschaften. Weitere Potenziale außerhalb dieser Bereiche liegen in der Ansiedlung und Bestandspflege von Gewerbe, Handwerk und Dienstleistungen, einschließlich touristischer Infrastruktur, sowie in der Nutzung als Freizeit- und Erholungsraum für die in den Verdichtungsräumen lebende Bevölkerung. Eine wichtige Voraussetzung für eine Stärkung dieser Potenziale ist auch die Verbesserung der Versorgung mit modernen Kommunikationstechnologien und -netzen (siehe Kapitel 5.3 Telekommunikation).
Die Leitvorstellung zur Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse gemäß § 1 Abs. 2
ROG
steht nicht zur Disposition. Sie darf aber nicht auf den bloßen Ressourcentransfer zwischen den Regionen reduziert werden. Anpassungen durch Schrumpfung und Rückbau („Dorfumbau“) sind daher ebenso wie Stabilisierung, Umbau und Wachstum Entwicklungsstrategien für den ländlichen Raum (siehe Kapitel 2.2.2 Stadt- und Dorfentwicklung).
Im
cklu
zu Grundsatz 1.2.4 Die verdichteten Bereiche im ländlichen Raum, die in der Regel durch eine kleinräumige Konzentration von Industrie und Gewerbe gekennzeichnet sind, bilden wichtige wirtschaftliche Kristallisationspunkte innerhalb des ländlichen Raumes. In den Randbereichen zu den Verdichtungsräumen weisen sie stärkere arbeits- und funktionsräumliche Verflechtungsbeziehungen zu den Verdichtungsräumen auf. Interkommunal abgestimmte Planungen sollen dazu beitragen, die von den verdichteten Bereichen im ländlichen Raum ausgehende regionale Impulsgeberfunktion und die Profilierung dieser Teilräume stärker zum Tragen zu bringen.
zu Grundsatz 1.2.5 Zur Realisierung der Impulsgeberfunktion sind bedarfsgerechte Verkehrsverbindungen zum benachbarten ländlichen Raum und zu den Verdichtungsräumen sowie eine leistungsfähige und standardgerechte Einbindung in die überregionalen Verkehrs-, Energie- und Kommunikationsnetze notwendig. Der Erhalt und der Ausbau des ÖPNV, insbesondere auch zur Sicherstellung der Erreichbarkeit der benachbarten Oberzentren, ist dabei eine wichtige Zielsetzung.
1.3
Zentrale Orte und Verbünde
Karte:
Die Oberzentren und die Mittelzentren sind in der Karte 1 „Raumstruktur“ festgelegt. Die mittelzentralen Verflechtungsbereiche sind in der Karte 2 „Mittelbereiche“ dargestellt.
Z 1.3.1
Die Zentralen Orte sind so zu entwickeln, dass sie
ihre Aufgaben als Schwerpunkte des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens im Freistaat Sachsen wahrnehmen können und
zur Sicherung der Daseinsvorsorge die Versorgung der Bevölkerung ihres Verflechtungsbereiches mit Gütern und Dienstleistungen bündeln und in zumutbarer Entfernung sicherstellen.
Z 1.3.2
Die Zentralen Orte der höheren Stufen übernehmen auch die Aufgaben der Zentralen Orte der jeweils niedrigeren Stufe für die entsprechenden Verflechtungsbereiche.
Z 1.3.3
Planungen und Maßnahmen in den Zentralen Orten, die die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte beeinträchtigen, sind zu vermeiden.
Z 1.3.4
Die Erreichbarkeit der Zentralen Orte für die Bevölkerung ihrer Verflechtungsbereiche ist zu sichern.
Z 1.3.5
Die Ausübung von zentralörtlichen Funktionen im zentralörtlichen Verbund von Gemeinden ist nur zulässig, wenn gewährleistet ist, dass die Aufgabenwahrnehmung funktionsteilig erfolgt.
Z 1.3.6
Oberzentren sind die Städte Dresden, Leipzig, Chemnitz, Zwickau und Plauen. Oberzentrum in Funktionsteilung ist der Oberzentrale Städteverbund Bautzen/Budyšin-Görlitz/Zhorjelc-Hoyerswerda/Wojerecy. Die Oberzentren sind als überregionale Wirtschafts-, Innovations-, Bildungs-, Kultur- und Verwaltungszentren weiter zu entwickeln.
Z 1.3.7
Mittelzentren sind die Städte Annaberg-Buchholz, Borna, Coswig, Crimmitschau, Delitzsch, Dippoldiswalde, Döbeln, Eilenburg, Freiberg, Freital, Glauchau, Grimma, Großenhain, Kamenz/Kamjenc, Limbach-Oberfrohna, Löbau, Marienberg, Markkleeberg, Meißen, Mittweida, Niesky, Oelsnitz/Vogtl., Oschatz, Pirna, Radeberg, Radebeul, Reichenbach im Vogtland, Riesa, Schkeuditz, Stollberg/Erzgeb., Torgau, Weißwasser/O.L./Běla Woda, Werdau, Wurzen und Zittau sowie die Städteverbünde „Göltzschtal“ (Auerbach/Vogtl., Ellefeld, Falkenstein/Vogtl. und Rodewisch), „Sachsenring“ (Hohenstein-Ernstthal, Lichtenstein/Sa. und Oberlungwitz) und „Silberberg“ (Aue, Lauter-Bernsbach, Lößnitz, Bad Schlema, Schneeberg und Schwarzenberg/Erzgeb.). Die Mittelzentren sind als regionale Wirtschafts-, Bildungs-, Kultur-, und Versorgungszentren, insbesondere zur Stabilisierung des ländlichen Raumes, zu sichern und zu stärken.
Z 1.3.8
Grundzentren sind in den Regionalplänen zur Ergänzung der Ober- und Mittelzentren festzulegen, wenn die Festlegung zur Netzergänzung der grundzentralen Versorgung in zumutbarer Entfernung erforderlich ist. Hierzu sind in den Regionalplänen auf der Grundlage sozioökonomischer Daten Nahbereiche darzustellen. Die Festlegung von Grundzentren ist nur zulässig, wenn diese Gemeinden hinreichend leistungsfähige Versorgungs- und Siedlungskerne aufweisen, eine Funktion als ÖPNV-Knotenpunkt erfüllen und die nachfolgenden Einwohnerzahlen nicht unterschreiten:
mindestens 15 000 Einwohner im Verflechtungsbereich innerhalb des Verdichtungsraumes,
mindestens 7 000 Einwohner im Verflechtungsbereich im ländlichen Raum.
Diese Einwohnergrenzen dürfen dann unterschritten werden, wenn besondere raumstrukturelle Bedingungen die Festlegung des Grundzentrums erfordern und eine angemessene grundzentrale Versorgung auf andere Weise nicht gesichert werden kann.
Begründung zu 1.3 Zentrale Orte und Verbünde
Zentrale Orte sind Gemeinden, die über leistungsfähige Versorgungs- und Siedlungskerne (siehe Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen) verfügen und die auf Grund ihrer Einwohnerzahl und der Größe ihres Verflechtungsbereiches, ihrer Lage im Raum, ihrer Funktion und der Komplexität ihrer Ausstattung Schwerpunkte des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens im Freistaat Sachsen bilden. Sie übernehmen entsprechend ihrer Funktion auch Aufgaben für ihre jeweiligen Verflechtungsbereiche. Der Zentrale Ort wird dem Gebiet einer Gemeinde gleichgesetzt (Würdigung der kommunalen Planungshoheit). Dabei schließt der Verflechtungsbereich eines Zentralen Ortes auch das Gemeindegebiet der jeweiligen zentralörtlichen Gemeinde ein. Die Zuordnung von Städten und Gemeinden zu einem hierarchisch aufgebauten System von Zentralen Orten ergibt insgesamt das Zentrale-Orte-Konzept. Im Landesentwicklungsplan werden die Oberzentren sowie die Mittelzentren und in den Regionalplänen die Grundzentren festgelegt.
zu Ziel 1.3.1 Die Sicherung der Daseinsvorsorge und die Schaffung der erforderlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind ein wichtiger Beitrag, um gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen des Freistaates Sachsen zu gewährleisten. Ein ausgewogenes raumstrukturelles Netz der Zentralen Orte soll dazu beitragen, dass in allen Teilräumen des Freistaates die Bevölkerung Einrichtungen der Daseinsvorsorge in zumutbarer Entfernung zu ihrem Wohnort erreichen kann. Die Standortvorteile der Zentralen Orte im Freistaat Sachsen bestehen insbesondere in Synergieeffekten durch die räumliche Konzentration ihrer vielfältigen Funktionen für Wohnen und Infrastruktur sowie als wirtschaftliche Schwerpunkte und Verkehrsknoten. Diese Funktionen bieten sie nicht nur für ihre eigene Bevölkerung, sondern auch für die Bevölkerung und die Wirtschaft in ihrem Verflechtungsbereich. Das Netz der Zentralen Orte soll verlässliche Rahmenbedingungen für die Wirtschaft sowie für private und öffentliche Träger der Daseinsvorsorge bei ihren Standort- und Investitionsentscheidungen bieten.
Gemäß § 8 Abs. 5 Nr. 1
ROG
und § 3 Abs. 2
SächsLPlG
sind in Raumordnungsplänen Festlegungen zur Raumstruktur zu treffen und in diesem Zusammenhang auch Zentrale Orte festzulegen. Mit den einzelnen Festlegungen zu den Zentralen Orten wird den Grundsätzen der Raumordnung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des
ROG
entsprochen
die Siedlungstätigkeit vorrangig auf vorhandene Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur und Zentrale Orte auszurichten,
die soziale Infrastruktur vorrangig in Zentralen Orten zu bündeln sowie
die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten.
Das Konzept der Zentralen Orte als Mittel zur Erreichung landesentwicklungspolitischer Zielsetzungen bezieht sich auf die folgenden drei Teilziele der Nachhaltigkeit:
Das Teilziel „sozial“ stellt auf die gerechte Verteilung von Ressourcen ab und erfüllt damit den Auftrag zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Teilräumen. Insbesondere in ländlichen Räumen soll das Zentrale-Orte-System ein Mindestmaß an Versorgungsgerechtigkeit sicherstellen und das Versorgungsnetz stabilisieren.
Das Teilziel „ökonomisch“ bezieht sich auf die Tragfähigkeit und Auslastung von Infrastruktureinrichtungen und den effizienten Einsatz öffentlicher Mittel.
Das Teilziel „ökologisch“ zielt auf die Begrenzung des Ressourcenverbrauchs, den sparsamen Umgang mit Flächen und die Minimierung ökologischer Belastungen. Dazu gehört auch eine an der Verkehrsvermeidung (beziehungsweise Verkehrsminimierung) orientierte Siedlungsentwicklung.
Im LEP 2003 wurden die bereits im Landesentwicklungsplan 1994 festgelegten Oberzentren beibehalten. Die Mittelzentren wurden neu bewertet, zahlenmäßig reduziert und auf der Grundlage der arbeitsräumlichen Verflechtungen unter Berücksichtigung der Größe des Einzugsgebietes und der Größe der jeweiligen Stadt sowie der Lage im Raum differenziert. Mit der Fortschreibung der Regionalpläne wurden auf der Grundlage der Kriterien des Landesentwicklungsplanes 2003 landesweit die Grundzentren festgelegt. Grundsätzlich hat sich das dreistufige zentralörtliche Konzept der Ober-, Mittel- und Grundzentren im Freistaat Sachsen als raumstrukturelles Organisationsprinzip der für Sachsen vorteilhaften dezentralen Siedlungsstruktur und als Standortsystem zur Sicherung der Daseinsvorsorge bewährt. Auf der Ebene des Landesentwicklungsplanes wird daher an der Festlegung der Ober- und Mittelzentren, die der LEP 2003 getroffen hat, festgehalten. Vor dem Hintergrund des fortschreitenden demografischen Wandels und der Verminderung finanzieller Ressourcen ist es als zentrales Steuerungsinstrument der Daseinsvorsorge weiter zu gestalten (siehe Kapitel 6 Daseinsvorsorge).
zu Ziel 1.3.2 Höherrangige Zentrale Orte nehmen zugleich die Aufgaben der nachrangigen Stufen wahr. So nimmt ein Oberzentrum neben den oberzentralen Versorgungsfunktionen auch die Aufgaben eines Mittelzentrums für einen Mittelbereich beziehungsweise grundzentrale Aufgaben (grundzentraler Nahbereich) wahr. Ein Mittelzentrum nimmt neben den mittelzentralen Versorgungsfunktionen auch die Aufgaben eines Grundzentrums für seinen grundzentralen Nahbereich wahr. Bei entsprechendem Nachfragepotenzial und wirtschaftlicher Tragfähigkeit können zentralörtliche Einrichtungen auch in Zentralen Orten niedriger Stufen vorhanden sein. Abgeleitet vom Nachfrageverhalten und der Erreichbarkeit werden den Zentralen Orten Verflechtungsbereiche zugeordnet, die aufzeigen, welche Städte und Gemeinden vorrangig durch die jeweilige zentralörtliche Ausstattung mitversorgt werden. Durch den hohen Mobilitätsgrad der Bevölkerung und den Strukturwandel lockern sich die zentralörtlichen Standortbindungen, sodass nicht immer funktional eindeutige Zuordnungen gegeben sind. Jedoch sprechen ordnungspolitische Aspekte sowie verkehrspolitische Gründe für die Darstellung der Mittel- und Nahbereiche als räumliche Bezugsrahmen. Jedem Zentralen Ort wird ein Nahbereich zugeordnet. Die Nahbereiche aller Zentralen Orte werden in den Regionalplänen als Teil der Begründung dargestellt und dienen dort als Begründung der Festlegung der jeweiligen Grundzentren. Den Mittel- und Oberzentren werden Mittelbereiche zugeordnet, die jeweils mehrere Nahbereiche umfassen können. Sie sind in Karte 2 (Erläuterungskarte) dargestellt. Zur Abgrenzung der Mittelbereiche wurden funktionsräumliche Verflechtungen herangezogen, die häufig historisch gewachsen sind und daher zum Teil alte Kreisstrukturen abbilden. Bei der Wichtung der funktionsräumlichen Beziehungen untereinander lag der Schwerpunkt auf den Pendlerverflechtungen. Dabei ergeben sich in vielen Fällen auch Überschneidungen zwischen zwei Mittelbereichen. Oberbereiche, das heißt Verflechtungsbereiche der Oberzentren, werden im Landesentwicklungsplan nicht dargestellt. Sie lassen sich auf Grund der großräumigen Überschneidungen der funktionsbezogenen Einzugsbereiche nicht eindeutig abgrenzen. Außerdem gehen diese Funktionsbereiche zum Teil weit über die Landesgrenzen des Freistaates Sachsen hinaus (siehe auch Kapitel 1.6 Länderübergreifende Zusammenarbeit und Europäische Metropolregion Mitteldeutschland).
zu Ziel 1.3.3 Das Zentrale-Orte-Konzept ist in seinen Zielsetzungen nicht einseitig auf Wachstum oder Schrumpfung ausgerichtet, sondern hält mit seinen Prinzipien der räumlichen und funktionalen Bündelung im Raum Strategien gleichermaßen für Wachstums- oder Schrumpfungsprozesse offen. Gerade vor dem Hintergrund der künftigen demografischen Entwicklung kommt jedoch den Zentralen Orten als verbleibenden Kristallisationskernen im ländlichen Raum eine wachsende Bedeutung zu. Im Hinblick auf die räumliche Nähe der Zentralen Orte zueinander und mögliche Beeinträchtigungen bestimmter Funktionen, zum Beispiel im großflächigen Einzelhandel, ist eine entsprechende Abstimmung und Zusammenarbeit der Zentralen Orte, insbesondere in den Verdichtungsräumen, geboten. Im ländlichen Raum ist dieses Gebot insbesondere im Hinblick auf ein funktionsfähiges Netz Zentraler Orte in allen Teilräumen zu beachten. Damit Entwicklungen einzelner Zentraler Orte nicht zu Lasten der Funktionsfähigkeit und des Versorgungsauftrages anderer Zentraler Orte gehen, können die Träger der Regionalplanung im regionalen Gesamtinteresse spezifische Abstimmungs- und Kooperationserfordernisse, auch hinsichtlich einer arbeitsteiligen Erfüllung bestimmter Aufgaben, zwischen den Zentralen Orten sowohl gleicher als auch unterschiedlicher Hierarchiestufen festlegen.
zu Ziel 1.3.4 Die Erreichbarkeit der Zentralen Orte verschiedener Stufen aus ihrem jeweiligen Verflechtungsbereich ist durch entsprechende Gestaltung des Verkehrsnetzes zu sichern. Dies beinhaltet auch die Ausgestaltung des ÖPNV sowie des Einsatzes von Nahverkehrsmitteln oder alternativer Bedienungssysteme hinsichtlich Bedienhäufigkeit und zumutbarem Zeitaufwand. Damit sollen die Zugangsmöglichkeiten für alle Bevölkerungsgruppen zu den Einrichtungen der Daseinsvorsorge sowie zu den Arbeitsstätten in den Zentralen Orten verbessert werden. Mit der Sicherstellung der Erreichbarkeit Zentraler Orte aus den Verflechtungsbereichen soll über deren Funktion als ÖPNV-Knotenpunkte auch die Erreichbarkeit höherrangiger Zentraler Orte unterstützt werden. Durch die Sicherstellung der Erreichbarkeit von Einrichtungen in Zentralen Orten wird auch die wirtschaftliche Tragfähigkeit dieser Einrichtungen gewährleistet. Im Landesverkehrsplan Sachsen 2025 (LVP) wird festgestellt, dass im Jahr 2010 von allen Gemeinden ein sächsisches Mittel- oder Oberzentrum in weniger als 45 Minuten PKW-Fahrzeit erreichbar ist (siehe Kapitel 3.1 LVP). Die zurück gegangene Auslastung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und die daraus folgende Anpassung der Angebote in der Fläche stellen allerdings neue Herausforderungen an die öffentliche Verkehrserschließung vor allem dünn besiedelter ländlicher Regionen (vergleiche hier auch Kapitel 1.2 Raumkategorien und Kapitel 2.1.2 Einbindung Sachsens in Europa und Europäische Territoriale Zusammenarbeit). Grundsätzlich wird im öffentlichen Verkehr eine Erreichbarkeit des nächsten Mittelzentrums vom Wohnstandort in maximal 45 Minuten und eine Erreichbarkeit des nächsten Oberzentrums vom Wohnstandort in maximal 90 Minuten angestrebt. Diese Orientierungswerte entsprechen der Richtlinie für integrierte Netzgestaltung (RIN 2008).
zu Ziel 1.3.5 Um die Steuerungsfunktion des mit dem Zentrale-Orte-Konzept verfolgten Konzentrationsprinzips nicht zu gefährden, stellt die Festlegung zentralörtlicher Verbünde grundsätzlich den Ausnahmefall dar, der sich nur durch eine vereinbarte und praktizierte Funktionsteilung rechtfertigen lässt.
Die gemeinsame Wahrnehmung zentralörtlicher Funktionen durch mehrere Gemeinden setzt daher eine Abstimmung und interkommunale Zusammenarbeit voraus, die in einer entsprechenden vertraglichen Regelung, zum Beispiel mittels eines landesplanerischen Vertrages nach § 13 Abs. 2 Nr. 1
ROG
, zu fassen ist. Die Einhaltung der gemeinschaftlich zu erfüllenden Merkmale für die Festlegung als Zentraler Ort in Funktionsteilung ist zu evaluieren.
Die Städte Bautzen/Budyšin, Görlitz/Zhorjelc und Hoyerswerda/Wojerecy können auf Grund ihrer jeweiligen, über mittelzentrale Funktionen hinausgehenden zentralörtlichen Ausstattung, ihrer Einwohnerzahl und ihrer Wirtschaftskraft die Funktion eines Oberzentrums nur gemeinsam erfüllen (Oberzentraler Städteverbund, siehe Ziel 1.3.6). Ihre Zusammenarbeit ist zur Stärkung ihrer Funktionalität als Oberzentraler Städteverbund weiter zu vertiefen. Mittel- oder grundzentrale Verbünde sind zwei oder mehrere Gemeinden, die auf Grund ihrer Nachbarschaftslage oder eines direkten baulichen Zusammenhanges sowie ihrer Funktionsteilung in Bezug auf die zentralörtliche Ausstattung gemeinsam die Funktion eines Zentralen Ortes der jeweiligen Stufe ausüben. Sie haben ihre raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die der Erfüllung zentralörtlicher Funktionen dienen, insbesondere die Bauleitplanung, einvernehmlich aufeinander abzustimmen. Die mittelzentralen Städteverbünde werden im Landesentwicklungsplan festgelegt (siehe Ziel 1.3.7). Die Festlegung der grundzentralen Verbünde obliegt den Trägern der Regionalplanung.
zu Ziel 1.3.6 Die Oberzentren sind Wirtschafts- und Arbeitsmarktzentren, die auf Grund ihrer Größe und Komplexität sowie ihrer Ausstattung mit Infrastruktur- und Versorgungseinrichtungen mit hochqualifizierten und spezialisierten Dienstleistungen und Waren des höheren Bedarfs eine überregionale und landesweite oder internationale Bedeutung besitzen. Das Netz der im LEP 2003 festgelegten Oberzentren, einschließlich des aus übergeordneten raumstrukturellen Gründen für die Sicherstellung der oberzentralen Funktionen in der Planungsregion Oberlausitz-Niederschlesien/Hornja Łužica-Delnja Šleska festgelegten Oberzentralen Städteverbundes Bautzen/Budyšin-Görlitz/Zhorjelc-Hoyerswerda/Wojerecy, hat sich bewährt. Zudem haben sich auf Grundlage des LEP 2003 Strukturen verfestigt, die es rechtfertigen, bei der Auswahl der Oberzentren grundsätzlich die Festlegungen des LEP 2003 zu übernehmen.
Die im LEP 2013 festgelegten Oberzentren weisen folgende Merkmale auf:
mindestens 50 000 Einwohner,
Lage am Schnittpunkt überregional bedeutsamer Verbindungs- und Entwicklungsachsen,
Ausstrahlung über die üblichen Verflechtungsbereiche von Mittelzentren (Mittelbereiche) hinaus,
Arbeitsplatzbedeutung (mehr als 20 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze im Ort, mehr als 10 000 Einpendler),
Wirtschaftszentrum (mindestens 40 Betriebe im verarbeitenden Gewerbe, Gesamtumsatz im verarbeitenden Gewerbe 2010 größer als 500 Millionen EUR).
Die Oberzentren verfügen unter anderem über
hochwertige Bildungseinrichtungen (Universität, Fachhochschule, Berufsakademie),
Sitz regionaler Behörden,
Anschluss an internationalen Schienenverkehr, Autobahnanschluss,
hochwertige Kultur- und Sporteinrichtungen (Theater, Stadion, Mehrzweckhalle),
innerstädtische Einkaufszentren,
höherrangige Einrichtungen der Gerichtsbarkeit und der Polizei,
hochwertige medizinische Versorgungseinrichtungen,
wobei diese Einrichtungen und Infrastrukturen nicht gleichermaßen in komplettem Umfang in jedem Oberzentrum vorhanden sind (siehe auch Kapitel 6 Daseinsvorsorge). Mit der Festlegung der Oberzentren im Freistaat Sachsen als überregionale Wirtschafts-, Innovations-, Bildungs-, Kultur- und Verwaltungszentren ist gesichert, dass in jeder Planungsregion mindestens ein Oberzentrum vorhanden ist und damit die Stellung der Planungsregionen im bundesweiten Vergleich gefestigt wird. Neben den vor allem für die Oberzentren im Verdichtungsraum geltenden Ordnungsaufgaben (siehe Kapitel 1.2 Raumkategorien) gelten für alle Oberzentren insbesondere Entwicklungsaufgaben mit dem Ziel, die überregionale Wettbewerbsfähigkeit, auch mit Ausstrahlung auf die jeweilige Stadtregion zu erhöhen. Dazu gilt es unter anderem die Entwicklungsdynamik in den Städten zu stärken und die Erreichbarkeit zu verbessern. Das Oberzentrum Plauen sowie die Städte des Oberzentralen Städteverbundes Bautzen/Budyšin, Görlitz/Zhorjelc und Hoyerswerda/Wojerecy stehen in unterschiedlichem Maße in Beziehungen zu benachbarten Oberzentren, zum Beispiel
Plauen mit den Oberzentren Zwickau und Chemnitz sowie mit den bayerischen Oberzentren Hof und Bayreuth im Rahmen des Sächsisch-Bayerischen Städtenetzes,
Bautzen/Budyšin mit dem Oberzentrum Dresden; Hoyerswerda/Wojerecy mit dem südbrandenburgischen Oberzentrum Cottbus/Chóśebuz. Hieraus können sich durch geeignete Formen der interkommunalen Zusammenarbeit Entwicklungsimpulse ergeben.
Entwicklungspotenziale für die Städte des Oberzentralen Städteverbundes und seines Verflechtungsbereiches ergeben sich insbesondere durch
die Zunahme der wirtschaftsräumlichen Verflechtungen, insbesondere der Stadt Bautzen/Budyšin mit dem Verdichtungsraum Dresden,
die wachsende Bedeutung von Hoyerswerda/Wojerecy als größte Stadt im länderübergreifenden Lausitzer Seenland, auch als Chance zur Bewältigung der Folgen des demografischen Wandels,
die zunehmende Ausstrahlung von Görlitz/Zhorjelc/(Zgorzelec) als Europastadt und wachsende Entwicklungsoptionen im Dreiländereck Sachsen-Tschechien-Polen.
Entwicklungspotenziale für das Oberzentrum Plauen ergeben sich insbesondere durch
die Lage an der überregional bedeutsamen Verbindungs- und Entwicklungsachse entlang der Sachsen-Franken-Magistrale zwischen den Metropolregionen Nürnberg und Mitteldeutschland,
Pendlerverflechtungen zwischen Plauen und Bayern sowie
die wachsenden Entwicklungsoptionen im Vierländereck Sachsen-Tschechien-Bayern-Thüringen durch die Weiterentwicklung und Ausgestaltung historisch gewachsener und neu entstandener Verflechtungen und die Zusammenarbeit in der EUREGIO EGRENSIS.
zu Ziel 1.3.7 Von besonderer Bedeutung im Hinblick auf die Sicherung von Versorgungsqualitäten der höherwertigen Daseinsvorsorge in zumutbarer Entfernung, aber auch als wichtige regionale Wirtschafts-, Versorgungs-, Bildungs- und Kulturzentren insgesamt, ist das Netz der Mittelzentren. Es stellt in Netzergänzung zu den Oberzentren ein räumlich ausgewogenes Grundgerüst zur Sicherung von Versorgungsqualitäten in den unterschiedlichen Teilräumen dar. Angesichts des landesweiten Rückganges der Einwohner- und Beschäftigtenzahlen soll dieses Standortsystem im Interesse von Planungskontinuität bedarfsgerecht stabilisiert werden. Das dichte Netz der im LEP 2003 festgelegten Mittelzentren hat sich bewährt. Die Mittelzentren mit ihren Agglomerationseffekten sind gleichmäßig über das Land verteilt. Die zentralörtlichen Gemeinden nehmen ihren Versorgungsauftrag zur flächendeckenden Sicherung der Daseinsvorsorge in Ergänzung zu den Oberzentren wahr. Somit haben sich auf Grundlage des LEP 2003 Strukturen verfestigt, die es rechtfertigen, bei der Auswahl der Mittelzentren grundsätzlich die Festlegungen des LEP 2003 zu übernehmen. Von einer weiteren Differenzierung der Mittelzentren im ländlichen Raum, wie sie im LEP 2003 mit den Ergänzungsstandorten im ländlichen Raum erfolgte, wird im Interesse gleicher Entwicklungschancen und Handlungsspielräume abgesehen. Die im LEP 2013 festgelegten Mittelzentren weisen folgende Merkmale auf:
Einwohnerzahl im Zentralen Ort mindestens 15 000 Einwohner (Stichtag: 31. Dezember 2010), bei Mittelzentren, die im LEP 2003 als Ergänzungsstandorte im ländlichen Raum ausgewiesen waren, mindestens 10 000 Einwohner,
Zahl der Arbeitsplätze absolut (6/2010): mindestens 5 000; bei Mittelzentren, die im LEP 2003 als Ergänzungsstandorte im ländlichen Raum ausgewiesen waren, mindestens 3 000,
Vorhandensein eines mittelzentralen Verflechtungsbereiches mit mindestens 45 000 Einwohnern (2010). Eine Ausnahme bilden hier die Mittelzentren, die im LEP 2003 im Verdichtungsraum ausgewiesen waren, und die auf Grund ihrer Nachbarschaftslage zu den Oberzentren oder benachbarten Mittelzentren keine Verflechtungsbereiche ausbilden können, aber dennoch leistungsfähige Versorgungs-, Bildungs- und Wirtschaftsstandorte darstellen.
Die Mittelzentren verfügen unter anderem über
Gymnasien, Oberschulen, Berufsbildende Schulen, Förderschulen, Einrichtungen der Erwachsenenbildung,
Stadion, bespielbare Halle, unter anderem für Kultur- und Sportveranstaltungen, Bibliothek,
Krankenhaus, Behinderteneinrichtungen, Fachärzte,
breitgefächertes Altenpflege- und -betreuungsangebot (zum Beispiel behinderten- und altersgerechtes betreutes Wohnen),
Einrichtungen der Polizei und der Gerichtsbarkeit sowie
gute, schnelle Verkehrsanbindungen an benachbarte Oberzentren,
wobei diese Einrichtungen und Infrastrukturen nicht gleichermaßen in komplettem Umfang in jedem Mittelzentrum vorhanden sind (siehe auch Kapitel 6 Daseinsvorsorge). Die Mittelzentren im Freistaat Sachsen haben überwiegend mittelstädtischen Charakter. Sie unterscheiden sich sowohl in ihrer Einwohnerstärke, ihrer Funktionalität wie auch, je nach Lage im Raum, in der Reichweite ihres zentralörtlichen Versorgungsauftrages und damit in der Ausprägung eines zentralörtlichen Verflechtungsbereiches (Mittelbereiches).
zu Ziel 1.3.8 Durch die Festlegung der Grundzentren soll das landesweite Netz der Ober- und Mittelzentren so ergänzt werden, dass der flächendeckende Zugang zu Einrichtungen der grundzentralen Versorgung in zumutbarer Entfernung gesichert und die besiedelte Kulturlandschaft im ländlichen Raum stabilisiert und aufrecht erhalten wird. Die Kompetenz der Regionalplanung zur Festlegung der Grundzentren und zur Festlegung von Versorgungs- und Siedlungskernen (siehe Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen) hat sich grundsätzlich bewährt. Im Interesse von Planungskontinuität und Vertrauensschutz soll der Regionalplanung weiterhin ein Spielraum belassen werden, um teilraumspezifisch und passfähig zu den differenzierten Siedlungsstrukturen durch die Festlegung von Grundzentren das Netz der Ober- und Mittelzentren zu ergänzen und entsprechend des überörtlichen Regelungserfordernisses im Zusammenwirken mit den Gemeinden bei nachgewiesenem überörtlichem Interesse innergemeindliche Schwerpunktsetzungen vorzunehmen. Bei der Fortentwicklung der landesweit geltenden Merkmale der Grundzentren wird auch die mögliche Veränderung von Gemeindestrukturen durch künftige Gemeindezusammenschlüsse berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass künftig nicht mehr alle Grundzentren administrativ abgrenzbare übergemeindliche Verflechtungsbereiche besitzen werden, jedoch auf Grund ihrer Größe die Tragfähigkeit zentralörtlicher Einrichtungen durchaus gewährleisten. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass sich die teilräumlich sehr heterogene Siedlungsstruktur trotz weiter verändernder Rahmenbedingungen, wie demografischer Wandel und eingeschränkte finanzielle Handlungsspielräume, grundsätzlich wandelt. Die derzeit verbindlichen Regionalpläne in Sachsen weisen in Umsetzung des Handlungsauftrages im LEP 2003 an die Regionalplanung insgesamt 80 Grundzentren (einschließlich Verbünde) aus. Diese Festlegungen sind im Zuge der Fortschreibung der Regionalpläne zu evaluieren. Im Ziel 1.3.8 werden daher landesweite Bestimmungsmerkmale verankert, die die Kriterien Netzergänzung in zumutbarer Entfernung und ÖPNV-Knotenpunkt betonen, zugleich aber der Regionalplanung Ermessensspielraum bei der Festlegung der Grundzentren einräumen. Die Zumutbarkeit der Entfernung ist anhand der konkreten teilräumlichen Situation zu beurteilen. Der Bestimmung der Nahbereiche sind sozioökonomische Daten zu Grunde zu legen, die ein nachvollziehbares regionales Konzept für die Festlegung der Grundzentren und ihrer spezifischen Funktionen in den Verdichtungsräumen und den ländlichen Teilräumen offenlegen. Aus Tragfähigkeitsgründen wird von einer erforderlichen Mindestzahl von Einwohnern im Verflechtungsbereich ausgegangen. Angesichts der Zunahme der Gemeindegrößen auf Grund von Gemeindezusammenschlüssen, ist das Vorhandensein leistungsfähiger Versorgungs- und Siedlungskerne ein entscheidendes Kriterium hinsichtlich der Bündelung und Tragfähigkeit von Einrichtungen der Daseinsvorsorge in Zentralen Orten. Zur Beurteilung, inwiefern ein Ortsteil die Funktion eines leistungsfähigen zentralörtlichen Versorgungs- und Siedlungskernes ausfüllen kann, sollen zum Beispiel folgende Kriterien herangezogen werden:
zentrale Lage des Ortsteiles, die eine gute Erreichbarkeit aus anderen Ortsteilen ermöglicht,
verkehrsgünstig gelegen, auch als Ziel- oder Knotenpunkt des ÖPNV,
bereits vorhandene Bündelung verschiedener Einrichtungen der sozialen Infrastruktur und weiterer Einrichtungen wie Einzelhandel, Dienstleister und so weiter im Ortsteil („multifunktionaler Versorgungs- und Siedlungskern“); vergleiche Begründung zu Z 2.2.1.2,
städtebauliche Standortqualitäten im Ortsteil für die Funktionserfüllung (zum Beispiel Flächenverfügbarkeit).
Die im Ziel genannten Einwohnerzahlen der Verflechtungsbereiche sowie die weiteren Kriterien sollen einerseits Verwerfungen zwischen den Planungsregionen vermeiden, andererseits soll ein Restermessen für besondere raumstrukturelle Bedingungen zur grundzentralen Versorgung bei den Trägern der Regionalplanung verbleiben. Eine Unterschreitung der Einwohnergrenzen ist jedoch, zum Beispiel durch den Nachweis von Erreichbarkeitsdefiziten zu höherrangigen Zentralen Orten, ausführlich und nachvollziehbar zu begründen. Die Grundzentren verfügen unter anderem über
Versorgungseinrichtungen des täglichen Bedarfs (Supermärkte und Fachgeschäfte),
ärztliches Versorgungsangebot, Apotheke, Betreuungsangebote für ältere Menschen,
Kindertageseinrichtungen, Grundschule, Jugendfreizeitstätten oder ähnliche,
ÖPNV-Anschluss,
Sport- und Freizeitanlagen,
Finanzdienstleistungen (Sparkasse und/oder andere Banken, Versicherungen),
Postfilialen/-agentur,
Feuerwehr.
1.4
Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion
Z 1.4.1
Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion „Verteidigung“ sind Delitzsch, Frankenberg/Sa., Marienberg, Weißkeißel/Wuskidź und Zeithain.
G 1.4.2
In den Regionalplänen können Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion festgelegt werden.
Begründung zu 1.4 Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion
Gemäß § 8 Abs. 5 Nr. 1
ROG
sollen Raumordnungspläne Festlegungen zur Raum- und Siedlungsstruktur enthalten, hierzu können auch besondere Gemeindefunktionen gehören.
Eine besondere Gemeindefunktion ist eine Funktion, die den wirtschaftlichen und sozialen Charakter einer nichtzentralörtlichen Gemeinde dominiert und in ihrer raumstrukturellen Wirkung deutlich über die eigene Gemeinde hinaus geht oder die in Grundzentren eine deutlich herausgehobene Funktion gegenüber den anderen Aufgaben eines Grundzentrums darstellt. Mit der Sicherung oder der Entwicklung der besonderen Gemeindefunktion in Einklang stehende Maßnahmen sind in einem nichtzentralen Ort über den Rahmen der Eigenentwicklung der Gemeinde gemäß Z 2.2.1.6 hinaus zulässig.
zu Ziel 1.4.1 Gemeinden mit der besonderen Gemeindefunktion „Verteidigung“ werden auf Grund des besonderen landesentwicklungspolitischen Interesses im Landesentwicklungsplan unabhängig von der zentralörtlichen Einstufung festgelegt. Die im Ziel genannten Gemeinden sind unter anderem Garnisonsstädte und haben eine landesweite Bedeutung als Bundeswehrstandorte in Sachsen. Mit der landesplanerischen Festlegung als besondere Gemeindefunktion „Verteidigung“ wird die langfristige Sicherung dieser Standorte in Sachsen angestrebt. Damit sind auch die landesplanerischen Grundlagen gegeben, diese Gemeinden zur Aufrechterhaltung ihrer Bedeutung als Bundeswehrstandorte weiter zu entwickeln. Die im Ziel aufgeführten Gemeinden haben unter Zugrundelegung des Verhältnisses der Dienstposten der Bundeswehr zur jeweiligen Einwohnerzahl eine herausgehobene Bedeutung (vergleiche Kapitel 6.4).
zu Grundsatz 1.4.2 Die entsprechenden Festlegungen für eine besondere Gemeindefunktion erfolgen in der Regel in den Regionalplänen, sofern ein überörtliches Regelungserfordernis raumordnerisch begründet ist. Die Funktionen werden Gemeinden zugewiesen. Die Funktion kann auch vergeben werden, wenn sie nur prägend für einen Ortsteil der Gemeinde ist. Aus Gründen einer besseren Steuerungswirksamkeit des Instrumentes sollen einer Gemeinde maximal zwei Funktionen zugewiesen werden. Als besondere Gemeindefunktionen kommen die Funktionen Gewerbe, Tourismus und Verkehr in Betracht. Die Träger der Regionalplanung können den Gemeinden weitere Funktionen (zum Beispiel Bildung, Gesundheit, Sport) zuweisen, wenn damit regionsspezifische Ausprägungen und Ausstattungsmerkmale der Gemeinden besonders hervorgehoben und gesichert werden sollen. Mit der Festlegung von Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion sollen herausgehobene Gemeindefunktionen in einem regionsweiten Kontext bewertet und eine weitere funktionale Arbeitsteilung im Raum planerisch unterstützt werden. Somit besteht ein Instrument für die Regionalplanung, vorsorglich und dennoch flexibel auf die Ausdifferenzierung des Raums reagieren zu können beziehungsweise einzelne Eignungen von Standorten in diesen Funktionen zu sichern. Die Festlegung von Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion soll sich bei den Funktionen Gewerbe, Verkehr und Tourismus an nachfolgenden Kriterien orientieren:
Funktion Gewerbe:
über 400 Arbeitsplätze je 1 000 Einwohner in der Gemeinde (sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort),
hoher Besatz mit verarbeitendem Gewerbe (Anteil der im Ort Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe über 30 Prozent – ohne Bauwirtschaft) oder
Standortgemeinde einer landesweit/regional bedeutsamen Industrieansiedlung mit hohem Arbeitskräfte- und Flächenbedarf oder geeigneter Flächenpotenziale für Großansiedlungen (siehe auch Kapitel 2.3.1 Gewerbliche Wirtschaft).
Funktion Verkehr:
Knotenpunkt mehrerer Verkehrsträger (Schiene, Autobahn oder Bundesstraße und andere) oder
Schnittstelle für den kombinierten Verkehr und Standort von Logistikgewerbe.
Funktion Tourismus:
Kurortstatus oder staatlich anerkannter Erholungsort (Status gegebenenfalls auch nur für einzelne Ortsteile) oder
über 80 Übernachtungen pro Gästebett und Jahr und mindestens 50 000 Übernachtungen pro Jahr oder
Standort überregional bedeutsamer Freizeiteinrichtungen (jährliche Besucherzahlen größer als 150 000) mit entsprechendem Flächenbedarf und Verkehrsaufkommen.
Sofern von der besonderen Gemeindefunktion Bildung Gebrauch gemacht wird, sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:
Standort einer Hochschuleinrichtung (FH, BA) oder
Standort eines Gymnasiums mit großem Einzugsgebiet und vertiefter Ausbildung oder
mindestens dreizügiger Oberschulstandort.
1.5
Verbindungs- und Entwicklungsachsen
Karte:
Die überregional bedeutsamen Verbindungs- und Entwicklungsachsen sind in der Karte 1 „Raumstruktur“ festgelegt.
G 1.5.1
In den überregional bedeutsamen Verbindungs- und Entwicklungsachsen soll unter Berücksichtigung des Leistungsaustausches zwischen den Metropolregionen und den Oberzentren Europas, Deutschlands und Sachsens die Verkehrsinfrastruktur verkehrsträgerübergreifend erhalten und weiter ausgebaut werden.
Z 1.5.2
In den Verbindungs- und Entwicklungsachsen ist der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und weiterer Einrichtungen der Bandinfrastruktur zu bündeln.
Z 1.5.3
In den Regionalplänen sind die überregional bedeutsamen Verbindungs- und Entwicklungsachsen durch regional bedeutsame Verbindungs- und Entwicklungsachsen zu ergänzen.
Z 1.5.4
Die Verbindungs- und Entwicklungsachsen sind durch die Festlegung von regionalen Grünzügen und Grünzäsuren zu gliedern und zusammenhängende siedlungsnahe Freiräume sind zu sichern.
Begründung zu 1.5 Verbindungs- und Entwicklungsachsen
Achsen gemäß § 8 Abs. 5
ROG
werden als konzeptionelle Instrumente verstanden, die durch die Bündelung von Verkehrs- und Versorgungslinien beziehungsweise Bandinfrastrukturen und eine unterschiedlich dichte Folge von Siedlungskonzentrationen gekennzeichnet sind.
Die überregional bedeutsamen Verbindungs- und Entwicklungsachsen bilden zusammen mit den Zentralen Orten eine punktaxiale Struktur, die das Grundgerüst der räumlichen Verflechtung und der angestrebten räumlichen Ordnung und Entwicklung des Landes darstellt und die in den Regionalplänen gemäß § 4 Abs. 1
SächsLPlG
durch regional bedeutsame Verbindungs- und Entwicklungsachsen weiter konkretisiert und ergänzt wird. Die Weiterführung von überregional bedeutsamen Verbindungs- und Entwicklungsachsen ist über die Grenzen Sachsens hinweg in Karte 1 angedeutet. Diese Weiterführung findet in der Regel eine funktionale Entsprechung in den benachbarten Bundesländern und Nachbarstaaten, auch wenn dies auf Grund der unterschiedlichen Anwendung des raumordnerischen Instruments der Achsen nicht immer gleichermaßen in den Raumordnungsplänen der benachbarten Bundesländer und Nachbarstaaten festgelegt beziehungsweise dargestellt ist.
zu Grundsatz 1.5.1 Überregional bedeutsame Verbindungs- und Entwicklungsachsen sind landesweit bedeutende Achsen, die die räumlichen Verflechtungen der sächsischen Verdichtungsräume und Oberzentren mit den Oberzentren und Verdichtungsräumen benachbarter Länder und Staaten sowie die Einbindung in europäische Verkehrsnetze wiedergeben. Auf Grund des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Integrationsprozesses in Europa und darüber hinaus ist es erforderlich, Sachsen in den europäischen Wirtschaftsraum einzubinden und die Wettbewerbsfähigkeit Sachsens zu sichern. Dazu ist in den überregionalen Verbindungs- und Entwicklungsachsen mit ihrer fundamentalen Bedeutung für den Leistungsaustausch innerhalb Deutschlands und Europas die Verkehrsinfrastruktur ausreichend auszubauen. Lücken beziehungsweise langfristig absehbare Engpässe, insbesondere bei den Verkehrsträgern Straße und Schiene, sind zu beseitigen. Die Festlegung der überregionalen Verbindungs- und Entwicklungsachsen orientiert sich an den Ausbauerfordernissen der Bandinfrastruktur auch unter europäischen Gesichtspunkten. Dabei ist der sich dynamisch entwickelnde Leistungsaustausch zwischen der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland und den benachbarten Metropolregionen von besonderer Relevanz. Die überregionalen Verbindungs- und Entwicklungsachsen haben vor allem die Aufgaben,
die sächsischen Verdichtungsräume und Oberzentren miteinander und mit benachbarten Verdichtungsräumen außerhalb Sachsens zu verbinden,
den von ihnen berührten Gebieten Lagevorteile zu vermitteln sowie strukturelle Entwicklungsimpulse zu geben und
die Verflechtung Sachsens mit den Nachbarländern und Staaten innerhalb Europas darzustellen.
zu Ziel 1.5.2 Durch weitgehende Bündelungen der überregionalen bedeutsamen Bandinfrastruktur entlang der Verbindungs- und Entwicklungsachsen werden zum einen Eingriffe in bisher unberührte Landschaftsteile minimiert und Zerschneidungseffekte verhindert. Zum anderen sichert die Bündelung leistungsfähiger Verkehrsadern und Leitungsverbindungen im Interesse eines ressourcenschonenden Leistungsaustausches die Funktionsfähigkeit der Verbindungs- und Entwicklungsachsen und verstärkt die von dort ausgehenden Entwicklungsimpulse. So führt die Bündelung zu einer Verbesserung der Standortvoraussetzungen und erhöht die Wirtschaftlichkeit der Infrastruktureinrichtungen. Daher gilt es, bei den Trassenplanungen für Bandinfrastruktureinrichtungen den Bündelungseffekt neben der vorhandenen Raum- und Siedlungsstruktur sowie den Erfordernissen des Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutzes zu berücksichtigen.
zu Ziel 1.5.3 Das Netz der überregionalen Verbindungs- und Entwicklungsachsen wird durch ein Netz regionaler Verbindungs- und Entwicklungsachsen ergänzt. Regional bedeutsame Verbindungs- und Entwicklungsachsen stellen die räumlichen Verflechtungen von Oberzentren, Mittelzentren und Grundzentren dar. Sie erfüllen im Verdichtungsraum vorrangig Ordnungsfunktionen und im ländlichen Raum vorrangig Erschließungsfunktionen. Bei der Festlegung der regionalen Achsen durch die Regionalplanung sollte dementsprechend die Anbindung der Mittelzentren an die sächsischen Oberzentren beziehungsweise an Oberzentren benachbarter Bundesländer und Staaten, die Anbindung geeigneter Grundzentren an die Ober- und Mittelzentren in der jeweiligen Planungsregion, der Verlauf schienengebundener Nahverkehrsachsen und vorhandene Bundes- und Staatsstraßen mit regionaler Verbindungsfunktion herangezogen werden.
zu Ziel 1.5.4 Eine durchgehende Bebauung im Bereich der Verbindungs- und Entwicklungsachsen, die auf Grund der Standortattraktivität nahe liegt, gilt es aus Gründen des Landschafts-, Natur- und lokalen Klimaschutzes, der Ortsbildgestaltung und der Erhaltung ortsrandnaher Erholungsflächen zu vermeiden. Dies erfordert ausreichende Freiflächen zwischen den Siedlungseinheiten und die Sicherung der zwischen den Verbindungs- und Entwicklungsachsen liegenden Freiflächen. Dies geschieht im Rahmen der Regionalplanung mit der Festlegung von regionalen Grünzügen und Grünzäsuren entlang der und zwischen den Achsen (siehe auch Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen).
1.6
Länderübergreifende Zusammenarbeit und Europäische Metropolregion Mitteldeutschland
G 1.6.1
Die raumordnerische Zusammenarbeit über Ländergrenzen mit den Ländern Brandenburg und Sachsen-Anhalt sowie den Freistaaten Bayern und Thüringen soll so erfolgen, dass
sie zur Stärkung der teilräumlichen Entwicklung und Nutzung von Potenzialen unter Wahrung regionaler Identität beiträgt,
die Wahrnehmung gemeinsamer Interessen, auch bei der europäischen Zusammenarbeit, befördert wird,
die Abstimmung von raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sowie von gemeinsamen Projekten der Regionalentwicklung befördert wird.
G 1.6.2
Die sächsischen Städte der Metropolregion Mitteldeutschland sollen durch die Zusammenarbeit mit den Partnerstädten in Thüringen und Sachsen-Anhalt auf die Entwicklung der Metropolregion zu einer bedeutsamen europäischen Wirtschafts- und Technologieregion hinwirken.
Z 1.6.3
Zur Stärkung der Metropolfunktionen sind die vorhandenen Entwicklungspotenziale der sächsischen Oberzentren der Metropolregion Mitteldeutschland zu nutzen und diese Städte durch enge Kooperation mit ihrem jeweiligen Umland zu eigenständigen und international wettbewerbsfähigen Wirtschaftsregionen weiter zu entwickeln.
G 1.6.4
Die Vernetzung der sächsischen Oberzentren untereinander, mit angrenzenden Regionen und den Metropolregionen benachbarter Bundesländer sowie mit der Republik Polen und der Tschechischen Republik soll durch leistungsfähige Fernverkehrsverbindungen und die Einbindung in transeuropäische Netze und großräumige europäische Verkehrskorridore verbessert werden.
G 1.6.5
Die Kooperation der sächsischen Städte der Metropolregion Mitteldeutschland mit dem ländlichen Raum soll mit dem Ziel eines überregionalen Interessenausgleiches intensiviert werden.
Begründung zu 1.6 Länderübergreifende Zusammenarbeit und Europäische Metropolregion Mitteldeutschland
zu Grundsatz 1.6.1 Der Freistaat Sachsen kooperiert im Bereich der Landes- und Regionalentwicklung auf der Grundlage von Staatsverträgen seit 1994 mit dem Land Sachsen-Anhalt und seit 1998 mit dem Freistaat Thüringen. Auch mit dem Freistaat Bayern und dem Land Brandenburg gibt es seit den 90er Jahren Kooperationen, wie zum Beispiel Bundesländergrenzen übergreifende Regionale Entwicklungskonzepte (REK) oder Städtekooperationen. Grenzübergreifende Fragen der Raumentwicklung werden auch in der Raumordnungskommission (ROKO) Halle-Leipzig kontinuierlich behandelt. Diese Bundesländergrenzen übergreifende Zusammenarbeit soll künftig weiter verstärkt werden, da es eine Vielzahl gemeinsamer Interessen auch über diese administrativen Grenzen hinweg gibt. Durch eine freiwillige Zusammenarbeit der Kommunen und weiterer regionaler Akteure können gemeinsame Potenziale und ergänzende Ressourcen erschlossen und Synergien erzeugt werden. Die grenzüberschreitenden Verflechtungen sollen klein- wie auch großräumig zur Unterstützung der Regionalentwicklung genutzt werden. Dies schließt auch Planungen und Maßnahmen ein, die der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Maßstab, auch unter Einbeziehung entsprechender Fördermittel der EU, dienen. Neben Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung, wie zum Beispiel einer abgestimmten Entwicklung von Gewerbegebieten oder großflächigen Einzelhandelseinrichtungen, sind hier als Schwerpunkte der Zusammenarbeit besonders die Verbesserung der Infrastruktur und die Sicherung der Daseinsvorsorge zu nennen. Zu weiteren Handlungsfeldern der Zusammenarbeit siehe auch Festlegungen und Hinweise in den folgenden Kapiteln:
2.1.1
Regionale Kooperation,
2.1.2
Einbindung Sachsens in Europa und Europäische Territoriale Zusammenarbeit,
2.1.3
Räume mit besonderem Handlungsbedarf,
2.3.1
Gewerbliche Wirtschaft,
2.3.3
Tourismus und Erholung,
4.1.2
Grundwasser-, Oberflächenwasser-, Hochwasserschutz,
5.1
Energieversorgung,
6
Daseinsvorsorge
zu Grundsatz 1.6.2 Die Metropolregion Mitteldeutschland, mit ihrer ursprünglichen Ausdehnung bereits im Landesentwicklungsplan 1994 als „Sachsendreieck“ beziehungsweise im LEP 2003 als „Halle/Leipzig – Sachsendreieck“ verankert, ist eine der elf Europäischen Metropolregionen in Deutschland, die von der Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) in ihrem Beschluss vom 30. Juni 2006 zu den „Leitbildern und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland“ benannt wurden. Der derzeitige räumliche Umgriff wird auf Karte 18 im Landesentwicklungsbericht 2010 (S. 79) dargestellt. Europäische Metropolregionen werden als Zentren gesellschaftlicher Innovation und wirtschaftlicher Dynamisierungsprozesse verstanden, denen die Aufgabe zukommt, den wirtschaftlichen Zusammenhalt und die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken. Sie bilden funktional verflochtene Ballungsräume, in denen vorhandene Ressourcen und Potenziale gebündelt werden, sich die Akteure aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft vernetzen und das Profil der einzelnen Teilregionen im internationalen Wettbewerb geschärft werden soll. In den Metropolregionen bündeln sich europäisch und global bedeutsame Steuerungs- und Kontrollfunktionen, Innovations- und Wettbewerbsfunktionen, Gateway- und Symbolfunktionen, das heißt
die Konzentration politischer und ökonomischer Schaltstellen sowie die Kontrolle internationaler Finanz- und Informationsströme,
eine hohe Dichte an Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen sowie das Vorhandensein hochwertiger kultureller Angebote und kreativer Milieus,
eine gute internationale Erreichbarkeit durch ein hochrangiges Verkehrsinfrastrukturangebot und vielfältige Optionen für den Austausch von Gütern, Wissen und Informationen,
ein hohes Maß an historischer, politischer, kultureller sowie städtebaulicher Bedeutung und ein entsprechendes internationales Ansehen.
In der Metropolregion Mitteldeutschland, die diese Bezeichnung seit Mai 2009 offiziell führt, arbeiten seit dem Jahr 2005 die Städte Dresden, Chemnitz, Leipzig, Zwickau, Jena, Gera, Weimar, Erfurt, Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau auf der Grundlage eines gemeinsamen Handlungskonzeptes, insbesondere in den Themenfeldern Wirtschaft und Wissenschaft, Kultur und Tourismus, Verkehr und Mobilität sowie Familienfreundlichkeit, zusammen. Auf Grund ihrer Historie und ihrer polyzentrischen Struktur versteht sich die Metropolregion Mitteldeutschland als eine Partnerschaft von Stadtregionen, bei denen jeweils die beteiligten Oberzentren als Wachstumsmotoren und Innovationstreiber für die Entwicklung der gesamten Region fungieren. Einbezogen in diese Stadtregionen sind auch angrenzende ländliche Teilräume, die gemeinsam mit ihren Städten im Sinne einer Stadt-Land-Partnerschaft unter anderem Entwicklungskonzepte aufstellen und umsetzen. Einige ländlich geprägte Teilräume, die nicht durch die Zusammenarbeit im Rahmen der Stadtregionen erfasst werden, stellen sich als Zwischenräume oder peripher gelegene Teilräume dar, deren Entwicklung aber auch wesentlich von der Kooperation mit den Zentren bestimmt wird. Die Vielfalt an Identitäten, Potenzialen und Interessen innerhalb der Metropolregion bedeutet auch eine Chance für ihre zukünftige Entwicklung. Die Ländergrenzen überschreitende Entwicklung der beteiligten Städte zur Metropolregion Mitteldeutschland mit dem Ziel, sich durch die Bündelung von Potenzialen und die Kooperation bei gemeinsamen Interessenlagen im europäischen Wettbewerb fest zu etablieren, wird durch die Sächsische Staatsregierung sowie auch die Länderregierungen in Sachsen-Anhalt und Thüringen gemeinsam unterstützt. Die Zusammenarbeit der Städte der Metropolregion ist ein langfristiger offener Prozess der Weiterentwicklung metropolitaner Strukturen und Organisationsformen, der von den beteiligten Akteuren immer wieder an die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen angepasst werden sollte und der auch die Option der Aufnahme weiterer Städte in die Metropolregion sowie auch des Austritts von Städten beinhaltet. Ziel ist ein hoher Grad an Selbstorganisation und Handlungsfähigkeit der Metropolregion sowohl für die innere Integration als auch für ihre Aktionsfähigkeit und gemeinsame Profilierung nach außen. Metropolregionen stellen weder eine landesplanerische Gebietskategorie noch eine Förderkulisse dar. Gleichwohl sind zur Unterstützung der Metropolregion beziehungsweise ihrer unterschiedlichen Akteure die Instrumentarien der Regional- und Strukturpolitik zu überprüfen und zu nutzen, um damit auch die Ausstrahlungseffekte in die peripher gelegenen Räume zu erweitern. Ebenfalls zu überprüfen ist das Instrumentarium der Förderpolitik, vor allem im Hinblick auf das Ermöglichen von Bundesländer- und Staatengrenzen übergreifenden Projekten.
zu Ziel 1.6.3 Eine Stärkung der Metropolfunktionen der beteiligten sächsischen Oberzentren sollte sich unter anderem an den nachfolgenden Zielsetzungen orientieren:
die Einbindung in transeuropäische Verkehrsnetze zu verbessern, um im Wettbewerb mit anderen europäischen Metropolregionen eine optimale Erreichbarkeit zu erzielen und die wirtschaftlichen Chancen zu erhöhen,
für innovative Branchen Voraussetzungen zur Erweiterung und Neuansiedlung zu schaffen,
den Ausbau und die Profilierung der sächsischen Universitäten und Hochschulen zu sichern und eine engere Zusammenarbeit zwischen Forschung und Wirtschaft zu unterstützen,
Bewerbungen für kulturelle oder sportliche Großveranstaltungen gemeinsam oder mit gegenseitiger Unterstützung vorzunehmen,
die kommunale Kooperation zu verstetigen und gemeinsame Marketingstrategien, zum Beispiel in den Bereichen Kultur/Tourismus, zu entwickeln.
Die Stärkung der Metropolfunktionen der beteiligten Oberzentren versetzt diese in die Lage, sich unter dem Dach der Metropolregion Mitteldeutschland als attraktive Standorte für unterschiedliche, europäisch bedeutsame Aufgaben anzubieten und internationale Standortansprüche zu erfüllen (zum Beispiel internationale Studienangebote, gehobene Dienstleistungen). Zugleich trägt eine entsprechende Stärkung dieser Oberzentren wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung Sachsens und damit zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und Außenwahrnehmung des Freistaates insgesamt bei. Im Hinblick auf die gewünschten Ausstrahlungseffekte auf den gesamten Freistaat und im Interesse einer Ausgleichspolitik zwischen Stadt und Land ist die Einbeziehung des weiteren Umlandes der Oberzentren (im Sinne von Stadtregionen) anzustreben. Insbesondere sind hierbei auch die Verflechtungen zwischen den Oberzentren Leipzig und Halle, Chemnitz, Zwickau und Plauen sowie zwischen dem Oberzentrum Dresden und dem Mittelzentrum Freiberg als regionales Entwicklungspotenzial zu nutzen und zu intensivieren. Durch eine breit angelegte Zusammenarbeit der regionalen Akteure aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur sollen Potenziale gebündelt und gemeinsame Lösungen für aktuelle Herausforderungen gefunden werden.
zu Grundsatz 1.6.4 Angesichts der relativ großen räumlichen Entfernung der Oberzentren und der Städte der polyzentrischen Metropolregion Mitteldeutschland bilden leistungsfähige Verkehrsverbindungen untereinander eine wichtige Grundlage, die Verflechtungsbeziehungen – auch Bundesländer übergreifend – zu intensivieren. Gemeinsam vertretene Interessen können den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur beschleunigen, sodass die Einbindung in bundesdeutsche und transeuropäische Verkehrsnetze und somit die Erreichbarkeit der benachbarten Regionen und Metropolregionen wie auch die Erreichbarkeit untereinander verbessert wird. Auf Grund ihrer zentralen Lage in Europa und ihrer historisch gewachsenen Verbindungen nach Osteuropa soll sich die Region zudem innerhalb einer erweiterten EU profilieren. Hierzu sind auch die entsprechenden Verkehrsverbindungen zu den Metropolregionen Breslau (Wrocław) und Praha/Prag auszubauen. Insbesondere ist die Einbindung des Oberzentrums Dresden in die Transeuropäischen Netze sowohl in Nord-Süd- als auch in Ost-West-Richtung zu verbessern. Die stärkere Einbindung in die europäischen Verkehrs- und Handelsströme ist Voraussetzung für die Sicherung von Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit.
zu Grundsatz 1.6.5 Durch eine über das Umland der sächsischen Oberzentren der Metropolregion hinausgehende partnerschaftliche Vernetzung mit anderen Teilräumen des Landes sind die Wechselwirkungen zwischen den Entwicklungszielen der Metropolregion und den anderen Regionen des Freistaates zu verbessern und zu verstärken. Die ländlich geprägten Zwischenräume sowie auch peripher gelegene Teilräume abseits der Oberzentren tragen in erheblichem Maße zur Vielfalt, zur Lebensqualität und zu den wirtschaftlichen, kulturellen und touristischen Potenzialen der Metropolregion Mitteldeutschland bei. Im Gegenzug kann die dynamische Entwicklung der Oberzentren positiv auf deren Umland und auch auf die peripheren Räume ausstrahlen und entsprechende Entwicklungsimpulse setzen. Gemeinsame Schnittmengen in den Zielen und Interessen der beteiligten Städte mit den ländlichen Räumen sollen, zum Beispiel über Modellvorhaben der Raumordnung (MORO), identifiziert werden und die unterschiedlichen Akteure in den einzelnen Teilräumen sollen durch Kooperationen sowie Netzwerke in die Entwicklung der Metropolregion eingebunden werden. Hierzu sollen auch die notwendigen räumlichen Verflechtungen durch die Optimierung der Schienen- und Straßenverbindungen vertieft werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Einbindung der Interessen und die verkehrliche Anbindung der sächsischen Oberzentren an der Peripherie der Metropolregion Mitteldeutschland als Kristallisationskerne für die Entwicklung und die Versorgung in ländlich geprägten und peripheren Räumen. Leistungsfähige Verkehrsverbindungen (Schiene, Autobahn) zum Oberzentrum Plauen und zum Oberzentralen Städteverbund Bautzen/Budyšin-Görlitz/Zhorjelc-Hoyerswerda/Wojerecy sind wichtige Voraussetzungen dafür, dass die wirtschafts- und arbeitsräumlichen Verflechtungen dieser Oberzentren und der umliegenden Mittelzentren mit der Metropolregion Mitteldeutschland zunehmen. Darüber hinaus sollen auch peripher gelegene Mittelzentren durch leistungsfähige Verkehrsverbindungen besser an die Oberzentren angebunden werden, wie zum Beispiel
Zittau und Weißwasser/O.L./Běła Woda an Dresden,
Annaberg-Buchholz an Chemnitz/Zwickau sowie
Torgau an Leipzig.
2
Regional-, Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung
2.1
Regionalentwicklung
2.1.1
Regionale Kooperation
G 2.1.1.1
Zur Stärkung der regionalen Handlungsfähigkeit sollen Kooperationsnetzwerke unter Nutzung der regionalen Potenziale, auch Landes- und Staatsgrenzen übergreifend, und unter Einbeziehung der Wirtschafts- und Sozialpartner und anderer regionaler Akteure eingerichtet, weiter entwickelt und verstetigt werden.
G 2.1.1.2
Integrierte Strategie- und Handlungskonzepte sollen zur Bewältigung teilräumlicher Aufgaben aufgestellt und fortgeschrieben, inhaltlich und räumlich miteinander abgestimmt und gemeinsam umgesetzt werden. Maßnahmen, die auf der Grundlage dieser Konzepte priorisiert werden, sollen bei der öffentlichen Förderung besonders berücksichtigt werden.
G 2.1.1.3
Die Träger der Regionalplanung sollen für bestimmte Aufgaben der raumordnerischen Zusammenarbeit die konzeptionelle Vorbereitung und Begleitung der Umsetzung übernehmen. Dies bezieht sich vorrangig auf:
die Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme,
die Sicherung der Daseinsvorsorge unter den Bedingungen des demografischen Wandels,
Regionale Energie- und Klimaschutzkonzepte sowie Regionale Klimaanpassungskonzepte,
Regionale Einzelhandelskonzepte,
die Realisierung von besonderen grenzübergreifenden Entwicklungserfordernissen,
die Abstimmung von öffentlichen Aufgaben im Stadt-Umland-Bereich sowie
die Entwicklungsstrategien in Bergbaufolgelandschaften.
Begründung zu 2.1.1 Regionale Kooperation
zu Grundsatz 2.1.1.1 Vor dem Hintergrund fortschreitender wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Veränderungen gewinnt die regionale Ebene als mittlere räumliche Handlungsebene zwischen den Gemeinden und dem Land sowie der Europäischen Union immer mehr an Bedeutung. Die Gründe hierfür liegen insbesondere darin, dass
viele ökologische, soziale und ökonomische Probleme, auch wegen der immer enger werdenden finanziellen Spielräume, nicht mehr innerhalb der einzelnen Städte und Gemeinden lösbar sind, sondern der Verständigung zwischen den Kommunen und mit den maßgeblichen regionalen Akteuren und Wirtschafts- und Sozialpartnern sowie der gemeinsamen Entwicklung von Lösungsstrategien bedürfen („Aufwertung von unten“),
die stetig zunehmende Europäisierung und Globalisierung sowie der Rückgang finanzieller Ressourcen immer mehr regionale Vernetzung, auch der Wirtschaftsakteure, erfordern, damit die Regionen im globalen Standortwettbewerb bestehen können („Aufwertung von oben“),
die Regionalisierung der Lebensweisen der Menschen, wie auch der Unternehmen weiter fortschreitet.
Um die spezifischen Potenziale und Standortbegabungen der Teilräume des Freistaates Sachsen noch besser zu erschließen und miteinander zu verknüpfen, ist abgestimmtes und vernetztes regionales Handeln unabdingbar. Ein Weg dazu ist die Verbesserung der regionalen Selbstorganisation der Teilräume durch Regionale Kooperation in Kooperationsnetzwerken („Regional Governance“). Das
Raumordnungsgesetz
hebt in seinen Grundsätzen der Raumordnung in § 2 Abs. 2 Nr. 2
ROG
die Bedeutung und Notwendigkeit des übergemeindlichen, regionalen und interregionalen Planens und Handelns hervor und verleiht ihm damit auch gegenüber den Fachplanungen ein stärkeres Gewicht.
Der Freistaat Sachsen ist ein Land mit vielen Nachbarn, 1 339 km lang ist die Außengrenze. Sachsens Nachbarn sind die Republik Polen, die Tschechische Republik sowie als benachbarte Bundesländer die Freistaaten Bayern und Thüringen sowie die Länder Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Die administrativen Grenzen des Freistaates zu den Nachbarländern und -staaten setzen zwar einen territorialen Rahmen für einige Aktivitäten, die grenzübergreifende Abstimmung und Zusammenarbeit ist jedoch vor dem Hintergrund der Herausforderungen unerlässlich.
Grenzüberschreitende Kooperationsnetzwerke sollen daher regionale Entwicklungen befördern, die allen Seiten für die räumliche und strukturelle Verbesserung gleichermaßen zugutekommen. Dies korrespondiert mit § 13 Abs. 1
ROG
. Zu verweisen ist in dieser Hinsicht auch auf die aktive Rolle der vier Euroregionen im sächsisch-polnischen und sächsisch-tschechischen Grenzraum, in denen sich kommunale Körperschaften mit dem Ziel zusammengeschlossen haben, das besondere Potenzial ihrer Regionen innovativ zu nutzen.
Mit der Festlegung zur Einrichtung neuer sowie zur weiteren Entwicklung und Verstetigung bestehender Kooperationsnetzwerke wird den Grundsätzen der Raumordnung in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2
ROG
entsprochen, auf Kooperationen innerhalb von Regionen sowie von Regionen untereinander hinzuwirken und hierbei vielfältige Formen, auch als Stadt-Land-Partnerschaften, zuzulassen. Regionale Kooperationsnetzwerke leisten einen wesentlichen Beitrag zur Erschließung endogener Potenziale und zu einer Verbesserung der regionalen Wertschöpfung sowie zur Identitätsbildung und verbesserten Integration verschiedener gesellschaftlicher Gruppen.
Die Festlegung G 2.1.1.1 bedeutet, dass die Stärkung der regionalen Handlungsfähigkeit zugleich eine Aufforderung zur Eigeninitiative der regionalen Ebene und zur Entwicklung eines kreativen Milieus beinhaltet. Die jeweils geeignete regionale Kooperationsform bleibt den Teilräumen vorbehalten. Die legitimierte Planungshoheit der Gemeinden sowie die staatliche Aufgabe der kommunal verfassten Regionalplanung werden durch die regionale Kooperation nicht verletzt, da diese Träger bei thematischen Überschneidungen in der regionalen Kooperation mitwirken.
In § 13 Abs. 1
ROG
wird interkommunale Zusammenarbeit als Zusammenarbeit von Gemeinden zur Stärkung teilräumlicher Entwicklungen definiert. Die Festlegung G 2.1.1.1 konkretisiert den Grundsatz des
Raumordnungsgesetzes
hinsichtlich der Kooperationen innerhalb und zwischen den Regionen und definiert die Regionale Kooperation über die interkommunale Zusammenarbeit hinausgehend als Zusammenarbeit, in der neben den Kommunen auch funktional gebundene Akteure, wie zum Beispiel Vertreter gesellschaftlicher Interessengruppen, Fachverwaltungen oder auch der Wirtschaft, einbezogen sein können.
Eine interkommunale Zusammenarbeit kann nachbarschaftsbezogen, Stadt-Umland geprägt oder regionalorientiert sein. § 1 des Sächsischen Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit (
SächsKomZG
) vom 19. August 1993 (SächsGVBl. S. 815, 1103), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. Oktober 2012 (SächsGVBl. S. 562) geändert worden ist, definiert den Anwendungsbereich, wonach Gemeinden und Landkreise Aufgaben, zu deren Erfüllung sie berechtigt oder verpflichtet sind, gemeinsam wahrnehmen können. Dabei kann sich die kommunale Zusammenarbeit auf freiwillige Aufgaben und Pflichtaufgaben erstrecken. Soll eine Pflichtaufgabe übertragen werden, so ist das
SächsKomZG
die abschließende Rechtsgrundlage, auf die eine Aufgabenübertragung gestützt werden kann. Der Zweckverband nach §§ 44 ff.
SächsKomZG
ist der Zusammenschluss von Gemeinden und Landkreisen zu einer Körperschaft mit eigener Rechtsfähigkeit, um bestimmte Aufgaben gemeinsam zu erfüllen. Geht es um die Übertragung von bestimmten Aufgaben auf eine bereits bestehende kommunale Körperschaft, ist die Zweckvereinbarung gemäß §§ 71 ff.
SächsKomZG
das geeignete Mittel. Hier wird eine beteiligte Körperschaft beauftragt, die Aufgabe für alle wahrzunehmen. Beide Formen unterliegen der Genehmigung der Rechtsaufsicht.
Andere Möglichkeiten der kommunalen Zusammenarbeit können insbesondere auf die allgemeinen Regelungen der §§ 54 ff. des
Verwaltungsverfahrensgesetzes
(
VwVfG
) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 31. Mai 2013 (BGBl. I S. 1388) geändert worden ist, in Verbindung mit § 1 des
Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfZG)
vom 19. Mai 2010 (SächsGVBl. S. 142) (öffentlich-rechtlicher Vertrag) gestützt werden. Je nach Gegenstand des Vertrages kann zwischen den beteiligten Körperschaften auch ein privatrechtlicher Vertrag geschlossen erfolgen. Damit sind die Gestaltungsmöglichkeiten der Gemeinden im Bereich der freiwilligen Aufgaben wesentlich größer.
zu Grundsatz 2.1.1.2 § 13
SächsLPlG
in Verbindung mit § 13
ROG
regeln die raumordnerische Zusammenarbeit und die damit verbundene Kooperation sowie die möglichen Formen der raumordnerischen Zusammenarbeit. Demnach sollen die Träger der Landes- und Regionalplanung nicht nur die Raumordnungspläne erstellen, sondern auch zur Vorbereitung und Verwirklichung dieser Pläne als auch von sonstigen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen mit den maßgeblichen öffentlichen Stellen und Personen, einschließlich Nichtregierungsorganisationen (NGO) und den Wirtschafts- und Sozialpartnern, zusammenarbeiten beziehungsweise auf die Zusammenarbeit hinwirken. Zu den NGO zählen unter anderem Verbände von wissenschaftlichen Einrichtungen, Wohlfahrtsverbände, Hilfsorganisationen, Stiftungen, Kirchen, Dachverbände der nationalen Minderheiten, Selbsthilfegruppen und Bürgerinitiativen.
Zu den Formen der Zusammenarbeit zählen gemäß § 13 Abs. 2
ROG
insbesondere:
vertragliche Vereinbarungen (landesplanerische Verträge),
regionale Entwicklungskonzepte, regionale und interkommunale Netzwerke und Kooperationsstrukturen sowie regionale Foren und Aktionsprogramme zu aktuellen Handlungsanforderungen,
Raumbeobachtung und die Beratung der Träger der Fachplanungen.
Die vertraglichen Vereinbarungen sollen nach dem Vorbild der städtebaulichen Verträge (§ 11
BauGB
) die Planungen und deren Durchführung vorbereiten und begleiten. Sie kommen beispielsweise für die funktionsteilige Aufgabenwahrnehmung in zentralörtlichen Verbünden in Betracht (siehe Kapitel 1.3 Zentrale Orte und Verbünde). Wie die in § 13 Abs. 5
ROG
zum Ausdruck gebrachte Zweckbestimmung zeigt, sollen die Verträge die Raumordnungspläne nicht ersetzen, sondern in erster Linie deren Verwirklichung unterstützen.
Mit dem Begriff „Integrierte Strategie- und Handlungskonzepte“ wird über den im § 13
ROG
verankerten Instrumentenbegriff der regionalen Entwicklungskonzepte hinaus ein allgemeiner Begriff für Konzepte mit einem strategischen integrierten Entwicklungsansatz gewählt, um das im Freistaat Sachsen vorhandene Spektrum der informellen Planungsinstrumente zu verdeutlichen.
Dazu zählen folgende Instrumente auf der regionalen Ebene, die auf der Grundlage einheitlicher Leistungsbilder inhaltlich aufeinander abgestimmt sind:
Integriertes ländliches Entwicklungskonzept (ILEK) als strategisches Instrument des Entwicklungsprogrammes für den ländlichen Raum (EPLR) 2007 bis 2013 ff.,
Regionales Entwicklungskonzept (REK) als Instrument der raumordnerischen Zusammenarbeit (§ 13
ROG
)
sowie auf der gemeindlichen Ebene das gesamtstädtische „Integrierte Stadtentwicklungskonzept“ (INSEK) als sonstige Rahmenplanung der Gemeinde im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 11
BauGB
. Zu den informellen Planungsinstrumenten auf der regionalen Ebene zählen zudem die Kreisentwicklungskonzepte der Landkreise.
Besonders den regional orientierten Konzepten ist gemeinsam, dass sie auf der Basis einer Analyse der regionsspezifischen Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken die Entwicklungsziele und Handlungsfelder sowie besonders wichtige Leitprojekte und Maßnahmen aufzeigen sollen. Alle diese Instrumente stellen keine verbindlichen Planungsinstrumente dar und entfalten auch keine direkte rechtliche Wirkung. Ihre Wirksamkeit entfalten sie aber durch die Selbstbindung der an der Arbeit beteiligten Akteure und der durch sie bewirkten öffentlichen Transparenz dieser Entscheidungen und Strategien. Soweit integrierte Strategie- und Handlungskonzepte vorliegen, sollen diese auch von den Trägern der Regionalplanung angemessen berücksichtigt werden. Gerade vor dem Hintergrund der immer enger werdenden finanziellen Spielräume sollen jedoch diese Konzepte als Beurteilungsraster für Entscheidungen über die Förderung von Planungen und Maßnahmen dienen. Zielstellung ist es, fachlich qualifizierte Vorhaben, die sich in schlüssige Konzepte einfügen, bei der Förderung besonders zu berücksichtigen, beziehungsweise zu prüfen, dass Planungen und Maßnahmen den Zielstellungen dieser Konzepte nicht entgegenstehen. Die Querschnittsorientierung der Raumordnung kann bei der raumordnerischen Zusammenarbeit umso besser umgesetzt werden, wenn auch Fördermittelentscheidungen daran ausgerichtet werden.
zu Grundsatz 2.1.1.3 Über die Aufstellung der Regionalpläne hinaus sollen die Träger der Regionalplanung gemäß § 13
SächsLPlG
in Verbindung mit § 13 ROG die raumordnerische Zusammenarbeit befördern. Damit wird das Ziel verfolgt, die Zusammenarbeit der regionalen und kommunalen Entscheidungsträger in den Planungsregionen zu optimieren und auf aktuelle Herausforderungen zu konzentrieren. Die Träger der Regionalplanung besitzen hierbei Spielräume entsprechend der Unterschiedlichkeit der regionalen Ausgangsbedingungen und Handlungserfordernisse. Die Festlegung nennt das Spektrum prioritärer Aufgaben der raumordnerischen Zusammenarbeit, deren Erfordernisse sich auch aus anderen spezifischen Festlegungen dieses Planes ableiten. Die Formen der Zusammenarbeit sind entsprechend § 13 Abs. 2
ROG
offen gehalten. Die Gegenstände der Zusammenarbeit bedürfen der Beteiligung der vom Ergebnis betroffenen Öffentlichkeit.
Die Zusammenarbeit betrifft vorrangig folgende Bereiche:
kooperative Steuerungsansätze zur Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme (siehe auch Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen),
Sicherung der Daseinsvorsorge unter den Bedingungen des demografischen Wandels vor allem im ländlichen Raum (siehe auch Kapitel 1.2 Raumkategorien und Kapitel 6 Daseinsvorsorge),
Erstellung Regionaler Energie- und Klimaschutzkonzepte (siehe auch Kapitel 5.1 Energieversorgung) sowie Regionaler Klimaanpassungskonzepte als Grundlage für Regionalentwicklung und Regionalplanung,
Interessensausgleich durch Regionale Einzelhandelskonzepte (siehe auch Kapitel 2.3.2 Handel),
Strategie- und Handlungskonzepte zur Unterstützung von grenzüberschreitenden Kooperationsstrukturen (siehe auch Kapitel 1.6 Länderübergreifende Zusammenarbeit und Europäische Metropolregion Mitteldeutschland, Kapitel 2.1.2 Einbindung Sachsens in Europa und Europäische Territoriale Zusammenarbeit und Kapitel 2.1.3 Räume mit besonderem Handlungsbedarf),
Intensivierung der interkommunalen Zusammenarbeit im Stadt-Umland-Bereich zur gemeinsamen Lösung von öffentlichen Aufgaben, insbesondere in den Kooperationsräumen von Ober- und Mittelzentren (siehe auch Kapitel 1.2 Raumkategorien und Kapitel 1.3 Zentrale Orte und Verbünde),
Erarbeitung von regional- beziehungsweise länderübergreifend abgestimmten Entwicklungsstrategien für Bergbaufolgelandschaften (siehe auch Kapitel 2.1.3 Räume mit besonderem Handlungsbedarf).
Sofern bereits „Regional Governance“-Strukturen, das heißt Netzwerke lokaler Akteure in den Regionen beziehungsweise für einzelne Themenbereiche vorhanden sind, können diese, auf Grund ihrer stärkeren Verankerung in der Gesellschaft, auch anstelle der Träger der Regionalplanung die Aufgabe der konzeptionellen Vorbereitung und Begleitung der Umsetzung übernehmen. Die Träger der Regionalplanung sind in diesen Fällen gehalten, unterstützend zu wirken und ihr Fachwissen und ihre regionale Kompetenz in die Arbeits- und Entscheidungsgremien einzubringen, um eine abgestimmte regionale Entwicklungsstrategie zu befördern.
2.1.2
Einbindung Sachsens in Europa und Europäische Territoriale Zusammenarbeit
G 2.1.2.1
Die räumlichen Voraussetzungen für die Entwicklung Sachsens in seiner Brückenfunktion von West- und Ost- sowie Nord- und Südeuropa und als Bestandteil eines zusammenwachsenden Wirtschaftskernraumes in Europa sollen verbessert werden. Dazu soll insbesondere die Entwicklung der Wirtschafts- und Kulturregion Sachsen-Böhmen-Niederschlesien unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Entwicklungspotenziale unterstützt werden.
Z 2.1.2.2
Die Einbindung Sachsens in die großräumigen europäischen Verkehrskorridore und transeuropäischen Netze ist sicherzustellen. Dazu sind die Verbindungsqualitäten entlang des TEN-V-Kernnetzkorridors 4 Hamburg/Rostock – Berlin – Praha/Prag – Südosteuropa und der verlängerten Zentralachse (Frankfurt/Main) – Leipzig – Dresden – (Breslau [Wrocław] – Kattowitz [Katowice] – Krakau [Kraków] – Osteuropa) (Paneuropäischer Verkehrskorridor III) zu verbessern.
Z 2.1.2.3
Es ist darauf hinzuwirken, dass Planungen und Maßnahmen mit grenzüberschreitenden Auswirkungen nach den Grundsätzen der Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zwischen den berührten Staaten beziehungsweise Ländern abgestimmt und umgesetzt werden.
Z 2.1.2.4
Es ist darauf hinzuwirken, dass die Zusammenarbeit mit der Republik Polen und der Tschechischen Republik weiter gestärkt und ausgebaut wird. Die Träger der Regionalplanung sollen mit den vergleichbaren Trägern der Raumplanung in der Republik Polen und der Tschechischen Republik mit Hilfe informeller Planungsinstrumente auf die Erarbeitung und Umsetzung gemeinsamer Entwicklungskonzepte und Strategien hinwirken.
Begründung zu 2.1.2 Einbindung Sachsens in Europa und Europäische Territoriale Zusammenarbeit
zu Grundsatz 2.1.2.1 Mit den EU-Erweiterungen 2004 und 2007 ist Sachsen von einer EU-Randlage in eine zentralere Lage innerhalb der EU gerückt. Hier nimmt Sachsen nunmehr eine Brückenfunktion zwischen den neuen Mitgliedstaaten, insbesondere der Republik Polen und der Tschechischen Republik und den bisherigen Mitgliedstaaten in Westeuropa, ein. Das Europäische Raumentwicklungskonzept (EUREK) sieht – und hier eröffnet die EU-Erweiterung große Chancen – den Auf- und Ausbau mehrerer dynamischer weltwirtschaftlicher Integrationszonen vor. Mit dem neu in die EU hinzugekommenen Bevölkerungspotenzial und dem dynamischen Wirtschaftswachstum in den Nachbarstaaten Sachsens und in Südosteuropa besteht die Chance der intensivierten Zusammenarbeit in diesem Wirtschaftskernraum. Einen wesentlichen Bestandteil dieses neuen Wirtschaftskernraumes stellt die Wirtschafts- und Kulturregion Sachsen-Böhmen-Niederschlesien dar. Hier gilt es die räumliche Zusammenarbeit zu intensivieren und die räumlichen Voraussetzungen für die Ausnutzung der bestehenden Potenziale zu schaffen, das heißt Planungen und Maßnahmen gemeinsam umzusetzen. Die traditionelle Zusammenarbeit des sorbischen Volkes mit seinen slawischen Partnern in beiden Ländern und insbesondere in der Wirtschafts- und Kulturregion bildet hier eine ausgezeichnete Grundlage (siehe auch Z 2.1.2.4).
zu Ziel 2.1.2.2 Sachsen stellt auf Grund seiner Lage und der sich hier kreuzenden Achsen – Nord-Süd-Achse (TEN-V-Kernnetzkorridor 4 Hamburg/Rostock – Berlin – Praha/Prag – Südosteuropa) und Ost-West-Achse (Frankfurt/Main – Leipzig – Dresden – Breslau [Wrocław] – Kattowitz [Katowice] – Krakau [Kraków] – Osteuropa) ein Transitland mit logistischen Knoten dar. Hier ist insbesondere die Verbindungsqualität durch Neu- und Ausbau der Schienenwege zu verbessern. Der ehemalige Paneuropäische Verkehrskorridor III ist nun Bestandteil der Zentralachse beziehungsweise des Via Regia-Korridors in Richtung Osten und verbindet insbesondere den sich dynamisch entwickelnden südpolnischen Raum und die Ukraine mit Westeuropa. Insbesondere der Abschnitt zwischen Dresden und Breslau (Wrocław) bedarf auf sächsischer Seite noch eines weiteren Ausbaus und der Elektrifizierung. Im Rahmen der Erarbeitung des Verkehrskernnetzes für Europa wird die verkehrliche Voraussetzung für die Verbindung von Skandinavien mit den Staaten in Süd- und Südosteuropa unter Einbeziehung der Nord- und Ostseehäfen und wichtiger Häfen des Mittel- und des Schwarzen Meeres geschaffen. Die Anbindung an die Seehäfen und an die Hafenhinterlandverkehre ist von erheblicher Bedeutung. Hieraus werden neue wirtschaftliche Impulse generiert. Dies ist das Ergebnis einer Vielzahl von Initiativen, an denen auch der Freistaat Sachsen Anteil hatte. Darüber hinaus hat auch der TEN-Kernnetzabschnitt Berlin – Leipzig – Erfurt – Nürnberg – München – Italien (ehemals TEN-Achse-1) für Sachsen erheblich Bedeutung für die Anbindung an Südeuropa. Die entsprechenden Neu- und Ausbaumaßnahmen in Sachsen sind weitgehend abgeschlossen. Hier sind die verbleibenden Maßnahmen in Deutschland noch zu vollenden.
zu Ziel 2.1.2.3 Nach § 13 Abs. 2
SächsLPlG
haben die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 1
ROG
ihre raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen aufeinander und untereinander abzustimmen. Raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, die erhebliche Auswirkungen auf Nachbarstaaten haben können, sind nach den Grundsätzen der Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit mit diesen abzustimmen.
Ein erhöhtes Abstimmungsgebot besteht insbesondere für Planungen und Maßnahmen zum Hochwasserschutz, zur Verkehrsinfrastruktur- und zum Verkehrsangebot, zu regenerativen Energien, zur räumlichen Sicherung von Wasservorkommen als Trinkwasserreservoir, zum Natur- und Landschaftsschutz, zum Immissions- und Klimaschutz, zum Ausbau der Infrastruktur, zum großflächigen Einzelhandel und zum Tourismus. Neben der Abstimmung ist es aus raumordnerischer Sicht bedeutsam, auch noch stärker auf eine gemeinsame Umsetzung von Planungen und Maßnahmen hinzuwirken.
zu Ziel 2.1.2.4 Der Freistaat Sachsen hat eine Grenze von 123 km Länge zur Republik Polen und eine 454 km lange Grenze zur Tschechischen Republik. Eine Zusammenarbeit über Grenzen hinweg ist für die Raumentwicklung entlang der sächsischen Grenzen unerlässlich, um den gemeinsamen Grenzraum zu entwickeln und an die traditionelle Zusammenarbeit des sorbischen Volkes mit seinen slawischen Partnern in beiden Ländern anzuknüpfen. Die Programme der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit (grenzübergreifende, transnationale und interregionale Zusammenarbeit) tragen auf europäischer Ebene zur wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Kohäsion bei und nehmen dementsprechend auch für die EU eine wichtige Rolle ein. In der Förderperiode 2007 bis 2013 wurde die „Europäische Territoriale Zusammenarbeit“ erstmals als eigenes Ziel eingeführt, um die grenzübergreifende, transnationale und interregionale Zusammenarbeit zwischen Regional- und Kommunalbehörden zu vereinfachen, lokale gemeinsame Initiativen zur integrierten räumlichen Entwicklung anzustoßen sowie die Vernetzung und den Austausch von Erfahrungen auf der geeigneten territorialen Ebene bei der interregionalen Zusammenarbeit zu fördern. Dies gilt es sowohl für die grenzübergreifende als auch für die transnationale und interregionale Wirtschafts- und Regionalentwicklung zu nutzen und die sich eröffnenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Dazu müssen aber jenseits der Grenze die jeweils geeigneten Partner gefunden werden. Transnationale Projekte sind in Sachsen vorwiegend im Programmraum Central Europe, in dem Sachsen liegt, umzusetzen. Hier werden derzeit vier Prioritäten mit dem Programm verfolgt:
Förderung von Innovation in Mitteleuropa,
Verbesserung der Erreichbarkeit von und innerhalb Mitteleuropas,
Verantwortungsbewusste Nutzung der Umwelt,
Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und der Anziehungskraft von Städten und Regionen.
Die transnationale Zusammenarbeit eröffnet damit weiter reichende Möglichkeiten der Regionalentwicklung für solche Bereiche, die beispielsweise durch die grenzübergreifende Zusammenarbeit nicht in ihrer Gänze erfasst werden können. Für die Zusammenarbeit der Träger der Regionalplanung rücken künftig, im Gegensatz zum LEP 2003, informelle Planungsinstrumente in den Fokus. Das Ziel, gemeinsame Raumordnungspläne aufzustellen, blieb bisher wirkungslos, da sich die Planungssysteme und -instrumente für formelle gemeinsame Raumordnungspläne noch zu sehr unterscheiden. Insbesondere die Entwicklung und Umsetzung gemeinsamer grenzübergreifender Strategien und Entwicklungskonzepte helfen hier ungenutzte Potenziale künftig besser in Wert zu setzen und Impulse für die Regionalentwicklung in diesen Räumen zu geben.
Letztlich werden mit der Umsetzung dieses Plansatzes die räumlichen Voraussetzungen für den europäischen Zusammenhalt geschaffen sowie den Planungen und Maßnahmen der EU und ihrer Regionen Rechnung getragen (Umsetzung von § 2 Abs. 2 Nr. 8
ROG
).
2.1.3
Räume mit besonderem Handlungsbedarf
Karte:
Die Räume mit besonderem Handlungsbedarf sind in Karte 3 festgelegt.
Z 2.1.3.1
Die Räume mit besonderem Handlungsbedarf sind so zu entwickeln und zu fördern, dass sie aus eigener Kraft ihre Entwicklungsvoraussetzungen und ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern können. Dabei sind die spezifischen Entwicklungspotenziale dieser Räume zu stärken, indem
regionale Wirkungskreisläufe aufgebaut,
durch verstärkte interkommunale, regionale, länder- und grenzübergreifende Zusammenarbeit strukturelle Defizite abgebaut,
Synergieeffekte erschlossen,
Eigenkräfte mobilisiert sowie
Industrie und Gewerbe durch geeignete Maßnahmen in ihrer überregionalen und internationalen Wettbewerbsfähigkeit unterstützt
werden.
Bergbaufolgelandschaften
Z 2.1.3.2
In den Bergbaufolgelandschaften des Braunkohlenbergbaus, des ehemaligen Uranerzbergbaus, des sonstigen Erzbergbaus und des Steinkohlenbergbaus sollen ganzheitliche, regional beziehungsweise bei Bedarf länderübergreifend abgestimmte Entwicklungsstrategien erarbeitet und umgesetzt werden. Sanierungsmaßnahmen sind so durchzuführen, dass vielfältig nutzbare, attraktive, weitgehend nachsorgefreie und ökologisch funktionsfähige Bergbaufolgelandschaften bei Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit entstehen und bergbaubedingte Nutzungseinschränkungen begrenzt werden. Diese Gebiete sind durch die Träger der Regionalplanung räumlich und sachlich zu konkretisieren.
Grenznahe Gebiete
Z 2.1.3.3
In den grenznahen Gebieten sind die lagebedingten Nachteile insbesondere durch
die Beseitigung von infrastrukturellen Lücken und Defiziten,
die Verbesserung der grenzüberschreitenden Verkehrsinfrastruktur,
die Verbesserung der Erreichbarkeit der Oberzentren der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland aus den grenznahen Gebieten,
eine enge Zusammenarbeit im Bereich der Daseinsvorsorge sowie
die Ausschöpfung der Entwicklungspotenziale
abzubauen.
Z 2.1.3.4
Die sächsischen Teile der Grenzregionen zur Tschechischen Republik und zur Republik Polen sollen auf Grundlage ihrer regionsspezifischen Potenziale weiterentwickelt werden.
Z 2.1.3.5
In den Grenzstädten und Grenzgemeinden zur Republik Polen und zur Tschechischen Republik ist darauf hinzuwirken, dass grenzübergreifende Konzepte zur Stadt- und Dorfentwicklung erarbeitet und umgesetzt werden und die Zusammenarbeit in den Bereichen der Daseinsvorsorge, des Umweltschutzes, des Tourismus und der Technischen Infrastruktur weiter intensiviert wird.
Begründung zu 2.1.3 Räume mit besonderem Handlungsbedarf
zu Ziel 2.1.3.1
Das
Raumordnungsgesetz
enthält in § 2 Abs. 2 Nr. 4
ROG
folgenden Grundsatz: „Insbesondere in Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist (strukturschwache Räume), sind die Entwicklungsvoraussetzungen zu verbessern.“
Gemäß § 3 Abs. 2
SächsLPlG
wird daher an der Landesregelung zur Festlegung von „Räumen mit besonderen Sanierungs-, Entwicklungs- und Förderaufgaben“ festgehalten. Auf Grund der zukünftigen Herausforderungen haben alle Teilräume des Freistaates einen spezifischen Handlungsbedarf. Bei den Bergbaufolgelandschaften und den Grenzräumen handelt es sich aber um darüber hinausgehende spezielle Problemlagen. Räume mit besonderem Handlungsbedarf sind in Anwendung des oben genannten Grundsatzes der Raumordnung spezifische Räume mit besonderen Sanierungs-, Entwicklungs- und Förderaufgaben gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3
SächsLPlG
, die auf Grund ihrer Lage im Raum oder ihrer umwelt- und bergbaubedingten Belastungen und damit verbundenen Beschränkungen der Entwicklungsmöglichkeiten, aber auch ihrer besonderen Potenziale und Chancen, einer besonderen Unterstützung teilraumspezifischer Ordnungs- und Entwicklungsansätze bedürfen. Als Räume mit besonderem Handlungsbedarf werden in Karte 3 festgelegt:
Bergbaufolgelandschaften des Braunkohlen- und des Altbergbaus (Uran-, Steinkohlen- und Erzbergbau),
grenznahe Gebiete an der Staatsgrenze zur Republik Polen und zur Tschechischen Republik.
Die Räume mit besonderem Handlungsbedarf begründen sich in topografisch, historisch und strukturell bedingten spezifischen Problemen und können sich daher auch überlagern. Die Abgrenzung der grenznahen Gebiete erfolgt anhand der grenzanliegenden Mittelbereiche, teilweise arrondiert unter Berücksichtigung funktionaler Verflechtungen und bereits bestehender Kooperationsbeziehungen. Eine Präjudizierung über die zukünftigen konkreten Gebietskulissen für die Programme der grenzübergreifenden Zusammenarbeit des Freistaates Sachsen mit der Tschechischen Republik sowie der Republik Polen in der Förderperiode 2014 bis 2020 im Rahmen der „Europäischen Territorialen Zusammenarbeit“ und insbesondere die Einbeziehung von Dresden und Chemnitz ist damit nicht getroffen. Für die Räume mit besonderem Handlungsbedarf sind teilräumlich passfähige Entwicklungsstrategien erforderlich und Maßnahmen umzusetzen, die den komplexen Problemlagen und spezifischen Potenzialen und Chancen Rechnung tragen.
Bergbaufolgelandschaften
zu Ziel 2.1.3.2 In Sachsen hat der Bergbau über Jahrhunderte das Landschaftsbild und die Siedlungslandschaft sowie die Flächennutzung einzelner Teilräume verändert und geprägt. Seine Hinterlassenschaften sollen als Potenziale verstanden und als Sachzeugen des Wandels von Kulturlandschaften nutzbar gemacht werden. Die Flächen sind in Orientierung an der dem Bergbau vorausgegangenen Nutzung so zu entwickeln, dass der Naturhaushalt verbessert, die Tier- und Pflanzenwelt sowie eine standorttypische Biotopvielfalt gefördert, eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung (insbesondere auch Waldmehrung) sowie eine nachhaltige touristische und/oder gewerbliche Entwicklung, auch unter Berücksichtigung der wasserwirtschaftlichen Belange, ermöglicht wird. Auf G 5.1.5 wird hingewiesen. Zugleich soll eine gefahrlose und zukunftsfähige Folgenutzung dieser Landschaften ermöglicht werden. Dies erfordert zum Beispiel den sorgsamen Umgang mit den Altlastenflächen in ehemals industriell genutzten Bereichen (bergbauliche Anlagen, Halden), mit den naturräumlichen Belastungen, wie Senkungen, Grundwasseranstieg und eventuelle Grundwasserbelastungen, sowie mit Infrastrukturproblemen (unter anderem in Mitleidenschaft gezogene Leitungsnetze, Bausubstanz und Qualität der Trinkwasserversorgung sowie brachliegende Schieneninfrastruktur). Erforderlich sind aber auch Maßnahmen der Umweltüberwachung und bergmännische Kontrollaufgaben, die Gefahrenabwehr im Altbergbau und in stillgelegten Tagebauen, sowie Langzeit-Sicherungsmaßnahmen. Die Aufstellung von Braunkohlenplänen als Sanierungsrahmenpläne für einzelne stillgelegte Tagebaue ist im Sächsischen Landesplanungsgesetz geregelt. Die Bergbaufolgelandschaften als Räume eines intensiven Landschaftswandels umfassen das vollständige Auswirkungsgebiet des Braunkohlenbergbaus in den Regionen Leipzig-Westsachsen und Oberlausitz-Niederschlesien/Hornja Łužica-Delnja Šleska und enthalten somit im Sinne von Ziel 4.1.1.6 sowohl „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ als auch „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“. Kriterien für die räumliche Konkretisierung der Bergbaufolgelandschaften des Braunkohlenbergbaus und die Ableitung konkreter Festlegungen sind insbesondere:
die maximale bergbaulich verursachte Grundwasserbeeinflussung und die Darstellung prognostischer Grundwasserstände, die Auswirkungen auf Gebäude, bauliche Anlagen sowie die Flächennutzung haben können,
Beeinträchtigungen der Ortsentwicklung durch die Lage im ehemaligen Bergbauschutzgebiet oder in aktuellen Baubeschränkungsgebieten,
Beeinträchtigungen durch bergbaulich beeinflusste oder veränderte Fließgewässer und Vorflutsysteme,
Beeinträchtigung beziehungsweise Unterbrechung von Verkehrsverbindungen und gravierende Veränderungen historisch gewachsener Beziehungen zwischen den Siedlungseinheiten,
Beeinträchtigung der Entwicklungsmöglichkeiten von Gemeinden durch Industriebrachen beziehungsweise Altlasten der Braunkohlenveredlung.
Neben den großräumigen Bergbaufolgelandschaften des Braunkohlenbergbaues, insbesondere des Lausitzer Seenlandes und des Leipziger Neuseenlandes, sind als größere Bergbaufolgelandschaften das ehemalige Steinkohlenrevier zwischen Zwickau und Lugau/Oelsnitz/Erzgeb. sowie das Gebiet des ehemaligen Uranerzbergbaus im Westerzgebirge und dem Vogtland hervorzuheben. Sofern sich aus den Auswirkungen der verschiedenen Bergbauzweige des Braunkohlenbergbaus sowie des Altbergbaus (Uran-, Steinkohlen- und Erzbergbau) hinsichtlich Ausmaß und Intensität raumordnerische Regelungserfordernisse ableiten, sind diese durch die Träger der Regionalplanung räumlich und sachlich zu konkretisieren. Zu Aufgaben der Träger der Regionalplanung im Rahmen der Regionalen Kooperation siehe auch G 2.1.1.3.
Grenznahe Gebiete
zu Ziel 2.1.3.3 Die Grenze des Freistaates Sachsen zur Republik Polen und zur Tschechischen Republik ist trotz aller Durchlässigkeit eine administrative Grenze, von der raumstrukturelle Auswirkungen auf die grenznahen Gebiete ausgehen. Neben den noch vorhandenen infrastrukturellen Defiziten und Lücken bestehen Hemmnisse, zum Beispiel durch die Unterschiedlichkeit des Systems der räumlichen Planung, der Verwaltungsstrukturen, der Rechtssysteme sowie durch Sprachbarrieren. Zugleich bestehen mit der Grenzöffnung zu den Nachbarstaaten gute Voraussetzungen für eine grenzübergreifende Bewältigung der aus den lagebedingten Nachteilen erwachsenen Hemmfaktoren und strukturellen Probleme. Insbesondere durch einen weiteren Ausbau der Zusammenarbeit im Bereich der Daseinsvorsorge (Bildung, Gesundheitswesen, Rettungswesen und Katastrophenschutz) sowie der Technischen Infrastruktur (Abwasserbeseitigung, Wasser- und Stromversorgung, Telekommunikation und ähnliches) lassen sich lagebedingte Nachteile weiter abbauen und weitere Entwicklungspotenziale, vor allem grenzübergreifend, erschließen.
zu Ziel 2.1.3.4 Die sächsischen Grenzräume haben auf Grund unterschiedlicher Strukturen und Gegebenheiten auch unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten, die durch die Raumordnung und die Fachplanungen zu unterstützen sind. Insofern ist es auch erforderlich, für die einzelnen Teilräume an der Grenze differenzierte Zielvorstellungen und Konzepte zu entwickeln und umzusetzen. Dieser Entwicklungsprozess ist vor allem durch die Träger der Regionalplanung zu initiieren, zu moderieren und durch Maßnahmen und Projekte umzusetzen. Aus Sicht der Landesplanung lassen sich folgende sächsische Teile der Grenzregionen mit besonderen regionsspezifischen Potenzialen identifizieren:
das Vierländereck Sachsen-Tschechien-Bayern-Thüringen, insbesondere mit besonderen Potenzialen als Kultur- und Kur-/Bäderregion sowie als Wintersportzentrum, mit den naturschutzfachlichen Potenzialen des Grünen Bandes entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze sowie dem bereits bestehenden länder- und grenzüberschreitenden Verkehrsangebot des Kooperationsverbundes EgroNet,
das Erzgebirge als Freizeit-, Erholungs- und Fremdenverkehrsraum unter besonderer Einbeziehung der Potenziale des Naturparkes Erzgebirge/Vogtland und der Bergbauzeugnisse (wie in der Montanregion Erzgebirge) bei gleichzeitiger Überwindung störender Bergbaufolgen,
die Sächsisch-Böhmische Schweiz als Freizeit-, Erholungs- und Fremdenverkehrsraum mit besonderen naturschutzfachlichen Potenzialen,
das Dreiländereck Sachsen-Tschechien-Polen mit dem grenzüberschreitenden Schutzgebiet Naturpark Zittauer Gebirge als Freizeit-, Erholungs- und Fremdenverkehrsraum mit besonderen naturschutzfachlichen Potenzialen und besonderer verkehrlicher Erschließung, der gemeinsamen landschaftsprägenden Umgebindebauweise sowie auch den Besonderheiten des aktiven Braunkohlen- und des Sanierungsbergbaus,
die Teilregion Görlitz/Zhorjelc/(Zgorzelec) mit dem grenzüberschreitenden Potenzial der Europastadt,
der Geopark Muskauer Faltenbogen als länderüberschreitendes erdgeschichtliches Erbe.
zu Ziel 2.1.3.5 Bei grenzüberschreitenden Problemen in den Grenzstädten und -gemeinden an der deutsch-tschechischen und deutsch-polnischen Grenze lassen sich mitunter direkt vor Ort relativ einfach und sichtbar Veränderungen und Maßnahmen für eine gemeinsame Zukunft realisieren, die beiden Seiten gleichermaßen zugutekommen. Die Erarbeitung von Stadt- und Dorfentwicklungsplanungen ist daher eine gute Möglichkeit, nicht nur für die betroffenen Gemeinden und Städte an der Grenze selbst, sondern auch in deren Umfeld zur räumlichen und strukturellen Verbesserung beizutragen. In diesem Rahmen ist darüber hinaus eine konzeptionelle Zusammenarbeit in den Bereichen der Daseinsvorsorge, des Tourismus, des Umweltschutzes sowie der technischen Infrastruktur einschließlich der Energieversorgung anzustreben. Die Grenzstädte und -gemeinden, die gestärkt werden sollen, sind zum Beispiel Eichigt – (Hranice), Bad Elster – (Aš und Hranice), Bad Brambach – (Aš und Plesná und Vojtanov, gegebenenfalls Hazlov und Skalná), Erlbach – (Luby), Klingenthal – (Kraslice und Bublava), Eibenstock – (Nové Hamry) und (Přebuz), Johanngeorgenstadt – (Potůčky), Breitenbrunn – (Boži Dar), Oberwiesenthal – (Boži Dar und Loučná), Bärenstein – (Vejprty), Jöhstadt – (Kryštofovy Hamry und Černy Potok), Marienberg – (Hora sv. Šebastiána und Kalek), Olbernhau – (Brandov), Deutschneudorf – (Hora Svaté Kateřiny und Nová Ves v Horách sowie Mníšek), Neuhausen/Erzgeb. – (Český Jiřetín), Rechenberg-Bienenmühle – (Moldava), Altenberg – (Krupka, Dubí, Moldava), Bad Gottleuba-Berggießhübel – (Petrovice), Verwaltungsgemeinschaft Königstein, Rosenthal-Bielatal – (Sněžník), Bad Schandau – (Hřensko), Sebnitz – (Dolní Poustevna), Neustadt in Sachsen – (Dolni Poustevna und Lobendava), Sohland an der Spree – (Šluknov), Ebersbach-Neugersdorf – (Jiříkov, Rumburk), Seifhennersdorf und Großschönau – (Varnsdorf und Rumburk), Zittau – (Hrádek nad Nisou), Görlitz/Zhorjelc – (Zgorzelec), Neißeaue – (Pieńsk), Krauschwitz/Krušwica – (Łęknica) und Bad Muskau/Mužakow – (Łęknica).
2.2
Siedlungsentwicklung
2.2.1
Siedlungswesen
G 2.2.1.1
Die Neuinanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke soll in allen Teilräumen Sachsens vermindert werden. Bei der Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke soll bei Kompensationsmaßnahmen vorrangig auf eine Entsiegelung hingewirkt werden.
Z 2.2.1.2
Soweit zur Konzentration der zentralörtlichen Funktionen erforderlich, sollen in den Regionalplänen Versorgungs- und Siedlungskerne festgelegt werden mit der Folge, dass die Ansiedlung zentralörtlicher Einrichtungen außerhalb dieser Kerne unzulässig ist. Außerhalb der Kerne sind Einrichtungen mit spezifischen Standortanforderungen ausnahmsweise zulässig. Bei der Festlegung der Versorgungs- und Siedlungskerne sind zentrale Versorgungsbereiche der Gemeinden zu berücksichtigen.
Z 2.2.1.3
Die Festsetzung neuer Wohnbaugebiete soll in zumutbarer Entfernung zu den Versorgungs- und Siedlungskernen erfolgen.
Z 2.2.1.4
Die Festsetzung neuer Baugebiete außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist nur in Ausnahmefällen zulässig, wenn innerhalb dieser Ortsteile nicht ausreichend Flächen in geeigneter Form zur Verfügung stehen. Solche neuen Baugebiete sollen in städtebaulicher Anbindung an vorhandene im Zusammenhang bebaute Ortsteile festgesetzt werden.
Z 2.2.1.5
Durch die Träger der Regionalplanung ist zur Steuerung einer flächensparenden Siedlungsentwicklung auf ein regionales Flächenmanagement unter Einbeziehung der kommunalen Ebene hinzuwirken.
Z 2.2.1.6
Eine Siedlungsentwicklung, die über den aus der natürlichen Bevölkerungsentwicklung, aus den Ansprüchen der örtlichen Bevölkerung an zeitgemäße Wohnverhältnisse sowie den Ansprüchen ortsangemessener Gewerbebetriebe und Dienstleistungseinrichtungen entstehenden Bedarf (Eigenentwicklung) hinausgeht, ist nur in den Zentralen Orten gemäß ihrer Einstufung und in den Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion zulässig.
Z 2.2.1.7
Brachliegende und brachfallende Bauflächen, insbesondere Gewerbe-, Industrie-, Militär- und Verkehrsbrachen sowie nicht mehr nutzbare Anlagen der Landwirtschaft, sind zu beplanen und die Flächen wieder einer baulichen Nutzung zuzuführen, wenn die Marktfähigkeit des Standortes gegeben ist und den Flächen keine siedlungsklimatische Funktion zukommt. Durch eine vorrangige Altlastenbehandlung auf Industriebrachen ist deren Wiedernutzbarmachung zu beschleunigen. Nicht revitalisierbare Brachen sollen rekultiviert oder renaturiert werden.
Z 2.2.1.8
In den Regionalplänen sind siedlungsnahe, zusammenhängende Bereiche des Freiraumes mit unterschiedlichen ökologischen Funktionen oder naturnahen Erholungsmöglichkeiten als Regionale Grünzüge festzulegen. Zur Verhinderung des Zusammenwachsens dicht beieinander liegender Siedlungsgebiete, insbesondere im Zuge von Achsen, sind Grünzäsuren festzulegen. Regionale Grünzüge und Grünzäsuren sind von Bebauung im Sinne einer Besiedlung und von anderen funktionswidrigen Nutzungen freizuhalten.
Z 2.2.1.9
Eine Zersiedelung der Landschaft ist zu vermeiden.
Z 2.2.1.10
Die Siedlungsentwicklung ist auf die Verknüpfungspunkte des ÖPNV zu konzentrieren.
Fluglärm
Z 2.2.1.11
In den Regionalplänen ist für die Verkehrsflughäfen der Siedlungsbeschränkungsbereich festzulegen. Dem Siedlungsbeschränkungsbereich ist mindestens die Umhüllende der Fluglärmkonturen mit einem äquivalenten Dauerschallpegel von 55 dB(A) für den Tag und 50 dB(A) für die Nacht zu Grunde zu legen.
Z 2.2.1.12
Innerhalb des Siedlungsbeschränkungsbereiches sind neu für Bebauung vorgesehene Flächen im Rahmen der Bauleitplanung
in den Flächennutzungsplänen nur als gewerbliche Bauflächen und
in den Bebauungsplänen nur als Industrie- und Gewerbegebiete
gemäß
Baunutzungsverordnung
(
BauNVO
) zulässig. In den Regionalplänen können Gebiete innerhalb des Siedlungsbeschränkungsbereiches festgelegt werden, innerhalb derer Bauleitplanungen zulässig sind, die der Erhaltung, der Erneuerung, der Anpassung oder dem Umbau von vorhandenen Ortsteilen mit Wohnbebauung dienen.
Begründung zu 2.2.1 Siedlungswesen
zu Grundsatz 2.2.1.1
Gemäß Grundsatz § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG ist die Flächenneuinanspruchnahme im Freiraum zu begrenzen. Im Grundsatz § 2 Abs. 2 Nr. 6
ROG
wird weiterhin ausgeführt: „Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu vermindern, insbesondere durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen.“
In Anlehnung an die Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes und die Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung strebt der Freistaat Sachsen grundsätzlich an, bis 2020 die Flächenneuinanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsflächen auf unter 2 ha pro Tag zu reduzieren. Im Zeitraum 2005 bis 2009 betrug statistisch die durchschnittliche tägliche Flächenneuinanspruchnahme circa 8,2 ha (siehe auch LEB 2010, S. 68 f.). Das Ziel der Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme soll nicht nur durch Verzicht auf eine weitere Neuinanspruchnahme von Flächen, sondern durch eine Stärkung der Flächennutzungseffizienz mittels der Strategien Vermeiden, Mobilisieren und Revitalisieren erreicht werden. Konkrete Handlungsansätze sind insbesondere:
ein flächensparendes Bauen,
die Revitalisierung von Brachflächen,
die Nachverdichtung (Nutzung von Baulücken),
der bevorzugte Ausbau vor Neubau der Verkehrsinfrastruktur sowie der technischen Infrastruktur,
die Entsiegelung nicht mehr benötigter Flächen sowie
der sorgsame Umgang mit Deponieraum.
Eine flächeneffiziente und nachhaltige Siedlungs- und Verkehrsflächenentwicklung trägt dazu bei, eine unnötige interkommunale Konkurrenz mit steigenden Infrastrukturkosten und wachsenden wirtschaftlichen Belastungen zu vermeiden. Außerdem dient die Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme auch dem Erhalt landwirtschaftlicher Nutzflächen. Das Ziel der Verminderung der Flächenneuinanspruchnahme steht dabei in einem Wirkungsgefüge aus ökologischen, ökonomischen und sozialen Kriterien und Interessen. Die Sicherung der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung des Freistaates Sachsen, der angemessenen Wohnversorgung seiner Bürgerinnen und Bürger und des Wohlstandes zukünftiger Generationen, ist in diesem Wirkungsgefüge ebenso zu würdigen. Deshalb muss ein flexibel und situationsgerecht nutzbarer Spielraum für private, gewerbliche und öffentliche Vorhaben verbleiben.
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 6
ROG
ist der „Raum in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen“. Vor diesem Hintergrund kommt der Flächenentsiegelung raumordnerisch eine hohe Bedeutung zu. Sie ist als Chance weiterer Entwicklungen und nicht als Hemmnis zu verstehen. Eine Verknüpfung mit Kompensationsmaßnahmen entspricht dem Verursacherprinzip. Die fachgesetzlichen Regelungen von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bleiben unberührt.
zu Ziel 2.2.1.2 Ein Versorgungs- und Siedlungskern einer Gemeinde ist der im Zusammenhang bebaute Ortsteil, der auf Grund seiner bereits vorhandenen Funktionen und entsprechender Entwicklungsmöglichkeiten, seiner Erreichbarkeit (bei Zentralen Orten für die Bevölkerung im Verflechtungsbereich) und seiner Verkehrsanbindung durch den ÖPNV die Voraussetzung für die räumlich konzentrierte Versorgung der Bevölkerung (bei Zentralen Orten für die Bevölkerung im Verflechtungsbereich) in zumutbarer Entfernung zu den Wohnstandorten bietet. Nach § 4 Abs. 2
SächsLPlG
enthalten die Regionalpläne hinsichtlich der anzustrebenden Siedlungsstruktur Versorgungs- und Siedlungskerne, soweit es für die räumliche Ordnung, Entwicklung und Sicherung erforderlich ist. Aus landesplanerischer Sicht besteht insbesondere auf Grund der im Rahmen von Gemeindezusammenschlüssen zunehmenden Gemeindegrößen und der damit verbundenen Zunahme von Ortsteilen der Bedarf zur Konzentration der zentralörtlichen Funktionen in Versorgungs- und Siedlungskernen. Damit ist das raumordnerische Instrument des Versorgungs- und Siedlungskerns insbesondere auf die Zentralen Orte anzuwenden, wenn eine diffuse Verteilung der zentralörtlichen Funktionen in den Ortsteilen des Zentralen Ortes zu befürchten ist. Soweit die Regionalplanung darüber hinaus zur räumlichen Ordnung, Entwicklung und Sicherung der Siedlungsstruktur die Festlegung von Versorgungs- und Siedlungskernen für erforderlich erachtet, ist dies zulässig. Mit einer erfolgten Festlegung eines Versorgungs- und Siedlungskernes wird die Ansiedlung neuer zentralörtlicher Einrichtungen außerhalb dieses Kernes grundsätzlich unzulässig. Ausgenommen von diesem Konzentrationsgebot sind allerdings solche Einrichtungen, die auf Grund ihrer spezifischen Standortanforderungen nicht im Versorgungs- und Siedlungskern unterzubringen sind beziehungsweise dort zu erheblichen Störungen führen würden. Dies kann möglicherweise bei besonders flächen- und verkehrsintensiven Einrichtungen, beispielsweise bei einer großflächigen überörtlichen Freizeiteinrichtung oder einer Kureinrichtung, der Fall sein. Mit der Festlegung von Versorgungs- und Siedlungskernen in den Regionalplänen erfolgt gleichzeitig ein Eingriff in die kommunale Planungshoheit. Dieser muss aus überörtlichen Gründen gerechtfertigt sein, abgewogen und begründet werden. In den Regionalplänen können im Einvernehmen mit den Gemeinden auch weitere Versorgungs- und Siedlungskerne für Gemeinden, die keine zentralörtlichen Funktionen innehaben, festgelegt werden. Für diese können gegebenenfalls gesonderte Festlegungen in den Regionalplänen getroffen werden. In begründeten Fällen ist auch die Festlegung mehrerer Versorgungs- und Siedlungskerne auf einem Gemeindegebiet zulässig. Eine Schwerpunktsetzung in den Zentralen Orten ermöglicht die gebündelte Inanspruchnahme von zentralörtlichen Einrichtungen und ist eine wichtige Voraussetzung für die effiziente verkehrliche Anbindung durch den ÖPNV, da ein hervorgehobener Versorgungs- und Siedlungskern ein größeres Ziel- und Quellgebiet darstellt. Gerade vor dem Hintergrund abnehmender Bevölkerungszahlen und sich dadurch verteuernder öffentlicher Infrastrukturen beziehungsweise Versorgungseinrichtungen kommt der Konzentration der zentralörtlichen Einrichtungen eine große Bedeutung zu.
Der Begriff des Versorgungs- und Siedlungskernes ist zu unterscheiden von dem des „zentralen Versorgungsbereiches“ (§ 1 Abs. 6 Nr. 4
BauGB
) als räumlich abgrenzbarer Bereich einer Gemeinde, dem auf Grund vorhandener Einzelhandelsnutzungen – häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote – eine bestimmte Versorgungsfunktion für die Gemeinde zukommt (OVG NRW, Urteil vom 11. Dezember 2006, Az.: 7 A 964/05; BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2007, Az.: 4 C 7.07). Diese „zentralen Versorgungsbereiche“ können sowohl in Innenstadtzentren, Nebenzentren in Stadtteilen, Grund- und Nahversorgungszentren in Stadt- und Ortsteilen oder in nichtstädtischen Gemeinden festgesetzt werden. Damit geht die regionalplanerische Festlegung eines „multifunktionalen“ Versorgungs- und Siedlungskernes deutlich über das Maß eines „zentralen Versorgungsbereiches“ hinaus. Da jedoch „Zentrale Versorgungsbereiche“ auch gleichzeitig wesentliche Bestandteile eines Versorgungs- und Siedlungskernes sein können, sind diese auf kommunaler Ebene festgesetzten oder faktisch vorhandenen „zentralen Versorgungsbereiche“ bei der Festlegung von Versorgungs- und Siedlungskernen zu berücksichtigen.
zu Ziel 2.2.1.3 Ein Versorgungs- und Siedlungskern stellt zunächst eine räumlich konzentrierte Versorgung der Bevölkerung im Verflechtungsbereich sicher. Damit verbunden wird zunächst nur die räumliche Konzentration der zentralörtlichen Einrichtungen mit der Zielstellung der Erschließung von Synergien eines gebündelten Angebotes.
Die räumliche Konzentration von neuen Wohnbaugebieten in zumutbarer Entfernung zu den Versorgungs- und Siedlungskernen gewährleistet damit eine effiziente verkehrliche Anbindung und Auslastung öffentlicher Verkehrsmittel (größeres Ziel- und Quellgebiet), verkürzt in der Regel die Wege und trägt somit sowohl zu Zeit- und Kostenersparnissen als auch zur Reduzierung von Umwelt- und Gesundheitsbelastungen bei. Unter Wohnbaugebiete im Sinne der Festlegung sind alle Baugebiete mit einer vorwiegenden Wohnnutzung beziehungsweise Gebiete, in den das Wohnen nicht wesentlich gestört werden darf, zu verstehen (Wohnbauflächen, Kleinsiedlungsgebiete, reine Wohngebiete, besondere Wohngebiete, allgemeine Wohngebiete, gemischte Bauflächen, Mischgebiete gemäß der Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke [
Baunutzungsverordnung
BauNVO
] in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 1990 (BGBl. I S. 132), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 11. Juni 2013 [BGBl. I S. 1548, 1551]). Unter zumutbarer Entfernung wird der Versorgungs- und Siedlungskern selbst oder in begründeten Fällen der nächstgelegene Ortsteil verstanden. Neue Wohnbaugebiete sind dabei unter Berücksichtigung von § 1 Abs. 3 und § 1a Abs. 2
BauGB
bedarfsgerecht festzusetzen.
Nur, wenn siedlungsstrukturelle, topografische oder andere raumordnerische Bedingungen die Aufstellung von Bauleitplänen für neue Wohnbaugebiete im Versorgungs- und Siedlungskern oder im nächstgelegenen Ortsteil nicht zulassen, kann in der Weise abgewichen werden, dass gemessen an der räumlichen Entfernung, der verkehrlichen Erreichbarkeit und einer möglichen Anbindung an vorhandene im Zusammenhang bebaute Ortsteile, der nächst geeignete Standort gewählt wird. Die Erforderlichkeit einer Abweichung ist detailliert zu begründen und entsprechend nachzuweisen.
zu Ziel 2.2.1.4
Dieses Ziel richtet sich an die Gemeinden als Träger der Bauleitplanung. Da die Satzungen nach § 34 Abs. 4
BauGB
nicht zur Bauleitplanung gehören, bleibt die Berechtigung, derartige Satzungen zu erlassen, unberührt. Gemeindliche Spielräume verbleiben damit insbesondere auch hinsichtlich der „Abrundung“ des Innenbereiches.
Mit dem Ziel wird das Prinzip des Vorrangs der Innen- vor Außenentwicklung raumordnerisch verankert. Angesichts der bestehenden Überhänge an bebaubaren Flächen im Freistaat Sachsen ist die erforderliche neue Inanspruchnahme von Flächen im Außenbereich unter Beachtung ungenutzter genehmigter Bauflächen, brachgefallener Baugebiete und durch Einschätzung von Flächenreserven im unbeplanten Innenbereich, gegebenenfalls auch, wenn es sich um größere Flächen innerhalb des Siedlungskörpers handelt, die letztlich als Außenbereich anzusehen sind, zu begründen und nachzuweisen. Nur bei Nachweis eines Bedarfes an Flächen und bei Nachweis, dass entsprechende Flächen im Innenbereich nicht zur Verfügung stehen, können noch Baugebiete außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ausgewiesen werden. Im Falle neuer Baugebiete außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile sollen diese an die Siedlungskörper angebunden werden. Ausnahmen hiervon können zugelassen werden für:
emissionsintensive Gewerbe- und Industrieansiedlungen,
Erholungs- und Sonderbauflächen in den neu entstehenden Bergbaufolgelandschaften, soweit diese mit den Zielen und Grundsätzen der Braunkohlenpläne vereinbar sind,
Gebiete in Vorsorgestandorten für Industrie und Gewerbe, soweit durch die Regionalplanung keine anderen Festlegungen getroffen sind,
Logistikgewerbe und transportintensive Industrie.
Große zusammenhängende Freiflächen zwischen den Siedlungen sind selten und müssen erhalten werden. Die Verhinderung von städtebaulich nicht integrierten neuen Baugebieten erfolgt darüber hinaus auch im Interesse eines intakten Landschaftsbildes, wirkt einer Zersiedelung der Landschaft entgegen und vermindert die Flächeninanspruchnahme. Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die kostensparende Anbindung an die technische Infrastruktur. Bei der Festsetzung von Bauflächen soll darauf geachtet werden, dass vorhandene Infrastruktureinrichtungen mit genutzt werden können sowie eine vorteilhafte Anbindung an den SPNV oder ÖPNV beziehungsweise an bestehende Rad- und Fußwegenetze besteht. Dies erhöht die Wirtschaftlichkeit der Infrastruktureinrichtungen.
zu Ziel 2.2.1.5 Die Verwirklichung eines regionalen Flächenmanagements soll zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme beitragen. Zur Umsetzung eines regionalen kooperativen Flächenmanagements sind zunächst die Erfassung sowohl von Bauflächen als auch von Flächen im Bestand (Brachflächen, Baulücken, leerstehende Gebäude mit aufgegebener Nutzung) und Informationen zu den Auslastungsgraden erforderlich. Teilweise sind diese Daten bereits im Onlinezugang (KWIS.web) des Kommunalen Wirtschaftsinformationssystems (KWIS.net) für alle Gemeinden verfügbar und können auf freiwilliger Basis durch diese ergänzt werden. Zudem sind zukünftige Flächenbedarfe für die Region zu ermitteln. Durch ein regionales kooperatives Flächenmanagement sollen für die Teilräume Sachsens raumspezifische Strategien zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme erarbeitet und insbesondere die interkommunale Kooperation bei der Inanspruchnahme von Flächen durch die Kommunen (Gemeinde, Stadt, Landkreis) befördert werden. Soweit sich das regionale kooperative Flächenmanagement bewährt und Akzeptanz findet, kann dieses gegebenenfalls auch für weitere Funktionen genutzt und beispielsweise auch zu einem interkommunalen Kompensationsflächenmanagement ausgebaut werden. Ein erfolgreiches regionales Flächenmanagement ist nur bei Mitwirkung der Kommunen zu erwarten. Mit der Formulierung „unter Einbeziehung der kommunalen Ebene“ richtet sich dieses Ziel ebenso an die kommunale Ebene, die damit zur Mitwirkung aufgefordert ist. Gegebenenfalls können zur Erhöhung der Akzeptanz weitere regionale Akteure, gegebenenfalls auch Landesgrenzen übergreifend, eingebunden werden.
zu Ziel 2.2.1.6 Der Bestand an Siedlungs- und Verkehrsfläche nahm in den letzten acht Jahren trotz abnehmender Bevölkerung kontinuierlich zu. Vor diesem Hintergrund würde eine ungesteuerte Bauflächenentwicklung dem schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen widersprechen. Der Landesentwicklungsplan setzt deshalb Grenzen für eine raumordnerisch verträgliche Zunahme von Siedlungsflächen, indem eine weitergehende Entwicklung an die jeweilige zentralörtliche Einstufung oder an eine nachgewiesene besondere Gemeindefunktion unter Beachtung der tatsächlichen demografischen Entwicklung geknüpft wird. Die Planungshoheit der Gemeinden schließt – ungeachtet der zentralörtlichen Einstufung – ein, dass jeder Gemeinde eine bauliche Eigenentwicklung zugestanden wird. Das bedeutet, dass der Bedarf unter anderem an Wohnungen, der sich aus der natürlichen Zunahme der Bevölkerung oder auch bei rückläufiger Bevölkerungsentwicklung aus Veränderungen der Haushaltsstruktur, aus dem Überalterungsgrad und dem schlechten Bauzustand vorhandener Wohnungen ergibt, für die örtliche Bevölkerung auf Wunsch in der eigenen Gemeinde gesichert werden kann. Ebenso soll dem Bedarf für ortsangemessene Gewerbe und Dienstleistungseinrichtungen Rechnung getragen werden sowie im Einzelfall auch für potenzielle Gewerbebetriebe und Dienstleistungseinrichtungen, soweit diese sich in die bestehende Orts- und Siedlungsstruktur einfügen und ein örtlich begründeter Bedarf besteht oder besondere Standortvoraussetzungen für eine Neuansiedlung gegeben sind. Eine Wiedernutzbarmachung von Brachflächen oder die Nachnutzung vorhandener baustruktureller Potenziale ohne zusätzlichen Flächenverzehr bleibt auch außerhalb der Zentralen Orte und Gemeinden mit besonderen Gemeindefunktionen möglich, soweit damit keine Beeinträchtigung der umliegenden Zentralen Orte verbunden ist. In Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion richtet sich der Bedarf einer über die Eigenentwicklung hinaus gehenden Siedlungsentwicklung nach den zur Sicherung und Entwicklung der besonderen Gemeindefunktion erforderlichen Flächen.
zu Ziel 2.2.1.7 Als Folge des wirtschaftlichen Strukturwandels der vergangenen Jahre, auf Grund der Veränderungen im militärischen Bereich sowie zunehmend auch im landwirtschaftlichen Bereich stehen landesweit große brachliegende oder nur vorübergehend noch genutzte Flächen, die infrastrukturell erschlossen sind, zur Verfügung. Die Entscheidung, welcher Nutzung diese Flächen zukünftig zugeführt werden sollen, ist von vielen Faktoren abhängig und geht über einen städtebaulichen Planungsansatz hinaus. Sie muss aus Sicht regionaler Zusammenhänge getroffen werden. Es gilt, die ökologischen und räumlichen Auswirkungen der zukünftigen Nutzung auf die einzelnen Gemeinden zu berücksichtigen. Für die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit sächsischer Industrie- und Gewerbestandorte ist aber auch entscheidend, ob die bauliche Nachnutzung dieser Brachen auf marktfähigen Standorten möglich ist. Marktfähigkeit bedeutet, dass ein Nachfrager für die Fläche bereit ist, diese zu den für die Fläche vorliegenden Bedingungen zeitnah zu erwerben beziehungsweise zu nutzen. Für eine Beplanung und Wiedernutzbarmachung als Bauland muss also eine absehbare bauliche Nachnutzung sichergestellt sein. Deshalb ist bei der Sanierung von Brachen nicht in jedem Fall von einer baulichen Nutzung auszugehen. Gegebenenfalls können Brachflächen siedlungsklimatische Funktionen mit ausgleichender Wirkung hinsichtlich sommerlicher Hitzebelastung erfüllen (siehe Kapitel 4.1.4 Siedlungsklima). Neue Entwicklungsbereiche und Flächenpotenziale für die Gemeinden entstehen auch mit der Modernisierung und der Rationalisierung. Dies betrifft bei den Verkehrsbrachen insbesondere auch brachgefallene Bahnflächen für die, unter Berücksichtigung der Landes- und Kommunalinteressen, nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Nutzungsmöglichkeiten zu finden und umzusetzen sind. Denkbar sind beispielsweise Flächenverwertungen zur Ansiedlung von Unternehmen sowie für den Flächenbedarf im Rahmen ökologischer Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Sowohl für Industriebrachen als auch für ehemals militärisch genutzte Flächen sind spezielle Untersuchungen nötig, um eine mögliche Gefährdung durch Altlasten zu ermitteln. Erst dann können in Abhängigkeit vom Flächenbedarf und von der städtebaulichen Eignung eine der vorgesehenen Nutzung entsprechende Altlastenbehandlung und die Wiedernutzung solcher Flächen erfolgen. Altstandorte können nach fachgerechter Altlastenbehandlung wieder Standortaufgaben (Nachnutzungen) wahrnehmen, Bodenfunktionen erfüllen und/oder dem Flächenverbrauch entgegenwirken. Entgegen der demografischen Entwicklung wird in Sachsen in nahezu unverändertem Umfang Fläche für Siedlungs- und Verkehrszwecke neu in Anspruch genommen. Die demografische Entwicklung ist aber verstärkt auch als Chance zu nutzen, zuvor genutzte Flächen für Siedlungs- und Verkehrsfläche der Natur zurückzugeben. Hier gilt es insbesondere, nicht revitalisierbare Brachen, vor allem im Außenbereich, zu rekultivieren oder zu renaturieren, sodass die Böden natürliche oder nutzungsbezogene Funktionen erfüllen können. Vor diesem Hintergrund kommt der Flächenentsiegelung, soweit möglich und angemessen, raumordnerisch eine hohe Bedeutung zu. Sie ist als Chance weiterer Entwicklungen und nicht als Hemmnis zu verstehen. Für diese Flächen kommen auch unter dem Aspekt von Klimaschutz- und Klimaanpassungsstrategien insbesondere land- oder forstwirtschaftliche Nutzungen, naturschutzfachliche Nutzungen (naturnahe Freiflächen, Verbesserung des Landschaftsbildes) und Erholungsnutzungen in Betracht. Hinsichtlich naturschutzfachlicher Nutzungen (Hecken oder andere Gehölzbereiche, Biotopverbundstrukturen oder extensiv genutzte Offenlandbereiche) und naturverträglicher Erholungsnutzungen soll geprüft werden, ob diese Flächen auch für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen genutzt werden können.
Brachen im Außenbereich, die sich zukünftig noch für eine weitere bauliche Nutzung besonders eignen, sind von der Rekultivierung beziehungsweise Renaturierung ausgenommen. Dies gilt insbesondere für solche Brachflächen, die für privilegierte Vorhaben im Außenbereich (§ 35 Abs. 1
BauGB
) besonders in Betracht zu ziehen sind und für die sich eine solche Nutzung abzeichnet. Auf G 5.1.5 wird hingewiesen. Darüber hinaus können sich solche Brachen auch für die Errichtung von Photovoltaikanlagen als im Außenbereich nicht privilegierte Nutzung eignen. Damit kann gleichzeitig der Inanspruchnahme von landwirtschaftlichen Nutzflächen entgegengewirkt werden.
Das Ziel richtet sich sowohl an die Gemeinden und Teilnehmergemeinschaften nach dem
Flurbereinigungsgesetz
als auch an die Förderebene.
zu Ziel 2.2.1.8 Nach § 4 Abs. 2
SächsLPlG
enthalten die Regionalpläne hinsichtlich der anzustrebenden Siedlungsstruktur Festlegungen zur Raumstruktur der Planungsregion. Hierzu zählen unter anderem Regionale Grünzüge und Grünzäsuren.
Regionale Grünzüge und Grünzäsuren sind jedoch nicht nur ein Instrument zur Gliederung der Siedlungsstruktur, sondern sind insbesondere auch als Instrument zur Freiraumstruktur (im Sinne von § 8 Abs. 5 Nr. 2
ROG
) mit Sicherungs- und Koordinierungsfunktion anzusehen.
Daher können den Regionalen Grünzügen und Grünzäsuren folgende Funktionen zukommen:
Gliederung von Siedlungsgebieten,
Schutz vor Zersiedelung der Landschaft,
Stärkung der Erholungsfunktion,
Verbesserung des lokalen Klimas und der Lufthygiene,
Schutz und Verbesserung des Wasserhaushaltes,
Erhalt und Stärkung natürlicher Kohlenstoffspeicher,
Bodenschutzfunktion (vergleiche Begründung zu Z 4.1.3.3),
Stärkung des Biotopverbundes,
Stärkung der biologischen Vielfalt,
Bewahrung bedeutsamer Sichtbeziehungen.
Unter funktionswidrigen Nutzungen sind großvolumige bauliche Anlagen oder Anlagen mit einer umfangreichen Versiegelung zu verstehen, die geeignet sind, den regionalen Grünzug oder die Grünzäsur in ihrer Funktion zu beeinträchtigen. Dazu gehören unter anderem auch großflächige Freizeitanlagen und Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Die Regionalplanung kann im Zusammenhang mit der Festlegung von Grünzügen und Grünzäsuren konkretisieren, welche Anlagen als funktionswidrige Nutzungen anzusehen sind. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der aus Sicht der Regionalplanung hauptsächlich zugeordneten Funktion des Regionalen Grünzuges oder der Grünzäsur. Sowohl Regionale Grünzüge als auch Grünzäsuren sollen durch die Regionalplanung so festgelegt werden, dass einer Zersiedelung der Landschaft maßgeblich entgegengewirkt wird. Insbesondere ist durch die Festlegung von Regionalen Grünzügen und Grünzäsuren in den Regionalplänen das Zusammenwachsen von Siedlungen zu verhindern.
zu Ziel 2.2.1.9 Unter der Zersiedelung der Landschaft versteht man ein ungeregeltes Wachstum von Siedlungen in den unbebauten Raum hinein. Eine Zersiedelung der Landschaft ist gegeben, wenn die Freiraumfunktion durch bauliche Tätigkeit in einer nach Situierung, Intensität (Umfang und Maßstab) oder Art über Gebühr gestört (zum Beispiel Landschaftsbild) oder belastet (zum Beispiel Naturhaushalt) wird. Dies führt zu negativen ökonomischen, ästhetischen und ökologischen Erscheinungen (hohe Kosten für Infrastruktur, wachsende Pendlerströme, monotone Siedlungsstrukturen, der Verlust von Lebensräumen für Tiere und Pflanzen). Auch bei einer geordneten Bauleitplanung in den Verdichtungsräumen sowie im ländlichen Raum besteht in beengten oder landschaftlich reizvollen Tallagen die Gefahr des Entstehens einer ungegliederten Siedlungslandschaft. Dies hätte negative Auswirkungen auf das Orts- und Landschaftsbild, auf den Luftaustausch, das Kleinklima und die Erholungsnutzung.
zu Ziel 2.2.1.10 Eine Konzentration der Siedlungsentwicklung auf die Verknüpfungspunkte des ÖPNV trägt nicht zuletzt vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung zu einer effizienten Nutzung bestehender Infrastruktur, insbesondere der Verkehrsinfrastruktur, bei. Ein Zugang zum ÖPNV stellt einen Standortvorteil dar. Deshalb sollen in Siedlungen mit Zugangsstellen zum ÖPNV im Rahmen der Bauleitplanung neue Baugebiete bei Eignung und Bedarf so festgesetzt werden, dass durch die lagemäßige Zuordnung derselben zu den Zugangsstellen des ÖPNV eine ökologisch verträgliche und verkehrlich ökonomische Erschließung gesichert wird. Im Sinne einer integrierten Verkehrs- und Siedlungsentwicklung soll auch eine für die Umwelt verträgliche Mobilität gesichert werden und bei der weiteren Siedlungsentwicklung der Anteil der Bevölkerung mit unmittelbarem Zugang zum ÖPNV erhöht werden.
Fluglärm
zu Ziel 2.2.1.11 und Ziel 2.2.1.12
Gemäß dem Grundsatz der Raumordnung in § 2 Abs. 2 Nr. 6
ROG
ist der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm sicherzustellen.
Das 2007 novellierte Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2550) regelt die Festsetzung von Lärmschutzbereichen, innerhalb derer bauliche Einschränkungen und Erstattungs- beziehungsweise Entschädigungsansprüche bestehen. Bei der Festsetzung des Lärmschutzbereiches bei einem bestehenden Flughafen werden diesbezüglich höhere Pegel als bei einem neuen oder wesentlich baulich erweiterten Flughafen toleriert. Die unterschiedliche Festlegung von Lärmschutzbereichen bei bestehenden beziehungsweise neuen oder wesentlich baulich erweiterten Flughäfen erfolgt im
Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm
aus Bestandsschutzerwägungen vor dem Hintergrund, dass andernfalls für eine bereits vorhandene Bebauung Aufwendungen für Schallschutzmaßnahmen erstattet oder Entschädigungen geleistet werden müssten.
Für die bestehenden Flughäfen Dresden und Leipzig/Halle ist über den Lärmschutzbereich hinaus ein Siedlungsbeschränkungsbereich festzulegen. Die Fluglärmkontur des Siedlungsbeschränkungsbereiches muss mindestens das Gebiet umfassen, innerhalb dessen die Werte des Lärmschutzbereiches für neue oder wesentlich baulich erweiterte zivile Flughäfen gemäß dem
Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm
erreicht werden.
Darüber hinaus steht es im planerischen Ermessen der Regionalen Planungsverbände, der Festlegung der Siedlungsbeschränkungsbereiche weitergehende Fluglärmkonturen zu Grunde zu legen. Mit dem Siedlungsbeschränkungsbereich kann die Bauleitplanung langfristig so gesteuert werden, dass neue Flächen und Gebiete mit überwiegender Wohnnutzung und schutzbedürftigen Einrichtungen nach § 5 Abs. 1 des
Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm
in einem ausreichenden Abstand vom Gelände bestehender Flughäfen ausgewiesen werden.
Während der Zweck des
Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm
darin liegt, in der Umgebung von Flughäfen bauliche Nutzungsbeschränkungen und baulichen Schallschutz zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch Fluglärm sicherzustellen, sind auf der Ebene der Regionalplanung verschiedene weitere Belange zu berücksichtigen. Hierzu gehört beispielsweise der Erhalt der Entwicklungsmöglichkeiten des jeweiligen Flughafens. Zudem ist die Regionalplanung zu einer am Vorsorgegedanken orientierten Planung berechtigt, die einen höheren Schutz für die Bevölkerung bezwecken kann, als das
Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm
. Insofern können zum Beispiel ergänzend fluglärmbedingte Häufigkeits-Maximalpegel für die Nacht herangezogen werden.
Der Siedlungsbeschränkungsbereich ist im Rahmen der Bauleitplanung zu beachten. Ausnahmen von der Baubeschränkung in den Regionalplänen sind unter den Voraussetzungen des Z 2.2.1.12 Satz 2 insbesondere möglich, wenn bereits eine fortgeschrittene Planung oder eine Fördermittelzusage vorliegt. Darüber hinaus ist im Siedlungsbeschränkungsbereich auf Flächen mit bestehendem Baurecht nach § 34
BauGB
eine Wohnbebauung weiterhin grundsätzlich möglich.
2.2.2
Stadt- und Dorfentwicklung
Z 2.2.2.1
Zur Verbesserung der Lebensverhältnisse in den Gemeinden sind integrierte Maßnahmen der Stadt- und Dorfentwicklung weiterzuführen.
G 2.2.2.2
Die Entwicklung der Städte und Dörfer soll so erfolgen, dass
das historische Siedlungsgefüge angemessen berücksichtigt,
die Innenstädte beziehungsweise Ortskerne der Dörfer als Zentren für Wohnen, Gewerbe und Handel, Infrastruktur und Daseinsvorsorge gestärkt und weiterentwickelt,
Brachflächen einer neuen Nutzung zugeführt,
eine energiesparende und energieeffiziente, integrierte Siedlungs- und Verkehrsflächenentwicklung gewährleistet,
die gesundheitlichen Belange der Bevölkerung berücksichtigt sowie
beim Stadt- beziehungsweise Dorfumbau bedarfsgerecht sowohl Maßnahmen zur Erhaltung, Aufwertung, Umnutzung, zum Umbau und Neubau als auch zum Rückbau umgesetzt
werden.
G 2.2.2.3
Beim Umbau in Städten und Dörfern soll der Rückbau von außen nach innen und entlang von Gewässerläufen erfolgen. Das Auseinanderbrechen des Siedlungsgefüges soll durch die vorrangige Nutzung städtebaulich integrierter Lagen verhindert werden.
G 2.2.2.4
Die Lebensqualität und die natürliche biologische Vielfalt in den Städten und Dörfern soll durch Schaffung und Erhaltung von naturnahen Lebensräumen und Grünflächen innerhalb des Siedlungsgefüges aufgewertet werden.
G 2.2.2.5
Die Dorfentwicklung soll so erfolgen, dass die historisch gewachsenen Siedlungsstrukturen und typischen Baustile und Bauweisen unter Berücksichtigung zeitgemäßer Anforderungen sowie der regionaltypischen Ausstattung bewahrt und weiterentwickelt werden. Dabei sollen auch die Belange der Landwirtschaft in angemessener Weise berücksichtigt werden.
Z 2.2.2.6
In Dörfern, die auf Grund ihrer demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung einen sehr hohen Gebäudeleerstand sowie Tragfähigkeitsprobleme von Einrichtungen der Daseinsvorsorge einschließlich der technischen Infrastruktur aufweisen, ist darauf hinzuwirken, dass
die Ortskerne für Wohnen und Gewerbe attraktiv bleiben,
innovative Lösungen für die Bereitstellung von Einrichtungen und Leistungen der Daseinsvorsorge einschließlich der technischen Infrastruktur umgesetzt und Standardabweichungen ermöglicht werden,
leerstehende Bausubstanz und Brachflächen umgenutzt, rückgebaut, zwischengenutzt oder renaturiert werden und ein Leerstandsmanagements angestrebt wird sowie
eine angemessene verkehrliche Anbindung gewährleistet wird.
Begründung zu 2.2.2 Stadt- und Dorfentwicklung
zu Ziel 2.2.2.1
Eine nachhaltige Raumentwicklung gemäß § 1 Abs. 2
ROG
, das heißt die Abstimmung der sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen, mit dem Hinwirkungsziel der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse, gilt gleichermaßen für die Städte und die Dörfer in allen Teilräumen des Freistaates Sachsen. Um die Lebensverhältnisse sowohl in den Städten der Verdichtungsräume und des ländlichen Raumes als auch in den Dörfern zu verbessern, werden vor allem im Rahmen der Städtebauförderung und der Integrierten Ländlichen Entwicklung sowie auch im Rahmen der einzelnen Fachförderprogramme eine Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen gefördert. Im Interesse des effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel erfolgt die Förderung dabei zunehmend auf der Grundlage integrierter Entwicklungskonzepte wie den Integrierten Stadtentwicklungskonzepten (INSEK, SEKO) und den Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzepten (ILEK). Auf der Grundlage des Kabinettsbeschlusses der Staatsregierung zur „Harmonisierung der Planungsinstrumente“ im Jahr 2006 sind die Fachressorts der Staatsregierung aufgefordert, einen integrierten Ansatz umzusetzen, indem sie ihre Fördermaßnahmen miteinander abstimmen. Den Maßnahmen, die entsprechend abgestimmt sind, soll bei der Förderung und der Umsetzung Priorität eingeräumt werden. Kommunen sollen zudem auch bei Maßnahmen, die keine staatliche Förderung erhalten, das Ziel verfolgen, diese Maßnahmen fachübergreifend abzustimmen und als integrierte Maßnahmen umzusetzen. Durch die Einbeziehung aller Beteiligten wird auch die Basis für eine schnelle Realisierbarkeit der Maßnahmen geschaffen. Aufgabe der Gemeinden als Träger der kommunalen Planungshoheit bleibt es, diesen Prozess zu koordinieren und zu steuern.
zu Grundsatz 2.2.2.2 Zentrale Herausforderung für die Stadt- und Dorfentwicklung ist auch weiterhin die Anpassung an die demografische Entwicklung. Außer in den Oberzentren Dresden und Leipzig sowie punktuell auch in einigen wenigen anderen Gemeinden werden auch zukünftig rückläufige Einwohnerzahlen eine wesentliche Rahmenbedingung sowohl für die Stadt- als auch die Dorfentwicklung setzen. Die Funktionalität der Kommunen muss auf weniger Einwohner ausgerichtet werden, das heißt Schrumpfungs- und Umbauprozesse sind zu berücksichtigen, während vor allem die Zentralen Orte gleichzeitig als attraktive Standorte für Wohnen, Handel, Gewerbe und Kultur gestärkt und weiterentwickelt werden müssen. Angesichts des demografischen Wandels und der Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, zum Beispiel mit Auswirkungen auf die Einzelhandelsstrukturen, werden auch zukünftig viele Kommunen mit Gebäudeleerständen konfrontiert sein und ihre Infrastrukturen entsprechend anpassen müssen. Angesichts dieser Anpassungsprozesse bleibt es eine wichtige Herausforderung für die Stadt- und Dorfentwicklung, dass das historische Siedlungsgefüge einschließlich der Ortsbild prägenden Gebäude, welche entscheidend zur Attraktivität und somit zur Lebensqualität in den Städten wie auch den Dörfern beitragen, nicht zerstört wird. Dabei sind insbesondere die im Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Kulturdenkmale im Freistaat Sachsen (Sächsisches Denkmalschutzgesetz –
SächsDSchG
) vom 3. März 1993 (SächsGVBl. S. 229), zuletzt geändert durch Artikel 11 des Gesetzes vom 27. Januar 2012 (SächsGVBl. S. 130, 140), verankerten Belange des Denkmalschutzes zu berücksichtigen. Die Attraktivität der Städte wird wesentlich durch ihre Innenstädte geprägt, weshalb insbesondere die Innenstädte entsprechend dem Leitbild der europäischen Stadt, das heißt der kompakten, nutzungsgemischten Stadt der kurzen Wege, in ihrer funktionalen Vielfalt zu stärken und weiter zu entwickeln sind. Bereits im Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen wurde auf die Notwendigkeit einer flächensparenden Siedlungsentwicklung hingewiesen. Dieses Ziel wird sowohl durch die Stärkung der Innenstädte, als auch durch die Nutzung von Brachflächen und insbesondere auch von innerstädtischen Brachflächen unterstützt. Die verbesserte Abstimmung der Siedlungsflächenentwicklung mit der Verkehrsflächenentwicklung hat ebenso den sparsamen Umgang mit Flächen zum Ziel. Darüber hinaus können durch eine optimale Verknüpfung von flächensparenden und energieoptimierten Bauweisen mit dem Straßen-, Schienen- und Leitungsnetz die benötigten Energie- und Rohstoffressourcen reduziert sowie durch kurze Wege der Verkehr verringert und die Lebensqualität für die Stadtbewohner erhöht werden. Der Stadtumbau sollte darauf abzielen, die städtischen Strukturen auch bei rückläufigen Bevölkerungszahlen lebensfähig zu halten und die Lebensqualität in den betroffenen Städten und Stadtteilen nicht nur zu halten, sondern auch zu verbessern. Es ist notwendig, städtebauliche Aufwertung und den Rückbau miteinander zu verbinden sowie die Funktionalität der Städte zu verbessern. Der bedarfsgerechte, das heißt auch alters- und behindertengerechte, Umbau des Wohnungsbestandes, die standortgerechte Nutzung von Brachflächen sowie die Mobilisierung von innerstädtischen Baulandreserven stellen in Kombination mit einem geordneten Rückbau der Städte wichtige Maßnahmen dar, um auch in Zukunft die vorhandene Infrastruktur für Verkehr, Stadttechnik und Versorgung wirtschaftlich betreiben zu können. Dabei sollte der Stadtumbau nicht als kurzfristiger Prozess zur Bereinigung des Wohnungsmarktes verstanden werden, sondern langfristig unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung auf die Verbesserung der funktionalen, sozialen und wirtschaftlichen Vielfalt und Qualität städtischer Lebensräume abzielen. Die Auswirkungen von erhöhten geogenen Radonkonzentrationen sollen sowohl bei der Planung von neuen Siedlungsflächen als auch bei Maßnahmen an bestehenden Siedlungsflächen berücksichtigt werden. Das Edelgas Radon kommt überall im Boden vor. Es entsteht beim radioaktiven Zerfall von Uran aus dem Mutterisotop Radium. Die gesundheitsschädliche Wirkung von Radon (www.umwelt.sachsen.de/umwelt/strahlenschutz/1751.htm) wurde durch umfassende internationale Studien nachgewiesen. Auf Grund unterschiedlicher Gesteine und Böden gibt es im Freistaat Sachsen regional unterschiedlich hohe Radonkonzentrationen. Die durch den Freistaat Sachsen erarbeiteten Kartengrundlagen erlauben eine orientierende Zuordnung der Gebiete mit erhöhten Radonkonzentrationen. (siehe auch www.umwelt.sachsen.de/umwelt/strahlenschutz/3331.htm) Dieser Gesichtspunkt sollte vorsorglich bei Neubauvorhaben und Sanierungsmaßnahmen berücksichtigt werden. Bauwillige und die Bevölkerung sollen aus Gründen der Gesundheitsvorsorge durch die öffentlichen Einrichtungen über mögliche Auswirkungen erhöhter Radonkonzentrationen und die Möglichkeiten zur Minimierung des Radonrisikos bei Baumaßnahmen, insbesondere im Zusammenhang mit der Bauleitplanung und im Zuge von Baugenehmigungsverfahren, informiert werden, um kosteneffiziente Vorsorgemaßnahmen der Bevölkerung zu ermöglichen und zu unterstützen. Die vorgenannten Belange der
Berücksichtigung des historischen Siedlungsgefüges,
Stärkung der Ortskerne,
Nutzung von Brachflächen,
energiesparenden, integrierten Siedlungs- und Verkehrsflächenentwicklung,
Gesundheitsvorsorge,
Berücksichtigung sowohl von Rückbau- als auch von Aufwertungsmaßnahmen
gelten im Prinzip gleichermaßen für die Dorfentwicklung, da die räumliche Entwicklung der Dörfer, wenn auch in der Regel in geringerem Maße beziehungsweise einem anderen Maßstab, angesichts des demografischen Wandels und wirtschaftsstruktureller Veränderungen vor ähnliche Herausforderungen wie die Städte gestellt ist.
zu Grundsatz 2.2.2.3 Gebäudeleerstände, die einen Rückbau notwendig machen, finden sich mittlerweile nicht nur in den vom Bevölkerungsrückgang und wirtschaftsstrukturellen Veränderungen betroffenen Städten, sondern auch in Dörfern, in denen sich teilweise ähnliche Entwicklungen vollziehen. Der in diesen Städten und Dörfern notwendige Rückbau von Gebäuden und Infrastrukturen sollte durch die Kommunen so gesteuert werden, dass dieser von außen nach innen und entlang von Gewässerläufen erfolgt, um disperse Siedlungsstrukturen weitestgehend zu vermeiden, um die notwendigen Infrastrukturen im Interesse einer erhöhten Kosteneffizienz für die Kommunen zu konzentrieren und um die zum Hochwasserschutz und verbesserten Biotopverbund erforderlichen Freiflächen an Gewässern zu entwickeln. In den Fällen, wo bereits Brachflächen innerhalb des Siedlungsgefüges vorhanden sind oder ein Rückbau auf im Siedlungsgefüge weiter innen liegenden Flächen, zum Beispiel aus wirtschaftlichen Gründen, erforderlich ist, sollten diese im Siedlungsgefüge städtebaulich integrierten Flächen vorrangig für neue Nutzungen vorgesehen werden. Diese Flächen müssen, in Abhängigkeit von den Entwicklungszielen der betreffenden Gemeinden, nicht ausschließlich baulich genutzt, sondern können auch als Grün- und Freiflächen in das Siedlungsgefüge integriert werden.
zu Grundsatz 2.2.2.4 Während in den Dörfern davon auszugehen ist, dass dort vielerorts bereits ausreichend naturnahe Lebensräume und Grünflächen vorhanden sind, die es zu erhalten gilt, ist es in den Städten, und hier vor allem in den Mittel- und Oberzentren, zunehmend wichtig, naturnahe Lebensräume und Grünflächen nicht nur im Interesse der Verbesserung des Siedlungsklimas, sondern auch zur Förderung der biologischen Vielfalt und zur Erhöhung der Lebensqualität und Attraktivität der Städte zu erhalten und auszubauen (vergleiche auch Anhang A 1 „Fachplanerische Inhalte des Landschaftsprogramms“). Fehlendes Grün im Wohnumfeld mit Möglichkeiten der Freizeitgestaltung für Kinder und Jugendliche stellt einen wesentlichen Grund für die Abwanderung gerade junger Familien aus innerstädtischen Bereichen dar. Für das Naturerleben sind auch Gewässerufer von sehr großer Bedeutung. Daher sollen die Uferzonen der Gewässer möglichst frei von Bebauung und in ausreichender Breite naturnah entwickelt und in hinreichendem Maße öffentlich begehbar erhalten werden.
zu Grundsatz 2.2.2.5 Gut erhaltene historische Siedlungsformen, wie Waldhufendörfer, Straßen- und Angerdörfer oder Rundlinge, und die damit verbundenen Baustile sind Ausdruck der kulturlandschaftlichen Vielfalt in Sachsen und sollen im Rahmen der Dorfentwicklung zweckmäßig bewahrt werden. Jedoch stehen auch in den Dörfern vielfach Wohngebäude, Hofanlagen und Gewerbeflächen leer beziehungsweise entsprechen nicht den heutigen Nutzungsanforderungen. Durch Umnutzungen, die die historischen Siedlungsstrukturen und gebiets- oder ortstypischen Bauweisen und Baustile weitestgehend berücksichtigen, kann auch in diesen Fällen oft die Identität der Dörfer bewahrt bleiben. Wo eine bauliche Nachnutzung nicht absehbar ist, muss der Abriss von Bausubstanz für eine künftige Neubebauung oder Renaturierung möglich sein. Gleichermaßen soll zur Minderung infrastruktureller Kosten eine angepasste Lückenbebauung möglich sein. Derartige Maßnahmen sollen nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit planerischen Instrumenten, wie Dorfentwicklungskonzepten, Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen, umgesetzt werden. Dabei ist auch die Spezifik ländlicher Siedlungen, wie Naturnähe und Wechselbeziehung zur Landschaft, zu berücksichtigen. Bei der Dorfentwicklung sind als zeitgemäße Anforderungen sowohl die agrarstrukturellen Belange, die Wahrung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, der ortsbildprägende Charakter der Landwirtschaft als auch die vielfältigen gesellschaftlichen Nutzungsansprüche und der außeragrarische Flächenbedarf zu berücksichtigen. Hierbei umfassen die agrarstrukturellen Belange zum Beispiel:
notwendige Erweiterungen oder Neubauten landwirtschaftlicher Gebäude, wie zum Beispiel Stallanlagen,
betriebswirtschaftliche Belange und Maßnahmen zur Erhaltung der agrarstrukturellen Vielfalt, unter anderem durch eine entsprechende Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft,
die Vermarktung ihrer Produkte sowie die hierfür erforderlichen technischen und sonstigen Infrastrukturen und Dienstleistungen,
die Wiederzuführung von nicht mehr benötigten Siedlungsflächen als land- oder forstwirtschaftliche Nutzflächen oder zur Energiegewinnung.
Insbesondere wenig verstädterte Dörfer haben, wenn sie von einer intensiv genutzten Agrarlandschaft umgeben sind, eine hohe Bedeutung für die biologische Vielfalt (vergleiche Anhang A 1 „Fachplanerische Inhalte des Landschaftsprogramms“).
zu Ziel 2.2.2.6 Der Strukturwandel der Landwirtschaft, mangelnde Verdienstmöglichkeiten und relativ weite Entfernungen zu den größeren Zentren, die entsprechende Arbeitsmöglichkeiten bieten, sowie zu Einrichtungen der Daseinsvorsorge führen vor allem in den peripheren Räumen oder in dünn besiedelten Räumen zu unterschiedlich großen Abwanderungstendenzen. In der Folge gibt es mittlerweile neben den Städten in diesen Teilräumen des ländlichen Raumes auch Dörfer, in denen ein hoher Gebäudeleerstand vorhanden ist und auf Grund des Bevölkerungsrückganges auch einzelne Einrichtungen der Daseinsvorsorge, wie Kindertageseinrichtungen und Schulen, die notwendige ÖPNV-Anbindung sowie auch Einrichtungen der technischen Infrastruktur, wie zum Beispiel die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung, in ihrer wirtschaftlichen Tragfähigkeit in Frage gestellt sind, da die für ihren hygienisch einwandfreien Betrieb erforderliche Anzahl von Einwohnern nicht mehr vorhanden ist. In diesen Dörfern ist ein Dorfumbau mit dem Ziel erforderlich, sich einerseits durch Umbau- beziehungsweise Rückbaumaßnahmen an die Schrumpfungsprozesse anzupassen und andererseits durch geeignete Aufwertungsmaßnahmen, insbesondere in den Ortskernen, auch diese Dörfer weiterhin als Lebensräume zu erhalten. Dabei ist zu akzeptieren, dass diese Dörfer in vielen Fällen weitestgehend nur noch als Wohnstandorte fungieren werden, die aber zum Beispiel auf Grund ihrer naturräumlichen Qualitäten auch weiterhin einen Raum für unterschiedliche Lebensentwürfe bieten. Um in diesen Dörfern ein Mindestmaß an Daseinsvorsorge und notwendiger technischer Infrastruktur gemäß den auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen (
SächsGemO
) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. März 2003 (SächsGVBl. S. 55, 159), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. März 2013 (SächsGVBl. S. 158) geändert worden ist, festgelegten Pflichtaufgaben einer Gemeinde (siehe auch Begründung zu Z 6.1.1) dauerhaft zu gewährleisten, sind innovative Lösungen erforderlich. Hierbei sind eine Vielzahl unterschiedlicher Formen, wie die Vernetzung und Bündelung von Einrichtungen und Leistungen, die temporäre Bereitstellung von Leistungen, mobile Versorgungs- und Dienstleistungsangebote, Nutzung der Telematik, dezentrale Lösungen für die technische Infrastruktur, wie zum Beispiel Klein- oder Gruppenkläranlagen oder neue Bedienformen im ÖPNV, denkbar (siehe auch Kapitel 6 Daseinsvorsorge). Eine wichtige Voraussetzung für die Umsetzung der Informations- und Kommunikationstechnologie-gestützten Lösungsansätze ist eine leistungsfähige Breitbandversorgung nach dem Stand der Technik wie in den städtischen Gebieten. Hier sind sowohl die Fachressorts der Staatsregierung, die Kommunen als auch weitere Träger der Daseinsvorsorge und der technischen Infrastruktur gefordert, entsprechende Lösungen zu erarbeiten beziehungsweise die dafür notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. In den Dörfern, in denen ein derartiger Dorfumbau erforderlich ist, wird es in der Regel kaum noch wirtschaftlich sein, leerstehende Bausubstanz und Brachflächen baulich wieder zu nutzen (siehe auch Z 2.2.1.7), weshalb in diesen Fällen eher von den Möglichkeiten einer Renaturierung der Flächen Gebrauch zu machen ist. Im Vordergrund sollte dabei die Wiedergewinnung von land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen beziehungsweise Flächen zur Energiegewinnung stehen, um die Wertschöpfungspotenziale in der Landwirtschaft und den nachgelagerten Wirtschaftsbereichen sowie im Bereich der Energiegewinnung zu erhöhen. Die Bewohner dieser Dörfer werden auch weiterhin auf eine günstige Erreichbarkeit der Zentralen Orte angewiesen sein, um die dort befindlichen Arbeitsplätze und die Versorgungs-, Freizeit- und Erholungseinrichtungen zu nutzen. Die hierzu notwendigen Straßen-, Radwege- und ÖPNV-Verbindungen sind auch künftig zu erhalten. Soweit erforderlich, sind zur Aufrechterhaltung der ÖPNV-Anbindungen die Netzgestaltung und die Bedienung zu optimieren und gegebenenfalls durch alternative Lösungen, wie Rufbusse, zu ergänzen. Die Radwegenetze im ländlichen Raum sind so auszubauen, dass eine verkehrssichere Anbindung zu den Siedlungskernen gewährleistet werden kann. Hierzu sollen auch nicht mehr benötigte Bahn- und Straßentrassen genutzt werden.
2.3
Wirtschaftsentwicklung
2.3.1
Gewerbliche Wirtschaft
G 2.3.1.1
Die räumlichen und infrastrukturellen Voraussetzungen für eine nachfrageorientierte Entwicklung attraktiver Industrie- und Gewerbestandorte sollen geschaffen werden und zur Ansiedlung neuer sowie zur Erhaltung, Erweiterung oder Umstrukturierung bestehender Industrie- und Gewerbebetriebe beitragen.
G 2.3.1.2
In den Gemeinden sollen bedarfsgerecht gewerbliche Bauflächen zur Sicherung der Eigenentwicklung zur Verfügung gestellt werden. Für eine über die Eigenentwicklung hinausgehende Flächenvorsorge sollen die Möglichkeiten einer interkommunalen Zusammenarbeit, auch länderübergreifend, vor allem entlang der überregionalen Verbindungs- und Entwicklungsachsen, bevorzugt geprüft und entwickelt werden.
Z 2.3.1.3
Durch die Träger der Regionalplanung ist die Flächensicherung für die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben mit überregionaler Bedeutung zu unterstützen. Dazu sollen Vorsorgestandorte für Industrie und Gewerbe als Schwerpunktbereiche für Siedlungsentwicklungen im Regionalplan festgelegt werden.
Z 2.3.1.4
Der Festlegung von Vorsorgestandorten für Industrie und Gewerbe ist eine am voraussichtlichen Bedarf orientierte Konzeption zu Grunde zu legen. In den Regionalplänen sind Festlegungen zur Zulässigkeit der Inanspruchnahme der Vorsorgestandorte zu treffen.
Begründung zu 2.3.1 Gewerbliche Wirtschaft
zu Grundsatz 2.3.1.1
Gemäß dem Grundsatz der Raumordnung in § 2 Abs. 2 Nr. 4
ROG
ist der Raum im Hinblick auf eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie auf ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu entwickeln.
Für seine weitere Entwicklung benötigt der Freistaat Sachsen eine leistungs- und wettbewerbsfähige Wirtschaft, für die optimale Standortbedingungen geschaffen werden müssen. Dazu zählen nicht nur die Erreichbarkeit von Absatz- und Beschaffungsmärkten, die Verkehrsanbindung und das Angebot von Arbeitskräften, sondern auch die wirtschaftsbezogene Infrastruktur und das Vorhandensein hochwertiger Bildungs-, Forschungs-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen. Zur Stärkung der Wirtschaftskraft des Freistaates Sachsen müssen die Regionen die Möglichkeit erhalten, ihr vorhandenes wirtschaftliches Potenzial durch Neuansiedlungen und Neugründungen von Betrieben zu entwickeln. Dies gilt vor allem für Gebiete, die auf Grund ihrer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung besonders vom Strukturwandel betroffen sind. Dabei kommt der Nutzung von Brachen sowie der Verdichtung/Auslastung bereits vorhandener beziehungsweise baurechtlich genehmigter Industrie- und Gewerbegebiete eine besondere Bedeutung zu. Sofern diese Gebiete am Markt seit längerem keine Nachfrage mehr erzielen, ist auch ein Rückbau oder eine Nutzungsänderung in Erwägung zu ziehen. Im ländlichen Raum sind die Potenziale von regionalen Wertschöpfungsketten zur Stärkung einer regional verankerten Land- und Lebensmittelwirtschaft weiter auszubauen. Zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sind die Standortbedingungen den wirtschaftlichen Erfordernissen entsprechend ständig flexibel zu gestalten. Insbesondere gilt es, gewerblichen Betrieben verschiedener Branchen und Größen eine Ansiedlung und Erweiterung zu ermöglichen, um die Wirtschaftskraft zu verbessern und Abwanderungstendenzen entgegenzuwirken sowie den Standortwettbewerb mit Regionen außerhalb Sachsens zu fördern.
zu Grundsatz 2.3.1.2 Gewerbliche Bauflächen sind eine wesentliche Voraussetzung für die wirtschaftliche Eigenentwicklung jeder Gemeinde. Daher fällt den Gemeinden die Aufgabe zu, im Rahmen ihrer Eigenentwicklung hinreichend und der Nachfrage entsprechend marktfähige gewerbliche Bauflächen vorzuhalten. Die Städte und Gemeinden, in denen eine gewerbliche Flächenvorsorge über die Eigenentwicklung hinaus (vergleiche Ziel 2.2.1.6) zulässig ist, sollen aus Gründen der Reduzierung der Flächeninanspruchnahme, der Auslastung von Infrastruktur und zur Kosteneinsparung im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit verstärkt auf gemeinsame Gewerbegebiete und Gewerbeverbünde vorrangig an den überregional bedeutsamen Verbindungs- und Entwicklungsachsen im Freistaat orientieren. Die Bildung von Zweckverbänden und eine übergemeindliche Abstimmung, die sich auch länderübergreifend gestalten kann, sind im Rahmen der Förderpolitik entsprechend anzuerkennen.
zu Ziel 2.3.1.3 Die Träger der Regionalplanung sollen eine langfristige Standortvorsorge für großflächige, überregional bedeutsame Industrie- und Gewerbebetriebe (als Orientierung gilt ein Flächenbedarf von mindestens 5 ha sowie die Schaffung von mindestens 250 Arbeitsplätzen) gewährleisten. Um Nachfragen von Investoren zur Flächeneignung und -notwendigkeit zügig beantworten zu können und mit dem Ziel, potenzielle Standortbereiche freizuhalten, sollten planerische Instrumente zur Flächenermittlung und -freihaltung eingesetzt werden. Hierbei sind die Standortanforderungen der Wirtschaft, wie Verkehrsgunst, Flächeneignung, räumliche Nähe zu Zentralen Orten (insbesondere Ober- und Mittelzentren) und überregional bedeutsamen Verbindungs- und Entwicklungsachsen, ebenso zu Grunde zu legen wie die Belange des Natur- und Umweltschutzes, des Hochwasserschutzes und der Landwirtschaft. Auch bereits vorliegende regionale und kommunale Gewerbeflächenkonzepte oder ähnliche und die bevorzugte Prüfung von siedlungsnahen Brachen sind raumordnerische Kriterien, die bei der Auswahl der Standorte zu berücksichtigen sind. Ein planerisches Instrument der Flächenfreihaltung sind Schwerpunktbereiche für Siedlungsentwicklungen gemäß § 4 Abs. 2
SächsLPlG
. Darunter fallen regional und überregional bedeutsame Vorsorgestandorte für Industrie und Gewerbe sowie für Tourismuseinrichtungen (siehe auch Kapitel 2.3.3 Tourismus und Erholung). Die Träger der Regionalplanung müssen entsprechend begründen, wenn sie von diesem Instrument keinen Gebrauch machen (zum Beispiel aus regionalen Erfordernissen wie naturräumliche Gegebenheiten oder kein Defizit an großflächigen Flächenreserven für Industrie- und Gewerbebetriebe) und wie die Zielstellung der gewerblichen Standortvorsorge dennoch umgesetzt werden kann.
zu Ziel 2.3.1.4 Der Festlegung von Vorsorgestandorten Industrie und Gewerbe sollte eine regionale Bestandsanalyse zu einem möglichen Bedarf an größeren zusammenhängenden Flächen nach den in der Begründung zu Z 2.3.1.3 genannten Kriterien zu Grunde gelegt werden. Bei der Festlegung ist zu beachten:
Die Flächenausweisungen für Industrie und Gewerbe sollen eine Mindestgröße von 25 ha nicht unterschreiten.
Ihre Festlegung erfolgt flächenhaft in den Regionalplänen; die Ausformung in der Bauleitplanung hat nach konkretem Bedarf zu erfolgen.
Weitere notwendige Regelungen im Umgang mit den Vorsorgestandorten, insbesondere im Rahmen der Bauleitplanung und zur interkommunalen Entwicklung der Standorte, sind in den jeweiligen Regionalplänen eigenverantwortlich zu treffen.
2.3.2
Handel
Z 2.3.2.1
Die Ansiedlung, Erweiterung oder wesentliche Änderung von Einkaufszentren und großflächigen Einzelhandelsbetrieben sowie sonstigen großflächigen Handelsbetrieben, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den vorstehend bezeichnenden großflächigen Einzelhandelseinrichtungen vergleichbar sind, ist nur in Ober- und Mittelzentren zulässig. Die Ansiedlung, Erweiterung oder wesentliche Änderung von Factory-Outlet-Centern ist nur in Oberzentren zulässig.
Z 2.3.2.2
Die Ansiedlung, Erweiterung oder wesentliche Änderung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen ist zur Sicherung der verbrauchernahen Versorgung mit Gütern des kurzfristigen Bedarfs auch in Grundzentren zulässig.
Z 2.3.2.3
Bei überwiegend innenstadtrelevanten Sortimenten oder bei einer Verkaufsfläche für innenstadtrelevante
Sortimente von mehr als 800 m² ist die Ansiedlung, Erweiterung oder wesentliche Änderung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen nur in städtebaulich integrierter Lage zulässig. In den Zentralen Orten, in denen zentrale Versorgungsbereiche ausgewiesen sind, sind diese Vorhaben nur in den zentralen Versorgungsbereichen zulässig.
Z 2.3.2.4
Die Ansiedlung, Erweiterung oder wesentliche Änderung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen soll nicht dazu führen, dass der Einzugsbereich den Verflechtungsbereich des Zentralen Ortes wesentlich überschreitet.
Z 2.3.2.5
Die Ansiedlung, Erweiterung oder wesentliche Änderung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen darf weder durch Lage, Größe des Vorhabens oder Folgewirkungen das städtebauliche Gefüge, die Funktionsfähigkeit des zentralörtlichen Versorgungszentrums oder die verbrauchernahe Versorgung des Zentralen Ortes sowie der benachbarten Zentralen Orte substanziell beeinträchtigen.
G 2.3.2.6
Bei der Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen soll eine ausreichende Anbindung an den ÖPNV gewährleistet werden.
Z 2.3.2.7
Die Ziele Z 2.3.2.1 bis Z 2.3.2.5 und Grundsatz G 2.3.2.6 gelten entsprechend für die Ansiedlung, Erweiterung oder wesentliche Änderung von nicht großflächigen Einzelhandelseinrichtungen in enger Nachbarschaft zu einer oder mehreren bereits bestehenden Einzelhandelseinrichtungen, wenn sie in ihrer Gesamtheit wie großflächige Einzelhandelseinrichtungen wirken.
Begründung zu 2.3.2 Handel
Großflächige Einzelhandelseinrichtungen sind die in § 11 Abs. 3
BauNVO
erfassten Vorhaben. Die Ziele des Kapitels 2.3.2 Handel regeln die Ansiedlung, Erweiterung und wesentliche Änderung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen. Daraus folgt, dass sie nicht für den Bestand und dessen unwesentliche Änderung gelten.
Das Kapitel Handel richtet sich in erster Linie an die Gemeinden als Träger der Bauleitplanung. In den Zulassungsverfahren für die großflächigen Einzelhandelseinrichtungen im unbeplanten Innenbereich spielen die Ziele der Raumordnung unmittelbar keine Rolle. Dies gilt entsprechend im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes. Allerdings unterliegen die Bebauungspläne selbst der Anpassungspflicht aus § 1 Abs. 4
BauGB
. Daraus folgt, dass die Ziele der Raumordnung bei deren Aufstellung beachtet oder die Bebauungspläne nachträglich an die Ziele der Raumordnung angepasst werden müssen. Daher ist es Aufgabe der Gemeinden, durch eine entsprechende Bauleitplanung die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die Umsetzung der Ziele des Kapitels Handel zu schaffen. Hieraus kann sich auch eine Erstplanungspflicht ergeben. Das heißt, wenn Entwicklungen erkennbar sind, die gegen die Ziele des Kapitels Handel verstoßen, kann die Gemeinde verpflichtet sein, dem durch die Aufstellung eines Bebauungsplanes entgegenzuwirken (vergleiche BVerwG v. 17.09.2003 – Az.: 4 C 14/01).
Der Handel, insbesondere der Einzelhandel, ist einer der dynamischsten Wirtschaftsbereiche und gehört zu den bestimmenden Größen der sächsischen Wirtschaft. Das zeigt sich nicht zuletzt in den Strukturveränderungen der vergangenen Jahre. Auf der Anbieterseite vollziehen sich ein Wandel von kleinen zu mehr großflächigen Standorten und die Konzentration an immer weniger Standorten und auf immer weniger Betriebe. Andererseits verstärken rückläufige Einwohnerzahlen und eine überwiegend stagnierende Kaufkraft den Wettbewerb. Die Ziele des Landesentwicklungsplanes setzen die Randbedingungen, um landesweit ausgewogene Versorgungsstrukturen zu erhalten. Bei der Ansiedlung und Entwicklung von großflächigen Handelseinrichtungen ist auch die Notwendigkeit der Sicherung der Nahversorgung in den Stadtteilzentren und in den umliegenden Ortsteilen zu berücksichtigen. In kleineren Orten und Stadtteilen haben Handelseinrichtungen auch eine gesellschaftliche und soziale Funktion als Kommunikationspunkt für viele Menschen. Bestehende Infrastruktureinrichtungen und -netze müssen angepasst und alternative Angebotsformen in Betracht gezogen werden.
zu Ziel 2.3.2.1 Dieses Ziel enthält das sogenannte Konzentrations- oder auch Zentralitätsgebot. Hierdurch wird die Zulässigkeit von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen mit dem Zentrale-Orte-System verknüpft. Diese Verknüpfung mit den oberzentralen und mittelzentralen Zentralitätsstufen soll die Versorgung in allen Teilen des Landes entsprechend dem Bedarf in zumutbarer Entfernung auch für die nicht motorisierte Bevölkerung sicherstellen und zugleich einer Unterversorgung zentraler Wohnbereiche entgegenwirken, die eintritt, wenn die Konzentration des großflächigen Einzelhandels an Standorten, die nicht zum Netz Zentraler Orte gehören oder innerhalb des hierarchisch gegliederten Systems auf einer niedrigen Zentralitätsstufe liegen, zu einem flächendeckenden Kaufkraftabzug aus den Versorgungszentren der höherstufigen Zentralen Orte führt (vergleiche BVerwG v. 17.09.2003 – Az.: 4 C 14/01). Eine Besonderheit gilt für Factory-Outlet-Center. Bei diesen handelt es sich um Einkaufszentren, also auch großflächige Einzelhandelseinrichtungen, in denen der Betreiber eine Vielzahl von Geschäftslokalen zum Direktvertrieb an Hersteller oder von ihnen beauftragte Dritte vermietet. Wegen der erheblichen Auswirkungen, die von diesen großflächigen Einzelhandelseinrichtungen ausgehen, bestimmt Ziel 2.3.2.1 Satz 2, dass sie ausschließlich in Oberzentren zulässig sind.
zu Ziel 2.3.2.2 Dieses Ziel stellt eine Ausnahmebestimmung zu Ziel 2.3.2.1 dar und betrifft daher ebenfalls das Konzentrationsgebot. Während nach Ziel 2.3.2.1 die großflächigen Einzelhandelseinrichtungen in den Ober- und Mittelzentren ohne Weiteres raumordnungsrechtlich zulässig sind, knüpft Ziel 2.3.2.2 an die Zulässigkeit in den Grundzentren die Voraussetzung, dass die großflächigen Einzelhandelseinrichtungen der Sicherung der verbrauchsnahen Versorgung mit Gütern des kurzfristigen Bedarfs dienen. Insofern muss insbesondere die Bevölkerung im ländlichen Raum durch ergänzende Angebote versorgt werden. Diese Versorgung bedarf aber ebenfalls einer raumordnerischen Steuerung, die darin besteht, dass die entsprechenden Einrichtungen den Grundzentren zugeordnet und somit den nichtzentralen Orten vorenthalten werden.
zu Ziel 2.3.2.3 Dieses Ziel enthält das sogenannte Integrationsgebot. Das Integrationsgebot dient dem Schutz der Innenstädte. Die Zentralen Orte sind bemüht, die Funktionsfähigkeit und Attraktivität ihrer Stadtzentren und innerstädtischen Nebenzentren zu stärken. Hierfür wurden in der Vergangenheit in erheblichem Maße Städtebaufördermittel eingesetzt. Dieses Bemühen darf nicht durch dem widersprechende Ansiedlungen großflächiger Einzelhandelseinrichtungen zunichte gemacht werden. Zudem trägt das Integrationsgebot aber auch dem Umstand Rechnung, dass die innenstadtrelevanten großflächigen Einzelhandelseinrichtungen in den städtebaulich integrierten Lagen ihre Versorgungsfunktionen am besten erfüllen können. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die städtische Bevölkerung als auch auf die Bevölkerung des Verflechtungsbereiches. Im Rahmen des Z 2.3.2.3 wird differenziert zwischen innenstadtrelevanten und nicht innenstadtrelevanten großflächigen Einzelhandelseinrichtungen. Eine Innenstadtrelevanz liegt vor, wenn überwiegend innenstadtrelevantes Sortiment angeboten wird oder wenn die auf das innenstadtrelevante Sortiment entfallende Verkaufsfläche den von der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Begriff der Großflächigkeit entwickelten Schwellenwert von 800 m² überschreitet. Dementsprechend kann das Integrationsgebot auch dann einschlägig sein, wenn es sich bei dem innenstadtrelevanten Sortiment nur um ein so genanntes Randsortiment handelt. Innenstadtrelevante Sortimente zeichnen sich dadurch aus, dass sie zum Beispiel vorrangig Innenstadtbesucher anziehen, häufig im Zusammenhang mit anderen Innenstadtnutzungen nachgefragt werden, überwiegend ohne PKW transportiert werden können und einen geringen Flächenanspruch im Verhältnis zur Wertschöpfung haben. Bei innenstadtrelevanten Sortimenten sind negative Auswirkungen auf die Zentrenstruktur, insbesondere auf die Innenstadtentwicklung, zu erwarten, wenn sie überdimensioniert an nicht integrierten Standorten angesiedelt werden (Nummer 4 Buchst. h Doppelbuchst. aa der Handlungsanleitung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Zulässigkeit von Großflächigen Einzelhandelseinrichtungen im Freistaat Sachsen [HA Großflächige Einzelhandelseinrichtungen] vom 3. April 2008 [SächsABl. S. 603]). Innenstadtrelevante großflächige Einzelhandelseinrichtungen sind nur in städtebaulich integrierten Lagen zulässig. Städtebaulich integriert bedeutet eine, auch für nicht motorisierte Bevölkerungsgruppen, günstige Lage zum Stadtkern oder zu Stadtteilzentren mit Anbindung an den ÖPNV. Bei der Prüfung, ob eine städtebaulich integrierte Lage vorliegt, sind die Kriterien zur Ermittlung von faktischen zentralen Versorgungsbereichen entsprechend heranzuziehen.
Für diejenigen Zentralen Orte, für die zentrale Versorgungsbereiche ausgewiesen sind, wird das Kriterium der städtebaulich integrierten Lage gemäß Satz 2 des Zieles durch die Lage innerhalb des ausgewiesenen zentralen Versorgungsbereiches ersetzt. Durch das Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3316) wurde die Möglichkeit normiert, in Bebauungspläne bestimmte Festlegungen zur Erhaltung oder Entwicklung von zentralen Versorgungsbereichen aufzunehmen. Plant die Gemeinde entsprechende Nutzungsbeschränkungen zum Zwecke des Schutzes zentraler Versorgungsbereiche ist es in aller Regel erforderlich, dass ein städtebauliches Konzept vorliegt, auf das im Einzelfall bei der Steuerung des Einzelhandels zurückgegriffen werden kann. Dementsprechend bestimmt auch § 9 Abs. 2a Satz 2 BauGB, dass bei auf diese Vorschrift gestützten Festsetzungen insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 11
BauGB
zu berücksichtigen ist, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteiles enthält. Der Begriff des zentralen Versorgungsbereiches wird als räumlich abgrenzbarer Bereich definiert, dem auf Grund vorhandener oder auch erst noch zu entwickelnder Einzelhandelsnutzungen – häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote – eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt oder zukommen soll.
Ein zentraler Versorgungsbereich hat nach Lage, Art und Zweckbestimmung eine für die Versorgung der Bevölkerung in einem bestimmten Einzugsbereich zentrale Funktion. Diese Funktion besteht darin, die Versorgung des Gemeindegebietes oder eines Teilbereiches mit einem auf den Einzugsbereich abgestimmten Spektrum an Waren des kurz-, mittel- oder langfristigen Bedarfs sicherzustellen. Er setzt zudem eine integrierte Lage voraus. Isolierte Standorte mit einzelnen Einzelhandelsbetrieben bilden keinen zentralen Versorgungsbereich, auch wenn sie über einen weiten Einzugsbereich verfügen und eine beachtliche Versorgungsfunktion erfüllen mögen (vergleiche OVG NRW, Urteil vom 22. November 2010, Az.: 7 D 1/0.NE); siehe auch Begründung zu Z 2.2.1.2.
zu Ziel 2.3.2.4 und Ziel 2.3.2.5 Ziel 2.3.2.4 enthält das Kongruenzgebot. Dieses ist in einem untrennbaren Zusammenhang zu dem Beeinträchtigungsverbot des Zieles 2.3.2.5 zu sehen. Während das Kongruenzgebot die Auswirkungen der großflächigen Einzelhandelseinrichtung auf den jeweiligen Verflechtungsbereich beschränkt, normiert das Beeinträchtigungsverbot ausdrücklich den Schutz des zentralörtlichen Versorgungssystems. Durch eine falsche Standortwahl oder eine falsche Größenordnung können großflächige Einzelhandelseinrichtungen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung und die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne nachteilig beeinflussen. Dem soll vorgebeugt werden, indem die Auswirkungen auf den jeweiligen Versorgungsbereich beschränkt und darüber hinausgehende Beeinträchtigungen verboten werden. Hinsichtlich der Bestimmung der Mittelbereiche wird auf Karte 2 hingewiesen. Die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte dürfen nicht beeinträchtigt werden (siehe VGH Mannheim, Urteil vom 17. Dezember 2009, Az.: 3 S 2110/08, Rn. 41, juris).
zu Grundsatz 2.3.2.6 Der Grundsatz dient dazu, auch den nicht motorisierten Bevölkerungsgruppen gute Einkaufsmöglichkeiten zu sichern. Dies trägt als Nebeneffekt dazu bei, dass übermäßige Parkflächen vermieden werden können. Da großflächige Einzelhandelseinrichtungen in der Regel im Einzugsbereich von vorhandenen ÖPNV-Anlagen errichtet werden, sind zusätzliche Infrastruktur- und Betriebskosten auf den tatsächlich zusätzlich anfallenden Bedarf zu begrenzen.
zu Ziel 2.3.2.7 Das Ziel trägt dem Umstand Rechnung, dass von einer Agglomeration von Einzelhandelseinrichtungen, auch wenn die einzelnen Einzelhandelseinrichtungen für sich selbst die Grenze der Großflächigkeit nicht überschreiten, dieselben raumordnerischen Auswirkungen ausgehen können, wie von einzelnen großflächigen Einzelhandelseinrichtungen. Daher werden die Plansätze des Kapitels Handel für diese Agglomeration als entsprechend anwendbar erklärt.
2.3.3
Tourismus und Erholung
G 2.3.3.1
Für die Stärkung der Tourismuswirtschaft sollen die räumlichen Voraussetzungen verbessert werden. Hierbei sollen die Schwerpunkte auf eine Qualitätssteigerung und auf wettbewerbsfähige Tourismusangebote gelegt werden. Dabei sollen sich alle tourismusrelevanten Vorhaben und Projekte in die jeweilige Destinationsstrategie einfügen.
Z 2.3.3.2
In den Tourismusregionen beziehungsweise den zu bildenden Destinationen ist die für den Ausbau des Tourismus notwendige Infrastruktur vorzuhalten und qualitativ weiter zu entwickeln. Grenzübergreifende Anforderungen sind in die Entwicklung einzubeziehen.
G 2.3.3.3
Die Bergbaufolgelandschaften „Lausitzer Seenland“ (Łužiska jězorina), „Leipziger Neuseenland“ sowie weitere Tagebaufolgeseen sollen im Hinblick auf die touristische, einschließlich tagestouristische, Nutzung unter Berücksichtigung weiterer Raumansprüche entwickelt und soweit möglich mit angrenzenden Tourismusregionen vernetzt werden. Die touristische Entwicklung in den Bergbaufolgelandschaften soll regional, bei Ausdehnung über Ländergrenzen hinweg auch überregional, abgestimmt und auf Nachhaltigkeit ausgerichtet werden.
G 2.3.3.4
Historisch wertvolle städtebauliche Strukturen mit überregional bedeutsamen kulturellen Einrichtungen und Sakralbauten sowie Dörfer mit überregional bedeutsamen Kulturgütern oder Sakralbauten sollen als Schwerpunkte des Städte- und Kulturtourismus und des Tourismus im ländlichen Raum weiter entwickelt und entsprechend vermarktet werden.
G 2.3.3.5
Camping- und Caravaningplätze sowie Ferienhaus- und Ferienwohnungsanlagen sollen naturverträglich geplant und in Größe, Kapazität und Qualität auf die Leistungsfähigkeit der vorhandenen Infrastruktur abgestimmt und möglichst an bebaute Ortslagen angebunden werden.
G 2.3.3.6
Durch die Träger der Regionalplanung soll die Flächensicherung für die Errichtung größerer Ferienhausgebiete mit überregionaler Bedeutung unterstützt werden. Dazu sollen bei Bedarf Schwerpunktbereiche für Siedlungsentwicklung als „Vorsorgestandort Tourismus“ festgelegt werden.
G 2.3.3.7
Urlaub im ländlichen Raum, naturverträgliche Erholungsnutzungen, Wasser- und Aktivtourismus sollen in den dafür geeigneten Regionen als attraktive Angebote des Tourismus ausgebaut und weiter entwickelt werden.
Z 2.3.3.8
Staatlich anerkannte Kur- und Erholungsorte sind weiterhin als Zentren qualitativ hochwertiger Angebote zu entwickeln. Raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen dürfen die jeweilige Funktion der Orte nicht beeinträchtigen.
G 2.3.3.9
In den Mittelgebirgen als traditionelle Tourismus- und Naherholungsgebiete sollen unter Beachtung des fortschreitenden Klimawandels Anpassungsprozesse eingeleitet werden, die eine nachhaltige Entwicklung der Gebiete auch unter Berücksichtigung von grenzüberschreitenden Tourismusangeboten sicherstellen.
G 2.3.3.10
Das touristische Wegenetz (unter anderem Wander-, Rad- und Reitwege sowie Skiwanderwege/Loipen und Wasserstraßen) soll qualitativ verbessert und in seiner Nutzbarkeit gesichert werden. Investitionen sollen vorrangig dem Lückenschluss, aber auch der kontinuierlichen Weiterentwicklung im bestehenden Netz dienen. Bei der Weiterentwicklung des touristischen Wegenetzes sollen die länder- und grenzübergreifenden Aspekte hinsichtlich der Wegegestaltung berücksichtigt werden.
G 2.3.3.11
Großflächige Freizeiteinrichtungen und Sportanlagen sowie Flächen für Großveranstaltungen und überregionale Höhepunkte mit erheblicher überörtlicher Raumbedeutsamkeit sollen abseits ökologisch hochwertiger Gebiete auf Standorte mit schon bestehenden oder geplanten intensiven Nutzungen konzentriert werden, regional abgestimmt und mit dem ÖPNV erreichbar sein.
G 2.3.3.12
In den Regionalplänen sollen im Bereich der Bergbaufolgelandschaften Gewässer oder Teile von Gewässern, an denen eine Neuerschließung beziehungsweise Erweiterung für die Erholungs- oder Sportnutzung grundsätzlich möglich ist, sowie Flächen, auf denen diese Nutzung wegen unzulässiger Beeinträchtigungen unterbleiben soll, ausgewiesen werden. Eine freie Zugänglichkeit zu Gewässern soll gesichert werden.
Z 2.3.3.13
Die Erreichbarkeit bestehender Tourismus- und Naherholungsgebiete durch Einrichtungen des ÖPNV/SPNV ist durch die Aufgabenträger zu gewährleisten und zu verbessern. Die ÖPNV/SPNV-Angebote sind mit der Entwicklung neuer Tourismusangebote abzustimmen.
Begründung zu 2.3.3 Tourismus und Erholung
zu Grundsatz 2.3.3.1 In Sachsen existiert eine konkurrenzfähige Basis für den Tourismus. Neben der Erhaltung beziehungsweise der Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes, der Schönheit und Vielfalt der Landschaft und der Bausubstanz ist eine stete Ergänzung und qualitative Verbesserung der für eine gesicherte Tourismuswirtschaft benötigten Infrastruktur unerlässlich. Um die Nachhaltigkeit zu unterstützen, bedarf es einer regional abgestimmten gesamtkonzeptionellen Untersetzung touristischer Entwicklungen.
zu Ziel 2.3.3.2 Eine Destination ist ein Raum (Region, Ort, Einzelobjekt), den der Gast (oder ein Gästesegment) als Reiseziel auswählt. Sie enthält sämtliche für einen Aufenthalt notwendigen Einrichtungen für Beherbergung, Gastronomie, Unterhaltung und Aktivität. Sie ist gleichsam das Produkt und die Wettbewerbseinheit – in Summe die strategische Geschäftseinheit. Die Bildung wettbewerbsfähiger Destinationen liegt gemäß Tourismusstrategie Sachsen 2020 in der Verantwortung der Landkreise, Kommunen und Unternehmen der jeweiligen Regionen beziehungsweise Städte. Der Freistaat Sachsen gibt mit seiner Tourismusstrategie 2020 die Rahmenbedingungen für die Bildung wettbewerbsfähiger Destinationen vor und wird über einschlägige Vorgaben in den entsprechenden Richtlinien zur Tourismusförderung den Prozess begleiten. Zur touristischen Infrastruktur zählen neben allgemeinen Infrastruktureinrichtungen (öffentliche Verkehrs- sowie Ver- und Entsorgungseinrichtungen) insbesondere die Einrichtungen von touristischen Leistungsträgern (Hotel- und Gastronomiebetriebe, Verkehrsträger, Freizeiteinrichtungen und so weiter). Weitere wichtige Handlungsfelder (barrierefreier Tourismus, hochwertige Beherbergungsstätten) werden in der Tourismusstrategie erläutert. Die Tourismusregionen (Destinationen) gehören weitgehend zum ländlichen Raum und zum grenznahen Gebiet. Die überregionale Erreichbarkeit durch entsprechende verkehrliche Anbindungen und die Stärkung des Tagestourismus als Wirtschaftsfaktor sind Grundvoraussetzungen für ihre weitere Entwicklung. Vor allem im Bereich der grenzübergreifenden Bergbaufolgelandschaften, aber auch in anderen Grenzregionen Sachsens, haben sich mittlerweile verfestigte Beziehungen und projektbezogene Kooperationen zu den jeweiligen Nachbarländern und benachbarten Staaten ergeben, die bei der Weiterentwicklung der Infrastruktur entsprechend zu beachten sind (vergleiche auch G 2.3.3.3 und G 2.3.3.10).
zu Grundsatz 2.3.3.3 Die entstehenden Seenlandschaften bieten in Sachsen die Chance, neue Angebotssegmente zu entwickeln. Deshalb sind bei der Planung und Entwicklung dieser Bergbaufolgelandschaften die umliegenden Regionen (auch der Nachbarstaaten und der Bundesländer Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen) einzubeziehen sowie weitere Raumnutzungsansprüche, beispielsweise der wirtschaftlichen Entwicklung oder des Naturschutzes, untereinander abzuwägen. Die Seenlandschaften bieten Raum für Trendsportarten, denen im dicht besiedelten Bundesgebiet sonst nicht nachgegangen werden kann. Aus Gründen des Lärmschutzes ebenso wie zum Schutz der naturverbundenen beziehungsweise Erholung suchenden Touristen und zum Schutz von Natur und Landschaft sind entsprechende Bereiche auszuwählen. Im Zusammenhang mit der nachbergbaulichen Wiederherstellung eines natürlichen Wasserhaushaltes in der Region sind die wasserwirtschaftlichen Wechselwirkungen und Erfordernisse zu berücksichtigen (vergleiche Ziel 2.1.3.2).
zu Grundsatz 2.3.3.4 Eine Reihe sächsischer Städte ist auf Grund ihrer Geschichte oder besonderer Sehenswürdigkeiten besonders geeignet, sich im Städte- und Kulturtourismus weiter zu etablieren. Auch eine Reihe sächsischer Dörfer hat auf Grund ihrer Kulturgüter das Potenzial für überregionale Attraktivität. Vielfältige und qualitativ hochwertige Angebote oder gemeinsame Marketingaktivitäten in den einzelnen Städten beziehungsweise in den Dörfern sind Voraussetzungen dafür, dass die Besucherzahlen erhöht werden können. In den jeweiligen Destinationen sind eigenverantwortlich die Schwerpunkte des Städte- und Kulturtourismus sowie des Landtourismus festzulegen und ihre Weiterentwicklung besonders zu fördern.
zu Grundsatz 2.3.3.5 Für Camping- und Caravaningplätze sowie Ferienhaus- und Ferienwohnungsanlagen ist bereits bei der Planung eine Kapazitätsabstimmung mit der Leistungsfähigkeit der Infrastruktur der Gemeinden, insbesondere im Hinblick auf die Ver- und Entsorgungsmöglichkeiten, wichtig. Ortsferne Lagen bergen das Risiko unwirtschaftlichen Erschließungsaufwandes. Bei der Planung und Neuerrichtung von größeren Ferienhaussiedlungen und Camping-/Caravaningplätzen sollte projektbezogen nach Möglichkeit eine Anbindung an die bebaute Ortslage angestrebt werden, um eine natur- und siedlungsverträgliche Einordnung dieser Vorhaben zu ermöglichen.
zu Grundsatz 2.3.3.6 Auf Grund gestiegener Nachfrage (vergleiche Tourismusstrategie 2020, S. 22 Nr. 3 und S. 32 Maßnahme Nr. 5) sollen die Voraussetzungen zur Erweiterung des Angebotes an größeren Ferienhausanlagen und Ferienwohnungen (> 50 Wohneinheiten oder 100 Betten) geschaffen werden. Die Regionalplanung soll eine mögliche Nachfrage nach Standorten und Unterversorgung in ihrer Planungsregion eruieren und bei Bedarf entsprechende Vorsorgestandorte zur Flächensicherung festlegen. Grundsatz 2.3.3.5 dieses Kapitels enthält bereits einige Bedingungen und Kriterien für die Auswahl dieser Standorte. Mit der Wahrnehmung und Umsetzung des in § 4 Abs. 2
SächsLPlG
verankerten Instrumentes „Schwerpunktbereiche für Siedlungsentwicklung“ sollen großflächige Ansiedlungen und Investitionen im Bereich Tourismus insgesamt erleichtert und Nutzungskonflikte bereits im Vorfeld minimiert werden.
zu Grundsatz 2.3.3.7 In den sächsischen Tourismusregionen sollen, in Abhängigkeit von ihrer natürlichen Ausstattung und ihrer Lage, neben den allgemeinen touristischen Angeboten in Teilgebieten weitere besondere Angebote für spezielle Nutzergruppen geschaffen werden, damit die Bekanntheit und Anziehungskraft des jeweiligen Gebietes insgesamt erhöht wird. Im Interesse der Nachhaltigkeit dieser Attraktivitätssteigerung ist auf den Erhalt der naturräumlichen Eigenheiten, des gebietsspezifischen Arteninventars, von unzerschnittenen naturnahen Gebieten und auf einen funktionsfähigen Biotopverbund besonderer Wert zu legen. In den sächsischen Tourismusregionen dienen die Naturparke Dübener Heide, Erzgebirge-Vogtland, Zittauer Gebirge und Muldenland (in Gründung) dabei in besonderem Maße einer naturbetonten und naturverträglichen Erholung.
zu Ziel 2.3.3.8 Die staatlich anerkannten Kur- und Erholungsorte haben auf den Erhalt und die Komplettierung der kurortspezifischen Einrichtungen und Anlagen unter Nutzung natürlich vorkommender Heilmittel zu achten, um die Voraussetzungen für ein hohes Niveau der medizinisch-therapeutischen Behandlungen sowie für ein attraktives Kurortmilieu zu sichern. Sie haben ferner darauf zu achten, dass andere Nutzungen diese Entwicklung nicht beeinträchtigen oder verhindern. Im Rahmen der Bauleitplanung können Flächen für kurorttypische Einrichtungen, die den Klinikbereich ergänzen, oder für Beherbergungseinrichtungen gesichert werden, auch wenn noch kein Baubeginn absehbar ist. Ebenso können Trassen für Umgehungsstraßen zur Verkehrsberuhigung freigehalten werden. Vorgesehene Maßnahmen in anderen Fachbereichen bedürfen der Abstimmung mit den Vorstellungen zur Entwicklung im Kur- oder Erholungswesen. Ferner gilt es dabei, charakteristische Ortsränder und Landschaftsbilder zu erhalten und ausreichend große zusammenhängende Flächen innerhalb des Siedlungsbereiches von einer Bebauung freizuhalten.
zu Grundsatz 2.3.3.9 Die höheren Lagen der sächsischen Mittelgebirge haben seit jeher eine besondere Bedeutung im Wintersport. Sie sind für die Einwohner der dicht besiedelten Verdichtungsräume beziehungsweise der Großstädte auch mit dem ÖPNV gut erreichbar und haben unter anderem eine besondere Naherholungsfunktion. Perspektivisch sind die Gemeinden und alle weiteren Akteure aufgerufen, den fortschreitenden Klimawandel und seine gebietsbezogenen Auswirkungen, unter anderem auf die Schneesicherheit, bei allen Planungen und Maßnahmen in angemessener Weise zu berücksichtigen. Der Aufbau von Ganzjahres- und winterunabhängigen Aktivangeboten steht dabei im Vordergrund.
Da Teile der sächsischen Mittelgebirgsregionen innerhalb des europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000“ eine besondere Bedeutung haben, sind die Erhaltungsziele und der Schutzzweck in den Wintersportgebieten bei Planungen und Maßnahmen gemäß §§ 13, 34 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (
Bundesnaturschutzgesetz
BNatSchG
) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), das zuletzt durch Artikel 2 Abs. 24 des Gesetzes vom 6. Juni 2013 (BGBl. I S. 1482, 1496) geändert worden ist, zu beachten.
zu Grundsatz 2.3.3.10 Das Netz der touristischen Wege bildet eine wesentliche Komponente für die Entwicklung des Aktivtourismus in Sachsen. Daher ist die Qualität des bestehenden Netzes zu sichern, um die Attraktivität auf diesem Gebiet langfristig zu erhalten. Gemäß der sächsischen Tourismusstrategie 2020 erfolgt hier zukünftig eine Konzentration der Mittel für Erhalt und Ausbau auf überregional vermarktbare Angebote von hoher einheitlicher Qualität und Attraktivität. In begründeten Einzelfällen wird neben einer qualitativen Weiterentwicklung des Wegenetzes der Bedarf zur Optimierung im Lückenschluss innerhalb des bestehenden Netzes gesehen.
zu Grundsatz 2.3.3.11 Großflächige Freizeit- und Sporteinrichtungen sowie eine Flächeninanspruchnahme für Großveranstaltungen und überregionale Höhepunkte greifen in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild ein und haben nachhaltige Auswirkungen auf die Umgebung. Die Ansiedlung beziehungsweise Durchführung von Veranstaltungen soll deshalb nach Möglichkeit in Gebieten erfolgen, die dafür geeignet und belastbar sind. Dies sind Natur schonend in der Regel Standorte an Verkehrsachsen. Da solche Vorhaben mit intensiver Flächennutzung und umfangreichen Eingriffen in das Landschaftsbild, aber auch der Notwendigkeit hoher Beherbergungskapazitäten sowie einem starken Ausbau der Infrastruktur verbunden sind, wirkt eine Konzentration auf bereits touristisch genutzte Gebiete oder auf Brachen einer Zersiedlung der Landschaft entgegen und ermöglicht die Nutzung bereits vorhandener Infrastruktur. Dies schließt nicht aus, dass in begründeten Einzelfällen neue Standorte erschlossen werden können. Planungen für solche Projekte sollen regional abgestimmt und gesamtkonzeptionell eingebunden sein.
zu Grundsatz 2.3.3.12 Grundsätzlich trägt die touristische Erschließung der bereits vorhandenen beziehungsweise entstehenden Seen in den Bergbaufolgelandschaften zur räumlich breiteren Verteilung der Nutzung von Wasserflächen bei. Die Ausweisung von Gewässern beziehungsweise Gewässeranteilen für Erholungs- oder Sportnutzung im Rahmen der Regionalplanung, kann dabei der Überlastung bisher genutzter Gewässer entgegenwirken. Bei Planung und Ausweisung der konkreten Gewässernutzung soll berücksichtigt werden, dass Uferbereiche öffentlich zugänglich gehalten werden, soweit dies mit fachlichen Belangen vereinbar ist.
zu Ziel 2.3.3.13 Attraktive SPNV/ÖPNV-Anbindungen sind bei der Entwicklung neuer Tourismus- beziehungsweise Freizeitangebote zu integrieren. Sie sollen gleichermaßen sowohl dazu beitragen, die Erreichbarkeit der Reiseziele in den Tourismusregionen zu gewährleisten und damit die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu erhöhen, als auch die vom motorisierten Individualverkehr ausgehenden Belastungen zu reduzieren.
3
Verkehrsentwicklung
Karte:
Die für die Verkehrsinfrastruktur zu sichernden Standorte, Trassen und Korridore sind in Karte 4 „Verkehrsinfrastruktur“ als Vorranggebiete (Z) oder Vorbehaltsgebiete (G) festgelegt. Für den Bereich Straßenverkehr wurden neben den bestehenden auch die im Bau befindlichen Bundesfern- oder Staatsstraßen sowie der Korridor für die B 87n nachrichtlich in die Karte 4 übernommen.
Hinweis:
Trassen werden als Trassen Neubau und Trassen Ausbau festgelegt. Sie sind Vorranggebiete im Sinne von § 8 Abs. 7 Nr. 1
ROG
, das heißt raumbedeutsame Nutzungen, die mit der verkehrlichen Funktion beziehungsweise Nutzung nicht vereinbar sind, sind ausgeschlossen.
Durch einen Korridor erfolgt die Festlegung eines Gebietes für eine verkehrliche Nutzung, in dem auf Grund des Planungsstandes, der Vielzahl verschiedener Varianten oder aus anderen Gründen eine konkrete Trasse noch zu bestimmen ist. Korridore sind Vorbehaltsgebiete im Sinne von § 8 Abs. 7 Nr. 2
ROG
. Hier ist der verkehrlichen Funktion oder Nutzung bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen.
3.1
Mobilität und integrierte Verkehrs- und Raumentwicklung
G 3.1.1
Die Verkehrsinfrastruktur in Sachsen soll so entwickelt werden, dass ein effizientes und leistungsfähiges Verkehrssystem entsteht, welches eine nachhaltige Mobilität für alle Einwohner und die Belange der Wirtschaft berücksichtigt. Dazu soll im Rahmen einer integrierten Verkehrs- und Raumentwicklung
die Verkehrsinfrastruktur in allen Teilräumen Sachsens unter Berücksichtigung des demografischen Wandels und der daraus resultierenden regional unterschiedlichen Entwicklung der Verkehrsnachfrage umweltschonend angepasst und weiterentwickelt,
die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsarten und für alle Verkehrsteilnehmer erhöht,
eine effiziente und stärker verkehrsträgerübergreifende Vernetzung auch durch den Einsatz moderner intermodaler Verkehrsmanagementsysteme erreicht,
durch innovative verkehrspolitische Lösungen sowie technologische Innovationen, wie die Entwicklung der Elektromobilität oder anderer alternativer Antriebstechnologien, eine nachhaltige Mobilität gewährleistet,
Sachsens Position als Logistikstandort und als Drehscheibe innerhalb Europas durch die Verknüpfung mit dem nationalen und europäischen Verkehrsnetz weiter gestärkt und ausgebaut,
beim Neubau von Verkehrsinfrastruktur auf eine effiziente Flächennutzung und eine Reduzierung der Flächeninanspruchnahme geachtet,
die Erreichbarkeit und Verknüpfung der Zentralen Orte, insbesondere auch durch den ÖPNV, bedarfsgerecht gewährleistet,
durch Verknüpfungsstellen räumliche und zeitliche Übergangsmöglichkeiten zwischen dem motorisierten Individualverkehr, dem öffentlichen Fernverkehr und ÖPNV und dem Radverkehr erhalten und weiterentwickelt,
die Erreichbarkeit auch peripherer ländlicher Räume durch flexible Bedienformen und innovative Mobilitätskonzepte im ÖPNV sowie eine Anpassung von Straßenausbau- und anderen technischen Standards gesichert
werden.
Begründung zu 3.1 Mobilität und integrierte Verkehrs- und Raumentwicklung
zu Grundsatz 3.1.1 Ein effizientes und leistungsfähiges Verkehrssystem ist eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung des Freistaates Sachsen als zukunftsfähiger Lebens- und Wirtschaftsraum. Dabei ist den Mobilitätserfordernissen der Bürgerinnen und Bürger ebenso Rechnung zu tragen wie den Anforderungen der Produktions- und Distributionsprozesse der Wirtschaft. Bedarfsgerecht ausgebaute und instand gehaltene sowie optimal vernetzte Verkehrswege sind ein wichtiger Standortfaktor für Sachsen. Die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur steht in enger Wechselbeziehung zur Entwicklung der Raum- und Siedlungsstrukturen im Freistaat Sachsen. In Konsequenz ist eine integrierte Verkehrs- und Raumentwicklung anzustreben, die die wirtschaftliche, sozial ausgewogene und ökologisch verträgliche Entwicklung befördert und zu gleichwertigen Lebensverhältnissen in allen Teilräumen Sachsens beiträgt. Grundsätzlich soll die Neuinanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke vermindert werden (vergleiche G 2.2.1.1). Bei der Variantenwahl der Verkehrsvorhaben ist daher die Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme neben den Belangen des Naturhaushaltes, den funktionalen Zusammenhängen von Biodiversität (Biotopverbund), land- und forstwirtschaftlichen Belangen, Belangen des Hochwasserschutzes und Belangen der Rohstoffsicherung zu berücksichtigen. Ausgleich oder Ersatz sollen vorrangig durch Maßnahmen zur Entsiegelung erbracht werden.
3.2
Straßenverkehr
G 3.2.1
Die vorhandene Straßeninfrastruktur soll zur Gewährleistung eines funktionsfähigen und standardgerechten Netzes erhalten und verbessert werden. Bestehende Lücken sollen bei Bedarf geschlossen werden.
Z 3.2.2
Die Neubaustrecke der Autobahn A 72 Chemnitz – Leipzig (A 38) ist schnellstmöglich zu realisieren. Die Fortführung ab der Autobahn A 38 bis zur Anschlussstelle Leipzig/Connewitz ist bedarfsgerecht zu realisieren.
Z 3.2.3
Die in der Karte 4 festgelegten Bundesautobahnabschnitte sind sechsstreifig auszubauen.
Z 3.2.4
Die als Trassen Ausbau festgelegten Abschnitte bestehender Bundesstraßen sind von zwei auf vier Fahrstreifen auszubauen.
Z 3.2.5
Die als Trassen Neubau festgelegten Neubaumaßnahmen von Bundes- und Staatsstraßen sind bedarfsgerecht zu realisieren.
G 3.2.6
Die als Korridore festgelegten Neubaustrecken von Bundes- und Staatsstraßen und symbolhaft festgelegten Straßenverlegungen, Bahnübergangsbeseitigungen und Ortsumgehungen sind bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu berücksichtigen.
Z 3.2.7
Bei der Fortschreibung der Regionalpläne sind die in Karte 4 als Korridore festgelegten Neubaustrecken und symbolhaft festgelegten Straßenverlegungen, Bahnübergangsbeseitigungen und Ortsumgehungen auf Grundlage der aus den Fachplanungen vorliegenden Trassen raumordnerisch zu sichern.
Begründung zu 3.2 Straßenverkehr sowie Karte 4
Das Straßennetz ist wichtiger Bestandteil eines integrierten und vielfach verzweigten Verkehrssystems. Es trägt die Hauptlast des Verkehrs. Ein Industrie- und Transitland wie Sachsen ist auf ein leistungsfähiges Straßennetz angewiesen. Der Freistaat besitzt heute ein dichtes, weit verzweigtes Straßennetz für den überörtlichen Verkehr. In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurden umfangreiche Investitionen in dieses Netz getätigt. Damit verfügt der Freistaat Sachsen im Wesentlichen über eine bedarfsgerechte Straßenverkehrsinfrastruktur. In den kommenden Jahren gilt es, diese Infrastruktur unter Berücksichtigung des demografischen Wandels, der öffentlichen Haushalte (Folgekosten), der Minderung der Flächenneuinanspruchnahme und der Eingriffe in Natur und Landschaft zu optimieren und zu erhalten sowie Netzlücken bei Bedarf zu schließen. Als Folge der EU-Erweiterung sind die Komplettierung der Straßenverbindungen im Verlauf der überregionalen Verbindungsachsen und die Einbindung in die transeuropäischen Straßennetze von besonderer Bedeutung. Die zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtungsbeziehungen mit den Nachbarstaaten Sachsens erfordern weiter die Erhöhung der Durchlässigkeit der EU-Binnengrenze zur Republik Polen und zur Tschechischen Republik. Ein funktionstüchtig ausgebautes Straßennetz ist darüber hinaus erforderlich, um den ländlichen Raum zur Erreichung gleichwertiger Lebensverhältnisse in das sächsische Verkehrssystem zu integrieren. Der prognostizierten Verkehrsnachfrage soll durch ein funktionstüchtiges und leistungsfähiges Straßennetz Rechnung getragen werden. Die bedarfsgerechte Entwicklung des klassifizierten Straßennetzes in Sachsen muss außer wirtschaftlichen Aspekten auch netzkonzeptionelle Überlegungen einschließen. Die geplanten Aus- und Neubauvorhaben im Bundesfern- und Staatsstraßennetz orientieren sich am Verlauf der überregionalen und regionalen Achsen. Notwendigkeit und Umfang der Maßnahmen leiten sich aus der Verbindungsfunktion und den bestehenden Verkehrsverhältnissen, der Entwicklung der Siedlungstätigkeit, den Anforderungen der Wirtschaft sowie den Belangen des Umweltschutzes und der Agrarstruktur ab. Die Schließung der letzten Lücken und der genannte Ausbau im Netz der sächsischen Bundesautobahnen ist von besonderer verkehrspolitischer Dringlichkeit, da die hohe Effizienz und Verkehrssicherheit der Bundesautobahnen entscheidend zur Entlastung der nachgeordneten Netze beitragen.
Die Auswahl der raumordnerisch zu sichernden Bundesfernstraßenprojekte beruht auf dem Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen (Anlage zum Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen [
Fernstraßenausbaugesetz
FStrAbG
] in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Januar 2005 [BGBl. I S. 201], geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 9. Dezember 2006 [BGBl. I S. 2833, 2852]). In Abstimmung mit dem BMVBS werden die Maßnahmen „B 93 Schneeberg – Bgr. D/CZ“ und „B 160 Hoyerswerda/Wojerecy – Weißwasser/Běła Woda“ nicht in die raumordnerische Sicherung übernommen.
Der Bund schreibt derzeit den Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2003 fort und folgend die Anlage zum
Fernstraßenausbaugesetz
. Im Ergebnis sind Änderungen bei den Bundesfernstraßenprojekten auch in Sachsen möglich. Die Straßenneubauvorhaben „B 156 – OU Bluno/Bluń“ und „B 97 – OU Ottendorf-Okrilla (mit V. AS Hermsdorf)“ sind im aktuellen Bedarfsplan nicht enthalten. Auf Grund der Situation in den Ortslagen sollen diese bei der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes angemeldet werden.
Soweit sich nach Abschluss des neuen Bundesverkehrswegeplanes Vorhaben ergeben, die durch den LEP noch nicht berücksichtigt sind, ist landesplanerisch zu prüfen, inwieweit diese anhand der aus der Fachplanung vorliegenden Planungsstände gemäß § 8 Abs. 5 Nr. 3
ROG
raumordnerisch gesichert werden können. Im LEP 2013 berücksichtigte Vorhaben, für die nach Abschluss des neuen Bundesverkehrswegeplanes kein Bedarf mehr festgestellt wird, sind ebenfalls landesplanerisch daraufhin zu überprüfen, inwieweit sie noch der raumordnerischen Sicherung bedürfen.
Für den Bereich der Staatstraßen wird der Neubaubedarf im Landesverkehrsplan dargestellt. Für die angestrebte Realisierung werden diesen Neubauvorhaben im Landesverkehrsplan Dringlichkeitsstufen zugeordnet.
zu Grundsatz 3.2.1 Die Zustandserfassungen und -bewertungen der Staatsstraßen einschließlich Ingenieurbauwerke haben den Bedarf einer systematischen Erhaltungsstrategie aufgezeigt. Die Erhaltung der Infrastruktur ist ein Schwerpunkt des zukünftigen Handelns. Zur Verbesserung der Straßeninfrastruktur zählen auch die Beseitigung von schienengleichen Bahnübergängen an Bundes- und Staatsstraßen zur Reduzierung von Unfallgefahren und Verkehrsbehinderungen sowie zur Erhöhung der Durchlassfähigkeit im Straßennetz. Durch den Einsatz von Telematiksystemen zur Verkehrsorganisation kann die Flüssigkeit des Verkehrs erhöht und gleichzeitig zur Reduzierung der Umwelteinflüsse des Straßenverkehrs beigetragen werden.
zu Ziel 3.2.2 Die in Bau befindliche BAB A 72 von Chemnitz nach Leipzig verbindet innerhalb der Metropolregion Mitteldeutschland die beiden sächsischen Oberzentren hochwertig. Sie entlastet die Ortschaften entlang der B 95 und schafft die notwendige Straßenverkehrsinfrastruktur für die Metropolregion, insbesondere für die Automobilstandorte und deren Zulieferer und die Erreichbarkeit des internationalen Flughafens Leipzig/Halle aus dem südsächsischen Raum. Folgende Autobahnabschnitte werden in Karte 4 festgelegt:
Autobahnabschnitte Karte 4
Straße Projektbezeichnung Bedarf
Straße Projektbezeichnung Bedarf
A 72 AS N Borna (B 176) – AS Rötha (B95)(BA 5.1) VB
A 72 AS Rötha (B95) – AK A 38/A 72 (BA 5.2) VB
A 72 AK A 38/A 72 – AS Leipzig/Connewitz WB*
zu Ziel 3.2.3 Bei den genannten Autobahnabschnitten handelt es sich um Bereiche mit besonders hohem Verkehrsaufkommen. Zur Erhöhung der Sicherheit und Vermeidung von Engpässen wird ein weiterer Ausbau erforderlich.
weiterer Ausbau
Straße Projektbezeichnung Bedarf
Straße Projektbezeichnung Bedarf
A 14 AS Leipzig/Ost – AD A 14/A 38 VB
A 72 AS Chemnitz-Süd – AS Stollberg-West WB
A 72 AS Stollberg-West – AS Zwickau-Ost WB
zu Ziel 3.2.4 Für die in Karte 4 zum Ausbau vorgesehenen Bundesstraßen wird zur Verbesserung des Verkehrsflusses und zur Erhöhung der Verkehrssicherheit ein weiterer Ausbau erforderlich.
weiterer Ausbau
Straße Projektbezeichnung Bedarf
Straße Projektbezeichnung Bedarf
B 92 Plauen – A 72 VB
B 94 Reichenbach – A 72 VB
B 101 Ortsumgehung Freiberg – Brand-Erbisdorf VB
B 173 Plauen – A 72 WB
zu Ziel 3.2.5 Bei den Neubaumaßnahmen der in der Karte 4 festgelegten Trassen von Bundesfernstraßen handelt es sich um Maßnahmen des vordringlichen Bedarfs (VB), Maßnahmen des weiteren Bedarfs (WB) und Maßnahmen des weiteren Bedarfs mit Planungsrecht (WB*) des Bedarfsplanes für die Bundesfernstraßen. Im Gegensatz zu den Bundesfernstraßen trägt die Baulast für die Staatsstraßen der Freistaat Sachsen. Für den Bedarf an Neubaumaßnahmen von Staatsstraßen bildet der Landesverkehrsplan Sachsen die Grundlage. Soweit bereits planfestgestellte oder linienbestimmte Trassenverläufe vorlagen, wurden diese bei der zeichnerischen Trassenfestlegung entsprechend der Maßstabsebene des Landesentwicklungsplanes berücksichtigt. Mit der Ergänzung des Bundesfern- und Staatsstraßennetzes in Sachsen wird die gute Erreichbarkeit aller Teilräume gewährleistet. Damit wird eine räumlich ausgewogene, langfristig wettbewerbsfähige Wirtschaftsstruktur gefördert. Durch die ausgewiesenen Neubaumaßnahmen im Bundes- und Staatsstraßennetz des Freistaates Sachsen werden die Zentralen Orte funktionsgerecht verbunden und die Erreichbarkeit des Autobahnnetzes verbessert. Der Bau von Ortsumgehungen im Zuge von Bundes- und Staatsstraßen verbessert den Verkehrsfluss und die Verkehrssicherheit sowohl auf der freien Strecke als auch in den Ortslagen. Die Trassen der Neubaumaßnahmen werden – soweit sie fachplanerisch bereits konkretisiert sind – als Trassen Neubau in Karte 4 festgelegt.
Für folgende Bundesstraßenneubauvorhaben werden in Karte 4 Trassen Neubau festgelegt:
Bundesstraßenneubauvorhaben in Karte 4
Straße Projektbezeichnung Bedarf
Straße Projektbezeichnung Bedarf
B 2 Ortsumgehung Bad Düben/Wellaune VB
B 6 Verlegung Dresden-Cossebaude VB
B 7 Verlegung nördl. Frohburg (Teil SN) o. AS A 72 VB
B 95 Ortsumgehung Burkhardtsdorf VB
B 96 Ortsumgehung Hoyerswerda/Wojerecy VB
B 101 Verlegung in Aue (B 101 – B 169) VB
B 101/B 173 Ortsumgehung Freiberg VB
B 107 Ortsumgehung Grimma (3. BA) VB
B 107 Ebersdorf (B 169) – Südverbund Chemnitz (S 236) VB
1. BA Südverbund Chemnitz (S 236) – B 173 VB
2. BA B 173 – Ebersdorf (B 169) VB
B 156 Ortsumgehung Malschwitz/Niedergurig / Malešecy/Delnja Hórka VB
B 169 B 6 – Salbitz VB
B 169 Ortsumgehung Göltzschtal VB
B 172 Ortsumgehung Pirna 3. BA VB
B 173 Verlegung in Flöha VB
B 178 A 4 – S 112 (Nostitz/Nosaćicy) VB
B 178 Niederoderwitz – Zittau VB
B 180 Ortsumgehung Thalheim WB*
B 181 A 9 – Stadtgrenze Leipzig VB
B 2 Ortsumgehung Krostitz/Krensitz WB
Für folgende Staatsstraßenneubauvorhaben werden in Karte 4 Trassen Neubau festgelegt:
Staatsstraßenneubauvorhaben in Karte 4
Straße Projektbezeichnung
Straße Projektbezeichnung
S 38 Ortsumgehung Wermsdorf (S 38)
S 84 Neubau Niederwartha-Meißen BA 2.2 (Knotenpunkt Naundorfer Straße bis S 82)
S 84 Neubau Niederwartha-Meißen 3. BA
S 94 Ortsumgehung Bernsdorf
S 95 Ortsumgehung Kamenz/Kamjenc (Südspange)/S 100
S 106 Ortsumgehung Bautzen/Budyšin Südumgehung, 2. BA
S 111 Südwestumgehung Görlitz/Zhorjelc 1. BA, B 6 – S 111
S 111 Südwestumgehung Görlitz/Zhorjelc 2. BA, (OU Kunnerwitz)
S 177 Ortsumgehung Wünschendorf/Eschdorf
S 177 Verlegung südlich Großerkmannsdorf
S 177 Radeberg – A 4
S 200 Ortsumgehung Mittweida
S 222 (B 101) Ortsumgehung Wolkenstein/Falkenbach
S 241 Ortsumgehung Niederfrohna
S 282 Ortsumgehung Kirchberg
S 288 Verlegung nördl. Glauchau
S 289 Verlegung Neukirchen
S 289 Verlegung nördl. Werdau
S 289 Verlegung Fraureuth/Ruppertsgrün
S 298 Ortsumgehung Brockau
S 298 Ortsumgehung Kleingera
S 309 Ortsumgehung Posseck
zu Grundsatz 3.2.6 Für Neubaumaßnahmen des Bedarfsplanes für Bundesfernstraßen und des Landesverkehrsplanes, für die seitens der Fachplanung die Planungen erst noch weiter zu konkretisieren sind, werden Korridore festgelegt.
Für folgende Bundesstraßenneubauvorhaben werden in Karte 4 Korridore festgelegt:
Bundesstraßenneubauvorhaben in Karte 4/Korridore
Straße Projektbezeichnung Bedarf
Straße Projektbezeichnung Bedarf
B 96 Verlegung Eibau – B 178 WB*
B 96n Lgr. SN/BB – Hoyerswerda/Wojerecy VB
B 97 Bernsdorf – Lauta WB*
B 169 Salbitz – Döbeln (A 14) WB*
B 96 Groß Särchen/Wulke Ždžary – Königswartha/Rakecy WB
B 156 Uhyst/Delni Wujězd – Boxberg/Hamor WB
Für folgende Staatsstraßenneubauvorhaben werden in Karte 4 Korridore festgelegt:
Staatsstraßenneubauvorhaben in Karte 4/Korridore
Straße Projektbezeichnung
Straße Projektbezeichnung
S 142 Verlegung Querverbindung B 96 – S 148n
S 247 Verlegung westl. Lunzenau
S 247 Verlegung in Lunzenau
S 289 Verlegung Römersgrün
Die in Karte 4 festgelegten Korridore sind bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu berücksichtigen. Der Korridor für die Abschnitte der B 87n wird entsprechend dem Regionalplan Westsachsen nachrichtlich dargestellt. Die Abschnitte (B 87 Leipzig-Mitte [A14] – südlich Eilenburg; südlich Eilenburg – nördlich Eilenburg; nördlich Eilenburg – südlich Torgau; südlich Torgau – nördlich Torgau) sind bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen ebenfalls zu berücksichtigen. In Karte 4 sind nachfolgende Straßenverlegungen, Bahnübergangsbeseitigungen und Ortsumgehungen unter dem Begriff Neubaumaßnahmen zusammengefasst und symbolhaft festgelegt. Diese Neubaumaßnahmen im Zuge von Bundes- beziehungsweise Staatsstraßen sind bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu berücksichtigen.
Neubaumaßnahmen
Straße Projektbezeichnung Bedarf
Straße Projektbezeichnung Bedarf
B 2 Ortsumgehung Bad Düben 2. BA WB*
B 2 Ortsumgehung Krostitz/Hohenossig VB
B 2 Ortsumgehung Groitzsch/Audigast WB*
B 2 Ortsumgehung Schönwölkau/Lindenhayn WB
B 6 Verlegung in Machern VB
B 6n Ortsumgehung Bad Düben WB*
B 6n Ortsumgehung Kossa/Görschlitz und Pressel mit Verlegung WB*
B 6n Verlegung sw Torgau WB*
B 95 Ortsumgehung Thum/Ehrenfriedersdorf VB
B 98 Ortsumgehung Thiendorf VB
B 98 Ortsumgehung Schönfeld VB
B 98 Ortsumgehung Wildenhain WB*
B 101 Ortsumgehung Lauter VB
B 101 Ortsumgehung Annaberg-Buchholz WB*
B 101 Ortsumgehung Schlettau WB*
B 101 Ortsumgehung Brand-Erbisdorf WB*
B 115 Ortsumgehung Krauschwitz/Krušwica, 1. BA VB
B 115 Ortsumgehung Krauschwitz/Krušwica, 2. BA VB
B 169 Ortsumgehung Lichtensee VB
B 169 Ortsumgehung Gröditz VB
B 173 Ortsumgehung Mülsen VB
B 173 Ortsumgehung Bernsdorf VB
B 173 Teilortsumgehung Reichenbach VB
B 173 Ortsumgehung Oberlungwitz/Mittelbach VB
B 173 Ortsumgehung Oederan WB*
B 174 Ortsumgehung Großolbersdorf/Hohndorf VB
B 174 Ortsumgehung Marienberg/Reitzenhain VB
B 6 Ortsumgehung Kühren WB
B 95 Ortsumgehung Wiesa/Schönfeld WB
B 98 Ortsumgehung Glaubitz WB
B 101 Ortsumgehung Scheibenberg WB
B 107 Ortsumgehung Trebsen WB
B 107 Teilortsumgehung Colditz (mit Neubau Muldebrücke) WB
B 107 A 4 – Ebersdorf (B 169) VB
B 169 Ortsumgehung Rossau/ Greifendorf WB
B 169 Ortsumgehung Schlema WB
B 169 Aue (Bahnhofsbrücke – S 222) WB
B 170 Ortsumgehung Dippoldiswalde – Altenberg WB
B 171 Teilortsumgehung Olbernhau WB
B 171 Ortsumgehung Zöblitz WB
B 173 Ortsumgehung Mohorn WB
B 175/B 180 Ortsumgehung Waldenburg, 2. BA WB*
B 175/B 180 Ortsumgehung Waldenburg, 3. BA WB
B 175 Ortsumgehung Rochlitz WB
B 182 Ortsumgehung Strehla WB
B 182 Ortsumgehung Dommitzsch/Greudnitz, Wörblitz, Proschwitz WB
B 282 Ortsumgehung Mehltheuer WB
B 282 Ortsumgehung Mühltroff WB
B 282 Ortsumgehung Syrau WB
B 283 Verlegung in Aue WB
B 97 Ortsumgehung Ottendorf-Okrilla (m. V AS Hermsdorf)
B 156 Ortsumgehung Bluno/Bluń
Neubaumaßnahmen
Straße Projektbezeichnung
Straße Projektbezeichnung
S 1 Ortsumgehung Grebehna
S 11 Verlegung / Bahnübergang (BÜ) in Grimma
S 25 Ortsumgehung Beilrode
S 32 Ortsumgehung Lommatzsch, 1. BA, Teil 2 (Verbindung S 85 – S 32 östlich Lommatzsch)
S 36 Verlegung westl. Wilsdruff
S 65 Verlegung südl. Groitzsch
S 80 Verlegung/Ausbau Weinböhla
S 84 Neubau Niederwartha – Meißen 4. BA
S 88 Ausbau Röderau mit Beseitigung des Bahnübergangs (BÜ)
S 88 Verlegung östlich Nünchritz bis S 40
S 91 Ortsumgehung Radeburg (Westumfahrung)
S 95 Ortsumgehung Pulsnitz
S 106 Südumgehung Bautzen/Budyšin, 3. BA (B 96 bis B 6)
S 121 Verlegung westl. Rothenburg neu: BÜ-Beseitigung Horka
S 127 Zubringer Grenzübergang Deschka (D/PL)
S 129 Verlegung Wendisch Paulsdorf (BÜ-Beseitigung)
S 177 Ortsumgehung Seifersdorf
S 192 Ortsumgehung Grumbach
S 216 Neubau Olbernhau – BGr D/CZ
S 242 Verlegung Wüstenbrand
S 242 Ortsumgehung Burgstädt/Taura
S 288 Verlegung zwischen S 289 und B 93 bei Waldsachsen
S 289 Ortsumgehung Gablenz
S 293n Neubau nordwestlich von Zwickau zwischen B 175 und B 93 Teilabschnitt 1: B 175 – S 290
S 293n Neubau nordwestlich von Zwickau zwischen B 175 und B 93 Teilabschnitt 2: S 290 – B 93
S 302 Ortsumgehung Schöneck
S 304 Ortsumgehung Grünbach
S 306 Verlegung in Bad Elster
zu Ziel 3.2.7 Liegen für die Neubaumaßnahmen gemäß G 3.2.6 zum Zeitpunkt der Fortschreibung eines Regionalplanes fortgeschrittene Planungen für die Trassenwahl (Linienbestätigung; abgeschlossene Vorplanungen mit Beteiligung Träger öffentlicher Belange; abgeschlossene Raumordnungsverfahren) vor, sind diese Trassen raumordnerisch in dem jeweiligen Regionalplan grundsätzlich als Vorranggebiete festzulegen. Soweit die fachplanerisch vorliegenden Planungsstände oder andere Gründe eine Sicherung als Vorranggebiete nicht zulassen, sollen unter Berücksichtigung aller raumordnerischen Belange Vorbehaltsgebiete festgelegt werden.
3.3
Überregionale Eisenbahninfrastruktur, Transeuropäische Netze (TEN) und Schienenpersonenfernverkehr
G 3.3.1
Der Schienenpersonenfernverkehr und der Schienengüterverkehr sollen so entwickelt werden, dass Sachsen eine bestmögliche Anbindung an das nationale und an das europäische Eisenbahnnetz erhält. Engpässe im Eisenbahnnetz sollen beseitigt werden. Bei Neu- und Ausbauvorhaben soll der Netzwirkung besonderes Gewicht beigemessen werden.
G 3.3.2
Die Schienenverbindungen sollen mit den übrigen Verkehrsträgern zu einem integrierten Verkehrssystem verknüpft werden.
G 3.3.3
Eisenbahnknoten sollen bedarfsgerecht so ausgebaut werden, dass sie zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Eisenbahnnetzes beitragen. Dazu sollen die in Karte 4 als Korridore festgelegten einzelnen Neubauabschnitte (Verbindungskurven) geplant und realisiert werden.
Z 3.3.4
Die Neubaumaßnahmen auf der Strecke (Berlin) – Dresden – (Praha/Prag) sollen innerhalb des in der Karte 4 festgelegten Korridors schnellstmöglich verwirklicht werden.
Z 3.3.5
Die Eisenbahninfrastruktur im Transeuropäischen Verkehrskorridor (Berlin) – Dresden – (Praha/Prag – Wien/Budapest – Südosteuropa) ist zur Verbesserung der überregionalen Erreichbarkeit Sachsens auf eine Geschwindigkeit von mindestens 200 km/h aus- und abschnittsweise neu zu bauen. Die Neubaustrecke Dresden – (Praha/Prag) durch das Erzgebirge ist für Mischverkehr (Personen- und Güterverkehr) und eine Geschwindigkeit von mindestens 200 km/h auszulegen.
Z 3.3.6
Der Aus- und abschnittsweise Neubau der Strecke Leipzig – Dresden als wichtiges Bindeglied der sächsischen Oberzentren der Metropolregion Mitteldeutschland ist schnellstmöglich fertig zu stellen.
Z 3.3.7
Die Sachsen-Franken-Magistrale (Karlsruhe – Stuttgart – Nürnberg – Hof) – Plauen – Leipzig beziehungsweise Plauen – Dresden ist durch geeignete Ausbau- und Neubaumaßnahmen so weiterzuentwickeln, dass sie den infrastrukturellen Ansprüchen hochwertiger Schienenpersonenfernverkehrsangebote, aber auch denen des überregionalen Schienengüterverkehrs (insbesondere in Nord-Süd-Richtung) genügt. Dazu ist die Fertigstellung des City-Tunnels Leipzig voranzutreiben sowie eine durchgängige Dreigleisigkeit im Abschnitt zwischen Neukieritzsch und Leipzig sicherzustellen.
Z 3.3.8
Die Neubaustrecke (Erfurt) – Leipzig über den Flughafen Leipzig/Halle ist als wichtiges Bindeglied zu nahen Metropolregionen fertig zu stellen.
Z 3.3.9
Die Eisenbahnstrecke im Abschnitt Dresden – Görlitz/Zhorjelc – Grenze D/PL (– Kohlfurt [Węgliniec] – Breslau [Wrocław]) ist zu elektrifizieren und vorrangig für den Personennah- und -fernverkehr bedarfsgerecht auszubauen. Die Eisenbahnstrecke Hoyerswerda/Wojerecy – Horka/Hórka – Grenze D/PL (– Kohlfurt [Węgliniec] – Breslau [Wrocław]) (Niederschlesische Magistrale) ist zweigleisig auszubauen und zu elektrifizieren. Die Niederschlesische Magistrale ist vorrangig für den Güterverkehr und den Schienenpersonenfernverkehr zu nutzen.
Z 3.3.10
Zur besseren Anbindung des ostsächsischen Raumes an die Bundeshauptstadt Berlin und das Oberzentrum Cottbus/Chóśebuz ist die Eisenbahnstrecke (Cottbus/Chóśebuz) – Görlitz/Zhorjelc bedarfsgerecht auszubauen und zu elektrifizieren.
Z 3.3.11
Die Eisenbahnstrecke zwischen den Oberzentren Chemnitz und Leipzig sowohl über Borna als auch über Bad Lausick ist bedarfsgerecht weiter auszubauen und zu elektrifizieren, sodass diese neben hochwertigen Angeboten des Schienenpersonennahverkehrs auch Schienenpersonenfernverkehr und weiteren Güterverkehr aufnehmen kann.
Z 3.3.12
Die Ertüchtigung des sächsischen Abschnittes der „Mitte-Deutschland-Verbindung“ (Paderborn – Erfurt – Gera) Meerane – Glauchau – Chemnitz ist fertigzustellen.
Z 3.3.13
Die Eisenbahnstrecke zwischen Plauen, Bad Brambach und der Grenze D/CZ (– Vojtanov – Cheb) ist zu elektrifizieren und durchgängig zweigleisig auszubauen.
Z 3.3.14
Die Eisenbahnstrecken Chemnitz – Riesa – (Falkenberg/Elsterwerda) sowie Leipzig – Torgau – (Falkenberg – Cottbus/Chóśebuz) sind insbesondere für die Anforderungen des Schienengüterverkehrs zu ertüchtigen.
Begründung zu 3.3 Überregionale Eisenbahninfrastruktur, Transeuropäische Netze (TEN) und Schienenpersonenfernverkehr
zu Grundsatz 3.3.1 und Grundsatz 3.3.2 Der Landesentwicklungsplan trifft Aussagen zu den Entwicklungserfordernissen der Eisenbahninfrastruktur im Freistaat Sachsen. Diese konzentrieren sich auf landesweit erforderliche Ausbaumaßnahmen. Die Anforderungen an das Eisenbahnnetz Sachsens werden mit der wirtschaftlichen Entwicklung im Freistaat und mit der europäischen Integration weiter zunehmen. Der Ausbaustandard des sächsischen Schienennetzes weist im nationalen Vergleich noch erhebliche Defizite auf. Es ist deshalb nötig, das Eisenbahnnetz zum Bestandteil des integrierten Verkehrssystems in Sachsen fortzuentwickeln. Durch die geplanten Aus- und Neubauvorhaben wird eine optimale Einbindung Sachsens in das deutsche und europäische Eisenbahnnetz angestrebt.
zu Grundsatz 3.3.3 Ergänzend zu Streckenaus- und -neubauvorhaben kommt auch dem bedarfsgerechten Ausbau der Eisenbahnknoten, insbesondere Leipzig, Dresden, Chemnitz und Zwickau als Oberzentren der Metropolregion Mitteldeutschland, eine erhebliche Bedeutung zu. Leistungsfähige Knoten mit flexiblen Fahrmöglichkeiten ohne Fahrtrichtungswechsel sind die Voraussetzung dafür, dass die Kapazität der einzelnen Zulaufstrecken auch optimal genutzt werden kann. Zur Sicherstellung der langfristigen Verkehrsbedürfnisse sind im Eisenbahnknoten Zwickau die „Dennheritzer Kurve“ als Verbindung zwischen der Sachsen-Franken-Magistrale und der Mitte-Deutschland-Verbindung sowie im Knoten Leipzig die „Nordkurve“ als Verbindung der Schnellfahrstrecken Berlin – Leipzig und Leipzig – Erfurt raumordnerisch zu sichern. Die „Dennheritzer Kurve“ kann dabei insbesondere den Erfordernissen des Schienengüterverkehrs sowie der Fernverkehrsanbindung Südwestsachsens dienen, die Nordkurve dem Schienenpersonenfernverkehr.
zu Ziel 3.3.4 und Ziel 3.3.5 Die Eisenbahnstrecke Berlin – Dresden – Bad Schandau – Grenze D/CZ (– Praha/Prag) ist Bestandteil des Transeuropäischen Verkehrsnetzes und insbesondere des Kernnetzes (ehemals TEN-Achse 22). Sie entspricht gegenwärtig nicht den infrastrukturellen Anforderungen an einen transeuropäischen Verkehrsweg. Eine nennenswerte Steigerung der Reisegeschwindigkeit ist aus topografischen Gründen, insbesondere südlich von Dresden, nicht möglich. Mit einer Aus- und Neubaustrecke Berlin – Dresden – Grenze D/CZ (– Praha/Prag) sollen die heutigen Reisezeiten um bis zu 50 Prozent verkürzt und gleichzeitig die überregionale Erreichbarkeit Sachsens wesentlich verbessert werden. Mit der Neubaustrecke Dresden – Praha/Prag wird zusätzlich eine deutliche Kapazitätserhöhung für den Güterverkehr erreicht, was sich positiv auf die Nord-Süd-Verkehre speziell von und zu den deutschen Nord- und Ostseehäfen auswirkt. Zudem wird die Erreichbarkeit von Mittel- und Osteuropa verbessert. Für die Neubauabschnitte der Eisenbahnverbindung werden Korridore festgelegt. Südlich von Dresden werden dazu umfangreiche Tunnelbauwerke erforderlich werden. Die derzeitig dazu vorliegende Studie des SMWA (Vorzugsvariante) hat die Basis für die Nutzen-Kosten-Untersuchung gebildet, in der die Wirtschaftlichkeit nachgewiesen wurde. Sie bildet gleichzeitig die Grundlage für den in der Karte festgelegten Korridor. Insbesondere im Hinblick des Übergabepunktes zur Tschechischen Republik bleiben noch weitere Feinabstimmungen erforderlich.
zu Ziel 3.3.6 Die Eisenbahnstrecke Leipzig – Dresden ist als Projekt Nummer 9 Bestandteil der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit. Nach vollständigem Ausbau auch im Abschnitt Riesa – Dresden wird zwischen den beiden größten sächsischen Städten eine weitere Verkürzung der Bahnreisezeit auf zirka 45 Minuten möglich. Gleichzeitig verkürzt sich die Reisezeit zwischen dem Oberzentrum Dresden als östlichem Eckpunkt der Metropolregion Mitteldeutschland und der Metropolregion „FrankfurtRheinMain“. Wesentliche Bedeutung kommt dabei dem Abschnitt zwischen Böhla (Abzweig Kottewitz) und Dresden zu, da dieser zugleich Bestandteil der Strecke zwischen Berlin und Dresden ist. Zwischen Böhla und Weinböhla ist eine Streckenbegradigung vorzusehen. Für die Neubauabschnitte werden in Karte 4 Trassen festgelegt.
zu Ziel 3.3.7 Die Sachsen-Franken-Magistrale mit ihren beiden Ästen verbindet den Verdichtungsraum Chemnitz/Zwickau mit den Verdichtungsräumen Leipzig und Dresden, gleichzeitig aber auch die sächsischen Verdichtungsräume mit den Wirtschafts- und Bevölkerungszentren in Süd- und Südwestdeutschland. Die Sachsen-Franken-Magistrale ist durch Sanierung, Neigetechnikertüchtigung und eine durchgängige Elektrifizierung zu einer leistungs- und wettbewerbsfähigen Eisenbahnverbindung mit attraktiven Reise- und Beförderungszeiten gleichermaßen für die Bedürfnisse des Personen- als auch des Güterverkehrs auszubauen. Eine weitere Verbesserung des Fernverkehrs zwischen Leipzig, Plauen und dem Freistaat Bayern wird auch durch die Einbindung des City-Tunnels Leipzig erreicht. Im Zulauf auf den Knoten Leipzig ist zwischen Gaschwitz und Neukieritzsch eine durchgängige Dreigleisigkeit herzustellen, da dieser Abschnitt auch dem Verkehr zwischen Leipzig und Chemnitz via City-Tunnel dient.
zu Ziel 3.3.8 Die Neubaustrecke (Erfurt – Halle/)Leipzig ist als Projekt Nummer 8.2 Bestandteil der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit. Bisher ist die Teilstrecke zwischen der Landesgrenze bei Gröbers, dem Flughafenbahnhof Leipzig/Halle und Leipzig fertig gestellt. Neben den Streckenabschnitten in Thüringen und Sachsen-Anhalt ist auch die Einbindung in den Knoten Leipzig noch zu vollenden. Die Neubaustrecke (Erfurt – Halle/)Leipzig ermöglicht eine wesentliche Verkürzung der Reisezeiten zwischen den Metropolregionen „FrankfurtRheinMain“ und „Mitteldeutschland“. Die überregionale Erreichbarkeit Sachsens und Mitteldeutschlands wird mit der Realisierung der Neubaustrecke (Erfurt – Halle/)Leipzig wesentlich verbessert. Die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit Nr. 8.2 und 9 ermöglichen nach ihrer Fertigstellung auch eine deutliche Beschleunigung der Eisenbahnverbindung zwischen Dresden und Erfurt beziehungsweise dem Rhein-Main-Gebiet. Eine zeitnahe Gesamtfertigstellung dieses Ost-West-Korridors ist anzustreben.
zu Ziel 3.3.9 und Ziel 3.3.10 Die beiden von Hoyerswerda/Wojerecy und Dresden in die Republik Polen führenden Strecken sind Bestandteile des Abkommens vom 30. April 2003 zwischen Deutschland und der Republik Polen über die Zusammenarbeit bei der Weiterentwicklung der Eisenbahnverbindungen Dresden – Breslau (Wrocław) (E 30/L-E30). Auch die gemeinsame Erklärung zwischen Deutschland und der Republik Polen vom 21. Juni 2011 über die gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit verweist hierauf. Der Ausbauzustand beider Strecken ermöglicht derzeit weder akzeptable Reisegeschwindigkeiten für den Personenverkehr noch eine ausreichende Durchlassfähigkeit für den Güterverkehr. Er entspricht außerdem nicht den Anforderungen an die Infrastruktur in einem paneuropäischen Korridor. Vor diesem Hintergrund sind die Strecke Hoyerswerda/Wojerecy – Horka/Hórka – Grenze D/PL (– Kohlfurt [Węgliniec] – Breslau [Wrocław]) vorrangig für den Güterverkehr und die Strecke Dresden – Görlitz/Zhorjelc – Grenze D/PL (– Görlitz [Zgorzelec] – Kohlfurt [Węgliniec] – Breslau [Wrocław]) vorrangig für den Personenverkehr auszubauen und zu elektrifizieren, wobei Streckengeschwindigkeiten von bis zu 160 km/h zu ermöglichen sind. Die Eisenbahnstrecke (Berlin – Cottbus/Chóśebuz) – Görlitz/Zhorjelc, die auf direktem Weg die Bundeshauptstadt Berlin mit der Nieder- und Oberlausitz verbindet, ist bisher nur zwischen Berlin und Cottbus/Chóśebuz zeitgemäß ausgebaut und elektrifiziert. Mit dem Bundesverkehrswegeplan 2003 ist bereits die Elektrifizierung zwischen Cottbus/Chóśebuz und Görlitz/Zhorjelc vorgesehen, die eine Ergänzung zu den Elektrifizierungsmaßnahmen Hoyerswerda/Wojerecy – Horka/Hórka – Grenze D/PL und Dresden – Görlitz/Zhorjelc – Grenze D/PL darstellen würde.
zu Ziel 3.3.11 Mit dem weiteren, schrittweisen Ausbau und der durchgängigen Elektrifizierung der Strecke Chemnitz – Leipzig wird die Entwicklung der Metropolregion Mitteldeutschland verkehrlich gesichert. Zugleich wird die Region Chemnitz besser mit dem Verkehrsknoten Leipzig verbunden. Der zu betrachtende Ausbaukorridor erfasst sowohl die bereits für 160 km/h ertüchtigte, östliche Strecke über Bad Lausick als auch die westliche Verbindung über Borna und Neukieritzsch, die wiederum die direkte Führung von Zügen zwischen Chemnitz und dem City-Tunnel Leipzig ermöglicht.
zu Ziel 3.3.12 Die „Mitte-Deutschland-Verbindung“ ist die direkte Verbindung zwischen den Oberzentren Nordrhein-Westfalens, den Oberzentren Kassel, Erfurt, Jena, Gera und den sächsischen Mittel- und Oberzentren entlang der Sachsen-Franken-Magistrale. Durch Sanierung, Anpassungen für Züge mit Neigetechnik und die durchgehende Elektrifizierung der Strecke zwischen Weimar und Chemnitz ist deren Infrastruktur auf ein Niveau zu bringen, welches das Mindestniveau für ein Teilstück in einem überregionalen Korridor erreicht.
zu Ziel 3.3.13 Als vergleichsweise kurzfristig verfügbare Kapazitätsreserve insbesondere für die zunehmenden Nord-Süd-Güterverkehre sind zur Entlastung der Elbtalstrecke und in Ergänzung des Ausbaus der Sachsen-Franken-Magistrale die Elektrifizierung und der durchgängig zweigleisige Ausbau der Eisenbahnstrecke zwischen Plauen, Bad Brambach und Grenze D/CZ (– Vojtanov – Cheb) vorzusehen. Im zunehmenden Nord-Süd-Güterverkehr mit der Tschechischen Republik und dem östlichen Österreich (via Cheb) ist die Relation Plauen – Cheb via Bad Brambach deutlich kürzer als die denkbaren Alternativen via Hof – Aš oder via Hof – Marktredwitz – Schirnding, sie erfordert zudem keinen Fahrtrichtungswechsel.
zu Ziel 3.3.14 Die Eisenbahnstrecken Chemnitz – Riesa – (Falkenberg/Elsterwerda) sowie Leipzig – Torgau – (Falkenberg – Cottbus/Chóśebuz) sind insbesondere für die Anforderungen des Schienengüterverkehrs zu ertüchtigen. Diese stellen wesentliche Verbindungen der west- und südwestsächsischen Industriezentren mit der für den Güterverkehr bedeutsamen Niederschlesischen Magistrale dar und weisen zudem eine hohe Bedeutung als Güterverkehrs-Querverbindung zwischen der Niederschlesischen Magistrale und der Sachsen-Franken-Magistrale auf. Sie entlasten dabei gleichermaßen den Knoten Dresden und zahlreiche für den schnellen Schienenpersonenfernverkehr bedeutsamen Eisenbahnstrecken.
3.4
Öffentlicher Personennahverkehr und Regionale Eisenbahninfrastruktur
G 3.4.1
Der gesamte Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) soll infrastrukturell und organisatorisch weiterentwickelt werden. Dazu soll der ÖPNV mit den Netzen der anderen Verkehrsträger zu einem integrierten Verkehrssystem verknüpft werden. Die Übergangsstellen sollen entsprechend den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderung und mobilitätseingeschränkten Personen ausgestaltet und städtebaulich integriert werden.
G 3.4.2
Die Trassen der in Karte 4 gekennzeichneten Eisenbahnstrecken sollen für verkehrliche Nutzungen freigehalten werden. Die Strecken des in Betrieb befindlichen regionalen und überregionalen Eisenbahnnetzes sollen im Falle einer Streckenstilllegung für verkehrliche Nachnutzungen freigehalten werden.
Z 3.4.3
Im Verdichtungsraum Leipzig/Halle ist in Abstimmung mit den benachbarten Bundesländern, insbesondere dem Land Sachsen-Anhalt und dem Freistaat Thüringen, ein mitteldeutsches S-Bahn-Netz einzurichten und als länderübergreifendes Gesamtverkehrssystem zu einem qualitativ und tariflich weitgehend einheitlichen und benutzerfreundlichen Nahverkehrssystem bedarfsgerecht weiter zu entwickeln. Dieses länderübergreifende S-Bahn-System soll neben dem City-Tunnel Leipzig unter Einbeziehung weiterer bestehender SPNV-Angebote eine qualitativ hochwertige Anbindung der umliegenden Mittelzentren Borna, Grimma, Döbeln, Wurzen, Oschatz, Torgau, Eilenburg, Delitzsch, Schkeuditz und Markkleeberg sowie von Geithain an das Oberzentrum Leipzig sicherstellen. In Abstimmung mit den benachbarten Bundesländern gilt dies auch für die dortigen Mittelzentren. Die perspektivisch angestrebten Verbindungsstrecken Leipzig-Stötteritz – Leipzig-Paunsdorf – Leipzig-Engelsdorf sowie zwischen Leipzig Miltitzer Allee und Markranstädt sind als Netzergänzungen durch die Träger der Regionalplanung raumordnerisch zu sichern.
Z 3.4.4
Im Verdichtungsraum Dresden ist das bestehende und in Ausbau befindliche S-Bahn-System mit seinen „Kernstrecken“ S1 Pirna – Dresden Hbf – Radebeul – Coswig – Meißen Triebischtal, S2 Pirna – Dresden Hbf – Dresden Flughafen und S3 Dresden Hbf – Tharandt zu einem qualitativ und tariflich weitgehend einheitlichen und benutzerfreundlichen Nahverkehrssystem, das den gesamten Verdichtungsraum umfasst, bedarfsgerecht weiter zu entwickeln. Dies umfasst insbesondere die Integration der bestehenden SPNV-Angebote zwischen dem Oberzentrum Dresden und dem Oberzentralen Städteverbund Bautzen/Budyšin-Görlitz/Zhorjelc-Hoyerswerda/Wojerecy, den umgebenden Mittelzentren Meißen, Coswig, Radebeul, Radeberg, Freital, Pirna, Freiberg, Riesa, Großenhain, Kamenz/Kamjenc sowie dem Grundzentrum Bischofswerda. In Abstimmung mit den zuständigen Stellen in der Tschechischen Republik gilt dies auch für die Verbindung zwischen Dresden und Ústí nad Labem.
Z 3.4.5
Im Verflechtungsbereich des Oberzentrums Chemnitz sind Direktverbindungen von und zur Innenstadt Chemnitz durch den Ausbau des Straßenbahn-/Stadtbahn-Netzes und Teilen des Eisenbahn-Netzes („Chemnitzer Modell“) bedarfsgerecht weiter zu entwickeln. Dies umfasst insbesondere die Integration der bestehenden SPNV-Angebote zwischen dem Oberzentrum Chemnitz und Oelsnitz/Erzgeb. (via Stollberg/Erzgeb.), Limbach-Oberfrohna, Burgstädt, Flöha, Hainichen, Döbeln, Annaberg-Buchholz, Olbernhau, Mittweida und Thalheim. Die hierzu erforderlichen Neubaustrecken sind durch die Träger der Regionalplanung raumordnerisch zu sichern.
Z 3.4.6
An den regionalen und überregionalen Eisenbahnstrecken sind geeignete Zugangsstellen für den Schienengüterverkehr vorzusehen. An den vom SPNV mitgenutzten regionalen und überregionalen Strecken sind darüber hinaus entsprechend dem zu erschließenden Nachfragepotenzial Stationen einzurichten.
Z 3.4.7
Die regionalen Eisenbahnstrecken sind zu erhalten und bedarfsgerecht für die Belange des Schienenpersonennahverkehrs und des regionalen Schienengüterverkehrs, einschließlich der Trassenergänzung gemäß Karte 4, auszubauen. Die sächsischen Schmalspurbahnen sollen als Standortfaktor für den Tourismus sowie zur bedarfsgerechten verkehrlichen Erschließung ihres jeweiligen Einzugsgebietes erhalten werden.
Begründung zu 3.4 ÖPNV und Regionale Eisenbahninfrastruktur
zu Grundsatz 3.4.1 Ziel des Landesentwicklungsplanes ist es, die Verkehrsinfrastruktur für den schienengebundenen, den straßengebundenen und sonstigen ÖPNV zu einem integrierten Verkehrssystem fortzuentwickeln, um eine landesweite Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Auch zu diesem Zweck wurden auf Basis des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr im Freistaat Sachsen (
ÖPNVG
) vom 14. Dezember 1995 (SächsGVBl. S. 412, 449), zuletzt geändert durch Artikel 36 des Gesetzes vom 27. Januar 2012 (SächsGVBl. S. 130, 145), bereits kommunale Zweckverbänden gegründet und zum Teil sogar Verkehrskooperationen Ländergrenzen überschreitend eingerichtet. Der ÖPNV soll als leistungsfähige, attraktive, fahrgast- und umweltfreundliche Verkehrsart entsprechend dem Bedarf ausgebaut werden. In der Vernetzung mit dem Bus binden die Strecken des regionalen Eisenbahnverkehrs den ländlichen Raum an die Verdichtungsräume an.
zu Grundsatz 3.4.2
Mit der weiteren Freihaltung von bereits stillgelegten, in der Karte 4 als Vorbehaltsgebiete festgelegten Eisenbahnstrecken für eine verkehrliche Nachnutzung soll eine eventuelle Wiederaufnahme von Eisenbahnverkehr auf vorhandenen Trassen ermöglicht werden. Damit könnten die gegebenenfalls notwendigen Eingriffe in Umwelt und Bebauung weitestgehend reduziert werden. Dies gilt nicht nur für eine Perspektive im Personenverkehr, sondern insbesondere auch für eventuellen Schienengüterverkehr. Grundsätzlich würden die freigehaltenen Trassen, sofern diese von den Bahnbetriebszwecken freigestellt werden (§ 23 des
Allgemeinen Eisenbahngesetzes
[ AEG] vom 27. Dezember 1993 [BGBl. I S. 2378, 2396; 1994 I S. 2439], das zuletzt durch Artikel 5 Abs. 4 des Gesetzes vom 26. Juni 2013 [BGBl. I S. 1738, 1748]) geändert worden ist, auch eine Nachnutzung durch andere Verkehrsträger, zum Beispiel für Radwege, erlauben. Für noch in Betrieb befindliche Strecken soll im Falle einer Streckenstilllegung nach § 11
AEG
die Trasse ebenfalls für eine verkehrliche Nachnutzung freigehalten werden.
zu Ziel 3.4.3 und Ziel 3.4.4 Die Ausdehnung der Verdichtungsräume Leipzig und Dresden sowie die sich daraus ergebenden intensiven Verflechtungsbeziehungen – insbesondere die starken Pendlerströme zwischen den Oberzentren und den übrigen Verdichtungsräumen – erfordern leistungsfähige Schienenverbindungen. Die gemäß standardisierter Bewertung entwickelten und sukzessive umgesetzten beziehungsweise in Umsetzung befindlichen S-Bahn-Systeme mit ihren „Kernstücken“ City-Tunnel Leipzig und S-Bahn-Strecke Pirna – Dresden – Meißen Triebischtal zeichnen sich durch die dichte Zugfolge im Taktfahrplan, die Massenleistungsfähigkeit der Fahrzeuge sowie hohe Reisegeschwindigkeit und Pünktlichkeit aus. Infolge der zunehmenden Ausdehnung der Verdichtungsräume, der engen tariflichen und fahrplanerischen Verknüpfung sowie im Sinne des integrierten Ansatzes können die eigentlichen S-Bahn-Systeme nicht mehr nur als isolierte Teilsysteme betrachten werden, sondern sind auch insbesondere mit dem überregionalen SPNV zu verknüpfen. Dies dient nicht zuletzt auch einem weitgehend einheitlichen Erscheinungsbild des SPNV im jeweiligen Verdichtungsraum einschließlich aller die Oberzentren jeweils umgebenden Mittelzentren. Dies erfordert eine gesamtheitliche Betrachtung des auf den jeweiligen Verdichtungsraum zulaufenden SPNV, auch wenn deswegen nicht zwangsläufig auch auf allen genannten Relationen ein Produkt mit dem Namen S-Bahn verkehrt. Gerade auch das im Bau- und Finanzierungsvertrag zum Projekt City-Tunnel Leipzig vereinbarte Betriebsprogramm sowie die engen und vielfältigen Verknüpfungen im Verdichtungsraum Leipzig/Halle erfordern dabei zunehmend den Blick auf ein gesamtheitliches, leistungsfähiges und Landesgrenzen überschreitendes Mitteldeutsches S-Bahn-Netz. Die perspektivisch erforderlich werdenden Netzergänzungen sind in Abhängigkeit der Konkretisierung der Planung durch die Träger der Regionalplanung raumordnerisch zu sichern. In Analogie zur Herangehensweise im mitteldeutschen Verdichtungsraum Leipzig/Halle sind auch im Verdichtungsraum Dresden die umgebenden Mittelzentren und der Oberzentrale Städteverbund Bautzen/Budyšin-Görlitz/Zhorjelc-Hoyerswerda/Wojerecy in die Weiterentwicklung des S-Bahn-Systems einzubeziehen. In Abstimmung mit den zuständigen Stellen in der Tschechischen Republik gilt dies auch für die grenzüberschreitende Verbindung im Zuge des bevölkerungsreichen Elbtals bis Ústí nad Labem.
zu Ziel 3.4.5 Für den Verflechtungsbereich des Oberzentrums Chemnitz wird ein sich ergänzendes Eisenbahn-/Straßenbahn-/Stadtbahn-Netz nach der Karlsruher Praxis als „Chemnitzer Modell“ weiterentwickelt. Dieses Modell integriert Stadtbahnverkehr, S-Bahn-ähnlichen Verkehr und SPNV. Die besonderen infrastrukturellen Gegebenheiten des Schienennetzes im Raum Chemnitz sowie die einheitliche Spurweite von Eisenbahn und Chemnitzer Straßenbahn gestatten die Verknüpfung der Netze. Dadurch entstehen leistungsfähige und schnelle Direktverbindungen zwischen Umland und Innenstadt. Damit ist der ÖPNV in der Lage, die starken Pendlerströme aufzunehmen und die Innenstadt Chemnitz vom motorisierten Individualverkehr zu entlasten. Einzelne erforderliche kurze Neubaustrecken sind durch die Träger der Regionalplanung zu sichern, soweit sich diese in ihrer Planungsreife konkretisieren.
zu Ziel 3.4.6 Der SPNV auf den überregionalen Eisenbahnstrecken kann seine Erschließungsfunktion nur erfüllen, wenn entsprechend dem Nachfragepotenzial Zugangsstellen vorgesehen werden. Dies gilt auch für den Güterverkehr.
zu Ziel 3.4.7 Die regionalen Eisenbahnstrecken sollen wegen ihrer Bedeutung als bestehende beziehungsweise potenzielle Netzergänzungsstrecken gesichert werden. Sie können in Abhängigkeit des perspektivischen Bedarfs ausgebaut werden. Bei der erforderlichen Trassenergänzung handelt es sich um das kurze Verbindungsstück Sebnitz – Dolni Poustevna. Im Übrigen dienen diese Strecken in wesentlichen Abschnitten auch dem regionalen Schienengüterverkehr und weisen eine hohe Bedeutung zur Flächenerschließung auf. Die sächsischen Schmalspurbahnen sind ein regional bedeutsamer touristischer Standortfaktor und dienen auch der verkehrlichen Erschließung ihres jeweiligen Einzugsgebietes.
3.5
Luftverkehr
Z 3.5.1
Der Verkehrsflughafen Leipzig/Halle ist für den interkontinentalen Luftverkehr bedarfsgerecht weiter zu entwickeln.
Z 3.5.2
Der Verkehrsflughafen Dresden ist bedarfsgerecht weiter zu entwickeln.
G 3.5.3
Die regionalen und lokalen Verkehrslandeplätze, die Sonderlandeplätze sowie die Segelfluggelände sollen für die allgemeine Luftfahrt und den Luftsport sowie zur Erschließung der Regionen erhalten bleiben.
Begründung zu 3.5 Luftverkehr
zu Ziel 3.5.1 Zur weiteren Entwicklung des Verkehrsflughafens Leipzig/Halle sind die Betriebsflächen und Abfertigungseinrichtungen bedarfsgerecht bereitzustellen. Bei einem Wachstum im Passagierverkehr oder durch eine Zunahme des Luftfrachtverkehrs werden gegebenenfalls strukturelle Anpassungen und Erweiterungen im Umfeld des bestehenden Terminals erforderlich. Der Flughafen verfügt über einen Bahnhof, an dem Regional- und Fernzüge verkehren. Der Flughafen soll in das überregionale ICE-Netz integriert werden. Außerdem wird der Flughafen Leipzig/Halle künftig in das mitteldeutsche S-Bahn-Netz einbezogen. Der Flughafen Leipzig/Halle soll sich zu einem europäischen Frachtdrehkreuz entwickeln. Für den Frachtverkehr sind die Planungen so ausgelegt, dass circa 1,75 Millionen t pro Jahr umgeschlagen werden können. Dafür sind beispielsweise Rollbahnen, Vorfelder und Abfertigungseinrichtungen bedarfsgerecht bereitzustellen. Darüber hinaus soll Luftfracht auf die Schiene verlagert (Air Cargo Express) und Leipzig/Halle mit anderen Flughäfen besser vernetzt werden.
zu Ziel 3.5.2 Der Verkehrsflughafen Dresden bleibt ein Mittelstreckenflughafen. Dementsprechend reichen die vorhandenen Kapazitäten aus, um die erwartete Nachfrage zu bedienen. Die Schienen- und Straßenanbindung ist ausreichend dimensioniert. Unter einer bedarfsgerechten Weiterentwicklung ist bei Erreichen der Kapazitätsgrenze (3,5 Millionen Passagiere pro Jahr) gegebenenfalls auch die Nutzung von Kapazitätsreserven bei der Schienenanbindung zu verstehen, die durch Anpassung der Taktfrequenz ausgeschöpft werden können.
zu Grundsatz 3.5.3 Regionale und lokale Verkehrslandeplätze, Sonderlandeplätze sowie Segelfluggelände erfüllen wichtige Funktionen für die regionale Erschließung, die auch für die wirtschaftliche Entwicklung förderlich sind, sowie für den Luftsport.
3.6
Binnenschifffahrt
Z 3.6.1
Die Elbe ist für die Binnenschifffahrt so zu unterhalten, dass bei mittlerem Niedrigwasser sowie abschnittsweise eingeschränkter Fahrrinnenbreite von Dresden stromabwärts eine Fahrrinnentiefe von 1,60 m und stromaufwärts von 1,50 m zur Verfügung steht.
Z 3.6.2
Die Häfen in Riesa, Dresden und Torgau sind, auch in ihrer Funktion als Schnittstelle zwischen der Binnenschifffahrt und den Verkehrsträgern Straße und Schiene, in ihrem Bestand zu sichern und bedarfsgerecht weiter zu entwickeln.
Z 3.6.3
Im Hafen Riesa ist ein neues Terminal für den kombinierten Verkehr zu bauen.
Z 3.6.4
Der Hafen Dresden ist für den Projektladungsverkehr, für den Umschlag von Massen- und Stückgütern sowie den Containerverkehr bedarfsgerecht weiter zu entwickeln.
Begründung zu 3.6 Binnenschifffahrt
zu Ziel 3.6.1 Die Elbe ist eine Bundeswasserstraße und Bestandteil des TEN-Kernnetzes. Sie verbindet den Freistaat Sachsen mit der Tschechischen Republik und den deutschen Häfen an der Nordsee. Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes hat in Sachsen hinsichtlich der Fahrrinnentiefe wasserbaulich ihr Entwicklungsziel erreicht und sichert dieses mittels Reparatur- und Unterhaltungsmaßnahmen. Es wird angestrebt, dass die Fahrrinnentiefe von Dresden von 1,60 m stromabwärts und 1,50 m stromaufwärts an durchschnittlich 345 Tagen pro Jahr zur Verfügung steht. Für die Unterhaltungsmaßnahmen wurden vom BMVBS in Abstimmung mit dem BMU „Grundsätze für das Fachkonzept der Unterhaltung der Elbe zwischen Tschechien und Geesthacht mit Erläuterungen“ (2005) aufgestellt. Maßnahmen zur Erhaltung der Schifffahrtsbedingungen sollen unter Beachtung ökologischer und wasserwirtschaftlicher Funktionen erfolgen. Der Bau von Staustufen ist nicht vorgesehen (siehe Ziel 4.1.2.2).
zu Ziel 3.6.2, Ziel 3.6.3 und Ziel 3.6.4
Die Häfen Dresden, Riesa und Torgau mit einer Vielzahl angesiedelter Unternehmen sind auch Dienstleister für die private Wirtschaft, insbesondere für den Logistiksektor. Sie bieten erschlossene Gewerbe- und Industrieflächen mit trimodaler Anbindung und dienen auch der Wirtschaftsförderung Sachsens. Die Binnenhäfen haben außerdem eine wichtige Bedeutung als Schnittstelle für den Güterumschlag zu den Verkehrsträgern Schiene und Straße. Eine Verlagerung von Güterfernverkehren zu dem besonders energiesparenden, umweltverträglichen und kostengünstigen Verkehrsträger Binnenschiff mindert potenzielle Klima- und Umweltwirkungen des Güterverkehrs. Die vorhandenen Terminalkapazitäten in Riesa sind ausgelastet und können nicht erweitert werden. Daher soll ein neues Terminal für den kombinierten Verkehr am Südufer des Hafens entstehen. Für den Hafen in Torgau stehen bestandssichernde Maßnahmen im Vordergrund. Der Projektladungsverkehr ist ebenfalls ein Zukunftsgeschäftsfeld, zu dessen Entwicklung Straßen und Schienenprojekte im Hafen Dresden und dessen Umfeld umzusetzen sind. Der Hafen in Dresden soll auch das Potenzial aus dem eingerichteten Containerliniendienst via Binnenschiff von Hamburg bis in die Tschechische Republik ausschöpfen und an diesem wachsenden Geschäftsfeld partizipieren können.
3.7
Güterverkehr
G 3.7.1
Güterfernverkehre sollen mittels Terminals für den kombinierten Verkehr von der Straße auf den Verkehrsträger Schiene verlagert werden. Güternahverkehre sollen durch Ausnutzung alternativer Verkehrsträger und innovativer Technologien möglichst umwelt- und stadtverträglich erfolgen.
Z 3.7.2
Die Güterverkehrszentren (GVZ) Leipzig, Dresden und Südwestsachsen sind bedarfsgerecht zu entwickeln.
Z 3.7.3
Die Terminals für den kombinierten Verkehr sind bedarfsgerecht auszubauen.
G 3.7.4
Die bestehenden Zugangsstellen zum Schienengüterverkehr sollen erhalten werden.
Begründung zu 3.7 Güterverkehr
zu Grundsatz 3.7.1 Dem Anstieg des Güterverkehrs ist auch durch eine Verlagerung des Güterverkehrs auf den umweltfreundlicheren Verkehrsträger Schiene zu begegnen. Dazu sind Terminals für den kombinierten Verkehr erforderlich. Insbesondere die Güterfernverkehre eignen sich systembedingt besonders für eine Verlagerung auf den Verkehrsträger Schiene und gegebenenfalls das Binnenschiff. Eine Verlagerung mindert insbesondere auch potenzielle Klima- und Umweltwirkungen des Güterverkehrs. Im Nahverkehr können insbesondere durch alternative Verkehrsträger (zum Beispiel Güterstraßenbahn) und innovative Technologien (Elektromobilität) umwelt- und stadtverträgliche Wirtschaftsverkehre gefördert werden. Unter stadtverträglichen Wirtschaftsverkehr wird insbesondere ein auf Emissionsreduktion ausgerichteter und auf Hauptverkehrsachsen gebündelter Verkehr verstanden, welcher auch städtebauliche Aspekte berücksichtigt.
zu Ziel 3.7.2 Die Güterverkehrszentren (GVZ) in Sachsen sind Dienstleister für die private Wirtschaft und hier insbesondere für den Logistiksektor. Sie erschließen und entwickeln Gewerbeflächen, erarbeiten Vermarktungsmodelle, bieten Beratungs- und Finanzierungsservices sowie die Projektsteuerung an und dienen damit auch der Wirtschaftsförderung. Die Güterverkehrszentren sind Konzentrationspunkte der Güterverkehrsströme hinsichtlich Bündelung, Umschlag und Verteilung sowie neuer Lager- und Umschlagstechnologien.
zu Ziel 3.7.3 Derzeit haben die Terminals für den kombinierten Verkehr in den GVZ jeweils folgende Kapazitäten: Leipzig 160 000 TEU (twenty foot equivalent unit), Dresden 90 000 TEU und Glauchau 30 000 TEU. Die Umschlagszahlen betrugen im Jahr 2011 circa 144 000 TEU in Leipzig und circa 40 000 TEU in Dresden. Das Terminal in Glauchau ging am 12. Oktober 2010 in Betrieb. Die ersten Ergebnisse und Prognosen zeigen, dass das Terminal an seine Kapazitätsgrenze gelangt. Um eine bedarfsgerechte Entwicklung des kombinierten Verkehres in Südwestsachsen zu gewährleisten, ist mittelfristig ein weiterer Standort in Südwestsachsen zu prüfen.
zu Grundsatz 3.7.4 Sachsen verfügt über eine relativ hohe Anzahl von Zugangsstellen (Betriebsstellen, Gleisanschlüsse und öffentliche Ladestellen) zum Schienengüterverkehr. Diese ermöglichen auch den Zugang zu den europäischen Güterverkehrskorridoren und tragen zur Verlagerung von Güterverkehr auf den Verkehrsträger Schiene bei. Der Erhalt der Zugangsstellen für den nicht über die KV-Terminals abzuwickelnden Schienengüterverkehr (Ganzzüge, Wagengruppen und Wagenladungen) ist daher anzustreben. Durch logistische Dienstleistungen unter Nutzung der Eisenbahn kann darüber hinaus auch für Unternehmen ohne Gleisanschluss der Zugang zu den europäischen Güterverkehrskorridoren gewährleistet werden.
3.8
Fahrrad- und Fußgängerverkehr
G 3.8.1
Die Entwicklung eines landesweiten zusammenhängenden Radverkehrsnetzes soll auf Grundlage der Radverkehrskonzeption für den Freistaat Sachsen unterstützt werden. Dabei sollen die Anforderungen des Alltagsradverkehrs, des Schülerradverkehrs und des Radtourismus berücksichtigt werden. In den Regionalplänen sollen die Radfernwege und regionalen Hauptradrouten unter Berücksichtigung der Radverkehrskonzeption für den Freistaat Sachsen in geeigneter Form raumordnerisch gesichert werden.
Z 3.8.2
In die Radverkehrsnetze sind geeignete vorhandene forst- und landwirtschaftliche Wege und öffentliche Straßen mit geringer Verkehrsstärke einzubeziehen. Sofern die Verkehrsstärke oder ein besonderes Sicherheitsbedürfnis dies erfordern, sind Radverkehrsanlagen mit jeweils passender Führungsform vorzusehen.
Z 3.8.3
Die Sicherheit des Fußgängerverkehrs ist durch die Bereitstellung von zusammenhängenden, sicheren und barrierefreien Fußwegenetzen zu gewährleisten. An Straßen mit besonders hoher Verkehrsstärke sind bei Bedarf zur sicheren Gewährleistung querender Fußwegbeziehungen entsprechende bauliche Anlagen zu errichten.
Z 3.8.4
Zur Integration von Menschen mit Behinderung und mobilitätseingeschränkter Personen soll gewährleistet werden, dass sie die öffentlichen Verkehrsräume weitgehend ohne fremde Hilfe erreichen.
G 3.8.5
Zur Förderung des Radverkehrs sollen Fahrradabstellanlagen an öffentlichen Einrichtungen – einschließlich der Stationen und Haltestellen des ÖPNV – eingerichtet werden. Die Mitnahmemöglichkeiten von Fahrrädern in Verkehrsmitteln des ÖPNV und der Eisenbahn sollen unter Berücksichtigung der Sicherheitsbedürfnisse aller Fahrgäste weiter verbessert werden.
G 3.8.6
In den Regionen sollen durch Ausweisung, Bau und Beschilderung von vernetzten Radverkehrsverbindungen die Entwicklungsbedingungen für den Alltags- und Schülerradverkehr verbessert werden. Dabei sollen auch bislang nicht ausreichend aufgegriffene Handlungsfelder, wie insbesondere die Elektromobilität, berücksichtigt werden.
Z 3.8.7
Die Radfernwege
D 10 – Elberadweg,
Mulderadweg,
Spreeradweg,
D 12 – Oder-Neiße-Radweg,
Zschopautalradweg,
Radfernweg Sächsische Mittelgebirge,
Sächsische Städteroute,
Elsterradweg,
Froschradweg,
D 4 – Mittellandroute
sind zu erhalten, zu entwickeln beziehungsweise auszubauen.
Begründung zu 3.8 Fahrrad- und Fußgängerverkehr
zu Grundsatz 3.8.1, Grundsatz 3.8.5 und Grundsatz 3.8.6 und zu Ziel 3.8.2, Ziel 3.8.3 und Ziel 3.8.4
Der Fahrrad- und Fußgängerverkehr sind wichtige Bestandteile einer nachhaltigen Mobilität. In den letzten Jahren nehmen sowohl der Alltagsradverkehr als auch der touristische Radverkehr einen steigenden Anteil am Verkehrsgeschehen ein. Das Fahrrad ist damit wichtiger Teil eines integrierten Verkehrssystems. Die Nutzung des Fahrrads ist preisgünstig, fördert die Gesundheit und trägt zur Reduzierung von Feinstaub- und Schadstoffbelastungen bei. Bestehende Hemmnisse für eine stärkere Fahrradnutzung sind daher systematisch abzubauen. Die Radverkehrskonzeption 2005 bildet die Grundlage zur Förderung des Radverkehrs im Rahmen einer integrierten Verkehrspolitik und soll fortgeschrieben werden. Generell ist die jeweils aktuelle Fassung der Radverkehrskonzeption zur Entwicklung des landesweiten zusammenhängenden Radverkehrsnetzes zu Grunde zu legen. Radfernwege, Regionale Hauptradrouten und sonstige Strecken des SachsenNetz Rad sollen durch die Regionalplanung in geeigneter Form durch Festlegungen gesichert werden. Ergänzend können hierbei die Radverkehrskonzeptionen der Landkreise berücksichtigt werden. Es besteht – insbesondere in den Verdichtungsräumen – weiter ein Verlagerungspotenzial auf den Verkehrsträger Fahrrad. Zur Förderung dieses umweltfreundlichen Verkehrsmittels sollen durch die Ausweisung, den Bau und die Beschilderung Radwege geschaffen werden.
Die Einbeziehung bestehender Wege und Straßen trägt zur ökonomischen Erweiterung des Radverkehrsnetzes und zur Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme bei. Bei entsprechender Eignung können auch stillgelegte und von Bahnbetriebszwecken freigestellte Eisenbahnstrecken (§ 23
AEG
) mit einbezogen werden (siehe auch Grundsatz 3.4.2). Insbesondere soll den Belangen der Verkehrssicherheit besondere Aufmerksamkeit zukommen. Im Sinne einer Netzergänzung sollen die Radwege für den Alltagsverkehr mit den touristisch orientierten Hauptradrouten abgestimmt werden.
Neben den Radwegenetzen sind für die Fahrradnutzung die vorhandenen Abstellmöglichkeiten von großer Bedeutung. Dies betrifft vor allem Schulen und sonstige Bildungseinrichtungen, Sport- und Freizeitstätten, Einzelhandelseinrichtungen sowie Eisenbahnstationen, insbesondere S-Bahn-Stationen und geeignete Haltestellen des übrigen ÖPNV. Insbesondere auch für das Handlungsfeld Elektromobilität werden diese Einrichtungen und Stationen künftig eine tragende Rolle haben. Ebenso steigert die Mitnahmemöglichkeit von Fahrrädern in den Verkehrsmitteln des ÖPNV und der Eisenbahn die Attraktivität der Fahrradbenutzung. Die Gewährleistung zusammenhängender, sicherer und barrierefreier Fußwegeverbindungen ist ein wichtiges Element der Daseinsvorsorge und trägt wesentlich zur Lebensqualität in den Städten bei. Mobilität ist ein Bürgerrecht, welches selbstverständlich auch für Menschen mit Behinderung und mobilitätseingeschränkte Personen gilt. Um hier einen diskriminierungsfreien Zugang zu ermöglichen, ist es notwendig, dass dieser Personenkreis die öffentlichen Verkehrsräume ohne fremde Hilfe erreichen kann. Hierzu sind im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel geeignete technische und organisatorische Maßnahmen vorzusehen.
zu Ziel 3.8.7 Der Fahrradtourismus ist ein seit Jahren stetig wachsender Bereich im deutschen Tourismus und damit auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Ferienreisen mit dem Fahrrad von Ort zu Ort haben besonders bei Familien und Erholungssuchenden an Beliebtheit gewonnen. Die Radfernwege bilden gemeinsam mit den Regionalen Hauptradrouten und den sonstigen Strecken das SachsenNetz Rad. Radfernwege sind Teil des europäischen Radfernwegenetzes. Sie tragen dazu bei, die Regionen Sachsens und ihre fremdenverkehrsrelevanten Teilräume deutschland- und europaweit bekannt zu machen.
4
Freiraumentwicklung
4.1
Freiraumschutz
4.1.1
Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft
Karte:
In Karte 5 sind die unzerschnittenen verkehrsarmen Räume (UZVR) differenziert in
UZVR mit einer besonders hohen Wertigkeit für den Arten- und Biotopschutz sowie die landschaftsbezogene Erholung und
sonstige UZVR
festgelegt.
G 4.1.1.1
Die unzerschnittenen verkehrsarmen Räume sollen in ihrer Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz, den Biotopverbund, den Wasserhaushalt, die landschaftsbezogene Erholung sowie als klimatischer Ausgleichsraum erhalten und vor Zerschneidung bewahrt werden. In angrenzenden Bereichen sollen nicht mehr benötigte, zerschneidend wirkende Elemente zurückgebaut werden.
Z 4.1.1.2
Für die festgelegten „Unzerschnittenen verkehrsarmen Räume mit einer besonders hohen Wertigkeit für den Arten- und Biotopschutz sowie die landschaftsbezogene Erholung“ ist eine Zerschneidung durch
Straßen mit einem prognostizierten Verkehrsaufkommen von mehr als 1 000 Kfz pro Tag,
zweigleisige Bahnstrecken und eingleisig elektrifizierte,
Flughäfen,
großflächigen Siedlungsneubau im Außenbereich
nur dann zulässig, wenn es sich um ein überregional bedeutsames Vorhaben handelt und eine raumverträgliche Variante außerhalb der unzerschnittenen verkehrsarmen Räume nicht realisierbar ist.
Z 4.1.1.3
Naturnahe Quellbereiche und Fließgewässer beziehungsweise Fließgewässerabschnitte mit ihren Ufer- und Auenbereichen sowie ökologisch wertvolle Uferbereiche von Standgewässern sind in ihren Biotop- und natürlichen Verbundfunktionen zu erhalten und von jeglicher Bebauung und Verbauung freizuhalten. Das gilt nicht für Vorhaben, die typischerweise in Flussauen, Flusslandschaften oder Uferbereichen von Standgewässern ihren Standort haben. Notwendige Maßnahmen des Gewässerausbaus und der Gewässerunterhaltung sollen so geplant und durchgeführt werden, dass sie die Lebensraum- und Biotopverbundfunktionen des jeweiligen Fließgewässers und seiner Auen in ihrer Gesamtheit nicht beeinträchtigen.
G 4.1.1.4
Natürliche gewässerdynamische Veränderungen sollen insbesondere im Bereich naturnaher Gewässerläufe zugelassen werden. Freiräume für eine eigendynamische Fließgewässerentwicklung ohne Unterhaltungsmaßnahmen sollen erhalten und nach Möglichkeit wieder geschaffen werden.
G 4.1.1.5
Die Nutzungsansprüche an die Landschaft sollen mit der Nutzungsfähigkeit der Naturgüter so abgestimmt werden, dass die Landnutzung die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes auch vor dem Hintergrund der Auswirkungen des Klimawandels nachhaltig gewährleistet. Bereiche der Landschaft, in denen eines oder mehrere der Schutzgüter Boden, Wasser, Klima, Luft, Pflanzen- und Tierwelt sowie Landschaftsbild durch Nutzungsart oder Nutzungsintensität erheblich beeinträchtigt oder auf Grund ihrer besonderen Empfindlichkeit gefährdet sind, sollen wieder hergestellt beziehungsweise durch besondere Anforderungen an die Nutzung geschützt werden.
Z 4.1.1.6
In den Regionalplänen sind Gebiete mit erheblichen Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes als „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ festzulegen und Festlegungen zur Sanierung zu treffen. Gebiete, in denen auf Grund der besonderen Empfindlichkeit eines oder mehrerer Schutzgüter ein hohes Gefährdungsrisiko besteht, sind als „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ festzulegen und Festlegungen zu Art und Umfang der Nutzungen zu treffen.
Landesplanerisch bedeutsame großflächige Schutzgebiete
Z 4.1.1.7
Die Nationalparkregion „Sächsische Schweiz“, das Biosphärenreservat „Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft“/Biosferowy rezerwat „Hornjołužiska hola a haty“, die Naturschutzgebiete „Königsbrücker Heide“ und „Gohrischheide und Elbniederterrasse Zeithain“ mit ihren landesweit bedeutsamen Lebensräumen sind zur Bewahrung und Beförderung schützenswerter Arten- und Lebensgemeinschaften, der biologischen Vielfalt und der kulturlandschaftlichen Bedeutung zu erhalten und zu entwickeln.
Z 4.1.1.8
Die Nationalparkregion „Sächsische Schweiz“ – bestehend aus dem Nationalpark und dem Landschaftsschutzgebiet – ist naturräumlich einheitlich, aber hinsichtlich des Schutzzweckes abgestuft zu einem international anerkannten Großschutzgebiet zu entwickeln. Mit dem Nationalpark und dem Landschaftsschutzgebiet „Sächsische Schweiz“ sind auf sächsischer Seite die Voraussetzungen für eine mit den angrenzenden tschechischen Schutzgebieten Nationalpark „Böhmische Schweiz“ und Landschaftsschutzgebiet „Elbsandsteingebirge“ abgestimmte, grenzüberschreitende Pflege und Entwicklung der Sächsisch-Böhmischen-Schweiz zu schaffen. Das Landschaftsschutzgebiet soll auch Puffer-, Vernetzungs- und Ergänzungsfunktionen für den Nationalpark übernehmen.
Z 4.1.1.9
Das UNESCO-Biosphärenreservat „Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft“/Biosferowy rezerwat „Hornjołužiska hola a haty“ ist mit der schrittweisen Umsetzung der im Rahmenkonzept formulierten Qualitätsziele für umweltverträgliches Wirtschaften als Modellregion nachhaltiger Flächennutzung und regionaler Vermarktungsstrategien weiterzuentwickeln. Die wertvolle Kulturlandschaft des Gebietes mit ihrer mannigfaltigen Flora und Fauna ist zu erhalten, zu entwickeln und weiter in einem international anerkannten Großschutzgebiet zu sichern.
Z 4.1.1.10
Das Naturschutzgebiet „Königsbrücker Heide“ ist als großräumiges Wildnis-Entwicklungsgebiet zu einem international anerkannten Schutzgebiet und sein Umfeld als Naturerlebnisgebiet zu entwickeln. Das Naturschutzgebiet „Gohrischheide und Elbniederterrasse Zeithain“ ist als Kern eines übergreifenden Biotopverbundes im Elbe-Elster-Tiefland zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln. Als großräumig unzerschnittene störungsarme Räume sind diese Gebiete weiterhin für den Erhalt störungsempfindlicher und Raum beanspruchender Arten und langfristig für die Entwicklung vollständiger naturraumtypischer Lebensgemeinschaften zu sichern.
Kulturlandschaftsentwicklung
Karte:
Die Landschaftseinheiten der sächsischen Kulturlandschaft sind in Karte 6 „Landschaftsgliederung“ dargestellt.
Z 4.1.1.11
Die sächsische Kulturlandschaft ist im Rahmen der Regionalentwicklung unter Berücksichtigung der Leitbilder für die Kulturlandschaftsentwicklung zu gestalten. Die Leitbilder für die Kulturlandschaftsentwicklung sind im Rahmen der Regionalplanung für die einzelnen Landschaftseinheiten der sächsischen Kulturlandschaft gemäß Karte 6 aufzustellen.
Kulturlandschaftsschutz
Z 4.1.1.12
In den Regionalplänen sind Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Kulturlandschaftsschutz festzulegen und deren charakteristische Ausprägung zu benennen. Die charakteristische Ausprägung ist entsprechend ihrer räumlichen, geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge zu erhalten, zu pflegen und zu entwickeln.
G 4.1.1.13
Die als Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Kulturlandschaftsschutz festgelegten Bereiche der Kulturlandschaft sollen naturverträglich in das Wander-, Rad- und Reitwegenetz eingebunden werden. Dazu sollen bei dem für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung beziehungsweise die Gewässerunterhaltung erforderlichen Ausbau ländlicher Wege auch Belange der landschaftsbezogenen Erholung berücksichtigt werden.
G 4.1.1.14
Es ist darauf hinzuwirken, dass landschaftsprägende Gehölze und Baumbestände entlang von Straßen, Wegen und Gewässern sowie im Offenland als Flurelemente erhalten, wiederhergestellt oder entsprechend der kulturlandschaftlichen Eigenart neu angelegt werden.
Arten- und Biotopschutz, großräumig übergreifender Biotopverbund
Karten:
Die Gebietskulisse als Suchraum für die Ausweisung eines großräumig übergreifenden Biotopverbundes ist in Karte 7 dargestellt. Das Lebensraumverbundsystem für großräumig lebende Wildtiere mit natürlichem Wanderverhalten ist in Karte 8 dargestellt.
G 4.1.1.15
Zur Sicherung der biologischen Vielfalt und Bewahrung der biologischen Ressourcen des Freistaates Sachsen sind die heimischen Tiere, Pflanzen und Pilze sowie ihre Lebensräume und Lebensgemeinschaften dauerhaft zu erhalten. Für gefährdete oder im Rückgang befindliche Pflanzen-, Pilz- und Tierarten und ihre Lebensgemeinschaften sind durch spezifische Maßnahmen der Biotoppflege, der Wiedereinrichtung von Biotopen und über die Herstellung eines Biotopverbundes die artspezifischen Lebensbedingungen zu verbessern und die ökologischen Wechselwirkungen in Natur und Landschaft zu erhalten oder wiederherzustellen.
Z 4.1.1.16
In den Regionalplänen sind Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Arten- und Biotopschutz festzulegen und ein großräumig übergreifender Biotopverbund zu sichern und als solcher zu kennzeichnen.
G 4.1.1.17
Endgültig stillgelegte Abbaustellen von Steinen, Erden und Erzen sollen neben der Wiedernutzbarmachung in Orientierung an der vorausgegangenen Nutzung auch der Entwicklung von ökologisch wertvollen Sekundärlebensräumen dienen.
G 4.1.1.18
Durch die Sicherung von Gebieten, auf denen dauerhaft eine natürliche Dynamik und ungelenkte Entwicklung zugelassen wird, soll langfristig ein Netz von Naturentwicklungsgebieten (Prozessschutz) aufgebaut und in den großräumig übergreifenden Biotopverbund integriert werden.
G 4.1.1.19
Grundwasserabhängige Landökosysteme sollen erhalten und nach Möglichkeit renaturiert werden. Anthropogen gestörte, aber renaturierbare Moore sollen wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz sowie den Klimaschutz revitalisiert werden, soweit dies mit dem Trinkwasserschutz vereinbar ist.
Begründung zu 4.1.1 Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft
Hinweis:
Die fachplanerischen Inhalte des Landschaftsprogramms, die nicht zur Koordinierung von Raumansprüchen erforderlich oder geeignet sind und die somit nicht durch Ziele und Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können beziehungsweise in der Abstimmung mit anderen Belangen unterlagen, sind dem LEP 2013 gemäß § 6 Abs. 2
SächsNatSchG
als Anhang A 1 beigefügt.
zu Grundsatz 4.1.1.1 und Ziel 4.1.1.2 Große zusammenhängende Freiräume mit geringer Fragmentierung, Zerschneidung und Verlärmung sind eine endliche Ressource. Ihre immer noch voranschreitende Inanspruchnahme durch Siedlungs- und Verkehrsflächen ist im Prinzip irreversibel, da eine Wiederherstellung dieser Räume, wenn überhaupt, nur mit erheblichem Aufwand möglich ist. Neben dem direkten Flächenverbrauch für Wohnen, Verkehr und Gewerbe kommt es zu negativen Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes und zu Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch Barrierewirkung, Verinselung, Verlärmung und Schadstoffemissionen. Insbesondere für Tierarten mit hohem Raumbedarf, Störungsempfindlichkeit und großem Aktionsradius sind große unzerschnittene Lebensräume unabdingbar. In Verbindung mit der Sicherung eines großräumig übergreifenden Biotopverbundes ist der Erhalt dieser Räume eine Voraussetzung für den Individuenaustausch zwischen Populationen und damit den Schutz der natürlichen genetischen Vielfalt. Des Weiteren dienen die unzerschnittenen verkehrsarmen Räume dem Natur- und Landschaftserleben des Menschen und steigern durch die geringe Lärmbelastung und die guten lufthygienischen Bedingungen die Erholungsqualität. Durch ihre geringe Versiegelung sind sie auch bedeutend für einen naturnahen Wasserhaushalt.
Die Festlegung der unzerschnittenen verkehrsarmen Räume (UZVR) konkretisiert den Grundsatz in § 2 Abs. 2 Nr. 2
ROG
und dient der Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt aus dem Jahr 2007.
Die in Karte 5 festgelegten UZVR unterscheiden sich hinsichtlich ihrer naturschutzfachlichen Wertigkeit und damit auch hinsichtlich ihres Schutzbedarfes. Die festgelegten „UZVR mit besonders hoher Wertigkeit für den Arten- und Biotopschutz sowie die landschaftsbezogene Erholung“ erfüllen mindestens eines der folgenden Kriterien:
UZVR-Größe > 100 km²,
UZVR mit Nationalpark-, Naturpark- oder Biosphärenreservatanteil,
FFH-Anteil oder SPA-Anteil > 20 Prozent,
NSG-Anteil > 8 Prozent,
LSG-Anteil > 70 Prozent,
UZVR sind bezüglich der Erholungseignung beziehungsweise des Landschaftsbildes mit hoch oder sehr hoch bewertet.
Für diese Gebiete ist eine Zerschneidung nur zulässig, wenn es sich um ein überregional bedeutsames Vorhaben (zum Beispiel Bundesfern- und Staatsstraßen) handelt und eine raumverträgliche Variante außerhalb des UZVR nicht realisierbar ist. Hier sind insbesondere die ökologischen, sozialen, wirtschaftlichen sowie verkehrlichen Belange abzuwägen. Die UZVR wurden nach der Methode des von der Länderinitiative Kernindikatoren (LIKI) entwickelten bundeseinheitlichen Indikators Landschaftszerschneidung berechnet. Dabei werden als anthropogene Zerschneidungselemente mit Relevanz für Sachsen berücksichtigt:
Straßen ab einer modellierten Verkehrsstärke von 1 000 Kfz/24 h (BAB, Bundes- und Staatsstraßen, Kreisstraßen),
zweigleisige Bahnstrecken und eingleisige elektrifizierte, in Betrieb befindlich,
Ortslagen,
Flughäfen.
Bei Straßen und Bahnlinien werden Tunnel ab einer Länge von 1 000 m als Unterbrechung („Entschneidung“) gewertet. Die UZVR besitzen, unter anderem wegen ihrer geringen Zerschneidung durch Verkehrsachsen, eine hohe Bedeutung für den Biotopverbund (vergleiche auch Begründung zu Ziel 4.1.1.16). Neben der Erhaltung der UZVR ist es daher auch bedeutsam, ihre Anschlüsse und Verbindungen zum Biotopverbundsystem zu erhalten beziehungsweise zu entwickeln.
zu
gt w
zu Grundsatz 4.1.1.5 und Ziel 4.1.1.6 Bei „Sanierungsbedürftigen Bereichen der Landschaft“ handelt es sich um Gebiete, in denen eines oder mehrere Schutzgüter wie Boden, Wasser, Klima, Luft, Pflanzen- und Tierwelt sowie Landschaftsbild beziehungsweise ökologische Raumfunktionen erheblich beeinträchtigt sind. „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ sind Gebiete, in denen auf Grund besonderer naturräumlicher Empfindlichkeiten und den daraus resultierenden Gefährdungsrisiken besondere raumrelevante Anforderungen an Nutzungs- und Bewirtschaftungsformen gestellt werden müssen, um die Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes zu gewährleisten.
Mit dem landesplanerischen Auftrag zur Festlegung dieser Gebiete in den Regionalplänen wird dem Grundsatz § 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG entsprochen: „Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushaltes, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern, oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen.“ Gemäß § 8 Abs. 5 Nr. 2
ROG
sollen Raumordnungspläne Festlegungen zur „Sanierung und Entwicklung von Raumfunktionen“ enthalten.
Als „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ kommen insbesondere in Betracht:
Waldschadensgebiete (vergleiche Z 4.2.2.5),
Waldgebiete, die vor dem Hintergrund des Klimawandels vorrangig umzubauen sind (vergleiche G 4.2.2.4),
Grundwasserkörper und Oberflächenwasserkörper, bei denen die Gefahr besteht, dass sie das Ziel eines guten Zustandes nach §§ 27 und 47 Abs. 1 des
Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts
(
Wasserhaushaltsgesetz
WHG
) vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 734, 741) geändert worden ist, nicht oder nicht fristgemäß erreichen,
regionale Schwerpunkte zur Verbesserung der Gewässerökologie gemäß Z 4.1.2.3,
Bereiche mit Schadstoffanreicherung und Bereiche, die in Hinblick auf den Übergang von Schadstoffen in Schutzgüter, zum Beispiel das Grundwasser oder Nahrungs- und Futtermittel, gefährdet sind,
regional bedeutsame Grundwassersanierungsgebiete gemäß Z 4.1.2.1,
strukturarme Landschaften beziehungsweise Bereiche mit geringer Biotop- und Artenvielfalt (zum Beispiel im zu entwickelnden Lebensraumverbundsystem für großräumig lebende Wildtiere),
entwässerte oder teilabgetorfte Moore,
Gebiete mit besonderer Erosionsgefährdung (wie ackerbaulich genutzte Hangmulden mit reliefbedingter Abflusskonzentration und Steillagen),
lufthygienisch belastete Gebiete,
Siedlungsflächen mit Überwärmungsgefahr,
Gebiete mit großflächigem Rohstoffabbau,
Bereiche mit hohen Versiegelungsgraden und hohen Anteilen brachgefallener Bausubstanz.
Als „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ kommen insbesondere in Betracht:
Gebiete mit hoher bis sehr hoher potenzieller Erosionsgefährdung nach DIN 19708 und DIN 19706,
Gebiete mit geogenen Naturgefahren (Rutsch- und Sturzprozesse von Erd- und Felsmassen sowie Murgänge),
besonders erosionsgefährdete ackerbaulich genutzte Bereiche, die an Gewässer mit Vorkommen gefährdeter Arten (zum Beispiel Flussperlmuschel) angrenzen,
für Schadstoffverlagerung oder Versauerung besonders gefährdete Bereiche,
Bereiche mit besonderen Anforderungen an den Grundwasserschutz, zum Beispiel durch fehlende oder geringe geologische Schutzfunktion (vergleiche Z 4.1.2.1),
Gebiete mit natürlich oberflächennahem Grundwasser (höchster zu erwartender Grundwasserspiegel
Gebiete, die eine Erhaltung und Verbesserung der Wasserrückhaltung besonders erfordern (vergleiche Z 4.1.2.7),
besonders vom Klimawandel betroffene Gebiete, insbesondere solche, in denen Grundwasservorkommen beziehungsweise -speisungsgebiete in Folge des Klimawandels erheblich beeinträchtigt werden können (vergleiche Z 4.1.2.1),
Schwerpunkte der Verbreitung gefährdeter Tier- und Pflanzenarten in Sachsen (Hot-Spots) gemäß Karten A 1.3 und A 1.4 im Anhang A 1, Gebiete mit hohen Anteilen von FFH-Lebensraumtypen und/oder Arthabitaten von Arten des Anhangs II oder IV der FFH-Richtlinie oder Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie,
rekultivierte Deponien, sofern dies zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Oberflächenabdichtungssystems erforderlich ist.
Im Gegensatz zu den Vorranggebieten, die sämtliche dem festgelegten Schutzzweck entgegenstehende Nutzungen ausschließen, handelt es sich hier um einen aktionsorientierten Ansatz für die Regionalentwicklung zur Verbesserung der Umweltqualität. Die Festlegung von „Sanierungsbedürftigen Bereichen der Landschaft“ und von „Bereichen der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ in den Regionalplänen bietet eine gute Voraussetzung für die Planung und Durchführung von konkreten Maßnahmen zur Sanierung und Entwicklung von Gebieten mit bestehenden Beeinträchtigungen beziehungsweise Gefährdungsrisiken von Schutzgütern. Sie sollte durch textliche Festlegungen zur Hinwirkung auf Art und Umfang/Intensität beziehungsweise Beschränkung der Nutzung konkretisiert werden. Die Umsetzung konkreter Maßnahmen kann insbesondere im Rahmen der Regionalentwicklung unter Einbeziehung der betroffenen Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigten erfolgen. Die Erfordernisse der „Sanierungsbedürftigen Bereiche der Landschaft“ und „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ sollen insbesondere bei der Förderung von
flächenbezogenen Agrarumweltmaßnahmen,
Maßnahmen zur Sicherung der natürlichen biologischen Vielfalt,
Maßnahmen zur Verbesserung des Gewässerzustandes,
Maßnahmen des Boden- und Grundwasserschutzes,
Maßnahmen zur Mehrung des Waldes und zum Waldumbau
bevorzugt berücksichtigt werden. Eine Überlagerung dieser Gebiete mit Vorrang- und Vorbehaltsgebieten sowie regionalen Grünzügen und Grünzäsuren ist möglich, soweit deren Zweckbestimmungen mit den Festlegungen zur Sanierung oder den besonderen Nutzungsanforderungen vereinbar sind. Landesplanerisch bedeutsame großflächige Schutzgebiete
zu Ziel 4.1.1.7 bis Ziel 4.1.1.10 Die Nationalparkregion „Sächsische Schweiz“, das Biosphärenreservat „Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft“/Biosferowy rezerwat „Hornjołužiska hola a haty“ und die Naturschutzgebiete „Königsbrücker Heide“ und „Gohrischheide und Elbniederterrasse Zeithain“ sind als Gebiete mit besonders großer Artenvielfalt und Naturnähe für den Schutz der Biologischen Vielfalt von besonderer landesweiter Bedeutung. Entsprechend dem Programm und dem Maßnahmenplan zur Biologischen Vielfalt im Freistaat Sachsen (2009/2010) wird das Management dieser Gebiete auf die Erhaltung komplexer Ökosysteme ausgerichtet. Die Gebiete erfüllen insbesondere folgende ökologische und gesellschaftliche Funktionen:
Erhaltung der biologischen Vielfalt (auch durch einen hohen Anteil an Naturentwicklungsgebieten),
Bereitstellung von Ökosystemdienstleistungen: Regulierung des Wasserhaushaltes, Filter-, Puffer- und Speicherwirkung der Vegetation und des Bodens, Verbesserung der Luftqualität (Reinluftgebiete), Klimaschutz durch Kohlenstoffsenkenfunktion (Beitrag zur Abpufferung des Klimawandels),
nachhaltige Regionalentwicklung (Tourismus und Naturerlebnis, teilweise auch nachhaltige Flächenbewirtschaftung und naturverträglich erzeugte regionale Güter),
Umweltbildung,
Forschung, Umweltbeobachtung,
Vorbildwirkung.
Die Qualität des Managements dieser Schutzgebiete wird nach internationalen (UNESCO, IUCN, EUROPARC) und bundesweiten Kriterien bemessen und repräsentiert den Erfolg der sächsischen Naturschutzpolitik weit über die Grenzen des Freistaates hinaus. Damit sie weiterhin ihre vielfältigen Funktionen erfüllen und neue Herausforderungen auf Grund des Klimawandels und des anhaltenden Verlustes der biologischen Vielfalt bewältigen können, bleibt die Verwaltung dieser Schutzgebiete im Verantwortungsbereich des Landes unverzichtbar.
Nationalparkregion „Sächsische Schweiz“
Die Nationalparkregion, die von Nationalpark und umgebendem Landschaftsschutzgebiet gebildet wird, repräsentiert die einzigartige Erosionslandschaft des Elbsandsteingebirges einschließlich seiner Übergangslagen. Die herausragende Bedeutung des Gebietes ergibt sich aus seiner naturräumlichen Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der außergewöhnlich reichen Ausstattung mit gefährdeten und besonders geschützten Arten und Biotopen. Die Nationalparkregion ist weit über die Landesgrenzen hinaus als bedeutendes Tourismusgebiet für naturliebende Erholungssuchende bekannt. Das Landschaftsschutzgebiet übernimmt gegenüber dem Nationalpark wichtige Zusatzfunktionen. Die Vernetzung und Ergänzung von naturraumtypischen Lebensräumen in dem den Nationalpark umgebenden Landschaftsschutzgebiet dient dazu, eine hohe Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes dauerhaft zu gewährleisten, Verbindungskorridore zwischen beiden Nationalparkteilen zu sichern und das Landschaftsbild zu erhalten. Das Landschaftsschutzgebiet soll auch dazu beitragen, Störwirkungen in den Nationalpark soweit wie möglich zu minimieren. Die einheitliche, wenn auch hinsichtlich des Schutzzweckes abgestufte Entwicklung der Nationalparkregion ist unabdingbare Voraussetzung für den Erhalt der sensiblen Ökosysteme und des besonderen Landschaftscharakters der Sächsischen Schweiz. Die landesplanerische Zielsetzung besteht darin, die Gesamtlandschaft in Abstimmung mit den angrenzenden tschechischen Schutzgebieten Nationalpark „Böhmische Schweiz“ und Landschaftsschutzgebiet „Elbsandsteingebirge“ entsprechend der Management-Kategorie II (Nationalpark) und der Kategorie V (Landschaftsschutzgebiet) nach den Richtlinien der International Union for the Conservation of Nature and Natural Ressources (IUCN) zu pflegen und zu entwickeln.
Biosphärenreservat „Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft“/Biosferowy rezerwat „Hornjołužiska hola a haty“
Seit dem 13. Jahrhundert wurden in der Oberlausitz Teiche zur Fischproduktion angelegt und bewirtschaftet. Durch die kontinuierliche Bewirtschaftung ist eine wertvolle Kulturlandschaft mit vielfältiger und reichhaltiger Biotopausstattung entstanden. Der Begriff des Biosphärenreservates beinhaltet sowohl die Erhaltung der durch die Verbindung von Natur- und Kulturelementen entstandenen außerordentlich wertvollen Flora und Fauna als auch das beispielhafte Vorhandensein naturverträglicher Flächennutzung in Verbindung mit traditionsbezogenen kulturellen Lebensweisen. Die Entwicklung des Biosphärenreservates orientiert sich an den Grundsätzen des UNESCO-Programms „Man and the Biosphere“ (MAB), den dazu formulierten Kriterien der auf nationaler Ebene von den Regierungen berufenen Nationalkomitees und der dem Gebietscharakter entsprechenden Landnutzung als Voraussetzung für die Erhaltung der Naturgüter, der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes sowie der kulturellen Eigenart des Raumes. Wesentliche Grundlagen nachhaltiger Entwicklung sind die Belastungsgrenzen des Naturhaushaltes, die Berücksichtigung des zeitlichen Anpassungsbedarfes natürlicher Systeme und der immer effizientere Umgang mit endlichen Ressourcen. Planungen und Maßnahmen für ein Gebiet müssen sich deshalb daran orientieren, wie belastbar die Region ist, gemessen an der Fähigkeit, auf der Zeitachse unbegrenzt naturhaushaltliche Gratisleistungen zu erbringen. Dieser Ansatz wird für das Biosphärenreservat in einem Rahmenkonzept für alle Wirtschafts- und Lebensbereiche formuliert. Es werden die Ziele, Leitbilder und Wege zur weiteren Entwicklung des Biosphärenreservates bestimmt und räumlich konkretisiert. Das Rahmenkonzept zeichnet eine Entwicklungsstrategie, welche die soziokulturellen, wirtschaftlichen und ökologischen Erfordernisse im Gebiet in Einklang bringen will, wobei das sorbische Kulturgut integraler Bestandteil ist. Es stellt damit den Leitfaden für die Planung im Gebiet dar. Die darin formulierten Qualitätsziele für das Biosphärenreservat sind in der weiteren Planung konkret zu untersetzen und schrittweise umzusetzen. Damit ist das Ziel verbunden, an den Initiativen der Vereinten Nationen innerhalb der dazu gegründeten Sonderorganisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) zur Entwicklung einer nachhaltigen Nutzung sowie der wirksamen Erhaltung der natürlichen Ressourcen der Biosphäre weiter aktiv teilzunehmen und sich den Kriterien für ein international anerkanntes Biosphärenreservat zu stellen.
Naturschutzgebiete „Königsbrücker Heide“ und „Gohrischheide und Elbniederterrasse Zeithain“
Die Truppenübungsplätze Königsbrück und Zeithain wurden im 19./20. Jahrhundert eingerichtet und dabei zwei große Bereiche des nordsächsischen Tieflandes entsiedelt. Nach Aufgabe der militärischen Nutzung sind die siedlungsfreien und weitgehend unzerschnittenen Räume als Naturschutzgebiete ausgewiesen worden. Beide vergleichsweise sehr großen Schutzgebiete sollen als störungsarme Lebensräume für empfindliche und Raum beanspruchende Vogel- und Säugetierarten mit einem bundesweit hohen Gefährdungsstatus gesichert bleiben. Entsprechend ihrer Größe und vielfältigen Naturausstattung sollen beide Schutzgebiete langfristig als repräsentative Beispiele für naturraumtypische und im Artenspektrum weitgehend vollständige Lebensgemeinschaften entwickelt werden. Die „Königsbrücker Heide“ leistet in Sachsen einen landesbedeutsamen Beitrag zum Aufbau eines Netzes von Naturentwicklungsgebieten (Prozessschutz, vergleiche G 4.1.1.18) und zum Erhalt der biologischen Vielfalt. Das landesplanerische Ziel besteht darin, die „Königsbrücker Heide“ im Sinne der IUCN-Managementkategorie Ib als Wildnisentwicklungsgebiet zu schützen und zu entwickeln. Aus Schutz- und Sicherheitsgründen sind und bleiben die Möglichkeiten des Erlebens der freien Naturentwicklung auf früheren Militärflächen eingeschränkt. Deshalb sollen solche Möglichkeiten und Angebote gebietsverträglich im örtlichen Umfeld entwickelt werden. Die Gohrischheide bildet im Agrarraum des Elbe-Elster-Tieflandes die einzige größere Restwaldfläche. Das Waldgebiet ist wegen großer Anteile inneren Offenlandes besonders artenreich. Sein als „Gohrischheide und Elbniederterrasse Zeithain“ geschützter Teil soll vor weiterem Zerschneiden bewahrt und in Verbindung mit dem in Brandenburg angrenzenden Naturschutzgebiet „Gohrische Heide“ als störungsarme Kernfläche des übergreifenden Biotopverbundes gesichert und entwickelt werden.
Kulturlandschaftsentwicklung
zu Ziel 4.1.1.11
Gemäß dem Grundsatz nach § 2 Abs. 2 Nr. 5
ROG
sind Kulturlandschaften zu erhalten und zu entwickeln: „Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln.“ Durch die Leitbilder für die Kulturlandschaftsentwicklung wird auf regionaler Ebene ein Rahmen für die Entwicklung der Kulturlandschaft vorgegeben.
Der Handlungsauftrag zur Erstellung von Leitbildern für die Kulturlandschaftsentwicklung greift § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
SächsNatSchG
auf, der die Erstellung von Leitbildern für Naturräume und Landschaftseinheiten vorsah. Die Aufgaben und Inhalte der Landschaftsplanung richten sich nun nach § 9
BNatSchG
, infolgedessen auch die Verpflichtung besteht, die Erfordernisse und Maßnahmen zur Umsetzung des Zieles „Erhaltung und Entwicklung von Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie des Erholungswertes von Natur und Landschaft“ zu entwickeln und festzulegen. Ein Mittel hierzu ist die Vorgabe von Leitbildern für die Kulturlandschaftsentwicklung. Es empfiehlt sich, diese dem Regionalplan als Anhang beizufügen. Mit der Vorgabe der Abgrenzung der Landschaftseinheiten der sächsischen Kulturlandschaft gemäß Karte 6 soll für die Landschaftsplanung sowie für weitere Planungen und Informationssysteme des Naturschutzes in Sachsen ein einheitlicher räumlicher Bezug ermöglicht werden.
Die Leitbilder für die Kulturlandschaftsentwicklung sind ein übergeordnetes, visionäres Gesamtkonzept für die Kulturlandschaftsentwicklung. Sie orientieren sich an den naturräumlichen Potenzialen, deren Empfindlichkeit und an der besonderen Eigenart der Naturräume, welche sich aus den natürlichen Standortverhältnissen und der kulturhistorischen Entwicklung herleiten. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Nutzungsanforderungen, insbesondere des Tourismus, der Naherholung, der Energie-, Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, sowie der Auswirkungen des demografischen Wandels beinhalten die Leitbilder die Aspekte:
historische Landnutzungsstrukturen und Kulturlandschaftselemente, kulturhistorische Orte und ihre Wechselbeziehung zur Landschaft,
biologische Vielfalt,
Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Landschaft,
Erholungswert der Landschaft.
Kulturlandschaften dienen der Wahrung regionaler und lokaler Identität. Zugleich sind sie ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor, vor allem für den Tourismus. Die Bedeutung der sächsischen Kulturlandschaft über die Grenzen Sachsen hinaus findet auch Ausdruck in der Anerkennung als UNESCO-Weltkulturerbe. Ein Beispiel dafür ist der Fürst-Pückler-Park in Bad Muskau/Mužakow. Weitere Kulturlandschaften, wie die Montanregion Erzgebirge, sind dabei in ihrem Bemühen zu unterstützen. Weiterhin wird auf die Begründung zu G 5.1.5 verwiesen. Insbesondere bei der Aufstellung von Regionalen Entwicklungs- und Handlungskonzepten (REK) sowie von ILEK- für LEADER- und ILE-Räume sind die Leitbilder für die Kulturlandschaftsentwicklung zu einer Grundlage zu machen und in die entsprechenden Handlungsfelder zu integrieren. Soweit die Kulturlandschaftsentwicklung ländliche Teilräume beziehungsweise suburbane Räume (mit überwiegend nicht städtischem Charakter) betrifft, werden die finanziellen Anreize zur Gestaltung der Kulturlandschaft maßgeblich über land- und forstwirtschaftliche Förderprogramme bestimmt.
Kulturlandschaftsschutz
zu Ziel 4.1.1.12 Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Kulturlandschaftsschutz sind insbesondere nach folgenden charakteristischen Ausprägungen auszuwählen:
Bereiche der Landschaft mit regionalen Besonderheiten des Reliefs,
Bereiche der Landschaft mit kleinräumiger Nutzungsvielfalt,
Bereiche der Landschaft mit regionstypischen landschaftsstrukturierenden Elementen,
Bereiche der Landschaft mit besonderer Prägung durch naturnahe Fließgewässer und stehende Gewässer (insbesondere die sächsischen Teichlandschaften – auch zur Erhaltung der sächsischen Fischereiwirtschaft),
Bereiche der Landschaft im bildbedeutsamen Umfeld bedeutender historischer Siedlungsstrukturen sowie historischer Anlagen,
Bereiche der Landschaft mit besonderer Prägung durch historische Kulturlandschaftselemente (zum Beispiel charakteristische Flurformen, insbesondere die durch den Weinbau geprägten Elbhänge, gut erhaltene regionstypische Siedlungsstrukturen, Steinriegel, Bergmähwiesen, Bergbauzeugen, landschaftsprägende archäologische Denkmäler),
Bereiche der Landschaft von hohem landschaftsästhetischem Wert,
Bereiche der Landschaft mit abwechslungsreich strukturierten Waldgebieten sowie naturnahen Wäldern mit hoher Erlebniswirksamkeit.
Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die Auswirkungen auf das Landschaftsbild haben können, sind die für die Ausweisung des jeweiligen Gebietes zu Grunde gelegten Kriterien zur Beurteilung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung des Gebietes, heranzuziehen. Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Kulturlandschaftsschutz können sich bei entsprechender Eignung mit anderen Vorrang- und Vorbehaltsausweisungen überlagern (zum Beispiel Arten- und Biotopschutz, Waldmehrung, Schutz des vorhandenen Waldes, Landwirtschaft, vorbeugender Hochwasserschutz).
zu Grundsatz 4.1.1.13 Raumordnerisch gesicherte Gebiete, in denen die Kulturlandschaft auf Grund ihrer natürlichen Ausstattung beziehungsweise ihrer kulturhistorischen Entwicklung eine besonders charakteristische Prägung besitzt, eignen sich dadurch für die landschaftsbezogene Erholung. Dies setzt jedoch eine geeignete Erschließung durch das Wander-, Rad- und Reitwegenetz voraus. Im Interesse der Flächenverbrauchsminderung soll dazu die Multifunktionalität des historischen Wegenetzes aufrechterhalten und fortgeführt werden.
zu Ziel 4.1.1.14 Landschaftsprägende Gehölze und Baumbestände entlang von Straßen, Wegen und Gewässern sowie im Offenland sind ein charakteristisches Merkmal der sächsischen Kulturlandschaft. Sie erfüllen zahlreiche Funktionen wie:
Lebensraum und Nahrungshabitat für die Tierwelt,
Beitrag zur Gewährleistung des Biotopverbundes und der Biotopvernetzung,
Orientierung in der Landschaft,
Schutz des Verkehrs vor Schnee, Hitze und Staub,
Schutz der Uferbereiche an Gewässern vor Erosion,
Verbesserung des Mikroklimas,
Beschattung von Gewässern,
Schutz des Bodens vor Wind- und Wassererosion.
Die Entwicklung der Gehölze soll sich an der kulturlandschaftlichen Eigenart sowie an den Erfordernissen der Biotopvernetzung, der Entwicklung der Gewässerstrukturgüte und des Erosionsschutzes orientieren. Erfordernisse des Hochwasserschutzes sind zu beachten und die Funktionsfähigkeit von Drainagen zu gewährleisten. Unterhaltungsaspekte besonders an Gewässern sind bei der Planung zu berücksichtigen. Gemäß Z 4.1.1.12 können geeignete lineare Landschaftsstrukturen über das Kriterium „Bereiche der Landschaft mit regionstypischen landschaftsstrukturierenden Elementen“ in den Regionalplänen als Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Kulturlandschaftsschutz gesichert werden. Gebiete, in denen landschaftsprägende Gehölze wiederhergestellt oder neu angelegt werden sollen, können gemäß Z 4.1.1.6 als „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ (strukturarme Landschaften) in den Regionalplänen festgelegt werden. Darüber hinaus richtet sich der Entwicklungsauftrag an die Flurbereinigung und die Landschaftsplanung. Das Ziel gilt nicht, soweit Maßnahmen der Funktionssicherung an Anlagen des technischen Hochwasserschutzes betroffen sind.
Arten- und Biotopschutz, großräumig übergreifender Biotopverbund
zu Grundsatz 4.1.1.15 und Ziel 4.1.1.16 Vor allem in den letzten Jahrzehnten ist zu beobachten, dass durch die Einflüsse des Menschen immer mehr wild wachsende Pflanzen-, Pilz- und wild lebende Tierarten im Verschwinden begriffen sind oder bereits als ausgestorben gelten müssen. Damit verliert die Natur einen wichtigen Teil ihrer Vielfalt und es geht bedeutendes genetisches Potenzial unwiederbringlich verloren. Die heimischen Tiere, Pflanzen und Pilze können nur dann dauerhaft erhalten werden, wenn ihre Lebensräume gesichert beziehungsweise so weit wie möglich wieder hergestellt werden und ein Austausch zwischen den verschiedenen Populationen von Tieren und Pflanzen ermöglicht wird. Die raumordnerische Sicherung wertvoller Lebensräume der Pflanzen- und Tierarten erfolgt durch Festlegung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Arten- und Biotopschutz im Rahmen der Regionalplanung. Für die Festlegung als Vorranggebiete Arten- und Biotopschutz kommen insbesondere Flächen in folgenden Gebieten in Betracht:
Nationalparks,
Naturschutzgebiete und dafür geeignete schutzbedürftige Flächen,
folgende Gebiete, die als landesweit bedeutsam gelten: die Trockenhänge bei Lommatzsch, das Gimmlitztal oberhalb Talsperre Lichtenberg, die Elstersteilhänge unterhalb Plauen, die Neißeaue unterhalb Görlitz/Zhorjelc, der Dresdener Heller, die Weinske und Alte Elbe Elsnig, die Scheibenberger Heide, Hohwald und Valtenberg, das Bobritzschtal unterhalb Naundorf und die Meuschaer Höhe,
Flächennaturdenkmale,
Bereiche (Zonen) innerhalb von Biosphärenreservaten, Naturparken oder großflächigen Landschaftsschutzgebieten, welche eine besonders wertvolle Naturausstattung aufweisen,
Gebiete, in denen Naturschutzgroßprojekte durchgeführt wurden, geplant sind oder realisiert werden,
Lebensräume und Vorkommen von Arten, die einen besonderen europäischen Schutzstatus gemäß der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie-Richtlinie (Anhänge I, II und IV) und der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie) (ABl. L 20 vom 26.1.2012, S. 7), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2013/17/EU vom 13. Mai 2013 (ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 193), genießen,
Gebiete des Netzes Natura 2000 oder Teile von ihnen sowie Verbindungsflächen zwischen diesen Gebieten,
Flächen mit landesweiter oder regionaler Bedeutung für den Biotopverbund im Sinne des § 21
BNatSchG
,
Komplexe kleinflächiger geschützter oder sonstiger hochwertiger Lebensräume von regionaler Bedeutung (zum Beispiel nach § 30
BNatSchG
oder § 21
SächsNatSchG
besonders geschützte Biotope beziehungsweise Biotopkomplexe, wie Heidekomplexe, Trockenrasen- und Magerrasenkomplexe, Streuobstwiesenkomplexe, Feuchtbiotopkomplexe),
Flächen, die für die Lebensraumerhaltung und -entwicklung stark gefährdeter oder vom Aussterben bedrohter Arten von mindestens regionaler Bedeutung sind,
neu entstandene sowie durch Sukzession oder Maßnahmen der Landschaftspflege sich entwickelnde seltene Lebensräume in degradierten, stark beeinträchtigten oder veränderten Landschaften, insbesondere Flächen der Bergbaufolgelandschaft der Braunkohle und naturschutzfachlich bedeutsame Bergbaurestseen,
naturnahe und renaturierbare Moore und Feuchtgebiete (Suchräume vergleiche Karte A 1.2 im Anhang A 1),
ausgewählte unzerschnittene verkehrsarme Räume (UZVR) von hoher Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz gemäß Z 4.1.1.2,
geeignete Flächen von Flächenpoolkonzeptionen,
Schwerpunkte der Verbreitung gefährdeter Tier-/Pflanzenarten in Sachsen (Hot-Spots) gemäß Karten A 1.3, A 1.4 im Anhang A 1,
Bereiche der Landschaft von besonders hoher Naturnähe (Naturentwicklungsgebiete, natürliche und naturnahe Fließgewässer einschließlich der Quellbereiche, Auen und Gewässerrandstreifen, großflächig naturnahe Waldkomplexe gemäß Karte A 1.5 im Anhang A 1 sowie Flächen mit der Stufe oligohemerob in der Karte „Hemerobie“ (www.umwelt. sachsen.de/umwelt/natur/26261.htm), zusätzlich die Stufe mesohemerob für stehende Gewässer, Moore und Sümpfe, Grünland und Ruderalfluren, gewässerbegleitende Vegetation, Magerrasen/Felsfluren/Zwergstrauchheiden),
besonders naturnahe Teiche oder Teichkomplexe, die eine sehr hohe Bedeutung für die Biodiversität besitzen
Für eine Festlegung als Vorbehaltsgebiete Arten- und Biotopschutz kommen insbesondere in Betracht:
geeignete Verbindungs- und Entwicklungsflächen für den Biotopverbund im Sinne des § 21
BNatSchG
, soweit sie nicht als Vorranggebiete festgelegt werden,
Biosphärenreservate, Naturparks und Landschaftsschutzgebiete, soweit nicht als Vorranggebiete ausgewiesen,
Pufferzonen um Vorranggebiete Arten- und Biotopschutz,
Gebiete mit regionaler Bedeutung für den Artenschutz (zum Beispiel ausgewählte Zugvogelrastplätze),
unzerschnittene verkehrsarme Räume (Karte 5) oder Teilbereiche solcher Räume, soweit sie nicht als Vorranggebiete festgelegt werden,
Flächen des Lebensraumverbundsystems für großräumig lebende Wildtiere, soweit sie nicht bereits als Vorranggebiete Arten- und Biotopschutz festgelegt sind.
Die Umsetzung eines großräumig übergreifenden Biotopverbundes und damit die Wiedervernetzung von Lebensräumen leistet einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität in Sachsen (und darüber hinaus) und trägt zur Verbesserung des Zusammenhanges des Natura 2000-Netzes bei. Ein funktionierender Biotopverbund wird zukünftig vor dem Hintergrund zu erwartender Verschiebungen und Veränderungen der Lebensräume auf Grund des Klimawandels für viele Arten die unabdingbare Voraussetzung sein, um durch Wanderung und Neubesiedlung von Biotopen beziehungsweise Ökosystemen auf die Veränderungen reagieren zu können.
Die Festlegungen zum Biotopverbund konkretisieren die Grundsätze in § 2 Abs. 2 Nr. 2 und 6
ROG
, dass ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen und den Erfordernissen des Biotopverbundes Rechnung zu tragen ist, und leisten einen Beitrag zur Umsetzung der „Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt“ sowie des Programms und Maßnahmenplanes des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft zur Biologischen Vielfalt im Freistaat Sachsen (2009/2010).
Mit der in Karte 7 dargestellten Gebietskulisse liegt ein unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten erarbeitetes funktional zusammenhängendes Netz ökologisch bedeutsamer Räume zur Überwindung der Isolation von Arten, Biotopen oder ganzer Ökosysteme vor. Die innerhalb dieser Gebietskulisse ermittelten Kernbereiche mit landesweiter Bedeutung für den Biotopverbund (vergleiche Karte im Fachbeitrag zum Landschaftsprogramm und Ausführungen im Anhang A 1) weisen im Wesentlichen bereits eine standortgemäße Biotopausstattung auf, die es zu erhalten gilt. Unter anderem aus den in der Gebietskulisse dargestellten Gebieten sind im Rahmen der Landschaftsrahmenplanung für den Aufbau des Biotopverbundes weitere geeignete, regional bedeutsame Verbindungsflächen sowie erforderliche Entwicklungsflächen für den Biotopverbund so auszuwählen und raumordnerisch zu sichern, dass ein Austausch zwischen den bedeutsamen Lebensräumen und ihren Lebensgemeinschaften ermöglicht wird (vergleiche Anhang A 1). Dabei ist auch Karte 8 „Lebensraumverbundsystem für großräumig lebende Wildtiere mit natürlichem Wanderverhalten“ zu Grunde zu legen. Für die Leitarten Rothirsch, Luchs, Wolf und Wildkatze als großräumig lebende und wandernde Arten ist es erforderlich, ihre Lebensräume beziehungsweise potenzielle Lebensräume sowie die Wanderkorridore zu sichern, um langfristig den für die Erhaltung der biologischen Vielfalt erforderlichen genetischen Austausch zu gewährleisten. Der Biotopverbund ist durch die Einbindung weiterer, außerhalb der Gebietskulissen liegender und regional bedeutsamer Gebiete mit Biotopverbundfunktion beziehungsweise mit Entwicklungspotenzial für die Übernahme von Funktionen im Biotopverbund zu ergänzen. Dabei sind infrastrukturelle Entwicklungserfordernisse zu berücksichtigen. Zur Gewährleistung der Durchgängigkeit des Biotopverbundes ist bei der Festlegung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Arten- und Biotopschutz auf eine regions- und länderübergreifende Passfähigkeit zu achten. Durch die Träger der Regionalplanung sind entsprechende Abstimmungen zu führen.
Um innerhalb der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Arten- und Biotopschutz die Gebiete mit Verbundfunktion des Biotopverbundes im Sinne des § 21
BNatSchG
identifizieren zu können, sind diese in den Regionalplänen zu kennzeichnen.
Regionale Grünzüge und Vorrang-/Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft, Waldmehrung oder zum Schutz des vorhandenen Waldes oder Kulturlandschaftsschutz können sich bei Eignung mit Vorrang-/Vorbehaltsgebieten Arten- und Biotopschutz überlagern. Durch diese Überlagerung werden die multifunktionale Nutzung des Waldes (ordnungsgemäße Forstwirtschaft) auf gegenwärtig bestehenden Flächen sowie die derzeit bestehende Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen nicht eingeschränkt. Weiterhin können sich geeignete Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für den vorbeugenden Hochwasserschutz (Retentionsraum) und Vorranggebiete Wasserversorgung mit Vorrang-/Vorbehaltsgebieten Arten- und Biotopschutz überlagern, sofern keine Konflikte absehbar beziehungsweise diese durch Konfliktregelungen lösbar sind.
zu Grundsatz 4.1.1.17 Sekundärlebensräume sind Ausweich- und Ersatzstandorte für seltene und gefährdete Arten- und Lebensgemeinschaften und insbesondere in strukturarmen Agrarlandschaften bedeutsam. Sie weisen extreme und seltene Standortverhältnisse auf. Charakteristisch sind unter anderem nährstoffarme Rohböden und oligotrophe Gewässer. Auf diese speziellen Verhältnisse angewiesene Tier- und Pflanzenarten treten in den nivellierten und eutrophierten Landschaften sowohl in Sachsen als auch bundesweit außerhalb der ehemaligen Bergbaugebiete zumeist nur als Relikte auf, sofern sie noch nicht ausgestorben sind. In der Bergbaufolgelandschaft finden einige von ihnen geeignete bis optimale Lebensbedingungen. Dazu zählen Pionierarten offener Rohböden, Arten mit Teillebensräumen in oligotrophen Flachgewässern, Bewohner von Felspartien und Steilufern, aber auch Leitarten unterschiedlicher Sukzessionsstadien. Auch einige Hinterlassenschaften des Erzbergbaus wie Pingen, schwermetallhaltige Halden und Stollen können Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz entfalten (zum Beispiel Schwermetallvegetation auf Halden, Stollen als Fledermausquartiere) und sollten mit Rücksicht auf diese Potenziale genutzt und entwickelt werden. Der Anteil von Rote-Liste-Arten ist in solchen Gebieten oft besonders hoch. Die Erhaltung der Lebensräume gefährdeter Tier- und Pflanzenarten dient der Sicherung der biologischen Vielfalt (Biodiversität) und einer Bewahrung der genetischen Ressourcen. Neben der Rekultivierung als Voraussetzung für einen naturraumtypischen leistungsfähigen Naturhaushalt mit positiven Auswirkungen auf das Lokalklima und den Wasserhaushalt und einer möglichen Entwicklung in Orientierung an der dem Rohstoffabbau vorangegangenen Nutzung soll daher auf den Flächen mit besonderer Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz auch die Entwicklung von ökologisch wertvollen Sekundärlebensräumen möglich bleiben.
zu Grundsatz 4.1.1.18 Lebensräume, in denen eine ungelenkte, das heißt von menschlichen Zielsetzungen und Zweckbestimmungen freie Entwicklung ablaufen kann, sind aus unserer heutigen Landschaft nahezu verschwunden. Dies wird besonders deutlich an Bächen und Flüssen, an denen keine natürlichen dynamischen Veränderungen mehr ablaufen können. Natürliche ungestörte Prozesse sind jedoch für viele Arten und Lebensgemeinschaften und damit zur Erhaltung der natürlichen biologischen Vielfalt besonders bedeutsam. Die „Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt“ der Bundesregierung sieht daher vor, bis zum Jahr 2020 auf mindestens 2 Prozent der Landfläche Deutschlands „Wildnisgebiete“ zu etablieren, in denen sich die Natur wieder nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten entwickelt. Entsprechend dem Programm zur Biologischen Vielfalt im Freistaat Sachsen (2009) soll auf ausgewählten Flächen unterschiedlicher Standortbedingungen (einschließlich anthropogener Standorte) der natürlichen Entwicklung Vorrang eingeräumt werden. Bisher ist dies in Sachsen insbesondere in Teilen des Nationalparks „Sächsische Schweiz“ (5 027 ha, Zielstellung rund 7 100 ha bis zum Jahr 2030), des Biosphärenreservates „Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft“/Biosferowy rezerwat „Hornjołužiska hola a haty“ (1 125 ha in mehreren Teilflächen), der Naturschutzgebiete „Königsbrücker Heide“ (5 063 ha) und „Gohrischheide und Elbniederterrasse Zeithain“ (454 ha) sowie einiger weiterer Naturschutzgebiete mit sogenannten Totalreservatsflächen möglich. Von den 5 700 ha des Nationalen Naturerbes der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in Sachsen werden bisher 1 170 ha Waldflächen nicht mehr bewirtschaftet. Bei kleinen und mittelgroßen Naturentwicklungsgebieten (10 bis 1 000 ha) bestehen deutliche Defizite bezüglich Anzahl, Fläche und räumlicher Verteilung, allerdings naturräumlich unterschiedlich. In fast der Hälfte der Naturräume Sachsens findet momentan gar kein Prozessschutz statt. Als weitere Naturentwicklungsgebiete sollen Flächen mit unterschiedlichen ökologischen Standortbedingungen und Ausgangssituationen gesichert werden, deren Rahmenbedingungen geeignet sind oder soweit wieder hergestellt werden können, dass zukünftig natürliche oder naturnahe Entwicklungsprozesse ablaufen können und in denen keine erheblichen Störungen durch Siedlungen oder Infrastrukturen bestehen. Hierfür kommen insbesondere Teile ehemaliger Truppenübungsplätze und Bergbaufolgelandschaften, Flussauen oder Moore in Betracht. In diesem Zusammenhang soll geprüft werden, ob auch ausgewählte Seen unter Beachtung des Fischereigesetzes für den Freistaat Sachsen (Sächsisches Fischereigesetz –
SächsFischG
) vom 9. Juli 2007 (SächsGVBl. S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. April 2012 (SächsGVBl. S. 254), ausschließlich naturschutzfachlichen Zielen gewidmet und der Eigenentwicklung überlassen werden können. Die Sicherung der Naturentwicklungsgebiete kann durch das Naturschutzrecht (Totalreservate in Schutzgebieten, insbesondere in NSG), das Waldgesetz für den Freistaat Sachsen (
SächsWaldG
) vom 10. April 1992 (SächsGVBl. S. 137), zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 6. Juni 2013 (SächsGVBl. S. 451, 469) (Naturwaldzellen) und vorsorgend durch die Ausweisung von Vorranggebieten im Regionalplan erfolgen. Das Ziel der Sicherung von Naturentwicklungsgebieten sind Landschaften, die das Spektrum unterschiedlicher Sukzessionsstadien mit ihren vielfältigen Artenzusammensetzungen aufweisen, wobei auf Grund der Dynamik die tatsächliche Entwicklung nicht immer genau vorhersehbar ist. Um die notwendigen Wanderungsbewegungen von Arten zu ermöglichen, sind die Naturentwicklungsgebiete in den großräumig übergreifenden Biotopverbund einzubinden. Neben dem Beitrag zur Erhaltung der biologischen Vielfalt dienen die Naturentwicklungsgebiete als wichtige Untersuchungsräume für wissenschaftliche Studien und bieten als Gegenpol zur Kulturlandschaft die Möglichkeit, natürliche oder anthropogen ausgelöste Prozesse besser zu erkennen. Soweit konfliktfrei möglich, soll ungelenkte Naturentwicklung für die Allgemeinheit erlebbar werden. Nirgendwo sonst ist Wissen um ökosystemare Zusammenhänge so gut vermittelbar. Darüber hinaus können Naturentwicklungsgebiete als Orte unverfälschter Naturerfahrung in besonderer Weise der Erholung dienen.
zu Grundsatz 4.1.1.19 Von oberflächennahem Grundwasser abhängige Landökosysteme wie Moore, Sümpfe, Auen und andere Feuchtgebiete weisen einen hohen Anteil an speziell angepassten Arten der Feucht- und Nassbiotope, insbesondere auch zahlreiche gefährdete Arten, auf. Sie sind deshalb sehr bedeutsam für den Schutz der Biodiversität. Diese Lebensräume sind aber auch besonders empfindlich gegen schädliche Stoffeinträge und übermäßige Wasserentnahmen, sodass der Erhalt beziehungsweise die Verbesserung der relevanten Standortbedingungen, wie Wasserregime, -menge und -beschaffenheit, erforderlich ist. Es gibt in Sachsen bei einer Gesamtfläche an Moorkomplexen von circa 47 000 ha kaum noch naturnahe und nur noch sehr wenige Moore, in denen in größeren Teilbereichen ein anhaltendes Torfwachstum auftritt (vergleiche Anhang A 1 „Fachplanerische Inhalte des Landschaftsprogramms“, Kapitel 2.2.2.1). Diese wenigen naturnahen Moore haben eine Refugialfunktion für „Schlüsselarten“, die torfbildend und damit für die Funktionalität der Moore unerlässlich sind. Ihre Erhaltung und naturnahe Entwicklung ist prioritär. Der defizitäre Moorzustand bedeutet im Umkehrschluss, dass ein erhebliches Flächenpotenzial zur Renaturierung (Erhöhung der Naturnähe) und Revitalisierung („Wiederbelebung“, Initiierung von Torfwachstum) unter anderem durch Maßnahmen der Wiedervernässung gegeben ist. Diese Maßnahmen sind mit hoher Dringlichkeit umzusetzen. Dabei sind die Belange der Trinkwasserqualität zu berücksichtigen. Eine Renaturierung von Mooren im Einzugsgebiet von Trinkwassergewinnungsanlagen ist nur vertretbar, wenn es zu keinem zusätzlichen und für die Trinkwassergewinnung bedeutsamen Eintrag von Huminstoffen kommen kann. Um dem Anliegen der Moorrenaturierung Rechnung tragen zu können, sind daher weitere Untersuchungen zu den Wirkzusammenhängen erforderlich. Grundwasserabhängige Ökosysteme inklusive der Moore haben eine große Bedeutung für den Klimaschutz, da sie auf Grund ihrer hohen Kohlenstoffbindungs- und Speicherfähigkeit natürliche Kohlenstoffsenken darstellen. So werden durch Maßnahmen zur Revitalisierung anthropogen gestörter, aber renaturierbarer Moorbereiche hohe Synergiewirkungen erreicht. Für diese Bereiche kommt eine vorsorgliche Sicherung durch die Regionalplanung als „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ in Betracht (vergleiche Begründung zu Z 4.1.1.6).
4.1.2
Grundwasser-, Oberflächenwasser-, Hochwasserschutz
Grund- und Oberflächenwasserschutz
Z 4.1.2.1
In den Regionalplänen sind,
regional bedeutsame Grundwassersanierungsgebiete als „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“,
Gebiete mit hoher geologisch bedingter Grundwassergefährdung und Gebiete, in denen Grundwasservorkommen durch die Folgen des Klimawandels erheblich beeinträchtigt werden können, als „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“
festzulegen. Auf angemessene Nutzungen, die das Fehlen geologischer Schutzfunktionen sowie die klimawandelbedingte Reduzierung der Grundwasserneubildung berücksichtigen, ist hinzuwirken.
Z 4.1.2.2
Die Nutzung der Elbe als Bundeswasserstraße ist im bisherigen Rahmen ohne weitere Ausbauten im Freistaat Sachsen zu gewährleisten. Maßnahmen zur Erhaltung der Schifffahrtsbedingungen auf der Elbe sollen unter Beachtung der ökologischen und wasserwirtschaftlichen Funktionen geführt werden. Der Bau von Staustufen ist nicht vorzusehen.
Z 4.1.2.3
Zur Verbesserung der Gewässerökologie sind verrohrte oder anderweitig naturfern ausgebaute Fließgewässer beziehungsweise Fließgewässerabschnitte und Quellbereiche, sofern deren Ausbauzustand nicht durch besondere Nutzungsansprüche gerechtfertigt ist, zu öffnen und naturnah zu gestalten. Ihre Durchgängigkeit ist herzustellen. Hierzu sind in den Regionalplänen regionale Schwerpunkte als „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ festzulegen.
G 4.1.2.4
Bei der Erschließung von Siedlungs- und Verkehrsflächen sollen zur Verbesserung des Wasserhaushaltes (Grundwasserneubildung) und der Verringerung von Hochwasserspitzen verstärkt Maßnahmen der naturnahen Oberflächenentwässerung umgesetzt werden.
Z 4.1.2.5
Durch die Festlegung in den Regionalplänen von „Sanierungsbedürftigen Bereichen der Landschaft“ und „Bereichen der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ sowie Vorrang- und Vorbehaltsgebieten, insbesondere für die Sicherung der öffentlichen Wasserversorgung und den großräumig übergreifenden Biotopverbund, ist die Umsetzung der Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne für die Flussgebietseinheiten zu unterstützen.
Vorbeugender Hochwasserschutz
G 4.1.2.6
Der Hochwasserschutz soll in den Flusseinzugsgebieten Sachsens – auch grenzübergreifend – abgestimmt sowie durch eine effektive Kombination von Maßnahmen der Eigenvorsorge der potenziell Betroffenen und weiteren Maßnahmen des vorbeugenden Hochwasserschutzes gewährleistet werden. Hierzu sollen weitgehend das natürliche Wasserrückhaltevermögen genutzt, ein uneingeengter, gefahr- und schadloser Hochwasserabfluss, insbesondere in Siedlungsbereichen, gewährleistet sowie gefährdete Bereiche von Besiedlung frei gehalten werden. Soweit dies nicht ausreicht, um Menschen, Infrastruktur oder bedeutende Sachwerte in vorhandenen Siedlungsbereichen vor Hochwasser zu schützen, sollen ergänzend Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes getroffen werden.
Z 4.1.2.7
In den Regionalplänen sind Gebiete, die auf Grund potenziell starker Oberflächenabflüsse eine Erhaltung und Verbesserung der Wasserrückhaltung besonders erfordern, als „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ festzulegen. Diese Festlegung ist durch weitere Festlegungen, die auch der Wasserrückhaltung dienen, wie Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Waldmehrung, zum Schutz des vorhandenen Waldes oder Arten- und Biotopschutz sowie regionale Grünzüge, zu ergänzen.
G 4.1.2.8
Raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, die nicht außerhalb der potenziellen Ausbreitungsbereiche der Flüsse (Flussauen) realisiert werden können, sollen so gestaltet werden, dass Schäden durch Hochwasser nicht eintreten oder zumindest so gering wie möglich gehalten werden.
Z 4.1.2.9
In den Regionalplänen sind Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für den vorbeugenden Hochwasserschutz,
für vorhandene und rückgewinnbare Überschwemmungsbereiche zur Gewährleistung und Verbesserung der natürlichen Wasserrückhaltung in der Fläche (Retentionsraum) und,
für Risikobereiche in potenziellen Überflutungsbereichen, die bei Versagen bestehender Hochwasserschutzeinrichtungen oder Extremhochwasser überschwemmt werden können, zur Minimierung möglicher Schäden (Hochwasservorsorge)
sowie Art und Umfang der Nutzungen in diesen Gebieten festzulegen. Durch diese Festlegungen ist die Umsetzung der Hochwasserrisikomanagementpläne zu unterstützen.
Z 4.1.2.10
In den Regionalplänen sind Vorrang- und Vorbehaltsstandorte für Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes, wie Standorte für Talsperren, Hochwasserrückhaltebecken, Polder und linienhafte Hochwasserschutzanlagen, festzulegen.
Z 4.1.2.11
Die Entsorgungssicherheit von Abfällen im Falle von Hochwasserkatastrophenfällen ist zu gewährleisten.
Begründung zu 4.1.2 Grundwasser-, Oberflächenwasser-, Hochwasserschutz
Grund- und Oberflächenwasserschutz
zu Ziel 4.1.2.1 Der vorsorgende Grundwasserschutz orientiert sich landesweit am Besorgnisgrundsatz. Belastungen des Grundwassers und seiner Deckschichten sind zu vermeiden (Verschlechterungsverbot). Gebiete mit hoher Grundwassergefährdung liegen vor, wenn die Deckschichten auf Grund geringer Mächtigkeit beziehungsweise ihrer geologischen Eigenschaften eine nur geringe Schutzwirkung für das Grundwasser aufweisen. Aus diesen Gründen bedarf es hier der erhöhten Achtsamkeit gegenüber gefährdenden Nutzungen. Im Sinne des nachsorgenden Grundwasserschutzes sind Grundwasserschäden unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit so weit wie möglich zu sanieren. Grundwasserschäden sind entsprechend ihrem Gefährdungspotenzial zu beseitigen, Defizite auszugleichen. Vorrangig saniert werden sollen:
Einzugsgebiete bedeutsamer Wassergewinnungsanlagen der öffentlichen Wasserversorgung,
Einzugsgebiete anderer bedeutender Grundwassernutzungen,
mengenmäßige und chemische Belastungen in allen Grundwasserkörpern, für die die Gefahr besteht, den guten Zustand gemäß § 47
WHG
(in Umsetzung von Artikel 4 Abs. 1 Buchst. b WRRL) nicht oder nicht fristgemäß zu erreichen,
durch ehemaligen Braunkohlenbergbau beeinflusstes Grundwasser, insbesondere Grundwasserabsenkungsgebiete,
durch Uranbergbau (Wismut) und Altlasten beeinflusstes Grundwasser,
durch ehemaligen Steinkohlenbergbau beeinflusstes Grundwasser.
Ein Grundwasserschaden liegt vor, wenn auf Grund anthropogenen Stoffeintrages und/oder (anthropogen bedingten) Grundwasserwiederanstiegs die Stoffgehalte die Geringfügigkeitsschwelle „nicht nur kleinräumig“ übersteigen (erhebliche Verunreinigungen). Grundwasser kann als geringfügig verunreinigt eingestuft werden, wenn trotz einer Erhöhung der Stoffgehalte gegenüber den geogenen Hintergrundwerten und unabhängig von der tatsächlichen Nutzungssituation
im oder durch das Grundwasser keine relevanten toxikologischen Wirkungen auftreten können und
im Grundwasser die Schwellenwerte nach Anlage 2 zur Verordnung zum Schutz des Grundwassers (
Grundwasserverordnung
GrwV
) vom 9. November 2010 (BGBl. I S. 1513) und die Geringfügigkeitsschwellen der Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser eingehalten werden.
Die prognostizierten Auswirkungen des Klimawandels in Sachsen lassen erwarten, dass in einigen Regionen die Grundwasservorkommen beeinträchtigt werden. Vulnerabilitätsanalysen in den Planungsregionen Westsachsen und Oberlausitz-Niederschlesien/Hornja Łužica-Delnja Šleska belegen die Empfindlichkeit ausgewählter Vorkommen gegenüber den Folgen des Klimawandels. Klimabedingte Beeinträchtigungen der Grundwasservorkommen ziehen Veränderungen des Naturhaushaltes nach sich, die ihrerseits eine Anpassung von Landnutzungen erfordern werden. In Umsetzung der Wasserrechtsrahmenrichtlinie wurden 2009 für die Flussgebietseinheiten Bewirtschaftungspläne aufgestellt mit dem Ziel, für das Grundwasser bis spätestens Ende 2015 einen guten chemischen Zustand (Trendumkehr und Grenzwerte) und mengenmäßigen Zustand (Gleichgewicht zwischen Neubildung und Entnahme) zu erreichen. Signifikante und anhaltende Trends bei der Verschmutzung des Grundwassers sind umzukehren. Das Prinzip der einzugsgebietsbezogenen Betrachtung ist für alle raumrelevanten Maßnahmen und Planungen zu beachten. Einen wesentlichen Beitrag zur einzugsgebietsweisen Betrachtung bis zur unteren Ebene, auch unter Berücksichtigung des Klimawandels, haben die Bauleitplanung einschließlich Landschaftsplanung, die Flurneuordnung und weitere Fachplanungen zu leisten. Die Regionalplanung setzt durch die Festlegung von „Sanierungsbedürftigen Bereichen der Landschaft“ und „Bereichen der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ entsprechend Ziel 4.1.1.6 räumliche Schwerpunkte für die Umsetzung konkreter Maßnahmen und angepasster Bewirtschaftungsformen. Die sich daraus ergebenden Lösungsansätze sind im Rahmen der Fachplanung auf zeitliche und wirtschaftliche Machbarkeit zu prüfen. Die technischen und landwirtschaftlichen Maßnahmen sind derart zu gestalten, dass sie in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen lang- und kurzfristigen Kosten stehen. Um eine Rekultivierung der „Sanierungsbedürftigen Bereiche der Landschaft“ zu gewährleisten, ist auf eine ausgeglichene Verwendung der Mittel und der Schwerpunktsetzung zu achten.
zu Ziel 4.1.2.2 Die Nutzung der Elbe soll durch Unterhaltungsmaßnahmen im bisherigen Rahmen gewährleistet werden. Darüber hinausgehende Maßnahmen haben sich nach den Erfordernissen aus Naturhaushalt und Wasserwirtschaft zu richten. Ein Bau von Staustufen widerspricht den Forderungen der Wasserrechtsrahmenrichtlinie und ist sowohl aus verkehrswirtschaftlichen Gründen als auch wegen der damit verbundenen erheblichen Eingriffe in die Flusslandschaft im Freistaat Sachsen ausdrücklich nicht vorgesehen. Auf Grund einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Hoch- und Niedrigwasserereignissen kann es zu weitergehenden Einschränkungen hinsichtlich der Schiffbarkeit kommen (vergleiche Z 3.6.1).
zu Ziel 4.1.2.3
Hinweis
Festlegungen zur Erhaltung naturnaher Oberflächengewässer sind in Kapitel 4.1.1 Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft enthalten.
Gewässer inklusive ihrer Quellbereiche besitzen vielfältige ökologische Funktionen für den Naturhaushalt, die Tier- und Pflanzenwelt, als Lebensgrundlage für den Menschen, sind lokalklimatischer Ausgleichsfaktor sowie landschaftsprägende Bestandteile für Natur- und Kulturlandschaft. Die Offenlegung und naturnahe Gestaltung von Fließgewässern sowie der Quellgebiete ist für einen ausgeglichenen Landschaftswasserhaushalt, für den vorbeugenden Hochwasserschutz, zur Unterstützung der Selbstreinigungskräfte und zur Biotopanreicherung verstärkt umzusetzen. In der Regel ist dabei von entsprechend mehrschichtigen Umweltvorteilen auszugehen. Die Renaturierungsmaßnahmen sollen auch die mit den Gewässern funktional verbundenen Ufer- und Auenbereiche einschließen. Eine besondere Bedeutung kommt auch der landschaftsgerechten Sanierung bergbaulich beeinflusster Fließgewässer zur Erreichung eines sich selbstregulierenden Wasserhaushaltes zu (vergleiche Begründung zu G 4.2.3.2). Ausnahmen vom Ziel der naturnahen Gestaltung bilden Fließgewässer beziehungsweise Fließgewässerabschnitte, deren Nutzung den Ausbauzustand erfordert, wie künstliche oder erheblich veränderte Gewässer, zum Beispiel für Wasserspeicherung, Stromerzeugung, Wasserregulierung, Hochwasserschutz, Freizeitnutzung oder Schifffahrt. Für erforderliche Baumaßnahmen an Gewässern, zum Beispiel zur Uferbefestigung zum Schutz vor Erosion, sollen die ökologischen und ökonomischen Vorteile der ingenieurbiologischen Bauweisen verstärkt genutzt werden. Sie sollen dem Ausbau mit unbelebten Baustoffen vorgezogen werden, wenn sie die Anforderungen an die Gewässernutzung, die Gewässerunterhaltung und den Hochwasserschutz erfüllen.
Bei Renaturierungsmaßnahmen ist die grundsätzliche Funktionsfähigkeit der Drainagesysteme zu berücksichtigen. Neben den Renaturierungsmaßnahmen dient die Reduzierung diffuser und punktueller Stoffeinträge (Erreichung eines guten chemischen Zustandes gemäß § 27
WHG
) der Verbesserung des ökologischen Zustandes der Oberflächengewässer und der dauerhaften Erhaltung aquatischer Lebensgemeinschaften.
Die Regionalplanung setzt durch die Festlegung von „Sanierungsbedürftigen Bereichen der Landschaft“ entsprechend Ziel 4.1.1.6 räumliche Schwerpunkte für die Umsetzung konkreter Maßnahmen der Fließgewässersanierung beziehungsweise Fließgewässeröffnung.
zu Grundsatz 4.1.2.4 Die fortschreitende Flächenversiegelung und schnelle Ableitung von Regenwasser führt zu erheblichen Problemen, wie geringere Grundwasserneubildung und starke Beschleunigung der Regenwasserabflüsse sowie drohende Überflutung der Fließgewässer. Die Probleme werden sich zukünftig durch die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen, wie längere und ausgeprägte Trockenperioden sowie zunehmende Starkregenereignisse, verschärfen. Niederschlagswasser soll nicht mit dem übrigen Abwasser abgeleitet (hydraulische Belastung der bestehenden Entwässerungssysteme) und behandelt (kostenintensive Reinigung) werden. Mit der naturnahen Oberflächenentwässerung können die Überflutungssicherheit für Siedlungsgebiete und Verkehrsflächen (Kappung von Hochwasserspitzen) und der Wasserhaushalt (Grundwasserneubildung) insgesamt verbessert sowie Niederschlagswasserentsorgungskosten reduziert werden. Als Alternative zur Ableitung in unterirdischen Regenwasserkanälen orientiert sich die naturnahe Oberflächenentwässerung am natürlichen Wasserkreislauf. Das heißt, das Niederschlagswasser soll entstehungsnah so lange wie möglich in der Landschaft zurückgehalten, genutzt, versickert und verdunstet werden (dezentrale Bewirtschaftung). Dies verzögert den gegebenenfalls verbleibenden Abfluss in Oberflächengewässer. Als Maßnahmen der naturnahen Oberflächenentwässerung kommen in Betracht:
Verminderung des Anteils versiegelter Fläche,
Förderung der Versickerung des nicht oder nur gering verschmutzten Niederschlagswassers durch sickerfähige Oberflächen, Versickerungsmulden, Rigolen, Retentionsbecken und so weiter (dezentrale Systeme, intelligente Vernetzung der Systeme),
verzögerte Zuführung des nicht oder nur gering verschmutzten Niederschlagswassers in den natürlichen Wasserkreislauf, Verlangsamung der Niederschlagswasserabflüsse, zum Beispiel durch naturnah gestaltete Rinnen mit Hindernissen,
Dachbegrünungen, Grünplanung unter Berücksichtigung von Pflanzen mit hoher Verdunstungsrate.
Ein bewusster und nachhaltiger Umgang mit Niederschlagswasser kann in Siedlungen zu weiteren Synergien führen. Durch das Sichtbarmachen des Wassers in der Landschaft erhöhen sich die Lebensumfeldqualität und der Erholungswert. Es können sich neue Lebensräume für Flora und Fauna entwickeln. Naturnahe Oberflächenentwässerung erfordert auf Grund ihrer Komplexität einen interdisziplinären, vernetzten Planungsprozess, wofür Gemeinden und Planer Verantwortung tragen.
zu Ziel 4.1.2.5
Bei der Umsetzung der Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne zur Erreichung eines guten ökologischen und chemischen Zustandes der Oberflächengewässer und eines guten chemischen und mengenmäßigen Zustandes in den Grundwasserkörpern nach §§ 82 und 83
WHG
sind eine Vielzahl von Raum- und Nutzungsansprüchen zu berücksichtigen und Raumnutzungskonflikte zu lösen. Beeinflussungen der Grund- und Oberflächengewässer entstehen insbesondere nutzungsbedingt von Seiten der Landwirtschaft, Fischerei, Freizeitnutzung, Wasserwirtschaft, Schifffahrt, Wasserkraft, Industrie, Gewerbe, Bergbau und durch den Gewässerausbau selbst.
Die Regionalplanung kann dazu beitragen, Nutzungsansprüche so zu koordinieren, dass die Umsetzung der Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne unterstützt werden. Dazu dienen insbesondere folgende Festlegungen in den Regionalplänen:
„Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ beziehungsweise „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ wie Grund- und Oberflächenwasserkörper, die das Ziel eines guten Zustandes gemäß Wasserrechtsrahmenrichtlinie nicht oder nicht fristgemäß erreichen; regional bedeutsame Grundwassersanierungsgebiete; regionale Schwerpunkte zur Verbesserung der Gewässerökologie, Gebiete, in denen Grundwasservorkommen durch die Folgen des Klimawandels erheblich beeinträchtigt werden können,
Vorrang-/Vorbehaltsgebiete Wasserversorgung,
Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Arten- und Biotopschutz zur Sicherung eines großräumig übergreifenden Biotopverbundes, insbesondere natürliche und naturnahe Fließgewässer einschließlich der Quellbereiche, Auen und Gewässerrandstreifen.
Da sich die Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne nach §§ 82 und 83
WHG
auf Einzugsgebiete von Flüssen, die Flussgebietseinheiten, und nicht auf Verwaltungsgrenzen beziehen, sind die Festlegungen zwischen den betroffenen Trägern der Regionalplanung abzustimmen.
Vorbeugender Hochwasserschutz
zu Grundsatz 4.1.2.6
Vorbeugender Hochwasserschutz ist nicht ausschließlich und auch nicht vorrangig eine wasserwirtschaftliche Aufgabe. Vielmehr muss allgemein an der Vermeidung und Verminderung von Risikopotenzialen angesetzt werden, durch die es im Hochwasserfall zur Gefährdung von Leben, Gesundheit, bedeutenden Sachwerten sowie Kulturgütern und wichtiger Infrastruktur kommen kann. Dies erfordert eine ganzheitliche, fachübergreifende und grenzüberschreitende Betrachtung der Hochwasserrisiken und Vorsorgemaßnahmen unter besonderer Berücksichtigung von Maßnahmen der Eigen- und der Flächenvorsorge. Einen wesentlichen Beitrag zum vorbeugenden Hochwasserschutz kann dabei die Raumordnung mit ihren Instrumenten leisten. Die Sicherung und Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Überschwemmungsbereichen ist in § 2 Abs. 2 Nr. 6
ROG
als raumordnerischer Grundsatz für den vorbeugenden Hochwasserschutz verankert. Eine zusammenfassende Darstellung über das mögliche Vorgehen der Raumordnung ist in den Handlungsempfehlungen der MKRO zum vorbeugenden Hochwasserschutz vom 14. Juni 2000 enthalten.
Die Erfahrungen vergangener Hochwasserereignisse belegen, dass Hochwasserschutz bereits in den Einzugsgebieten der Flüsse ansetzen muss. Dabei ist es in der Regel effizienter, Hochwasser auslösende Niederschlagsmengen so weit wie möglich durch darauf ausgerichtete Flächennutzungen in den Einzugsgebieten sowie den natürlichen Überschwemmungsräumen (Flussauen) zurückzuhalten, als Hochwasserabflüsse beschleunigt durch ausgebaute und eingedeichte Flussläufe zu leiten. Den Flüssen ist hierfür Raum zu geben und das natürliche Wasserrückhaltevermögen durch Gewässerrenaturierungen, Altarmrevitalisierungen oder ähnliche möglichst wieder herzustellen beziehungsweise zu entwickeln. Dabei gelten uferbegleitender standortgerechter Baumbewuchs sowie Auwälder in der Regel nicht als Behinderung des Abflusses. Insbesondere außerhalb von Siedlungsbereichen ist solchen Aspekten der Wasserrückhaltung ausreichend Rechnung zu tragen. Innerhalb und in Fließrichtung nahe unterhalb von Siedlungen ist auf eine ausreichende Abflussmöglichkeit zu achten. Die Möglichkeiten der natürlichen Wasserrückhaltung und eines im Wesentlichen ungehinderten Abflusses sollen vorrangig ausgeschöpft werden. Wo dadurch kein angemessener Hochwasserschutz für Ortslagen erreichbar ist, sollen ergänzend technische Hochwasserschutzanlagen zur Gefahrenminderung herangezogen werden. Da diese nur Schutz bis zum jeweiligen Bemessungshochwasser, aber nicht vor jedem möglichen Extremereignis bieten und außerdem die Möglichkeit des Versagens besteht, kommt auch in Gebieten, die durch Hochwasserschutzanlagen geschützt sind, den Grundsätzen der Eigen- und der Flächenvorsorge große Bedeutung zu. Dieses Prinzip ist auch bei der Konzeption von Infrastruktureinrichtungen und -maßnahmen zu Grunde zu legen (Katastrophenschutz und Hochwasservorbeugung). Der vorbeugende Hochwasserschutz muss flussgebietsbezogen und unabhängig von administrativen Grenzen erfolgen. Daher ist bei der Hochwasserrisikomanagementplanung eine enge gemeinde-, kreis-, länder- und staatenübergreifende Kooperation erforderlich. Diese ist auf internationaler Ebene durch die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe und die Internationale Kommission zum Schutz der Oder gegen Verunreinigung sowie auf Länderebene durch die Flussgebietsgemeinschaft Elbe und die Arbeit der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) gewährleistet. Die bis 2015 zu erstellenden länderübergreifenden Hochwasserrisikomanagementpläne für die Flussgebietseinheiten der Elbe und der Oder müssen auch Maßnahmen der Raumordnung und Landesplanung zum Hochwasserschutz enthalten. Die zu treffenden Maßnahmen haben auch den Bewirtschaftungszielen der Wasserrahmenrichtlinie Rechnung zu tragen.
zu Ziel 4.1.2.7 Vielfältige Faktoren haben Einfluss auf die Abflussbildung. Einige sind nicht oder nur bedingt beeinflussbar, wie zum Beispiel das Niederschlagsgeschehen oder das Relief. Beeinflussbar sind die Flächennutzung und die Art und Weise, wie bei der Nutzung mit den Flächen umgegangen wird. Darauf kann die Raumordnung mit ihren klassischen Instrumenten sowie im Rahmen ihrer Beratungs-, Moderations- und Koordinierungsfunktion hinwirken. Handlungsbedarf besteht insbesondere in Gebieten, in denen bei Starkniederschlägen oder bei Schneeschmelzen in kurzer Zeit starke oberirdische Abflüsse auftreten können, die zu einer Hochwassergefahr in den Fließgewässern oder zu geogenen Naturgefahren, wie Murgänge sowie Rutsch- und Sturzprozesse von Erd- und Felsmassen, führen können. Betroffen sind vorwiegend die Mittelgebirge und das Hügelland. Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 2 des Sächsischen Wassergesetzes (
SächsWG
) vom 12. Juli 2013 (SächsGVBl. S. 503) werden „Hochwasserentstehungsgebiete“ durch die obere Wasserbehörde durch Rechtsverordnung festgesetzt. In diesen Gebieten unterliegen bestimmte Vorhaben, die das Wasserrückhaltevermögen verschlechtern können, dem Genehmigungsvorbehalt. Zusätzlich ist es notwendig, großräumig in gefährdeten Gebieten auf Maßnahmen hinzuwirken, die insgesamt positive ausgleichende Wirkungen auf den Wasserhaushalt haben. Mit der Ausweisung von „Bereichen der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ gemäß Ziel 4.1.1.6 können Planungen und die Durchführung von konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserrückhaltung in der Landschaft festgelegt werden, auf deren Umsetzung die Regionalplanung unter Einbeziehung der betroffenen Akteure hinwirken kann. Zudem können solche Ausweisungen eine Grundlage für die räumliche Steuerung von Fördermitteln sein. Als Maßnahmen, die einen günstigen Einfluss auf das Wasserrückhaltevermögen haben, bieten sich an:
Reduzierung der Bodenversiegelung,
Versickerung von Regenwasser von Bauflächen,
Erhaltung beziehungsweise Wiederherstellung der funktionellen Einheit zwischen Gewässer und Aue,
Freilegung verrohrter oder unterirdisch geführter Wasserläufe,
besonders auch den kleinen Flüssen Raum lassen und Herstellung eines naturnahen Zustandes der Gewässer,
Umwandlung von Ackerflächen in Dauergrünland oder standortgerechten Wald (Waldmehrung), vor allem in besonders erosionsgefährdeten Hang-, Tallagen und Überschwemmungsbereichen der Auen,
Verzicht auf die Umwandlung von Grünland in Ackerland auf diesen Flächen,
Anwendung von bodenschonenden Bewirtschaftungs- beziehungsweise Anbau- und Bestellverfahren zur Erhaltung einer hohen Infiltrationsfähigkeit,
Erhaltung, Aufbau von Strukturen, die die Hänge (Abflussbahnen) unterteilen/unterbrechen und
standortgerechte Waldbewirtschaftung.
Auch die Sicherung von Freiräumen und Freiraumfunktionen durch die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten sowie regionalen Grünzügen dienen dem vorbeugenden Hochwasserschutz und sollten insbesondere in den Gebieten mit potenziell starken oberirdischen Abflüssen auch unter dem Gesichtspunkt der positiven, ausgleichenden Wirkungen für den Wasserhaushalt angewendet werden. In Betracht kommen Ausweisungen gemäß Ziel 4.1.1.16, Ziel 4.1.3.3, Ziel 4.2.2.1 und Ziel 4.2.2.2. Für diese Gebiete können in den Regionalplänen Festlegungen getroffen werden, die gewährleisten, dass alle raumbedeutsamen Flächennutzungsänderungen in diesen Gebieten auf ihre Konsequenzen zur Abflussbildung geprüft werden. Grundlagen für die Ermittlung von Gebieten, die eine Erhaltung und Verbesserung der Wasserrückhaltung besonders erfordern, sind unter anderem:
die im Fachvorschlag des LfULG zur Ausweisung von Hochwasserentstehungsgebieten enthaltene Gebietskulisse, Naturraumkarten, die auf der Basis der naturräumlichen Ordnung erarbeitet werden, mit ihren Dokumentationen. In den auf die Kartiereinheiten (Mikrogeochoren) bezogenen Dokumentationsblättern sind unter anderem der jährliche Gebietsabfluss, das Fließgewässernetz und Flächennutzungen ausgewiesen, bei deren Änderung eine günstige Wirkung hinsichtlich der Verminderung des Oberflächenabflusses erreicht werden könnte,
die nach § 76 Abs. 1 Satz 2
SächsWG
erlassenen Rechtsverordnungen.
zu Grundsatz 4.1.2.8 Die Hochwasserereignisse 2002 und 2010 haben gezeigt, dass im Falle von Extremereignissen die Fließgewässer bei Überströmen und auch bei technischem Versagen von Hochwasserschutzeinrichtungen ihre seit Jahrhunderten natürlichen Ausbreitungsbereiche (Flussauen) wieder einnehmen. Deshalb sind diese Flächen, ungeachtet vorhandener Gewässerausbaumaßnahmen und Hochwasserschutzanlagen, grundsätzlich überschwemmungsgefährdete Bereiche. Es empfiehlt sich, diese Flächen in Karten darzustellen, um die Träger raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen in die Lage zu versetzen, in einer Risikoabwägung, soweit die Planungen und Maßnahmen nicht bereits gegen andere Ziele der Raumordnung (zum Beispiel Ziel 4.1.1.3) oder Vorgaben der Fachgesetze (zum Beispiel § 76 Abs. 2
SächsWG
) verstoßen, zu entscheiden, ob sie die Planung und Maßnahme überhaupt beziehungsweise mit welchen Risikovorsorgemaßnahmen durchführen wollen. Dabei soll die Planung oder Maßnahme zumindest so gestaltet werden, dass Schäden möglichst nicht eintreten oder zumindest so gering wie möglich gehalten werden. Ob dies im Einzelfall erfüllt ist, ist unter Zuhilfenahme der vorgelegten Planungsunterlagen und der fachbehördlichen Stellungnahmen zu prüfen. Dabei ist auch die Option eines weitgehenden Verzichtes auf Siedlungstätigkeit zu prüfen.
zu Ziel 4.1.2.9 Die natürlichen Überschwemmungsflächen der Fließgewässer sind historisch bedingt durch Gewässerausbauten und Aufhöhung gewässernaher Grundstücke und Bebauungen sowie durch Deiche stark verkleinert worden. Die heute noch nicht durch die vorgenannten Maßnahmen veränderten Überschwemmungsflächen sind deshalb möglichst vollständig für den Abfluss und die Retention von Hochwasser zu erhalten. Eine weitere Inanspruchnahme für Baugebiete soll ausgeschlossen werden, um Retentionsräume zu erhalten und keine zusätzlichen Schadenspotenziale aufzubauen. Des Weiteren sollen dort, wo die Möglichkeit besteht, Gebiete durch Rückbau, Gewässerrenaturierungen, Deichrückverlegungen oder Polder für die natürliche Wasserrückhaltung zurück gewonnen werden. Dazu sind in den Regionalplänen Vorranggebiete für den vorbeugenden Hochwasserschutz (Retentionsraum) festzulegen. In Fällen, in denen eine regionalplanerische Letztentscheidung nicht möglich ist, kommt auch eine Festlegung von Vorbehaltsgebieten für den vorbeugenden Hochwasserschutz in Betracht. Durch diese Festlegungen ist die Umsetzung der Hochwasserrisikomanagementpläne gemäß der Richtlinie 2007/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken (ABl. L 288 vom 6. November 2007, S. 27) in Verbindung mit §§ 73 ff.WHGzu unterstützen. Insoweit sind als Grundlage Aussagen in den Hochwasserschutzkonzepten beziehungsweise -risikomanagementplänen, sofern vorliegend, heranzuziehen.
Damit wird auch dem Grundsatz gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 6
ROG
Rechnung getragen, wonach für den vorbeugenden Hochwasserschutz im Binnenland vor allem durch die Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen zu sorgen ist.
Die in Sachsen durch Rechtsverordnung oder Gesetz bereits flächendeckend festgesetzten oder vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiete verfügen bereits über einen ausreichenden fachgesetzlichen Schutz. Sie sind durch die Regionalplanung nachrichtlich zu übernehmen und darzustellen. Bei besonderem raumordnerischen Erfordernis können sie in die Vorranggebiete integriert werden. Natürliche Überschwemmungsbereiche haben häufig auch eine hohe Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz. Des Weiteren sind Flussauen oftmals Standorte bedeutender für die öffentliche Wasserversorgung genutzter Grundwasservorkommen. Sofern keine Konflikte absehbar beziehungsweise diese durch Konfliktregelungen lösbar sind, ist in den Regionalplänen eine Überlagerung von Vorranggebieten für den vorbeugenden Hochwasserschutz mit Vorranggebieten Arten- und Biotopschutz gemäß Kapitel 4.1.1 Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft und Vorranggebiete Wasserversorgung gemäß Kapitel 5.2 Wasserversorgung zur Nutzung von Synergien möglich. Zur Minimierung des Schadenspotenzials sind für Risikobereiche in potenziellen Überflutungsbereichen, die bei Versagen bestehender Hochwassereinrichtungen oder Extremhochwasser überschwemmt werden können, in den Regionalplänen Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für den vorbeugenden Hochwasserschutz (Hochwasservorsorge) festzulegen. Festzulegen sind insbesondere:
Bereiche, in denen bei Überflutung oder Versagen der Schutzeinrichtung (Deiche und sonstige Hochwasserschutzanlagen, wie Hochwasserrückhaltebecken und so weiter) Gefahr für Leib und Leben bestände, diese Gefahr nur durch erhöhte Vorkehrungen im Einzelfall beherrschbar und hochwasserangepasstes Bauen nur mit unvertretbarem Aufwand möglich wäre, in der Regel als Vorranggebiete,
Bereiche, die bereits bestehende Siedlungsflächen umfassen beziehungsweise Bereiche mit besonderem Schadenspotenzial, die einem hohen Risiko des Hochwassers ausgesetzt sind,
Bereiche, in denen die Abwehr von Hochwasserschäden und Gefahren durch bauliche Maßnahmen mit vertretbarem Aufwand erreicht werden können.
In hochwassergefährdeten Bereichen sollten historisch gewachsene Siedlungen grundsätzlich durch funktionsfähige Anlagen gegen Hochwasser geschützt werden. Die Bemessung dieser Schutzanlagen hat den differenzierten Schutzzielen zu entsprechen. Dennoch können Hochwasserschutzanlagen keine absolute Sicherheit garantieren. Katastrophen, zum Beispiel durch Deichbrüche oder ein Überströmen von Deichen bei extremen Hochwasserereignissen, können nicht vollkommen ausgeschlossen werden. Auch hinter den Deichen ist deshalb eine stärkere Berücksichtigung des Restrisikos notwendig. Mit der raumordnerischen Ausweisung von potenziellen Überflutungsbereichen (hinter Deichen) einschließlich Polderflächen sollen das Bewusstsein für dieses Restrisiko in deichgeschützten Bereichen geschärft sowie entsprechend angepasste Raumnutzungen initiiert werden. Eine weitere Siedlungsentwicklung soll nicht generell ausgeschlossen, sondern dem Risiko angepasst werden. Geeignete Maßnahmen können zum Beispiel sein:
Verzicht auf Ansiedlung hochwasserempfindlicher Flächennutzungen in besonders tiefliegenden Geländepartien (die im Falle der Überflutung besonders hohe Wasserstände aufweisen),
hochwasserangepasste Ausführung von Gebäuden, Sicherung von Öltanks und so weiter.
Die zeichnerische Festlegung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für den vorbeugenden Hochwasserschutz in den Regionalplänen erfolgt in einem Maßstab, in dem eine flächengenaue, flurstückskonkrete Abgrenzung nicht möglich ist. Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Regionalplanung die Ausweisung der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete in einem entsprechend aussagekräftigen, größeren Maßstab darstellt.
zu Ziel 4.1.2.10 Auf Grund der geomorphologischen Bedingungen und der dichten Besiedlung im Freistaat Sachsen sind geeignete Standorte für wirtschaftlich begründbare Talsperren, Hochwasserrückhaltebecken, Polder und linienhafte Hochwasserschutzanlagen nur noch begrenzt vorhanden. Die noch bestehenden Möglichkeiten sollten daher raumordnerisch für eine mögliche Wasserspeicherung erhalten bleiben. Aus überwiegenden Gründen des Wohls der Allgemeinheit kann es erforderlich sein, auch technische Hochwasserschutzmaßnahmen durchzuführen (unter anderem auch im Zusammenhang mit der Rückgewinnung von Retentionsflächen andernorts). Für diesen Zweck beziehungsweise entsprechende Bauwerke sind geeignete Flächen zu bestimmen und zu sichern. Die Errichtung von Hochwasserschutzanlagen soll auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt bleiben und sich am Schadenspotenzial orientieren. Die Ausweisung solcher Flächen ist vor allem in enger Abstimmung mit den Wasserbehörden, insbesondere auf der Grundlage der Hochwasserschutzkonzepte oder Hochwasserrisikomanagementpläne, aber auch mit anderen betroffenen Trägern öffentlicher Belange durchzuführen.
zu Ziel 4.1.2.11 Auf Grund des Hochwassers 2002 mussten im Freistaat mehr als 600 000 t Hochwasserabfälle zusätzlich entsorgt werden. Eine ähnliche Situation ergab sich auch beim Neißehochwasser 2010. Im Unterschied zur Situation beim Hochwasser 2002 sind die meisten Deponien, auf denen damals kurzfristig Abfälle abgelagert werden konnten, nicht mehr in Betrieb. Abfälle müssen zudem seit dem 1. Juni 2005 vor einer Ablagerung vorbehandelt werden. Die vorhandenen Abfallbehandlungsanlagen sind im Katastrophenfall oft nicht in der Lage, eine so große Menge Abfälle zusätzlich zu behandeln. Ausreichend Zwischenlager (welche einer Genehmigung bedürfen) für eventuelle Katastrophenfälle, deren Ausmaß nicht absehbar ist, ungenutzt vorzuhalten, ist nicht möglich. Dennoch müssen Abfälle in ähnlich gelagerten Katastrophenfällen so zwischengelagert werden können, dass sie für einen schnellen Abtransport bereit stehen. Die Auswahl geeigneter Gebiete obliegt der Fachplanung (Katastrophenschutzplanung) und sollte in Flächennutzungsplänen berücksichtigt werden. Die Katastrophenschutzbehörden müssen sich bezüglich geeigneter Flächen mit den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern beziehungsweise den Gebietskörperschaften abstimmen.
4.1.3
Bodenschutz, Altlasten
Karte:
Die Gebiete mit speziellem Bodenschutzbedarf sind in Karte 9 dargestellt.
G 4.1.3.1
Bei der Nutzung des Bodens sollen seine Leistungsfähigkeit, Empfindlichkeit sowie seine Unvermehrbarkeit berücksichtigt werden. Bodenverdichtung, Bodenerosion sowie die Überlastung der Regelungsfunktion des Bodens im Wasser- und Stoffhaushalt sollen durch landschaftsgestalterische Maßnahmen und standortgerechte Bodennutzung, angepasste Flur- und Schlaggestaltung, Anlage erosionshemmender Strukturen und Verringerung von Schadstoffeinträgen und belastenden Nährstoffeinträgen vermieden werden.
G 4.1.3.2
Die unvermeidbare Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlung, Industrie, Gewerbe, Verkehr, Versorgungs- und Entsorgungseinrichtungen soll auf Flächen mit Böden, die bereits anthropogen vorbelastet sind oder die eine geringe Bedeutung für die Land- und Forstwirtschaft, für die Waldmehrung, für die Regeneration der Ressource Wasser, für den Biotop- und Artenschutz oder als natur- und kulturgeschichtliche Urkunde haben, gelenkt werden.
Z 4.1.3.3
In den Regionalplänen sind Gebiete mit Böden besonderer Funktionalität zu sichern.
Z 4.1.3.4
In ihren Funktionen erheblich beeinträchtigte Böden und regional bedeutsame Altlasten sind in den Regionalplänen als „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ festzulegen. Sofern erforderlich, sind besonders empfindliche Böden als „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ festzulegen.
Begründung zu 4.1.3 Bodenschutz, Altlasten
Hinweis:
Festlegungen zur Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme sind insbesondere in Kapitel 2.1.1 Regionale Kooperation, Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen und Kapitel 2.2.2 Stadt- und Dorfentwicklung verankert. Eine umfassende Zusammenstellung der entsprechenden Handlungsschwerpunkte und Festlegungen des LEP 2013 ist in Gliederungspunkt II „Neue Herausforderungen für die nachhaltige Raumentwicklung des Freistaates Sachsen“ unter der Überschrift „Effiziente Flächennutzung und Reduzierung der Flächeninanspruchnahme“ enthalten.
zu Grundsatz 4.1.3.1 und Grundsatz 4.1.3.2
Böden nehmen eine Vielzahl von Funktionen im Naturhaushalt sowie für den Menschen und die Gesellschaft wahr. Der Boden stellt das Bindeglied zwischen den Umweltkompartimenten Klima/Luft, geologischer Untergrund, Oberflächen- und Grundwasser sowie Vegetation und Tierwelt dar. Die hierbei auftretenden Transformationsprozesse haben direkten Einfluss auf die Nahrungskette und die Umweltqualität. Die zunehmende Intensität der Bodennutzung und der ständig wachsende Flächenbedarf der modernen Gesellschaft führen dazu, dass die Böden verändert, belastet und verbraucht werden. Der hohe Flächenverbrauch verursacht unter anderem hohe Verluste beziehungsweise Einschränkungen an bodenfunktionalen Leistungen, die auch Auswirkungen auf andere Bereiche des Naturhaushaltes haben. Daher sollen insbesondere Böden mit einer besonderen Funktionalität im Naturhaushalt (vergleiche Z 4.1.3.3) vor Inanspruchnahme bewahrt und flächeninanspruchnehmende Nutzungen auf weniger wertvolle Böden gelenkt werden. Eine standortgerechte Bodennutzung ist langfristig auch aus ökonomischen Gründen sinnvoll. Dringende fachübergreifende Aufgaben des Bodenschutzes können durch die Raumordnung wahrgenommen werden, indem diese dazu beiträgt, dass die Vielzahl von Ansprüchen an den Boden koordiniert wird, dabei die Leistungsfähigkeit und Empfindlichkeit der Böden berücksichtigt, und der Boden in seiner Leistungsfähigkeit und als Fläche für bestimmte Nutzungen nachhaltig gesichert oder wieder hergestellt wird. Dabei liegt der konkrete Handlungsbedarf für raumordnerische Festlegungen zum vorsorgenden Schutz des Bodens sowie zur Sanierung beeinträchtigter Böden auf der Ebene der Regionalplanung, da auf Grund der starken räumlichen Differenziertheit der Böden landesweit geltende Festlegungen beziehungsweise Ausweisungen nur bedingt sinnvoll sind.
zu Ziel 4.1.3.3 Um den generellen landesplanerischen Grundsatz der angepassten Nutzung und schonenden Neuinanspruchnahme von Boden nach G 4.1.3.1 umsetzen zu können, sind Böden mit besonderer Funktionalität in den Regionalplänen zu sichern. Dies gilt insbesondere für:
Böden mit einer hohen natürlichen Ertragsfähigkeit (Produktionsfunktion). Land- und Forstwirtschaft als wichtigste Flächennutzer in Sachsen benötigen Böden für die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln, nachwachsenden Rohstoffen und Holz. Böden mit einer hohen natürlichen Ertragsfähigkeit müssen langfristig insbesondere für die landwirtschaftliche Nutzung verfügbar bleiben. Böden der landwirtschaftlichen Nutzfläche sind aber auch im besonderen Maße von Flächenentzug betroffen. Daher sind Gebiete mit Böden, die eine hohe natürliche Ertragsfähigkeit haben sowie Gebiete mit regional bedeutsamen Böden für die landwirtschaftliche Produktion gemäß Kapitel 4.2.1 Landwirtschaft in den Regionalplänen als Vorrang- und gegebenenfalls Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft zu sichern. Diese Böden zeichnen sich in der Regel immer auch durch hohe Speicher-, Puffer-, und Filterfunktion aus.
Besonders seltene und naturnahe Böden Böden sind besonders naturnah, wenn sie nicht anthropogen beeinflusst sind und die Horizontabfolge des Bodenprofils vollständig und charakteristisch ausgeprägt ist. Da Böden in der heutigen Kulturlandschaft nahezu flächendeckend anthropogen beeinflusst sind, ist zur Bewahrung eines breiten Naturspektrums sowie der natürlichen pedogenen Eigenschaften die Erhaltung der verbliebenen seltenen und naturnahen Böden notwendig.
Böden mit besonderer Archivfunktion für Natur- und Kulturgeschichte
Böden sind von besonderer natur- und kulturhistorischer Bedeutung, wenn sie im Profilaufbau Zeugnis ablegen über vergangene geologische Epochen beziehungsweise über die Entwicklung des Menschen oder seines Einflusses auf die Natur. Dies können sein:
Böden mit repräsentativer Ausprägung und besonderer Bedeutung als Anschauungs- und Forschungsobjekt der Bodenentwicklung, zum Beispiel fossile Böden, Reliktböden sowie
Denkmale im Boden von erdgeschichtlicher oder archäologischer Bedeutung, zum Beispiel Reste früherer Besiedlung oder Nutzungsform, Gräber, Fundstätten.
Böden mit besonderer Infiltrationsfähigkeit und Speicherfunktion
Böden mit hoher Wasseraufnahmefähigkeit begünstigen die Versickerung und minimieren den Oberflächenabfluss von Niederschlagswasser. Dieser Regulationseffekt der Abflussretention dient dem vorbeugenden Hochwasserschutz und begünstigt die Nutzung der Landschaft. Dem Schutz dieser Böden wird vor dem Hintergrund des Klimawandels in Zukunft eine größere Rolle zukommen, insbesondere durch die mögliche Zunahme von Starkregenereignissen sowie in Gebieten, die durch zurückgehende Sommerniederschläge und höherer Verdunstung auf Grund steigender Temperaturen eine Verringerung des Saldos der klimatischen Wasserbilanz zu verzeichnen haben.
Böden mit besonderer Filter- und Pufferfunktion
Böden mit besonderer Filterfunktion dienen der Grundwasserneubildung und dem Grundwasserschutz wegen der spezifischen Durchlässigkeit für Sickerwasser sowie Filterung des Wassers bei der Bodenpassage, indem organische und anorganische Beimengungen zurückgehalten werden. Die damit verbundene Regeneration der Ressource Wasser erfüllt eine wesentliche Aufgabe im Rahmen der Wassergewinnung und -versorgung. Darüber hinaus sind diese Böden auch in der Lage, Nährstoffe in der durchwurzelbaren Zone den Pflanzen bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen.
Böden mit besonderer Biotopentwicklungsfunktion
Böden weisen vor allem dann eine hohe Biotopentwicklungsfunktion auf, wenn die Bodenverhältnisse auf engem Raum sehr unterschiedlich sind, wenn es sich um naturnahe Böden oder landwirtschaftliche Grenzertragsböden (in der Regel Bodenwertzahlen
Böden mit hoher Klimaschutzfunktion Hydromorphe Böden wie Moorböden und nicht drainierte, vernässte Böden (Gleye, Auenböden) haben eine hohe Kohlenstoff-Senkenfunktion. Aus Gründen des Klimaschutzes gilt es, diese Böden insbesondere vor Entwässerung (führt zu einer Freisetzung von Kohlenstoff) und Versiegelung zu schützen. Da diese Böden häufig auch eine hohe Biotopentwicklungsfunktion haben, gibt es hier große Synergieeffekte zwischen Klimaschutz und Naturschutz.
Die Gebiete mit Böden besonderer Funktionalität können in den Regionalplänen als Vorrang- oder Vorbehaltsgebiete Bodenschutz festgelegt oder über andere freiraumbezogene zeichnerische Festlegungen, die auch der Sicherung bestimmter Bodenfunktionen dienen, wie Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Arten- und Biotopschutz, Kulturlandschaftsschutz, vorbeugender Hochwasserschutz, Landwirtschaft, Waldmehrung, Wasserversorgung sowie Regionale Grünzüge und Grünzäsuren oder Bereiche der Landschaft gemäß Z 4.1.1.6 gesichert werden. Die besondere Bodenfunktion soll dabei gekennzeichnet werden.
zu Ziel 4.1.3.4 Als in ihren Funktionen erheblich beeinträchtigte Böden kommen insbesondere in Betracht:
Böden mit hoher chemischer Belastung (zum Beispiel durch Schwermetalle, Arsen, organische Schadstoffe, Säurebildner),
entwässerte hydromorphe Böden oder teilabgetorfte Moore,
Böden mit hoher physikalischer Belastung (zum Beispiel Böden mit Erosionsschäden, schadverdichtete Böden, Böden von Brachflächen oder mit hohem Versiegelungsgrad).
Als regional bedeutsame Altlasten kommen insbesondere Standorte in Betracht, die ein erhebliches Schadstoffpotenzial in der ungesättigten oder gesättigten Bodenzone aufweisen, beziehungsweise Altlasten, die sich in Gebieten mit zu erwartendem Grundwasserwiederanstieg befinden. Als besonders empfindliche Böden kommen in Betracht:
Böden mit geringer Filter- und Pufferkapazität,
Böden mit geringer Speicherkapazität,
landwirtschaftlich genutzte Ackerböden mit hoher bis sehr hoher Erosionsgefährdung (DIN 19708),
sonstige erosionsgefährdete Böden,
verdichtungsempfindliche Böden (zum Beispiel vernässte Böden).
In Karte 9 sind als Gebiete mit speziellem Bodenschutzbedarf in Sachsen die Gebiete > 100 ha mit hoher bis sehr hoher Wassererosionsgefährdung des Ackerbodens, mit hoher bis sehr hoher potenzieller Winderosionsgefährdung und die Gebiete mit Anhaltspunkten oder mit Belegen für großflächige schädliche stoffliche Bodenveränderung dargestellt. Sachsen hat auf Grund seiner Naturraumausstattung (Relief, Böden und Starkregenereignisse) ein hohes Gefährdungspotenzial bezüglich Bodenerosion durch Wasser. Rund 60 Prozent der Ackerfläche Sachsens haben eine hohe bis sehr hohe potenzielle Wassererosionsgefährdung (DIN 19708) und 7 Prozent der Ackerflächen eine hohe bis sehr hohe potenzielle Winderosionsgefährdung (DIN 19706). Anhaltspunkte für großflächige schädliche Bodenveränderungen durch Schadstoffe im Sinne des Zieles weisen vorwiegend Gebiete im Einflussbereich des ehemaligen Erzbergbaus einschließlich der zugehörigen Hüttenindustrie auf. Verbreitet werden die Schadstoffe (insbesondere Schwermetalle) durch das Verbringen von Bergematerial, Aufbereitungsrückständen oder Schlacken sowie auf dem Luft- beziehungsweise Wasserpfad. Dementsprechend sind, neben den Herkunftsgebieten selbst, auch deren Umgebung sowie die Auensedimente von Wasserläufen mit Einzugsgebieten im Erzgebirge zu beachten.
4.1.4
Siedlungsklima
Z 4.1.4.1
Siedlungsklimatisch bedeutsame Bereiche sind in ihrer Funktionsfähigkeit (Größe, Durchlässigkeit, Qualität der Vegetationsstrukturen) zu sichern und zu entwickeln und von Neubebauung beziehungsweise Versiegelung sowie schädlichen und störenden Emissionen freizuhalten. Dazu sind in den Regionalplänen siedlungsrelevante
Frisch- und Kaltluftentstehungsgebiete sowie
Frisch- und Kaltluftbahnen
festzulegen.
G 4.1.4.2
Innerhalb des Siedlungsgefüges sollen siedlungsklimatisch relevante Strukturen und Räume mit ausgleichender Wirkung hinsichtlich sommerlicher Hitzebelastung geschaffen werden.
Begründung zu 4.1.4 Siedlungsklima
zu Ziel 4.1.4.1
Gemäß dem Grundsatz der Raumordnung nach § 2 Abs. 2 Nr. 6
ROG
ist der Raum in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Klimas zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich und möglich, angemessen wiederherzustellen. Dabei ist auch den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes durch Maßnahmen, die der Anpassung an die Folgen des Klimawandels dienen, Rechnung zu tragen.
Angesichts bereits nachgewiesener und prognostizierter Klimatrends für die kommenden Jahrzehnte gewinnt die Vorsorge für schadstoffarme Frisch- und Kaltluft innerhalb des Siedlungsgefüges im Rahmen der Daseinsvorsorge zunehmend an Bedeutung. Siedlungsklimatisch bedeutsame Frischluftentstehungsgebiete sind größere zusammenhängende siedlungsnahe Waldflächen, deren Wirkungsbereich in Siedlungsgebiete hineinreicht. Waldbestände verbessern das Klima und die Luftqualität durch Luftaustausch infolge von Temperaturunterschieden. Die große Oberflächenrauhigkeit führt zu einer Reduktion der Staubfrachten (Frischluft). Da sich bei Wald die Abkühlung über ein großes Höhenprofil erstreckt, werden vergleichsweise auch große Luftmassen abgekühlt. Waldflächen sind daher zu erhalten und in strukturreiche Waldbestände umzubauen. Die erzeugte Frischluft gelangt entlang von Frischluftbahnen (zum Beispiel lineare Gewässerstrukturen) beziehungsweise durch Kaltluftbahnen (durch Gefälle) in die Siedlungen. Kaltluftentstehungsgebiete sind Flächen, welche nachts die auf ihr lagernde Luft abkühlen. Dies ist abhängig von den Bodeneigenschaften und dem Bewuchs, wobei Wälder und Wiesen die größte Wirkung erzielen. Kaltluftentstehungsgebieten sind Kaltluftbahnen zuzuordnen, in denen die Kaltluft transportierenden bodennahen Luftschichten durch ein Gefälle ungehindert in Siedlungsgebiete abfließen können. Siedlungsnahe Frisch- und Kaltluftentstehungsgebiete müssen funktionsfähig erhalten und, falls die sich anschließende siedlungsklimatische Situation innerhalb des Siedlungsgefüges es erfordert, zusätzlich geschaffen werden (vergleiche auch Kriterien zur Waldmehrung). Siedlungsklimatisch bedeutsame Bereiche können in den Regionalplänen in Verbindung mit anderen schutzbezogenen Vorrang- oder Vorbehaltsausweisungen (zum Beispiel Arten- und Biotopschutz, Waldmehrung, Schutz des vorhandenen Waldes, Landwirtschaft) sowie Regionale Grünzüge ausgewiesen werden. Die zusätzliche siedlungsklimatische Funktion dieser Ausweisungen ist dabei symbolhaft zu kennzeichnen. Ebenso wie bei Immissionsbelastungen der bodennahen Luftschichten mit schädlichen Stoffen spielen nächtliche Kaltluftabflusssysteme auch für Geruchsimmissionen in der Nachbarschaft bodennaher Emittenten (unter anderem Tierhaltungsanlagen, Kompostieranlagen, Deponien, Abfalllagerstätten) eine wesentliche Rolle. Diese bilden sich bevorzugt unter schwachwindigen Strahlungswetterlagen aus. Da auf Grund der extrem stabilen Schichtung innerhalb der Kaltluftschicht, verbunden mit geringen Windgeschwindigkeiten, die in die Kaltluftschicht freigesetzten Emissionen nur sehr langsam auf ihrem Transportweg verdünnt werden, nimmt man unter solchen meteorologischen Bedingungen Gerüche in der Nachbarschaft von oben genannten Anlagen verstärkt und lang anhaltend wahr. Durch ungehinderten Stofftransport können belästigende Geruchsereignisse auch weit entfernt von den Anlagen auftreten. Im Rahmen der Bauleitplanung soll der Übergang der siedlungsklimatisch bedeutsamen Bereiche in das Siedlungsgefüge so berücksichtigt werden, dass ihr Wirkbereich möglichst tief in die Siedlung hineinreicht.
zu Grundsatz 4.1.4.2
Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 6
ROG
ist den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes durch Maßnahmen Rechnung zu tragen, die der Anpassung an die Folgen des Klimawandels dienen. Insofern muss die Vorsorge für das Siedlungsklima auch Strukturen innerhalb des Siedlungsgefüges einbeziehen.
In den Städten muss das bestehende Freiflächensystem hinsichtlich seiner Vegetationsstrukturen überprüft und unter Ergänzung von Brachflächen ein System aus siedlungsklimatisch wirksamen Grünflächen und verbindenden Vegetationsstrukturen, insbesondere Groß- und Straßenbäumen, entwickelt werden, das sommerliche Hitzebelastungen mildert und attraktive Aufenthaltsmöglichkeiten im Freien schafft. Dabei sind Synergien im Sinne einer integrierten Siedlungs-, Verkehrs- und Freiraumentwicklung aufzugreifen. Wesentliche Gebiete des Freiflächensystems müssen, um klimatisch wirksam zu sein, über 1 ha groß, wenig durch Emissionen (insbesondere durch Verkehr) belastet und möglichst kompakt gestaltet sein. Das heißt, das Verhältnis der Seiten der Grundflächen sollte mindestens im Verhältnis 1 : 4 stehen. Je nach Vegetation und Freiraumnutzungen können diese Grünflächen entweder tags (zum Beispiel Wald im städtischen Bereich oder Umfeld) oder/und nachts (Offenland kombiniert mit Gehölzen) klimatisch wirksam sein.
4.2
Freiraumnutzung
4.2.1
Landwirtschaft
Z 4.2.1.1
In den Regionalplänen sind mindestens 35 Prozent der regionalen landwirtschaftlichen Nutzfläche als Vorranggebiete Landwirtschaft festzulegen.
Z 4.2.1.2
Es ist darauf hinzuwirken, die Bewirtschaftung landwirtschaftlich genutzter Böden den absehbaren Folgen des Klimawandels zur Stabilisierung der Umweltsituation und damit auch zur Vermeidung von Ertragsausfällen anzupassen.
Z 4.2.1.3
Es ist darauf hinzuwirken, dass die landwirtschaftliche Nutzung von Flächen zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, naturnaher Lebensräume und zur Förderung der biologischen Vielfalt beiträgt.
Z 4.2.1.4
Es ist darauf hinzuwirken, dass der Anteil ökologisch bewirtschafteter Flächen an der landwirtschaftlichen Fläche weiter zunimmt.
Begründung zu 4.2.1 Landwirtschaft
zu Ziel 4.2.1.1 Die raumordnerische Sicherung von Gebieten mit aus landwirtschaftlicher Sicht landesweit und regional bedeutsamen Böden verfolgt das Ziel, langfristig die natürlichen Voraussetzungen für eine leistungsfähige Landwirtschaft auch vor dem Hintergrund des Klimawandels zu sichern sowie die Voraussetzung für eine verbrauchernahe und krisensichere Versorgung der Bevölkerung zu erhalten. Für die landwirtschaftliche Nutzung aus landesweiter Sicht besonders geeignete Flächen sind nicht gleichmäßig über die einzelnen Planungsregionen verteilt. Um dennoch eine verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung (insbesondere mit Frischprodukten) gewährleisten zu können, müssen auch im regionalen Kontext Schwerpunkte für eine Flächensicherung gesetzt werden können. Im Durchschnitt hat Sachsen eine Ackerzahl von 46 und eine Grünlandzahl von 42 (Bodenwertzahl). Landesweit bedeutsam durch ihre hohe natürliche Ertragsfähigkeit sind Gebiete mit Ackerzahlen größer 50 (vergleiche Karte 9 Gebiete mit speziellem Bodenschutzbedarf). Darüber hinaus können aber schon Böden mit niedrigeren Bodenwertzahlen regional bedeutsam sein. Neben der Sicherung von Gebieten mit einer hohen natürlichen Ertragsfähigkeit sollen für die landwirtschaftliche Produktion geeignete Gebiete auch nach folgenden Kriterien ausgewählt werden:
Eignung der Böden für regional bedeutsame Sonderkulturen (zum Beispiel Spargel),
Böden für die verbrauchernahe Versorgung von Verdichtungsräumen,
zum Obstanbau genutzte Böden,
im Zusammenhang mit bestehender landwirtschaftlicher Tierhaltung stehende Böden zur Futterversorgung.
Die raumordnerische Sicherung von 35 Prozent der regionalen landwirtschaftlichen Nutzfläche hat durch Vorranggebiete zu erfolgen, welche durch zusätzliche Vorbehaltsgebiete ergänzt werden können. Der Nutzung der Böden dieser Gebiete als landwirtschaftliche Nutzfläche darf großflächig keine anderweitige Nutzung entgegenstehen. Eine Überlagerung von Vorranggebieten Landwirtschaft und Vorrang- und Eignungsgebieten Windenergienutzung ist möglich, wenn dadurch die landwirtschaftliche Nutzung nicht wesentlich eingeschränkt wird. Die Anlage naturnaher Strukturelemente (zum Beispiel Anlage von Baum- beziehungsweise Gehölzreihen für Erosionsschutz und Biotopverbund, vergleiche Z 4.1.1.6, Z 4.1.1.14, Z 4.2.1.2 und Z 4.2.1.3) steht einem Vorranggebiet Landwirtschaft nicht entgegen.
Die raumordnerische Sicherung landwirtschaftlicher Nutzfläche dient nicht unmittelbar dem Erhalt des bestehenden Anteils an landwirtschaftlicher Nutzfläche im Freistaat, sondern im Sinne des Grundsatzes § 2 Abs. 2 Nr. 4
ROG
zur Erhaltung und Schaffung der räumlichen Voraussetzungen für die Landwirtschaft dem Erhalt von Flächen, welche für die landwirtschaftliche Produktion langfristig besonders geeignet sind. Eine Überlagerung von Vorranggebieten Landwirtschaft und Vorranggebieten Kulturlandschaftsschutz ist dann möglich, wenn in beiden Fällen die Landschaft (Nutzungsform und Landschaftsbild) geschützt werden soll.
Zur landwirtschaftlichen Nutzung von Böden gehört auch die Tierhaltung. Damit im Zusammenhang stehende bauliche Anlagen sind daher zulässig, soweit diese einem landwirtschaftlichen Betrieb gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1
BauGB
dienen. Allerdings sollen diese, soweit ohne Bezug zu bisherigen Stallanlagen und agrarstrukturell vertretbar, die raumordnerisch gesicherten Böden möglichst geringfügig in Anspruch nehmen. Der Erweiterung und Erneuerung von Stallanlagen sollte zur Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme Vorrang vor Neubauten eingeräumt werden.
zu Ziel 4.2.1.2
Gemäß den Grundsätzen der Raumordnung nach § 2 Abs. 2 Nr. 6
ROG
ist den Erfordernissen des Klimaschutzes durch Maßnahmen Rechnung zu tragen, die sowohl der Anpassung an den Klimawandel dienen als auch den Raum in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden und des Wasserhaushaltes sichern.
Zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft durch eine Stabilisierung der Umweltsituation sind regional differenziert Anpassungsmaßnahmen an die Folgen des Klimawandels erforderlich. Neben weiter steigenden Temperaturen und einer Abnahme von Frühjahrs- und Sommerniederschlägen muss sich die Landbewirtschaftung vor allem auf eine Zunahme von Extremereignissen (Hitze-/Trockenperioden, Starkregen und so weiter) einstellen. Dadurch können Ertragsschwankungen und -einbußen, insbesondere auf den Sandstandorten in Nord- und Ostsachsen, zunehmen. Maßnahmen zur Stabilisierung der Umweltsituation sind insbesondere erforderlich:
auf Sandstandorten in Nord- und Ostsachsen auf Grund der Gefahr zunehmender Winderosion sowie einer trockenheitsbedingt schlechteren Nitrataufnahme durch die Pflanzenbestände mit der Gefahr erhöhter Nitratauswaschung in der winterlichen Sickerwasserperiode oder durch Starkregen; außerdem kommt auf diesen Standorten der Humusreproduktion besondere Bedeutung zu. Sofern nicht gezielt Anpassungsmaßnahmen ergriffen werden, besteht die Gefahr wiederkehrender Ertragsausfälle,
auf Lößstandorten auf Grund der hohen und sehr hohen potenziellen Erosionsgefährdung, der Verdichtungsempfindlichkeit (Grundwasserneubildung und so weiter) sowie der Gefahr trockenheitsbedingt steigender Nitratgehalte im Sickerwasser,
in den Vor- und Mittelgebirgsstandorten auf Grund der hohen potenziellen Erosionsgefährdung sowie eines erwärmungsbedingten Humusabbaus und einer dadurch bedingten Gefahr vorübergehend erhöhter Stoffausträge (Nitrat, Kohlendioxid, Lachgas).
Landwirtschaftlich genutzte Flächen, deren potenzielle Erosionsgefährdung durch Wind als hoch beziehungsweise sehr hoch eingeschätzt wird (Karte 9), sollen durch eine fachgerechte Bewirtschaftung, eine Verkleinerung der Schläge oder durch die Anlage geeigneter Windschutzstreifen (zum Beispiel in Form von Baumreihen, Hecken, Alleen, Feldgehölzen oder Immissionsschutzwäldern) auch einer potenziellen Gefährdung des Straßenverkehrs vorbeugen. Zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels sind vor allem Maßnahmen zu unterstützen, die die Verdunstung der Bodenfeuchte und den Oberflächenabfluss minimieren, die Wasserrückhaltung in der Fläche erhöhen, die Wasserverfügbarkeit und Wassernutzungseffizienz der Kulturpflanzen verbessern, Bodenerosion und Stoffaustrag vermindern sowie die Humusreproduktion sicherstellen (Wahl geeigneter Anbaustrukturen). Diese Aspekte sind auch im Rahmen der Flurneuordnung zu berücksichtigen. In den Bergbaufolgelandschaften sind ferner die Folgen des Grundwasserwiederanstiegs zu berücksichtigen (Vorflut, Drainagen und so weiter).
zu Ziel 4.2.1.3
Der Plansatz nimmt Bezug auf die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 und 6
ROG
, nach welchen die wirtschaftlichen Nutzungen des Raumes unter Berücksichtigung seiner ökologischen Funktion zu gestalten und die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen sind, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen im ländlichen Raum zu schützen.
Die Bilanz der Europäischen Union zeigt, dass das Ziel zur Eindämmung des Verlustes der biologischen Vielfalt bis 2010 verfehlt wurde. Die Konsequenz ist, den Gedanken des Erhalts der Artenvielfalt besser als bisher in die Fachpolitiken, aber auch im Rahmen der Regionalentwicklung als Vorgabe für die Förderpolitik zu integrieren; vergleiche Biodiversitätsstrategie der EU (2011) sowie globaler Strategieplan 2011–2020 der zehnten Vertragsstaatenkonferenz zur UN-Konvention zur Biologischen Vielfalt (Oktober 2010). Über die Hälfte der Landesfläche in Sachsen wird landwirtschaftlich bewirtschaftet. Die biologische Vielfalt in der intensiv genutzten Agrarlandschaft ist so gefährdet, dass nicht nur der Verlust eingedämmt werden muss, sondern diese sogar einer besonderen Förderung bedarf. Der Freistaat Sachsen hat mit dem Programm und Maßnahmenplan des SMUL zur biologischen Vielfalt im Freistaat Sachsen (2009/2010) entsprechende Voraussetzungen geschaffen, den Aspekt der biologischen Vielfalt in die Fachpolitiken zu integrieren. Insbesondere durch die Agrar- und Förderpolitik soll damit dem Erhalt und der Wiederherstellung im direkten Zusammenhang mit der Landbewirtschaftung stehender Lebensräume weiterhin hohe Bedeutung beigemessen werden. Das betrifft Maßnahmen zum Erhalt und zur Wiederherstellung von ökologisch wirksamen Strukturen, insbesondere entlang von Wegen, Straßen und Gewässern innerhalb der landwirtschaftlichen Nutzfläche (zum Beispiel Anlage von Feldrainen, Feldhecken und naturnah gestalteten Gewässerrandstreifen) oder eine Zurücknahme der Bewirtschaftung (zum Beispiel Ackerrandstreifen ohne Düngung und Pflanzenschutz, Feldlerchenfenster). Regelmäßig vernässte Bereiche sollen besonders schonend bewirtschaftet oder zur Biotopentwicklung genutzt werden. Gemäß der Mitteilung der Europäischen Kommission bezüglich des Beitrages der Regionalpolitik zum nachhaltigen Wachstum im Rahmen der Strategie Europa 2020 soll die Biodiversität zukünftig auch über den Struktur- und Kohäsionsfonds im Rahmen der Regionalentwicklung unterstützt werden. Damit kann insbesondere im Rahmen der freiwilligen Flurneuordnung beziehungsweise der Unternehmensflurbereinigung bei Infrastrukturmaßnahmen (zum Beispiel Straßenbau) ein Beitrag zur biologischen Vielfalt geleistet werden. Im Zusammenhang mit der Schaffung einer möglichst günstigen Agrarstruktur soll die Anlage entsprechender Landschaftsstrukturen ermöglicht werden. Die Herstellung solcher Strukturen kann auch ein nutzungsintegrierter Ansatz im Rahmen von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Nutzfläche sein.
zu Ziel 4.2.1.4 Bei einer intensiven Bodennutzung ist auf lange Sicht eine nachhaltige Beeinträchtigung von Böden, Grundwasser und Artenvorkommen nicht auszuschließen. Deshalb gilt es, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit von landwirtschaftlich genutzten Böden unter Beachtung der Grundsätze der guten fachlichen Praxis zu erhalten, vor allem durch zunehmende Anwendung Boden schonender und umweltgerechter Bewirtschaftungsverfahren. Mit dem Bewirtschaftungsverfahren des ökologischen Landbaus kann dabei insgesamt die höchste Stufe der Umweltentlastung (Wasser- und Bodenschutz, Artenvielfalt, Klimaschutz) erreicht werden, da unter anderem auf chemisch-synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel vollständig verzichtet wird. Der Flächenanteil des ökologischen Landbaus an der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Sachsen lag 2011 bei 3,9 Prozent (35 517 ha). Vor dem Hintergrund der Umweltvorteile wird angestrebt, den Anteil deutlich zu erhöhen. Dem müssen allerdings die freien unternehmerischen Entscheidungen der Landwirtschaftsbetriebe für den Ökolandbau vorausgehen. Neben der Umweltentlastung dient diese Ausweitung einer Bedienung der wachsenden Nachfrage nach ökologisch erzeugten Lebensmitteln. Zur Realisierung der Zielsetzung ist es unter anderem erforderlich, ökologisch wirtschaftende Betriebe in ihrem Bestreben nach Flächenaufstockung/Arrondierung zu unterstützen (Flächenvergaben, Flächen der öffentlichen Hand, Flurneuordnung und so weiter) sowie vor konkurrierenden Nutzungen zu schützen (Bauleitplanung, Flurneuordnung).
4.2.2
Forstwirtschaft
Z 4.2.2.1
Der Waldanteil im Freistaat Sachsen ist auf 30 Prozent zu erhöhen. Dazu ist der Waldanteil
in der Planungsregion Oberes Elbtal/Osterzgebirge auf 28,5 Prozent Waldanteil an der Regionsfläche,
in der Planungsregion Oberlausitz-Niederschlesien/Hornja Łužica-Delnja Šleska auf 38 Prozent Waldanteil an der Regionsfläche,
in der Planungsregion Leipzig-Westsachsen auf 19 Prozent Waldanteil an der Regionsfläche,
in der Planungsregion Region Chemnitz auf 32 Prozent Waldanteil an der Regionsfläche
zu erhöhen. Zur Unterstützung dieser Zielstellung sind in den Regionalplänen Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Waldmehrung festzulegen.
Z 4.2.2.2
In den Regionalplänen sind Vorrang- und Vorbehaltsgebiete zum Schutz des vorhandenen Waldes festzulegen.
Z 4.2.2.3
Zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels sind Maßnahmen zur Erhöhung des Anteils standortgerechter Baumarten (Waldumbau) durchzuführen.
G 4.2.2.4
Waldumbaumaßnahmen sollen vorrangig in folgenden Landschaftseinheiten durchgeführt werden:
Mulde-Lösshügelland und angrenzende Teile des Ostthüringischen Lösshügellandes,
Nordsächsisches Platten- und Hügelland,
Erzgebirgsbecken,
Westlausitzer Hügel- und Bergland
,
Östliche Oberlausitz,
Vogtland,
Unteres Osterzgebirge,
Oberlausitzer Bergland,
Sächsische Schweiz und Zittauer Gebirge.
Z 4.2.2.5
Durch Immissionen geschädigte Wälder sind klimaangepasst, standortgerecht und somit als natürlicher Speicher für Kohlenstoff zu sanieren.
Begründung zu 4.2.2 Forstwirtschaft
zu Ziel 4.2.2.1
Mit dem Waldmehrungsziel wird neben der räumlichen Voraussetzung für die Holzproduktion als nachwachsender Rohstoff auch die räumliche Voraussetzung für die Funktion des Waldes als natürlicher Speicher für Kohlenstoff sowie die Funktionsfähigkeit des Bodens, des Wasserhaushaltes, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas und der menschlichen Gesundheit gesichert. Damit wird der Grundsatz der Raumordnung in § 2 Abs. 2 Nr. 4
ROG
zur Erhaltung der räumlichen Voraussetzungen für die Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Rohstoffproduktion untersetzt.
Seit dem Landesentwicklungsplan von 1994 verfolgt der Freistaat langfristig das Ziel, seinen Waldanteil auf 30 Prozent zu erhöhen. Dem entspricht sachsenweit eine Fläche von 552 858 ha. Die Grundlage für die Erfassung des regionalen Waldbestandes und die darauf aufbauende Zielvorgabe ist die Waldflächenstatistik des Staatsbetriebes Sachsenforst. Mit Stand von 2011 besitzt Sachsen nunmehr circa 28,4 Prozent Waldanteil an der Landesfläche. Auf Grund der unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten und den Kriterien zur Waldmehrung wird der Waldanteil in den Planungsregionen auch zukünftig Unterschiede aufweisen. Für die Planungsregion Oberes Elbtal/Osterzgebirge ergibt sich aus der Zielstellung eine Erhöhung des Flächenanteiles von Wald um 2,1 Prozent. In der Planungsregion Region Chemnitz beträgt diese Erhöhung 1,9 Prozent. Sie soll insbesondere in der ehemaligen Planungsregion Chemnitz-Erzgebirge erfolgen, deren Waldanteil 2008 noch bei circa 25 Prozent lag. Obwohl der Waldanteil der Planungsregion Oberlausitz-Niederschlesien/Hornja Łužica-Delnja Šleska deutlich über dem landesweiten Durchschnitt liegt, ist auf Grund möglicher Landnutzungsänderungen vor dem Hintergrund des Klimawandels sowie Aufforstungen in den Bergbaufolgelandschaften eine weitere Erhöhung um 0,8 Prozent vorgesehen. Die Planungsregion Leipzig-Westsachsen hat landesweit den geringsten Waldanteil. Sie ist überwiegend von Ackerflächen mit hoher Bodenwertzahl geprägt, welche auch künftig für die ackerbauliche Nutzung zur Verfügung stehen sollen. Für die Waldmehrung in der Planungsregion sind insbesondere die Kippenflächen der Tagebaue Zwenkau, Espenhain, Witznitz und in bedeutenden Teilen des Tagebaues Vereinigtes Schleenhain als landesweiter Schwerpunkt der Waldmehrung möglichst umfassend zu bewalden. Hieraus ergibt sich eine Erhöhung des Waldanteiles um mindestens 1,5 Prozent. Mit der Waldmehrung in der Region soll auch den Folgen des Klimawandels entgegengewirkt und den zahlreichen positiven Wechselwirkungen zur Stabilisierung des Naturhaushaltes, für die Naherholung, die Lebensqualität und damit auch für die regionale und überregionale Standortattraktivität Rechnung getragen werden. Zielte die Waldmehrung im LEP 1994 auf die zu erreichenden positiven ökologischen Wirkungen (insbesondere in ausgeräumten Agrargebieten und Bergbaufolgelandschaften), so soll die Neubegründung von Wäldern heute auch der Notwendigkeit der Anpassung an die Folgen des Klimawandels, der Biodiversität und der Kulturlandschaftsentwicklung Rechnung tragen. Die räumliche Konkretisierung der regionalen Waldmehrungsziele durch die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Waldmehrung in den Regionalplänen soll auf der Grundlage folgender Kriterien erfolgen:
Umwandlung von Bereichen, die in der Naherholungszone von Siedlungsbereichen mit hoher Einwohnerdichte liegen und die derzeit eine geringe lokalklimatische Entlastungswirkung aufweisen, in Bereiche mit lokalklimatischer Ausgleichswirkung gegenüber sommerlicher Hitzebelastung,
Sicherung des Biotopverbundes über Wanderungskorridore,
Sicherung einer nachhaltigen Landnutzung in Gebieten mit hoher Wind- und Wassererosionsgefahr,
Rückhaltung von Niederschlagswasser in Gebieten mit Hochwasserentstehungsgefahr,
Umwandlung von landwirtschaftlich genutzten Gebieten mit hohem Ertragsausfallrisiko,
Mehrung Gewässer begleitender Wälder, insbesondere von Auwäldern an großen Flüssen.
Gebiete mit einer hohen natürlichen Ertragsfähigkeit für die landwirtschaftliche Produktion sollen für die Aufforstung im Wesentlichen nicht in Anspruch genommen werden (vergleiche Z 4.2.1.1). Die Waldmehrungsplanung für den Freistaat Sachsen ist eine weitere Grundlage für die Auswahl geeigneter Gebiete. Adressat des Waldmehrungszieles ist auch der Freistaat selbst, der im Rahmen seiner Forstpolitik die Waldmehrung nach den genannten Kriterien weiterhin unterstützt.
zu Ziel 4.2.2.2
Gemäß den Grundsätzen der Raumordnung in § 2 Abs. 2 Nr. 4
ROG
ist mit dem Schutz der Wälder den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes (Kohlenstoffspeicherfähigkeit der Wälder) und der Anpassung an den Klimawandel (lokalklimatische Wirksamkeit) Rechnung zu tragen. Weiterhin sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Forstwirtschaft ihren Beitrag zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen leisten kann. Insbesondere soll die raumordnerische Sicherung bestehender Wälder deren besonderer Bedeutung bei gleichzeitiger Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion Rechnung tragen. Dies bedeutet nicht, dass alle Funktionen gleichmäßig stark ausgeprägt sein müssen. Beispielsweise erfüllen Totalreservate und Naturwaldzellen keine Nutzfunktion.
Waldflächen sind nach dem Sächsischen Waldgesetz in ihrem Bestand geschützt. Ihre Umwandlung zugunsten einer anderen Nutzung bedarf der Genehmigung. Eine raumordnerische Sicherung darüber hinaus ist sinnvoll, wenn
im Einzelfall ein raumordnerischer Nutzungskonflikt erkennbar ist,
Wälder vor dem Hintergrund der Kriterien nach Ziel 4.2.2.1 besonders bedeutsam sind,
Wälder in ihren Funktionen, wie sie sich aus der Waldfunktionenkartierung ergeben, eine besondere Bedeutung haben,
es sich um großflächige naturnahe Waldkomplexe (vergleiche auch Anhang 1 „Fachplanerische Inhalte des Landschaftsprogramms“, Kapitel 2.2.2.1 und Karte A 1.5) handelt.
zu Ziel 4.2.2.3
Die Leitvorstellungen der Raumordnung sind auch auf die Minimierung von Umweltbelastungen ausgerichtet. So ist gemäß den Grundsätzen der Raumordnung in § 2 Abs. 2 Nr. 4 und 6
ROG
der Raum unter Berücksichtigung seiner ökologischen Funktionen zu gestalten und zu entwickeln. Dabei soll den räumlichen Erfordernissen der Anpassung an die Folgen des Klimawandels Rechnung getragen sowie die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die Forstwirtschaft weiterhin ihrer Bedeutung als Rohstoffproduzent gerecht werden kann.
Die prognostizierten Klimaveränderungen werden in den Wäldern vielfältige Anpassungsreaktionen auslösen. Hieraus können Beeinträchtigungen der Waldfunktionen resultieren, wie dies durch das Absterben von Waldbeständen im Zuge der hohen Immissionsbelastungen im vergangenen Jahrhundert im Freistaat bereits der Fall war. Die Auswirkungen des Klimawandels werden die regional begrenzten Erfahrungen der immissionsbedingten Waldschäden im Erzgebirge jedoch bei weitem überschreiten. Einer großräumigen Beeinträchtigung der Waldfunktionen auf Grund der erwarteten klimatischen Veränderung ist durch einen rechtzeitigen funktions- und risikoangepassten Waldumbau zu standortgerechten artenreichen Mischwäldern mit hoher Anpassungsfähigkeit an die Folgen des Klimawandels vorzubeugen, auch um unvorhersehbaren Entwicklungen im Bereich der Schadorganismen besser vorzubeugen. Ulmenwelke und Eschentriebsterben verdeutlichen die Problematik der unvorhersehbaren Entwicklung von Schadorganismen auch bei standortheimischen Baumarten. Im Zuge des Waldumbaus sollen dafür standortgerechte Baumarten unter Verwendung eines hinreichenden Anteils standortheimischer Baumarten beziehungsweise Baumarten der natürlichen Waldgesellschaft eingesetzt werden. Damit soll im Rahmen des Waldumbaus gleichzeitig das heimische Baumartenpotenzial als Grundlage der natürlichen Biodiversität gesichert werden. Dies wird durch das Programm und den Maßnahmenplan zur Biologischen Vielfalt im Freistaat Sachsen (2009/2010) unterstützt. Darüber hinaus kann aber auch die standortgerechte Beteiligung fremdländischer Baumarten vorteilhaft sein (zum Beispiel Douglasie, Robinie, Roteiche). Naturverjüngung kann unter anderem auf Grund ihrer Standortangepasstheit, ihres Potenzials zur Bestandsstrukturierung und optimaler Wurzelentwicklung einen weiteren Beitrag für eine erhöhte Bestandsstabilität und die natürliche Biodiversität bringen. Adressat des Waldumbauzieles ist der Freistaat selbst, der im Rahmen seiner Forstpolitik auch den Waldumbau in anderen Waldeigentumsarten langfristig unterstützen soll.
zu Grundsatz 4.2.2.4 Von 1994 bis 2010 wurden allein im sächsischen Landeswald circa 20 000 ha Wald vor allem mit den Baumarten Buche, Weißtanne und Eiche in Mischwälder umgebaut. Gleichzeitig wurde der Waldumbau auf jährlich rund 300 ha im Privat- und Körperschaftswald gefördert. Der Waldumbau im sächsischen Staatswald soll mit 1 300 bis 1 500 ha pro Jahr zielgerichtet und mit Blick auf die bevorstehenden Veränderungen der ökologischen Rahmenbedingungen im Zuge des Klimawandels und der Biodiversitätsstrategie fortgeführt werden. Allein bezogen auf den Staatswald des Freistaates betrifft der Waldumbau insgesamt noch circa 60 000 ha bis Mitte des Jahrhunderts. Vor dem Hintergrund sowohl der Dringlichkeit als auch der Langfristigkeit des Waldumbaus sowie der unterschiedlichen Voraussetzungen durch die standörtlichen Gegebenheiten und die vorhandenen Baumartenzusammensetzungen ist es sinnvoll, regional Prioritäten für den Waldumbau zu setzen. Waldumbaumaßnahmen sind vorrangig auf die Landschaftseinheiten nach Karte 6 zu konzentrieren, in denen ansonsten auf Grund der klimatischen Veränderungen ein großräumiger Verlust von Waldfunktionen zu erwarten wäre. In allen übrigen Landschaftseinheiten des Freistaates soll der Waldumbau differenziert unter Berücksichtigung der standörtlich bedingten funktionalen Risiken und der Abweichung des gegebenen Waldzustandes vom standortgerechten Zielzustand fortgeführt werden.
zu Ziel 4.2.2.5 Gemäß Ziel 4.1.1.6 können Waldschadensgebiete in den Regionalplänen als „sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ ausgewiesen werden. In diesen Gebieten ist die Minimierung der Umweltbelastungen durch Bodenschutzkalkungen und Waldumbau hin zu standortgerechten, artenreichen Mischwäldern mit hoher Anpassungsfähigkeit an die Folgen des Klimawandels eine Voraussetzung für die Walderhaltung und damit Grundlage für eine Waldmehrung. Die Maßnahmen dienen der notwendigen Regeneration der noch immer versauerten Waldböden, dem Grundwasserschutz und dem Waldwachstum. Bodenschutzkalkungen sollen in ausreichendem Abstand von Standorten erfolgen, deren Böden und Vegetation sich von Kalkung unbeeinflusst entwickeln sollen (zum Beispiel naturnahe Moore, Referenzflächen in NSG oder bestimmte Lebensraumtypenflächen in FFH- Gebieten).
4.2.3
Bergbau und Rohstoffsicherung
Karten:
In der Karte 10 „Klassifizierung der Vorkommen von Steine- und Erden-Rohstoffen, aktiver Steine-Erden-Bergbau“ ist unter anderem die Wertigkeit der oberflächennahen Rohstoffvorkommen in ihrer regionalen Verteilung nach Rohstoffgruppen dargestellt. In der Karte 11 „Klassifizierung der Braunkohlenlagerstätten, Verbreitung erz- und spathöffiger Gebiete“ sind unter anderem der aktive Braunkohlenbergbau, das Potenzial von Braunkohlenressourcen für die stoffliche und energetische Nutzung und Vorkommen von Spaten und Erzen dargestellt.
Z 4.2.3.1
In den Regionalplänen sind die raumordnerischen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung und Gewinnung von standortgebundenen einheimischen Rohstoffen zu schaffen. Dazu sind Vorranggebiete für den Rohstoffabbau sowie Vorranggebiete für die langfristige Sicherung von Rohstofflagerstätten festzulegen. Die landesweit bedeutsamen Braunkohlenlagerstätten in den Tagebaubereichen Vereinigtes Schleenhain, Nochten/Wochozy und Reichwalde/Rychwałd sowie der sächsische Teil des Tagebaus Welzow-Süd sind durch Festlegung von Vorranggebieten für den Braunkohlenabbau zu sichern.
G 4.2.3.2
Sicherung und Abbau von Rohstofflagerstätten sollen auf einer vorausschauenden Gesamtplanung basieren. Die Abbauflächen sollen Zug um Zug mit dem Abbaufortschritt einer nachhaltigen Folgenutzung, die sich in das räumliche Gesamtgefüge einordnet, zugeführt werden. Die bei der Wiedernutzbarmachung neu entstehenden Flächen, welche natürliche Bodenfunktionen wahrnehmen sollen, sollen so gestaltet werden, dass eine den naturräumlichen Verhältnissen angepasste Entwicklung, Nutzung und Funktionalität gewährleistet wird.
Begründung zu 4.2.3 Bergbau und Rohstoffsicherung
zu Ziel 4.2.3.1 Der Freistaat Sachsen ist ein rohstoffreiches Land. Um eine nachhaltige, das heißt ökologisch, ökonomisch und sozial verträgliche Versorgung der Wirtschaft mit Rohstoffen zu gewährleisten, bedarf es einer fachübergreifenden Gesamtplanung, die sowohl die Standortgebundenheit der Rohstoffvorkommen als auch die übrigen Nutzungsansprüche an den Raum sowie die sonstigen Schutzgüter berücksichtigt. Die Rohstoffwirtschaft verfügt zur Sicherung ihrer Ressourcen über keine eigene Fachplanung und ist somit auf die Festlegungen der Raumordnung angewiesen. Die Regionalplanung kann durch die Festlegung von Vorranggebieten für den Rohstoffabbau sowie von Vorranggebieten für die langfristige Sicherung von Rohstofflagerstätten einen verlässlichen Ordnungsrahmen für eine nachhaltige Rohstoffnutzung und bedarfsgerechte Rohstoffversorgung schaffen. Dazu soll in allen Planungsregionen eine abgestimmte Verfahrensweise bei der Festlegung von Gebieten zur Rohstoffsicherung erfolgen.
Das Ziel konkretisiert den Grundsatz des § 2 Abs. 2 Nr. 4
ROG
, wonach die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen sind.
Als Vorranggebiete für den Rohstoffabbau sollen insbesondere festgelegt werden:
bereits genehmigte Abbauvorhaben sowie Erweiterungs- und Ersatzflächen für bestehende Betriebe,
landesweit bedeutsame Rohstofflagerstätten – Rohstofflagerstätten sind landesweit bedeutsam, wenn die in ihnen angetroffenen Bodenschätze selten sind und/oder ein hohes Veredlungspotenzial aufweisen (Braunkohlen, Kaoline, Tone, Bentonite, Quarzsande und -kiese; Festgesteine und Kiessande, soweit sie zur Herstellung hochwertiger Baustoffe geeignet sind; Naturwerkstein; Karbonatgesteine; Erze und Spate).
Für die Festlegung dieser Gebiete ist die Sicherung der Rohstoffversorgung für den kurzfristigen Bedarf (Zeitraum circa 20 bis 30 Jahre) zu betrachten. Durch den Umfang der Festlegungen ist eine sichere, bedarfsorientierte, regional ausgewogene Versorgung in diesem Zeitraum zu gewährleisten. Für die Vorranggebiete für den Rohstoffabbau erfolgt eine abschließende Abwägung hinsichtlich der Nutzbarkeit der Rohstofflagerstätten, die alle anderen raumbedeutsamen Nutzungen, die mit dem Rohstoffabbau nicht vereinbar sind, ausschließt. Für diese Gebiete sind die gegebenenfalls erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt im Rahmen der Umweltprüfung vertieft zu prüfen sowie die Vereinbarkeit mit den Erhaltungszielen oder dem Schutzzweck eventuell betroffener Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung oder europäische Vogelschutzgebiete zu prüfen (FFH-Verträglichkeitsprüfung). Für die Festlegung der Vorranggebiete für die langfristige Sicherung von Rohstofflagerstätten (über den kurzfristigen Bedarf hinausgehend) sollen insbesondere folgende Kriterien herangezogen werden:
das Rohstoffpotenzial und seine räumliche Verteilung,
die rohstoffgeologische Bewertung der Lagerstätten,
die Bedeutsamkeit der Rohstofflagerstätten.
Die Vorranggebiete für die langfristige Sicherung von Rohstofflagerstätten dienen dem Erhalt der Möglichkeit der Rohstoffgewinnung für zukünftige Generationen und sind daher von solchen Nutzungen freizuhalten, die einen späteren Rohstoffabbau unmöglich machen (Verkehrstrassen, neue Siedlungsgebiete, Gewerbegebiete und so weiter). Dagegen sind raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen, die die gesicherte Rohstofflagerstätte nicht beeinträchtigen, wie Arten- und Biotopschutz, Wasserschutz, Land- und Forstwirtschaft, Erholungsnutzung, mit der vorrangigen Funktion vereinbar. Eine Überlagerung mit entsprechenden Vorrang-/Vorbehaltsgebieten ist möglich. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2
SächsLPlG
können durch Ziele der Raumordnung (hier Vorranggebiete) für ein bestimmtes Gebiet verschiedene Nutzungen oder Funktionen vorgesehen werden. Da die genannten Funktionen beziehungsweise Nutzungen nicht miteinander in Konflikt treten, ist eine Bestimmung der Rangfolge der Festlegungen hier nicht notwendig. Mit der Festlegung als Vorranggebiete für die langfristige Rohstoffsicherung sollen die Lagerstätten vor Nutzungen geschützt werden, die einen späteren Abbau unmöglich machen. Damit ist noch keine Entscheidung über die mögliche künftige Inanspruchnahme der Lagerstätte getroffen. Dazu wäre eine erneute raumordnerische Prüfung, entweder im Rahmen der Fortschreibung des Regionalplanes, in einem Raumordnungsverfahren oder integriert in einem gesonderten Genehmigungsverfahren, notwendig.
Ungeachtet des Auftrages zur Festlegung von Vorranggebieten können in den Fällen, in denen durch die Träger der Regionalplanung keine abschließende Abwägung zu Gunsten der Sicherung des Rohstoffabbaus beziehungsweise zur langfristigen Sicherung von Rohstofflagerstätten getroffen werden kann, dem Rohstoffbelang aber bei nachfolgenden Abwägungen ein besonderes Gewicht beigemessen werden soll, in den Regionalplänen auch Vorbehaltsgebiete für standortgebundene einheimische Rohstoffe festgelegt werden. Insofern bleibt die Möglichkeit zur Ausweisung von Vorbehaltsgebieten nach § 8 Abs. 7 in Verbindung mit § 8 Abs. 5
ROG
unberührt.
Aus Gründen der Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind die bestehenden Gewinnungsbetriebe nachrichtlich darzustellen. Bei den Festlegungen, vor allem bei den Vorranggebieten für den Rohstoffabbau, sind durch die Regionalplanung insbesondere folgende Belange zu berücksichtigen:
Sicherung der Rohstoffversorgung/Rohstoffbedarf,
Standortgebundenheit und regionale Verteilung der Lagerstätten,
wirtschaftliche Bedeutung des Rohstoffes,
Möglichkeit der sparsamen und schonenden, das heißt optimalen Nutzung der Lagerstätten (Nacheinander von Rohstoffaufschlüssen),
abbaubedingte Vorbelastungen, Vermeidung der Überlastung von Teilräumen durch die Auswirkungen des Rohstoffabbaus,
Schutzbedürftigkeit ökologisch besonders wertvoller Lebensräume und prägender Landschaftsbilder sowie hinsichtlich der Naturhaushaltsfunktionen (auch klimawandelbedingt) besonders empfindlicher Gebiete,
geordnete Siedlungsentwicklung,
Vermeidung der Kumulation von Rohstoffabbau in Gebieten mit einem klimawandelbedingt besonders angespannten Wasserhaushalt,
Belange von Tourismus und Erholung,
zeitliche Begrenztheit des Eingriffs und Möglichkeiten der Wiedernutzbarmachung (fortlaufende Rekultivierung),
Entstehen temporärer oder dauerhafter ökologisch wertvoller Sekundärbiotope während des Bergbauvorhabens oder danach.
Die Braunkohlenlagerstätten in den Tagebaubereichen Vereinigtes Schleenhain, Nochten/Wochozy und Reichwalde/Rychwałd besitzen für die Rohstoffwirtschaft (stoffliche und energetische Verwertung) eine herausragende Bedeutung. Für die bereits in den verbindlichen beziehungsweise in Aufstellung befindlichen Braunkohlenplänen festgelegten Gebiete sowie für den sächsischen Teil des Tagebaus Welzow-Süd, ist die entsprechende planerische Sicherheit zu gewährleisten. Auf Grund neuer landesweiter Erfordernisse kann es notwendig werden, zusätzliche Braunkohlenlagerstätten, die sich für eine stoffliche Veredelung und/oder energetische Nutzung eignen, zu sichern. Die Notwendigkeit der zusätzlichen Sicherung von Braunkohlenlagerstätten, die für eine stoffliche Veredelung und/oder energetische Nutzung geeignet sind, ist zu prüfen. Die Verteilung der Bodenschätze in Sachsen ist räumlich differenziert. Somit ist es erforderlich, diese räumlichen Unterschiede bei der vorsorgenden raumordnerischen Sicherung so zu berücksichtigen, dass ein regionaler Ausgleich erreicht wird. Mit dem Fachinformationssystem Rohstoffe (FIS Rohstoffe) liegt ein aktuelles und umfassendes rohstoffgeologisches Instrument für alle sächsischen Rohstofflagerstätten und -vorkommen vor, in dem die zur Verfügung stehenden Rohstoffdaten laufend fortgeschrieben und bewertet werden (www.umwelt.sachsen.de/umwelt/geologie/7655.htm). Die Nutzung dieser Informationsbasis als Grundlage für die raumordnerische Sicherung von Rohstofflagerstätten gewährleistet eine nachvollziehbare und vergleichbare raumordnerische Verfahrensweise in den einzelnen Planungsregionen in Übereinstimmung mit den Leitlinien und Zielen der sächsischen Rohstoffpolitik (Rohstoffstrategie für Sachsen). Zur Information sind dem LEP 2013 die Erläuterungskarten 10 und 11 entsprechend der Rohstoffstrategie beigefügt. Die Klassifizierungen der Vorkommen und Lagerstätten in Karte 10 und in Karte 11 basieren auf rein rohstoffbezogenen Parametern. Die Flächenumgrenzungen berücksichtigen in Karte 10 als ausgewählte, eine Rohstoffgewinnung ausschließende Elemente: Bebauungen, wichtige Trassenverläufe und Gewässer einschließlich Pufferzonen. Sonstige Nutzungskonflikte sind in dieser rein fachlichen Bewertung nicht berücksichtigt. Die Abwägung mit allen anderen raumordnerisch relevanten Belangen erfolgt im Rahmen der regionalplanerischen Sicherung von Rohstofflagerstätten mit dem Ziel des Ausgleichs von Nutzungsinteressen.
zu Grundsatz 4.2.3.2 Der Abbau von Bodenschätzen ist ein Eingriff in das Landschaftsbild und in den bestehenden Naturhaushalt. Dies erfordert, dass, soweit es die abbautechnischen und betrieblichen Gegebenheiten zulassen, möglichst frühzeitig mit den Rekultivierungsmaßnahmen begonnen wird. Frühzeitige grundlegende Vorgaben für eine Folgenutzung sichern eine sinnvolle Einbindung der Bergbaufolgelandschaft in das räumliche Gesamtgefüge und fördern die Akzeptanz des Vorhabens.
Die gemäß dem Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (
Bundes-Bodenschutzgesetz
BBodSchG
) vom 17. März 1998 (BGBl. I S. 502), zuletzt geändert durch Artikel 5 Abs. 30 des Gesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212, 261), geforderte Funktionalität von Böden ist bei bergbaubedingten Hinterlassenschaften zunächst nicht oder nur sehr eingeschränkt gegeben. Bei der Rekultivierung muss deshalb die Herstellung der Funktionalität unter Beachtung nutzungsbezogener Aspekte angestrebt werden. Dabei dient die Ausbildung der natürlichen Böden der Region als Orientierung. Besonders weitreichende Änderungen der hydrologischen, hydrochemischen, wasserwirtschaftlichen und ökologischen Verhältnisse im Grund- und Oberflächenwasser, hervorgerufen durch den Beginn, den Betrieb und die Aufgabe von Grundwasserabsenkungen und Betriebswasserableitungen, erfordern eine unbedingte Beachtung bei Vorbereitung, Betrieb und Schließung des Tagebaubetriebes und der Nachsorgeplanungen. Die Wasserhaushalts- und Vorflutverhältnisse sollen landschaftsgerecht und selbstregulierend hergestellt werden. Da Gewässer in hohem Maße landschaftsprägenden Charakter haben, sind sie im Zusammenhang der Bergbaufolgemaßnahmen landschaftsgerecht zu gestalten. Um die Nachsorgeaufwendungen zu minimieren, kommt der Schaffung von Vorflutsystemen mit selbstregulierendem Wasserhaushalt eine zentrale Bedeutung zu.
Die Schaffung und Erhaltung von Lebensräumen von Pflanzen und Tieren im Rahmen von Rekultivierungsmaßnahmen soll sich an Erfordernissen naturraumtypischer Ökosysteme beziehungsweise des Biotopverbundes orientieren (vergleiche auch G 4.1.1.17).
5
Technische Infrastruktur
5.1
Energieversorgung
Z 5.1.1
Die Träger der Regionalplanung wirken darauf hin, dass,
die Nutzung der Erneuerbaren Energien flächensparend, effizient und umweltverträglich ausgebaut werden kann,
die einheimische Braunkohle als bedeutendster einheimischer Energieträger zur sicheren Energieversorgung weiter genutzt werden kann und,
die Energieinfrastruktur unter Berücksichtigung regionaler Energiepotenziale und -kreisläufe optimiert wird.
G 5.1.2
Bei Vorliegen von Regionalen Energie- und Klimaschutzkonzepten sind diese bei der Regionalplanung zu berücksichtigen.
Windenergie
Z 5.1.3
In den Regionalplänen sind die räumlichen Voraussetzungen zum Erreichen des für die Nutzung der Windenergie geltenden Zieles der Sächsischen Staatsregierung in der jeweils geltenden Fassung entsprechend dem Flächenanteil der jeweiligen Planungsregion an der Gesamtfläche des Freistaates Sachsen (regionaler Mindestenergieertrag) zu sichern. Die Nutzung der Windenergie ist dabei durch eine abschließende, flächendeckende Planung nach dem Prinzip der dezentralen Konzentration in den Regionalplänen durch die Festlegung von Vorrang- und Eignungsgebieten zur Nutzung der Windenergie räumlich zu konzentrieren.
Z 5.1.4
Die Träger der Regionalplanung können vom regionalen Mindestenergieertrag nach Ziel 5.1.3 Satz 1 abweichen, soweit gewährleistet ist, dass das Ausbauziel bezogen auf die Windenergie landesweit eingehalten wird.
G 5.1.5
Bei der Festlegung von Vorrang- und Eignungsgebieten zur Nutzung der Windenergie sollen unter anderem
die Windhöffigkeit der Gebiete,
bestehende technogene Vorbelastungen der Landschaft, insbesondere Autobahnen und andere Infrastrukturtrassen sowie die durch den Braunkohlenabbau geprägten Gebietsregionen,
Lagen, welche nicht in besonderer Weise die Kulturlandschaft prägen,
die Möglichkeiten der Netzeinspeisung,
das besondere Interesse, Altanlagen durch Neuanlagen zu ersetzen (Repowering) und
die lokale Akzeptanz von Windenergieanlagen, auch im Hinblick auf einen hinreichenden Abstand zu Wohngebieten
berücksichtigt werden. Die Nutzung von Waldgebieten soll grundsätzlich vermieden werden. Dies gilt insbesondere für Waldflächen mit Schutzstatus nach Naturschutzrecht und mit ausgewählten Waldfunktionen.
G 5.1.6
Die Träger der Regionalplanung sollen darauf hinwirken, dass Altanlagen, deren Energieertrag außer Verhältnis zu den von ihnen ausgehenden störenden Auswirkungen steht, durch neue Windenergieanlagen an geeigneten Standorten ersetzt werden. Dazu sollen in den Regionalplänen Vorrang- und Eignungsgebiete oder Teilflächen solcher Gebiete festgelegt werden, innerhalb derer die Errichtung von Windenergieanlagen nur zulässig ist, wenn bestimmte, außerhalb der festgelegten Vorrang- und Eignungsgebiete errichtete Windenergieanlagen zurückgebaut werden.
Biomasse
Z 5.1.7
Flächen für Biomasseanlagen dürfen durch Bebauungsplan nur festgesetzt werden, wenn die entstehende Abwärme überwiegend genutzt und der Bedarf an Biomasse überwiegend aus der näheren Umgebung gedeckt werden kann.
Geothermie
G 5.1.8
Die Träger der Regionalplanung wirken darauf hin, dass die regionalen Potenziale zur Nutzung der oberflächennahen Geothermie und der Nutzung von Grubenwässern aufgezeigt werden.
Netzausbau
Z 5.1.9
In den Regionalplänen sind, soweit erforderlich, Trassenkorridore zum Ausbau des länderübergreifenden Stromübertragungsnetzes und des Stromverteilnetzes raumordnerisch zu sichern.
Begründung zu 5.1 Energieversorgung
Hinweis:
Der Auftrag zur Sicherung der räumlichen Voraussetzungen zur Nutzung der einheimischen Braunkohle als bedeutendster Energieträger zur sicheren Energieversorgung sowie als Rohstoff erfolgt im Kapitel 4.2.3 Bergbau und Rohstoffsicherung.
zu Ziel 5.1.1
In Ausformung der Grundsätze des
Raumordnungsgesetzes
sind durch formelle und informelle Planung die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der raumbedeutsamen Erneuerbaren Energien zu schaffen. Dabei sind die natürlichen Ressourcen nachhaltig zu schützen, die Flächeninanspruchnahme für die notwendige Infrastruktur im Freiraum zu begrenzen und die Voraussetzungen für den Ausbau der Energienetze zu schaffen (vergleiche Grundsätze der Raumordnung in § 2 Abs. 2 Nr. 4 und 6
ROG
).
Der Ausbau der Nutzung der Erneuerbaren Energien verändert die Struktur der Energieversorgung grundsätzlich. Solchen Struktur verändernden Herausforderungen hat die Raumordnung Rechnung zu tragen, wobei regionale Entwicklungskonzepte und Bedarfsprognosen der Landes- und Regionalplanung einzubeziehen sind (vergleiche Grundsatz der Raumordnung § 2 Abs. 2 Nr. 1
ROG
). Eine konzeptionelle Vorbereitung durch Regionale Energie- und Klimaschutzkonzepte ist ein wichtiger Schritt zur Umsetzung der landesweiten energie- und klimaschutzpolitischen Zielstellungen auf kommunaler Ebene.
Durch die Moderation der Regionalen Planungsverbände im Rahmen der Regionalen Energie- und Klimaschutzkonzepte soll eine räumlich und sachlich integrierte Sicht auf die Erneuerbaren Energien im Mittelpunkt stehen. Neben einer umfassenden Potenzial- und Bedarfsermittlung ist insbesondere eine raumordnerische Bewertung der räumlichen Potenziale der Erneuerbaren Energien erforderlich. Ihre Nutzung ist mit Eingriffen in die Landschaft verbunden. Im Gegensatz zur Gewinnung des Energierohstoffes Braunkohle sind die Erneuerbaren Energien jedoch nur bedingt standortgebunden und in der Regel sachsenweit verfügbar. Dies erfordert eine räumliche Steuerung zur Minimierung der Nutzungskonflikte. Die Bewertung der Nutzungsmöglichkeit der Potenziale der raumbedeutsamen Erneuerbaren Energien soll sich dabei an folgenden raumrelevanten Kriterien orientieren:
flächensparend:
durch die Ausweisung von Flächen zur Erzeugung von Elektroenergie hoher Leistung in der Umgebung bestehender geeigneter Netzinfrastruktur (zum Beispiel Umspannwerke beziehungsweise Hochspannungsleitungen) zur Verringerung des Netzausbaubedarfs,
effizient:
durch das Ziel, lokale Produktions- und Abnehmerstrukturen optimal miteinander zu verbinden,
durch eine geeignete Standortwahl, um auf so wenig wie möglich Fläche so viel wie möglich Leistung zu erbringen,
umweltverträglich:
damit die Beeinträchtigungen für Mensch und Natur so gering wie möglich gehalten werden, eine unverhältnismäßig hohe Belastung der Kulturlandschaft ausgeschlossen wird und die landwirtschaftliche Nutzfläche weitestgehend erhalten bleibt
und damit eine nachhaltige, das heißt dauerhaft tragfähige Nutzung der Erneuerbaren Energien ermöglichen. Die Optimierung der Energieinfrastruktur beinhaltet auch geeignete Ausweisungen zu raumbedeutsamen Standorten für die Energiespeicherung, wie zum Beispiel Pumpspeicherkraftwerke, welche in den Regionalplänen zu sichern sind.
zu Grundsatz 5.1.2 Regionale Energie- und Klimaschutzkonzepte gehen sowohl durch die Berücksichtigung aller Potenziale zur Nutzung der Erneuerbaren Energien als auch der Energieeffizienz über die Möglichkeiten der Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien durch eine raumordnerischen Steuerung hinaus und sind geeignet, den Ausbau der Erneuerbaren Energien im Sinne einer regionalen Wertschöpfung zu befördern. Diese Konzepte bilden eine Grundlage für die Regionalplanung und die Regionalentwicklung mit dem Ziel, lokale Produktions- und Abnehmerstrukturen von Energie optimal miteinander zu verbinden. Insbesondere die Regionalen Planungsverbände als Träger der Regionalplanung und der Landschaftsrahmenplanung sind geeignet, räumliche Potenziale Erneuerbarer Energien zu ermitteln und raumverträglich zu bewerten. Diese Konzepte bilden somit einen Rahmen für Energie- und Klimaschutzkonzepte der Aktionsräume der Regionalentwicklung sowie der Landkreise und Kreisfreien Städte und sind im Rahmen von Förderprogrammen, der Fachplanung sowie der Regionalentwicklung umzusetzen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien soll schrittweise und mit Augenmaß erfolgen. Im Rahmen von Regionalen Energie- und Klimaschutzkonzepten sollen Zielstellungen dazu ambitioniert und dem Stand der Technik gemäß erfolgen. Aktivitäten auf kommunaler, privatwirtschaftlicher und bürgerschaftlicher Ebene (Einzellösungen) sind in die Regionalen Energie- und Klimaschutzkonzepte einzubeziehen. Im Gegenstromprinzip sind die Ergebnisse auf den nachfolgenden Ebenen zu berücksichtigen und umzusetzen. Öffentlichkeitsarbeit ist wesentlicher Bestandteil der Regionalen Energie- und Klimaschutzkonzepte, die auf einen längerfristigen Prozess auf regionaler und kommunaler Ebene angelegt sind. Bei der Konzepterstellung sind insbesondere die Energieversorger, die Netzbetreiber sowie der Naturschutz zu beteiligen. Für die Erarbeitung Regionaler Energie- und Klimaschutzkonzepte ist insbesondere die im Rahmen des Modellprojektes für den Regionalen Planungsverband Oberlausitz-Niederschlesien/Hornja Łužica-Delnja Šleska erarbeitete Methodik zu Grunde zu legen. Damit soll auf einer vergleichbaren Datengrundlage eine effektive Datenerhebung und -auswertung gewährleistet werden.
Windenergie
zu Ziel 5.1.3 Die Nutzung der Windenergie ist nach dem derzeitigen Stand der Technik die effektivste und leistungsfähigste Art der Onshore-Energieerzeugung im Rahmen der Erneuerbaren Energien. An dem im Freistaat bewährten Konzept einer räumlich abschließenden, flächendeckenden Planung der Nutzung der Windenergie auf Ebene der Regionalplanung soll festgehalten werden. Dies schafft die Voraussetzungen für einen zukunftsfähigen Ausbau der Windenergie. Die landesgesetzliche Vorgabe des § 2 Abs. 1 Satz 2
SächsLPlG
, wonach die Ausweisung von Eignungsgebieten nur in Verbindung mit der Ausweisung von Vorranggebieten erfolgen darf, hat sich bewährt und steht im Einklang mit der Rechtsprechung zur Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB
. Nur eine Verknüpfung der Vorrang- und Eignungsgebiete bildet eine rechtssichere Grundlage für eine räumlich abschließende flächendeckende Planung zur Konzentration der Windenergienutzung.
Voraussetzung für eine solche Planung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein schlüssiges, gesamträumliches Konzept, das der Nutzung der bauplanungsrechtlich im Außenbereich privilegierten Windenergie durch die Ausweisung von Vorrang- und Eignungsgebieten in substanzieller Weise Raum schafft. Hinsichtlich des Kriteriums „substanziell Raum schaffen“ verweist Ziel 5.1.3 dynamisch auf die Beschlüsse der Staatsregierung zum Ausbau der Erneuerbaren Energien, wie sie erstmals mit dem Leistungsziel des Klimaschutzprogramms des Freistaates aus dem Jahr 2001 vorlagen und bereits den Vorgaben im LEP 2003 zu Grunde lagen. Diese Vorgehensweise hat die Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts bestätigt (siehe Normenkontroll-Urteil vom 17.07.2007). Die im Klimaschutzprogramm 2001 enthaltenen Ertragsziele konkretisierten die Formel des Bundesverwaltungsgerichtes in Form quantifizierter Vorgaben. Weiterhin ist der höchstrichterlichen Rechtsprechung (siehe vor allem Beschluss des BVerwG v. 15.09.2009 – Az.: 4 BN 25/09) dadurch Rechnung zu tragen, dass sich die Ausarbeitung eines Planungskonzeptes auf der Ebene des Abwägungsvorganges in mehreren Abschnitten vollzieht.
Im ersten Abschnitt sind diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln, die sich für die Nutzung der Windenergie nicht eignen. Die Tabuzonen lassen sich in zwei Kategorien einteilen, nämlich in Zonen, in denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen schlechthin ausgeschlossen sind („harte“ Tabuzonen) und in Zonen, in denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen zwar tatsächlich und rechtlich möglich sind, in denen nach den Vorstellungen, die der Plangeber anhand eigener Kriterien entwickeln darf, aber keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollen („weiche“ Tabuzonen). Unter Letztere fallen zum Beispiel am Vorsorgegedanken orientierte und über das rechtlich Gebotene hinausgehende Schutzkriterien für die menschliche Gesundheit (durch Siedlungsabstände), für bedrohte Tierarten (durch Pufferzonen zu Schutzgebieten) oder für das Landschaftsbild (durch einen Mindestabstand der Gebiete untereinander). Nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen bleiben sogenannte Potenzialflächen übrig, die für die Darstellung von Konzentrationszonen in Betracht kommen. Sie sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den zu ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, das heißt die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraumes als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5
BauGB
gerecht wird. Als Ergebnis der Abwägung muss der Windenergie in substanzieller Weise Raum geschaffen werden.
In der Begründung des Regionalplanes sind die Kriterien, die zur Festlegung der Vorrang- und Eignungsgebiete geführt haben, aufzuführen; dabei müssen die oben genannten Arbeitsschritte und die Auswahlkriterien bei der Gebietsauswahl nachvollziehbar dargestellt werden. Eine Studie des Fraunhofer Institutes für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) 2011 belegt, dass wegen der dokumentierten im bundesweiten Vergleich relativ hohen Dichte der Siedlungsflächen der Freistaat unter den Flächenländern hinsichtlich der nutzbaren Flächen für die Windenergie auf dem vorletzten Platz rangiert. Das bedeutet, dass mit der verbleibenden Fläche unter Berücksichtigung des Schutzbedürfnisses der menschlichen Gesundheit effektiv und sorgsam umzugehen ist. Von einer Konzentration durch die Planung kann gesprochen werden, wenn Standorte für drei oder mehr Windenergieanlagen ausgewiesen werden. Die Konzentration der Nutzung der Windenergie dient dem Schutz der Landschaft vor Neuinanspruchnahme. Darstellungen in Flächennutzungsplänen und Festsetzungen in Bebauungsplänen, die den Zielen dieses Kapitels, insbesondere einer optimalen Ausnutzung der festgelegten Vorrang- und Eignungsgebiete entgegenstehen, sind unzulässig.
Gemäß § 1 Abs. 4
BauGB
sind die (gemeindlichen) Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung anzupassen. Die Ziele der Raumordnung entfalten strikte Bindungswirkung nach § 4 Abs. 1 ROG. Daher sind Darstellungen in Flächennutzungsplänen und Festsetzungen in Bebauungsplänen, die die Ziele dieses Kapitels unterlaufen beziehungsweise konterkarieren, unzulässig. Sofern in einer Planungsregion die Sicherung des regionalen Mindestenergieertrages durch entsprechende Flächensicherungen keine weiteren Planungsspielräume zulässt, sind des Weiteren auf der nachfolgenden Planungsebene Festlegungen wie Höhenbegrenzungen, die der optimalen Ausnutzung der Gebiete entgegenstehen, unzulässig. Vorrang- und Eignungsgebiete stellen auf der Ebene der Regionalplanung letztabgewogene Ziele der Raumordnung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2
ROG
dar, an die die gemeindliche Ebene strikt gebunden ist.
Durch das unter Ziel 5.1.3 beschriebene Vorgehen bei der Ausweisung von Vorrang- und Eignungsgebieten zur Nutzung der Windenergie und durch das gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsverfahren ist ausreichend sichergestellt, dass weitere Höhenbegrenzungen auf kommunaler Ebene nicht erforderlich werden. Im Rahmen der Regionalplanung ist durch die Auswahl geeigneter Gebiete sicherzustellen, dass Höhenbegrenzungen nicht erforderlich werden. Dazu ist das für die Höhenbegrenzung entscheidende Schutzbedürfnis in der Abwägung der Bedeutung und Leistungsfähigkeit des Energieträgers Wind im Rahmen der Erneuerbaren Energien gegenüberzustellen.
zu Ziel 5.1.4 Um einer landesweiten Gleichwertigkeit des Schutzbedürfnisses der menschlichen Gesundheit sowie der landesweiten Unterschiede der Siedlungsdichte (ohne eine Berücksichtigung von Einzel- beziehungsweise Splittersiedlungen) Rechnung zu tragen, können die Planungsregionen vom regionalen Mindestenergieertrag im gegenseitigen Einvernehmen abweichen. Ein Einvernehmen ist mindestens dann vorhanden, wenn zwei oder mehr Planungsverbände durch ihre Planung, dokumentiert durch den Beschluss der Verbandsversammlung zur Freigabe des Planentwurfes, gemeinsam und über die Dauer des Beteiligungsverfahrens annähernd zeitgleich dem regionalen Mindestenergieertrag gerecht werden. Fortschreibungen entsprechender Planungen können abermals nur gemeinsam vorgenommen werden.
zu Grundsatz 5.1.5 Über die in Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung dargestellten Auswahlkriterien hinaus (siehe oben zu Ziel 5.1.3) sollen in die Abwägungsentscheidung auch die Kriterien eingestellt werden, die für die Nutzung der Windenergie sprechen. Solche Kriterien werden im Grundsatz 5.1.5 beispielhaft benannt. Eine Flächen sparende und effiziente Nutzung der Windenergie auf der Grundlage einer leistungsbezogenen Zielstellung setzt voraus, dass sich die Flächenauswahl zunehmend an der Windhöffigkeit orientiert.
Auch kann eine bereits bestehende technogene Vorbelastung für die Nutzung der Windenergie sprechen. Diese Vorbelastung kann dazu führen, dass die Beeinträchtigung bestimmter Schutzgüter, wie zum Beispiel des Landschaftsbildes, durch die Errichtung von Windenergieanlagen geringer ist, als bei nicht vorbelasteten Landschaftsteilen. Beispiele für technogene Vorbelastungen sind Infrastrukturtrassen, wie vor allem Autobahnen. Hinsichtlich des Abstandes zu Autobahnen ist auf § 9 des
Bundesfernstraßengesetzes
(
FStrG
) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007 (BGBl. I S. 1206), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 31. Mai 2013 (BGBl. I S. 1388, 1391) geändert worden ist, zu verweisen, wonach ein Bauverbot bis zu 40 m vom Fahrbahnrand und eine Pflicht zur Zustimmung der zuständigen Straßenbaubehörde bei Errichtung baulicher Anlagen in einer Entfernung bis zu 100 m vom Fahrbahnrand besteht. Zum Schutz bislang nicht vorbelasteter Landschaftsräume soll daher bei der Konzentrationsplanung grundsätzlich ein Abstand zum äußeren Fahrbahnrand der Autobahn von 100 m zu Grunde gelegt werden.
Insbesondere die durch den Braunkohlenabbau, durch Stromleitungen und Kraftwerke geprägten Gebietsregionen weisen bereits erhebliche Beeinträchtigungen auf. Gerade diese vorgeprägten Flächen sind als Anlagen der energietechnischen Infrastruktur vorgeprüft. Ihr Beeinträchtigungspotenzial ist bereits so erheblich, dass ein Zubau von Windenergieanlagen in der Regel nicht mehr so ins Gewicht fallen dürfte. Aber auch Konversionsflächen und alte Industrieanlagen können eine entsprechende Vorprägung aufweisen. Allerdings ist bei der Berücksichtigung technogener Vorbelastungen und der anzustrebenden Bündelung von technischer Infrastruktur darauf zu achten, dass diese im Ergebnis nicht zu einer unverhältnismäßig hohen Belastung der Landschaft führt. Die Anwendung des Prinzips der dezentralen Konzentration (vergleiche Ziel 5.1.3) soll dazu dienen, Bereiche der Landschaft von Windenergieanlagen frei zu halten, im Umkehrschluss aber auch Eingriffe in die Landschaft zu bündeln. Dies gilt nicht nur im Verhältnis der Windenergieanlagen untereinander, sondern auch im Verhältnis zu anderen technogenen Vorbelastungen. Die Fläche des Freistaates Sachsen ist insgesamt als Kulturlandschaft einzuordnen. Diese Kulturlandschaft ist als solche nicht flächendeckend als gleichermaßen schützenswert einzuschätzen. Kann festgestellt werden, dass es an einer besonderen Schutzwürdigkeit fehlt, spricht dieses für die Festlegung von Vorrang- und Eignungsgebieten für die Windenergienutzung. Ebenfalls spricht für die Festlegung von Vorrang- und Eignungsgebieten für die Windenergienutzung, wenn die Möglichkeit besteht, den gewonnenen Strom ohne besonderen Aufwand in das Stromnetz einspeisen zu können. Bei den Auswahlkriterien soll des Weiteren die lokale Akzeptanz von Windenergieanlagen berücksichtigt werden, zum Beispiel wenn wie sie in positiven Stellungnahmen im Rahmen der Beteiligung zum Planentwurf zum Ausdruck kommt. Gerade wenn der gemeindliche Wille zugunsten einer Errichtung von Windenergieanlagen geäußert wird, spricht dies für eine Ausweisung von Vorrang- und Eignungsgebieten. Selbiges gilt, wenn bürgerschaftliche Beteiligungsmodelle sich voraussichtlich am Standort etablieren werden. Der gemeindliche Wille ergibt sich in der Regel aus einem entsprechenden Gemeinderatsbeschluss. Zum Schutze der Wohnbevölkerung soll ein hinreichender Abstand zu Wohngebieten und zu entsprechenden ruhebedürftigen Einrichtungen, wie Krankenhäuser und Sanatorien, eingehalten werden. Dabei soll die in der Praxis steigende Nabenhöhe von Windenergieanlagen berücksichtigt werden, die zu größeren Siedlungsabständen führen kann. Auch Regionale Energie- und Klimaschutzkonzepte sind in diesem Sinne zu behandeln, da auch sie den regionalen Willen dokumentieren. Die Inanspruchnahme von Waldflächen soll im Hinblick auf die im Wald gesetzlich geregelten Funktionen grundsätzlich vermieden werden. Dies gilt insbesondere für Waldflächen mit Schutzstatus nach Naturschutzrecht und mit ausgewählten Waldfunktionen. Die Regionalen Planungsverbände sollen bei der Beurteilung der ausgewählten Waldfunktionen die besonderen Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes gemäß der Waldfunktionenkartierung im Freistaat Sachsen heranziehen. Den in diesem Grundsatz genannten Aspekten soll im Rahmen der Abwägung entsprechendes Gewicht beigemessen werden.
zu Grundsatz 5.1.6 Im Freistaat Sachsen gibt es noch Altanlagen, die an ungünstigen Standorten, zum Teil siedlungsnah, errichtet wurden und oftmals auch nur über eine verhältnismäßig geringe installierte Leistung verfügen. Von diesen Windenergieanlagen gehen erhebliche störende Auswirkungen aus, weshalb der Standort auch nicht als Vorrang- und Eignungsgebiet ausgewiesen werden kann. Daher besteht ein besonderes Interesse daran, dass diese Anlagen zurückgebaut werden, die aber baurechtlich Bestandsschutz besitzen. Einen Anreiz für den Rückbau sollen insbesondere so genannte Repoweringgebiete schaffen. In diesen Vorrang- und Eignungsgebieten sind der Rückbau alter und die Errichtung neuer Windenergieanlagen in der Weise miteinander verknüpft, dass die Inbetriebnahme neuer Windenergieanlagen erst zulässig ist, wenn die Altanlagen rückgebaut worden sind; die Altanlagen sind näher zu bezeichnen.
Biomasse
zu Ziel 5.1.7
Ziel 5.1.7 richtet sich ausschließlich an die Gemeinden als Träger der Bauleitplanung. Daraus folgt, dass das Ziel nur für die Anlagen gilt, deren Zulässigkeit einer entsprechenden Festsetzung in einem Bebauungsplan bedarf. Nicht erfasst sind somit insbesondere die Anlagen, die nach § 35 Abs. 1
BauGB
privilegiert sind.
Der Begriff Biomasseanlagen im Sinne der Festlegung ist umfassend gemeint und bezieht sich damit auf Anlagen, welche Strom und/oder Wärme und/oder Gas erzeugen. In Umsetzung von Ziel 5.1.1 sollen im Sinne der Kriterien zur räumlichen Nutzung Erneuerbarer Energien – flächensparend, effizient und umweltverträglich – Biomasseanlagen dort angesiedelt werden, wo die Möglichkeiten gegeben sind, auch entstehende Abwärme effizient zu nutzen. Dies kann durch die räumliche Nähe zu Wärmesenken (zum Beispiel Gebäude oder Anlagen, in denen die Wärme genutzt werden kann) geschehen. Eine andere Möglichkeit ist die Umwandlung der erzeugten Abwärme in Strom. Im Sinne der Nachhaltigkeit der Energieversorgung ist vor Beschluss des Bebauungsplanes nachzuweisen, dass der Bedarf an Biomasse überwiegend (das heißt mindestens zur Hälfte) aus der Umgebung der Biomasseanlagen gedeckt werden kann. Insofern besteht ein Zusammenhang mit dem Kapitel 4.2.1 Landwirtschaft. Dem dort normierten Auftrag zur raumordnerischen Sicherung von geeigneten Flächen für die landwirtschaftliche Nutzung liegt unter anderem die Absicht zu Grunde, die Versorgung der Bevölkerung mit landwirtschaftlichen Produkten verbrauchernah zu sichern. Bei der Feststellung der Möglichkeit, den Bedarf umgebungsnah zu decken, ist auch zu prüfen, inwieweit die mit dem Kapitel 4.2.1 Landwirtschaft verfolgten Zielstellungen berührt sind. Die Umgebungsnähe ist gegeben, wenn der Bedarf in der Regel überwiegend aus demselben oder einem anliegenden Landkreis gedeckt werden kann. Die Bedarfsdeckung aus weiteren Landkreisen ist unschädlich, wenn dies nicht zu einer wesentlichen Erhöhung der Entfernung führt.
Geothermie
zu Grundsatz 5.1.8 Das oberflächennahe geothermische Potenzial steht flächendeckend in Sachsen zur Verfügung. Die oberflächennahe Geothermie ist eine heimische Erneuerbare Energiequelle, die sowohl im städtischen als auch im ländlichen Raum erschließbar ist. Ihre Nutzung soll unter Berücksichtigung vorhandener umweltschonender Versorgungslösungen (Kraft-Wärme-Kopplungs-Systemen) und weiterer geeigneter Möglichkeiten zur Nutzung Erneuerbarer Energieträger erfolgen und darf in ihrer Dimensionierung nicht zur thermischen oder sonstigen Beeinträchtigung des Grundwassers führen. In den ehemaligen Bergbaugebieten des Freistaates Sachsen sind etwa 100 Millionen m³ Hohlräume geflutet. Zusätzlich werden im noch aktiven Bergbau Wasserhaltungen betrieben und Grubenwässer an die Oberfläche gefördert. Die Grubenwässer weisen Temperaturen von etwa 8 °C bis über 20 °C auf. Sie können als Wärmequelle zum Heizen und als Wärmespeicher bei Kühlung von Gebäuden genutzt werden. Das in diesen Bergbauwässern enthaltenen Energiepotenzial wird bisher nur in wenigen Einzelfällen genutzt. Je nach Größe der Grube und der nutzbaren Grubenwassermenge ist die Wärme- und Kältebereitstellung sowohl für Eigenheime als auch für größere Komplexe (zum Beispiel Schulen, Schwimmbäder, Büro- und Industriegebäude) anzustreben. Die Abschätzung der Potenziale soll gemäß G 2.1.1.3 in Verbindung mit Z 5.1.1 durch die Träger der Regionalplanung über Regionale Energie- und Klimaschutzkonzepte erfolgen.
Netzausbau
zu Ziel 5.1.9
Gemäß § 8 Abs. 5 Nr. 3
ROG
sollen Raumordnungspläne Festlegungen zu den zu sichernden Standorten und Trassen für Infrastruktur enthalten.
Der Ausbau des Übertragungs- und Verteilnetzes zur Stromversorgung ist auch erforderlich, wenn er einer besseren Integration der eingespeisten Erneuerbaren Energien dient oder den länderübergreifenden beziehungsweise grenzüberschreitenden Stromaustausch unterstützt. Er ist unverzichtbar, weil er die Ausschöpfung der energetischen Potenziale der Erneuerbaren Energien ermöglicht. Dieser Ausbau hat jedoch auch Beeinträchtigungen von Schutzgütern im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 6
ROG
, schutzwürdigen Landnutzungen sowie der Kulturlandschaft zur Folge, die bei einer entsprechenden Trassierung zu berücksichtigen sind. Die Erforderlichkeit einer raumordnerischen Trassensicherung kann zum Beispiel dann gegeben sein, wenn durch den Netzbetreiber der Nachweis einer energiewirtschaftlichen Erforderlichkeit erbracht worden ist und ein bevorzugter Trassenkorridor beziehungsweise geeignete Alternativen vorgelegt werden können.
Im Jahr 2010 waren laut Bundesnetzagentur 97 Prozent der Wind-, Solar- und Biomasseanlagen an das Verteilnetz angeschlossen. Der aktuelle und geplante Ausbau der
EEG
-Erzeugungsanlagen erfordert daher insbesondere auch einen Ausbau der Verteilnetze als eine Voraussetzung für die Erhöhung des Anteils Erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch zur Erreichung der energiepolitischen Ziele des Freistaates Sachsen.
5.2
Wasserversorgung
Z 5.2.1
In den Regionalplänen sind für die langfristige Sicherung der öffentlichen Wasserversorgung bedeutsame Grundwasservorkommen als Vorranggebiete Wasserversorgung festzulegen.
G 5.2.2
Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit sollen
in Verdichtungsräumen sowie
in Gebieten, in denen Grundwasservorkommen erheblich beeinträchtigt werden können, und
in Gebieten, in denen durch eine mit dem Braunkohlenbergbau verbundene Absenkung des Grundwasserspiegels beziehungsweise dessen Wiederanstieg die Trinkwasserversorgung gefährdet ist,
die nutzbaren Dargebote durch überörtliche und regionale Versorgungssysteme oder Systemkopplungen ergänzt werden.
Begründung zu 5.2 Wasserversorgung
zu Ziel 5.2.1
Gemäß dem Grundsatz der Raumordnung in § 2 Abs. 2 Nr. 6
ROG
ist der Raum in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Wasserhaushaltes zu sichern. Grundwasservorkommen sind zu schützen.
Für die öffentliche Wasserversorgung in Sachsen besteht ausdrücklich der Anspruch, diesbezüglich genutzte Vorkommen aus Grund- und Oberflächenwasser fachrechtlich zu schützen. Trotz des prognostizierten geringen Rückganges der Grundwasserneubildung werden die für die öffentliche Wasserversorgung verfügbaren Grundwasservorkommen auch infolge des Rückganges des Wasserbedarfes bis 2020 als ausreichend angesehen. Darüber hinaus soll die nachhaltige, das heißt langfristige Sicherung von geeigneten, regional bedeutsamen Grundwasservorkommen, einschließlich des Uferfiltrats von Fließgewässern, unabhängig von einer gegenwärtigen Inanspruchnahme, erfolgen, indem diese als Vorranggebiete Wasserversorgung festgelegt werden. Vorbehaltsgebiete kommen wegen der Bedeutung der Vorkommen für die Daseinsvorsorge und der langfristigen Sicherung unter Ausschluss irreparabler Schäden für eine nachhaltige stabile Wasserversorgung nur ergänzend in Betracht. Vorranggebiete Wasserversorgung können sich mit anderen Vorrang- und Vorbehaltsgebieten überlagern (zum Beispiel Wald, Kulturlandschaftsschutz, Vorbeugender Hochwasserschutz, Arten- und Biotopschutz), solange durch die Überlagerung keine Konflikte entstehen.
Die Anforderungen bei der Inanspruchnahme der Grundwasservorkommen werden im Kapitel 2 in den Abschnitten 2 und 4
WHG
geregelt. Dazu gehören insbesondere der Schutz des Grundwassers vor nachteiligen Veränderungen, der Erhalt seiner bestehenden und künftigen Nutzungsmöglichkeiten sowie das Vermeiden der Verschlechterung des chemischen und des mengenmäßigen Zustandes der Grundwasserkörper. Letzterer wird durch das Gleichgewicht zwischen Grundwasserentnahme und Grundwasserneubildung charakterisiert.
Der Schutz der Grundwasservorkommen in den raumordnerisch gesicherten Gebieten ist unabhängig von einer Inanspruchnahme für die Wasserversorgung bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten. Grundwasserschutz ist Bodenschutz und hier besonders der Schutz des Bodenwasserhaushaltes. Grundwasservorkommen können insbesondere beeinträchtigt werden durch:
übermäßige Flächenversiegelungen oder Bodenverdichtungen,
Abtrag der grundwasserüberdeckenden Bodenschichten durch Abgrabungen (zum Beispiel bei Rohstoffabbau),
Grundwasserspiegelabsenkung durch Eingriffe in die hydrogeologischen Verhältnisse (zum Beispiel durch Rohstoffabbau),
stoffliche Verunreinigungen durch anthropogen bedingten Stoffeintrag.
Die Durchführung von Maßnahmen, die zur Verlangsamung des Oberflächenwasserabflusses beitragen (zum Beispiel Entsiegelung, Grünlandnutzung, Aufforstung, bodenschonende Bewirtschaftung) dient dem Schutz der Grundwasservorkommen. Die fachplanerischen Informationen zu Wasserschutzgebieten und Trinkwasser- und Heilquellenschutzgebieten im Freistaat Sachsen sind unter folgendem Link zu finden:
www.umwelt.sachsen.de/umwelt/wasser/6349.htm
zu Grundsatz 5.2.2
Wasserversorgung dient der Daseinsvorsorge. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 3
ROG
ist die Versorgung durch Infrastrukturen der Daseinsvorsorge in angemessener Weise zu gewährleisten. Dies gilt auch in dünn besiedelten Räumen. Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit ist die Funktionsfähigkeit der vorhandenen Netze und Anlagen zur Wasseraufbereitung und -versorgung langfristig zu sichern. Der Vorteil überörtlicher und regionaler Versorgungssysteme beziehungsweise Systemkopplungen liegt dabei in der Möglichkeit einer flexiblen Wassergewinnung und -verteilung. Siehe dazu auch „Grundsatzkonzeption 2020 Öffentliche Wasserversorgung Freistaat Sachsen“.
Hinsichtlich der Verdichtungsräume dient die Maßnahme auch der Vorsorge im Falle von Naturkatastrophen beziehungsweise bei Notständen. Insbesondere in Verdichtungsräumen mit mehr als 300 000 Einwohnern sind dabei die Möglichkeiten der Errichtung von Anlagen zur Trinkwasser-Notversorgung über netzunabhängige Brunnen gemäß
Wassersicherstellungsgesetz
zu berücksichtigen.
In Gebieten, in denen Grundwasservorkommen erheblich beeinträchtigt werden können, besteht perspektivisch die Gefahr, dass die Versorgungssicherheit aus ortsnahen Dargeboten nach den Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie langfristig nicht gewährleistet werden kann. Regional bedeutsame Gebiete, in denen Grundwasservorkommen erheblich beeinträchtigt werden können, werden nach Z 4.1.1.6 und Z 4.1.2.1 als „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ ausgewiesen. Gebiete, in denen durch eine mit dem Braunkohlenbergbau verbundene Absenkung des Grundwasserspiegels beziehungsweise dessen Wiederanstieg eine wirtschaftliche Aufbereitung des Trinkwassers nicht mehr möglich ist, sind in den Braunkohlenplänen gemäß § 5
SächsLPlG
darzustellen. Eine Einbeziehung in überörtliche Versorgungssysteme ist zu prüfen.
5.3
Telekommunikation
Z 5.3.1
In allen Landesteilen ist auf eine flächendeckende Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen, einschließlich des Zugangs zu leistungsfähigem Breitbandinternet nach dem Stand der Technik, hinzuwirken. Der Ausbau der Breitbandversorgung soll technologieoffen erfolgen. Bei der Inanspruchnahme von Flächen sind mögliche Synergien zu nutzen.
Z 5.3.2
Bestehende und geplante Richtfunkstrecken sind von störender Bebauung freizuhalten.
Z 5.3.3
Auf eine Mehrfachnutzung von Mobilfunksendemasten und die Nutzung bestehender Standorte für neue Technologien und zukünftige Anlagen ist hinzuwirken.
Begründung zu 5.3 Telekommunikation
zu Ziel 5.3.1 Für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung einer Region ist das gesamte Spektrum an Kommunikations-Techniken von wachsender Bedeutung. Deshalb ist eine flächendeckende Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen anzustreben. Dies schließt den Zugang zur Datenkommunikation ein. Die Übertragungsraten sollen einen funktionierenden Internetzugang gewährleisten und für den Großteil der Haushalte einen Zugang zu leistungsfähigem Breitbandinternet ermöglichen. Der Zugang sollte jeweils auf den Bedarf der Nutzer ausgerichtet sein und dabei auch den jeweils neuesten Stand der Technik bei der Entwicklung von Angeboten berücksichtigen, insbesondere den Ausbau für Hochgeschwindigkeits-Internet (NGA, Next Generation Access). Dies gilt insbesondere für den ländlichen Raum, dem durch fehlende oder unzureichende Kommunikationssysteme Standortnachteile im Bereich der Wirtschaft, einschließlich des Tourismus und der Lebensqualität der Bevölkerung, entstehen (vergleiche auch Begründung zu Z 2.2.2.6). Beim Aufbau einer flächendeckenden Versorgung ist auf eine Mehrfachnutzung bestehender Anlagen und Leitungen hinzuwirken, um sowohl die Flächeninanspruchnahme als auch die Kosten möglichst minimal zu halten. Synergien mit anderen öffentlichen (Straßen-, Trink- und Abwassernetze, BOS-Netze) und privaten Infrastrukturen (Strom-, Gas- und Schienennetze) sind zu erschließen, um einen schnellen, wirtschaftlichen und sparsamen Netzausbau zu erreichen.
zu Ziel 5.3.2 Der Fernmeldeverkehr wird auch über Richtfunkstrecken betrieben. Zur Durchführung eines störungsfreien Richtfunkbetriebes dürfen keine Hindernisse zwischen Sende- und Empfangsstelle errichtet werden. Längs der Richtfunkstrecken ist eine durch ein Rotationsellipsoid begrenzte Zone (so genannte Fresnelzone) um die Sichtlinie herum von Hindernissen freizuhalten. Die Breite dieser Zone beträgt etwa 100 m beiderseits der Sichtlinie. Richtfunkstrecken und ihre Freihaltung sind raumbedeutsam. Die Gemeinden sind frühzeitig in die Planungen einzubeziehen. Dadurch haben sie die Möglichkeit, ihre Bauleitplanung mit dem Verlauf der Richtfunkstrecken abzustimmen.
zu Ziel 5.3.3 Für die flächendeckende Breitbandversorgung ist die Nutzung von Mobilfunk unverzichtbar. Um die bei Aufstellung von Mobilfunksendemasten sowohl im Siedlungsbereich als auch in der freien Landschaft technisch bedingten unvermeidbaren Störungen sowie die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zu minimieren, sollen verschiedene Netzangebote an einem Standort gebündelt werden. Dem Erhalt und der weiteren Nutzung bestehender Standorte auch für neue Technologien, wie beispielsweise dem Mobilfunk der vierten Generation (LTE), ist dabei Vorrang vor der Errichtung neuer Standorte zu geben.
6
Daseinsvorsorge
6.1
Sicherung der Daseinsvorsorge
Z 6.1.1
Einrichtungen und Leistungen der Daseinsvorsorge sind in allen Teilräumen des Freistaates zu sichern. Dazu sind
öffentliche Einrichtungen für die örtliche Versorgung in allen Gemeinden und
zentralörtliche Einrichtungen in Zentralen Orten entsprechend zentralörtlicher Funktionszuweisung
vorzuhalten. Außerhalb der Zentralen Orte können Einrichtungen der Daseinsvorsorge, die nicht allein der örtlichen Versorgung dienen, ergänzend angesiedelt werden, soweit dies keine negativen Auswirkungen auf deren Tragfähigkeit in den Zentralen Orten hat.
G 6.1.2
Die öffentlichen und freien Träger von Einrichtungen und Leistungen der Daseinsvorsorge sollen sicherstellen, dass Einrichtungen und Leistungen der Daseinsvorsorge in Bezug auf Zugangshindernisse und -barrieren zur physischen Umwelt (zum Beispiel Gebäude, Straßen), zu Transportmitteln, zu Information und Kommunikation für alle Menschen barrierefrei zugänglich sind.
Z 6.1.3
Es ist darauf hinzuwirken, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen des kurzfristigen Bedarfs in allen Gemeinden verbrauchernah gesichert wird. Dazu sollen auch neue, am örtlichen Bedarf orientierte Versorgungsmodelle umgesetzt werden.
G 6.1.4
Die Zentralen Orte sollen die zentralörtliche Daseinsvorsorge eigenverantwortlich sichern.
G 6.1.5
Die öffentlichen, freien und privat-gewerblichen Träger der Daseinsvorsorge sollen ihre Einrichtungen und Leistungen miteinander abstimmen sowie möglichst untereinander vernetzen und in übergeordnete Konzepte einbinden.
G 6.1.6
Im ländlichen Raum soll die Bereitstellung von Einrichtungen und Leistungen der Daseinsvorsorge auch unter den Bedingungen begrenzter finanzieller Ressourcen gesichert werden. Dabei soll die Sicherung der Daseinsvorsorge einschließlich der technischen Infrastruktur durch bedarfsgerechte und flexible Lösungen erfolgen.
G 6.1.7
Zur Sicherung der Daseinsvorsorge sollen Strukturen und Projekte unterstützt werden, die durch eine Beteiligung lokaler Akteure getragen werden und bürgerschaftliches Engagement ermöglichen.
Begründung zu 6.1 Sicherung der Daseinsvorsorge
zu Ziel 6.1.1
In den Grundsätzen der Raumordnung nach § 2 Abs. 2 Nr. 3
ROG
heißt es: „Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen“. In diesem Sinne übernimmt die Raumordnung die räumliche Gewährleistungsverantwortung für die Sicherung der Daseinsvorsorge in der Fläche. Zur Daseinsvorsorge zählen die Güter und Dienstleistungen, die für den Zusammenhalt der Menschen und für eine wirtschaftliche, kulturelle und politische Entwicklung die Basis bilden und an deren Angebot ein besonderes öffentliches Interesse besteht. Die Infrastruktur der öffentlichen Daseinsvorsorge, wie Schulen, Kindergärten, Straßen, ÖPNV, bestimmt ganz maßgeblich die Rahmenbedingungen für die Lebensqualität und Zukunftschancen der Menschen. Als harte und weiche Standortfaktoren beeinflusst die Versorgung einer Region mit Infrastruktur sehr wesentlich deren wirtschaftliche Entwicklung.
Während man mit dem Begriff der „Daseinsvorsorge“ in der Vergangenheit fast ausschließlich eine Bereitstellung von Einrichtungen durch die Öffentliche Hand, das heißt den Staat und die Kommunen, verband, erfolgt diese Bereitstellung von Einrichtungen und auch Dienstleistungen heute zunehmend in einer Arbeitsteilung von öffentlichem und privatem Sektor. Das bedeutet, dass ursprünglich ausschließlich öffentlich wahrgenommene Aufgaben auf Private übertragen werden, während der Staat weiterhin eine Gewährleistungsfunktion für diese Aufgaben übernimmt. Der Katalog der Daseinsvorsorge ist, auch angesichts von Liberalisierungs- und Privatisierungstendenzen, nicht abschließend geregelt und unterliegt auch den sich wandelnden Bedürfnissen der Gesellschaft. Zur Daseinsvorsorge zählen die technische Infrastruktur, die zur Sicherstellung der Grundversorgung mit Energie, Wasser und Telekommunikation sowie der Abfall- und Abwasserentsorgung dient, der öffentliche Nah- und Fernverkehr sowie die Post. Im sozialen Bereich werden neben Einrichtungen und Diensten im Gesundheits-, Sozial-, Erziehungs- und Bildungswesen, der Kinder- und Jugendhilfe, Sport- und Kulturangeboten und dem Wissenschaftsbereich auch die Einrichtungen und Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung, der Gerichtsbarkeit, der Sicherheit und Ordnung sowie im weiteren Sinne auch der Verteidigung zur Daseinsvorsorge gerechnet. Grundlage für die raumordnerische Sicherung der Daseinsvorsorge ist eine Siedlungsstruktur, die dem Prinzip der dezentralen Konzentration folgt. Das Zentrale-Orte-System als Standortsystem für die zentralörtlichen Einrichtungen der Daseinsvorsorge ermöglicht eine effiziente Bündelung von Einrichtungen und Leistungen der Daseinsvorsorge und sichert somit die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Einrichtungen. Durch die räumliche Verteilung der Zentralen Orte ist gewährleistet, dass die Einrichtungen in allen Teilräumen des Freistaates von der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung erreichbar sind. Im Interesse der Konzentration und einer guten Erreichbarkeit dieser Einrichtungen sind diese zudem vorrangig in den Versorgungs- und Siedlungskernen der Zentralen Orte anzusiedeln (siehe auch Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen). Neben den zentralörtlichen, das heißt überörtlich bedeutsamen Einrichtungen der Daseinsvorsorge, die in den Zentralen Orten zu konzentrieren sind, sollen alle Gemeinden in ihrem Gebiet entsprechend § 2 Abs. 1
SächsGemO
im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit alle für das soziale, kulturelle und wirtschaftliche Wohl ihrer Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen schaffen, soweit Gesetze nichts anderes bestimmen. Zu den öffentlichen Einrichtungen für die örtliche Versorgung zählen, in Abhängigkeit von der kommunalen Prioritätensetzung, sowohl die jeweiligen freiwilligen Aufgaben einer Gemeinde, als auch die durch Gesetze auf Grundlage der in § 2 Abs. 2
SächsGemO
festgelegten Pflichtaufgaben der Gemeinde. Sofern auf Grund fachspezifischer Kriterien Einrichtungen, die nicht allein der örtlichen Versorgung dienen, abweichend vom Konzentrationsgebot in den Zentralen Orten außerhalb dieser vorzuhalten sind, darf deren Ansiedlung nur erfolgen, wenn dadurch nicht die Tragfähigkeit bereits bestehender oder geplanter Einrichtungen in den Zentralen Orten gefährdet ist. So kann es zum Beispiel angesichts der zunehmenden Zahl älterer Menschen sinnvoll sein, stationäre Einrichtungen der Altenpflege auch außerhalb der Zentralen Orte anzusiedeln. Dies darf jedoch nur dann erfolgen, wenn diese Einrichtungen nicht eine Größenordnung und einen Einzugsbereich haben, der dazu führt, dass für entsprechende Einrichtungen im Zentralen Ort nicht mehr die erforderlichen Belegungszahlen erreicht werden. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, dass für überörtlich wirkende Einrichtungen der Daseinsvorsorge, insbesondere solche, die sehr kostenintensiv sind, regional abgestimmte Fachentwicklungspläne aufgestellt werden.
zu Grundsatz 6.1.2 Der Begriff der Barrierefreiheit ist umfassend zu verstehen und nicht auf Menschen mit Behinderung beschränkt. Barrierefreiheit ist die unabdingbare Voraussetzung für Teilhabe, Gleichstellung und Selbstbestimmung behinderter Menschen und darüber hinaus ein Qualitätsmerkmal, das auch nicht behinderten Menschen in unserer Gesellschaft zu Gute kommt. Deshalb ist dem barrierefreien Zugang in allen Lebensbereichen und auf allen Planungsebenen ein entsprechendes Gewicht beizumessen (siehe auch Kapitel 2.3.3 Tourismus und Erholung und Kapitel 3 Verkehrsentwicklung). Insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge ist die Barrierefreiheit Grundvoraussetzung für die Teilhabe behinderter Menschen und die Gewährleistung von Chancengerechtigkeit. Sofern es sich um privat-gewerbliche Träger von Einrichtungen und Leistungen der Daseinsvorsorge handelt, sollen diese sich gleichermaßen an diesem Grundsatz der Barrierefreiheit orientieren.
Die Zielstellungen einer umfassenden Barrierefreiheit finden sich in der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), die auch von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet wurde. In § 9 dieser Konvention verpflichten sich die Vertragsstaaten, geeignete Maßnahmen zu treffen, die Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen, sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, zu gewährleisten. Weitere Grundlagen der Barrierefreiheit sind das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (
Behindertengleichstellungsgesetz
BGG
) vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467, 1468), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 19. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3024, 3034), sowie für den Freistaat Sachsen das Gesetz zur Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Integrationsgesetz –
SächsIntegrG
) vom 28. Mai 2004 (SächsGVBl. S. 196), geändert durch Artikel 14 des Gesetzes vom 14. Juli 2005 (SächsGVBl. S. 167, 176). Darüber hinaus hat die Zielstellung der Barrierefreiheit Eingang in konkrete fachliche Vorschriften in Fachgesetzen und -richtlinien gefunden.
zu Ziel 6.1.3 Die Versorgung mit Waren des kurzfristigen Bedarfs, das heißt vor allem mit Lebensmitteln, ist ein wichtiger Aspekt gesellschaftlicher Teilhabemöglichkeiten und bedeutet für die Menschen einen wesentlichen Teil ihrer Lebensqualität. Insbesondere in den ländlichen Räumen ist diese Versorgung zunehmend gefährdet, da der Markt die wohnortnahe Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des alltäglichen Bedarfs, zum Beispiel in Form traditioneller Verkaufsläden, nicht mehr übernehmen kann oder will. Für ältere Menschen und andere in ihrer Mobilität eingeschränkte Bevölkerungsgruppen wird eine wohnortnahe Versorgung zunehmend schwieriger. Hier bieten sich neue Formen der Versorgung, wie zum Beispiel Dorfläden – auch in Kombination mit anderen Dienstleistungen – mobile beziehungsweise temporäre Versorgung, Lieferservice, Dienstleistungsterminals oder Shuttleservice als Alternativen an. Entsprechende Einrichtungen und Leistungen können in unterschiedlicher Trägerschaft, das heißt sowohl privat, öffentlich, in Public-Private-Partnership oder auch ehrenamtlich organisiert und betrieben werden. Die Kommunen und andere öffentliche Stellen sollten, möglichst in Kooperation mit der Wirtschaft, durch geeignete Maßnahmen auf den Erhalt von Einrichtungen der Versorgung in ihren Gemeinden hinwirken und die Entwicklung alternativer Versorgungsmodelle unterstützen, indem sie dafür die erforderlichen rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen schaffen – zum Beispiel durch finanzielle Anreize, die kostengünstige Bereitstellung geeigneter Räumlichkeiten oder die Unterstützung ehrenamtlichen Engagements.
zu Grundsatz 6.1.4 Der Landesentwicklungsplan gibt, ergänzend zu den jeweiligen Fachgesetzen beziehungsweise -regelungen, in denen in unterschiedlichem Maße die fachbezogenen Standards der Daseinsvorsorge geregelt sind, übergeordnete Vorgaben für die Sicherung der Daseinsvorsorge. Als Mindeststandard der räumlichen Entwicklung der Daseinsvorsorge ist das Standortsystem der Zentralen Orte zu berücksichtigen, an dem sich die Verteilung der Einrichtungen der Daseinsvorsorge und die Bereitstellung entsprechender Leistungen orientieren sollen. Darüber hinaus sind in diesem Kapitel Daseinsvorsorge Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung formuliert, die als Rahmensetzung bei der Sicherung der Daseinsvorsorge zu beachten und zu berücksichtigen sind. Im Rahmen dieser Festlegungen und darüber hinaus gibt es aber auch eine Vielzahl von Spielräumen zur Sicherung und Entwicklung der Daseinsvorsorge. In Abhängigkeit von der regionalen Situation, der Veränderung der Nachfragestrukturen und den kommunalen Prioritätensetzungen sollen die kommunalen Entscheidungsträger im Rahmen ausreichender Entscheidungsspielräume und möglichst auch eng mit anderen relevanten regionalen Akteuren, wie zum Beispiel karitativen Verbänden und ehrenamtlich engagierten Bürgerinnen und Bürgern, Qualität und Umfang ihrer zentralörtlichen Versorgung in dem vorgenannten Rahmen, einschließlich der fachgesetzlichen Vorgaben, bestimmen und sichern. Das heißt zum Beispiel, auf der Grundlage des heutigen und zu erwartenden künftigen Bedarfs die situationsgerechte Entscheidung zu treffen, wie groß eine Einrichtung sein soll, wo gebündelt oder dezentralisiert werden kann und was erforderlichenfalls nur temporär zur Verfügung gestellt werden kann.
zu Grundsatz 6.1.5 Zur Verbesserung der Kostensituation sowie zur langfristigen Stabilität von Gebühren und Beiträgen im Bereich der Daseinsvorsorge ist eine verstärkte Bündelung, Vernetzung und Kooperation der Einrichtungen und Leistungen erforderlich. Insbesondere angesichts der Gefahr, dass vorhandene Einrichtungen und Leistungen der Daseinsvorsorge nicht mehr aufrecht erhalten werden können, da ihre wirtschaftliche Tragfähigkeit nicht mehr gegeben ist, ist die Abstimmung öffentlicher, freier und privat-gewerblicher Träger der Daseinsvorsorge eine notwendige Voraussetzung, um durch Bündelung, Vernetzung, organisatorische Abstimmung und ähnliche Maßnahmen Synergieeffekte zu erreichen und Einrichtungen und Leistungen der Daseinsvorsorge effizient vorzuhalten. Durch räumlich und inhaltlich integrierte Gesamtkonzepte beziehungsweise -planungen kann gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen Anpassungsmaßnahmen mit dem Ziel einer erhöhten Kosteneffizienz bereichsübergreifend im regionalen Kontext abgestimmt werden. Entsprechende Möglichkeiten bietet zum Beispiel das Konzept der integrierten Sozialraumplanung, bei der im Rahmen der Sozialplanung unterschiedliche, sozial relevante Lebenslagen in definierten räumlichen Bezügen (wie Teilregionen oder Stadtteile) erfasst und aufeinander abgestimmt werden. Soweit Maßnahmen im Rahmen entsprechender Abstimmungen und Konzepte abgestimmt und mit einer Priorität versehen wurden, sollten diese bei der Vergabe von Fördermitteln durch die Ressorts der Staatsregierung und andere Fördermittelgeber gegenüber anderen Maßnahmen, die nur unzureichend abgestimmt wurden, möglichst vorrangig berücksichtigt werden.
zu Grundsatz 6.1.6 Im ländlichen Raum müssen die Infrastrukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge an die veränderte Nachfrage angepasst werden. Diese Räume, die in unterschiedlichem Maße von teilweise starken Abwanderungstendenzen betroffen sind, sind oft auch relativ wirtschaftsschwache Räume. Zugleich werden künftig insgesamt weniger staatliche Mittel zur Unterstützung der Kommunen zur Verfügung stehen. Aber auch unter diesen Bedingungen soll in diesen Räumen die Daseinsvorsorge in angemessener Weise, das heißt in erster Linie durch entsprechende Anpassungsmaßnahmen, gesichert werden. Soweit eine Bereitstellung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge einschließlich technischer Infrastruktur an einzelnen Standorten nicht möglich beziehungsweise nicht sinnvoll ist, sollen bedarfsgerechte und flexible Lösungen, wie temporäre Leistungserbringung, dezentrale oder mobile Ver- und Entsorgung, elektronische Dienste und weitere alternative Formen der Leistungserbringung, umgesetzt werden und Abweichungen von Standards ermöglicht sowie die Möglichkeiten der Kooperation und Vernetzung, auch grenzüberschreitend, verstärkt genutzt werden. Hierfür sollen durch die Ressorts der Staatsregierung und die Kommunen die notwendigen Rahmenbedingungen, einschließlich der erforderlichen Rechtsgrundlagen, geschaffen werden. Eine wesentliche Voraussetzung für die ausgewogene Entwicklung und Attraktivität der ländlichen Räume ist auch eine wirtschaftliche, ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung (Minimierung von Fixkosten, hohe Umwelt- und Lebensqualität, Planungssicherheit durch erreichtes Qualitätsniveau). Für eine flächendeckende Abwasserentsorgung nach dem Stand der Technik soll deshalb insbesondere im ländlichen Raum noch stärker auf dezentrale Einzel- und kleinräumige Gruppenlösungen orientiert werden.
zu Grundsatz 6.1.7 Bürgerschaftliches Engagement spielt eine zentrale Rolle beim Umgang mit den Folgen des demografischen Wandels. Durch die Einbeziehung der lokalen Akteure können kreative Lösungen zur Sicherung der Daseinsvorsorge gefunden werden, die die Interessen der Menschen vor Ort berücksichtigen und die Akzeptanz der Maßnahmen erhöhen. Bürgerschaftliches Engagement ermöglicht wirtschaftlich tragfähige, ergänzende Angebote im Infrastrukturbereich, fördert den Gemeinschaftssinn und kann auch zu neuen Qualitäten des Zusammenlebens führen. Dabei darf das bürgerschaftliche Engagement nicht als Ersatz für die staatliche Verantwortung gesehen werden, sondern kann diese nur ergänzen. Staat und Kommunen müssen Rahmenbedingungen schaffen, die die Eigeninitiative der Bürgerinnen und Bürger unterstützen und konkrete Partizipation im Sinne gesellschaftlicher Teilhabe unterstützen. Dazu ist es auch notwendig, dass die Kommunen öffentliche Orte vorhalten, an denen das bürgerschaftliche Engagement Kommunikationsmöglichkeiten erhält. Die Maßnahmen, die durch das bürgerschaftliche Engagement, das heißt durch eine breite Akzeptanz vor Ort, getragen werden, sollten bei der Vergabe von Fördermitteln durch die Ressorts der Staatsregierung und andere Fördermittelgeber möglichst vorrangig berücksichtigt werden.
6.2
Gesundheits- und Sozialwesen
G 6.2.1
Dienste und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens sollen so entwickelt werden, dass in allen Landesteilen die sozialen und gesundheitlichen Bedürfnisse der Bevölkerung durch ein breites, gleichwertiges und bedarfsgerechtes Angebot befriedigt werden können.
Z 6.2.2
Auf eine regionale Vernetzung der ambulanten, teilstationären und stationären Angebote sowie der Beratungs-, Unterstützungs- und Hilfsangebote im Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesen ist hinzuwirken.
Z 6.2.3
Die stationäre Versorgung ist entsprechend den fachspezifischen Anforderungen durch ein abgestuftes Versorgungssystem sicherzustellen. Die Standortplanung orientiert sich am Zentrale-Orte-System. Neue Krankenhausstandorte sind nur in Ober- und Mittelzentren zulässig, sofern nicht die fachspezifische Ausrichtung der Einrichtung einen anderen Standort ausnahmsweise rechtfertigt. Die Erfordernisse der Erreichbarkeit sind zu berücksichtigen.
Z 6.2.4
Zur Sicherung der medizinischen und pflegerischen Versorgung insbesondere im ländlichen Raum sind integrierte und sektorübergreifende Strukturen weiter zu entwickeln und die ambulante ärztliche und zahnärztliche Versorgung mit Vertragsärzten und Vertragszahnärzten bedarfsgerecht zu stabilisieren. Die Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses in der jeweils geltenden Fassung sind zu beachten.
Begründung zu 6.2 Gesundheits- und Sozialwesen
zu Grundsatz 6.2.1 Gesundheits-, Sozial- und Pflegedienstleistungen gehören zu den Kernbereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge, die unmittelbar die Lebensqualität in den Teilräumen bestimmen. Hierzu zählen unter anderem:
Einrichtungen und Dienste der Kinder- und Jugendhilfe, der Familienhilfe und Behindertenhilfe,
Leistungserbringer wie Allgemeine und Fachkrankenhäuser sowie weitere medizinische Einrichtungen und Dienste,
Leistungserbringer der hausärztlichen, fachärztlichen und psychotherapeutischen Versorgungsbereiche,
Apotheken beziehungsweise die Versorgung mit Arzneimitteln,
ambulante und stationäre Pflegedienste.
Die einzelnen medizinischen und sozialen Einrichtungen und Dienste, das heißt die stationäre und ambulante Versorgung in diesen Bereichen sowie die Angebote des öffentlichen Gesundheitsdienstes, werden je nach spezifischer Bevölkerungs- und Sozialstruktur unterschiedlich in Anspruch genommen und unterscheiden sich auch in ihren technisch-medizinischen und organisatorischen Anforderungen. Von daher ergeben sich, sowohl auf Einwohner als auch auf die Entfernung bezogen, unterschiedliche Einzugsbereiche. Durch die Träger der jeweiligen Einrichtungen und Dienste soll dabei in allen Landesteilen ein den regionalen Erfordernissen angepasstes breites, gleichwertiges und bedarfsgerechtes Angebot in zumutbarer Entfernung gesichert und weiterentwickelt werden. Dieses Angebot soll sich räumlich in erster Linie am Zentrale-Orte-System orientieren, soweit nicht fachspezifische Anforderungen Abweichungen von diesem oder Ergänzungen dieses Standortsystems notwendig machen. Für die Sicherstellung eines gleichwertigen Angebotes in allen Teilräumen des Landes ist die Absicherung der Mobilität zur Erreichung der Einrichtungen auch für in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen von besonderer Bedeutung.
zu Ziel 6.2.2 Im Gesundheits- und Sozialwesen und zum Teil in Verknüpfung damit auch im Bildungswesen (zum Beispiel Jugendsozialarbeit an Schulen) gibt es vielfältige Beratungs-, Unterstützungs- und Hilfsangebote unterschiedlicher öffentlicher, freier und privat-gewerblicher Träger. Diese gilt es in regionalen Versorgungsnetzwerken zu koordinieren, flexibilisieren und regional abzustimmen. Dies betrifft entsprechende Angebote für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen wie Senioren, Menschen mit Behinderungen, sucht- und psychisch kranke Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund sowie vor allem auch Angebote für Familien, Frauen, Jugendliche und Kinder. Hier soll durch die unterschiedlichen Träger und die Fachplanungen verstärkt auf fachübergreifende Kooperationsstrukturen hingewirkt werden, indem sowohl Einrichtungen räumlich gebündelt und vernetzt, als auch die Dienstleistungen inhaltlich und organisatorisch miteinander abgestimmt werden, mit dem Ziel, in diesen Bereichen eine effiziente, flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.
zu Ziel 6.2.3 Räumliches Grundgerüst für die Versorgung mit Krankenhäusern sind die Mittel- und Oberzentren. Neben den Krankenhäusern der Schwerpunkt- und Maximalversorgung mit Standorten in Zentralen Orten verfügen auch Fachkrankenhäuser über ein überregionales Einzugsgebiet. Dabei sichern Krankenhäuser der Allgemeinversorgung und Fachkrankenhäuser in einem gestuften Versorgungssystem die stationäre Versorgung der Bevölkerung und nehmen zunehmend an der ambulanten Versorgung teil. Die Standortplanung orientiert sich am Zentrale-Orte-System. Einzelne Fachkrankenhäuser und Krankenhäuser der Regelversorgung sind auf Grund der Fachspezifik und Logistik aber zum Teil auch in Grundzentren und außerhalb der Zentralen Orte angesiedelt. Soweit auf Grund einer bedarfsgerechten Versorgung erforderlich, sowie insbesondere zur Vermeidung von Neuinvestitionen an möglichen neuen Krankenhausstandorten, können auf Grundlage der Krankenhausplanung entsprechende bereits bestehende Standorte in Grundzentren und außerhalb der Zentralen Orte auch zukünftig stabilisiert und gegebenenfalls weiterentwickelt werden. Der demografische Wandel wird in den kommenden Jahren zu erheblichen Bedarfsänderungen in verschiedenen Fachgebieten führen. Insbesondere bei Krankenhäusern im ländlichen Raum wird ein Strukturwandel mit stärkerer Vernetzung von ambulanten, teilstationären und rehabilitativen Einrichtungen eintreten. Krankenhäuser fungieren einerseits als Wirtschaftsunternehmen mit hohem logistischem Aufwand in Ver- und Entsorgung, der durch den Drei-Schicht-Betrieb rund um die Uhr in der Woche und an Sonn- und Feiertagen sowie durch Notfallversorgung und Bereitschaftsdienst verstärkt wird. Andererseits fungieren sie als Gesundheitseinrichtungen mit zusätzlichen Patienten- und Besucherströmen. Daher sollten Krankenhäuser auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus einem größeren Einzugsbereich gut erreichbar sein. Dies spricht dafür, neue Krankenhausstandorte sofern diese für die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung notwendig sein sollten, in Ober- und Mittelzentren anzusiedeln. Mit der grundsätzlichen Ausrichtung der Krankenhausstandorte auf die Ober- und Mittelzentren wird auch den Erfordernissen der Erreichbarkeit mit ÖPNV Rechnung getragen, da diese Zentralen Orte als ÖPNV-Knotenpunkte, insbesondere für ihre Verflechtungsbereiche fungieren.
zu Ziel 6.2.4 Die Sicherung der medizinischen und pflegerischen Versorgung ist angesichts eines zu deckenden Ärztebedarfs und einer zu erwartenden steigenden Nachfrage, insbesondere in strukturschwachen ländlichen und städtischen Regionen, eine große Herausforderung. So wird, zum Beispiel vor dem Hintergrund des zu erwartenden steigenden Anteils älterer Menschen, die medizinische und pflegerische Betreuung durch ambulante Dienste und stationäre Einrichtungen erhebliche Anforderungen an die entsprechenden Träger stellen. Um diese Anforderungen zu bewältigen, gilt für den Bereich der Pflege zunächst der Grundsatz „ambulant vor stationär“, das heißt pflegebedürftige Menschen sollten so lange wie möglich in ihrer häuslichen Umgebung leben können und durch ambulante Dienste unterstützt werden. Zudem ist es künftig in verstärktem Maße notwendig, dass die Dienste und Einrichtungen der medizinischen und pflegerischen Versorgung kooperieren, ihre Angebote bündeln und miteinander vernetzen. Dies beinhaltet auch die Nutzung neuer Formen ambulanter medizinischer und sozialer Dienstleistungen (zum Beispiel nichtärztliche(r) Praxisassistent/in [Gemeindeschwester], Betreuung in Ambulanzen mit geriatrischen Schwerpunkten) sowie die Nutzung der Telemedizin. Die Weiterentwicklung von integrierten und sektorübergreifenden Versorgungsstrukturen ist vor allem für den ländlichen Raum von Bedeutung, sollte aber auch darüber hinaus in dichter besiedelten Räumen, insbesondere durch die Zusammenfassung von Leistungen in Gesundheitszentren in den Zentralen Orten zur Anwendung kommen. Zudem gilt es, die ambulante geriatrische Versorgung zu verbessern. Schon aktuell besteht eine unzureichende Versorgungsdichte von niedergelassenen Ärzten mit geriatrischer Fachkompetenz. Für die nächsten zehn Jahre ist mit einer deutlichen Zunahme geriatrischer Patienten zu rechnen. Auf Grund der Altersstruktur der Ärzte und einer zu geringen Zahl an Haus- und Fachärzten, die bereit sind, sich in Regionen niederzulassen, die von Unterversorgung bedroht sind, ist die Sicherstellung der medizinischen Versorgung vor allem im ländlichen Raum gefährdet. Davon ist auch der Öffentliche Gesundheitsdienst betroffen. Insbesondere die Nachbesetzung von Ärztestellen beim Kinder- und Jugendärztlichen Dienst stößt in den Flächen-Landkreisen auf Schwierigkeiten, denen durch entsprechende Maßnahmen zu begegnen ist. Als Grundlage für die Bedarfsplanung durch die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen ist die „Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie)“ in der jeweils geltenden Fassung (zurzeit vom 20. Dezember 2012) zu beachten. Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen, die den Sicherstellungsauftrag für die ambulante medizinische Versorgung inne hat, weitere verantwortliche Stellen im Gesundheitswesen, wie die Krankenkassen sowie staatliche und kommunale Stellen, sollten gemeinsam darauf hinwirken und Anreize schaffen, damit im ländlichen Raum eine flächendeckende Versorgung mit Haus- und Fachärzten gewährleistet ist. Instrumente, wie zum Beispiel die Studienbeihilfe, die in Form von Stipendien an studienwillige zukünftige Landärztinnen oder Landärzte gewährt wird, um eine frühe Bindung zu erreichen, gilt es weiterzuentwickeln.
6.3
Erziehungs- und Bildungswesen, Wissenschaft
G 6.3.1
Der Zugang zu gleichwertigen und leistungsfähigen Bildungsangeboten soll überall in zumutbarer Erreichbarkeit gewährleistet werden. Angebote der Kindertagesbetreuung sollen flächendeckend, wohnortnah und bedarfsgerecht vorgehalten werden. Insbesondere bei den Schulen soll eine enge standörtliche Ausrichtung auf die Zentralen Orte nach dem öffentlichen Bedürfnis gesichert bleiben.
Z 6.3.2
Grundschulen sollen in allen Zentralen Orten vorhanden sein, wenn hierfür ein öffentliches Bedürfnis besteht. Darüber hinaus können Grundschulen auch in anderen Gemeinden geführt werden, wenn hierfür ein öffentliches Bedürfnis besteht.
G 6.3.3
Das Netz der Kindertageseinrichtungen, insbesondere der Kindergärten und Horte, soll sich unter Einbeziehung der Gemeinden und der freien Träger am Netz der Grundschulen orientieren.
Z 6.3.4
Oberschulen ² sollen in Ober- und Mittelzentren sowie bei tragfähigem Einzugsbereich in Grundzentren sowie in den Gemeinden mit besonderer Funktion im Bildungsbereich Oberschulen² zur Verfügung stehen. Darüber hinaus können Oberschulen² auch in anderen Gemeinden geführt werden, wenn hierfür ein öffentliches Bedürfnis besteht. ³
Z 6.3.5
Gymnasien sollen in Ober- und Mittelzentren sowie bei tragfähigem Einzugsbereich in Grundzentren mit besonderer Funktion im Bildungsbereich (Gymnasium) zur Verfügung stehen. Darüber hinaus können Gymnasien auch in anderen Gemeinden geführt werden, wenn hierfür ein öffentliches Bedürfnis besteht.
Z 6.3.6
Berufsbildende Schulen und überbetriebliche Berufsbildungsstätten sollen in Ober- und Mittelzentren sowie können bei bestehendem öffentlichen Bedürfnis auch in Grundzentren zur Verfügung stehen. Soweit dies nicht möglich ist, soll ein Angebot in zumutbarer Erreichbarkeit gesichert werden.
Z 6.3.7
Förderschulen sollen bedarfsgerecht in Ober- und Mittelzentren und, wenn ein öffentliches Bedürfnis besteht, können sie auch außerhalb von Ober- und Mittelzentren vorhanden sein. Die fachlichen Aufgaben der Integration der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf sind dabei zu berücksichtigen. In den Oberzentren und in den Mittelzentren ist für jede Schulart bedarfsgerecht mindestens eine allgemein bildende Schule als Integrationsstandort zu entwickeln.
Z 6.3.8
Schulen des zweiten Bildungsweges, Volkshochschulen oder andere Weiterbildungseinrichtungen sollen in Oberzentren und Mittelzentren vorhanden sein.
Z 6.3.9
Im Siedlungsgebiet des sorbischen Volkes sollen, dem besonderen Bedarf entsprechend, zweisprachige Kindertagesbetreuungsangebote und schulische Bildungseinrichtungen sowie Jugendfreizeitstätten in ausreichendem Maß und in der erforderlichen Qualität vorhanden sein. Sie sollen neben der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben die sorbische Identität und aktive Zweisprachigkeit fördern.
Z 6.3.10
Die bestehenden Universitäten, Kunst- und Fachhochschulen sowie die Staatlichen Studienakademien der Berufsakademie Sachsen sind nur an ihren vorhandenen Standorten weiterzuentwickeln.
G 6.3.11
Die Universitäten, Fachhochschulen, staatlichen Studienakademien und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sollen miteinander sowie mit forschenden und produzierenden Unternehmen, insbesondere der regionalen Wirtschaft, kooperieren.
G 6.3.12
Neueinrichtungen von Forschungseinrichtungen sollen an Standorten erfolgen, an denen eine enge Kooperation insbesondere mit der Wirtschaft oder mit Universitäten und Fachhochschulen gewährleistet werden kann.
Begründung zu 6.3 Erziehungs- und Bildungswesen, Wissenschaft
zu Grundsatz 6.3.1 Der Zugang zu gleichwertigen und leistungsfähigen Bildungsangeboten in allen Landesteilen in zumutbarer Erreichbarkeit ist ein Kernelement der Daseinsvorsorge. Ein leistungsfähiges und auf Qualität ausgerichtetes Netz von Schulen und von Angeboten zur Kindertagesbetreuung sowie der Zugang zu vielfältigen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten entsprechend den Anforderungen, die sich aus wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen ergeben, sind ein wichtiges Entwicklungspotenzial Sachsens und zudem eine Voraussetzung zur Sicherung der Bildungs- und Chancengerechtigkeit. Hierbei sind insbesondere auch die Inklusion und Chancengerechtigkeit für Menschen mit und ohne Behinderung zu berücksichtigen, indem integrative Angebote weiterentwickelt werden. Dabei soll auch eine enge Vernetzung von Kindertageseinrichtungen, Schulen und Unterstützungsangeboten angestrebt werden. Die Ausweisung der Standorte öffentlicher Schulen erfolgt auf der Grundlage des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen (
SchulG
) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Juli 2004 (SächsGVBl. S. 298), zuletzt geändert durch Artikel 2 Abs. 10 des Gesetzes vom 19. Mai 2010 (SächsGVBl. S. 142, 144), im Rahmen der Schulnetzpläne, die durch die Landkreise und Kreisfreien Städte aufgestellt und dem SMK zur Genehmigung übergeben werden. Sofern ein öffentliches Bedürfnis gemäß der Definition des
Schulgesetzes
hierfür gegeben ist, sind die kommunalen Schulträger zur Einrichtung und Fortführung einer öffentlichen Schule verpflichtet. Die Angebote der Kindertagesbetreuung (Krippe, Kindergarten, Hort und Kindertagespflege) sind entsprechend der regionalen Bevölkerungsentwicklung und unter besonderer Berücksichtigung des Kindeswohls, das heißt auch in zumutbarer Erreichbarkeit, sowie der Bedürfnisse der Erziehungsberechtigten zur Verfügung zu stellen. Kindertagesbetreuung ist entsprechend des Bedarfs als integratives Angebot vorzuhalten. Die Schulnetzplanung wird im Wesentlichen von der räumlichen Verteilung und Struktur der Bevölkerung beeinflusst. Das Netz der Zentralen Orte im ländlichen Raum stellt je nach Schulart grundsätzlich das nach raumordnerischen Kriterien begründete Grundnetz für die räumliche Verteilung der Schulstandorte als Orientierung für die Schulnetzplanung dar. Die Schulnetzplanung muss mit der Jugendhilfeplanung, insbesondere den Fachplanungen für Kindertageseinrichtungen verknüpft sein. Durch die Organisation des ÖPNV sollen die Träger der Schülerbeförderung gewährleisten, dass zumutbare Schulwege zu der jeweils nächstgelegenen aufnahmefähigen öffentlichen Schule der jeweiligen Schulart erreicht werden. Hierzu sollen auch die Unterrichtszeiten (Beginn und Ende des Unterrichts) beziehungsweise Betreuungszeiten (Beginn und Ende der Hortbetreuung) und die Fahrplantaktzeiten unter Berücksichtigung schulorganisatorischer Belange eng miteinander abgestimmt werden. Als Orientierungen für die Organisation des ÖPNV gelten maximale Fahrzeiten (reine Fahrzeit einschließlich eventueller Umsteigezeiten, ohne Wartezeiten vor oder nach dem Unterricht beziehungsweise der Hortbetreuung, einfache Strecke) von 30 Minuten für Grundschulen sowie 45 Minuten für Oberschulen und Gymnasien.
zu Ziel 6.3.2 Grundschulen sollen für die Schüler auf einem zumutbaren Schulweg erreichbar sein. Der gesetzliche Bildungs- und Erziehungsauftrag kann in der Regel nur erfüllt werden, wenn dafür die gemäß
Schulgesetz
notwendige Schülerzahl in allen Klassenstufen erreicht wird. Bei der Einrichtung von Grundschulen außerhalb der Zentralen Orte ist zu beachten, dass der Bestand von Grundschulen in Zentralen Orten nicht gefährdet wird. Im Ausnahmefall kann der Zentrale Ort mit einer benachbarten Gemeinde vertraglich vereinbaren, dass der Ort der Beschulung der Grundschüler des Zentralen Ortes sich in dieser benachbarten Gemeinde befindet.
zu Grundsatz 6.3.3 Die Lage von Kindertageseinrichtungen, insbesondere von Kindergärten und Horten, und Grundschulen soll die fachliche Kooperation unterstützen. Grundschulen und Horte sollen für die Schüler in zumutbarer Entfernung erreichbar sein. Entsprechend G 6.3.1 sollen Kindertageseinrichtungen auch in Gemeinden vorhanden sein, in denen keine Grundschule vorhanden, aber der Bedarf für eine Kindertagesbetreuung gegeben ist.
zu Ziel 6.3.4 In sächsischen Oberschulen² können sowohl der Real- als auch der qualifizierende Hauptschul- und der Hauptschulabschluss erworben werden. Oberschulen² sind grundsätzlich mindestens zweizügig zu führen.³ Die dafür nötigen Schülerzahlen sind in der Regel in Ober- und Mittelzentren mit ihren Verflechtungsbereichen sowie auch in einigen Grundzentren vorhanden. Bei der Einrichtung von Oberschulen² außerhalb der Zentralen Orte ist zu beachten, dass der Bestand von Oberschulen² in Zentralen Orten und bei Einrichtung in Zentralen Orten der Bestand von Oberschulen² in höherrangigen Zentralen Orten nicht gefährdet wird.
zu Ziel 6.3.5 Gymnasien besitzen entsprechend ihrer Funktionen einen im Vergleich zu Grund- und Oberschulen² größeren Einzugsbereich; ihre Standorte befinden sich daher vorwiegend in Ober- und Mittelzentren, die als Standorte für diese Schulen zu stabilisieren sind. Bei der Einrichtung von Gymnasien außerhalb von Ober- und Mittelzentren ist zu beachten, dass der Bestand von Gymnasien in Ober- und Mittelzentren nicht gefährdet wird. Sportgymnasien beziehungsweise Außenstellen mit sportlichem Profil können auch entsprechend den regionalen Besonderheiten und den fachlichen Anforderungen an anderen Standorten vorhanden sein. Gymnasien sind grundsätzlich mindestens dreizügig zu führen.
zu Ziel 6.3.6 Berufsbildende Schulen haben einen großen Einzugsbereich und können in der Regel nur in Zentralen Orten höherer Stufe (Oberzentren und Mittelzentren) angeboten werden, wo sie auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sind. Die Angebote der beruflichen Bildung gilt es unter Berücksichtigung der steigenden Fach- und Qualifikationsanforderungen auf dem Arbeitsmarkt dort so vielfältig zu unterbreiten, dass die wirtschaftliche Entwicklung der jeweiligen Gebiete dadurch nachhaltig begünstigt wird. Berufsbildende Schulen außerhalb dieser Zentralen Orte sind insbesondere dann notwendig, wenn die Ausbildung an bestimmte berufsbedingte, lokale Voraussetzungen gebunden ist oder ein besonderer inhaltlicher Bezug der Ausbildung zum Standort besteht.
zu Ziel 6.3.7 Förderschulen sind dem jeweiligen fachlichen Bedarf entsprechend in den Zentralen Orten vorzuhalten. Bei der Standortwahl sind insbesondere auch die sozialräumlichen Belange derjenigen Schulen zu berücksichtigen, die eine besondere Lebensraumnähe erfordern und die gegebenenfalls im Kontext mit anderen sozialen Hilfsangeboten im Bereich der Jugendhilfe stehen. Es ist eine räumlich ausgewogene Entwicklung anzustreben, bei der in den Oberzentren und in jedem Mittelzentrum bedarfsgerecht und in zumutbarer Erreichbarkeit für jede allgemein bildende Schulart mindestens eine Schule als Integrationsstandort zur Verfügung steht. Die Umsetzung der Inklusion gemäß UN-BRK im Freistaat Sachsen ist ein langfristiger Prozess, der sich zwangsläufig auf das Schulnetz aller Schularten auswirken wird. Ziel ist es, dass neben den Förderschulen in zumutbarer Erreichbarkeit auch eine andere allgemeinbildende Schule zur Verfügung steht, an der eine gemeinsame Beschulung mit nicht behinderten Kindern bei gleichzeitiger Berücksichtigung des sonderpädagogischen Förderbedarfs möglich ist. Neben der Beschulung von Schülern vor Ort wird die Förderschule noch stärker als bisher zum Kompetenzzentrum, um Schüler und Lehrer bei der Umsetzung der Integration in der Regelschule fachlich aktiv zu begleiten.
zu Ziel 6.3.8 Es besteht ein großer Bedarf der Bürgerinnen und Bürger, durch den Erwerb zusätzlicher Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten auf beruflichem, kulturellem, politischem und wissenschaftlichem Gebiet, den Anforderungen am Arbeitsplatz und im täglichen Arbeitsumfeld besser gerecht zu werden sowie aktiv die Freizeit zu gestalten („Lebenslanges Lernen“) und bürgerschaftliches Engagement zu stärken. Um auch im ländlichen Raum im Sinne der Bildungs- und Chancengerechtigkeit den Menschen den Zugang zu Weiterbildungseinrichtungen zu ermöglichen, sollen die bestehenden differenzierten Trägerstrukturen gestärkt und ein räumlich ausgewogenes Netz von entsprechenden Einrichtungen, wie zum Beispiel von Volkshochschulen, kirchlichen Einrichtungen und Bibliotheken, in den Oberzentren und Mittelzentren mit einer entsprechenden Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr vorhanden sein. Niedrigschwellige Weiterbildungsangebote, wie sie zum Beispiel die Heimvolkshochschulen bieten, sollen durch die jeweiligen Träger bei Bedarf auch in Grundzentren vorgehalten werden. Schulen des Zweiten Bildungsweges sollen in Oberzentren und bei öffentlichem Bedürfnis in Mittelzentren zur Verfügung stehen.
zu Ziel 6.3.9 Kindertagesbetreuungsangebote und schulische Bildungseinrichtungen sowie Jugendfreizeitstätten stellen einen der wichtigsten Grundpfeiler für den Erhalt und die Fortentwicklung der sorbischen Sprache und Identität dar. Außer in einigen Kerngebieten leben die Sorben relativ verstreut. Es gilt, dieser Tatsache mit angemessenen pädagogischen Angeboten und einem besonders hohen Maß an Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften im sorbischen Siedlungsgebiet Rechnung zu tragen.
zu Ziel 6.3.10 Universitäten, Kunst- und Fachhochschulen und die Staatlichen Studienakademien der Berufsakademie Sachsen erfüllen über ihre eigentlichen bildungs- und wissenschaftspolitischen sowie künstlerischen Aufgaben hinaus wichtige strukturpolitische Funktionen. Sie wirken sowohl durch die kontinuierliche Ausbildung hochqualifizierter Fachkräfte als auch durch ihre Zusammenarbeit mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen als wichtiger Standortfaktor für die Ansiedlung innovativer Wirtschaftszweige. Sie prägen die Attraktivität der Städte und Regionen mit und wirken Abwanderungen entgegen. Der Freistaat Sachsen verfügt über eine ausgebaute und bedarfsgerechte Hochschulinfrastruktur. Auf Grund der demografischen Entwicklung ist abzusehen, dass die Studentenzahlen im Freistaat zurückgehen werden. Aus landesplanerischer Sicht ist daher kein Bedarf für zusätzliche Hochschulstandorte erkennbar. Um eine Schwächung der traditionellen Hochschulstandorte zu vermeiden, sind Neubauten und Erweiterungen sowie weitere Entwicklungsmaßnahmen der bestehenden Hochschulen und Studienakademien nur in den Städten umzusetzen, in denen diese Einrichtungen bereits vorhanden sind. Dies schließt auch Baumaßnahmen an anderen Standorten im Bereich der jeweiligen Städte ein.
zu Grundsatz 6.3.11 und Grundsatz 6.3.12
Die Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen wirken als Innovationsmotoren, die auch die regionale Wirtschaft stimulieren. Durch die Bildung von Clustern und Netzwerken sowie andere Formen der Kooperation untereinander und mit forschenden und produzierenden Unternehmen sowie weiteren regionalen Akteuren wird der Wissens- und Technologietransfer in die Wirtschaftsunternehmen der Region befördert und können Forschungsergebnisse praxisnah umgesetzt werden. Der Erhaltung und Weiterentwicklung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen kommt im Hinblick auf eine weitere Steigerung der Innovationskraft des Freistaates Sachsen eine besondere Bedeutung zu. Um Synergieeffekte zu erzielen, Forschungspotenziale effizient zu bündeln und eine Zersplitterung der bestehenden Forschungslandschaft zu vermeiden, sollten neue Forschungseinrichtungen in räumlicher Nähe zu Wirtschaftsunternehmen oder bereits bestehenden Hochschulen eingerichtet werden. Dies gilt für die Verdichtungsräume sowie auch für den ländlichen Raum.
6.4
Kultur und Sport
Kultur
G 6.4.1
Die kulturelle Vielfalt und Bedeutung Sachsens mit seinem Netz der Kultureinrichtungen und Denkmale, verbunden mit den regionalen kulturellen Traditionen, soll in den Zentralen Orten und in der Fläche in ihrer historisch gewachsenen Vielfalt und identitätsstiftenden Wirkung durch bedarfsgerechte, leistungsstarke und finanzierbare Strukturen gefördert, erhalten und weiterentwickelt werden. Die Besonderheiten des Siedlungsgebietes der Sorben und der Schutz und die Pflege der sorbischen Kultur, Tradition und Sprache sollen unterstützt und gefördert werden.
G 6.4.2
Die Entwicklung der Kultureinrichtungen mit regionaler Bedeutung in den Kulturräumen
Chemnitz, Leipzig, Dresden (urbane Kulturräume) und
Vogtland-Zwickau, Erzgebirge-Mittelsachsen, Leipziger Raum,
Meißen-Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Oberlausitz-Niederschlesien/Hornja Łužica-Delnja Šleska (ländliche Kulturräume)
soll sich am Standortsystem der Zentralen Orte orientieren.
Z 6.4.3
Auf die Vernetzung von öffentlichen und privaten Kultureinrichtungen und -initiativen sowie die Intensivierung des grenzüberschreitenden Kulturaustausches und der grenzüberschreitenden Kulturpflege ist hinzuwirken. Durch Kooperationen zwischen Kultureinrichtungen und Schulen sollen die Potenziale von schulischer und außerschulischer kultureller Bildung verstärkt genutzt werden.
Sport
G 6.4.4
Das Netz der Sportanlagen und -einrichtungen soll so gestaltet werden, dass der Bevölkerung in allen Landesteilen in zumutbarer Entfernung sportliche Angebote für alle sozialen Gruppen und Altersgruppen bedarfsgerecht zur Verfügung stehen. Dabei sollen Sportanlagen und -einrichtungen mit überörtlicher Bedeutung in Zentralen Orten zur Verfügung stehen. Für diese Sportanlagen und -einrichtungen sollen die Erfordernisse der infrastrukturellen Einbindung berücksichtigt werden.
Z 6.4.5
Den kommunalen Planungen und der Förderung der Sportinfrastruktur sind Sportstättenentwicklungsplanungen oder vergleichbare, regional abgestimmte Konzepte zugrunde zu legen. Dabei ist zu prüfen, inwieweit der Betrieb, die Sanierung und der Neubau kommunaler Sportanlagen, insbesondere der Bäderbau, künftig gemeindeübergreifend organisiert werden können. Besonderes Gewicht in der gemeindeübergreifenden Abstimmung soll auch auf die Entwicklung flächen- und bandartiger Bewegungsräume für Sport im Freiraum gelegt werden.
Begründung zu 6.4 Kultur und Sport
Kultur
zu Grundsatz 6.4.1 Die Pflege von Kunst und Kultur und die Gewährleistung eines vielfältigen qualitäts- und publikumsorientierten kulturellen Angebotes für die Bevölkerung ist ein wichtiger Bestandteil der Lebensqualität und zugleich ein bedeutendes Standortpotenzial für Wirtschaft und Tourismus Sachsens. Gleiches gilt für Bau- und Kunstdenkmale sowie archäologische Kulturlandschaftsrelikte, die als wertvolle Zeugnisse der Geschichte wesentlich zur Identität und Außenwahrnehmung beitragen. Dabei kommt der Bewahrung, Pflege und Weiterentwicklung des industriekulturellen Erbes des Landes eine besondere Bedeutung zu. Im Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien/Hornja Łužica-Delnja Šleska gilt es, die unikaten sorbischen Kultureinrichtungen zu erhalten und beim weiteren Ausbau der Kultureinrichtungen den Anforderungen an die Zweisprachigkeit und an die spezielle Ausprägung kultureller Traditionen der Sorben zu entsprechen (siehe auch G 1.1.2). Die Abgrenzung des sorbischen Siedlungsgebietes ist in der Karte 12 dargestellt.
zu Grundsatz 6.4.2 Die kulturelle Landschaft Sachsens zeichnet sich unter anderem durch ein dichtes Netz von Theatern, Orchestern, Museen, Bibliotheken, Musikschulen und anderen kulturellen Einrichtungen aus. Neben einem differenzierten Kulturangebot in den größeren Städten tragen im ländlichen Raum kleinteilige Angebote und Initiativen, die Vielfalt der Trägerschaft und die Vielzahl kultureller Orte und Veranstaltungen dazu bei, dass Sachsen als Kulturland wahrgenommen wird und die Menschen gern auch im ländlichen Raum wohnen. Die Dezentralisierung der Kulturaufgaben auf der Grundlage der Bildung von Kulturräumen (Gesetz über die Kulturräume in Sachsen [Sächsisches Kulturraumgesetz –
SächsKRG
] in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. August 2008 [SächsGVBl. S. 539], zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 15. Dezember 2010 [SächsGVBl. S. 387, 398]) unterstützt die kommunale Verantwortung für den Erhalt und die Entwicklung der Kultureinrichtungen und -angebote mit ihren kultur- und bildungspolitischen Aufgaben und touristischen Ansprüchen. In den Kulturräumen wird in deren eigener Verantwortung entsprechend den regional unterschiedlichen Strukturen über die Förderung regional bedeutsamer Einrichtungen und Maßnahmen entschieden. Sofern nicht andere, fachlich begründete Kriterien räumliche Präferenzen begründen, sollten sich die Standorte dieser Einrichtungen am System der Zentralen Orte orientieren, um somit eine flächendeckende Erreichbarkeit und einen effizienten Betrieb dieser Einrichtungen zu gewährleisten.
zu Ziel 6.4.3 Zur Kostenreduktion und Effizienzsteigerung bieten sich bildungs- und leistungsorientierte trägerübergreifende sowie gemeindeübergreifende Kooperationslösungen und Netzwerke an. Kultureinrichtungen sollen unabhängig von ihrer Trägerschaft Kooperationen untereinander sowie mit anderen Institutionen anstreben. Soweit erforderlich, sollen hierzu auch die sächsischen Kulturräume miteinander kooperieren. Bestimmte Regionen in Randlage zu den Ländern Brandenburg, Sachsen-Anhalt sowie zu den Freistaaten Bayern und Thüringen und auch zur Republik Polen und zur Tschechischen Republik übernehmen wichtige Aufgaben der grenzüberschreitenden kulturellen Arbeit. Die Zusammenarbeit von kulturellen Einrichtungen und Schulen in der kulturellen Bildung von Jugendlichen und Kindern soll in Zukunft stärker befördert werden.
Sport
zu Grundsatz 6.4.4 Sportanlagen und -einrichtungen sind auf Grund der erzieherischen, gesundheitlichen und sozialen Wirkungen des Sports wichtige Bestandteile der Daseinsvorsorge, die der Bevölkerung in allen Landesteilen zur Verfügung stehen sollen. Sie steigern den Wohn- und Freizeitwert der Gebiete und sollten den Erfordernissen des Breiten-, Schul- und Leistungssports unter Berücksichtigung kultureller und touristischer Aspekte Rechnung tragen. Das Interesse von Freizeitsportlern, öffentliche Infrastruktur (zum Beispiel Wege, Plätze, Seen und Flüsse) zum Sporttreiben zu benutzen, sollte von Planungsträgern zukünftig mit berücksichtigt werden. Die Errichtung neuer Sportanlagen für den Breiten- und Nachwuchssport in Verbindung mit größeren Schulstandorten wird als sinnvoll erachtet. Sportanlagen und -einrichtungen mit überörtlicher Bedeutung, das bedeutet mit besonderer Größe, Zuschauerkapazität oder für bestimmte Sportarten, sollen in Ober- und Mittelzentren in Verbindung mit Schulstandorten angesiedelt werden und einen genügend großen Einzugsbereich sowie eine günstige Verkehrsanbindung (auch mit ÖPNV) gewährleisten. Ausnahmen einer bevorzugten Orientierung auf Zentrale Orte bilden Sportstätten und -einrichtungen, die an bestimmte Standortvoraussetzungen gebunden sind, wie zum Beispiel Rennschlitten- und Bobbahnen, Biathlonstützpunkte oder Leistungszentren. Bei entsprechender Lage von Sportstätten und -einrichtungen bietet sich die grenzüberschreitende Gestaltung von sportlichen Aktivitäten und Nutzung von Anlagen an.
zu Ziel 6.4.5 Vor dem Hintergrund kleinräumig unterschiedlich verlaufender demografischer Veränderungen und des Rückganges der finanziellen Ressourcen ist seitens der Kommunen eine langfristig angelegte konzeptionelle und im regionalen Maßstab abgestimmte Planung erforderlich, um ein zeitgemäßes nachfragegerechtes Angebot an Sportstätten zu sichern. Die 30. Sportministerkonferenz hat zum Thema „Demografischer Wandel und Sportentwicklung“ im Jahr 2006 den kommunalen Gebietskörperschaften „dringend empfohlen, Sportentwicklungsplanungen aufzustellen, sie mit anderen kommunalen Infrastrukturplanungen zu vernetzen und regionale Abstimmungsprozesse zu organisieren“. Diese Empfehlung der Sportministerkonferenz hat das SMK bereits mit der Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus für die Sportförderung (
Sportförderrichtlinie
) vom 5. Mai 2009 (SächsABl. S. 890), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 16. Dezember 2011 (SächsABl. SDr. S. S 1776), aufgegriffen. Demnach werden Sportstättenbaumaßnahmen ab einem Gesamtwertumfang von mehr als 125 000 EUR nur noch gefördert, wenn der Antragsteller zugleich einen landkreisbezogenen oder kommunalen Sportstättenentwicklungsplan vorlegt. Das SMK betont in seinem Förderkonzept 2009 für die Sportförderung im Freistaat Sachsen das Erfordernis der Vorlage von kommunalen beziehungsweise regionalen Sportstättenentwicklungsplänen ausdrücklich. Diese sollen, neben der Festlegung der längerfristig an der demografischen Entwicklung orientierten bedarfsgerechten Sportstätteninfrastruktur, Aussagen zu den perspektivisch entstehenden Betriebskosten und Kosten für Neubau- und Sanierungsmaßnahmen beinhalten. Angesichts des Tragfähigkeitskriteriums ist bei Sportstätten in der Regel der übergemeindliche Bedarf zu berücksichtigen. Um hier Synergieeffekte zu erzielen und die Sportstätten wirtschaftlich betreiben zu können, ist es bei Sportanlagen mit überregionaler Bedeutung erforderlich, dass der Betrieb sowie die Entscheidung über deren Sanierung oder einen entsprechenden Neubau als eine über die Gemeindegrenzen hinaus reichende Aufgabe verstanden wird, die gegebenenfalls auch in Kooperation umzusetzen ist. Dies trifft in besonderem Maße auch für Hallenbäder zu, da diese den Kommunen hohe Kosten verursachen. Angesichts einer zunehmenden Individualisierung des Sports ist es erforderlich, die Sportentwicklungsplanung über die reine Sportstätten- und Sportanlagenplanung hinaus auch auf freiraumbezogene Bewegungsräume auszurichten. Vor allem bandartige Bewegungsräume, wie zum Beispiel Nordic-Walking- oder Mountainbike-Strecken, sollen, soweit erforderlich, gemeindeübergreifend geplant werden.
6.5
Öffentliche Verwaltung, Gerichtsbarkeit, Sicherheit und Ordnung, Verteidigung
G 6.5.1
In allen Teilräumen soll die Sicherung der Daseinsvorsorge durch nachhaltig leistungsfähige Gebiets- und Verwaltungsstrukturen gewährleistet werden.
G 6.5.2
Die Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung, Gerichtsbarkeit, Sicherheit und Ordnung (Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst) sollen räumlich so verteilt werden, dass in allen Landesteilen eine ausreichende und bürgernahe Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit öffentlichen Dienstleistungen sichergestellt ist.
Z 6.5.3
Die überörtlichen Einrichtungen des Bedarfs der Bevölkerung und der Wirtschaft an Verwaltungsdienstleistungen sind in den Zentralen Orten bereitzustellen.
Z 6.5.4
Den Streitkräften ist die Erhaltung und angemessene Nutzung bestehender und bei Bedarf die Schaffung neuer Infrastruktur zu ermöglichen. Neue militärische Anlagen sind außerhalb der Verdichtungsräume zu errichten. Diese müssen sich in die gegebene wirtschaftliche und soziale Struktur der Teilräume und geeigneter Zentraler Orte einordnen und in das Landschafts- und Ortsbild einfügen. Für militärische Anlagen sind nach Möglichkeit nur geringwertige land- oder forstwirtschaftliche Flächen und Flächen mit geringer ökologischer Wertigkeit in Anspruch zu nehmen. Nicht mehr militärisch genutzte Flächen sind zu sanieren und in geeigneter Weise wieder zu nutzen.
G 6.5.5
Im Rahmen ihrer militärischen Zweckbestimmung sollen Übungsplätze so genutzt werden, dass Umweltschäden minimiert werden. Dabei sollen unvermeidbare Umweltschäden und -beeinträchtigungen soweit möglich durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ausgeglichen werden.
Begründung zu 6.5 Öffentliche Verwaltung, Gerichtsbarkeit, Sicherheit und Ordnung, Verteidigung
zu Grundsatz 6.5.1 Aus den veränderten Rahmenbedingungen, insbesondere in Folge der demografischen Veränderungen, ergeben sich für die kommunalen Gebietskörperschaften erhebliche Konsequenzen:
eine zunehmende Diskrepanz zwischen der (schwindenden) Einwohnerzahl der Gemeinden und den (steigenden) Aufwendungen zur Aufrechterhaltung der Daseinsvorsorge,
zusätzliche Aufwendungen für die Neustrukturierung der Infrastruktur infolge zunehmender Überalterung der Bevölkerung,
Rückgang der kommunalen Einnahmen, die zumindest teilweise an die rückläufige Bevölkerungszahl gekoppelt sind.
Zudem bestehen wegen der sich verändernden finanziellen Möglichkeiten und dem zunehmendem Standortwettbewerb Anpassungserfordernisse auch für den kommunalen Bereich. Die qualitativen und quantitativen Anforderungen an die kommunalen Verwaltungen steigen weiter. Die Schaffung moderner, nachhaltig leistungsfähiger Gebiets- und Verwaltungsstrukturen auf gemeindlicher Ebene und die Gewährleistung einer dauerhaften Aufgabenerfüllung durch die Gemeinden sind im gesamten Gebiet des Freistaates zu unterstützen. Das funktionsteilige System der Zentralen Orte und ihrer Verflechtungsbereiche dient dabei als raumordnerisches Leitprinzip.
zu Grundsatz 6.5.2 Eine ausgewogene räumliche Verteilung der Behörden, Gerichte und anderen Organe der Justiz in allen Teilräumen des Landes trägt den Erfordernissen einer bürger- und unternehmerfreundlichen Verwaltung Rechnung. Die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse umfasst auch die öffentliche Sicherheit und Ordnung, denn die objektive Sicherheitslage und das subjektive Sicherheitsgefühl können die Lebensqualität der Menschen beeinflussen. Bürgernähe und Gemeinwesenorientierung haben trotz einer rückläufigen Bevölkerungsentwicklung einen hohen Stellenwert. Die Polizei wird an den bisherigen Standorten auch im ländlichen Raum, einschließlich der Grenzregionen, festhalten und lageangepasst präsent sein. Der Erhaltung von Leben und Gesundheit der Bevölkerung sowie dem Schutz von Tieren und Sachwerten kommt eine überragende Bedeutung zu. Ebenso ist Umweltgefahren sowie Großschadensereignissen zu begegnen. Hierzu ist ein leistungsfähiges Netz von Leitstellen, Rettungswachen, Feuerwehren, und Katastrophenschutzeinheiten sicherzustellen, das auch dem Stand von Medizin und Technik sowie den Erfordernissen der Wirtschaftlichkeit entspricht.
Damit wird auch dem Grundsatz der Raumordnung in § 2 Abs. 2 Nr. 7
ROG
entsprochen, wonach neben den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung auch denen des Zivilschutzes Rechnung zu tragen ist.
Zur Gewährleistung einer schnellen Hilfe im Notfall, auch bei Großschadensereignissen, sind insbesondere auch die Möglichkeiten kommunaler und grenzüberschreitender Kooperationen zu nutzen.
Unter Berücksichtigung der lokalen Situation soll sichergestellt werden, dass bei Eintritt von Katastrophen und Naturereignissen diejenige Infrastruktur aufrechterhalten wird, die für Katastrophenschutzmaßnahmen und die öffentliche Sicherheit von Bedeutung ist. Insoweit gilt auch der Grundsatz der Raumordnung in § 2 Abs. 2 Nr. 3
ROG
, wonach dem Schutz kritischer Infrastrukturen Rechnung zu tragen ist.
zu Ziel 6.5.3 Bürgernahe Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen bedeutet insbesondere auch, eine leistungsfähige Verwaltung mit möglichst vielen Leistungen an einem Ort vorzuhalten, kundenfreundliche Erreichbarkeiten und Öffnungszeiten zu sichern sowie digitale Potenziale zur Leistungserbringung zu nutzen. Dabei ist den neuen Kommunikationserfordernissen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmer durch internetgestützte Verwaltungsdienstleistungen, den nutzergruppenbezogenen Veränderungen aus der demografischen Entwicklung und den finanziellen Möglichkeiten durch kostengünstige Aufgabenerledigung Rechnung zu tragen. Die bevorzugte Bereitstellung von überörtlichen Einrichtungen mit Verwaltungsdienstleistungen in Zentralen Orten ist für die Bevölkerung von besonderer Bedeutung, da die standörtliche Bündelung und bestmögliche Erreichbarkeit von Einrichtungen der Daseinsvorsorge in Zentralen Orten die Verknüpfung von Besorgungen der Bürgerinnen und Bürger im Alltag mit der Nutzung von Verwaltungsdienstleistungen befördert. Auch für die Wirtschaft bieten die Zentralen Orte durch Bündelung von überörtlichen Einrichtungen mit Verwaltungsdienstleistungen Fühlungsvorteile. Zudem dient diese Bündelung dem effektiven Einsatz öffentlicher Finanzmittel.
zu Ziel 6.5.4
Gemäß dem Grundsatz der Raumordnung in § 2 Abs. 2 Nr. 7
ROG
ist den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes Rechnung zu tragen. Dies erfordert auch eine ausreichende Berücksichtigung bestehender Anlagen der Verteidigung sowie festgelegter Schutzbereiche gemäß Schutzbereichsgesetz im Rahmen der Regionalplanung.
Zum Zeitpunkt der Planaufstellung bestehen folgende Anlagen der Verteidigung:
Truppenübungsplatz Oberlausitz,
Standortübungsplätze Gelobtland und Dreibrüderhöhe (Marienberg),
Standortübungsplätze Altenhain und Dittersbach (Frankenberg),
Standortübungsplatz Delitzsch,
Standortübungsplatz Bad Düben,
Munitionshauptdepot Mockrehna (Schließung vorgesehen).
Beim Truppenübungsplatz sind die im Braunkohlenplan Nochten/Wochozy als Vorranggebiet gesicherten Ersatz- und Verbindungsflächen zu beachten. Die Liegenschaften der Bundeswehr sind in Bauleitplänen textlich und zeichnerisch einheitlich als Sondergebiet Bund darzustellen beziehungsweise festzulegen. Die Erhaltung und gegebenenfalls Bereitstellung einer ausreichenden Zahl unterschiedlicher militärischer Anlagen ist weiterhin erforderlich. Aus heutiger Sicht dürfte dabei die Neuerrichtung größerer militärischer Anlagen wie Übungsplätze, Depots, Flugplätze, Kasernen und ähnliches die Ausnahme sein. Für die Standortsicherung bestehender und die eventuelle Neuerrichtung von Anlagen bilden die strukturellen Auswirkungen, die Bevölkerungsdichte, die Wertigkeit des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes sowie die Orientierung an den raumstrukturellen Gegebenheiten und Erfordernissen den Entscheidungsrahmen. Wegen der teilweise erheblichen Flächenintensität militärischer Anlagen sollen nach Möglichkeit bei Neuanlage von militärischen Anlagen keine hochwertigen Böden in Anspruch genommen werden. In Betracht kommen in erster Linie bereits brachgefallene oder aus der Bewirtschaftung ausscheidende Grenzertragsböden, soweit ihnen aus Gründen des Naturschutzes oder der Ökologie keine besondere Bedeutung zukommt. Nach Ende der militärischen Nutzung soll ein ausreichender Flächenanteil für den Naturschutz gesichert und entsprechend gepflegt werden. Die Stationierung von Streitkräften und die Aufgaben der jeweiligen Standorte ist für die Teilräume Sachsens ein wichtiger Standortfaktor (siehe auch Kapitel 1.4 Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion). Reduzierungsmaßnahmen und der Abzug von Streitkräften haben vielfach Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und das wirtschafts- und sozialpolitische Gefüge in den betroffenen Gebieten. Sofern keine militärischen Notwendigkeiten dem entgegenstehen, ist diesen Aspekten bei eventuellen Fördermaßnahmen besonders Rechnung zu tragen.
zu Grundsatz 6.5.5 Unter dem Begriff „Übungsplätze“ sind sowohl die einzelnen Standortübungsplätze als auch der Truppenübungsplatz Oberlausitz zu verstehen. Militärisch genutzte Flächen haben häufig wegen ihrer Großflächigkeit, Unzerschnittenheit, teilweisen Störungsarmut und teilweise häufigen Störungen, die zu Rohböden führen, sowie Nährstoffarmut eine hohe Bedeutung für die biologische Vielfalt. Soweit im Rahmen der militärischen Zweckbestimmung möglich, werden Übungsplätze bereits für die Umsetzung spezifischer Ziele des Naturschutzes genutzt. Als Grundlage für landschaftspflegerische Maßnahmen an Übungsplätzen werden von der Bundeswehr Pläne erstellt, die etwa einem Grünordnungsplan entsprechen. Dabei ist auch der Ausgleich unvermeidbarer schädlicher Umwelteinwirkungen Gegenstand.
7
Übergangsbestimmung
Z 7.1
Die Regionalpläne sind binnen vier Jahren nach Inkrafttreten des Landesentwicklungsplanes an dessen Ziele und Grundsätze anzupassen.
Begründung zu 7. Übergangsbestimmung
zu Ziel 7.1 Der Landesentwicklungsplan enthält an mehreren Stellen Vorgaben, die der Umsetzung durch die Regionalplanung bedürfen. Für die Umsetzung dieser Handlungsaufträge sieht die Festlegung eine angemessene Frist von vier Jahren vor.

IV. Zusammenfassende Erklärung zur Umweltprüfung des LEP 2013

Dem Raumordnungsplan ist gemäß § 11 Abs. 3 ROG eine zusammenfassende Erklärung beizufügen über die Art und Weise, wie die Umweltbelange und die Ergebnisse der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung in dem Aufstellungsverfahren berücksichtigt wurden, aus welchen Gründen der Plan nach Abwägung mit den geprüften in Betracht kommenden anderweitigen Planungsmöglichkeiten gewählt wurde, sowie über die im Rahmen der Überwachung der Auswirkungen auf die Umwelt nach § 9 Abs. 4 Satz 1
ROG
durchzuführenden Maßnahmen.
Gemäß § 6 Abs. 4
SächsNatSchG
übernimmt der Landesentwicklungsplan zugleich die Funktion des Landschaftsprogramms. Die fachplanerischen Inhalte des Landschaftsprogramms sind dem Landesentwicklungsplan als Anhang A 1 beigefügt. Damit richtet sich die Durchführung der Umweltprüfung für das Landschaftsprogramm gemäß § 19a des
Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung
(
UVPG
) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 734, 745) geändert worden ist, nach § 2 Abs. 2
SächsLPlG
und ist unselbstständiger Teil der Umweltprüfung des Landesentwicklungsplanes. Gegenstand der Umweltprüfung waren somit das Leitbild für die Entwicklung des Freistaates Sachsen als Lebens-, Kultur- und Wirtschaftsraum in seiner Gesamtheit (Teil I LEP 2013), die Grundsätze und Ziele der Raumordnung (Teil III LEP 2013) und die fachplanerischen Inhalte des Landschaftsprogramms (Anhang A 1 zum LEP 2013). Darüber hinaus wurde als Bestandteil der Umweltprüfung ein Klimacheck dahin gehend durchgeführt, welchen Beitrag der LEP 2013 zur Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels leistet. Gemäß § 2 Abs. 2
SächsLPlG
wird der Umweltbericht mit Klimacheck dem LEP 2013 als Anhang A 2 beigefügt.
1
Berücksichtigung der Umweltbelange im Aufstellungsverfahren
Umwelterwägungen wurden bereits bei der Aufstellung des Landesentwicklungsplanes insbesondere auch in seiner Eigenschaft als Landschaftsprogramm in allen thematischen Schwerpunkten berücksichtigt. Der LEP 2013 selbst ist dem Prinzip der nachhaltigen Raumentwicklung verpflichtet, nach welchem die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang gebracht werden sollen. Dies setzt eine differenzierte Auseinandersetzung mit Umweltbelangen voraus, die auf der Bewertung des Zustandes von Natur und Landschaft durch die Landschaftsplanung gemäß § 3 Abs. 1
SächsLPlG
basiert und die mit dem vorliegenden Umweltbericht dokumentiert wird. Die nach § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 7
ROG
durchzuführende Umweltprüfung wurde vollständig in das Verfahren zur Fortschreibung integriert.
Die Umweltprüfung entspricht in ihrem Abstraktionsgrad dem programmatischen Charakter des LEP 2013. Lediglich die zeichnerischen Festlegungen zu Verkehrstrassen gehen über die sonstigen Rahmensetzungen im Detaillierungsgrad hinaus. Sie wurden dementsprechend vertiefend hinsichtlich der zu erwartenden Auswirkungen auf die Umwelt geprüft. Mit seinen textlichen und zeichnerischen Festlegungen wird der LEP 2013 insgesamt insbesondere im Bereich der Vermeidung und Minderung von Umweltbeeinträchtigungen wirksam. So trägt er beispielsweise mit den Festlegungen zum Zentralen-Orte-System zu einer Reduzierung von Umweltbeeinträchtigungen bei, indem der Zersiedlung der Landschaft entgegengewirkt wird. Zentrale Orte, Gemeinden mit besonderen Gemeindefunktionen, Verbindungs- und Entwicklungsachsen sowie Regionale Grünzüge und Grünzäsuren waren bereits im LEP 2003 instrumentell verankert, sodass keine maßgeblich neuen oder anderen Umweltwirkungen gegenüber dem bislang geltenden Landesentwicklungsplan zu erwarten sind. Der Handlungsauftrag zur Ausweisung von Vorsorgestandorten für Industrie und Gewerbe in der Regionalplanung sowie die Möglichkeit, für größere Ferienhausgebiete in den Regionalplänen „Vorsorgestandorte Fremdenverkehr-Tourismus“ festzulegen, können im Einzelfall nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt zur Folge haben, die bei einer entsprechenden Standortfestlegung im Rahmen der Regionalplanung zu prüfen sind. Im Bereich der Freiraumentwicklung zeichnet sich der LEP 2013 gegenüber dem bislang geltenden LEP 2003 durch eine qualitativ weiter verbesserte Umweltvorsorge unter Wahrung der Planungskontinuität aus. Insgesamt wird der Regionalplanung ein weitreichendes und ausdifferenziertes Instrumentarium für den Schutz und die Entwicklung der Umwelt eröffnet, welches in seiner Umsetzung positive Umweltauswirkungen erwarten lässt. Im Bereich der technischen Infrastruktur entspricht der neu aufgenommene Planungsauftrag, bei Erforderlichkeit Vorrangtrassen zum Ausbau des länderübergreifenden Übertragungsnetzes und des Verteilnetzes in den Regionalplänen auszuweisen, ebenso wie das Repowering von Windenergieanlagen aktuellen Herausforderungen, die grundsätzlich auch zum Schutz und zur Entwicklung von Natur und Landschaft geboten sind. Im Bereich der Daseinsvorsorge ergeben sich keine neuen Umweltauswirkungen erheblichen Ausmaßes, da die Ziele und Grundsätze inhaltlich die bereits bislang geltenden Festlegungen weiter entwickeln. Mögliche erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen gehen insbesondere von der Umsetzung der Festlegungen zur Verkehrsinfrastruktur aus. Der LEP 2013 beinhaltet
36 Verkehrsprojekte, die als Trasse Neubau und
7 Verkehrsprojekte, die als Ausbautrasse,
89 Verkehrsprojekte, die als Symbol oder Korridor,
7 Vorhaben, die planfestgestellt sind und ebenfalls als Trasse Neubau sowie
im Bereich Schienenverkehr 3 Maßnahmen, die als Korridor und eine, die als Trasse Neubau
festgelegt sind. Bei zeichnerisch als Trasse festgelegten Vorhaben wurde in der Bewertung der Umweltauswirkungen auf vorliegende Umweltverträglichkeitsstudien zurückgegriffen. Für die als Symbol festgelegten Vorhaben ist mit der Ausweisung keine Trassenführung verbunden, die Konkretisierung bleibt den entsprechenden Zulassungsverfahren vorbehalten. Entsprechend wurde in der Umweltprüfung mit einer Bewertung des Raumwiderstandes gearbeitet. Für jedes der 95 Straßenbauvorhaben wurde ein Tableau erarbeitet, in welchem die Bewertung der Auswirkungen auf die einzelnen Schutzgüter und absehbare Konfliktschwerpunkte vertiefend dargestellt und geprüft wurde, ob sich erhebliche Beeinträchtigungen von Natura 2000-Gebieten zum gegenwärtigen Planungsstand bereits ausschließen lassen. Insgesamt sind aus den Festlegungen zur Verkehrsinfrastruktur voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen zu erwarten, die im Umweltbericht näher dargestellt werden. Eine Vermeidung und Minderung sowie ein Ausgleich erheblicher negativer Umweltauswirkungen müssen entsprechend der rechtlichen Bestimmungen im Zuge der auf nachgeordneten Planungsstufen erfolgenden Konkretisierung stattfinden. Die fachplanerischen Inhalte des Landschaftsprogramms wurden im Zusammenhang mit den ihnen entsprechenden Festlegungen im raumordnerischen Teil des LEP 2013 geprüft. Mit ihrer Umsetzung ist mit weiteren positiven Umweltauswirkungen zu rechnen. Das Landschaftsprogramm wahrt gegenüber dem LEP 2003 Kontinuität, indem das Instrumentarium gezielt weiter entwickelt wird. So werden der Erhalt und die Entwicklung der Kulturlandschaft vertiefend betrachtet. Mit Gebietskulissen zur Moorrenaturierung und zum Erhalt großräumig naturnaher Waldkomplexe werden landesweite Erfordernisse zum Schutz derartiger Lebensräume aufgestellt. Gleichzeitig wird für Bergbaufolgelandschaften und ehemalige Militärflächen der naturschutzfachliche Handlungsbedarf formuliert und der Erhalt von Arten und Lebensräumen innerhalb der Siedlung in den Fokus gerückt. Die fachplanerischen Inhalte zum landesweiten Biotopverbund wirken rahmensetzend durch die Gebietskulisse und der Benennung von Kriterien. Hinsichtlich des Umweltzustandes der Böden werden fachliche Grundlagen zur Verfügung gestellt, um auf aktuelle umweltbezogene Herausforderungen reagieren zu können. Dies gilt auch für den Umweltzustand der Fließ- und Standgewässer und der Identifikation von Gebieten, die einen hohen Anteil vom oberflächennahen Grundwasser abhängiger Landökosysteme aufweisen. Weiterhin werden unter anderem Maßnahmen zum nichttechnischen Wasserrückhalt formuliert und an die Landschaftsplanung adressiert.
2
Berücksichtigung der Ergebnisse der Öffentlichkeits- und der Behördenbeteiligung im Aufstellungsverfahren
Der Entwurf des Landesentwicklungsplanes auch in seiner Eigenschaft als Landschaftsprogramm inklusive der Begründung und des Umweltberichtes hat vom 27. Januar 2012 bis 23. März 2012 gemäß §§ 9 und 10
ROG
in Verbindung mit § 6 Abs. 2
SächsLPlG
öffentlich ausgelegen (Bekanntmachung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern im Sächsischen Amtsblatt Nr. 3/2012 vom 19. Januar 2012). Parallel dazu ist die Beteiligung der öffentlichen Stellen erfolgt. Insgesamt gingen zum Planentwurf 1 220 Stellungnahmen, davon 32 Stellungnahmen zum Umweltbericht ein. Die 1 220 Stellungnahmen enthielten 5 759 einzelne Anregungen, Hinweise und Bedenken, 1,5 Prozent davon bezogen sich auf den Umweltbericht. Im Ergebnis der Auswertung der Stellungnahmen wurde der Planentwurf mit seiner Begründung inklusive Umweltbericht in Teilen geändert. Der geänderte Entwurf hat vom 9. November 2012 bis zum 11. Januar 2013 inklusive des Umweltberichtes öffentlich ausgelegen (Bekanntmachung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern im Sächsischen Amtsblatt Nr. 44/2012 vom 1. November 2012). Parallel dazu ist die Beteiligung der öffentlichen Stellen erfolgt. Zum geänderten Entwurf gingen insgesamt 792 Stellungnahmen mit 3 284 einzelnen Anregungen, Hinweisen und Bedenken, davon 22 Stellungnahmen mit 38 Hinweisen zum Umweltbericht ein. Die eingegangenen Stellungnahmen und das Ergebnis ihrer Abwägung wurden dokumentiert. 64 Prozent der Anregungen, Hinweise und Bedenken zum Umweltbericht wurden im Ergebnis der ersten Auslegung entweder zur Kenntnis genommen oder vollständig beziehungsweise sinngemäß berücksichtigt, 32 Prozent im Ergebnis der zweiten Auslegung. Die Abwägung von umweltbezogenen Anregungen, Hinweisen und Bedenken zu Festlegungen des LEP 2013, insbesondere zu zeichnerischen Festlegungen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur, wurde in den entsprechenden Kapiteln des Umweltberichtes zusammenfassend transparent gemacht.
3
Begründung für die Annahme des Planes
Zusammenfassend sprechen insbesondere folgende Gründe für eine Annahme der Fortschreibung des LEP 2013:
Die Fortschreibung trägt insgesamt zu einer nachhaltigen räumlichen Ordnung und Entwicklung des Freistaates Sachsen bei. Durch die umfassende Berücksichtigung der Umweltbelange wird mittel- bis langfristig eine Verbesserung der Umweltqualität im Freistaat Sachsen erzielt werden können.
Durch die im Landesentwicklungsplan auch in seiner Eigenschaft als Landschaftsprogramm enthaltenen, umfangreichen Festlegungen zum Schutz und Erhalt, zur Entwicklung und zur Verbesserung von Natur und Landschaft, sind schutzgutübergreifend maßgeblich positive Umweltauswirkungen zu erwarten. Sie dienen somit der gezielten Verbesserung des Umweltzustands im Freistaat Sachsen.
Im Zuge der prozessualen Umweltprüfung des Landesentwicklungsplanes wurde – sofern dies zur Erfüllung des Planungsauftrags möglich war – auf umwelterheblichere Alternativen verzichtet und eine Planoptimierung durchgeführt.
Im Bereich der Verkehrsinfrastruktur wurde bei den zeichnerischen Festlegungen als Trasse in der Regel die in der jeweiligen, detaillierten Umweltverträglichkeitsstudie empfohlene Vorzugsvariante aus Umweltsicht gewählt und insofern eine umweltbezogene Planoptimierung durchgeführt. Abweichungen von diesem Prinzip erfolgten in acht Fällen. Diese wurden einzeln begründet. Bei den symbolhaften Festlegungen geplanter Trassen kann eine solche Plan- beziehungsweise Trassenoptimierung erst auf den nachfolgenden Planungs- und Zulassungsebenen erfolgen. Jedoch wurden die Möglichkeiten einer umweltverträglichen Trassenfindung durch den LEP nicht eingeschränkt, da die symbolhafte Festlegung den nachfolgenden Planungs- und Zulassungsebenen umfassende Ausformungsspielräume eröffnet.
4
Geplante Maßnahmen zur Überwachung der erheblichen nachteiligen Auswirkungen der Durchführung des Landesentwicklungsplanes auf die Umwelt
Gemäß § 9 Abs. 4
ROG
sind die erheblichen Auswirkungen der Durchführung der Raumordnungspläne auf die Umwelt zu überwachen und die Maßnahmen dafür im Umweltbericht zu benennen. Zweck des Monitorings im Sinne der SUP-RL ist unter anderem, frühzeitig unvorhergesehene negative Auswirkungen zu ermitteln und in der Lage zu sein, geeignete Abhilfemaßnahmen zu ergreifen.
Der LEP 2013 trifft wesentliche Rahmensetzungen für die Entwicklung der Siedlungs- und Infrastruktur, aber auch der Wirtschafts- und Freiraumstruktur Sachsens und wird insofern zwangsläufig maßgebliche Umweltauswirkungen nach sich ziehen. Allerdings ist ein Großteil der Festlegungen auf den nachfolgenden Planungsebenen räumlich und sachlich auszuformen, sodass das Monitoring weniger auf konkrete Umweltauswirkungen einzelner Festlegungen, sondern vielmehr auf eine übergreifende Gesamtschau der Umweltauswirkungen abzuzielen hat. Folgende Monitoring-Indikatoren werden insgesamt vorgeschlagen:
Flächeninanspruchnahme für Siedlung und Verkehr (Belastungsindikator), Umweltindikatorenset des LfULG,
Anteil regenerativer Energien (Maßnahmeindikator), Umweltindikatorenset des LfULG,
Feinstaub-Belastung (Belastungsindikator), Umweltindikatorenset des LfULG,
Landschaftszerschneidung (Belastungsindikator), Umweltindikatorenset des LfULG,
Schutzgebietsanteil (Maßnahmeindikator), Umweltindikatorenset des LfULG,
Klimafolgenmonitoring (Zustandsindikator), derzeit im Aufbau, LfULG,
Anteil Waldschadensfläche (Zustandsindikator), Umweltindikatorenset des LfULG,
CO₂-Emissionen (Belastungsindikator), Umweltindikatorenset des LfULG,
Zustand der Oberflächenwasserkörper und Grundwasserkörper nach Wasserrechtsrahmenrichtlinie (Zustandsindikator), Monitoring WRRL,
Anteil an Räumen mit hoher und sehr hoher landschaftlicher Erlebniswirksamkeit und Erholungseignung (Zustandsindikator), Fachbeitrag zum Landschaftsprogramm.
Darüber hinaus wird empfohlen, bei flächendeckend vorliegenden Daten zum Erhaltungszustand der Arten und Lebensräume gemeinschaftlichen Interesses zukünftig auch eine Kopplung mit dem Monitoring entsprechend der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie vorzunehmen. Die Fortschreibung des Fachbeitrages zum Landschaftsprogramm stellt grundsätzlich ein Monitoring der Umweltauswirkungen des LEP 2013 dar, da der Umweltzustand des Freistaates Sachsen im Zuge der Fortschreibung detailliert und in Bezug auf die abiotischen und biotischen Bestandteile des Naturhaushaltes umfassend erfasst und bewertet wird. Eine künftige Fortschreibung des Fachbeitrages zum Landschaftsprogramm liegt insofern auch im Interesse des Monitorings der Umweltauswirkungen des Landesentwicklungsplanes.

Verzeichnis der im Plan und im Landschaftsprogramm verwendeten Abkürzungen

Verzeichnis
Abkürzung Rechtsvorschrift
AbfKlärV Klärschlammverordnung
AD Autobahndreieck
AEG Allgemeines Eisenbahngesetz
AK Autobahnkreuz
AS Anschlussstelle
BA Bauabschnitt
BauGB Baugesetzbuch
BauNVO Baunutzungsverordnung
BBodSchG Bundesbodenschutzgesetz
BBodSchV Bundesbodenschutzverordnung
BGr Bundesgrenze
BImSchG Bundesimmissionsschutzgesetz
BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
BMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz
BOS-Netz Netz der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben
BTLNK Biotoptypen- und Landnutzungskartierung
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
BVWP Bundesverkehrswegeplan
C-Senken Kohlenstoffsenken
CO Kohlenmonoxid
CO₂ Kohlendioxid
dB(A) Schalldruckpegel in Dezibel
DIN Norm des Deutschen Instituts für Normung e.V.
EPLR Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum
EUREK Europäisches Raumentwicklungskonzept
EU Europäische Union
EUROPARC Dachverband der Nationalparks, UNESCO-Biosphärenreservate und Naturparks
EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
FFH-RL Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU
FEV Fachlicher Entwicklungsplan Verkehr
FND Flächennaturdenkmal
FZ Fachplanerisches Ziel des Naturschutzes (Anhang A 1)
GIS Geografisches Informationssystem
GrWV Grundwasserverordnung
GVZ Güterverkehrszentrum
ha Hektar
HCL Chlorwasserstoff
HQ 100 statistisch einmal in 100 Jahren auftretendes Hochwasser
HWRM-RL Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie
ILEK Integriertes Ländliches Entwicklungskonzept
INSEK Integriertes Stadtentwicklungskonzept
IÖR Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung Dresden
IPCC Intergovernmental Panel on Climate Change (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen), „Weltklimarat“
IUCN International Union for the Conservation of Nature and Natural Ressources (deutsch: Internationale Union für die Bewahrung der Natur und der natürlichen Ressourcen)
KUP Kurzumtriebsplantagen
LaPro Landschaftsprogramm
LAWA Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser
LEADER Liaison entre actions de développement de l'économierurale (deutsch: Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft)
LEP Landesentwicklungsplan
LEB Landesentwicklungsbericht
LfULG Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie
LIKI Länderinitiative Kernindikatoren
LRT Natürliche Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interesse gemäß Anhang I der FFH-Richtlinie, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen
LSG Landschaftsschutzgebiet
LTE Long Term Evolution (Neuer Mobilfunkstandard mit deutlich höheren Downloadraten)
LTV Landestalsperrenverwaltung
mg/l Milligramm pro Liter
MIV Motorisierter Individualverkehr
MKRO Ministerkonferenz für Raumordnung
Na+ Natrium-Ionen
Natura 2000 Kohärentes Netz von Schutzgebieten in der EU zum Schutz wild lebender heimischer Tier- und Pflanzenarten und ihrer natürlichen Lebensräume
NGO Nichtregierungsorganisationen
NH₃ Ammoniak
NLP Nationalpark
NO x Stickoxide
NSG Naturschutzgebiet
ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr
ÖPNVG Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr im Freistaat Sachsen
OU Ortsumgehung
OVG Oberverwaltungsgericht
OWK Oberflächenwasserkörper
PAK polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe
pnV potenzielle natürliche Vegetation
REK Regionales Entwicklungskonzept
RIN Richtlinien für integrierte Netzgestaltung
ROG Raumordnungsgesetz (des Bundes)
SächsABG Sächsisches Abfallwirtschafts- und Bodenschutzgesetz
SächsDSchG Sächsisches Denkmalschutzgesetz
SächsGemO Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen
SächsKomZG Sächsisches Gesetz über kommunale Zusammenarbeit
SächsLPlG Sächsisches Landesplanungsgesetz
SächsNatSchG Sächsisches Naturschutzgesetz
SächsVwVfZG Gesetz zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen
SächsWaldG Sächsisches Waldgesetz
SächsWG Sächsisches Wassergesetz
SBS Staatsbetrieb Sachsenforst
SEKO Städtebauliches Entwicklungskonzept
SIB Sächsisches Immobilien- und Baumanagement
SMK Sächsisches Staatsministerium für Kultus
SMUL Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft
SMWA Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr
SO₂ Schwefeldioxid
SPA-Gebiet Special Protection Areas (Europäisches Vogelschutzgebiet)
SPNV Schienenpersonennahverkehr
TA 2020 Territoriale Agenda der Europäischen Union
TEN Transeuropäisches Netz
TEU twenty foot equivalent unit
THG Treibhausgase
TK 10 Topographische Karte 1 : 10 000
UMK Umweltministerkonferenz
UN-BRK UN-Behindertenrechtskonvention
UNCED Weltumweltkonferenz
UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (deutsch: Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur)
UVS Umweltverträglichkeitsstudie
UZVR Unzerschnittene verkehrsarme Räume
V Verlegung
VB Vordringlicher Bedarf
VOC flüchtige organische Verbindungen
VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz
WB Weiterer Bedarf
WB* Weiterer Bedarf mit Planungsrecht
WEREX Wetterlagenbedingte Regression für Extremwerte, regionales Klimamodell für Sachsen
WETTREG Wetterlagenbasierte Regionalisierungsmethode, regionales Klimamodell für Sachsen
WHG Wasserhaushaltsgesetz
WKA Wasserkraftanlagen
WRRL EU-Wasserrahmenrichtlinie

Glossar zu Fachbegriffen der Raumordnung

Achsen
Instrumente der → Raumordnung, die durch eine Bündelung von Verkehrs- und Versorgungssträngen (Bandinfrastruktur) und durch eine unterschiedlich dichte Folge von Siedlungskonzentrationen gekennzeichnet sind. Je nach Aufgabe und Ausprägung werden Verbindungsachsen und Entwicklungsachsen unterschieden. Überregional bedeutsame Verbindungs- und Entwicklungsachsen sind landesweit bedeutende Achsen, die die räumlichen Verflechtungen der sächsischen Verdichtungsräume und Oberzentren mit den Oberzentren und Verdichtungsräumen benachbarter Länder und Staaten sowie die Einbindung in europäische Netze wiedergeben. Das Netz der überregionalen Verbindungs- und Entwicklungsachsen wird durch ein Netz regionaler Verbindungs- oder Entwicklungsachsen (Gliederung durch → Grünzäsuren, → Regionaler Grünzug) ergänzt. (LEP 2013 Kapitel 1.5 Verbindungs- und Entwicklungsachsen)
Bauleitplanung
Räumliche Gesamtplanung auf gemeindlicher Ebene. Es wird unterschieden zwischen vorbereitenden Bauleitplänen (→ Flächennutzungspläne) und verbindlichen Bauleitplänen (Bebauungsplänen).
Die Rechtsgrundlagen enthält das
Baugesetzbuch
(
BauGB
).
Braunkohlenplan
In den Regionen mit Braunkohlengebieten wird für jeden Tagebau ein Braunkohlenplan – für stillzulegende oder stillgelegte Tagebaue als Sanierungsrahmenplan – aufgestellt. Die Braunkohlenpläne sollen insbesondere Angaben zu Grenzen des Abbaus und der Grundwasserbeeinflussung, Oberflächengestaltung, Wiedernutzbarmachung und Landschaftsentwicklung enthalten. Der Braunkohlenplan gilt als Teil-Regionalplan.
Daseinsvorsorge
Zusammenfassender Begriff für die flächenhafte Versorgung mit lebensnotwendig eingestuften Gütern und Dienstleistungen zu sozial tragbaren Preisen und zu verträglichen Erreichbarkeitsbedingungen. Eine abschließende Aufzählung aller Leistungen der Daseinsvorsorge ist nicht möglich, zumal diese im gesellschaftlichen Wandel stetigen Veränderungen unterworfen sind. Für die Gewährleistung der Daseinsvorsorge steht der Staat bei zahlreichen Grundaufgaben in der Pflicht, ohne allerdings selbst Träger dieser Leistungen sein zu müssen. Für die Öffentliche Hand kommt es lediglich darauf an, dass die betreffenden Leistungen auch tatsächlich erbracht werden. (LEP 2013, vor allem Kapitel 1.3 Zentrale Orte und Verbünde, Kapitel 3 Verkehrsentwicklung, Kapitel 5 Technische Infrastruktur und Kapitel 6 Daseinsvorsorge)
EgroNet
Grenzüberschreitendes europäisches Nahverkehrssystem in Teilen der Vierländerregion Sachsen, Thüringen, Bayern, Böhmen (EUREGIO EGRENSIS)
Eigenentwicklung
Die für den Bauflächenbedarf zu Grunde zu legende Entwicklung einer Gemeinde, die sich aus der natürlichen Bevölkerungsentwicklung und aus den Ansprüchen der örtlichen Bevölkerung an zeitgemäße Wohnverhältnisse sowie den Flächenansprüchen einer ortsangemessenen Entwicklung von Gewerbebetrieben und Dienstleistungseinrichtungen ergibt.
(LEP 2013, Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen)
Eignungsgebiete
Gebiete, in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind. Gemäß § 2 Abs. 1
SächsLPlG
darf die Ausweisung von Eignungsgebieten im vorgenannten Sinne nur in Verbindung mit der Ausweisung von → Vorranggebieten zu Gunsten der betreffenden Nutzung erfolgen.
Endogenes Potenzial
Das endogene (Entwicklungs-/Wachstums-)Potenzial bezeichnet die Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb einer Region im Gegensatz zu den von außen herangeführten Entwicklungsressourcen.
Erfordernisse der Raumordnung
Die Erfordernisse der Raumordnung umfassen → Ziele der Raumordnung, → Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung (§ 3
ROG
).
Sonstige Erfordernisse der Raumordnung sind in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des → Raumordnungsverfahrens sowie landesplanerische Stellungnahmen.
Euroregionen
Euroregionen sind freiwillige Zusammenschlüsse von Landkreisen, Städten und Gemeinden über die Binnen- und Außengrenzen der EU hinweg, mit dem Ziel, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu fördern. Ihre Aufgabe ist es unter anderem, grenzüberschreitende Aktivitäten auf kommunaler und regionaler Ebene zu koordinieren und zu unterstützen sowie die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Region zu stärken. Häufig wird auch der Begriff „Euregio“ als Kurzform für „Europäische Region“ genutzt. Es gibt an der sächsisch-polnischen und der sächsisch-tschechischen Grenze vier Euroregionen. Dies sind die Euroregion Neisse-Nisa-Nysa, die Euroregion Elbe/Labe, die Euroregion Erzgebirge/Kruanohori und die Euregio Egrensis.
Europäisches Raumentwicklungskonzept (EUREK)
Das EUREK, durch die für Raumordnung zuständigen Minister/innen der EU-Mitgliedstaaten 1999 verabschiedet, enthält die Ziele und Optionen für eine nachhaltige europäische Raumentwicklung. Außerdem werden die wesentlichen Instrumente der transnationalen und grenzübergreifenden Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Raumordnung in Europa dargestellt. Das EUREK hat als informelles raumplanerisches Dokument auf EU-Ebene nach wie vor Gültigkeit, wenngleich mittlerweile weitere Dokumente verabschiedet wurden, wie die → Territoriale Agenda 2020 (2011) und die → EU-Strategie 2020 (2010).
Europäische territoriale Zusammenarbeit
Das Ziel „Europäische Territoriale Zusammenarbeit“ besteht seit der Förderperiode 2007 bis 2013 in den Ausrichtungen
Stärkung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit durch gemeinsame lokale und regionale Initiativen,
Stärkung der transnationalen Zusammenarbeit in Gestalt von Prioritäten der Gemeinschaft entsprechenden Aktionen zur integrierten Raumentwicklung und
Ausbau der interregionalen Zusammenarbeit und des Erfahrungsaustausches auf der geeigneten territorialen Ebene (Artikel 3 Abs. 2 Nr. 3 VO (EG) Nr. 1083/2006).
Die europäische territoriale Zusammenarbeit wird aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) finanziert. Zuvor wurde die territoriale Kooperation durch die Gemeinschaftsinitiative → INTERREG gefördert.
EU-Strategie 2020
Die EU-Strategie 2020 für ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum stellt eine Folge der Herausforderungen durch die Wirtschafts- und Finanzkrise in Europa dar und löst die Lissabon-Strategie ab, die darauf abzielte, Europa zum größten Weltwirtschaftsraum zu machen. Dabei gibt es drei Prioritäten:
Entwicklung einer auf Wissen und Innovation gestützten Wirtschaft (intelligentes Wachstum),
Förderung einer Ressourcen schonenden ökologischen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft (nachhaltiges Wachstum) sowie
Förderung einer Wirtschaft mit hoher Beschäftigung und ausgeprägtem sozialen und territorialen Zusammenhalt (integratives Wachstum).
siehe auch → TAEU 2020
Fachplanungen, raumwirksame
Planungen, Maßnahmen und sonstige Vorhaben der Fachressorts auf den verschiedenen Planungsebenen (EU, Bund, Länder, Kommunen), durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird (zum Beispiel Verkehr, technische Ver- und Entsorgung, Wirtschaftsförderung, Wohnungsbau und Stadtentwicklung, Agrar- und Umweltpolitik).
Flächennutzungsplan
Vorbereitender → Bauleitplan, der für das gesamte Gemeindegebiet die von der Gemeinde angestrebte städtebauliche Entwicklung und beabsichtigte Bodennutzung darstellt.
Freiraum
Raum außerhalb von Siedlungen, in dem vor allem landschaftsbezogene Nutzungen oder ökologische Funktionen zu entwickeln sind.
Gegenstromprinzip
Raumordnerisches Prinzip, nach dem sich die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraumes einfügen und die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraumes die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen soll.
Grenzübergreifende Zusammenarbeit
Teil der „Europäischen Territorialen Zusammenarbeit“ (ETZ). Sachsen ist in der derzeitigen Förderperiode 2007 bis 2013 am Programm zur Förderung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit zwischen dem Freistaat Sachsen und der Tschechischen Republik (www.ziel3-cil3.eu/de/ index.html) sowie am Operationellen Programm der grenzübergreifenden Zusammenarbeit Sachsen – Polen (www.sn-pl.eu/de/index.html) beteiligt. Generelles Ziel der grenzübergreifenden Zusammenarbeit ist es, die durch die Grenzlage bedingten Nachteile abzubauen und die Grenzregionen gemeinsam zu entwickeln (LEP 2013, Kapitel 2.1.2 Einbindung Sachsens in Europa und Europäische Territoriale Zusammenarbeit).
Grundsätze der Raumordnung
Allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes (Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung einer → nachhaltigen Raumentwicklung) als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen (§ 3 Nr. 3 ROG). Die Grundsätze der Raumordnung sind von allen öffentlichen Planungsträgern bei → raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sowie bei behördlichen Entscheidungen in Zulassungsverfahren über Vorhaben Privater in der Abwägung oder bei der Ermessensausübung nach Maßgabe der dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen (§ 4
ROG
).
Grünzäsur
Kleinräumiger Bereich des → Freiraumes zum Schutz siedlungsnaher Erholungsfunktionen und zur Verhinderung des Zusammenwachsens dicht beieinander liegender Siedlungsgebiete, insbesondere im Zuge von → Achsen. Grünzäsuren sind → Ziele der Raumordnung. siehe auch → Regionaler Grünzug
(LEP 2013, Kapitel 1.5 Verbindungs- und Entwicklungsachsen und Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen)
INTERREG
Die Gemeinschaftsinitiative INTERREG wurde bereits in der Strukturfondsperiode 1989 bis 1993 mit dem Ziel eingerichtet, die Kooperation zwischen Behörden der EU-Länder über die nationalen Grenzen hinweg zu stärken und wurde bis zum Programmzeitraum 2000 bis 2006 fortgeführt. Der Begriff INTERREG wird umgangssprachlich weiterhin verwendet, obgleich zwischenzeitlich INTERREG offiziell durch das Ziel → Europäische territoriale Zusammenarbeit ersetzt wurde.
ILEK
Die Integrierte ländliche Entwicklung (ILE) ist ein vom Freistaat Sachsen geförderter und mit EU-Mitteln kofinanzierter Prozess zur Entwicklung und Stärkung des ländlichen Raumes. Sie beinhaltet mehrere Bausteine, darunter das „Integrierte ländliche Entwicklungskonzept“ (ILEK) als informelles Planungsinstrument für die jeweilige Region. siehe auch www.laendlicher-raum.sachsen.de
INSEK
Das gesamtstädtische „Integrierte Stadtentwicklungskonzept“ (INSEK) ist als informelles Planungsinstrument eine sonstige Rahmenplanung der Gemeinde im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 11
BauGB
.
siehe auch www.bauen-wohnen.sachsen.de
IÖR-Monitor
Monitor der Siedlungs- und Freiraumentwicklung des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung (IÖR). Der IÖR-Monitor stellt Informationen zur Flächenstruktur und deren Entwicklung unter Nutzung von topographischen Geodaten als Berechnungsgrundlage bereit. Er ergänzt unter anderem die amtliche Flächenstatistik mit Basisinformationen für die Bewertung der Flächenentwicklung, insbesondere hinsichtlich deren Nachhaltigkeit. (LEP 2013, Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen)
Klimacheck
Im Rahmen der → Umweltprüfung zum Landesentwicklungsplan (LEP 2013) wird in Sachsen ein sogenannter „Klimacheck“ durchgeführt, mit dem geprüft wird, welchen Beitrag der Landesentwicklungsplan 2013 zum Klimaschutz und zur vorsorgenden Anpassung an sich abzeichnende klimatische Veränderungen leistet.
Kulturlandschaft
Die Kulturlandschaft ist das Ergebnis der Wechselwirkung zwischen naturräumlichen Gegebenheiten und menschlicher Einflussnahme im Verlauf der Geschichte. Dynamischer Wandel ist daher ein Wesensmerkmal der Kulturlandschaft. (LEP 2013, Kapitel 4.1.1 Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft)
Kulturraum
Die Kulturräume sind fünf ländliche (durch Zusammenschluss von Landkreisen) und drei urbane Kulturräume (Dresden, Chemnitz, Leipzig), die als Zweckverbände organisiert sind und in denen unter anderem regional bedeutsame Einrichtungen und Maßnahmen durch die Sitzgemeinde, den Kulturraum und den Freistaat Sachsen im Rahmen eines sächsischen Kulturlastenausgleiches gemeinsam finanziert werden.
siehe auch www.kulturland.sachsen.de (LEP 2013, Kapitel 6.4 Kultur und Sport)
KWIS
Kommunales Wirtschaftsinformationssystem der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH. Eine internetgestützte Datenbank für die Vermarktung von Gewerbeflächen und Immobilien. Die dezentrale Online-Datenpflege erfolgt durch die regionalen Wirtschaftsförderer, die TLG Immobilien GmbH und den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement.
Landesentwicklungsbericht (LEB)
In jeder Legislaturperiode dem Sächsischen Landtag von der Staatsregierung vorzulegender Bericht über den Stand der Landesentwicklung, über die Verwirklichung der Raumordnungspläne und über die Entwicklungstendenzen (§ 17 Abs. 1
SächsLPlG
). Derzeit aktuell ist der Landesentwicklungsbericht 2010 (LEB 2010).
Landesentwicklungsplan (LEP)
Zusammenfassender und übergeordneter → Raumordnungsplan für das gesamte Landesgebiet. Er enthält → Grundsätze und → Ziele der Raumordnung zur räumlichen Ordnung und Entwicklung und stellt unter Einbeziehung der raumbedeutsamen → Fachplanungen eine raumordnerische Gesamtkonzeption für das Land mit Vorgaben für die Regionalplanung (→ Regionalplan) dar.
Landesplanung
Teil der öffentlichen Verwaltung in den Ländern, der zusammenfassende, überörtliche, übergeordnete, den → Grundsätzen der Raumordnung entsprechende Programme und Pläne aufstellt und → raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen koordiniert.
Landesplanerischer Vertrag
Vertragliche Vereinbarung zur Vorbereitung und Verwirklichung von → Raumordnungsplänen oder zur Koordinierung und Verwirklichung von Regionalen Entwicklungskonzepten (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
ROG
).
(LEP 2013, Kapitel 1.3 Zentrale Orte und Verbünde)
ländlicher Raum
→ Raumkategorie, die die Teile Sachsens umfasst, die im Vergleich zu den → Verdichtungsräumen eine dünnere Besiedlung und eine geringere bauliche Verdichtung aufweisen. Wenngleich die Land- und Forstwirtschaft bei der Beschäftigung auch im ländlichen Raum nicht mehr dominiert, so ist sie für die Flächennutzung in dieser Raumkategorie unvermindert prägend. (LEP 2013, Kapitel 1.2 Raumkategorien)
Landschaftsplanung
Planungsinstrument von Naturschutz und Landschaftspflege. Die Landschaftsplanung hat die Aufgabe, die Ziele und die für ihre Verwirklichung erforderlichen Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege für den Planungsraum zu erarbeiten, zu begründen und in Text und Karten darzustellen. Sie ist wie die räumliche Gesamtplanung (→ Raumordnung → Bauleitplanung) dreistufig angelegt (Landschaftsprogramm, Landschaftsrahmenplan, Kommunaler Landschaftsplan) und auf überörtlicher Ebene in die Raumordnungsplanung integriert (→ Primärintegration).
Leitbilder für die Raumentwicklung (Bund)
Es ist Aufgabe des zuständigen Bundesministeriums, diese in Zusammenarbeit mit den Ländern zu entwickeln. Die von der → Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) am 30. Juni 2006 verabschiedeten „Leitbilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland“
„Wachstum und Innovation“,
„Öffentliche Daseinsvorsorge sichern“ und
„Ressourcen bewahren, Kulturlandschaft gestalten“
stellen einen Strategiekonsens zur künftigen räumlichen Entwicklung dar. Die Leitbilder für die Raumentwicklung werden derzeit fortgeschrieben.
Metropolregion
Hochverdichtete Agglomerationsräume mit mindestens 1 Million Einwohnern, die sich – gemessen an ökonomischen Kriterien wie Wettbewerbsfähigkeit, Wertschöpfung, Wirtschaftskraft und Einkommen – besonders dynamisch entwickeln und international gleichzeitig besonders herausgehoben sind. In Deutschland wurden von der → Ministerkonferenz für Raumordnung 1997 und 2005 elf Räume als Europäische Metropolregionen in Deutschland ausgewiesen. siehe auch www.deutsche-metropolregionen.org
Metropolregion Mitteldeutschland
Die Europäische → Metropolregion „Mitteldeutschland“ ist eine länderübergreifende Kooperation (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) von Städten, bei der auch über die jeweiligen Stadtgrenzen hinaus regionale Abstimmungsprozesse zu berücksichtigen sind. Seit Anfang 2010 besteht die Metropolregion Mitteldeutschland aus den Städten Dresden, Chemnitz, Leipzig, Zwickau, Dessau-Rosslau, Halle, Magdeburg, Erfurt, Gera, Jena und Weimar. (LEP 2013, Kapitel 1.6 Länderübergreifende Zusammenarbeit und Europäische Metropolregion Mitteldeutschland)
Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO)
Gremium der Bund-Länder-Zusammenarbeit, in dem die für → Raumordnung und → Landesplanung zuständigen Minister und Senatoren des Bundes und der Länder über grundsätzliche Fragen der Raumordnung und Landesplanung und Zweifelsfragen gemeinsam beraten und Empfehlungen abgeben.
Mittelbereich
→ Verflechtungsbereich eines Mittelzentrums
(LEP 2013; Kapitel 1.3 Zentrale Orte und Verbünde)
Nachhaltige Raumentwicklung
Oberste Leitvorstellung der → Raumordnung gemäß § 1 Abs. 2
ROG
. Nachhaltige Raumentwicklung bringt die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang und führt zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung.
Nahbereich
→ Verflechtungsbereich eines Grundzentrums
(LEP 2013; Kapitel 1.3 Zentrale Orte und Verbünde)
Oberbereich
→ Verflechtungsbereich eines Oberzentrums
(LEP 2013; Kapitel 1.3 Zentrale Orte und Verbünde)
Planungsregion
Planungsraum unterhalb der Landesebene, für den ein eigener Raumordnungsplan (→ Regionalplan) aufgestellt wird. Die Abgrenzung der Planungsregionen ist im Landesplanungsgesetz (§ 9 Abs. 1) festgelegt. In Sachsen gibt es derzeit vier Planungsregionen.
Primärintegration
Primärintegration bedeutet, dass Landschaftsprogramm und Landschaftsrahmenplan Teile der entsprechenden Raumordnungspläne sind. Im Freistaat Sachsen übernimmt der → Landesentwicklungsplan zugleich die Funktion des Landschaftsprogramms und die → Regionalpläne übernehmen zugleich die Funktion der Landschaftsrahmenpläne nach § 6
SächsNatSchG
.
Raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen
Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel (§ 3
ROG
).
Raumbeobachtung
Tätigkeit der → Raumordnung und → Landesplanung, die kontinuierlich alle raumbedeutsamen Entwicklungen und Tendenzen erfasst, systematisiert und bewertet.
Räume mit besonderem Handlungsbedarf
Räume, in denen auf Grund ihrer Lage im Raum, ihrer großflächigen bergbaubedingten Inanspruchnahme oder besonderer Umweltbelastungen die Lebensbedingungen oder die Entwicklungsvoraussetzungen in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Landesdurchschnitt zurückgeblieben sind oder in denen ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist. Dazu gehören insbesondere
die grenznahen Gebiete an der Staatsgrenze zur Republik Polen und zur Tschechischen Republik und
die Bergbaufolgelandschaften des Braunkohlenbergbaus, des Steinkohlenbergbaus, des Erzbergbaus, des Uranbergbaus.
(LEP 2013, Kapitel 2.1.3 Räume mit besonderem Handlungsbedarf)
Raumkategorien
Räume, die eine weitgehend einheitliche Struktur aufweisen und deshalb hinsichtlich ihrer angestrebten Entwicklung einheitlich zu behandeln sind. Im LEP 2013 (Kapitel 1.2 Raumkategorien) werden folgende Raumkategorien unterschieden:
→ Verdichtungsraum und → ländlicher Raum mit seinen verdichteten Bereichen.
Raumordnung
Zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Planung zur Ordnung und Entwicklung des Raumes einschließlich der Verwirklichung dieser Planung. Die Aufgabe der Raumordnung ist in § 1 Abs. 1
ROG
und § 1
SächsLPlG
festgeschrieben. → Raumordnungsplan, → raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen
Raumordnungsbehörden
Raumordnungsbehörden sind die für → Landesplanung und für den Vollzug der → Raumordnungspläne zuständigen Landesbehörden. In Sachsen ist die oberste Raumordnungs- und Landesplanungsbehörde das Sächsische Staatsministerium des Innern. Obere Raumordnungsbehörde ist die Landesdirektion Sachsen (§ 19
SächsLPlG
).
Raumordnungsklauseln
Bestimmungen, nach denen bei → raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen → Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen sind.
Raumordnungsplan
Oberbegriff für → Landesentwicklungsplan und → Regionalpläne im Freistaat Sachsen (§ 3
ROG
Abs. 1 Nr. 7).
Raumordnungsverfahren
Förmliches Verfahren zur Prüfung der Vereinbarkeit eines raumbedeutsamen Vorhabens mit den → Erfordernissen der Raumordnung und Abstimmung mit raumbedeutsamen Vorhaben anderer öffentlicher und sonstiger Planungsträger untereinander (§§ 15, 16
ROG
in Verbindung mit § 15
SächsLPlG
).
Regionalentwicklung
Gesamtheit aller Aktivitäten zur Entwicklung von Teilräumen auf der Grundlage der interkommunalen Kooperation. Im Rahmen der Regionalentwicklung wird versucht, neben öffentlichen Stellen auch die regionalen Akteure (Personen des Privatrechts, Wirtschaftsvertreter, Nichtregierungsorganisationen, Vereine und so weiter) einzubeziehen.
Zur Stärkung der regionalen Entwicklung unterstützen die → Raumordnungsbehörden und Regionalen Planungsverbände die Zusammenarbeit der für die Verwirklichung der Raumordnungspläne maßgeblichen öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts. Dies kann insbesondere im Rahmen von → Regionalen Entwicklungskonzepten beziehungsweise integrierten regionalen Anpassungsstrategien und deren Umsetzung sowie durch die Förderung der freiwilligen Zusammenarbeit mit benachbarten → Planungsregionen, Ländern und ausländischen Staaten erfolgen (§ 13
ROG
und § 13 Abs. 1 und 3
SächsLPlG
).
Regionaler Grünzug
Siedlungsnaher, zusammenhängender Bereich des → Freiraums mit unterschiedlichen ökologischen Funktionen oder naturnahen Erholungsmöglichkeiten, der von Bebauung im Sinne einer Besiedlung und von anderen funktionswidrigen Nutzungen freizuhalten ist. Regionale Grünzüge sind → Ziele der Raumordnung. siehe auch → Grünzäsur
(LEP 2013, Kapitel 1.5 Verbindungs- und Entwicklungsachsen und Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen)
Regionaler Planungsverband (RPV)
Körperschaft des öffentlichen Rechts, dem durch das Landesplanungsgesetz die Aufgabe der Regionalplanung übertragen wurde. Mitglieder sind die Kreisfreien Städte und die Landkreise. Im Freistaat Sachsen bestehen:
der RPV Leipzig-Westsachsen,
der Planungsverband Region Chemnitz,
der RPV Oberes Elbtal/Osterzgebirge und
der RPV Oberlausitz-Niederschlesien/Hornja Łužica-Delnja Šleska
(§ 9
SächsLPlG
).
Regionales Entwicklungskonzept (REK)
Kommunale Grenzen überschreitendes informelles Konzept für ein koordiniertes Handeln zur Entwicklung eines Kooperationsraumes. Eine Form des informellen Instrumentariums zur Entwicklung einer (Teil-) Region und zur räumlichen Zusammenarbeit. REK können zur Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen oder sonstigen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen beitragen (
ROG
§ 13 Abs. 2 Punkt 2 und § 13 Abs. 1
SächsLPlG
).
Regionales Flächenmanagement
Koordinierung von Flächenbedarf und Flächeninanspruchnahme durch integrierte Siedlungs- und Freiraumpolitik unter kooperativer Mitwirkung der hierfür maßgeblichen Akteure.
(LEP 2013, Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen)
Regional Governance
Netzwerkartige Kooperationen zwischen Akteuren des öffentlichen, privatwirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Bereichs zur Bearbeitung von Problemen des regionalen Gemeinwohls.
(LEP 2013, Kapitel 2.1.1 Regionale Kooperation)
Regionalplan
Regionaler → Raumordnungsplan. Er formt den → Landesentwicklungsplan räumlich und sachlich aus und enthält → Grundsätze und → Ziele der Raumordnung zur räumlichen Ordnung und Entwicklung für eine → Planungsregion. Er ist das wesentliche Bindeglied zwischen den überörtlichen Entwicklungsvorstellungen des Landes und den konkreten Festlegungen der Raumnutzung auf der örtlichen Ebene (→ Bauleitplanung).
Sanierungsrahmenplan
→ Braunkohlenplan
Städtenetze
Informelle Kooperationsformen von Gemeinden einer Region oder benachbarter Regionen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Gemeinden als Partner agieren, das heißt gleichberechtigt ihre Fähigkeiten und Potenziale bündeln und ergänzen, um ihre Aufgaben gemeinsam besser erfüllen zu können.
Städteverbünde
In einem → Raumordnungsplan festgelegter Verbund von mehreren Gemeinden zur gemeinsamen Ausübung der Funktion eines → Zentralen Ortes. Ein oberzentraler Städteverbund besteht aus zwei oder mehreren Gemeinden, die auf Grund ihrer Lage im Raum, ihrer vergleichbaren Einwohnerzahl, ihrer zentralörtlichen Ausstattung und Leistungskraft sowie einer eigenständigen Ausprägung eines → Verflechtungsbereichs gemeinsam die Funktion eines Oberzentrums ausüben. Mittel- und Grundzentrale Verbünde bestehen aus zwei oder mehreren Gemeinden, die auf Grund ihrer Nachbarschaftslage oder eines direkten baulichen Zusammenhangs sowie ihrer Funktionsteilung in Bezug auf die zentralörtliche Ausstattung gemeinsam die Funktion eines Zentralen Ortes ausüben. (LEP 2013, Kapitel 1.3 Zentrale Orte und Verbünde)
Territoriale Agenda der Europäischen Union (TAEU 2020)
Die TAEU 2020 wurde von den für Raumordnung und -entwicklung zuständigen europäischen Ministern/innen am 19. Mai 2011 verabschiedet. Sie beschreibt einen gemeinsamen Handlungsrahmen zur Unterstützung des territorialen Zusammenhalts und der Ziele der EU-Strategie 2020 mit den Mitteln und Instrumenten der Kohäsions- und Raumentwicklungspolitik. Neben der Vermittlung einer strategischen Orientierung soll die räumliche Dimension auf allen Regierungsebenen stärker in die verschiedenen Politikbereiche integriert werden. In der TAEU 2020 wurden unter anderem sechs Prioritäten benannt, die zur erfolgreichen Umsetzung der → EU-Strategie 2020 beitragen können.
Transeuropäische Netze (TEN)
Der Auf- und Ausbau der Transeuropäischen Netze soll zur Umsetzung und Entwicklung eines europäischen Binnenmarktes und zur Unterstützung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts entscheidend beitragen. Neben den bedeutenden Transeuropäischen Verkehrsnetzen (TEN-V) geht es in der EU aber auch um IT- und Energienetze. Es wird sowohl die Vernetzung im Binnenmarkt als auch die Vereinheitlichung der (Verkehrs-)Systeme angestrebt. Dabei stehen die Förderung des Verbunds und die Interoperabilität der einzelstaatlichen Netze sowie der Zugang zu diesen Netzen im Vordergrund. Zu den Transeuropäischen Verkehrsnetzen liegt seit Oktober 2011 ein Vorschlag der EU-Kommission zur Revision der Leitlinien für den Aufbau des zukünftigen transeuropäischen Verkehrsnetzes vor. (LEP 2013, Kapitel 2.1.2 Einbindung Sachsens in Europa und Europäische Territoriale Zusammenarbeit)
siehe auch http://ec.europa.eu/transport/themes/infrastructure/ revision-ten.htm
Transnationale Zusammenarbeit
Teil der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit (ETZ). Sachsen gehört neben den neuen Bundesländern sowie Bayern und Baden-Württemberg dem Kooperationsraum Mitteleuropa (Central Europe: www.central2013.eu) mit den Staaten (Nord-)Italien, Österreich, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Teile der Ukraine an. Das Operationelle Programm Central Europe fördert Projekte der Prioritäten Innovation, Erreichbarkeit, Umwelt und Stadt-/Regionalentwicklung.
Träger öffentlicher Belange (TÖB)
In § 6 Abs. 1 Satz 1
SächsLPlG
benannte Stellen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen und bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen und bei raumordnungsrechtlichen Verfahren zu beteiligen sind.
Umweltprüfung
Auf Grund von § 9
ROG
in Verbindung mit § 2 Abs. 2
SächsLPlG
bei der Aufstellung und Fortschreibung von → Raumordnungsplänen obligatorisch durchzuführende Prüfung über voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen, welche sich in der Folge der Umsetzung der Ausweisungen des Planes ergeben können.
verdichtete Bereiche im ländlichen Raum
Teilräume innerhalb des → ländlichen Raums, mit überdurchschnittlichem Anteil an Siedlungs- und Verkehrsfläche als Randbereich eines Verdichtungsraumes oder als zusammenhängender Raum mit mindestens 10 000 Einwohnern.
(LEP 2013, Kapitel 1.2 Raumkategorien)
Verdichtungsraum
→ Raumkategorie, die die großflächigen Gebiete um die Oberzentren Chemnitz beziehungsweise Zwickau, Leipzig und Dresden mit einer hohen Konzentration von Bevölkerung, Wohn- und Arbeitsstätten, Trassen, Anlagen und Einrichtungen der technischen und sozialen Infrastruktur sowie einer hohen inneren Verflechtung umfasst.
(LEP 2013, Kapitel 1.2 Raumkategorien)
Verflechtungsbereich
Räumlicher Bereich, dessen Bevölkerung vorwiegend von dem zugehörigen → Zentralen Ort mit versorgt wird (Handel, Dienstleistungen, Infrastruktur). Der Versorgungsaufgabe entsprechend wird unterschieden zwischen → Oberbereich, → Mittelbereich und → Nahbereich.
Verknüpfungspunkte des ÖPNV
Verknüpfungspunkte des ÖPNV sind in der Regel durch eine Bedienung mit mindestens zwei regelmäßig verkehrenden Linien des ÖPNV gekennzeichnet, die ein verkehrlich sinnvolles räumliches und zeitliches Umsteigen ermöglichen. Im weitesten Sinne werden darunter auch Zugangsstellen des ÖPNV verstanden, die sich insbesondere als Zugangsstellen zum SPNV beziehungsweise als Zugangsstellen mit attraktiven Übergängen zum MIV und zum Radverkehr besonders eignen.
Versorgungs- und Siedlungskern
Ein Versorgungs- und Siedlungskern einer Gemeinde ist der im Zusammenhang bebaute Ortsteil, der auf Grund seiner bereits vorhandenen Funktionen und entsprechender Entwicklungsmöglichkeiten, seiner Erreichbarkeit (bei Zentralen Orten für die Bevölkerung im Verflechtungsbereich) und seiner Verkehrsanbindung durch den ÖPNV die Voraussetzung für die räumlich konzentrierte Versorgung der Bevölkerung (bei Zentralen Orten für die Bevölkerung im Verflechtungsbereich) in zumutbarer Entfernung zu den Wohnstandorten bietet.
(LEP 2013, Kapitel 2.2.1 Siedlungswesen)
Verträglichkeitsprüfung nach der FFH-Richtlinie
Auf Grund von § 36
BNatSchG
und § 23 Abs. 2
SächsNatSchG
bei der Aufstellung und Fortschreibung von → Raumordnungsplänen obligatorisch durchzuführende Prüfung hinsichtlich einer möglichen erheblichen Beeinträchtigung von Lebensraumtypen des Anhangs I und Habitaten der Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie sowie von Vogelschutzgebieten, die nach der EU-Richtlinie über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (79/409/EWG) – kurz: Vogelschutzrichtlinie – ausgewiesen werden, welche sich in der Folge der Ausweisungen des Planes ergeben kann.
Vorbehaltsgebiete
Gebiete, in denen bestimmten, raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen besonderes Gewicht beigemessen werden soll (§ 8 Abs. 7 Nr. 2
ROG
).
Sie sind → Grundsätze der Raumordnung.
Vorranggebiete
Gebiete, die für bestimmte, raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen, Nutzungen oder Zielen der Raumordnung nicht vereinbar sind (§ 8 Abs. 7 Nr. 1
ROG
).
Sie sind → Ziele der Raumordnung.
Zentrale Orte
Gemeinden, die auf Grund ihrer Einwohnerzahl und der Größe ihres → Verflechtungsbereiches, ihrer Lage im Raum, ihrer Funktion und der Komplexität ihrer Ausstattung Schwerpunkte des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens im Freistaat Sachsen bilden. Sie übernehmen entsprechend ihrer Funktion und Einstufung im zentralörtlichen System Aufgaben für die Gemeinden ihres jeweiligen übergemeindlichen Verflechtungsbereichs. Im → Landesentwicklungsplan werden Ober- und Mittelzentren und in den → Regionalplänen die Grundzentren ausgewiesen. (LEP 2013, Kapitel 1.3 Zentrale Orte und Verbünde)
Zentralörtlicher Verbund
Gemeinsame Wahrnehmung zentralörtlicher Funktionen (→ Zentrale Orte) durch mindestens zwei oder mehrere Gemeinden, die eine Abstimmung und interkommunale Zusammenarbeit auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen voraussetzt.
Zielabweichungsverfahren
Das Zielabweichungsverfahren stellt ein im
Raumordnungsgesetz
verankertes Verfahren dar, mit dem es vor allem den planenden Kommunen, aber auch Fachplanungsbehörden möglich ist, von einem verbindlichen Ziel der Raumordnung abzuweichen. Voraussetzung dafür ist, dass die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden (§ 6 Abs. 2
ROG
). Im Freistaat Sachsen ist unter anderem zusätzlich festgelegt, dass die Abweichung von Zielen der Raumordnung der Zulassung durch die Raumordnungsbehörde in einem besonderen Verfahren bedarf (§ 16
SächsLPlG
).
Ziele der Raumordnung
Verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in → Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG). Die Ziele der Raumordnung sind von öffentlichen Stellen bei ihren → raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen und bei bestimmten behördlichen Entscheidungen über Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts zu beachten (§ 4 Abs. 1
ROG
). Zudem besteht eine Anpassungspflicht der → Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung (§ 1 Abs. 4
BauGB
).
Bei den Zielen ist zwischen „Ist-Zielen“, „Soll-Zielen“ und „Hinwirkungszielen“ zu unterscheiden: Bei einem „Ist-Ziel“ ist die Planungsaussage absolut zwingend verbindlich. Sie kann nur im Rahmen eines Zielabweichungsverfahrens überwunden werden. Bei einem „Soll-Ziel“ ist die Festlegung zwingend verbindlich, enthält aber ein so genanntes Restermessen, das es erlaubt, in atypischen Fällen ohne Zielabweichungsverfahren von der Planungsaussage abzuweichen. Ein atypischer Fall liegt dann vor, wenn bei objektiver Betrachtung des konkreten Einzelfalles ein Festhalten am Ziel unter Beachtung der Gesamtaussage des Planes nicht gerechtfertigt erscheint. Von diesen Soll-Zielen sind zu unterscheiden Ziele mit einem Regel-Ausnahme-Verhältnis. Damit diese als Ziele der Raumordnung Verbindlichkeit erlangen, muss der Plangeber sowohl den Regelfall als auch die Ausnahme bestimmen oder bestimmbar vorgeben. Anders als bei den Soll-Zielen ist die Ausnahme bei diesen Zielen nämlich für den Plangeber bei Beschluss des Planes bereits erkennbar. „Hinwirkungsziele“ betreffen Planungen oder Maßnahmen deren Umsetzung nicht im Machtbereich des Adressaten liegt. Dieser kann daher nur verpflichtet werden, seine Einflussmöglichkeiten (zum Beispiel Förderprogramme) auf die Stellen zu nutzen, die die Planungen und Maßnahmen umsetzen können.

Anhang A 1 zum Landesentwicklungsplan 2013

Fachplanerische Inhalte des Landschaftsprogramms

Inhaltsverzeichnis
1
Einführung
2
Fachliche Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen für die Schutzgüter
2.1
Kulturlandschaft und Landschaftsschutz
2.1.1
Einführung
2.1.2
Fachliche Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen
2.2
Pflanzen, Pilze, Tiere und ihre Lebensgemeinschaften und Lebensräume
2.2.1
Einführung
2.2.2
Fachliche Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen
2.3
Boden
2.3.1
Einführung
2.3.2
Fachliche Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen
2.4
Wasser
2.4.1
Einführung
2.4.2
Fachliche Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen
2.5
Klima, Luft, Lärm
2.5.1
Einführung
2.5.2
Fachliche Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen
Literaturverzeichnis
Kartenverzeichnis
Kartenverzeichnis
Karte Titel
Karte A 1.1: Prägung von Kulturlandschaftsgebieten durch historische Kulturlandschaftselemente
Karte A 1.2: Suchraumkulisse Moorrenaturierung
Karte A 1.3: Verbreitung gefährdeter Tierarten
Karte A 1.4: Verbreitung gefährdeter Pflanzenarten
Karte A 1.5: Großflächig naturnahe Waldkomplexe
1
Einführung
Die Landschaftsplanung ist eine naturschutzfachliche Planung nach dem
Bundesnaturschutzgesetz
und hat die Aufgabe, die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege für den jeweiligen Planungsraum zu konkretisieren und die Erfordernisse und Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Ziele auch für die Planungen und Verwaltungsverfahren aufzuzeigen, deren Entscheidungen sich auf Natur und Landschaft auswirken können (§ 9 Abs. 1 BNatSchG). Diese Planungen und Verwaltungsverfahren sowie die Maßnahmen von öffentlichen Stellen, die sich auf Natur und Landschaft auswirken können, haben die Inhalte der Landschaftsplanung zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 5 Satz 1
BNatSchG
in Verbindung mit § 6 Abs. 3 Satz 1
SächsNatSchG
). Dies gilt insbesondere für die Beurteilung der Umweltverträglichkeit und der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets sowie bei der Aufstellung der Maßnahmenprogramme im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie (§ 9 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG). Soweit den Inhalten der Landschaftsplanung in den Entscheidungen nicht Rechnung getragen werden kann, ist dies zu begründen (§ 9 Abs. 5 Satz 3
BNatSchG
).
Tabelle 1: Bezug der Landschaftsplanung zum System der räumlichen Gesamtplanung (§§ 10, 11
BNatSchG
)
Tabelle 1
Ebene Raumordnung beziehungsweise Bauleitplanung Allgemeinverbindliches Plandokument Landschaftsplanung Naturschutzfachplanung, naturschutzfachliches Plandokument
Ebene Raumordnung beziehungsweise Bauleitplanung Allgemeinverbindliches Plandokument Landschaftsplanung Naturschutzfachplanung, naturschutzfachliches Plandokument
Land (überörtlich) Landesentwicklungsplan (LEP) Landschaftsprogramm (LaPro)
Region (überörtlich) Regionalplan Landschaftsrahmenplan
Gemeinde (örtlich) Flächennutzungsplan Landschaftsplan
Gemeindeteil (örtlich) Bebauungsplan Grünordnungsplan
Ähnlich wie in der Raumordnung beziehungsweise Bauleitplanung werden auch in der Landschaftsplanung die Pläne einer höheren Bezugsebene durch die jeweils darunterliegende konkretisiert. In Sachsen übernimmt der Landesentwicklungsplan zugleich die Funktion des Landschaftsprogramms, was allgemein als „Primärintegration“ bezeichnet wird. Dabei werden die Inhalte des Landschaftsprogramms, soweit sie in formaler Hinsicht zur Festsetzung als Erfordernisse der Raumordnung geeignet sind (Raumbedeutsamkeit und so weiter), nach Abstimmung im Zuge der Abwägung mit anderen Raumnutzungsansprüchen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung in den nach Raumordnungsrecht verbindlichen Teil (Festlegungsteil) des LEP aufgenommen. Darüber hinausgehende Inhalte sind als rein fachplanerische Inhalte des Landschaftsprogramms in diesem Anhang enthalten (§ 6 Abs. 2
SächsNatSchG
). Die rein naturschutzfachlichen Zielformulierungen (gekennzeichnet mit FZ) im Anhang enthalten auch Aufträge an die Landschaftsrahmenplanung und die kommunale Landschaftsplanung. Erfordernisse und Maßnahmen, die für die Umsetzung der naturschutzfachlichen Ziele notwendig sind, werden in den Begründungen und Erläuterungen dargestellt.
Lesehilfe:
In Ausformung der allgemeinen naturschutzfachlichen Ziele und ihrer Begründungen enthält der Anhang auch naturschutzfachliche Erfordernisse und Maßnahmen mit einem inhaltlichen Bezug zu den raumordnerischen Zielen und Grundsätzen im Festlegungsteil des LEP. Um aus naturschutzfachlicher Sicht einen Überblick zu einem bestimmten Aspekt des Landschaftsprogramms beziehungsweise Schutzgut zu erhalten, empfiehlt sich die vergleichende Betrachtung der entsprechenden Textstellen des Festlegungsteils und dieses Anhangs. Weitere Grundlagen können dem Internetauftritt des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft entnommen werden, insbesondere auch dem Fachbeitrag zum Landschaftsprogramm (http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/ natur/8036.htm).
2
Fachliche Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen für die Schutzgüter
2.1
Kulturlandschaft und Landschaftsschutz
2.1.1
Einführung
Das Erscheinungsbild der Kulturlandschaft ist infolge der sich verändernden Nutzungen einem ständigen Wandel unterworfen. Ein einschneidender Wandel vollzog sich in den 1960er/1970er-Jahren mit der zunehmenden Technisierung und Industrialisierung der Landnutzungen. Die Landschaft wurde für die Belange der Landwirtschaft melioriert, was mit Veränderungen des Reliefs und vor allem des Wasserhaushaltes und Gewässernetzes verbunden war. Die Schläge wurden vergrößert und trennende Elemente wie Steinrücken oder Feldhecken, insbesondere in den fruchtbareren Regionen, beseitigt. Kleinbäuerliche Nutzungsformen verschwanden zunehmend. Die Forstwirtschaft favorisierte Altersklassenwälder aus wenigen Baumarten. Die Teichbewirtschaftung wurde intensiviert, was häufig auch mit der Anlage größerer Teiche verbunden war. Nutzungen wurden großflächiger, wie im Bereich des Rohstoffabbaus am Beispiel des Braunkohletagebaus zu sehen ist. Es entstanden auch neue Ausformungen, wie zum Beispiel Schienenwege, Autobahnen und suburbane Bereiche. Gleiche Wirtschafts- und Bauweisen sowie die Verwendung einheitlicher und standardisierter Materialien haben zur Folge, dass die vormals regional stärker differenzierten Kulturlandschaften einander immer ähnlicher werden. Der nächste einschneidende Wandel ist wahrscheinlich mit dem zunehmenden Einsatz Erneuerbarer Energien verbunden, der negative Auswirkungen auf die Kulturlandschaft zur Folge haben könnte. Zu nennen sind hier Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch monotonen Feldfruchtanbau (zum Beispiel Mais, Raps), den unsensiblen Bau von Windenergieanlagen und die Zerschneidung der Landschaft durch neue Leitungstrassen.
Im Folgenden werden wichtige Aspekte der Kulturlandschaft und des Landschaftsbildes kurz erläutert:
Historische Kulturlandschaft
Im Zuge der historischen Entwicklung der sächsischen Kulturlandschaft haben sich gezielt oder als Nebenprodukt der Landnutzung charakteristische Kulturlandschaftselemente herausgebildet. Der Begriff der historischen Kulturlandschaftselemente ist hier im weiten Sinne zu verstehen. Er umfasst zusätzlich zu den kulturhistorischen Elementen im engen Sinne, die sich unter den heutigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen nicht mehr herausbilden würden, auch solche, die im Zuge historischer Landnutzungsformen entstanden sind, aber heute noch genutzt oder neu angelegt werden. Beispiele für historische Kulturlandschaftselemente sind historische Mühlen, Burgen, historische Garten- und Parkanlagen, Flurformen wie Waldhufenfluren oder alte Siedlungsformen wie Rundlinge oder Angerdörfer mit Gehöften, alte Waldnutzungsformen wie Mittel-, Nieder- oder Hutewälder, extensiv genutzte Grünländer und Heiden. Sie können in bauliche Elemente, wie zum Beispiel historische Mühlen, Burgen, Schlösser oder auch Siedlungsformen, sowie in biotische Elemente, wie zum Beispiel Heiden, alte Waldnutzungsformen und Alleen mit ihren Formen, unterteilt werden. Sie können ein einzelnes Element (zum Beispiel Mühlen) oder einen Komplex bilden, der aus unterschiedlichen Einzelelementen besteht, die in einer typischen Struktur angeordnet sind (zum Beispiel Waldhufenfluren). Die Relikte der historischen Kulturlandschaftselemente prägen in ihren regional unterschiedlichen Ausformungen die Eigenart der sächsischen Kulturlandschaft maßgeblich mit. Die noch vorhandenen Relikte sind Beispiele für überkommene Formen der Landnutzung und erlebbares Anschauungsmaterial. Sie sind von großem Wert, um die Zusammenhänge der Entwicklung der Kulturlandschaft zu vermitteln und Verständnis dafür zu erzeugen. Die regional unterschiedliche Prägung durch historische Kulturlandschaftselemente äußert sich zum einen in unterschiedlichen, charakteristischen Kombinationen von Elementtypen in bestimmten Regionen und zum anderen in Elementtypen, die ausschließlich oder schwerpunktmäßig nur in bestimmten Regionen auftreten.
Landschaftsbild
Die Qualität des Landschaftsbildes der Kulturlandschaft ist eine der wesentlichen Grundlagen für ihre Bedeutung als Erholungslandschaft. Diese Qualität wird maßgeblich von der mehr oder weniger vielfältigen Eigenart der Landschaft gebildet. Schon die naturräumlichen Verhältnisse unterscheiden sich in Sachsen sehr stark aufgrund unterschiedlicher Anteile an Tief-, Hügel- und Bergland und sehr verschiedener Ausgangsgesteine sowie gering bis sehr fruchtbarer Böden, die die Landnutzungen mitbestimmen. Diese starke naturräumliche Differenzierung wurde durch regional unterschiedliche Landnutzungen weiter überprägt. Es bildeten sich regional unterschiedliche Landnutzungsmuster und Kulturlandschaftselemente heraus, die den Regionen ihre jeweilige Typik, ihre Eigenart und Identität verleihen. Die Ziele und Anforderungen, die sich aus den Aspekten der historischen Kulturlandschaft, des Landschaftsbildes, der Erholungsvorsorge und der Landschaftszerschneidung an die Entwicklung der Kulturlandschaft ergeben, sind in den folgenden Unterkapiteln dargestellt.
2.1.2
Fachliche Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen
Karte A 1.1:
Prägung von Kulturlandschaftsgebieten durch historische Kulturlandschaftselemente
2.1.2.1
Landschaftsschutz und Landschaftszerschneidung
FZ 1 (Bezug zu Z 4.1.1.11, Z 4.1.1.12, Z 4.1.1.14)
Die Eigenart der naturräumlich geprägten, historisch gewachsenen Kulturlandschaft ist in ihrer regionalen Ausprägung und Differenzierung dauerhaft zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln. Im Zuge der Landschaftsrahmenplanung sollen Maßgaben für die künftige Entwicklung der Kulturlandschaft formuliert und erläutert werden.
Kulturlandschaften haben unterschiedliche Funktionen zu erfüllen. Sie sind nicht nur Wirtschafts-, sondern auch Lebensraum der Menschen. Dafür müssen sie nicht nur einen funktionierenden Naturhaushalt aufweisen (diese Anforderungen sind in den folgenden Kapiteln behandelt), sondern sie dienen auch der Erholung, der Naturerfahrung, als Anschauungsobjekt unterschiedlicher, auch überkommener Landnutzungsformen, dem kulturellen Wissenserwerb und als Archiv der Nutzungsgeschichte. Daher gilt es in diesem Zusammenhang vor allem, die regional unterschiedliche Eigenart und Schönheit der Kulturlandschaften zu erhalten und zu fördern und immer, wo dies umwelt- beziehungsweise naturverträglich zu gestalten ist, der Öffentlichkeit zu erschließen. Auch unter dem Gesichtspunkt der Erholung ist es von Bedeutung, möglichst große unzerschnittene verkehrsarme Räume zu erhalten, da so größere zusammenhängende naturnähere und ruhigere Bereiche erfahrbar sind. Da in intensiv genutzten Kulturlandschaften vornehmlich durch Menschen gesteuerte oder stark beeinflusste Prozesse ablaufen, ist es besonders wichtig, auch Flächen vorzusehen, auf welchen überwiegend natürliche Prozesse erlebbar sind (zum Beispiel Naturerfahrungsgebiete). Zum einen sind besonders bedeutsame Bereiche der Kulturlandschaft zu schützen und im Hinblick auf die Empfindlichkeit der einzelnen Schutzgüter (insbesondere historische Kulturlandschaft, Landschaftsbild, landschaftsbezogene Erholung, Unzerschnittenheit der Landschaft sowie größere naturnahe Bereiche) besonders behutsam zu entwickeln. Zum anderen sollen die derzeit weniger bedeutsamen Bereiche so entwickelt werden, dass ihre historische Entwicklung ablesbar bleibt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes sowie die Erlebbarkeit von Natur und Landschaft und insbesondere naturnaher Bereiche gefördert werden. Um die Qualitäten besonders bedeutsamer Bereiche der Kulturlandschaft zu bewahren, wird die Regionalplanung im Festlegungsteil des LEP (Z 4.1.1.12) beauftragt, Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Kulturlandschaftsschutz festzulegen. Die dort genannten Kriterien werden im Folgenden erläutert.
Historische Kulturlandschaft
Bereiche der Landschaft mit besonderer Prägung durch historische Kulturlandschaftselemente:
Die sächsische Kulturlandschaft ist in unterschiedlichem Maße von Relikten historischer Kulturlandschaftselemente geprägt. Hinweise darauf sind einer Studie zur historischen Kulturlandschaft zu entnehmen (WALZ et al. 2012). Danach lässt sich die sächsische Kulturlandschaft in 17 Kulturlandschaftsgebiete unterteilen, die sich durch eine ähnliche Ausstattung mit historischen Kulturlandschaftselementtypen auszeichnen. Die Entwicklung dieser Gebiete soll mit Rücksicht auf diese Typik erfolgen. Die Stärke der Prägung dieser Gebiete durch historische Kulturlandschaftselemente ergibt sich aus dem Index der gewichteten Prägung. Die gewichtete Prägung ist in der Karte A 1.1 „Prägung von Kulturlandschaftsgebieten durch historische Kulturlandschaftselemente“ als Schraffur in fünf Klassen dargestellt. Aus landesweiter Sicht sollten vor allem die Bereiche mit hoher sowie mittlerer bis hoher Prägung durch die Landschaftsrahmenplanung als Vorranggebiete Kulturlandschaftsschutz vorgeschlagen werden. Diese Bereiche sollen vor allem geschützt und mit Rücksicht auf die historischen Strukturen und Elemente entwickelt werden. Es wird empfohlen, für jedes Kulturlandschaftsgebiet mindestens die beiden oberen Bewertungsstufen in die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Kulturlandschaftsschutz einzubeziehen. So kann die Charakteristik eines jeden Kulturlandschaftsgebietes gesichert werden, auch wenn in diesem Gebiet die höchsten Bewertungsstufen nicht vertreten sind. Die Bereiche geringerer Prägung sollen mit Rücksicht auf die relativ wenigen Relikte und, wo es sich anbietet, mit Bezug auf historische Strukturen entwickelt werden.
Bereiche der Landschaft im bildbedeutsamen Umfeld bedeutender historischer Siedlungsstrukturen sowie historischer Anlagen:
In Sachsen haben sich teilweise Siedlungsstrukturen erhalten, die nur gering durch moderne Nachverdichtung oder Siedlungserweiterung überprägt wurden. Dies betrifft zum Beispiel manche Waldhufendörfer, Rundlinge oder Angerdörfer. Teilweise ist auch die Einbindung in die historischen Flurformen erhalten geblieben. Weiterhin können besondere historische Anlagen, wie zum Beispiel Festungen (zum Beispiel Festung Königstein), Burgen (zum Beispiel Augustusburg) und Klöster (zum Beispiel Kloster Marienstern), das Landschaftsbild dominieren und von weithin wahrgenommen werden. Notwendige Siedlungserweiterungen sollen sich nach Möglichkeit an den historischen Siedlungs- beziehungsweise Landschaftsstrukturen orientieren und maßstäblich einfügen. Bei Planungen, die das Landschaftsbild stark verändern können, wie zum Beispiel Siedlungserweiterungen, Neubau oder Erweiterung von Industrie- und Gewerbegebieten oder Windenergieanlagen (vergleiche dazu FZ 2), sind die Charakteristik und die sich daraus an die Gestaltung der umgebenden Landschaft ergebenden Anforderungen dieser besonderen historischen Anlagen angemessen zu berücksichtigen.
Landschaftsbild
Bereiche der Landschaft von hohem landschaftsästhetischen Wert:
Kulturlandschaften, die als besonders schön wahrgenommen werden, bieten ein großes Potenzial für die landschaftsbezogene Erholung. In einer Studie zur Erfassung und Bewertung des Landschaftsbildes in Sachsen (BÖHNERT et al. 2009) wurden Landschaftsbildeinheiten im Hinblick auf ihre Schönheit in 5 Stufen bewertet. Es wird empfohlen, die mit sehr hoch bewerteten Bereiche im Rahmen der Landschaftsrahmenplanung als Vorranggebiet Kulturlandschaftsschutz einzubringen.
Bereiche der Landschaft mit regionalen Besonderheiten des Reliefs:
Das Relief ist für die Eigenart einer Landschaft und die Bewertung ihrer Schönheit sehr bedeutsam. Es wird durch den jeweiligen Formenschatz und die absoluten und relativen Höhenunterschiede charakterisiert. Es können ganze Landschaftsteile von besonderen Formen geprägt sein, wie zum Beispiel die offenen Felsen oder die Tafelberge der Sächsischen Schweiz, die Kuppenlandschaft, die der Landschaft um Moritzburg ihren Namen gab, die charakteristische Auffaltung des Muskauer Faltenbogens und die Parabeldünen der Muskauer Heide. Es können aber auch punktuell besondere Reliefformen auftreten, die den Charakter von Landmarken annehmen können. Dies sind beispielsweise kleine Bergformationen inmitten von flachen Landschaften wie zum Beispiel die Hohburger Berge oder der Schildauer Berg bis hin zu Einzelerhebungen wie der Landeskrone oder dem Collmberg, die beide Landmarken darstellen. Hinweise auf regionale Besonderheiten des Reliefs sind der Studie zum Landschaftsbild (BÖHNERT et al. 2009) zu entnehmen.
Bereiche der Landschaft mit kleinräumiger Nutzungsvielfalt:
Der Eindruck einer vielfältigen Landschaft wird über das Relief hinaus maßgeblich von einem kleinräumigen Wechsel der Nutzungen bestimmt. Dies betrifft die Verteilung kleiner Siedlungen in der Kulturlandschaft ebenso wie den Wechsel von Wald- und Offenlandbereichen sowie das Vorhandensein kleinerer Ackerflächen mit erhöhter Fruchtartenvielfalt und Grünland verschiedenster Ausprägung. Bereiche der kleinräumigen Nutzungsvielfalt sind infolge von Standortnivellierungen und gleichförmigerer Nutzungsweisen seltener geworden. Durch sie wird das Landschaftsbild bereichert und dessen Erleben vielfältiger. Deshalb sollten sie bei der Festlegung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Kulturlandschaftsschutz berücksichtigt werden. Auch hier können Hinweise auf die Eigenart der Landschaft und das Vorkommen kleinräumiger Nutzungsvielfalt der Studie zum Landschaftsbild (BÖHNERT et al. 2009) entnommen werden.
Bereiche der Landschaft mit regionstypischen landschaftsstrukturierenden Elementen:
Im Ergebnis der historischen Entwicklung der Kulturlandschaft bildeten sich je nach Region und naturräumlichen Voraussetzungen verschiedene landschaftsstrukturierende Elemente heraus, die ebenfalls den Regionen ihre typische und voneinander unterscheidbare Charakteristik verleihen. Zu diesen Elementen gehören zum Beispiel Weinterrassen, Ackerterrassen, Hohlwege, Heiden, Feldraine, Gräben, Stillgewässer, Steinrücken, Feldgehölze, Hecken, Baumreihen und Alleen. Der überwiegende Teil der regionstypischen landschaftsstrukturierenden Elemente gehört zu den kulturhistorischen Elementen, wozu oben schon Weiteres ausgeführt wurde. Hinweise zu regionstypischen landschaftsstrukturierenden Elementen sind den Studien zur historischen Kulturlandschaft und zum Landschaftsbild zu entnehmen.
Bereiche der Landschaft von besonders hoher Naturnähe:
In der genutzten Kulturlandschaft Sachsens stellen sehr naturnahe Bereiche eine besondere und selten gewordene Qualität dar, die nicht nur für den Erhalt der biologischen Vielfalt, sondern auch für Erholungssuchende bedeutsam ist. Daher sollte diese Charakteristik auch unter dem Gesichtspunkt des Landschaftsschutzes und der Erholungsfunktion bewahrt werden. Diese Landschaften sollen von einer stark technogenen Überprägung, zum Beispiel durch Industrie- und Gewerbeanlagen, Windenergieanlagen, unmaßstäbliche Siedlungserweiterungen oder suburbane Bereiche, oder von einer Intensivierung und Monotonisierung der Landnutzung verschont werden. Dabei ist abzuwägen, ob die besonders naturnahen Bereiche vor allem der Sicherung der biologischen Vielfalt dienen und daher als Vorrang- und Vorbehaltsgebiet Arten- und Biotopschutz festgelegt werden sollen oder ob der Aspekt des Landschaftsbildes und der Erholungsvorsorge überwiegt. Anhaltspunkte für die Bestimmung der Naturnähe finden sich im Erläuterungstext in Kapitel 2.2.2.1 sowie für Gewässer und Auenbereiche in Kapitel 2.4.2 des Anhangs. Hier lassen sich Bereiche der Landschaft mit besonderer Prägung durch naturnahe Fließ- und Standgewässer sowie naturnahe Wälder mit hoher Erlebniswirksamkeit zuordnen. Die Mittlere Mulde und in großen Bereichen die Teichlandschaft der Oberlausitz sind herausragende Beispiele für die Prägung von Landschaften durch naturnahe Gewässer.
Bereiche der Landschaft mit abwechslungsreich strukturierten Waldgebieten mit hoher Erlebniswirksamkeit:
Neben naturnahen Wäldern können auch Wälder, die zum Beispiel durch einen höheren Anteil von Laubmischwäldern, Waldwiesen, Gewässern oder reich strukturierten Waldrändern gekennzeichnet sind, eine größere Vielfalt und Erlebniswirksamkeit aufweisen. Auch diese sollen im Rahmen der Landschaftsrahmenplanung als Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Kulturlandschaftsschutz eingebracht werden. Hinweise darauf können der Studie zum Landschaftsbild (BÖHNERT et al. 2009) entnommen werden.
FZ 2 (Bezug zu Z 4.1.1.12 und Z 5.1.1, Z 5.1.3, G 5.1.5)
Im Zuge der Landschaftsrahmenplanung sind für die Planung von Standorten für Windenergieanlagen unter dem Aspekt des Kulturlandschaftsschutzes auch die folgenden Kriterien zu berücksichtigen:
Lage im Sichtfeld von wichtigen Aussichtspunkten,
Lage in landesweit und regional bedeutsamen Erholungsgebieten
Belange des Vogel- und Fledermausschutzes bei der Festlegung von Vorrang- und Eignungsgebieten für Windenergieanlagen sind in Kapitel 2.2.2.1 dargestellt. Angesichts der zahlreichen negativen Begleitwirkungen beziehungsweise Risiken der Nutzung fossiler Energieträger und der Kernenergie muss die Nutzung der regenerativen Energien unterstützt und deren Nebenwirkungen müssen bis zu einem gewissen Grad akzeptiert werden. Auch mit der Nutzung Erneuerbarer Energien sind verschiedene negative Begleitwirkungen unterschiedlichen Ausmaßes verbunden. So wird die Landschaft insbesondere auch durch die Nutzung der Windenergie eine neue Prägung erfahren. Zur Gewährleistung der Nachhaltigkeit sind besonders sensible Bereiche vor einer zu starken Überprägung zu schützen. Die Eigenart der sächsischen Kulturlandschaft ist aufgrund der unterschiedlichen naturräumlichen Voraussetzungen und der ebenso unterschiedlichen historischen Entwicklung der Siedlungen, verkehrlichen Erschließung und Landnutzungsformen in den Teilräumen sehr differenziert ausgeprägt und daher sehr vielfältig. Damit sind verschieden ausgeprägte Landschaftsbilder von teilweise großer Schönheit verbunden, die ein großes Potenzial für die Erholung besitzen. Um die Empfindlichkeit und die Schutzbedürftigkeit zu beschreiben, sind vor allem die nachfolgend aufgeführten Kriterien heranzuziehen:
Bereiche, die stark von historischen Kulturlandschaftselementtypen geprägt sind, können sehr empfindlich gegenüber der Errichtung von Windenergieanlagen sein, da hier die Erlebbarkeit der Elemente selbst wie auch ihre strukturellen Zusammenhänge beeinträchtigt werden können.
Das Umfeld insbesondere kleiner historischer Siedlungsstrukturen (gut erhaltene historische Strukturen von Dörfern, wie Rundlinge, Angerdörfer, Platzdörfer) und einzelner historischer Anlagen nicht industriellen Ursprungs (zum Beispiel Festung Königstein, Schlösser und Burgen allgemein) ist in der Regel empfindlich gegenüber der Errichtung von Windenergieanlagen. Es ist für die Errichtung von Windenergieanlagen aus landschaftsplanerischer Sicht in der Regel nicht geeignet.
Landschaftsbildräume von sehr hoher Schönheit sind in der Regel sehr empfindlich gegenüber der Errichtung von Windenergieanlagen.
Die Ausblicke besonders wichtiger Aussichtspunkte sollten nicht durch Windenergieanlagen verstellt werden.
Landesweit und regional bedeutsame Erholungsgebiete sollen nicht von Windenergieanlagen erheblich beeinträchtigt werden.
Windenergieanlagen lassen sich am besten in Landschaften integrieren, die eine mehr oder weniger starke technogene Vorprägung aufweisen. In besonders naturnahen Landschaftsbereichen (vergleiche Kapitel 2.2.2.1, Erläuterung) sind Windenergieanlagen aus landschaftsplanerischer Sicht in der Regel nicht geeignet.
Im Wald ist neben den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auch die Erfüllung der Waldfunktionen zu berücksichtigen. Zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen ist unter anderem auch den häufig schwierigen Standortverhältnissen und der geringen Erschließung Rechnung zu tragen.
Auf diese Weise können die empfindlichsten Gebiete vor erheblichen Beeinträchtigungen geschützt werden.
FZ 3 (Bezug zu Z 4.1.1.2) Bei Abwägungen zur Zulässigkeit zerschneidender Eingriffe innerhalb eines unzerschnittenen verkehrsarmen Raumes (UZVR) oder zwischen zwei UZVR sollen insbesondere die Naturraum-, Arten- und Biotopausstattung, die Belange von Natura 2000 und Biotopverbund, die Gebietskulisse für das Lebensraumverbundsystem für Wildtiere sowie das Landschaftsbild als innere Qualitäten der UZVR berücksichtigt werden.
Wie schon in der Begründung zu Z 4.1.1.2 im Festlegungsteil ausgeführt, sind die UZVR hinsichtlich ihrer inneren Qualitäten nicht gleichwertig (vergleiche auch Karte 5 im Festlegungsteil). Die entscheidenden Wert gebenden Kriterien sind auch nicht homogen innerhalb der UZVR verteilt. Wenn zu entscheiden ist, ob und wo ein UZVR zerschnitten werden darf beziehungsweise welcher von mehreren UZVR am geringsten beeinträchtigt wird, sollen die konkreten Ausprägungen der naturräumlichen Ausstattung, der Arten- und Biotopausstattung, der Natura 2000-Gebiete und des Landschaftsbildes sowie die Erfordernisse des Biotopverbundes und des Lebensraumverbundsystems für Wildtiere herangezogen werden. Die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der einzelnen Schutzgüter sind gegeneinander abzuwägen und die Variante mit der geringsten Beeinträchtigung ist auszuwählen. Hierbei sind vermeidende oder minimierende Ausführungen wie zum Beispiel Untertunnelungen zu berücksichtigen. Insbesondere ist Wert auf die Kohärenzanforderungen von Natura 2000, des Biotopverbundes sowie des Lebensraumverbundsystems für Wildtiere zu legen. Lage und Belange der Natura 2000-Gebiete sind den Grundschutzverordnungen beziehungsweise den aktuellen Managementplänen sowie, zusätzlich für die Vogelschutz-Gebiete, den Leitfäden für die teichwirtschaftliche beziehungsweise landwirtschaftliche Nutzung in Europäischen Vogelschutzgebieten zu entnehmen. Die Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen des Biotopverbundes sind in Kapitel 2.2.2.2 des Anhangs dargestellt und erläutert. Für eine Ersteinschätzung der Gebiete bezüglich der Ausstattung mit schutzbedürftigen Arten der Roten Listen können je nach Größe und Lage der UZVR die beiden Karten zur Verbreitung von gefährdeten Tier- beziehungsweise Pflanzenarten in Sachsen herangezogen werden (Karten A 1.3 und A 1.4). Eine Erläuterung der Karten findet sich in Kapitel 2.2.2.1 des Anhangs. Die Varianten sind darüber hinaus auf mögliche Beeinträchtigungen schutzbedürftiger Arten und Biotope zu prüfen und gegeneinander abzuwägen. Die Studie zur Erfassung und Bewertung des Landschaftsbildes enthält Steckbriefe für jede Landschaftsbildeinheit, in welchen Ziele formuliert und die typischen Wert gebenden Elemente beschrieben sind. Die Varianten sind daraufhin zu prüfen, inwieweit diese Elemente bestmöglich erhalten und die formulierten Qualitätsziele für die jeweilige Landschaftsbildeinheit weitgehend erreicht werden können. Weiterhin ist zu berücksichtigen, ob die geplante Variante die Kaltluftbahnen ungünstig beeinflusst (vergleiche Karte „Bioklimatisch und lufthygienisch wirksame Räume“, http://www. umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/26256.htm).
Erläuterung 1 (Bezug zu Z 1.5.4, Z 2.2.1.8, Z 2.2.1.9)
Verkehrsachsen, wachsende Siedlungen, zusammenwachsende Siedlungen, die Siedlungsbänder bilden, und die freie Landschaft zersiedelnde neu gegründete Siedlungsteile verstärken die Landschaftszerschneidung mit ihren Auswirkungen auf Natur und Landschaft. Sie verknappen die Erholungsflächen an den Siedlungsrändern, verkleinern die für die Erholung zur Verfügung stehenden Räume und damit auch die Möglichkeit, großräumig freie Landschaften zu erleben. Eine zunehmende Zersiedelung vereinheitlicht das Landschaftsbild und überprägt historische Strukturen und häufig die Erlebbarkeit ihrer Zusammenhänge. Weiterhin nehmen mit abnehmender Größe der Landschaftsräume störende Randeinflüsse auf die Biotope und Lebensräume zu, was die biologische Vielfalt beeinträchtigen kann. Verbindungen zwischen Lebensräumen können unterbrochen werden, die Verbundfunktionen der Landschaft verschlechtern sich. Darüber hinaus können Kaltluftstaus gefördert und Frischluftbahnen unterbrochen werden. Mit wachsender Siedlungsgröße erwärmt sich das Siedlungsklima zunehmend. Bei der Entwicklung von Achsen und Siedlungen ist daher darauf zu achten, dass
möglichst große unzerschnittene Landschaftsräume,
Verbundfunktionen für Arten,
naturschutzfachlich bedeutsame Räume,
Frischluftbahnen und die Frischluftzufuhr für die Siedlungen,
siedlungsnahe Freiräume auch für die Erholung,
die regional unterschiedliche Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes,
besonders bedeutsame Sichtbeziehungen,
gut erhaltene historische Strukturen und die Erlebbarkeit ihrer Zusammenhänge
gesichert und in ihrer Funktionsfähigkeit erhalten bleiben.
Erläuterung 2 (Bezug zu Z 2.1.3.2, G 2.3.3.3)
Bergbaufolgelandschaften sind neu entstehende Kultur- und Naturlandschaften. Hier bietet sich die Möglichkeit, neue Landschaften zu gestalten und dabei neue Ideen aufzugreifen und zu entwickeln. Zugleich sollte aber auch ein Bezug zur historischen Entwicklung und damit auch zu ihrer Entstehung aus dem Rohstoffabbau hergestellt werden und diese in der entstehenden Landschaft ablesbar bleiben. Dies dient dem Erhalt der Identität der Kulturlandschaft. Beide Aspekte sollten in der neu entstehenden Kulturlandschaft zum Tragen kommen. Mögliche Maßnahmen sind:
Einrichtung von Wildnisgebieten in Teilbereichen,
Wiederherstellung alter Gewässerverläufe, sofern möglich,
Aufgreifen von, für die Zeit vor dem Rohstoffabbau beziehungsweise die umgebende unverritzte Landschaft, typischen Landschaftsstrukturmustern und -elementen,
neue Reliefierung mit Bezug zum Thema Abraumschüttungen,
Erhalt und Umnutzung alter Bausubstanz,
Erhalt und Integration technischer Relikte insbesondere in die Erholungslandschaft und in Siedlungsbereiche,
Entwicklung von Teilbereichen als „Energielandschaften“ (umweltverträglich produzierte Erneuerbare Energien anstelle des Abbaus fossiler Energien),
touristische Nutzungen.
Die Anforderungen, die sich unter dem Aspekt der Tier- und Pflanzenarten und ihrer Lebensgemeinschaften sowie des Biotopschutzes an die Bergbaufolgelandschaft ergeben, sind in Kapitel 2.2 dargestellt, Anforderungen unter dem Aspekt der Gewässer in Kapitel 2.4.
2.1.2.2
Historische Kulturlandschaft
FZ 4 (Bezug zu Z 4.1.1.11 und Z 4.1.1.12)
Bereiche von Kulturlandschaftsgebieten mit hoher bis sehr hoher Prägung durch historische Kulturlandschaftselemente (vergleiche Karte A 1.1) sollen entsprechend ihrer räumlichen, geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge entwickelt und neue Elemente nach Möglichkeit unter Bewahrung der historischen Strukturen und der Eigenart der Kulturlandschaftsteile eingefügt werden. Die Relikte historischer Kulturlandschaftselemente sollen erhalten, gepflegt oder saniert werden. In den Landschaftsrahmenplänen sind Empfehlungen für Maßnahmen zum Erhalt, zur Pflege und zur Entwicklung insbesondere der in diesen Regionen besonders typischen oder häufigen historischen Kulturlandschaftselemente zu geben.
Vor allem im Zuge der Intensivierung der Landnutzung (Siedlungswachstum, Vergrößerung der Schläge um ein Vielfaches, Melioration, überwiegend Begründung von Nadelbaum-Altersklassenwäldern) sind überkommene historische Strukturen vielfach verloren gegangen. Um die Eigenart der sächsischen Kulturlandschaft und Relikte historischer Kulturlandschaftselemente zu erhalten, bedarf es verschiedener Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen, die jedoch nicht zum Ziel haben, die Landschaft museal zu konservieren, sondern ihre Eigenart im Wandel zu erhalten. Zugleich sind insbesondere die biotischen Elemente überwiegend von großer Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz, sodass sich hier Synergieeffekte zwischen dem Schutz von Kulturlandschaftselementen und dem Schutz der biologischen Vielfalt ergeben. In den Landschaftsrahmenplänen sollen nicht nur Empfehlungen für einzelne historische Kulturlandschaftselementtypen gegeben werden, sondern es soll auch dargestellt werden, welche Strukturen bei Komplexen zu erhalten sind und wie sich neue Elemente einfügen sollen. Im Fachbeitrag zum Landschaftsprogramm werden Empfehlungen für ausgewählte Elemente beziehungsweise Komplexe dargestellt. Bauliche Elemente sind im Wesentlichen über den Denkmalschutz geschützt und die Anforderungen sind dort formuliert. Maßnahmen für biotische Kulturlandschaftselemente sind:
Ausgewählte Landschaftsbereiche, in denen sich Komplexe historischer Landschaftselemente gut erhalten haben und deren typische strukturelle Zusammenhänge noch gut erlebbar sind, sollen erhalten werden. Neue Elemente sind so einzufügen, dass sie die Erlebbarkeit dieser Strukturen weiterhin gewährleisten. Beispiele für solche Komplexe sind Waldhufenfluren, Weinberge und Siedlungen. So ist zum Beispiel im Falle gut erhaltener Waldhufenstrukturen insbesondere darauf zu achten, dass die Gewässeraue von Bebauung frei gehalten wird und die Flächen, abgesehen von den Gewässer begleitenden Gehölzen, möglichst als Grünland oder öffentliche Grünfläche genutzt werden. Die Grünländer zwischen Gehöften, die sich hangaufwärts erstreckenden schmalen Parzellen, die Wäldchen am oberen Ende der Parzellen beziehungsweise eine unregelmäßige Waldrandlinie sowie Steinrücken und Feldhecken sollen erhalten bleiben und neu angelegte Wege, Straßen oder Gebäude in diese Grundstruktur eingefügt werden.
Gerade auch in Dörfern ist darauf zu achten, dass typische historische Freiraumstrukturen mit ihrer regionaltypischen Ausstattung erhalten bleiben. Dazu gehören zum Beispiel Gehölzpflanzungen, Alleen, prägende Einzelbäume mit historischen Bezügen (zum Beispiel Gerichtslinde), Streuobstwiesen oder auch typische Einfriedungen oder alte Mauern mit ihrem Bewuchs. Der Versiegelungsgrad soll möglichst gering gehalten werden. Dies trägt dazu bei, dass Identität und Attraktivität von Siedlungen erhalten werden. Auch hier ergeben sich Synergieeffekte mit dem Arten- und Biotopschutz.
In weniger gut erhaltenen Komplexen historischer Kulturlandschaftselemente kann ihre Typik durch neu eingefügte Elemente unterstützt werden. Zum Beispiel können Baumreihen, Hecken, Wege oder Feldraine in mehr oder weniger stark aufgelösten Waldhufenfluren so eingefügt werden, dass sie die typische Struktur aufnehmen. Hier ergeben sich zugleich Synergieeffekte zum Arten- und Biotopschutz, indem die Habitatvielfalt erhöht wird. Die Auswahl der neuen biotischen Strukturen soll sich auch an den in der Region besonders zu fördernden Zielarten orientieren. Des Weiteren können hier Synergieeffekte zum Bodenschutz (insbesondere zum Erosionsschutz) und damit häufig auch zum Gewässerschutz entstehen. Entsprechend genutzte Gehölzstreifen können darüber hinaus der Energiegewinnung dienen.
Relikte historischer Kulturlandschaftselemente sind grundsätzlich zu erhalten. Sie geben auch in stark überformten Landschaften Hinweise auf ihre historische Entwicklung.
Bei der Sanierung von Gebäuden sollen Habitate für Gebäude bewohnende Tierarten erhalten, ersetzt oder nach Möglichkeit geschaffen werden.
Die Aspekte des Schutzes historischer Kulturlandschaftselemente sind in Planungs- und Verwaltungsverfahren wie zum Beispiel Flurneuordnungsverfahren und Bauleitplanung zu berücksichtigen. Für die Umsetzung können, insbesondere bei Neuanlage (mit Ausnahme baulicher Elemente), Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, ansonsten in vielen Fällen Förderung in Anspruch genommen werden.
2.1.2.3
Landschaftsbild
FZ 5 (Bezug zu Z 4.1.1.11, Z 4.1.1.12 und Z 4.1.1.14)
In Landschaftsräumen von hoher bis sehr hoher Schönheit ist das Landschaftsbild zu bewahren, vor Beeinträchtigungen zu schützen und entsprechend der regionaltypischen Eigenart behutsam zu entwickeln.
Landschaftsräume von sehr geringer bis mittlerer Schönheit sollen so entwickelt werden, dass die regionaltypische Eigenart und die Schönheit des Landschaftsbildes gestärkt werden.
Die Landschaftsrahmenplanung stellt die Ziele für die Entwicklung der unterschiedlichen Landschaftsbildräume dar.
Seit den 1960er-Jahren vereinheitlichen die Landnutzungen mit ihrer voranschreitenden Technisierung und Industrialisierung zunehmend die vormals unterschiedlichen Landschaftsbilder. Um ihre Qualität als attraktive Lebens- und Erholungsräume für die Menschen und damit ihre Eigenart und Schönheit zu bewahren, sind im Zuge der Landschaftsrahmenplanung auf Grundlage der Studie von BÖHNERT et al. 2009 zum Landschaftsbild in Sachsen Ziele für die unterschiedlichen Landschaftsbildräume zu erarbeiten. Diese Ziele orientieren sich am Potenzial der einzelnen Räume. Deren unterschiedliche naturräumliche Verhältnisse und unterschiedliche Landnutzungsmuster, die mehr oder weniger häufigen regionaltypischen Kulturlandschaftselemente und somit ihre Eigenart liefern einen Maßstab für die Entwicklung der Räume. In der Studie zum Landschaftsbild in Sachsen sind für Teilräume die wesentlichen Merkmale zusammengestellt, die die jeweilige Eigenart der Landschaft bestimmen. Ebenso sind Wert gebende und störende Elemente beziehungsweise Faktoren dargestellt. Für jeden Teilraum wurden Ziele erarbeitet, die dem Schutz und der Entwicklung von Eigenart und Schönheit der Landschaft dienen. Das Landschaftsbild der Teilräume, deren aktuelle Ausprägung dem Potenzial sehr nahekommt, ist zu erhalten und zu schützen. Sie sind in der in der Studie enthaltenen Karte „Erfassung und Bewertung des Landschaftsbildes – Erfüllungsgrad der Qualitätsziele“ mit hoch und sehr hoch bewertet (http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22504.htm). Die übrigen, mit mittel und gering bewerteten Teilräume sind vornehmlich entsprechend den Zielen zu entwickeln. Vordringliche Maßnahmen sind:
Für die Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes entscheidende Strukturen und Elementkomplexe sollen erhalten werden. Dies betrifft zum Beispiel typische Wald-Offenland-Verhältnisse ebenso wie Flur- oder Siedlungsstrukturen (vergleiche Kapitel 2.1.2.2).
Die landschaftsbildprägenden regionaltypischen Elemente sollen erhalten, gepflegt und ergänzt werden.
Defizite des Landschaftsbildes sollen insbesondere in siedlungsnahen und für die Erholung bedeutsamen Bereichen beseitigt werden.
Wichtige Sichtachsen auf natürliche und kulturhistorische Elemente sind frei zu halten.
Die Ausblicke von besonders bedeutsamen Aussichtspunkten sind frei zu halten.
Gebietsprägende Monokulturen, wie sie zum Beispiel infolge eines verstärkten Biomasseanbaus entstehen könnten, können das Landschaftsbild beeinträchtigen und sollten vermieden werden.
Die Gestaltung neuer Landschaften, die zum Beispiel im Zuge des Rohstoffabbaus entstehen, soll Raum für neue Ideen geben, aber auch Bezüge sowohl zur vergangenen Nutzung als auch zur Umgebung herstellen (vergleiche auch Erläuterung 2 in Kapitel 2.1.2.1).
2.1.2.4
Erholungsvorsorge
FZ 6 (Bezug zu Z 1.5.4, Z 2.2.1.8, G 2.3.3.3)
Es ist ein ausreichendes und zusammenhängendes Freiraumsystem für die landschaftsbezogene Erholung zu schaffen, das Grünflächen innerhalb der Siedlungen mit siedlungsnahen Freiflächen und nach Möglichkeit auch mit Naherholungsgebieten verbindet. Dieses Freiraumsystem ist in der Landschaftsrahmenplanung textlich und kartografisch darzustellen. Das Landschaftsbild ist prioritär in diesen Räumen zu entwickeln.
Für die physische und psychische Regeneration aller Menschen müssen ausreichende und gut erschlossene Flächen für die landschaftsbezogene Erholung zur Verfügung stehen, die ein attraktives Landschaftsbild aufweisen und in welchen Natur erlebbar ist. Dies erhöht die Lebensqualität von Siedlungen und insbesondere von Verdichtungsgebieten entscheidend. Besonders in Verdichtungsräumen ist daher darauf zu achten, dass ausreichende Flächen der Erholung dienen. Teilweise sind in siedlungsnahen Bereichen Defizite hinsichtlich des Landschaftsbildes festzustellen. Folgende Aspekte beziehungsweise Maßnahmen sollen berücksichtigt und umgesetzt werden:
Wildnisgebiete und andere naturschutzfachlich bedeutsame Bereiche sowie Naturerfahrungsräume sollen unter Berücksichtigung der jeweiligen Schutzbedürftigkeit und der Verkehrssicherungspflicht in Erholungsflächen integriert und gegebenenfalls durch Lenkungssysteme behutsam erschlossen werden. Dies schafft neue Möglichkeiten für die Menschen, die Schönheit und Einzigartigkeit der Natur zu erleben und hilft damit das Naturbewusstsein in der Bevölkerung zu stärken.
Auch im Siedlungsbereich sollen naturnahe Erlebnismöglichkeiten mit dem Element Wasser erhalten oder entwickelt werden. Dazu sollen Gewässerufer grundsätzlich öffentlich zugänglich erhalten werden. Im Rahmen von Planungen soll darauf hingewirkt werden, auch im Bereich privater Flurstücke Gewässer für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ausgewählte naturfern ausgebaute Abschnitte von Fließ- und Standgewässern im Siedlungsbereich und am Siedlungsrand sollen renaturiert werden und der Erholung dienen.
Bei der Entwicklung von Bergbaufolgelandschaften sollen sanfte landschaftsbezogene Erholungsnutzungen, die in der Regel mit geringeren Umweltwirkungen verbunden sind (Wandern, Fahrradfahren, motorloser Bootsverkehr), angemessen berücksichtigt werden. Erholungsnutzungen sind unter Einbeziehung der Belange des Arten- und Biotopschutzes zu planen und zu fördern (vergleiche Kapitel 2.2.2.1). Im Interesse der Konfliktminimierung und Besucherlenkung ist auf eine fachlich fundierte räumliche Differenzierung insbesondere zwischen naturschutzfachlichen Schwerpunkten und motorgebundener Freizeitnutzung hinzuwirken.
Beim Ausbau ländlicher Wege sind Belange der landschaftsbezogenen Erholung zu berücksichtigen.
Teile dieses Freiraumverbundsystems für die landschaftsbezogene Erholung sollen durch die Landschaftsrahmenplanung als regionale Grünzüge oder Grünzäsuren vorgeschlagen werden.
Erläuterung (Bezug zu G 2.3.3.5, G 2.3.3.6, G 2.3.3.7 und G 2.3.3.10)
Beim Ausbau der landschaftsbezogenen Erholung sind naturverträgliche, konfliktarme und ruhige Erholungsformen zu favorisieren, nachhaltige Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu vermeiden und die Eigenart der Landschaft zu bewahren. Ausführungen, wie die Eigenart der Kulturlandschaft bewahrt werden kann, finden sich in den vorstehenden Zielen, Begründungen und Erläuterungen des Kapitels 2.1.2. Die Erholungsarten ohne Anlagenbezug sind bevorzugt zu entwickeln. Für den Lückenschluss des touristischen Wegenetzes sollen möglichst bestehende Wege genutzt werden und er soll in natur- und landschaftsverträglicher Weise erfolgen. Insbesondere sollen störungsempfindliche Tierarten und Gebiete nicht beeinträchtigt werden. Grenzüberschreitende Verbindungen sollen besonders berücksichtigt werden. Ferien- und Umweltbildungseinrichtungen und -programme, insbesondere für Kinder und Jugendliche, wie Naturerlebnisangebote sollen erhalten und entwickelt werden. Das touristische Angebot einer Region soll durch Naturerlebnisbereiche (Lehrpfade, Beobachtungstürme und so weiter), Umweltbildungsprogramme für Familien, Kinder und Jugendliche sowie geeignete Unterkünfte für Kinder- und Jugendgruppen sinnvoll ergänzt werden. In Schutzgebieten sollen die Besucher durch die Anlage von attraktiven Naturerlebnisbereichen gezielt gelenkt werden. So können Beeinträchtigungen ökologisch sensibler Bereiche durch touristische Nutzungen vermindert werden. Bei der Planung von Camping- und Caravaningplätzen sowie Ferienhaus- und Ferienwohnungsanlagen sind naturschutzfachlich besonders wertvolle Bereiche von einer Bebauung möglichst freizuhalten. Für touristische Einrichtungen wie zum Beispiel Ferienwohnungen soll bevorzugt ungenutzte Bausubstanz, wie landschaftstypische und architektonisch wertvolle oder denkmalgeschützte Gebäude oder Gebäudekomplexe (alte Bauernhäuser, Gutshöfe, kleine Landschlösser, alte Mühlen), saniert werden. Weiterhin sollen neue Ferienanlagen prioritär auf Brachflächen in und im Anschluss an Siedlungen geplant werden.
2.2
Pflanzen, Pilze, Tiere und ihre Lebensgemeinschaften und Lebensräume
2.2.1
Einführung
Die Erhaltung der natürlichen biologischen Vielfalt (nachfolgend synonym auch als Biodiversität bezeichnet) ist aus ökologischen, ökonomischen, sozialen, kulturellen und ethischen Gründen unverzichtbar. Seit der 1. Weltumweltkonferenz der Vereinten Nationen (UNCED) 1992 in Rio de Janeiro, auf der das Übereinkommen über die biologische Vielfalt verabschiedet wurde, wird vor dem Hintergrund des weltweiten Rückganges der Biodiversität verstärkt über den Schutz und Möglichkeiten einer nachhaltigen Nutzung der Biodiversität diskutiert. Der Verlust und die Gefährdung der natürlichen biologischen Vielfalt ist nicht nur weltweit, sondern auch in Deutschland und im Freistaat Sachsen eines der gravierenden, bisher nicht ausreichend gelösten Umweltprobleme. In Anlehnung an das Übereinkommen über die biologische Vielfalt soll unter Biodiversität die Variabilität der lebenden Organismen der terrestrischen und aquatischen Ökosysteme verstanden werden. Dies schließt die Vielfalt innerhalb der Arten (auch genetische Vielfalt) und zwischen den Arten sowie von Ökosystemen ein.
Genetische Vielfalt
Zum Bestand, zum Verlust oder zur Gefährdung der natürlichen genetischen Vielfalt in Sachsen gibt es wegen der Kompliziertheit der Thematik nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen und belastbares Zahlenmaterial. Allgemein kann ausgesagt werden, dass mit dem Verlust von Populationen in der Regel auch ein Verlust an innerartlicher genetischer Vielfalt einhergeht. Dies ist gravierend, da die genetische Vielfalt eine Grundvoraussetzung für die Anpassungsfähigkeit und damit Überlebensfähigkeit von Populationen und Arten darstellt, was wiederum in Zeiten rasch ablaufender Umweltveränderungen (Klimawandel) besondere Bedeutung erlangt.
Artenvielfalt
In Sachsen haben circa 30 000 Tierarten, 7 500 Pilzarten und 3 300 Pflanzenarten (ohne Algen, Neophyten und Mikroorganismen) natürliche Vorkommen. Trotz vorhandener Erfolge bleibt festzustellen, dass in den letzten Jahrzehnten die Zahl der ausgestorbenen, vom Aussterben bedrohten oder in ihrem Bestand gefährdeten Arten stark zugenommen hat. So sind zwischen 1950 und 2000 bereits 101 Pflanzenarten im Freistaat ausgestorben. Aus den Roten Listen Sachsens geht hervor, dass von 28 untersuchten Artengruppen (Stand 2011) im Durchschnitt circa 10 Prozent der Arten ausgestorben beziehungsweise verschollen (Spannweite 1 – 30 Prozent) und circa 40 Prozent der Arten mehr oder weniger stark gefährdet sind (Kategorien 1, 2, 3, R, G der Roten Listen) (Spannweite 17 – 73 Prozent). Der mittlere Anteil der gefährdeten Arten liegt in Sachsen über dem Bundesdurchschnitt. Zu den besonders stark gefährdeten Artengruppen gehören Armleuchteralgen, Rot- und Braunalgen, Lurche und Kriechtiere, Wildbienen, Steinfliegen, Rundmäuler und Fische, Bockkäfer, Grabwespen und Heuschrecken mit jeweils über 60 Prozent Anteil ausgestorbener und gefährdeter Arten an der Gesamtzahl der bekannten Arten. Dabei ist zu beachten, dass von den in Sachsen vorkommenden Arten bisher erst für weniger als 30 Prozent überhaupt eine Gefährdungsabschätzung vorgenommen wurde (bei den Tieren zum Beispiel nur für circa 17 Prozent). Besonders alarmierend ist die fortschreitende Verarmung der natürlichen biologischen Vielfalt im intensiv landwirtschaftlich genutzten Offenland. Ausräumung der Landschaft (Strukturverarmung), Eintrag von Pflanzenschutzmitteln, Eutrophierung, Einschränkung des Kulturartenspektrums, enge Fruchtfolgen, Entwässerung, Nivellierung der Standortvielfalt und Verlust traditioneller Wirtschaftsformen haben hier zu massiven Populationseinbrüchen bei zahlreichen, früher zumeist häufigen und ungefährdeten Arten der Feld- und Grasfluren geführt (zum Beispiel Vogelarten des Offenlandes, Ackerwildkrautarten, Wirbellose wie Wildbienen und Schmetterlinge). Nahezu alle Ackerwildkrautgesellschaften sind entsprechend der sächsischen Roten Liste der Pflanzengesellschaften (BÖHNERT et al. 2001) gefährdet, vom Verschwinden bedroht oder bereits verschwunden. Die Schrumpfung von Populationen bis hin zu einer kritischen Gefährdung oder gar zum Aussterben schreitet, trotz der Erfolge von Förderprogrammen des Naturschutzes, vor allem in der Agrarlandschaft, aber auch im Siedlungsraum und in anderen Lebensräumen fort. Von den 131 in Sachsen bewerteten FFH-Arten der Anhänge II, IV und V der FFH-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG) wurde im Zuge des FFH-Monitorings für den Berichtszeitraum 2001 bis 2006 nur bei 36 (27 Prozent) der Erhaltungszustand als günstig eingeschätzt (zum Beispiel Fischotter). 65 Arten und somit 50 Prozent befinden sich in einem unzureichenden (zum Beispiel Kammmolch, Laubfrosch) und 9 Arten (7 Prozent) in einem schlechten Erhaltungszustand (zum Beispiel Hirschkäfer, Feldhamster, Luchs). Bei 21 Arten (16 Prozent) fehlen wichtige Informationen, sodass deren Erhaltungszustand nicht eingeschätzt werden konnte (zum Beispiel Mückenfledermaus).
Vielfalt der Lebensräume und Landschaften
Die Biodiversität Sachsens basiert vor allem auf der Vielfalt unterschiedlichster Standortverhältnisse, Landnutzungen und dadurch geprägter Biotope. Diese Vielfalt entsteht zum Beispiel durch den Übergang zwischen ozeanischen und subkontinentalen Klimaeinflüssen, durch wechselhafte geologische Untergrundverhältnisse, eine formenreiche Reliefgliederung und durch die vielfältige Nutzungsgeschichte. In Sachsen kommen theoretisch circa 485 verschiedene Pflanzengesellschaften (mit höheren Pflanzen) vor, von denen 4,1 Prozent verschwunden und 56,5 Prozent mehr oder weniger stark gefährdet sind (BÖHNERT et al. 2001), weiterhin 212 Moos- und Flechtengesellschaften (6,1 Prozent verschwunden, 39,7 Prozent gefährdet). Die Zahl der verschiedenen Biotoptypen Sachsens beträgt circa 300. 168 dieser Biotoptypen (56 Prozent) unterliegen einer Gefährdung, wobei 34 Biotoptypen bereits von vollständiger Vernichtung bedroht sind (zum Beispiel Waldkiefern-, Bergkiefern-, Fichten-Moorwälder, Weichholzauwald der Tieflandsflussauen, Pfeifengraswiese, Borstgrasrasen, Trocken- und Halbtrockenrasen) (BUDER & UHLEMANN 2010). Die Bewertung des Erhaltungszustandes der Schutzgüter der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie im Rahmen der Berichtspflichten an die EU erbrachte für den Berichtszeitraum 2001 bis 2006 folgende Ergebnisse: 58 Prozent der Lebensraumtypen (LRT) weisen einen günstigen Erhaltungszustand auf (zum Beispiel Berg-Mähwiesen), 23 Prozent einen unzureichenden (zum Beispiel Trockene und Feuchte Heiden) und 13 Prozent einen schlechten Zustand (zum Beispiel Moorwälder). Zu drei LRT ließ sich der Erhaltungszustand nicht ermitteln, da noch keine ausreichenden Informationen vorliegen (zum Beispiel Flechten-Kiefernwald).
Die wesentlichsten Ursachen für den Rückgang und die Gefährdung der natürlichen biologischen Vielfalt lassen sich zu folgenden Komplexen zusammenfassen:
Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung, verbunden mit der Nivellierung natürlicher Standortverhältnisse durch Entwässerung, Düngung, Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, großflächig monotonen Feldfruchtanbau und enge Fruchtfolgen und dem Rückgang der Landschaftsstrukturelemente,
Zerstörung und Zerschneidung von Lebensräumen,
Aufgabe beziehungsweise Änderung landwirtschaftlicher Nutzung auf Grenzertragsstandorten,
Defizite bei der Waldbewirtschaftung (zum Beispiel zu geringer Altbaum- und Totholzanteil),
wasserbauliche Maßnahmen (zum Beispiel Querbauwerke in Verbindung mit fehlender Durchgängigkeit von Fließgewässern),
Schad- und Nährstoffeinträge in Ökosysteme,
Klimawandel,
naturbelastende beziehungsweise störungsintensive Freizeitnutzungen,
invasive gebietsfremde Arten.
Um die natürliche biologische Vielfalt zu erhalten und negative Bestandestrends umzukehren, müssen die Lebensräume der Arten und Biozönosen geschützt und entwickelt werden. Dafür werden Flächen benötigt, die es ermöglichen, dass sich langfristig überlebensfähige Populationen entwickeln können und auch Arten mit größeren Raumansprüchen geeignete Lebensräume finden. Die dafür erforderliche Flächenkulisse umfasst neben natürlichen und naturnahen Ökosystemen (zum Beispiel naturnahe Wälder, Moore, unverbaute Fließgewässer) auch extensiv genutzte Kulturökosysteme, wie extensiv genutzte Äcker, Bergwiesen, Magerrasen und Zwergstrauchheiden. Wesentliche Teile sind derzeit schon über den Flächennaturschutz geschützt. Manche Vogelarten und Arten anderer Artengruppen sowie ausgewählte Lebensraumtypen sind von europäischer Bedeutung und unterliegen europäischen Schutzbestimmungen nach der Vogelschutz- beziehungsweise FFH-Richtlinie. Für die in Sachsen vorkommenden 47 Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie, 45 Tier- und Pflanzenarten nach Anhang II der FFH-Richtlinie und unter anderem 39 Vogelarten nach Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie wurden 270 FFH-Gebiete vorgeschlagen und von der EU bestätigt und 77 Vogelschutzgebiete gemeldet. FFH- und Vogelschutzgebiete wurden inzwischen, soweit erforderlich, durch gesonderte Verordnungen („Grundschutzverordnungen“) als besondere Schutzgebiete gemäß § 22
SächsNatSchG
gesichert. Zusammen hat das Netz Natura 2000 mit den sich zum Teil überlagernden FFH- und EU-Vogelschutzgebieten einen Anteil von 15,9 Prozent der Landesfläche. Zum Natura 2000-Programm gehören neben der Gebietsausweisung die Ersterfassung und Managementplanung, das Monitoring der Natura 2000-Schutzgüter, ein strenges Schutzregime für Arten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie und die Verträglichkeitsprüfung für Pläne und Projekte. Neben den Natura 2000-Gebieten sind weitere schutzbedürftige Teile der Landschaft naturschutzrechtlich nach verschiedenen nationalen Kategorien geschützt. Da sich die Schutzgebiete verschiedener Kategorien mehrfach überlagern können (zum Beispiel FFH-Gebiet mit Vogelschutzgebiet, NSG, FND, gesetzlich geschützten Biotopen), ist keine Summierung der Flächen möglich, um eine Gesamtbilanz zu erhalten. Diese kann nur durch Verschneidung der Flächen ermittelt werden. Demnach ergibt sich ohne Überlagerungen ein Anteil „strenger“ Schutzgebiete nach nationalem Naturschutzrecht (NLP, NSG, FND, gesetzlich geschützte Biotope) von 5,3 Prozent der Landesfläche, der sich zu einem sehr großen Teil innerhalb des Netzes der Natura 2000-Gebiete konzentriert. In Sachsen existieren circa 13 500 ha Totalreservatsflächen (Stand 31. Mai 2011) in NSG, in der Kernzone des Biosphärenreservates (gleichfalls NSG) sowie in der Naturzone A/Naturzone B (Ruhebereich) des Nationalparks Sächsische Schweiz. Dies entspricht einem Anteil von circa 0,7 Prozent an der Fläche Sachsens. Naturentwicklungsgebiete stellen auch die Kernbereiche der nach Forstrecht ausgewiesenen acht Naturwaldzellen dar, die 303 ha (0,02 Prozent der Fläche Sachsens) umfassen (in der Gesamtfläche oben enthalten). Unter den aktuell bestehenden Totalreservaten befinden sich drei große mit einer Fläche über 1 000 ha und bundesweiter Bedeutung (Königsbrücker Heide, NLP-Teil Vordere Sächsische Schweiz, NLP-Teil Hintere Sächsische Schweiz), die allein circa 75 Prozent der gesamten Totalreservatsfläche umfassen. In der Bergbaufolgelandschaft, die großes naturschutzfachliches Potenzial für Naturentwicklungsgebiete in Sachsen aufweist, bestehen derzeit nur drei Totalreservate mit einer Fläche von circa 540 ha (4 Prozent der Totalreservatsfläche). Um den Auswirkungen von Landschaftszerschneidungen entgegenzuwirken und das Wandern von Arten unter dem Einfluss des Klimawandels auch in intensiv genutzten Landschaften zu erleichtern und damit den genetischen Austausch zu ermöglichen, soll ein Netzwerk möglichst unzerschnittener und miteinander funktional verbundener Biotope/Habitate entwickelt werden (Biotopverbund).
Eine solche Kulisse von naturnahen Ökosystemen, Kulturökosystemen und Verbundflächen reicht allein zum Schutz der Biodiversität aber noch nicht aus. Darüber hinaus müssen auch in intensiv genutzten Landschaftsteilen ökologische Mindeststandards eingehalten werden. Dazu gehört neben einem gewissen Anteil an ökologischen Ausgleichsflächen die konsequente Einhaltung der naturschutzfachlichen Anforderungen an die Landnutzung, die sich vor allem aus der guten fachlichen Praxis gemäß § 5 BNatSchG, den artenschutzrechtlichen Regelungen des BNatSchG und den Regelungen zur Biotopvernetzung gemäß § 21 Abs. 5
BNatSchG
ergeben. Darüber hinaus sind die jeweils geltenden naturschutzfachlich bedeutsamen Bedingungen zur Agrarförderung einzuhalten.
Zur Umsetzung der Erfordernisse und Maßnahmen des Naturschutzes soll zusätzlich zum, in Sachsen weiterhin favorisierten, kooperativen Ansatz die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand, insbesondere auf landeseigenen Flächen, gestärkt werden. Circa 20 bis 25 Prozent der Schwerpunktflächen des Naturschutzes befinden sich im Eigentum des Freistaates Sachsen. Umsetzungsmöglichkeiten und Handlungsoptionen bestehen vor allem im Wald und an größeren Fließgewässern, aber auch im landwirtschaftlich genutzten Offenland. Beachtet werden sollte im Ausnahmefall auch die Möglichkeit des freiwilligen Flächentauschs und -kaufs, um einzelne besonders wertvolle Naturschutzflächen, für die ein adäquater Schutz durch andere Wege nicht realisierbar ist, in öffentliches Eigentum zu überführen. Dies trägt dazu bei, die Flächenverfügbarkeit für die Umsetzung dringlicher Naturschutzmaßnahmen weiter zu verbessern.
2.2.2
Fachliche Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen
2.2.2.1
Natürliche biologische Vielfalt, Artenschutz, Biotopschutz
Karte A 1.2:
Suchraumkulisse Moorrenaturierung
Karte A 1.3:
Verbreitung gefährdeter Tierarten
Karte A 1.4:
Verbreitung gefährdeter Pflanzenarten
Karte A 1.5:
Großflächig naturnahe Waldkomplexe
Wassergebundene Arten und Biotope FZ 7 (Bezug zu G 4.1.1.5 und Z 4.1.1.6)
In Einzugsgebieten von Gewässern, in denen Vorkommen stark gefährdeter Arten (zum Beispiel Flussperlmuschel, kieslaichende Fischarten) oder Biotope durch Stoffeinträge infolge von Wassererosion gefährdet sind, sind prioritär geeignete Schutzmaßnahmen mit den Landnutzern abzustimmen und umzusetzen. Im Rahmen der Landschaftsplanung sind weitere besonders schutzwürdige, im Gewässer lebende Arten zu benennen und diejenigen Gewässer darzustellen, die vor Stoffeinträgen besonders zu schützen sind. Weiterhin ist im Rahmen der Landschaftsplanung ein Konzept zu entwickeln, wie die Gewässer mit den Mitteln der Raumordnung und Landschaftsplanung vor Stoffeinträgen geschützt werden können.
Die Qualität vieler Gewässer wird auch durch Stoffeinträge infolge von Wassererosion aus landwirtschaftlichen Flächen beeinträchtigt. Dies vermindert die Lebensraumqualität für viele wassergebundene Arten. Insbesondere sehr empfindliche Arten wie zum Beispiel die Flussperlmuschel oder kieslaichende Fischarten sind dadurch in ihrem Reproduktionszyklus beeinträchtigt und im Bestand gefährdet. Um die Lebensraumqualität zu verbessern, den Bestand besonders schützenswerter Arten zu sichern und Gefährdungen durch besondere Ereignisse wie außergewöhnliche Starkregen oder Unfälle vorzubeugen, sollten aus naturschutzfachlicher Sicht häufiger Gewässerrandstreifen vorgesehen werden, die breiter sind als zehn Meter und nicht mehr ackerbaulich genutzt werden und damit über die Anforderungen des Sächsischen Wassergesetzes hinausgehen. Naturnahes Grünland oder auentypische Gehölzbestockungen sind als standortgerechter Bewuchs der Gewässerrandstreifen aus naturschutzfachlicher Sicht besonders geeignet. Sollte dies nicht umzusetzen sein, kommt als nachrangige Möglichkeit mehrjähriger Feldfutteranbau (Ackergras, Luzerne, Kleegras) in Betracht. Breitere Gewässerrandstreifen können von den unteren Wasserbehörden im Einvernehmen mit der oberen Landwirtschaftsbehörde gemäß § 24 Abs. 4
SächsWG
festgesetzt werden. Um naturschutzfachliche Ziele an Gewässern umzusetzen, können Gewässerrandstreifen im Rahmen von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen angelegt werden, auch als Bestandteil von Flächenpools. Darüber hinaus können Förderprogramme in Anspruch genommen werden. Weiterhin sollten im Zusammenhang mit Projekten zur Gewässerrenaturierung immer ausreichend breite Randstreifen vorgesehen werden. Etwa 1,5 Prozent der Ackerfläche in Sachsen gelten als sehr stark wassererosionsgefährdet. Dazu zählen die besonders erosiven Steillagen und die besonders erosiven Abflussbahnen. Ackerbauliche Nutzung verursacht hier den Verlust fruchtbarer Böden sowie Belastungen von Gewässern und naturschutzfachlich wertvollen Biotopen durch Stoffeinträge. Unter den beeinträchtigten Biotopen beziehungsweise Lebensraumtypen und Habitaten befinden sich auch solche des Netzes Natura 2000 sowie WRRL-relevante Fließgewässer. Um die Ziele der WRRL und der FFH-RL erreichen zu können, besteht hier Handlungsbedarf. Wegen der möglichen Synergien für den Boden-, Gewässer- und Naturschutz ist ein Nutzungswandel prioritär in Einzugsgebieten von Gewässern mit Vorkommen stark gefährdeter Arten anzustreben.
FZ 8 (Bezug zu Z 4.1.1.6 und G 4.1.1.19)
Im Zuge der Landschaftsrahmenplanung sind solche Flächen mit wasserabhängigen Landökosystemen (insbesondere Moore) beziehungsweise mit entsprechendem Entwicklungspotenzial aus der Suchraumkulisse in Karte A 1.2 auszuwählen und kartografisch darzustellen, die sich unter Beachtung der Erfordernisse der Trinkwasserqualität für eine Renaturierung eignen.
Vom Wasser abhängige Landökosysteme, wie Quellbereiche, Moore, Sümpfe, Auen und weitere Feuchtgebiete, besitzen für die Erhaltung der Biodiversität, für den Schutz des Klimas, für die Erhaltung besonders schutzwürdiger Böden und für den Landschaftswasserhaushalt eine prioritäre Bedeutung. Sie sind Lebensräume für speziell angepasste, häufig klimasensitive Arten und Biotope, die besonders schutzwürdig und aufgrund ihrer Gefährdungssituation schutzbedürftig sind. Intakte Moorökosysteme mit Torfbildung und andere Feuchtbiotope mit Akkumulation organischer Substanz stellen Speicher- und Senkenökosysteme von Treibhausgasen (THG), insbesondere für den Kohlenstoff aus dem CO₂, dar. Nasse, „lebende“ Moore haben eine Stoffsenkenfunktion, entwässerte Moore mit Torfzersetzung sind dagegen Stoffquellen. Sie emittieren klimaschädliches CO₂ sowie Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor, die funktional verbundene Ökosysteme wie Fließgewässer mit ihren Auen sowie Stillgewässer beeinträchtigen können. Maßnahmen zur Erhöhung der Naturnähe (Renaturierung) beziehungsweise zur „Wiederbelebung“ des Torfwachstums (Revitalisierung) in Mooren und anderen Feuchtbiotopen kommt eine zunehmende, auch klimapolitische Bedeutung zu. Solche Maßnahmen besitzen in der Regel Synergieeffekte, indem sie zum Beispiel dem Arten- und Biotopschutz und gleichzeitig dem Klimaschutz und dem Schutz des Wasserhaushaltes dienen. Für den Freistaat Sachsen liegt eine umfassende Übersicht der Moore und anderer organischer Nassstandorte aus dem Projekt SIMON vor (DITTRICH et al. 2011; http://www.umwelt. sachsen.de/umwelt/boden/23800.htm). Dafür wurden neben Flächen, die der bodenkundlichen Moordefinition (> 30 cm Torf) entsprechen, auch Böden mit flacheren Torfauflagen (aus Bodenkarten, geologischen Karten) und moortypische Feuchtbiotope (moortypische Biotope aus der Selektiven Biotopkartierung, moortypische FFH-Lebensraumtypen, teilweise ohne nachgewiesene Torfauflage) erfasst und die Maximalfläche aus allen verwendeten Kartengrundlagen gebildet. Die Moorflächen Sachsens wurden somit nicht rein bodenkundlich, sondern ökosystemar unter Einschluss der Moorbiotope und torfbildenden Vegetation definiert. Diese Flächen sind als Moorkomplexe in der Karte A 1.2 dargestellt und bilden die Suchraumkulisse für Renaturierungen von Moor- und Nassstandorten. Die Gesamtfläche der Moorkomplexe beträgt für Sachsen circa 46 800 ha beziehungsweise 2,5 Prozent der Landesfläche. Karte A 1.2 zeigt, dass der größte Teil der Moorkomplexe im Heideland (vorrangig grundwassergespeist) und im Bergland (regen- und hangwassergespeist) zu finden ist. Der größte Teil der Moorkomplexe befindet sich im Westerzgebirge (7 500 ha), dem Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet/Hornjołužiska hola a haty (6 500 ha), in den Königsbrück-Ruhlander Heiden (5 800 ha) und dem Mittleren Erzgebirge (4 500 ha). In der Karte A 1.2 sind die Moorkomplexe differenziert dargestellt in solche, wo:
eine moortypische Vegetation auf einem moortypischen abiotischen Standort kartiert wurde (3 700 ha beziehungsweise 8 Prozent der Moorkomplexfläche); dies sind die nach einer ersten groben Abschätzung noch relativ naturnahen Flächen (in Karte A 1.2 grün),
ein moortypischer Standort kartiert ist, aber keine naturnahen moortypischen Biotope (mehr) vorhanden sind (27 000 ha beziehungsweise 57,5 Prozent, in Karte A 1.2 blau),
moortypische Biotope oder FFH-LRT kartiert sind, aber in Boden- und geologischen Karten kein moortypischer Standort (16 100 ha, 34,5 Prozent) dargestellt ist; es handelt sich um Flächen mit nur flacher oder ohne nachgewiesene Torfauflage oder um kleine Flächen, die in Karte A 1.2 orange dargestellt sind.
Im Ergebnis des SIMON-Projektes wurden außerdem die Torfmächtigkeiten in vier Klassen getrennt erfasst, und zwar Torfkerne mit einer Torfmächtigkeit > 70 cm (3 550 ha), Moorböden mit flacher Torfauflage von 30 bis 70 cm (3 650 ha), organische Nassstandorte mit Torfmächtigkeit Anhand der Ergebnisse aus dem SIMON-Projekt und dem FFH-Monitoring wird deutlich, dass es in Sachsen kaum noch naturnahe und nur noch sehr wenige Moore gibt, in denen in größeren Teilbereichen ein Torfwachstum auftritt. So haben die meisten FFH-LRT der Moore in Sachsen entsprechend dem Bericht zum FFH-Monitoring (Zeitraum 2001 bis 2006) einen unzureichenden (zum Beispiel LRT 7140 Übergangs- und Schwingrasenmoore) oder schlechten Erhaltungszustand (zum Beispiel LRT 91D0 Moorwälder). Viele moortypische Biotope weisen nur noch sehr geringe bis minimale Flächen auf, in denen der entsprechende FFH-LRT charakteristisch ausgeprägt ist (zum Beispiel 7110 Lebende Hochmoore nur noch circa 5 ha in Sachsen). Zu den bedeutendsten Ursachen für einen ungünstigen Moorzustand gehören Entwässerungssysteme (auch in den Einzugsgebieten außerhalb der Moorflächen), Grundwasserabsenkungen (zum Beispiel durch Bergbau), Torfabbau und Stoffeinträge. Der defizitäre aktuelle Moorzustand auf der einen Seite und die Suchraumkulisse von 46 800 ha für Moorrenaturierungen auf der anderen Seite belegen, dass ein erhebliches Flächenpotenzial zur Renaturierung und Revitalisierung, unter anderem durch Maßnahmen der Wiedervernässung, gegeben ist. Die im Zuge der Landschaftsrahmenplanung für Renaturierungen ausgewählten Flächen sollen entsprechend ihrer Bedeutsamkeit für den Biodiversitäts- und Klimaschutz sowie bezüglich ihrer Eignung für die Umsetzbarkeit von Renaturierungsmaßnahmen priorisiert werden. Zur Priorisierung kann auch gehören, eine zeitliche Reihenfolge für Renaturierungen vorzuschlagen oder für Wiedervernässungsmaßnahmen geeignete Teilflächen in großen Moorkomplexen auszuwählen. Für Renaturierungen geeignete und prioritäre Flächen sollen von der Landschaftsrahmenplanung als „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ gemäß Z 4.1.1.6 vorgeschlagen werden. Die Auswahlkriterien beziehungsweise die Methodik zur Ermittlung geeigneter (Moor)Flächen für Renaturierungen sollen zwischen den Regionalen Planungsverbänden und mit dem LfULG abgestimmt werden. Dabei sind auch die Erfordernisse der Trinkwasserqualität zu berücksichtigen. Eine Renaturierung von Mooren im Einzugsgebiet von Trinkwassergewinnungsanlagen ist nur zulässig, wenn es zu keinem zusätzlichen und für die Trinkwassergewinnung bedeutsamen Eintrag von Huminstoffen in das der Trinkwassergewinnung dienende Wasserdargebot kommen kann. Die Untersuchungen zur Herkunft der Huminstoffe sowie zum möglichen Wirkungszusammenhang mit der Entwässerung oder Wiedervernässung von Mooren sollen fachübergreifend intensiviert werden, um die klimapolitisch und naturschutzfachlich bedeutsamen Vorhaben zur Renaturierung von Mooren und anderen Feuchtgebieten nicht unnötig zu verzögern. Die Umsetzung der Renaturierungsprojekte und -maßnahmen kann durch die Erfüllung der Vorbildfunktion auf landeseigenen Flächen (hier kommt unter anderem für die Moorwälder dem Staatsbetrieb Sachsenforst eine Schlüsselfunktion zu), durch spezielle Projekte Dritter (zum Beispiel finanziert aus Programmen zum Klimaschutz) oder im Zuge der Naturschutz-Förderprogramme erfolgen. Zusätzlich zu beziehungsweise in Verbindung mit einer aktiven Renaturierung von Mooren sind geeignete Maßnahmen zu planen und umzusetzen, die einen hinreichenden Schutz vor ökosystemgefährdenden Stoffeinträgen gewährleisten.
Offenlandschaft
FZ 9 (Bezug zu Z 4.2.2.1) Im Zuge der anzustrebenden Waldmehrung ist der Erhalt wertvoller Offenlandbereiche, wie besonders geschützter Biotope und FFH-Lebensraumtypen sowie anderer naturschutzfachlich wertvoller Flächen, im Genehmigungsverfahren nach § 10
SächsWaldG
zu berücksichtigen.
Arten der Offenlandschaft weisen besonders starke Rückgangstendenzen auf. Daher müssen ihre Lebensräume und entsprechend entwickelbare Offenlandbiotope (auch in der Bergbaufolgelandschaft) in ausreichender Größe erhalten und so bewirtschaftet beziehungsweise gepflegt werden, dass die jeweiligen Habitatqualitäten erhalten bleiben oder entwickelt werden. Deshalb ist die Erhaltung besonders geschützter Biotope und FFH-Lebensraumtypen sowie darüber hinaus anderer naturschutzfachlich wertvoller Flächen, vor allem Habitate seltener und gefährdeter Arten der Offenlandlebensräume, wie sie zum Beispiel in der Bergbaufolgelandschaft vorkommen, im Genehmigungsverfahren nach § 10
SächsWaldG
für Aufforstungsmaßnahmen im Zuge der Waldmehrung zu berücksichtigen. Beispiele für letztere sind Äcker mit selten gewordener Ackerbegleitflora wie Sommer-Adonisröschen und Kleiner Lämmersalat oder Offenlandhabitate für gefährdete Tierarten wie zum Beispiel Brutvogelarten des Offenlandes. Angesichts des Klimawandels, der Zunahme von Extremereignissen und der weltweiten Wüstenausdehnung (Vegetationsverluste) sind großflächige, vegetationsfreie Rohbodenstandorte jedoch auch kritisch zu sehen. Im Zuge der Landschaftsrahmenplanung sind die Vorschläge für die Vorranggebiete Waldmehrung im Hinblick auf Konflikte mit naturschutzfachlichen Aspekten zu prüfen.
FZ 10 (Bezug zu Z 4.1.1.6) In Agrarlandschaften, die eine geringe Ausstattung mit Landschaftsstrukturelementen und eine geringe Artenvielfalt aufweisen, sind Maßnahmen zur Anlage zusätzlicher regionaltypischer Landschaftsstrukturelemente zu ergreifen. Die Art der anzulegenden Landschaftsstrukturelemente sowie ihr Umfang orientieren sich an der Eigenart der Landschaft sowie an den Anforderungen von Zielarten für die Offenlandschaft.
Viele Arten der Offenlandschaft gehen besonders stark zurück. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Sie sind vor allem zurückzuführen auf:
Nivellierung der standörtlichen Verhältnisse durch Komplexmelioration (vor allem Entwässerung und Veränderungen des Reliefs),
Verlust von Landschaftsstrukturen wie zum Beispiel Feldraine und Fließgewässer,
Intensivierung und Vereinheitlichung der Bewirtschaftung (zum Beispiel Schnitthäufigkeiten und Schnittzeitpunkte, Düngung, Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Verkürzung oder Wegfall der Stoppelphasen, weitgehender Wegfall der Brachen, verminderte Fruchtartenvielfalt),
ubiquitäre Stoffeinträge.
Durch Anlegen von regionaltypischen Landschaftsstrukturelementen in landschaftstypischer Dichte (vergleiche Kapitel 2.1.1) können in der intensiv genutzten Offenlandschaft Ersatz- oder Teilhabitate für Arten geschaffen werden. Regionaltypische Landschaftsstrukturelemente sind zum Beispiel Feldraine, Gräben, Stillgewässer, Nassstellen, Steinrücken, Feldgehölze, Hecken, Baumreihen und Alleen. Wo immer möglich, sollten bei der Anlage von Landschaftsstrukturelementen Synergien zum Boden- und Gewässerschutz genutzt werden, zum Beispiel entlang von Fließgewässern, in Steillagen oder Hangmulden. Zusammen mit produktionsintegrierten Maßnahmen (zum Beispiel spezielle Maßnahmen für Bodenbrüter wie Feldlerchenfenster und Ackerrandstreifen mit reduziertem Pflanzenschutz) können mit der Anlage von Landschaftsstrukturelementen die Lebensbedingungen für gefährdete Arten auch in der intensiv genutzten Offenlandschaft verbessert werden. Dabei sind für die Auswahl der Elemente die Habitatansprüche der jeweiligen Zielarten zu berücksichtigen.
Das Ziel dient zugleich der Umsetzung der Biotopvernetzung entsprechend § 21 Abs. 6
BNatSchG
.
Für die Umsetzung kommen neben der Eingriffsregelung eine ausreichend attraktive und durch entsprechende Beratung unterstützte Naturschutzförderung sowie Flächentausch beziehungsweise -kauf in Betracht.
FZ 11 (Bezug zu G 4.1.1.5 und G 4.1.1.15)
Extensiväcker mit Arten oder Gesellschaften vom Aussterben bedrohter Segetalarten und Tierarten sind zu erhalten, vor Beeinträchtigungen zu bewahren und mit Rücksicht auf die Anforderungen der Arten und Lebensgemeinschaften zu bewirtschaften.
Die moderne Landbewirtschaftung führte auch in Sachsen dazu, dass die artenreichen Ackerwildkrautgesellschaften der ehemals extensiv bewirtschafteten Felder stark zurückgedrängt und durch arten- und individuenarme Unkrautfluren mit wenigen schwer bekämpfbaren, Stickstoff liebenden Arten ersetzt wurden. Insbesondere Arten flachgründiger kalkreicher und basenreicher Standorte, Säure- und Krumenfeuchtezeiger, Saatunkräuter, Stoppelunkräuter sowie Zwiebel- und Knollengeophyten sind stark gefährdet und vom Aussterben bedroht (BUDER 2002). Ähnliches gilt für Tierarten, die auf wildkrautreichen, extensiv bewirtschafteten Äckern leben. Bisherige Fördermaßnahmen wie die Anlage von Ackerrandstreifen konnten die Gefährdungssituation nicht wesentlich verbessern. Aus ökonomischen Gründen werden lediglich wenige Ackerflächen so bewirtschaftet, dass die schutzbedürftige Ackerbegleitflora und -tierwelt erhalten bleibt. Aus diesem Grund sollen, initiiert durch ein Vorhaben des LfULG, auf geeigneten Standorten mit noch vorhandenem Potenzial an hochbedrohten Segetalarten Schutzäcker oder Feldflorareservate eingerichtet werden. Ziel des LfULG-Projektes ist es, auf der Grundlage eines Suchraumkonzeptes (BUDER 2002) Erfolg versprechende Äcker auszuwählen und sicherzustellen, dass diese langfristig gemäß den Ansprüchen der gefährdeten Segetalarten beziehungsweise Ackerwildkrautgesellschaften bewirtschaftet werden. Dabei soll zunächst für alle in Sachsen gefährdeten Ackerbiotoptypen (Sandacker, basenarmer Löss- und Lehmacker, basenreicher Löss- und Lehmacker, Acker auf skelettreichem Silikatverwitterungsboden) mindestens ein Standort etabliert werden. Das Netz der Feldflorareservate beziehungsweise Schutzäcker soll möglichst so ausgebaut werden, dass in ihm alle vom Aussterben bedrohten Arten der sächsischen Segetalflora repräsentiert sind. In ausgewählten Gebieten (zum Beispiel Biosphärenreservat) kann neben Schutzzielen des Artenschutzes die Präsentation von kulturhistorisch bedeutsamen Bewirtschaftungsformen als weiterer Schutzaspekt hinzukommen. Im Zuge der Landschaftsrahmenplanung sind auch die Ackerflächen innerhalb der Suchraumkulisse (BUDER 2002) als naturschutzfachlicher Belang in die Abwägung der Raumordnung einzubringen, da diese Gebiete möglichst nicht von anderen Nutzungen (zum Beispiel Überbauung, Aufforstung) in Anspruch genommen werden sollen. Ausgewählte naturschutzfachlich wertvolle Äcker sollen durch Kauf, Tausch, dingliche Sicherung oder Langfristpacht in Obhut der öffentlichen Hand oder geeigneter anderer Träger gelangen und durch langfristige vertragliche Bewirtschaftungsvereinbarungen gesichert werden. Die Finanzierung soll primär aus Mitteln der Eingriffsregelung erfolgen (produktionsintegrierte Kompensation). Die Flächen können daher in Flächenpools oder Ökokonten aufgenommen werden.
FZ 12 (Bezug zu G 4.1.1.13 und Z 4.2.1.3)
Die Versiegelung von Feldwegen ist zu minimieren. Vorhandene Wegraine sollen erhalten werden. Die Anlage landschaftstypischer Wegraine oder von Randstreifen (zum Beispiel Ackerrandstreifen, Blühstreifen) ist anzustreben.
Es ist festzustellen, dass der Versiegelungsgrad insbesondere ländlicher Wege in jüngster Zeit weiter angestiegen ist. In der Folge erhöht sich die Landschaftszerschneidung, die Lebensraumqualität bis dahin unversiegelter Wege geht verloren, die versiegelte Fläche steht nicht mehr zur Versickerung von Wasser zur Verfügung und das Landschaftsbild kann durch zunehmende Versiegelung beeinträchtigt werden. Um eine gewisse Lebensraumqualität von Wegen zu erhalten (zum Beispiel begrünte Mittelstreifen, offene Bodenstellen für Wildbienen) und die Barrierewirkung zu reduzieren wie auch Verbundfunktionen zu stärken, sollen Wege nach Möglichkeit gar nicht beziehungsweise so gering wie möglich (zum Beispiel Fahrspuren mit Betongittersteinen) versiegelt werden. Weiterhin haben Feldraine hinsichtlich Anzahl und Flächenanteil in der Agrarlandschaft stark abgenommen. Die verbliebenen, meist zu schmalen Feldraine haben im Vergleich zu früher deutlich an Qualität verloren, da sie zumeist stark eutrophiert und durch Pflanzenschutzmittel und Düngemitteleintrag beeinflusst sind. Die standörtliche Nivellierung und der Nährstoffeintrag betreffen in besonderer Weise die Feldraine, sodass sie als Habitate von Arten nährstoffärmerer Lebensräume und Standorte zunehmend verloren gehen. Feld- und Wegraine können bei entsprechender Qualität einen Ersatzlebensraum für manche Arten der Agrarlandschaft darstellen. Zusätzlich soll über naturschutzfachliche Beratung und das Angebot von Fördermaßnahmen darauf hingewirkt werden, dass Randstreifen entlang von Äckern entwickelt werden (zum Beispiel Ackerrandstreifen, Blühstreifen).
Wald
FZ 13 (Bezug zu G 4.1.1.5, G 4.1.1.15 und Z 4.1.1.16)
Die großflächig naturnahen Waldkomplexe von landesweiter Bedeutung in Karte A 1.5 sind zu erhalten, vor Beeinträchtigungen zu schützen und naturnah zu entwickeln. Angrenzende Wälder sollen nach Möglichkeit ebenfalls naturnah entwickelt oder umgebaut werden, um die Fläche der naturnahen Waldkomplexe langfristig zu erhöhen.
Die Landschaftsrahmenplanung soll bei Vorliegen neuer Datengrundlagen die Abgrenzung großflächig naturnaher Waldkomplexe aktualisieren und weitere naturnahe Waldkomplexe von regionaler Bedeutung festlegen und kartografisch darstellen.
Zusammenhängende, größere naturnahe Waldflächen sind in Sachsen nur noch selten zu finden. Solche Flächen bedürfen aufgrund ihrer großen Bedeutung für den Schutz der an Wälder gebundenen natürlichen biologischen Vielfalt, für den Biotopverbund, als Anschauungs- und Studienobjekte für natürliche Waldgesellschaften, als Reproduktions- und Ausbreitungszentren für typische Waldarten, für die naturgebundene Erholung und so weiter eines besonderen Schutzes und einer behutsamen naturnahen Entwicklung. Eine Übersicht der großflächig naturnahen Waldkomplexe Sachsens (vergleiche Karte A 1.5) ist im Zusammenhang mit der Beschreibung der potenziellen natürlichen Vegetation Sachsens entstanden und aus SCHMIDT et al. (2002: 115ff) entnommen. Für die Auswahl der Gebiete waren im Wesentlichen die Kriterien der Waldbiotopkartierung bestimmend, nach welcher die aktuelle, flächenbezogene Baumartenzusammensetzung (entspricht zu mindestens 80 Prozent der potenziellen natürlichen Vegetation) und das Alter der Bestände (mindestens die Hälfte der Umtriebszeit) für die Ermittlung seltener naturnaher Waldgesellschaften herangezogen wurden. Des Weiteren waren Vorgaben des BfN hinsichtlich der Flächengröße von großflächig naturnahen Waldkomplexen zu beachten (in waldreichen Gebieten mindestens 100 ha, in waldarmen Gebieten mindestens 30 ha). Die Landschaftsplanung soll einen Beitrag zur Erhaltung der naturnahen Waldkomplexe leisten, indem diese zum Beispiel als Vorranggebiete Arten- und Biotopschutz gemäß Z 4.1.1.16 und/oder als Vorranggebiete zum Schutz des vorhandenen Waldes gemäß Z 4.2.2.2 vorgeschlagen werden. Dafür sind auch neue Datengrundlagen, die insbesondere mit der Waldbiotopkartierung und der FFH-Managementplanung beziehungsweise dem FFH-Grobmonitoring sowie der Bundeswaldinventur entstehen, angemessen zu berücksichtigen. In den Landschaftsrahmenplänen sollen die in Karte A 1.5 dargestellten landesweit bedeutsamen, großflächig naturnahen Waldkomplexe durch regional bedeutsame naturnahe Waldkomplexe ergänzt werden. Der gegenwärtige Waldanteil Sachsens beträgt 28,4 Prozent. Demgegenüber fällt der Anteil von Beständen der selektiven Biotopkartierung (zweiter Durchgang), die natürliche Waldgesellschaften repräsentieren (23 500 ha), mit 1,3 Prozent der Landesfläche und 4,5 Prozent der Waldfläche, gering aus. Dabei dominieren bodensaure Buchenwälder (38 Prozent), gefolgt von Hainbuchen-Eichenwäldern (23 Prozent), Auen- und Niederungswäldern (13 Prozent), bodensauren Eichenwäldern (8 Prozent), Moor- und Bruchwäldern (7 Prozent), Schluchtwäldern (4 Prozent), mesophilen Buchenwäldern und Kiefernwäldern (je 3 Prozent) sowie Fichtenwäldern (1 Prozent) (Datenbasis: LFUG 2000). Die Anteile der Gruppen von flächigen Waldgesellschaften kommen denen der pnV-Einheiten nahe, Waldtypen schwer bewirtschaftbarer Standorte (Auen, Moore, Schluchtwälder) sind jedoch deutlich stärker vertreten, weil auf diesen Standorten aufgrund ihrer erschwerten oder unrentablen Bewirtschaftbarkeit die Wälder weniger forstlich beeinflusst wurden. Von den oben genannten naturnah erhaltenen Beständen entfällt mehr als die Hälfte (circa 14 360 ha) auf 68 großflächige naturnahe Waldkomplexe (vergleiche Karte A 1.5). Zu den größten gehören die lang gestreckten Hangwälder entlang der Elbe und osterzgebirgischer Flüsse (zusammen circa 3 800 ha), die Sächsische Schweiz (1 575 ha), die Leipziger Auenwälder (1 063 ha) und das Dubringer Moor/Dubrjenske bahno (771 ha). Auch hier wird ersichtlich, dass schwer bewirtschaftbare Standorte überwiegen. In einigen Fällen handelt es sich um größere Vorkommen landschaftsprägender, regionaltypischer Waldgesellschaften wie um Olbernhau mit 515 ha Buchenwäldern oder im Kämmereiforst mit 135 ha Linden-Hainbuchen-Eichenwäldern (SCHMIDT et al. 2002). Karte A 1.5 vermittelt einen Überblick zu geographischer Lage und Größe, aber auch zur Fragmentierung der Bestände. Es ist auffällig, dass trotz des relativ hohen aktuellen Waldanteils in weiten Bereichen des Vogtlandes, der Nordabdachung des Erzgebirges und des Westlausitzer Berg- und Hügellandes großflächige naturnahe Wälder fehlen.
Bergbaufolgelandschaften
FZ 14 (Bezug zu Z 2.1.3.2, Z 4.1.1.6)
Die ökologische Funktionsfähigkeit der Bergbaufolgelandschaften ist wiederherzustellen. Es ist darauf hinzuwirken, dass dafür ein ausreichender Anteil der Bergbaufolgelandschaft in den Braunkohlenrevieren als Fläche für den Naturschutz gesichert wird. Dabei ist zu prüfen, ob ausgewählte Seen ausschließlich naturschutzfachlichen Zielen gewidmet werden können.
Bergbaufolgelandschaften weisen extreme und seltene Standortverhältnisse auf. Charakteristisch sind unter anderem nährstoffarme Rohböden und oligotrophe Gewässer. Auf diese speziellen Verhältnisse angewiesene Tier- und Pflanzenarten treten in den nivellierten und eutrophierten Landschaften sowohl in Sachsen als auch bundesweit außerhalb der ehemaligen Bergbaugebiete zumeist nur als Relikte auf, sofern sie noch nicht ausgestorben sind. Angesichts des Klimawandels, der Zunahme von Extremereignissen und wegen des geringen Vegetationspotenzials mit all seinen für den Naturhaushalt bedeutsamen Wechselwirkungen sind großflächige, vegetationsfreie Rohbodenstandorte auch kritisch zu sehen. Neu entstandene ökologisch bedeutsame und seltene Lebensräume gefährdeter Tier- und Pflanzenarten sollen erhalten bleiben und – wie zum Beispiel Heideflächen – bei Bedarf gepflegt werden. Es sind ausreichende Flächen der natürlichen Entwicklung (Prozessschutz) zu überlassen, damit sich Sukzessionsmosaike von selbst entwickeln können. Sie führen beispielsweise über offene Sandflächen, Sand-Trockenrasen, Ginsterheiden, Gebüsche und Vorwälder zu Laubmischwäldern, einem möglichen Endstadium der Sukzession. Alle Entwicklungsstadien und -phasen weisen jeweils verschiedenartige Standortbedingungen auf und bieten damit unterschiedlichen Arten geeignete Habitate. Durch natürliche Störungen kann die Sukzession immer wieder unterbrochen und zurückgesetzt werden. Ebenfalls bedeutsam und zu sichern sind natürliche Sukzessionsabläufe in einem Teil der Feuchtbiotope und Restseen mit ausgedehnten Flachwasserbereichen, die langfristig zur Entstehung neuer offener Moore und von Moorwäldern führen können. Weiterhin sind möglichst zusammenhängende Flächen zum Schutz sensibler/störungsempfindlicher Arten als Flächen für den Naturschutz zu entwickeln. Ausgewählte naturschutzfachlich geeignete Seen wie zum Beispiel die kleinen Restseen südlich von Bockwitz, vor allem mit Flachwasserzonen, und deren Umfeld sind gänzlich von einer raumgreifenden touristischen Nutzung auszunehmen, sie können durch Aussichts- und Beobachtungspunkte erschlossen werden. Hier sollen vorrangig Ziele zum Schutz von Natur und Landschaft verfolgt werden. Bei der Gestaltung des Seenreliefs sind ausreichend Flachwasserzonen vorzusehen. Dabei ist eine gesetzeskonforme fischereiliche Bewirtschaftung zu berücksichtigen.
Siedlungen
FZ 15 (Bezug zu G 2.2.2.4 und G 2.2.2.5)
In Dörfern und Städten sowie in ihrem Umfeld sollen naturnahe Lebensräume und Grünflächen sowie die im Zuge der Überprägung durch menschliches Wirtschaften entstandene naturschutzfachlich bedeutsame regionaltypische Naturausstattung erhalten und entwickelt werden. Im Rahmen der kommunalen Landschaftsplanung ist daher ein Konzept zu entwickeln, um vorhandene, für Arten und Lebensgemeinschaften und ihre Lebensräume bedeutsame Flächen innerhalb von Siedlungen zu erhalten sowie Potenziale für die Entwicklung neuer naturschutzfachlich bedeutsamer Flächen aufzuzeigen. Eine Vernetzung mit Flächen des lokalen Biotopverbundes ist anzustreben. Diese Flächen sollen bei der Siedlungsentwicklung von den Trägern der Bauleitplanung berücksichtigt und gesichert werden. Darüber hinaus soll im Rahmen der Landschaftsplanung aufgezeigt werden, welche Möglichkeiten Eigentümer privater Flächen und Verwaltungen kommunaler Flächen haben, über die Anlage und Pflege von Flächen und Gebäuden Arten und Biotope zu fördern.
Es ist für die biologische Vielfalt von großer Bedeutung, auch in Städten und Dörfern und deren Umfeld naturnahe Lebensräume und Grünflächen sowie die im Zuge der Überprägung durch menschliches Wirtschaften entstandene naturschutzfachlich bedeutsame regionaltypische Naturausstattung zu erhalten und zu entwickeln. Die verbliebenen naturnahen Biotope erhöhen die Biotop- und Artenvielfalt innerhalb der Siedlungen und können bei entsprechender Qualität, Flächengröße und Ausstattung eine Verbindung zu an die Siedlung angrenzenden Biotopen der umgebenden Landschaft darstellen. Darüber hinaus sind in Siedlungen spezielle Biotope, Lebensräume und Habitate zu finden, die auch als Ersatz für frühere natürliche Habitate oder als Rückzugsräume zum Beispiel für Arten dienen können, die früher ihren Verbreitungsschwerpunkt in der Agrarlandschaft hatten. So haben zum Beispiel wenig verstädterte Dörfer, wenn sie von einer intensiv genutzten Agrarlandschaft umgeben sind, eine hohe Bedeutung für die biologische Vielfalt. Auch die typischen Dorf-Ruderalfluren sind als wichtiger Bestandteil der traditionellen Dorf-Kulturlandschaft zu erhalten, zumal verschiedene Arten (unter anderem Guter Heinrich, Echtes Eisenkraut, Echtes Herzgespann) als Heil- und zum Teil altertümliche Zauberpflanzen eine hohe kulturhistorische beziehungsweise volksmedizinische Bedeutung über Biodiversitätsaspekte hinaus besitzen. In den Dörfern ist es wichtig, einen hohen Anteil an Grün- und Freiflächen sowie des regionaltypischen Gehölzbestandes zu erhalten und die Qualität der Grünflächen stärker darauf auszurichten, dass die biologische Vielfalt erhalten und entwickelt wird. Die Orientierung an der charakteristischen Eigenart der jeweiligen Siedlung steigert zugleich die Attraktivität der Kommunen und die Lebensqualität für die in ihnen lebenden Menschen. In das Konzept sind die Potenziale von Brachflächen einzubeziehen (vergleiche Kapitel 2.3), sei es durch Renaturierung, durch Eigenentwicklung (ungelenkte Sukzession) oder durch Verknüpfung von Nutzungen wie Erholung oder Kleingartenanlagen mit naturschutzfachlichen Aspekten. Dabei ist vor der Durchführung von Renaturierungsmaßnahmen immer sorgfältig zu prüfen, ob die Fläche aufgrund der Ausstattung und des Entwicklungspotenzials nicht besser für die Eigenentwicklung geeignet ist. Es ist aufzuzeigen, wie Aspekte des Arten- und Biotopschutzes in Anlage, Pflege und Nutzung innerörtlicher Freiraumanlagen einzubeziehen sind. Maßnahmen können sein:
Erhalt der für den jeweiligen Siedlungstyp charakteristischen Freiraumstruktur (zum Beispiel möglichst als Grünland ausgeprägte oder zum Teil gehölzbestandene Bachauen in Waldhufendörfern, keine bauliche Nachverdichtung in den Bachauen, große Wiesen oder Weiden zwischen den Gehöften von Waldhufendörfern, Erhalt oder Wiederherstellung nicht oder gering versiegelter Dorfanger),
Renaturierung von Brachen und Entwickeln von naturnahen Biotopen (zum Beispiel Bachauen, Waldränder, Hecken),
Sanierung von Gewässern (Quellen, Fließ- und Standgewässern) in naturnaher Weise,
Eigenentwicklung von Brachen oder anderer geeigneter Flächen,
Integration von Aspekten des Arten- und Biotopschutzes in die Anlage und Pflege öffentlicher Grünflächen, die auch oder primär der Erholung dienen (zum Beispiel Integration von Bereichen, die der Eigenentwicklung überlassen werden, möglichst geringer Versiegelungsgrad, Langgraswiesen, Erhalt von Höhlenbäumen, zum Beispiel für Vögel, Fledermäuse und Insekten),
Erhalt beziehungsweise Wieder-/Neupflanzung von regionstypischen Straßenbäumen (zum Beispiel die Vogelbeere im Erzgebirge),
Verwendung eines Anteils heimischer und insbesondere gebietsheimischer Pflanzen auch in Siedlungsbereichen (insbesondere in Dörfern und im Randbereich von Städten),
Berücksichtigung der Ansprüche von Gebäude bewohnenden Tierarten bei Neubau und Sanierung von Gebäuden (zum Beispiel Vögel, Fledermäuse, Kleinsäuger),
Ersatz der im Rahmen von Rückbau und energetischer Gebäudesanierung verloren gehenden Habitate durch Schaffung geeigneter Ersatzwohnstätten für Gebäude bewohnende Arten,
Bau von Befestigungs- beziehungsweise Stützmauern vorwiegend in naturnaher Bauweise mit orts-/regionstypischen Natursteinen.
Erneuerbare Energien
FZ 16 (Bezug zu Z 5.1.1, Z 5.1.3 und G 5.1.5)
Für die Festlegung von Vorrang- und Eignungsgebieten für Windenergieanlagen sind durch die Landschaftsrahmenplanung Belange des Artenschutzes, insbesondere des Vogel- und Fledermausschutzes, einzubringen. Dafür sind ausreichende Abstände zu regional und überregional bedeutsamen Zugkorridoren zu formulieren. Gleiches gilt für Vorkommen ausgewählter gefährdeter sowie besonders geschützter und streng geschützter Tierarten, die von Windenergieanlagen erheblich beeinträchtigt werden können.
Windenergieanlagen können insbesondere den Erfordernissen des Vogel- und Fledermausschutzes entgegenstehen. Aus Sicht des Artenschutzes existieren Standorte, an denen eine Windenergienutzung aus artenschutzrechtlichen Gründen nicht genehmigungsfähig ist. Gründe hierfür liegen in dem standortspezifischen hohen Kollisionsrisiko und dem eintretenden Lebensraumverlust. Einen besonderen Stellenwert besitzt das Kollisionsrisiko für geschützte Arten, da betriebsbedingte tödliche Kollisionen wesentlich stärkere Auswirkungen auf Populationen haben können als anlagenbedingte Habitatverluste und Störungen. Zur Konfliktminderung gegenüber Fledermäusen kommen zusätzlich fledermausfreundliche Betriebs-/Abschaltalgorithmen im Sinne von BRINKMANN et al. (2011) in Frage. Belange des Landschaftsschutzes sind in Kapitel 2.1.2.1 dargestellt.
FZ 17 (Bezug zu Z 5.1.1, Z 5.1.7) Beim Anbau von Biomasse (vor allem für Biogasanlagen) ist eine regionale Konzentration von wenigen Energiepflanzenarten in der Landschaft zu vermeiden. Bei der Anlage von Kurzumtriebsplantagen und anderen Biomasse-Dauerkulturen sollen Synergien mit dem Natur-, Boden- und Gewässerschutz möglichst genutzt und Risiken für die Schutzgüter vermieden werden.
Im Zuge von Genehmigungsverfahren für Biomasseanlagen wird in der Regel nicht geprüft, welche Auswirkungen der Anbau der Biomasse auf die Umwelt hat. Der umweltverträgliche Anbau beziehungsweise die umweltverträgliche Bereitstellung der Biomasse sollte aus naturschutzfachlicher Sicht trotzdem stärker beachtet werden. Es soll ein nachhaltiger Anbau der Biomasse zur energetischen Verwertung gewährleistet werden. Konzentrationen von wenigen Pflanzenarten in der Landschaft für die Versorgung von Anlagen zur energetischen Verwertung von Biomasse, insbesondere von Mais, sind zu vermeiden, weil sie erhebliche negative Effekte auf die Biodiversität, den Boden, die Gewässer und das Landschaftsbild haben können. Auch wenn in Sachsen durch die bisher relativ gleichmäßige Verteilung vorwiegend kleinerer und mittlerer Biogasanlagen, häufig mit Anschluss an Landwirtschaftsbetriebe mit Tierhaltung (Nutzung der Gülle), Konzentrationen von Mais in der Landschaft beziehungsweise eine Zunahme des Maisanbaus noch nicht landesweit zum Problem geworden sind, so gibt es diese negativen Folgen doch schon in weiten Teilen Deutschlands. Diese Auswirkungen sollen vorsorgend im Freistaat Sachsen vermieden werden. Die Anlage von Kurzumtriebsplantagen (KUP) auf Ackerstandorten kann vielfältige Synergien haben, in bestimmten Fällen aber auch den Natur- und Bodenschutz gefährden. Das LfULG hat in dem Forschungsverbund „Untersuchung von Umweltaspekten beim Anbau Nachwachsender Rohstoffe/Biomasse“ (Laufzeit von 2006 bis 2011) Empfehlungen für einen umweltgerechten Anbau von Biomasse mit Fokus auf KUP und andere Biomasse-Dauerkulturen, aber auch unter Berücksichtigung einjähriger Biomassekulturen, erarbeiten lassen (vergleiche Schriftenreihe des LfULG, Heft 43/2011, FELDWISCH 2011, https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/15109). Synergien von KUP und anderen Biomasse-Dauerkulturen zum Bodenschutz können sich beispielsweise auf besonders erosionsgefährdeten Standorten oder auf mit Schadstoffen belasteten Böden ergeben, Synergien zum Naturschutz zum Beispiel in der strukturierungsbedürftigen Agrarflur oder zur Abpufferung von bestimmten Schutzgütern gegenüber Stoffeinträgen. Fachliche Grundlagen und landesweite Übersichtskarten für Vorzugs- und Vorsorgeflächen aus Sicht des Boden- und Naturschutzes hat das LfULG erarbeitet (http://www.landwirtschaft.sachsen.de/landwirtschaft/23416.htm).
FZ 18 (Bezug zu Z 5.1.1, Z 5.1.9) Strommasten und Leitungsstränge für Hochspannungsleitungen sind so zu gestalten, dass Stromschlag und Anflugverluste bei Großvögeln weitestgehend ausgeschlossen werden. In besonders sensiblen Landschafts- und Siedlungsbereichen soll die Erdverkabelung geprüft werden.
Energiefreileitungen können zu zahlreichen Todesfällen bei Vögeln führen. Sie gefährden Vögel auf zweierlei Weise: Einerseits kommt es zur Kollision der Vögel mit den Leitungssträngen vornehmlich von Hochspannungsleitungen, andererseits werden Vögel Opfer von Stromschlägen, wenn sie bei der Berührung von spannungsführenden Teilen (relevant hauptsächlich bei Mittelspannungsleitungen) Erd- oder Kurzschlüsse verursachen. Betroffen sind in erster Linie Großvögel, wie Störche, Greifvögel, Eulen, und Zugvögel. Durch Verkabelung von Hochspannungsleitungen wird das Landschaftsbild geschont. Bei den sensiblen Landschaftsbereichen handelt es sich um Gebiete, welche unter dem Aspekt des Schutzes des Landschaftsbildes festgelegt werden (vergleiche Z 4.1.1.12) oder die kulturhistorische Raumstrukturen in besonderer Weise bewahrt haben, oder um bedeutende Zug-, Rast- oder Brutflächen von Vögeln. Bei den sensiblen Siedlungsbereichen handelt es sich um regional bedeutsame Bereiche des baulichen Denkmalschutzes (Umgebungsgebiete nach § 2 Abs. 3 Nr. 1
SächsDSchG
) sowie um Gebiete mit herausragender Beziehung von und zu einem sichtexponierten historischen Kulturdenkmal. Bei anstehenden Entscheidungen im Hinblick auf Neubau und Ersatzmaßnahmen in sensiblen Landschafts- und Siedlungsbereichen ist die Verlegung als Erdkabel in Betracht zu ziehen, sofern die Beeinträchtigungen, die durch den Eingriff verursacht werden, nicht größer sind als der Nutzen und sofern es unter technischen, wirtschaftlichen, ökologischen und rechtlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt erscheint. Die Erdverkabelung ist daher für den Höchstspannungsbereich in der Regel nicht geeignet.
Militärische Nutzung
FZ 19 (Bezug zu Z 6.5.4) Nach Ende der militärischen Flächennutzung soll ein ausreichender Flächenanteil für den Naturschutz gesichert und entsprechend den Naturschutzzielen entwickelt werden.
Militärisch genutzte Flächen haben häufig wegen ihrer Großflächigkeit, Unzerschnittenheit, teilweisen Störungsarmut, Nährstoffarmut und der Entstehung von Rohböden durch spezifische Störungen der Bodendecke eine hohe Bedeutung für die natürliche biologische Vielfalt. Sie bieten einer Vielzahl von Arten, die in der Normallandschaft keine oder sehr beschränkte Überlebensmöglichkeiten haben, geeignete Habitate. Die für den Naturschutz wertvollen Bereiche wie Magerrasen, Heiden, Sukzessionsflächen, Stillgewässer, Habitate gefährdeter Arten sollen auch nach einer Aufgabe der militärischen Nutzung für Naturschutzzwecke erhalten bleiben. Dazu bedarf es teilweise besonderer Pflegemaßnahmen zur Offenhaltung der Flächen.
Flächenpools
FZ 20 Im Zuge der Landschaftsrahmenplanung und der kommunalen Landschaftsplanung sind auf der Grundlage von Flächenpoolkonzeptionen Gebiete festzulegen, in denen unvermeidbare Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes oder des Landschaftsbildes, insbesondere bei Eingriffen von überörtlicher Bedeutung, an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs ausgeglichen oder ersetzt werden können.
Flächenpools bieten die Möglichkeit, künftig erforderliche Kompensationsmaßnahmen und Ausgleichszahlungen in ein sinnvolles Gesamtkonzept zur Entwicklung von Natur und Landschaft einzubetten, die Flächenverfügbarkeit rechtzeitig zu klären und geeignete Flächen zur Verfügung stellen zu können. In Verbindung mit einem Ökokonto können auch weniger umfangreiche Eingriffe zu größeren Kompensationsmaßnahmen beitragen und Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen frühzeitig beziehungsweise schon im Vorgriff realisiert werden. Für Flächenpoolkonzeptionen bieten sich insbesondere Flächen an, die für folgende Maßnahmen geeignet sind:
Sicherung der Kohärenz des Biotopverbundes,
Wiederherstellung von Eigenschaften, Funktionen und Eigenart der Landschaft (zum Beispiel durch Renaturierung von baulichen Brachen),
Schaffung von Extensiväckern mit Arten oder Gesellschaften vom Aussterben bedrohter Segetalarten und Tierarten,
Schaffung von Wegrainen von mindestens 3 Metern Breite entlang ländlicher Wege,
Schaffung von Abstandsflächen entlang von Gewässern, die aus der ackerbaulichen Nutzung genommen werden,
Schaffung von Streifen entlang von Gewässern, die deren eigendynamische Entwicklung ermöglichen sollen,
Entwicklung von FFH-Lebensraumtypen,
Renaturierung entwässerter oder teilabgetorfter Moore.
Erläuterungen (Bezug zu Z 4.1.1.6 und Z 4.1.1.16)
Nachfolgend werden ausgewählte, in der Begründung zu Z 4.1.1.16 und Z 4.1.1.6 im Festlegungsteil genannte Gebiete (mögliche Gebiete für die Festlegung von Vorrang-/Vorbehaltsgebieten Arten- und Biotopschutz und Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen) näher erläutert.
Schwerpunktgebiete der Verbreitung gefährdeter Tier- und Pflanzenarten in Sachsen (Hot-Spots):
Die Karten A 1.3 und A 1.4 informieren auf der Basis von TK10-Rastern in abgestuftem Maße über die Verbreitung naturschutzfachlich wertvoller Arten. Rastereinheiten, die den artenreichsten Klassen angehören, repräsentieren Verbreitungsschwerpunkte gefährdeter Tier- und Pflanzenarten. Sie dienen als Indikatoren für die Verteilung von Hot-Spots der Artenvielfalt in Sachsen. Auf die räumliche Verteilung von Gefährdungen und spezifischen Schutzerfordernissen einzelner Arten kann jedoch aus den vorliegenden Karten nicht geschlossen werden. Für die Darstellung wurden Organismengruppen ausgewählt, für die ab 1990 sachsenweit Daten auf TK10-Basis vorliegen. Von den Tieren sind das die Wirbeltiere (Fische, Lurche, Kriechtiere, Brutvögel, Säugetiere), Libellen und Heuschrecken und von den Pflanzen die Farn- und Samenpflanzen sowie Moose. Die Daten wurden in landesweiten Kartierungsprojekten erhoben. Die Analyse beschränkte sich auf die gefährdeten Arten (Rote Listen Sachsen, Kategorien 1, 2, 3, R, G), weil für diese eine homogenere Datenbasis vorliegt und es sich in der Regel um Arten mit speziellen ökologischen Ansprüchen handelt. Ubiquitäre Arten mit weniger spezialisierten Anforderungen und häufige Arten mit zahlreichen Differenzen im Erfassungsgrad, die zu einer Abschwächung der Aussage geführt hätten, wurden somit nicht betrachtet. Aus der Zentralen Artdatenbank beim LfULG wurde für die betrachteten Organismengruppen die Zahl der nachgewiesenen gefährdeten Arten pro TK10-Raster ermittelt. Nach gruppenweisen Vorbetrachtungen wurden die Werte für die jeweiligen Tier- und Pflanzengruppen aggregiert. Da die mobilen Tiere gegenüber den Pflanzen häufig komplexere Lebensansprüche (zum Beispiel Habitatwechsel im Entwicklungsablauf) besitzen, wurden die Daten für Tiere und Pflanzen aus Gründen der Transparenz nicht weiter zusammengefasst. Die Klassenbildung, wie in den Karten A 1.3 und A 1.4 dargestellt, erfolgte einheitlich nach Mengenanteilen der betrachteten TK10-Raster. Die insgesamt 645 Raster wurden dazu nach der jeweils ermittelten Artenzahl absteigend sortiert. Die Klasse A umfasst die obersten 5 Prozent der Raster mit der höchsten Artenzahl, die Klassen B beziehungsweise C jeweils die nachfolgenden 10 Prozent beziehungsweise 35 Prozent der Raster. Von den Klassen A bis C werden somit 50 Prozent der Raster in Sachsen belegt.
Bereiche der Landschaft von besonders hoher Naturnähe:
Unter Bereichen der Landschaft von besonders hoher Naturnähe sollen hier Flächen verstanden werden, deren Vegetation von einer relativ geringen menschlichen Einflussnahme geprägt ist. Hier treten natürliche Prozesse zunehmend in den Vordergrund. So können auch mittlerweile selten gewordene Arten auftreten, die geringere Bewirtschaftungsintensitäten benötigen. Um Bereiche der Landschaft von besonders hoher Naturnähe zu bestimmen, sind unter anderem die großflächig naturnahen Waldkomplexe heranzuziehen, die in Karte A 1.5 dargestellt sind. Als weitere Grundlage kann die Hemerobie (vergleiche Karte Hemerobie, http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/26261.htm) verwendet werden. Es wird empfohlen, die Stufen oligohemerob und für Gewässer, Moore/Sümpfe, Grünland, Magerrasen/Felsfluren/Zwergstrauchheiden zusätzlich die Stufe mesohemerob einzubeziehen.
2.2.2.2
Biotopverbund
FZ 21 (Bezug zu G 4.1.1.15 und Z 4.1.1.16)
Die landesweite Biotopverbundplanung ist im Zuge der Landschaftsrahmenplanung und der kommunalen Landschaftsplanung auf der Grundlage der aktuellen Fachkonzepte der Naturschutzbehörden zu konkretisieren. Auf der Basis der Gebietskulisse (Karte 7 im Festlegungsteil) und den vom LfULG ermittelten Flächen mit landesweiter Bedeutung für den Biotopverbund sind entsprechend den in der Begründung genannten fachlichen Kriterien und aktuellen Empfehlungen des LfULG weitere für den Biotopverbund erforderliche Flächen zu identifizieren und kartografisch darzustellen. Hierbei sind die Kohärenzansprüche von Natura 2000 zu beachten. Es ist zu prüfen, ob für die Umsetzung des Biotopverbundes auf regionaler Ebene geeignete Instrumente vorliegen, wie diese gegebenenfalls anzupassen wären und ob gegebenenfalls neue Instrumente zu entwickeln sind.
Der Biotopverbund soll nach § 21
BNatSchG
der dauerhaften Sicherung der Populationen wild lebender Tiere und Pflanzen einschließlich ihrer Lebensstätten, Biotope und Lebensgemeinschaften sowie der Bewahrung, Wiederherstellung und Entwicklung funktionsfähiger ökologischer Wechselbeziehungen dienen. Außerdem soll er zur Verbesserung des Zusammenhanges des Netzes Natura 2000 beitragen. Oberirdische Gewässer einschließlich ihrer Randstreifen, Uferzonen und Auen sind als wichtige Bestandteile des Biotopverbundes so zu erhalten und weiterzuentwickeln, dass sie ihre Habitatfunktion für natürlich vorkommende Tier- und Pflanzenarten und ihre Vernetzungsfunktion auf Dauer erfüllen können. Auf regionaler Ebene sind insbesondere in landwirtschaftlich geprägten Landschaften zur Vernetzung von Biotopen erforderliche lineare und punktförmige Elemente, insbesondere Hecken und Feldraine sowie Trittsteinbiotope, zu erhalten und, wo sie nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen (Biotopvernetzung).
Der landesweite Biotopverbund soll eine weitere Beeinträchtigung und Isolierung von Lebensräumen verhindern, durch Sicherung oder Schaffung geeigneter Strukturen die Ausbreitung der heimischen Arten fördern und ihnen die Besiedelung oder Wiederbesiedelung geeigneter Lebensräume ermöglichen. Dies ist auch eine wichtige Anpassungsmaßnahme zur Erhaltung der natürlichen biologischen Vielfalt unter den Bedingungen des Klimawandels. Dazu ist ein Netz verbundener Biotope (Biotopverbund) zu schaffen, das mindestens 10 Prozent der Landesfläche umfassen soll (§ 20 Abs. 1
BNatSchG
). Im Rahmen dieses Biotopverbundes gilt es, Kerngebiete der biologischen Vielfalt durch Verbindungsflächen und Verbindungselemente zu einem landesweiten zusammenhängenden System zu vernetzen. Damit entspricht dies auch der allgemein gehaltenen Kohärenzanforderung der FFH-Richtlinie (Artikel 3 RL 92/43/EWG). Die Grundsätze dazu wurden bereits mit der Erstellung der „Fachlichen Arbeitsgrundlagen für einen landesweiten Biotopverbund“ (STEFFENS et al. 2007) entwickelt. Ausgehend von den gesetzlichen Vorgaben hat das LfULG in diesen fachlichen Arbeitsgrundlagen Gebiete mit landesweiter beziehungsweise überregionaler Bedeutung für den Biotopverbund als sachlich-räumliche Schwerpunkte des Biotopverbundes ermittelt.
Bei der Auswahl von Flächen für den Biotopverbund in Sachsen soll vorrangig auf geeignete Flächen zurückgegriffen werden, die bereits rechtlich gesichert sind. Das sind unter anderem Flächen im Nationalpark Sächsische Schweiz, im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft/Hornjołužiska hola a haty, in Naturschutzgebieten und Naturparken sowie in den Schutzgebieten des europäischen ökologischen Netzes Natura 2000. Insbesondere auf regionaler Ebene können auch Flächennaturdenkmale und die nach § 30
BNatSchG
oder § 21
SächsNatSchG
besonders geschützten Biotope wichtige Bestandteile des Biotopverbundsystems sein. Darüber hinaus kann es notwendig sein, weitere Flächen einzubeziehen, die aufgrund ihrer Habitat- oder Vernetzungsfunktion und/oder Lage im Raum für die ökologische Funktionsfähigkeit des Biotopverbundes erforderlich sind. Der Bund-Länder-Arbeitskreis „Länderübergreifender Biotopverbund legte im Jahr 2004 „Empfehlungen zur Umsetzung des Biotopverbundes (BURKHARDT et al. 2004) vor, die auch Grundlage für die Biotopverbundkonzeption in Sachsen sind. Danach sind bei der Auswahl von geeigneten Kern-, Verbindungs- und Entwicklungsflächen für den Biotopverbund folgende Kriterien zu berücksichtigen:
Qualität der Gebiete (Flächengröße, Ausprägung, Vollständigkeit von Biotopkomplexen, Unzerschnittenheit),
Lage im Raum (zum Beispiel Bestandteil von Verbundachsen des Biotopverbundes),
Vorkommen von Zielarten für den Biotopverbund,
Entwicklungsfähigkeit/-potenzial,
Repräsentanz mit Bezug auf den Naturraum.
Als Kernflächen sind Flächen zu verstehen, „die aufgrund ihrer aktuellen biotischen und abiotischen Ausstattung geeignet sind, die nachhaltige Sicherung von (Teil)Populationen oder Individuen standort- und naturraumtypischer Arten und ihrer Lebensräume zu gewährleisten und die selbst Ausgangsbereiche für Wiederbesiedlungsprozesse sein können“ (BURKHARDT et al. 2004). Sie sind somit zentrale Elemente des Biotopverbundes, die durch Korridore und Trittsteine (Verbindungsflächen und -elemente) verbunden werden, womit letztlich ein landesweites funktionales Netzwerk entstehen kann. Darüber hinaus wurden Kern- und Verbindungsbereiche an Hand der 2010 erstellten Liste der Arten mit bundesweiter Bedeutung für den Biotopverbund (BURKHARDT et al. 2010) ergänzt. Auf der Basis der dort vorgegebenen Kriterien hat das LfULG eine Landeszielartenliste erarbeitet, in der alle Zielarten mit bundes- und landesweiter Bedeutung für den Biotopverbund enthalten sind. Für diese Zielarten wurden Habitatflächen von nationaler und landesweiter beziehungsweise überregionaler Bedeutung sowie in Einzelfällen auch Habitatentwicklungsflächen identifiziert. Zur regionalen Untersetzung des Biotopverbundes in den Regionalplänen können weitere Zielarten mit regionaler Bedeutung für den Biotopverbund berücksichtigt werden. Das LfULG stellt außerdem Empfehlungen für die Auswahl von Zielarten und Flächen mit regionaler Bedeutung für den Biotopverbund zur Verfügung und gibt einzelne konkrete Hinweise zu regional bedeutsamen Zielarten sowie Kern- und Verbindungsflächen. Vom LfULG sind alle Flächen mit nationaler und landesweiter beziehungsweise überregionaler Bedeutung für den Biotopverbund ermittelt und im Fachbeitrag zum Landschaftsprogramm dargestellt (http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22460.htm). Diese Flächen sind unverzichtbar für die Funktionsfähigkeit des landesweiten Biotopverbundes. Außerdem erarbeitet das LfULG Empfehlungen für die Identifikation von Flächen mit regionaler Bedeutung für den Biotopverbund. Auf dieser Grundlage sind im Rahmen der Arbeiten für die Landschaftsrahmenplanung in Zusammenarbeit mit den unteren Naturschutzbehörden weitere geeignete Verbindungs- und Entwicklungsflächen für den Biotopverbund zu ermitteln, die für die Funktionsfähigkeit des Biotopverbundsystems erforderlich sind. Vorliegende regionale Biotopverbundplanungen sind dabei zu berücksichtigen.
Die Kernflächen, Verbindungsflächen und Verbindungselemente sowie Entwicklungsflächen für den Biotopverbund sind in den Landschaftsrahmenplänen kartografisch differenziert darzustellen und können bei Eignung durch die Regionalplanung als Vorrang- beziehungsweise Vorbehaltsgebiete Arten- und Biotopschutz gesichert und als Biotopverbund gekennzeichnet werden (vergleiche Z 4.1.1.16). Insbesondere alle Flächen, die nicht durch Erklärung zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2
BNatSchG
einem ausreichenden rechtlichen Schutz unterliegen, sind in die Abwägung für die Festlegung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Arten- und Biotopschutz einzubringen. Weitere planungsrechtliche Sicherungen können zum Beispiel im Rahmen der Flächennutzungsplanung (vor allem als Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft) erfolgen. Biotopverbundkonzepte sind in Flurneuordnungsverfahren zu berücksichtigen. Flächen, die mit entsprechenden Maßnahmen belegt sind, können in Flächenpools aufgenommen und bei Ökokonten berücksichtigt werden. Weiterhin bieten sich Flächenkauf oder Flächentausch für eine konkrete Realisierung des Biotopverbundes an.
Für ein funktionsfähiges Biotopverbundsystem sind neben der ausreichenden Verfügbarkeit und rechtlichen beziehungsweise raumordnerischen Sicherung von geeigneten Flächen vor allem eine naturschutzgerechte Nutzung dieser Flächen sowie die rechtzeitige Realisierung von notwendigen Pflege-, Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen erforderlich. Ohne die erforderlichen Maßnahmen können aktuell bestehende Biotopverbundstrukturen nicht erhalten beziehungsweise zu entwickelnde Strukturen nicht realisiert werden. Als praktische Maßnahmen zur Umsetzung des Biotopverbundes kommen insbesondere angepasste Verfahren der land-, forst- und wasserwirtschaftlichen Nutzung sowie Maßnahmen der Landschaftspflege in Frage. Bei der Bereitstellung geeigneter Flächen sowie bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Biotopverbund in Sachsen soll der Eigeninitiative, der Freiwilligkeit der Akteure und der partnerschaftlichen Kommunikation zwischen ihnen eine hohe Bedeutung zukommen. Die Bereitstellung von geeigneten Biotopverbund- oder Tauschflächen für zu entwickelnde oder zu erhaltende, für die Vernetzung benötigte Biotopverbundflächen liegt in erheblichem Maße auch in der Verantwortung der staatlichen Verwaltung (SIB, SBS, LTV). Die Bewirtschaftung von Biotopverbundflächen in öffentlicher Hand sollte in Hinblick auf den Biotopverbund vorbildlich erfolgen. Zukünftig wird auch die Umsetzung von Maßnahmen aus den Managementplänen für die FFH- und Vogelschutzgebiete ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung und Verbesserung der Qualität und Kohärenz von Lebensräumen und damit auch zur Umsetzung des Biotopverbundes in Sachsen sein. Durch die gezielte Lenkung von Fördermitteln und Kompensationsmaßnahmen (zum Beispiel im Rahmen der Ökokontoregelung) soll zukünftig noch in stärkerem Maße die Funktionsfähigkeit des Biotopverbundes verbessert werden. Die Landschaftsrahmenplanung soll dazu einen Beitrag leisten, indem sie die Gebiete mit Maßnahmenbedarf für den Biotopverbund darstellt und die Maßnahmen beschreibt. Bei der Konkretisierung von Verbindungs- und Entwicklungsachsen sind zum Beispiel durch die Festlegung von regionalen Grünzügen und Grünzäsuren in den für den Biotopverbund bedeutsamen Bereichen, beispielsweise auch zwischen FFH-Gebieten zu deren Verbindung, Korridore frei zu halten. Beim Bau von Verkehrstrassen und Bauwerken an Gewässern müssen die Beeinträchtigungen für den Biotopverbund durch verschiedene Maßnahmen so abgemildert werden, dass die Funktionsfähigkeit des Biotopverbundsystems nicht gefährdet wird. Das LfULG erarbeitet ein Konzept zur Erhaltung und Wiederherstellung bedeutender Wildtierkorridore als wichtiger Bestandteil des Biotopverbundsystems in Sachsen. Dabei werden die im Festlegungsteil (Z 4.1.1.16 und Karte 8) dargestellten Wildtierlebensräume und Verbindungsflächen weiter präzisiert und unter Berücksichtigung weiterer Zielarten ergänzt. Im Rahmen dieses Konzeptes sollen auch erforderliche Maßnahmen zur Wiedervernetzung ökologischer Systeme an Bundesfernstraßen aufgezeigt werden. Die Darstellung der Wildtierkorridore sowie der erforderlichen Maßnahmen zur Wiedervernetzung an Bundesfernstraßen erfolgt im Fachbeitrag zum Landschaftsprogramm. Bedeutende Wildtierkorridore sind in der Landschaftsrahmenplanung darzustellen und sollten in dem erforderlichen Umfang planungsrechtlich gesichert werden. Weitere notwendige Maßnahmen an Verkehrstrassen und Fließgewässern zur Verbesserung des regionalen Biotopverbundes und zur Überwindung von Barrieren für wandernde Tierarten sind von der Landschaftsrahmenplanung darzustellen.
2.2.2.3
Natura 2000
Erläuterung
Raumbedeutsame Planungen, wie zum Beispiel Renaturierungsvorschläge in für die Regionalplanung relevantem Maßstab, und im Rahmen der Landschaftsplanung relevante Erhaltungs- und Entwicklungsziele der Managementpläne für FFH- und SPA-Gebiete sowie fachliche Aktualisierungen und aktuelle Informationen sind bei Festlegungen der Regionalpläne erheblich. Die Landschaftsrahmenplanung unterstützt durch geeignete Festlegungen die Umsetzung solcher Planungen und Ziele. Ziele und raumbedeutsame Maßnahmenansätze der FFH- und SPA-Managementplanung werden im Rahmen der Landschaftsplanung dem Maßstab entsprechend beachtet, Maßnahmen für Entwicklungsflächen sind hierbei eingeschlossen. Ihre Umsetzung wird insbesondere auf landeseigenen Flächen befördert; dem Freistaat und seinen Behörden kommt hier eine Vorbildfunktion zu.
2.2.2.4
Schutzgebiete
FZ 22 (Bezug zu Z 4.1.1.16) Das bestehende Schutzgebietssystem ist in seiner Repräsentativität und Wirksamkeit weiterzuentwickeln. Die Landschaftsrahmenpläne sollen nach fachlichen Prioritäten differenzierte Vorschläge enthalten, die sich an den aus landesweiter Sicht erforderlichen Ergänzungen des bestehenden Schutzgebietssystems orientieren.
Ein modernes Schutzgebietssystem setzt sich aus Schutzgebieten unterschiedlicher Kategorien in den einzelnen Naturräumen in guter Ausprägung und in hinreichend ausgewogener Anzahl, Fläche und räumlicher Verteilung – möglichst mit vorteilhaften Wechselwirkungen – zusammen. Ein repräsentatives System von Naturschutzgebieten hat hohe Bedeutung für den Schutz der biologischen Vielfalt, für die Umsetzung von Natura 2000 sowie für die Sicherung von Kernflächen für den landesweiten Biotopverbund. Flächen, deren Zustand bereits dem jeweiligen Schutzzweck entspricht, werden erhalten, die anderen im Sinne der Schutzziele entwickelt. Für bestimmte Pflanzen- und Tierarten, bestimmte Gesellschaften des trockenen und nassen Grünlandes, der Niedermoore, der Trockengebüsche und -säume sowie für bestimmte Fließgewässertypen sind unterstützende Maßnahmen angezeigt. In diesem Sinne sind die Möglichkeiten einer verbesserten Pflege (zum Beispiel Vertragsnaturschutz) und im Bedarfsfall auch die Unterschutzstellung einzelner neuer Flächen zu prüfen. Von landesweit besonderem Interesse sind dabei das Gimmlitztal oberhalb der Talsperre Lichtenberg unter Berücksichtigung der wasserwirtschaftlichen Funktion des Vorbeckens, die Elstersteilhänge unterhalb Plauen, die Neißeaue unterhalb Görlitz, der Dresdner Heller, die Weinske und Alte Elbe Elsnig, die Scheibenberger Heide, Hohwald und Valtenberg, das Bobritzschtal unterhalb Naundorf, die Meuschaer Höhe sowie auszuwählende Flächen in den Bergbaufolgelandschaften.
FZ 23 Veraltete Schutzgebietsbeschlüsse werden schrittweise überarbeitet. Dafür sollen vorhandene Schutzvorschriften auf ihre Aktualität und Vollziehbarkeit überprüft werden. Es wird empfohlen, eine Rangfolge zu bilden, welche Schutzvorschriften zuerst angepasst oder novelliert werden.
Zur Sicherung der für den Erhalt der natürlichen biologischen Vielfalt und für die Erholung wichtigen naturschutzrechtlich festgesetzten Schutzgebiete bedarf es verständlicher und effektiv anzuwendender Regeln. Erhöhter Handlungsbedarf besteht insbesondere für übergeleitete Alt-Schutzgebiete mit Rechtsgrundlagen von vor 1991 und zur Anpassung an die FFH-Erhaltungsziele.
Erläuterung (Bezug zu Z 4.1.1.10)
Zur weiteren Gebietsentwicklung des Naturschutzgebietes „Königsbrücker Heide“ ist die auf das Hauptziel Prozessschutz ausgerichtete Fachplanung umzusetzen (Naturentwicklungszone) und die weiteren Schutzfunktionen der umgebenden Zonen (Zone der gelenkten Sukzession, Pflegezone) sind zu verbessern. Die Gebietsentwicklung ist durch ein langfristiges Monitoring zu dokumentieren.
2.3
Boden
2.3.1
Einführung
Der Erhalt der Böden mit ihren natürlichen Bodenfunktionen ist insbesondere im Bodenschutzrecht (
Bundes-Bodenschutzgesetz
,
Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung
[
BBodSchV
] vom 12. Juli 1999 [BGBl. I S. 1554], zuletzt geändert durch Artikel 5 Abs. 31 des Gesetzes vom 24. Februar 2012 [BGBl. I S. 212, 262],
Sächsisches Abfallwirtschafts- und Bodenschutzgesetz [SächsABG]
in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 1999 [SächsGVBl. S. 261], zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 6. Juni 2013 [SächsGVBl. S. 451, 469]) und im Naturschutzrecht (
Bundesnaturschutzgesetz
, Sächsisches Naturschutzgesetz) verankert. Darüber hinaus beinhalten eine Vielzahl weiterer Gesetzgebungen Teilaspekte zum Bodenschutz (zum Beispiel
Klärschlammverordnung
[
AbfKlärV
] vom 15. April 1992 [BGBl. I S. 912], zuletzt geändert durch Artikel 5 Abs. 12 des Gesetzes vom 24. Februar 2012 [BGBl. I S. 212, 249],
Baugesetzbuch
,
Bundesberggesetz
[
BBergG
] vom 13. August 1980 [BGBl. I S. 1310], zuletzt geändert durch Artikel 15a des Gesetzes vom 31. Juli 2009 [BGBl. I S. 2585, 2619], Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge [
Bundes-Immissionsschutzgesetz
BImSchG
] in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 [BGBl. I S. 1274], zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Juli 2013 [BGBl. I S. 1943]). Neben den gesetzlichen Regelungen werden durch Fördermaßnahmen vor allem im landwirtschaftlichen Bereich (Agrarumweltmaßnahmen) Anliegen des Bodenschutzes unterstützt.
Im Rahmen der Regional- und Landschaftsplanung sind, neben den im Gliederungspunkt III des Landesentwicklungsplanes aufgeführten Zielen und Grundsätzen der Raumordnung, die folgenden Aspekte zum Schutz des Bodens maßgeblich.
2.3.2
Fachliche Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen
2.3.2.1
Böden mit besonderer Funktionalität
Erläuterung (Bezug zu Z 4.1.3.3)
Für die Abgrenzung und kartografische Darstellung der Böden mit besonderer Funktionalität – gemäß Kapitel 4.1.3 zum Bodenschutz im Festlegungsteil – stehen im LfULG Karten der bodenkundlichen Landesaufnahme im Maßstab von 1 : 50 000 (BK50), das Sächsische Bodenbewertungsinstrument sowie Auswertungskarten mit fachlichen Informationen zum Schutz des Bodens zur Verfügung (vergleiche http://www.boden.sachsen.de/ bodenfunktionen).
2.3.2.2
Flächenverbrauch, Bodenversiegelung
Erläuterung (Bezug zu G 2.2.1.1, Z 2.2.1.3, Z 2.2.1.5, Z 2.2.1.6, Z 2.2.1.7, Z 2.2.1.9, G 4.1.1.1, Z 4.1.1.2, Z 4.1.1.3, G 4.1.1.18, G 4.1.1.19)
Für eine Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme sollen Brachen, Baulücken und untergenutzte Flächen des vorhandenen Siedlungsbestandes bei Bedarf vorrangig genutzt werden. Als Maßnahmen für eine effiziente Flächennutzung und Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme sind die im Gliederungspunkt II genannten Handlungsschwerpunkte (Festlegungen) beziehungsweise das Sächsische Handlungsprogramm zur effektiven Flächennutzung (http://www.medienservice. sachsen.de/ medien/news/138434) heranzuziehen. Informationen zur Lage, Größe und Qualität von Brachen und Baulandreserven sind im Freistaat Sachsen unvollständig vorhanden. In den Brachflächenkatastern der Landesdirektion Sachsen oder in verschiedenen Brachflächenerfassungen von kommunalen und regionalen Planungsebenen können nach Bedarf Flächeninformationen bereitgestellt werden. Diese Informationen sind für eine Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme planerisch heranzuziehen und für diese zu bewerten. Böden mit besonderer Bedeutung für den Natur- und Wasserhaushalt sowie für landwirtschaftliche Nutzungen sollen vor Abgrabung und Versiegelung gesichert werden. Hinweise zu Informationen über Böden mit besonderer Bedeutung sind unter anderem Kapitel 2.3.2.1 im Anhang zu entnehmen. Das „Flächensparen“ ist zu dokumentieren. Dazu soll ein „Flächenmonitoring“ ausgebaut und weiterentwickelt werden.
2.3.2.3
Erosionsgefährdete Böden
Erläuterung (Bezug zu Z 4.1.3.4 und Z 4.2.1.2)
Die auf Ackerland flächenhaft wirksame Erosionsschutzmaßnahme der „dauerhaft konservierenden Bodenbearbeitung“ wird vorrangig durch die landwirtschaftliche Beratung und Förderung etabliert. Die gleichen Erosionsschutzmaßnahmen wirken auch auf winderosionsgefährdeten Ackerflächen. Eine „hohe“ bis „sehr hohe“ standortabhängige Winderosionsgefährdung nach DIN 19706 ist in Sachsen auf circa 7 Prozent der Ackerfläche verbreitet. Etwa 1,5 Prozent der ackerbaulich genutzten Böden Sachsens entsprechen aufgrund ihrer „besonderen Erosionsgefährdung“ dem im Kapitel 4.1.1 und 4.1.3 im Festlegungsteil genannten Kriterium für die Festlegung von „Sanierungsbedürftigen Bereichen der Landschaft“. Hierzu gehören Steillagen und reliefbedingte Abflussbahnen (Abflusskonzentration in Hangrinnen, Tiefenlinien), in denen bei vegetationsfreien Böden Starkregenereignisse außerordentlich hohe Erosionsraten auslösen. Auf diesen Böden sind dauerhafte Vegetationsformen, wie Dauergrünland, Staudenfluren, Gehölze beziehungsweise Wald, zu entwickeln. Eine Umnutzung dieser Ackerflächen hat vielfältige positive Effekte zur Biotopvernetzung und Biodiversität in Agrarlandschaften sowie zum Landschaftsbild und kann zum Ziel der Waldmehrung beitragen. Generell führen Maßnahmen gegen Bodenerosion zu einem verbesserten Wasser- und Nährstoffrückhalt in der Landschaft und sind demzufolge effektive Maßnahmen zur Erfüllung der WRRL und des Hochwasserschutzes. Durch geeignete Bewirtschaftung soll der Eintrag von Boden in die Gewässer (Fließgewässer und Talsperren, Hochwasserrückhaltebecken und Speicher) ausgeschlossen beziehungsweise auf ein Minimum zu reduziert werden. Für die Regional- und Landschaftsplanung stellt das LfULG Erosionsgefährdungskarten zur Verfügung, aus denen die unterschiedlichen Erosionsgefährdungen der Böden hervorgehen (vergleiche http://www.boden.sachsen.de/bodenfunktionen).
2.3.2.4
Böden mit erhöhten Schadstoffgehalten
Erläuterung (Bezug zu Z 4.1.3.4)
Böden mit Anhaltspunkten für großflächig schädliche stoffliche Bodenveränderungen sind im Rahmen der Regionalplanung weiter zu konkretisieren und entsprechend Kapitel 4.1.1 und 4.1.3 im Festlegungsteil als „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ festzulegen. Im Freistaat Sachsen finden sich Gebiete mit flächenhaft erhöhten Gehalten an Arsen und Schwermetallen im Boden. Ursache dafür sind die geologische Ausstattung der Gesteine, die Bildung von oberflächennahen Lagerstätten sowie die deshalb seit Jahrhunderten erfolgte bergbauliche und industrielle Tätigkeit des Menschen. Eine systematische Untersuchung der Schadstoffgehalte in Böden erfolgte durch das LfULG mit Hilfe von Bodenmessnetzen. Auf dieser Grundlage konnten geochemische Übersichtskarten erstellt werden (http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/boden/11646.htm). Die Bereiche mit Anhaltspunkten für großflächig schädliche stoffliche Bodenveränderungen umfassen die Bergbau- und Hüttenregionen im Erzgebirge und Vogtland und die Auen der diese Gebiete entwässernden Fließgewässer. Nach landesweiten Auswertungen des LfULG finden sich auf etwa 100 000 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche Anhaltspunkte für das flächenhafte Auftreten schädlicher Bodenveränderungen aufgrund erhöhter Konzentrationen an Arsen, Cadmium und Blei. Die Gefahrenabwehr im Bereich der Landwirtschaft wird zumeist durch Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen sichergestellt. Auch Flächennutzungen innerorts sind von den Belastungen betroffen; in den Kernregionen der Bergbau- und Hüttentätigkeit werden hier zumeist besonders hohe Konzentrationen angetroffen. Spielflächen und Wohngebiete sowie Park- und Freizeitflächen sind dabei ebenso zu betrachten wie zum Beispiel Kleingartenanlagen und Wohngärten, in denen neben dem möglichen direkten Kontakt des Menschen mit dem belasteten Boden auch der Transfer in die dort angebauten und nachfolgend verzehrten Nahrungspflanzen zu Risiken führen kann. Die Aufgaben zum Gefahrenmanagement werden sowohl im Bereich der Landwirtschaft als auch im Siedlungsbereich dauerhaft verbleiben; vorhandene und gegebenenfalls neue Informationssysteme sind daran auszurichten. Damit die Ziele aus Kapitel 4.1.1 und 4.1.3 im Festlegungsteil im Hinblick auf Böden mit großflächigen schädlichen stofflichen Bodenveränderungen erreicht werden können, ist unter anderem Folgendes erforderlich:
Untersuchung und Konkretisierung des Gefahrenverdachtes von Schadstoffen im Boden entsprechend den bodenschutzrechtlichen Regelungen in den auf Grund von Anhaltspunkten abzugrenzenden Gebieten (gegebenenfalls sind Maßnahmen zur Gefahrenabwehr beziehungsweise Vorsorge vorzunehmen),
Sanierungsmaßnahmen in Abhängigkeit von Art und Intensität der Schadstoffbelastung und den betroffenen Pfaden, zum Beispiel durch langzeitige Bodenbedeckung mit Vegetation, gegebenenfalls Bodenversiegelung, Bodenaustausch beziehungsweise -überdeckung,
Vermeidung beziehungsweise Reduzierung von (weiteren) Schadstoffeinträgen durch Anpassen der Nutzung und Bewirtschaftung der Böden auf gärtnerisch, land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen,
Sicherstellung einer Erzeugung von, mit Blick auf die Belastung, unbedenklichen Lebens- und Futtermitteln auf schwermetallbelasteten Flächen. Wo dieses nicht sichergestellt werden kann, ist eine Aufgabe der Nutzung für die Erzeugung von Lebens- und Futtermitteln erforderlich; eine Alternative bietet der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen, zum Beispiel Biomasse zur energetischen Nutzung.
2.4
Wasser
2.4.1
Einführung
In Sachsen besteht ein dichtes Fließgewässernetz mit einer Gesamtlänge von circa 23 770 km. Davon entfallen circa 180 km auf die Elbe (Bundeswasserstraße) und circa 2 900 km auf Gewässer 1. Ordnung. 617 Fließgewässer-Wasserkörper unterliegen der Überwachung und Berichtspflicht nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) (in der Regel Einzugsgebiet von mindestens 10 km ² beziehungsweise Abschnittslänge von mindestens 5 km). Größere natürliche Stillgewässer glazialer Herkunft (zum Beispiel Seen) fehlen in Sachsen. Es gibt aber eine Vielzahl an kleinen, auch natürlich (zum Beispiel Moorgewässer) entstandenen Stillgewässern Entsprechend der Bestandsaufnahme nach der WRRL und der Biotoptypen- und Landnutzungskartierung (BTLNK, Befliegung 2005) existieren in Sachsen 34 Standgewässer-Wasserkörper mit einer Größe von mindestens 50 ha (zusammen circa 5 600 ha), die der Berichtspflicht der WRRL unterliegen, weitere 37 Bergbaufolgeseen mit einer Fläche von mindestens 50 ha (zusammen circa 14 500 ha), die aber noch nicht der Berichtspflicht der WRRL unterliegen, sowie circa 28 000 Standgewässer, die jeweils kleiner als 50 ha sind (zusammen circa 14 500 ha). Darunter sind circa 1 000 temporäre Kleingewässer und Tümpel sowie circa 22 300 Gewässer mit jeweils weniger als 1 ha Größe, weiterhin circa 1 400 Teiche zwischen 1 und 50 ha Größe. Sachsen zählt in Deutschland zu den Bundesländern mit den meisten Stauanlagen, insbesondere Talsperren. So ist die LTV für rund 140 Stauanlagen (einschließlich Vorsperren und Vorbecken) mit circa 600 Millionen Kubikmetern bewirtschaftetem Gesamtstauraum verantwortlich. In Abhängigkeit von den hydrogeologischen Verhältnissen sowie von Niederschlägen und Oberflächengestalt gehört der größte Teil Sachsens (70 bis 80 Prozent), insbesondere im Berg- und Hügelland, zu den grundwasserarmen Gebieten. Dort, wo pleistozäne Schotter verbreitet sind, findet man reiche Grundwasservorkommen. Die Grundwasservorkommen der Talauen besitzen neben den Talsperren des Erzgebirges hohe Bedeutung für die Trinkwasserversorgung. In Sachsen sind im Zuge der Kartierung nach der WRRL 83 Grundwasserkörper nach geologischen, hydrologischen und geohydraulischen Kriterien abgegrenzt worden. Davon befinden sich 70 Grundwasserkörper in sächsischer Bewertungszuständigkeit, da der Hauptanteil dieser Grundwasserkörper auf sächsischem Gebiet liegt. Die Gewässer besitzen eine sehr große ökologische und wirtschaftliche Bedeutung, unter anderem:
für die Regulierung des Landschaftswasserhaushaltes und des lokalen/regionalen Klimas,
als Lebensraum für spezifisch angepasste Biozönosen,
für den Biotopverbund,
für Landschaftscharakter, -gliederung und -bild,
für Erholung, Sport und Freizeit,
für die Trink- und Brauchwasserversorgung von Bevölkerung, Industrie und Landwirtschaft,
für den Hochwasserschutz und -abfluss,
für die Bewässerung,
für die Fischerei,
für die Energiegewinnung,
für die Schifffahrt,
für die Wiederherstellung eines ausgeglichenen Wasserhaushaltes in den Braunkohlenbergbaugebieten,
für die Gewährleistung der Mindestwasserführung und die Steuerung der Fließgewässerqualität im Lausitzer Braunkohlenrevier.
Ber
mwel
Kalk
egt,
2.4.2
Fachliche Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen
Karten:
Grund- und Oberflächenwasserkörper, die gemäß WRRL die Umweltziele noch nicht vollumfänglich erreicht haben, sind im Internet in den interaktiven Karten „Zustand der Grundwasserkörper (Stand 12/2009)“ und „Zustand der Oberflächenwasserkörper (Stand 12/2009)“ dargestellt (http://www.umwelt. sachsen.de/umwelt/wasser/9117.htm).
FZ 24 (Bezug zu G 4.1.1.5) Gewässer mit ihren Ufer- und Auenbereichen sollen in ihrer naturraumtypischen Ausprägung als wesentliche Komponenten des Naturhaushaltes, als Lebensräume von Pflanzen und Tieren und als landschaftsprägende Bestandteile unter Beachtung der Erfordernisse des Biotopverbundes geschützt, entwickelt und, wo erforderlich und möglich, wieder hergestellt werden.
Gewässer erfüllen als „Lebensadern der Landschaft“ sehr vielfältige Funktionen. Durch dynamische Prozesse wie Überflutung, Erosion und Sedimentation haben sie vielfältig strukturierte Auenlandschaften geschaffen, die ebenso wie die Gewässer selbst Lebensräume spezifischer Artengemeinschaften darstellen. Die Nutzung des Wassers als Nahrungsgrundlage, Transportmedium und Energiequelle spielt in der kulturellen und technischen Entwicklung Sachsens eine zentrale Rolle. Gerade die linearen Fließgewässer sind für viele Organismen Wander- und Ausbreitungskorridore und haben damit eine wichtige Biotopverbundfunktion. Gemeinsam mit gewässer- und auentypischen Biotopen und Nutzungsformen prägen sie in vielfältiger Weise das Landschaftsbild und beeinflussen das lokale/regionale Klima (zum Beispiel Kaltluftabfluss in Talräumen der Gewässer). Intakte Gewässer verfügen über die Fähigkeit zur natürlichen Selbstreinigung. Im Laufe der Zeit wurden die Gewässer vielfältig verändert, teilweise auch neue Gewässer geschaffen (zum Beispiel Fischteiche, Talsperren, Bergbaufolgeseen) oder Gewässer verlegt beziehungsweise beseitigt, um sie den Nutzungserfordernissen der Schifffahrt, Fischerei, Energiegewinnung, Braunkohlengewinnung, Trinkwasserversorgung, Bewässerung, Entwässerung, des Sports und der Erholung anzupassen. Durch die umfassenden Nutzungsansprüche an die Gewässer unterliegen diese auch vielfältigen Gefährdungen, zum Beispiel durch naturferne Verbauungen, Querbauwerke, Stoffeinträge, Ausbreitung von Neobiota. Insbesondere die noch verbliebenen naturnahen Gewässer und die mit ihnen funktional verbundenen Ufer und Auen bedürfen deshalb eines besonderen Schutzes vor negativen Strukturveränderungen und Beeinflussungen der Gewässerdynamik (vergleiche Z 4.1.1.3). Bereits veränderte Gewässer sollen, wenn es die Nutzungsanforderungen erlauben, möglichst naturnah entwickelt werden (vergleiche Z 4.1.2.3). Beseitigte Gewässer sollen nach Möglichkeit wieder hergestellt werden. Eine naturnahe Gewässerentwicklung braucht vor allem Raum für dynamische Prozesse, weshalb ein besonderes Augenmerk auf eine entsprechende Flächenverfügbarkeit entlang von prioritären Gewässerabschnitten zu richten ist.
Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie
FZ 25 Um die Umweltziele der WRRL erreichen zu können, sind Gewässer ökologisch zu unterhalten und durch geeignete Maßnahmen in einen naturnäheren Zustand zu bringen. Durch angepasste Bewirtschaftungsformen, insbesondere auf landwirtschaftlichen Flächen, sind die Einträge von Nähr- und Schadstoffen aus dem Einzugsgebiet weiter zu verringern.
Die Zuständigkeit für die Unterhaltung der Gewässer ist gesetzlich geregelt. In innerörtlichen Gewässerabschnitten sowie Bereichen, in denen der Abflussquerschnitt zuzuwachsen droht, beschränkt sich die Unterhaltung der Gewässer oftmals auf die Gewährleistung des schadlosen Wasserabflusses, was in der gängigen Praxis bedeutet, dass die Gewässersohle regelmäßig beräumt beziehungsweise entkrautet, das Ufer gemäht und entstandene Uferschäden beseitigt werden. Damit werden die grundlegenden Anforderungen des Sächsischen Wassergesetzes erfüllt. Maßnahmen zur ökologischen Entwicklung des Gewässers oder des gesetzlich festgelegten Gewässerrandstreifens erfolgen zumeist nicht, da insbesondere die Gemeinden als Unterhaltungslastträger der Gewässer zweiter Ordnung die dazu notwendigen finanziellen Mittel und ausreichend qualifiziertes Personal nicht zur Verfügung haben. Ein weiteres Problem besteht in der Flächenverfügbarkeit für die Umsetzung von Maßnahmen. Eine unzureichende Gewässerunterhaltung kann Hochwassersituationen örtlich verschärfen. Ziel der zukünftigen Unterhaltung beziehungsweise des Ausbaus der Gewässer muss daher die naturnahe Entwicklung der Gewässer sein, da dadurch auch die Umweltziele der WRRL erreichbar sind. Folgende Aktivitäten sind dazu geeignet:
ökologischere Ausrichtung der Gewässerunterhaltung (zum Beispiel Anpflanzung standortgerechter gebietsheimischer Gehölze im Gewässerrandstreifen), insbesondere durch Anwendung ingenieurbiologischer Bauweisen, mit dem Ziel, eine eigendynamische Entwicklung der Gewässer und, dort wo möglich, der Gewässerrandstreifen zu befördern, um Unterhaltungskosten zu minimieren und vorbeugenden Hochwasserschutz zu betreiben,
Förderung der natürlichen Gewässerentwicklung, um die „fließende Retention“ zu erhöhen, die bei mäandrierenden Gewässern erheblich höher ist als bei eingetieften und begradigten Gewässern,
Nutzung der Hochwasserschadensbeseitigung zur naturnäheren Gestaltung der Gewässerabschnitte, zum Beispiel durch Ersatz von hartem Uferverbau durch ingenieurbiologische Bauweisen.
FZ 26 (Bezug zu Z 4.1.2.3) Auch für Quellbereiche sowie kleine Fließ- und Standgewässer, die keiner Überwachung oder Berichtspflicht nach der WRRL unterliegen, soll ein sinngemäß guter ökologischer und guter chemischer Zustand erreicht sowie eine entsprechende Lebensraumfunktionalität erhalten oder entwickelt werden.
Die Umweltziele der WRRL gelten prinzipiell für alle Gewässer. In den Überwachungsprogrammen und Berichtspflichten, ebenso in den Maßnahmenprogrammen, können aus organisatorischen Gründen in der Regel jedoch nur größere Gewässer Beachtung finden. So werden Stillgewässer erst ab einer Größe von 50 ha bewertet, die Gewässerstrukturgüte für Fließgewässer erst ab einem oberirdischen Einzugsgebiet von 10 km ². Dieses Vorgehen folgt den Empfehlungen und fachlichen Leitlinien der EU und der LAWA, wonach Fließgewässer-Wasserkörper der WRRL im Regelfall ein Einzugsgebiet von mindestens 10 km ² beziehungsweise eine Abschnittslänge von mindestens 5 km und Standgewässer-Wasserkörper eine Wasseroberfläche von mindestens 50 ha aufweisen sollen. Viele Quellbereiche und kleine Fließgewässer sowie die überwiegende Mehrzahl der Stillgewässer werden nicht durch die Messnetze zur Umsetzung der WRRL überwacht. Beispielsweise gibt es entsprechend der BTLNK mit Befliegungsdaten von 2005 in Sachsen circa 28 000 Stillgewässer, die kleiner als 50 ha sind (vergleiche Kapitel 2.4.1). Insgesamt nehmen diese kleinen Stillgewässer unter 50 ha Größe eine Gesamtfläche in Sachsen von circa 14 500 ha ein. Im Rahmen der laufenden Umsetzung der Maßnahmenprogramme werden aber auch kleinere, nicht WRRL-berichtspflichtige Gewässer mit betrachtet, wenn dort Maßnahmen umgesetzt werden können, die zu einer ökologischen Aufwertung des eigentlichen WRRL-relevanten Gewässers führen können. Quellbereiche und kleine Gewässer sind naturschutzfachlich ebenfalls sehr bedeutsam und weisen, wie größere Gewässer auch, sehr unterschiedliche Zustände auf. Neben naturnahen Ausprägungen gibt es viele anthropogen überprägte kleine Gewässer, die ihre naturhaushaltlichen Funktionen nur noch eingeschränkt erfüllen. Zusätzlich zu den WRRL-relevanten größeren Gewässern sollen deshalb auch diese kleinen Gewässer naturnah erhalten oder, wo notwendig und in Abwägung mit den Nutzungserfordernissen möglich, wieder naturnah gestaltet werden. Folgende Maßnahmen sind in Quellbereichen und an kleinen Gewässern unter anderem erforderlich:
Identifikation besonders bedeutsamer kleiner Gewässer und Quellbereiche durch die Landschaftsrahmenplanung,
Wiederherstellung natürlicher Quellgebiete beziehungsweise Quellbereiche,
Sicherung oder Wiederherstellung des natürlichen Wasserhaushaltes, zum Beispiel durch Vermeidung übermäßiger Wasserentnahmen,
naturnahe Gestaltung verrohrter oder anderweitig naturfern ausgebauter kleiner Gewässer, sofern nicht zwingende Gründe der Gewässernutzung und des Hochwasserschutzes entgegenstehen (vergleiche Z 4.1.2.3),
Öffnung nicht mehr benötigter Dränagen und Wiederherstellung verrohrter Gewässer in der Agrarflur, soweit möglich (vergleiche Z 4.1.2.3),
Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit kleiner Gewässer,
Erhaltung beziehungsweise Entwicklung funktionsfähiger Gewässerrandstreifen mit standortgerechter gebietsheimischer Vegetation,
Minimierung der Beeinträchtigung der Gewässer mit Schad- und Nährstoffen (punktuelle und diffuse Einträge), unter anderem durch angepasste Landnutzung im unmittelbaren Gewässerumfeld, gegebenenfalls Entmüllung.
Wärmebelastung der Gewässer
FZ 27 Die Wärmebelastung der Gewässer soll so begrenzt werden, dass deren Funktion als Lebensraum erhalten bleibt.
Wärmebelastungen von Gewässern entstehen zum Beispiel durch die Einleitung von Kühlwasser aus der Industrie und der Energieerzeugung. Sie sind in zunehmendem Maße als Folge des Klimawandels zu erwarten und werden vor allem dadurch auch in Sachsen an Bedeutung gewinnen. Ausgeprägte Hitzeperioden, die mit längeren niederschlagsarmen oder -freien Witterungsabschnitten zusammenfallen, können in den Gewässern, vor allem bei den dann niedrigen Wasserständen, eine starke Erwärmung bewirken. Solche Extremsituationen sind in der Vergangenheit schon vorgekommen, zum Beispiel im Hitzesommer 2003, als kleinere Gewässer teilweise sogar völlig ausgetrocknet sind. Durch niedrige Wasserstände und hohe Wassertemperaturen von bis zu 30 °C verändern sich die physikalisch-chemischen Wasserparameter (zum Beispiel Sinken des Sauerstoffgehaltes) und damit die Lebensbedingungen für die aquatische Fauna und Flora. Fisch- und Muschelsterben sowie die schnellere Verbreitung von Krankheiten können die Folge sein, außerdem ein starkes Wachstum von Algen (unter anderem Blaualgen) und Makrophyten. Um auch bei extremen Witterungsbedingungen nachteilige Auswirkungen auf die Gewässerbiozönosen durch hohe Wärmebelastung und sehr niedrige Wasserstände zu begrenzen, sollen in den Landschaftsrahmenplänen für die besonders gefährdeten Gewässer beziehungsweise Gewässerabschnitte geeignete Maßnahmen der Prävention und der Schadensbegrenzung aufgeführt werden. Maßnahmen können unter anderem sein:
Ermittlung besonders sensibler Gewässer in vom Klimawandel besonders betroffenen Regionen,
Ergreifen von Maßnahmen zur Stabilisierung des Landschaftswasserhaushaltes in solchen Regionen,
gegebenenfalls Vorsorge durch ausreichende Beschattung der Gewässer in Form von Ufervegetation (zum Beispiel Erlen-Eschen- oder Weiden-Auenwald),
Wiederherstellung des Fließgewässerkontinuums in aufgestauten wärmelastbeeinflussten Abschnitten, wenn dem nicht besondere Nutzungsanforderungen entgegenstehen,
Begrenzung der Wasserentnahme und der Einleitung von aufgewärmtem Brauchwasser in Zeiten sehr niedriger Wasserstände in Kombination mit Hitzeperioden.
2.4.2.1
Grundwasser, grundwasserabhängige Ökosysteme und Biotope
FZ 28 (Bezug zu Z 4.1.1.6 und G 4.1.1.19)
Grundwasser ist als natürliche Ressource und als Standortbedingung für grundwasserabhängige Ökosysteme und Biotope möglichst flächendeckend vor schädlichen Beeinflussungen zu sichern, sodass ein anthropogen weitgehend unbeeinflusster Zustand erhalten bleibt beziehungsweise wiederhergestellt wird.
Im Zuge der Landschaftsrahmenplanung sollen Gebiete, die hohe Anteile vom oberflächennahen Grundwasser abhängiger Landökosysteme in naturnaher oder entwicklungsfähiger Ausprägung aufweisen, kartografisch dargestellt werden. In den Landschaftsrahmenplänen sind Maßnahmen zum Schutz und zur Entwicklung der Flächen mit grundwasserabhängigen Landökosystemen zu formulieren.
Die natürlichen Grundwasservorkommen als Komponente des Landschafts(wasser)-haushaltes sind unverzichtbare natürliche Lebensgrundlagen, nicht nur für die Wasserversorgung der Bevölkerung, sondern auch für die natürliche biologische Vielfalt. Das fachliche Ziel soll deshalb insbesondere dem Schutz von naturraum- beziehungsweise landschaftstypischen Biotopen mit standörtlicher Bindung an oberflächennahes Grundwasser vor Beeinträchtigungen dienen. Vom oberflächennahen Grundwasser abhängige Lebensräume wie Moore, Sümpfe, Auen und andere Feuchtgebiete, die bei intaktem Zustand meist sehr artenreiche Lebensräume darstellen, sollen durch den Schutz des Grundwassers beziehungsweise eine angepasste Grundwassernutzung in ihrem Bestand erhalten und entwickelt werden. Bei entsprechender Notwendigkeit und Eignung sollen sie renaturiert (Erhöhung der Naturnähe) und/oder revitalisiert (unter anderem Schaffung der Voraussetzungen für natürliches Torfwachstum in Mooren, Ermöglichung eines natürlichen Überflutungsregimes in Auen) werden (vergleiche FZ 8). Dazu ist der Erhalt beziehungsweise die Verbesserung der Standortbedingungen (Wasserregime, -menge und -beschaffenheit) für die vom Grundwasser abhängigen Arten und Biotope erforderlich, insbesondere eine Begrenzung von Veränderungen des Wasserregimes durch Grundwasserentnahmen, -absenkungen und flächenhafte Entwässerungen sowie die Vermeidung schädlicher Stoffeinträge. Bei bestehenden und geplanten Wasserentnahmen ist zu verhindern, dass naturschutzfachlich wertvolle Gebiete mit gewässergebundenen oder an hohen Grundwasserstand angepassten Biotopen und Lebensgemeinschaften zerstört oder nachhaltig beeinträchtigt werden. Eine Verschlechterung der direkt vom Grundwasser abhängigen Landökosysteme und Feuchtgebiete durch anthropogene Einflüsse ist zu vermeiden. Die Abwehr von Gefahren oder eingetretenen Schäden, die aus hohen Grundwasserständen resultieren, soll als grundsätzlich vorrangige Aufgabe so durchgeführt werden, dass grundwasserabhängige Landökosysteme und Feuchtgebiete so weit wie möglich geschont werden. Die Revitalisierung gestörter, aber renaturierbarer Moorbereiche und anderer Feuchtgebiete besitzt aus Gründen des Arten- und Biotopschutzes sowie des Klimaschutzes eine besondere Bedeutung. Sie sollte unter Beachtung der Erfordernisse der Trinkwasserqualität konsequent vorangetrieben werden (vergleiche dazu FZ 8).
2.4.2.2
Fließgewässer mit ihren Einzugsgebieten und Auen
Erläuterung (Bezug zu Z 4.1.1.3 und G 4.1.1.4)
Der Zustand eines Flusses mit seinen Ufer- und Auenbereichen ist in dem Maße als „naturnah“ zu bezeichnen, in dem er der naturraumtypischen Ausprägung entspricht. Die Bewertung des Gewässerzustandes erfolgt unter Beachtung seiner ökologischen Funktionsfähigkeit unter Berücksichtigung der engen Wechselbeziehungen zwischen Fließgewässer und angrenzenden Auenbereichen. Ist der Zustand eines Gewässers insgesamt nur geringfügig oder nicht nachteilig vom Menschen geprägt, sodass das Gewässer seine gesamten ökologischen Funktionen zu erfüllen vermag, wird dieser Gewässerzustand als „(bedingt) naturnah“ eingestuft (siehe Tabelle 2).
Tabelle 2: Merkmale und Ausprägungen zur Beurteilung der Naturnähe von Fließgewässer(-auen) und -landschaften (verändert nach BASTIAN & SCHREIBER 1999)
Merkmale und Ausprägungen
Natürlich Naturnah Bedingt naturnah
Natürlich Naturnah Bedingt naturnah
vielfältiger, den naturräumlichen Gegebenheiten entsprechender Verlauf vom Menschen nicht erkennbar verändert gut reliefierte Sohle, wechselnde Wassertiefen, natürliches Gefälle, variierende Breiten, Fischunterstände naturbelassene, strukturierte Böschung, standortgerechte, überwiegend gebietsheimische Gehölze/Stauden Aue mit natürlicher Wasserstandsdynamik, nicht (mehr) genutzten Feuchtgebieten (einschließlich Auwälder) entsprechend der pnV, natürliche Altgewässer (Altarme und Altwässer) oder breite, mit standortgerechten, überwiegend gebietsheimischen Gehölzen bestandene Pufferzonen zur genutzten Aue Hangwälder mit naturnaher Baumartenzusammensetzung ohne oder mit nur gelegentlichen sehr extensiven Nutzungen einem natürlichen Gewässer in Quer- und Längsprofil vergleichbar, aber bereits erkennbar (geringfügig) vom Menschen beeinflusst naturnahe Böschungsgestaltung (asymmetrisches Profil, naturbelassene Elemente, Lebendverbauung) standortgerechte Gehölze/Stauden, hierzu auch: anthropogen unveränderte Gewässer, an denen aber die Ufergehölze entfernt wurden Durchgängigkeit in Fließrichtung gegeben (keine Störung des Auf- und Abstiegs von Fischen/Wasseroganismen) teilentwässerte Aue mit extensiv genutzten Feuchtgebieten (Grünland mit standorttypischen Flurelementen, Auwaldreste, Altarme und Altwässer zum Teil erhalten, zum Teil reliktisch), Aufforstungen aus Auwaldgehölzen, sekundäre Feuchtgebiete (zum Beispiel Lachen in Abbauflächen) oder mit standortgerechten Gehölzen bestandene Puffersäume zur genutzten Aue Hangwälder mit überwiegend naturnaher Baumartenzusammensetzung, +/- extensiv genutzt begradigte Gewässerabschnitte vorhanden naturnahe Elemente wie Flach-/Tiefwasserzonen mit unterschiedlichen Sohlensubstraten noch regelmäßig ausgeprägt insgesamt noch vergleichsweise gering ausgebaut und/oder durch Unterhaltungsmaßnahmen verändert reichhaltig ausgebildete Uferstruktur, Gehölze überwiegend standortgerecht Durchgängigkeit nicht mehr für alle Gewässerorganismen oder nur abschnittsweise gegeben (teil)entwässerte Aue mit reguliertem Wasserstand, Mosaike, vor allem aus extensiv und intensiv genutztem, zum Teil renaturiertem Grünland mit Flurelementen (vor allem Auengehölze), Altgewässer meist nur noch reliktisch, gehölzbestandene Puffersäume zur genutzten Aue Hangwälder mit größeren Anteilen naturnaher Baumartenzusammensetzung, Nutzungen mit unterschiedlicher Intensität
Die Bewertung der Gewässer erfolgt unter Beachtung der Kriterien Einheit (zwischen aquatischen, amphibischen und terrestrischen Lebensräumen), Vielfalt, Dynamik, Durchgängigkeit, Funktionsfähigkeit, Seltenheit und Gefährdung sowie Repräsentanz. Für die Beurteilung der Naturnähe von Fließgewässern sind gleichfalls die Ergebnisse der Strukturgütekartierung nach dem LAWA-Vor-Ort-Verfahren heranzuziehen (vergleiche Kapitel 2.4.1 und http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/wasser/7121.htm). Ergebnisse liegen für die WRRL-relevanten sächsischen Fließgewässer vor, wobei „natürliche“ Fließgewässer im Bereich der als „unverändert“ (LAWA-Vor-Ort-Verfahren) kartierten Gewässerabschnitte, „naturnahe“ im Bereich der „gering veränderten“ und „bedingt naturnahe“ im Bereich der „mäßig veränderten“ Gewässerabschnitte hinsichtlich der Gewässerstruktur zu erwarten sind.
Erläuterung (Bezug zu Z 4.1.2.2)
Die Elbe ist ungeachtet ihres Ausbaus als Bundeswasserstraße hinsichtlich ihrer natürlichen Lebensraum- und Biotopverbundfunktion von herausragender Bedeutung für das kohärente europäische ökologische Netz Natura 2000. Sie ist der längste Strom in Mitteleuropa, dessen Fliessgewässerkontinuum auf einer erheblichen Länge seines Laufes nicht durch Querverbauungen unterbrochen wird. Die ununterbrochene Fließstrecke zwischen dem Stauwehr Schreckenstein auf tschechischer Seite und der Staustufe Geesthacht bei Hamburg beträgt rund 625 km. Die gesamte Elbe ist nicht zuletzt deshalb ein besonders schützenswertes Ökosystem von internationaler Bedeutung. Seit 1990 ist eine erhebliche Verbesserung der Gewässergüte in der Elbe eingetreten, die auch zu einer Verbesserung der Existenzbedingungen für zahlreiche Fischarten geführt hat. Die Fischartengemeinschaft im sächsischen Elbelauf entwickelt sich zunehmend in Richtung der für diesen Abschnitt der Elbe charakteristischen Barbenregion mit einer deutlichen Zunahme rheophiler (strömungsliebender) Fischarten, wie der Leitfischart Barbe und ihrer Begleitarten (zum Beispiel Zährte, Nase, Hasel, Döbel, Aland). Die Wiederansiedlung des Lachses (anadromer, das heißt im Salzwasser lebender, zum Laichen ins Süßwasser aufsteigender Langdistanzwanderfisch) in der Elbe zeugt von ihrer Durchgängigkeit und verbesserten Wassergüte. Bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen muss das Stromsystem der Elbe als ökologisch funktionale Einheit betrachtet werden. Sachsen trägt eine hohe Verantwortung dafür, den einzigartigen Lebensraum Elbe mit seiner spezifischen Fischartengemeinschaft und seiner besonderen Funktion im Biotopverbund (unter anderem als überregionaler Verbindungskorridor für Säugetiere wie Biber und Fischotter sowie für Pflanzenarten der großen Flussauen) zu erhalten und zu schützen. Bisherige Schiffbarkeitsbedingungen der Elbe sollen deshalb mit lokalen Strombaumaßnahmen gesichert werden. Darüber hinausgehende Maßnahmen haben sich nach den Erfordernissen aus Naturhaushalt und Wasserwirtschaft (einschließlich Hochwasserschutz) zu richten. Ein Bau von Staustufen steht der Erreichung der Umweltziele der WRRL für die sächsischen OWK der Elbe entgegen und ist wegen der damit verbundenen erheblichen Eingriffe in die Flusslandschaft Elbe im Freistaat Sachsen ausdrücklich nicht vorzusehen.
Gewässerdurchgängigkeit
FZ 29 (Bezug zu Z 4.1.1.3 und Z 4.1.2.3)
Die Durchgängigkeit der Fließgewässer soll erhalten beziehungsweise wiederhergestellt werden.
Die Fließgewässer stellen von Natur aus miteinander vernetzte Lebensräume dar. Querbauwerke wie Wehranlagen, Abstürze, Rückhaltebecken und Talsperren sowie Wasserentnahmen stören den Transport von Geschiebe und die biologische Durchgängigkeit im Hauptstrom. Fische und andere im Gewässer lebende Tierarten sind dadurch in ihrem Wanderverhalten beeinträchtigt und können sich oft nur noch begrenzt ausbreiten. Sachsens Fließgewässer weisen mit wenigen Ausnahmen wie zum Beispiel der Elbe zahlreiche Querbauwerke auf (siehe Kapitel 2.4.1). Diese sind noch nicht vollständig systematisch erfasst. Die in der sächsischen Wehrdatenbank aufgeführten über 2 600 Querbauwerke wurden zu circa einem Drittel als durchgängig für die Wanderung von Fischen eingeschätzt. Aber auch die als „durchgängig“ bewerteten Querbauwerke können zum Teil nur von leistungsstarken Fischen und einem Teil des Makrozoobenthos passiert werden. Der Fischabstieg ist bisher kaum berücksichtigt und kann beim Regelbetrieb (Laufwasserkraftwerke) trotz Rechen zu erheblichen Verlusten von Fischen (vor allem von Langdistanzwanderfischen wie dem Aal) in Turbinen führen. Der abschnittsweise Aufstau der Fließgewässer führt zu einer Veränderung der Abflussdynamik und des Sedimentationsgeschehens. Die natürliche Strömungscharakteristik als prägender und ökologisch wirksamster Faktor in Fließgewässern kommt mehr oder weniger zum Erliegen. Der Aufstau hat neben einer Erhöhung der Wassertemperatur im aufgestauten Bereich eine erhöhte Ablagerung von Geschiebe und organischer Substanz zur Folge, die ihrerseits eine Sauerstoffzehrung und Eutrophierung bewirken können und die Habitatbedingungen für fließgewässertypische Fische (zum Beispiel Beschaffenheit des Gewässergrundes als Laichhabitat) verschlechtern. Eine Verbesserung der Situation ist durch die Umsetzung der Maßnahmen aus der WRRL und durch das Programm zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit sächsischer Fließgewässer bereits zu verzeichnen. Die weitere Verbesserung und Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Fließgewässer bleibt aber nach wie vor eine wichtige und aktuelle Aufgabe in Sachsen. Generell ist für die Wiederherstellung der Durchgängigkeit beziehungsweise für den Rückbau eines nicht mehr benötigten Wehres der Eigentümer zuständig. Problematisch sind die oftmals ungeklärten Eigentumsverhältnisse der Querbauwerke und die hohen Kosten für die Wiederherstellung der Durchgängigkeit oder den Rückbau eines Wehres. Folgende Maßnahmen sind unter anderem erforderlich:
Rückbau nicht mehr benötigter Querbauwerke in Fließgewässern und Renaturierung des betreffenden Gewässerabschnittes,
Planung und Umsetzung (gegebenenfalls Nachrüsten) von Einrichtungen (zum Beispiel Fischaufstiegsanlagen wie Fischtreppen oder Umgehungsgerinne) und Maßnahmen an bestehenden, weiterhin benötigten Querbauwerken und Wasserkraftanlagen, welche die ökologische Durchgängigkeit sowohl gewässeraufwärts als auch -abwärts ermöglichen und die Schädigung der gewässergebundenen Fauna vermeiden oder zumindest so weit wie möglich minimieren,
weitgehender Verzicht auf Neubau von Querbauwerken, bevorzugt Nutzung vorhandener Querbauwerke unter ökologischer Aufwertung hinsichtlich Durchgängigkeit und Umfeldgestaltung beziehungsweise Reduzieren des Neubaus von Querbauwerken auf das absolut notwendige Minimum unter Beachtung der ökologischen Anforderungen an Durchgängigkeit und Gewässerstruktur,
Umbau künstlicher oder durch menschliche Tätigkeit entstandener Abstürze in Sohlgleiten.
Wasserkraftanlagen
FZ 30 (Bezug zu Z 4.1.2.5 und Z 5.1.1)
Die Nutzung von Wasserkraft hat so zu erfolgen, dass die vielfältigen Funktionen der Gewässerökosysteme, unter anderem als Lebensräume für charakteristische Lebensgemeinschaften und für den Biotopverbund, wiederhergestellt (Gewährleistung Mindestwasserführung, Fischauf- und Fischabstieg) und dauerhaft aufrechterhalten werden.
Die Wasserkraftanlagen (WKA) führen zu einer Beeinträchtigung der Gewässerlebensräume, wenn beispielsweise durch die Ableitung des Wassers zur Energieerzeugung die Mindestwassermenge in der Ausleitungsstrecke unterschritten und dadurch die ökologische Funktionsfähigkeit des Gewässers nicht mehr gewährleistet wird (oder das Gewässer hier gar zeitweise trockenfällt). Beeinträchtigungen ergeben sich weiterhin, wenn die Querverbauung für flussaufwärts wandernde Arten nicht durchgängig ist, flussabwärts wandernde Arten (zum Beispiel Aal, Lachs) in den WKA-Turbinen in populationsrelevanter Menge getötet werden können, naturferne Verbauungen der Gewässerufer und Ausleitungsstrecke vorhanden sind, sich physikalisch-chemische Wasserparameter (zum Beispiel Wassertemperatur, Sauerstoffgehalt) durch die Unterbrechung des Gewässerkontinuums und die Beeinflussung der Fließgeschwindigkeit nachteilig für die naturraumtypische Gewässerbiozönose verändern. Damit die Fließgewässer ihre vielfältigen Funktionen im Naturhaushalt erfüllen können und die Ziele der WRRL und der FFH-RL erreicht werden, ist es notwendig, bestehende WKA in ihrer Betriebsweise und Bauart naturverträglich zu gestalten und neue WKA nur dann zuzulassen, wenn sie an bestehenden Querbauwerkstandorten errichtet werden und einen bedeutsamen Beitrag zum Klimaschutz (zum Ausbau der Erneuerbaren Energien) leisten können sowie die ökologischen Anforderungen erfüllt werden. Insbesondere kleine WKA weisen häufig ein ungünstiges Verhältnis zwischen ihrem Beitrag zum Ausbau der Erneuerbaren Energien und ihren negativen Umweltwirkungen auf. Folgende Maßnahmen sind unter anderem erforderlich:
Festlegung und Gewährleistung eines ökologischen Mindestwasserabflusses für bestehende und wieder in Betrieb zu nehmende Wasserkraftanlagen,
naturnahe Gestaltung der Ausleitungsstrecken hinsichtlich der Gewässerstruktur,
Ergreifen von Maßnahmen, die zur Minimierung der Verluste flussabwärts wandernder Fischarten beitragen,
Herstellung der Durchgängigkeit für flussaufwärts wandernde Arten, soweit noch nicht gegeben,
weitere Umsetzung des Programms zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit sächsischer Fließgewässer,
Rückbau von wasserwirtschaftlich nicht mehr benötigten Querbauwerken gemäß § 35 Abs. 3
WHG
in Fließgewässern,
in der Regel keine Zulassung von Wasserkraftanlagen an neuen Standorten sowie von Anlagen mit einer Leistung von weniger als 100 kW, sondern nur noch „ersetzende“ Flusskraftwerke an Altstandorten mit einer elektrischen Nennleistung ab 100 KW.
Nach § 35 Abs. 3 WHG hat die zuständige Behörde zu prüfen, ob an Staustufen und sonstigen Querverbauungen, die am 1. März 2010 bestehen und deren Rückbau zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31 WHG auch langfristig nicht vorgesehen ist, eine Wasserkraftnutzung nach den Standortgegebenheiten möglich ist. Erst wenn die Notwendigkeit des Rückbaus von Querverbauungen, die am 1. März 2010 bestehen, zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele nach §§ 27 bis 31
WHG
nicht gesehen wird, soll geprüft werden, ob diese für eine wirtschaftliche Wasserkraftnutzung unter Berücksichtigung der ökologischen Anforderungen geeignet sind. Das Ergebnis der Prüfung wird der Öffentlichkeit in geeigneter Weise zugänglich gemacht.
Wasserrückhaltevermögen und Versickerung
Erläuterung (Bezug zu G 4.1.2.4)
Die Verringerung und Steuerung des Direktabflusses von Niederschlagswasser hat verschiedene Vorteilswirkungen für Natur und Umwelt. So dient sie der Sicherung der Grundwasserneubildung, was in Anbetracht des Klimawandels in Regionen mit angespanntem Wasserhaushalt zukünftig noch an Bedeutung gewinnt. Darüber hinaus wird ein wirksamer Beitrag zum Hochwasserschutz geleistet, wenn der Oberflächenwasserabfluss reduziert und verzögert wird, was besonders in den Hochwasserentstehungsgebieten von Bedeutung ist. Bei kleineren Gewässern kann die Einleitung von zeitlich begrenzten, aber extrem hohen Niederschlagswassermengen aus der Siedlungsentwässerung zu einem enormen hydraulischen Stress führen, der die Gewässerfauna und -flora nachhaltig beeinflusst. Weiterhin können zu hohe Einleitemengen von Niederschlagswasser aus Starkniederschlägen in Ortslagen, die die natürliche Abflusskapazität des Gewässers überschreiten, zu massiven Schädigungen der Gewässerstruktur, zum Beispiel durch unkontrollierte und unnatürliche Erosion der Ufer und der Gewässersohle, beitragen. Die Einleitung auch von nicht oder nur gering verschmutztem Niederschlagswasser sollte daher gedrosselt erfolgen, um den hydraulischen Stress für das beziehungsweise die aufnehmenden Gewässer zu reduzieren. Dies kann insbesondere durch Schaffung von Retentionsräumen (natürlich oder künstlich) erreicht werden (vergleiche dazu auch LEP, Begründung zu G 4.1.2.4).
FZ 31 (Bezug zu G 4.1.2.6, Z 4.1.2.7, G 4.1.2.8 und Z 4.1.2.9)
In den Auen und Einzugsgebieten der Fließgewässer soll das natürliche Wasserrückhaltevermögen als Beitrag zum vorbeugenden (nichttechnischen) Hochwasserschutz erhalten und, wo immer möglich, auch durch Deichrückverlegung oder Deichöffnung vergrößert werden. In den Landschaftsrahmenplänen sind vorbeugende Maßnahmen des (nichttechnischen) Hochwasserschutzes aufzuzeigen, die den Wasserrückhalt in der Fläche und die Grundwasseranreicherung beziehungsweise die Abflussverzögerung unterstützen.
Die Erhaltung und Wiederherstellung natürlicher Retentionsräume in Auen sowie die Erhaltung und wo möglich Erhöhung des Wasserrückhaltevermögens in den Einzugsgebieten der Fließgewässer leistet einen wichtigen Beitrag zum Hochwasserschutz. Dadurch wird ein verzögerter Hochwasseranstieg und -abfluss erreicht, was Anliegern an den Gewässern in vielen Fällen wertvolle Zeit für Schutzmaßnahmen verschafft. Naturgemäß hat der vorbeugende Hochwasserschutz aber auch Grenzen, etwa bezüglich des Rückhaltevermögens bei sehr intensiven oder großflächigen Niederschlagsereignissen (wie zum Beispiel im August 2002) in Gebirgslandschaften mit potenziell kleinen Retentionsräumen und flachgründigen Böden. Die Erweiterung der Retentionsräume in den größeren Auen scheitert zudem oft am Widerstand der Landnutzer und einer fehlenden oder sehr begrenzten Flächenverfügbarkeit und kommt deshalb nur langsam voran. Weil die vorbeugenden Maßnahmen des Hochwasserschutzes die naturverträglichste Variante des Hochwasserschutzes darstellen und zahlreiche Synergien und Mehrfachnutzen aufweisen (zum Natur-, Boden-, Gewässer-, Klimaschutz), sind diese konsequent zu befördern. Somit können auch gegebenenfalls notwendige technische Hochwasserschutzeinrichtungen so gering wie möglich dimensioniert werden. Technische Hochwasserschutzmaßnahmen wie Deiche und Rückhaltebecken greifen erheblich in die Gewässerlebensräume ein und verändern diese nachhaltig. Insbesondere werden die natürliche Gewässerdynamik und damit die funktionale Verbundenheit der Fließgewässer und ihrer Auen gestört. Da im dicht besiedelten Sachsen viele Siedlungen und Infrastruktureinrichtungen in Gewässerauen liegen und somit hochwassergefährdet sind, ist zum Schutz von Menschen, Infrastruktur oder bedeutenden Sachwerten eine Ergänzung der vorbeugenden Hochwasserschutzmaßnahmen durch technische Anlagen des Hochwasserschutzes teilweise erforderlich. Im Sinne des vorbeugenden Hochwasserschutzes sowie zur Erreichung der Ziele der WRRL und der FFH-RL soll der Schutz landwirtschaftlicher Nutzflächen dem Erhalt und der Schaffung von natürlichen Retentionsräumen nicht entgegenstehen. Ebenso muss sich die Dimensionierung von Deichen oder Rückhaltebecken konsequent an dem erforderlichen Schutz von Menschen, Infrastruktur und bedeutenden Sachwerten orientieren. Ackerbauliche Nutzung in häufiger überfluteten, natürlichen Rückhalteräumen birgt ein sehr hohes Risiko für Bodenabtrag und Eintrag von Nährstoffen und Pflanzenschutzmitteln in die Gewässer. In Überflutungsbereichen der Auen ist neben den natürlichen Auenwäldern auch die Grünlandnutzung mit den Zielen des Hochwasserschutzes und Naturschutzes vereinbar. Folgende Maßnahmen sind unter anderem zu prüfen:
Erhalt der Funktionsfähigkeit natürlicher Auen als Abfluss- und Retentionsraum in und an Fließgewässern,
Reaktivierung natürlicher Überflutungsgebiete, vor allem in Flussauen mit ihren Auenwäldern, Auengrünland und Altarmen,
Deichrückverlegung oder Deichöffnung zur Schaffung neuer Retentionsräume, wo immer möglich,
Erlaubnis für genehmigungspflichtige Flächennutzungsänderungen in Hochwasserentstehungsgebieten und überschwemmungsgefährdeten Gebieten nur erteilen, wenn sie das Retentionsvermögen nicht verschlechtern und einem gefahrlosen Hochwasserabfluss nicht entgegenstehen,
Ausgleich des Verlustes an Retentionsraum durch nicht vermeidbare neue bauliche Anlagen, durch Gewinnung neuer Retentionsflächen und/oder durch andere, vorzugsweise nichttechnische Maßnahmen mit positiver Wirkung auf den Hochwasserrückhalt,
Erhaltung naturraumtypischer Auenwälder (und anderer auentypischer Biotope),
Begründung von Auenwäldern an geeigneten Standorten in den größeren Flussauen,
Erhalt des bestehenden Grünlandes,
Umwandlung von Acker in Dauergrünland in überflutungsgefährdeten oder sehr stark erosionsgefährdeten Bereichen,
Umbau nicht standortgerechter Waldbestände in standortgerechte Mischwälder zur Erhöhung der Infiltrationsrate und des Wasserrückhaltes in den Einzugsgebieten,
Waldumbau nicht standortgerechter Wälder in den Auen in standortangepasste überflutungstolerante Wälder,
angepasste land- und forstwirtschaftliche Nutzung in Hochwasserentstehungsgebieten und in stark erosionsgefährdeten Bereichen,
Renaturierung von Mooren, Feuchtwiesen, Quellgebieten und kleinen Fließgewässern sowie der Oberläufe größerer Fließgewässer, insbesondere in Einzugsgebieten mit hoher Starkregenwahrscheinlichkeit und Erosionsgefährdung,
Restrukturierung der Landschaft in den Gebieten mit hoher Niederschlags- und Abflussintensität (Entwicklung von Säumen, Hecken, Gehölzen und so weiter),
weitgehende Realisierung einer möglichst ganzjährigen Bodenbedeckung auf Ackerflächen (zum Beispiel durch Zwischenfrüchte und Untersaaten oder mehrjährigen Feldfutteranbau mit Ackergras, Luzerne, Kleegras),
Freihalten von Entwicklungskorridoren der Gewässer unter Nutzung der gesetzlich festgelegten Gewässerrandstreifen (§ 38
WHG
/§ 24
SächsWG
).
Waldmehrung und Waldumbaumaßnahmen sollen gezielt im Bereich der Quell- und Einzugsgebiete der Nebenflüsse der großen Flüsse erfolgen. Des Weiteren sind Aufforstungen im Bereich überwiegend ackerbaulich genutzter Hochflächen in den mittleren Gebirgslagen des Erzgebirges und im Sächsischen Lösshügelland zur Dämpfung hoher Abflussintensitäten sinnvoll, sofern andere Maßnahmen (zum Beispiel dauerhaft konservierende Bodenbearbeitung, Direktsaat, Dauerkulturen) zur Zielerreichung nicht ausreichend geeignet sind.
Technischer Hochwasserschutz
FZ 32 (Bezug zu G 4.1.2.6, Z 4.1.2.10)
Technische Anlagen des Hochwasserschutzes sind so zu planen, baulich zu gestalten und zu betreiben, dass die ökologische Durchgängigkeit, Lebensraum- und Biotopverbundfunktion sowie Dynamik der betroffenen Fließgewässer und ihrer Auen so wenig wie möglich beeinträchtigt werden.
Sachsen war in der jüngeren Vergangenheit von mehreren großen Hochwasserereignissen betroffen. Der Freistaat reagierte darauf durch die Aufstellung von Hochwasserschutzkonzepten. Die Inhalte dieser Konzepte werden auch in die Hochwasserrisikomanagementpläne gemäß der HWRM-RL eingehen. Da die vorrangigen, weil ökologisch verträglicheren vorbeugenden Maßnahmen des nichttechnischen Hochwasserschutzes teilweise nicht ausreichen, um bei Siedlungen und wichtiger Infrastruktur das allgemein angestrebte Schutzziel des HQ 100 zu sichern, setzt der Freistaat Sachsen verstärkt technische Hochwasserschutzmaßnahmen um (Hochwasserschutzinvestitionsprogramm). Aufgrund der erheblichen Eingriffe in die Gewässerlebensräume (vergleiche die Begründung zu FZ 31) sollen technische Anlagen des Hochwasserschutzes nur dann errichtet werden, wenn sie auch unter dem Aspekt eines Vorrangs vorbeugender Maßnahmen des Hochwasserschutzes unvermeidbar sind. Die ökologische Durchgängigkeit, die Lebensraum- und Biotopverbundfunktion (Kohärenz) sowie die Dynamik der betroffenen Fließgewässer und ihrer Auen ist für den Bereich der technischen Anlagen selbst (hier aber nur eingeschränkt möglich) und insbesondere für die oberhalb und unterhalb von Stauanlagen (zum Beispiel Hochwasserrückhaltebecken) gelegenen Abschnitte der Fließgewässer zu gewährleisten. Dies ist auch deshalb notwendig, um die Ziele der WRRL (guter ökologischer und guter chemischer Zustand) und der FFH-RL (günstiger Erhaltungszustand der relevanten Lebensraumtypen und Arten) erreichen zu können. Folgende Maßnahmen sind unter anderem erforderlich:
Sicherung der Durchgängigkeit (zum Beispiel durch „Ökostollen“ bei Hochwasserrückhaltebecken),
Regulierung der Einstau- und Abstauereignisse so, dass eine hinreichende Gewässerdynamik (unter anderem Geschiebetransport, Überflutungsregime) gewährleistet bleibt,
Dimensionierung der technischen Anlagen unter Beachtung und Ausschöpfung der Möglichkeiten des vorbeugenden Hochwasserschutzes im Einzugsgebiet,
Freihaltung besonders naturnaher und wertvoller Gewässerabschnitte von technischen Großprojekten,
bezüglich der Kohärenz- und Ausgleichsmaßnahmen Planung und Umsetzung vorzugsweise zusammenhängender Renaturierungsprojekte (ebenfalls mit Pilotcharakter und großer Dimension) anstelle verstreuter Einzelmaßnahmen.
Die aus naturschutzfachlicher Sicht prioritär zu schützenden, besonders naturnahen und wertvollen Fließgewässer(abschnitte) ergeben sich insbesondere aus der Kulisse strenger Schutzgebiete (NSG, FND, Kern- und Pflegezone BR, NLP), der Gebietskulisse Natura 2000 (hier Kartierung und Bewertung der LRT und Arthabitate entsprechend den aktuellen Managementplänen) sowie der Übersicht der Kernflächen des landesweiten Biotopverbundes.
Fließgewässer und Bergbau
FZ 33 (Bezug zu Z 4.1.2.1, Z 4.1.2.5)
Die nachbergbauliche Beeinflussung der Fließgewässer durch den Braunkohlenbergbau, wie beispielsweise durch den diffusen Übertritt von stofflich belastetem, saurem Grundwasser nach Abschluss des Grundwasserwiederanstieges, ist zu vermeiden oder weitgehend zu reduzieren.
Die Beeinflussung der Fließgewässer durch die Hinterlassenschaften des stillgelegten Braunkohlenbergbaus hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen und kann auch weiterhin noch zunehmen. Die Prognosen gehen zum Beispiel für Sulfat von einem hohen Belastungsniveau für die kommenden Dekaden aus. Danach wird eine langfristige, langsam abnehmende Belastung der betroffenen Fließgewässer prognostiziert. Folgende Eintragsquellen für Sulfat sind im Zusammenhang mit dem Bergbau relevant: Eintrag über Sümpfungswässer aus Tagebauen; Eintrag aus Tagebaurestseen, die zum Teil auch zur Wasserspeicherung genutzt werden; diffuser Eintrag über Grundwässer aus Tagebaugebieten. Darüber hinaus gelangt Sulfat anthropogen bedingt auch über den atmosphärischen Schwefeleintrag (Verbrennung fossiler Brennstoffe) sowie durch direkte (zum Beispiel Kläranlagen) und diffuse Einträge (Bodenerosion, Einträge aus der Landwirtschaft) in Fließgewässer. Eine hohe Sulfatkonzentration in den Fließgewässern stellt die Trinkwassergewinnung aus Uferfiltrat vor ein Problem, da der Trinkwasserindikatorwert von 240 mg/l Sulfat insbesondere aus technischen Gründen eingehalten werden muss, um gesundheitlichen Risiken vorzubeugen. In gewässerökologischer Hinsicht können erhöhte Sulfatkonzentrationen eutrophierungsfördernd wirken und die Gewässerbiozönosen beeinflussen. Sulfat kann auch zur Mobilisierung von im Sediment festgelegtem Phosphor führen. Für andere braunkohlenbergbaubürtige Stoffe liegen bisher keine Prognosen vor. Beispiele, wie der Unterlauf der Kleinen Spree, der Unterlauf des Wasserkörpers Spree-4 und die Pleiße, zeigen aber, dass der Eiseneintrag so erheblich sein kann, dass es zu einer starken Braunfärbung des Wassers und zur Ablagerung von Eisenhydroxid kommt. Beide Erscheinungen bewirken eine deutliche Reduzierung der biozönotischen Vielfalt im Gewässer und verhindern einen guten ökologischen Zustand beziehungsweise gutes ökologisches Potenzial. Ursache für diese Entwicklung ist die Pyritverwitterung in den entwässerten und belüfteten, auch nicht devastierten geologischen Schichten, die zur Bildung von Schwefelsäure, Sulfat und Eisen führt. Diese Stoffe werden nach Grundwasserwiederanstieg mit dem Grundwasser diffus in die Fließgewässer eingetragen und bewirken eine starke Verschlechterung der Wasserqualität. Da es sich um einen flächenhaften und diffusen Übertritt der belasteten Grundwässer in die Fließgewässer handelt, sind effektive Maßnahmen sehr umfangreich, vielgestaltig und sehr kostenintensiv, sodass die Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen nach WRRL eingehend geprüft werden muss.
2.4.2.3
Standgewässer
FZ 34 (Bezug zu Z 4.1.1.12, G 4.1.1.15 und Z 4.1.1.16)
Die sächsischen Teichlandschaften sollen als wesentliche Bestandteile der sächsischen Kulturlandschaft und Zentren der Biodiversität mit ihren vielgestaltigen Lebensräumen gefährdeter Arten und Biotope sowie als Produktionsstandort gesunder Nahrungsmittel geschützt, gepflegt und entwickelt werden.
Teichgebiete sind wesentliche Bestandteile sächsischer Kulturlandschaften und zugleich mit ihren reichhaltigen Biotopmosaiken Zentren der Biodiversität. In deutschlandweit einmaliger Dichte prägen sie im Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet/Hornjołužiska hola a haty das Landschaftsbild. Von überregionaler Bedeutung sind beispielsweise weiterhin der große Torgauer Teich, die Teichgebiete von Moritzburg, Wermsdorf, Eschefeld und Großhartmannsdorf. Der naturschutzfachliche Wert eines Teiches steigt bei nicht zu hoher Bewirtschaftungsintensität in der Regel mit seiner Strukturvielfalt durch vielgestaltige Ufer, Flachwasserbereiche und ausgeprägte Verlandungszonen (submerse Vegetation, Röhrichte, Rieder, Brüche). Die sächsischen Teiche sind teilweise bereits vor über 600 Jahren zur Aufzucht von Fischen, überwiegend Karpfen, und als Bergwerksteiche angelegt worden und haben zum Zwecke der Fischproduktion bis heute überdauert, dienen teilweise aber auch der Brauch- und Rohwasserbereitstellung und dem Hochwasserschutz. Zu ihrer Erhaltung hat die kontinuierlich fortgesetzte Bewirtschaftung durch gut ausgebildete Fachleute beigetragen. Da es sich bei den Teichen um künstliche Stillgewässer handelt, kann ihr Fortbestehen nur durch Pflegemaßnahmen gesichert werden. Am besten lassen sich diese durch die Beibehaltung einer den ökologischen Werten gerecht werdenden ordnungsgemäßen Teichbewirtschaftung umsetzen. Dabei spielen unter anderem der Umgang mit Fischkrankheiten, der Einsatz von Anlagen zur hochintensiven Fischproduktion im Teich, die Kormoranvergrämung, der Fischbesatz und die Kalkung von Teichen eine entsprechende Rolle. Bei ausgewählten, für Naturschutz und Landschaftspflege besonders wertvollen Teichen, insbesondere in Natura 2000-Gebieten und NSG, gehen die naturschutzfachlichen Anforderungen teilweise über eine ordnungsgemäße Teichbewirtschaftung hinaus und erfordern eine naturschutzgerechte Teichbewirtschaftung beziehungsweise -pflege. Diese ist Gegenstand von Vereinbarungen im Rahmen der Naturschutzförderung, die auch zukünftig eine wesentliche Voraussetzung für die Umsetzung von Naturschutzzielen an Teichen und in Teichgebieten ist. Bei der Entwicklung der Teichlandschaften sollen auch der projizierte Klimawandel und die zu befürchtende Verknappung der Wasserressourcen in einigen Regionen Sachsens berücksichtigt werden. Bei der Teichbespannung aus Fließgewässern sind Beeinträchtigungen der Fließgewässer, die zu Konflikten mit den Umweltzielen der WRRL führen können, möglichst zu vermeiden.
2.5
Klima, Luft, Lärm
2.5.1
Einführung
Aus Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes beziehungsweise der Landschaftsplanung sind hinsichtlich der Schutzgüter Klima und Luft sowie – bezogen auf das Themenfeld Lärm – der Schutzgüter Mensch und biologische Vielfalt insbesondere die für das Siedlungsklima bioklimatisch und lufthygienisch wirksamen Ausgleichsräume, der Klimawandel und seine Folgen sowie landschaftsplanerische Aspekte der Luftqualität, Luftreinhaltung und Lärmvermeidung von Bedeutung.
Siedlungsklima
Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit werden durch das Bioklima, also die Gesamtheit aller auf lebende Organismen wirkenden Faktoren des Klimas, mitbestimmt. Belastungen treten vor allem in austauscharmen Becken- und Tallagen mit häufigen Inversionsereignissen auf und werden in Ballungsgebieten durch Luftschadstoffe noch weiter verstärkt. Aus klimaökologischer Sicht wird zwischen Wirkungsräumen und Ausgleichsräumen unterschieden. Wirkungsräume sind bebaute und versiegelte Räume, in denen besonders häufig klimabedingte Belastungen auftreten. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Wärme- und Schadstoffbelastungen aufgrund der Auswirkungen strahlungsreicher Hochdruckwetterlagen mit hoher Lufttemperatur bei geringer Luftbewegung sowie mit resultierender Akkumulation von Immissionen. Ausgleichsräume sind den Wirkungsräumen räumlich-funktional benachbarte beziehungsweise zuordenbare, unbebaute beziehungsweise gering versiegelte Räume. Sie besitzen ein klimaökologisches und lufthygienisches Ausgleichsvermögen, vor allem durch die Kaltluft- und Frischluftproduktion und deren Abfluss. Die Landschaftsplanung soll dazu beitragen, die bioklimatisch und lufthygienisch wirksamen Ausgleichsräume sowie die Abflussbahnen für Frisch- und Kaltluft in die Siedlungen hinein funktionsfähig zu erhalten. Bei Bedarf sollen neue Ausgleichsräume entwickelt werden. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch die Sicherung und gegebenenfalls Neuentwicklung räumlich naher sogenannter „Klimaökologischer Komfortinseln“ als Erholungsflächen vor allem aus gesundheitlicher Sicht, am besten benachbart oder in der Nähe der Wirkungsräume.
Klimawandel und Biodiversität
Das Klima auf der Erde, in Deutschland und in Sachsen verändert sich durch den anthropogen bedingten Klimawandel. In Sachsen liegt der Anstieg der Jahresmitteltemperatur im Zeitraum 1980 bis 2009 oberhalb von 1 °C. Für die Temperaturverteilung in Sachsen bedeutet dies, dass sich die Isothermen der Jahresmitteltemperatur (Linien, die Orte gleicher Temperatur miteinander verbinden) innerhalb von nur drei Jahrzehnten um circa 200 m in höhere Lagen verschoben haben. Am deutlichsten sind die Anstiege der Temperaturen im Frühjahr und Sommer ausgeprägt. Der Temperaturanstieg im Sommer beträgt seit Mitte der 1980er-Jahre bereits circa 1,5 °C. Auch im Frühjahr gibt es in Sachsen seit Beginn der 1980er-Jahre einen kontinuierlichen Temperaturanstieg um circa 1,8 °C. Frühjahr und Sommer sind damit deutlich aus dem Temperaturbereich der letzten 200 Jahre herausgetreten. Der Beginn der Vegetationszeit hat sich bereits um etwa einen Monat nach vorn verschoben (BOBETH et al. 2010). Der Niederschlag und seine Trends sind zeitlich und räumlich sehr variabel. Im Zeitraum 1901 bis 2006 war für Sachsen von allen Bundesländern im Vergleich der deutlichste Trend eines Niederschlagsrückganges zu verzeichnen, und zwar ein Rückgang um -5,7 Prozent. Außer Brandenburg (-1,4 Prozent) wiesen alle anderen Bundesländer in diesem Zeitraum eine Zunahme der mittleren Jahresniederschläge auf (Schleswig-Holstein +12,6 Prozent). Niederschlagszunahmen im Winter fallen in Sachsen so abgeschwächt aus, dass die Niederschlagsabnahmen im Zeitraum 1901 bis 2006 in den anderen drei Jahreszeiten nicht mehr ausgeglichen werden. In Sachsen traten 1976 bis 2000 im Vergleich zu 1951 bis 1975 einheitliche Niederschlagstendenzen der Abnahme im Sommer und der Zunahme im Winter auf. Räumlich gesehen bestehen im Südwesten Sachsens Zunahmetendenzen beim mittleren Jahresniederschlag, während in den anderen Regionen Abnahmen vorherrschen (BOBETH et al. 2010). Auch die Großwetterlagen verändern sich. Hierbei treten insbesondere Südwestlagen und Troglagen (markante Nord-Süd-orientierte Zirkulationsmuster) häufiger und zum Teil lang anhaltend auf. Sie haben in den vergangenen Jahren in zunehmendem Maße Abweichungen des Temperatur- und Niederschlagsgeschehens zur Folge und verursachen eine Zunahme von Extremereignissen in Mitteleuropa maßgeblich mit (zum Beispiel lang andauernde sommerliche Hitzeperioden oder lange und starke Niederschlagsperioden). Die Abschätzung zukünftig möglicher klimatischer Entwicklungen erfolgt durch Klimaprojektionen auf der Grundlage von Klimamodellen. Die Ergebnisse sind grundsätzlich nicht als Vorhersage des zukünftigen klimatischen Geschehens zu verstehen, sondern beschreiben anhand von verschiedenen, gleichberechtigten Szenarien (Wenn-Dann-Prinzip) alternative Entwicklungsmöglichkeiten. So bewegt sich die von IPCC (2007) projizierte Erhöhung der globalen Mitteltemperatur bis zum Ende des 21. Jahrhunderts in Abhängigkeit vom Treibhausgas-Emissionsszenario zwischen 1,1 und 6,4 °C. Eine zu erwartende Temperaturerhöhung für Mitteldeutschland wird von allen Modellen wiedergegeben, insofern ist dieses Signal eindeutig, nur die Stärke (ob 2 °C oder bis zu 6 °C bis 2100) noch unsicher. Für Sachsen liegen regionalisierte Klimaprojektionen unter anderem anhand der Modelle WEREX beziehungsweise WETTREG vor, die Projektionsreihen bis zum Jahr 2100 umfassen. Stark zusammengefasst ergeben sich die folgenden projizierten Klimasignale (BOBETH et al. 2010):
kontinuierlicher Temperaturanstieg in allen Jahreszeiten, nach WETTREG 2010 am stärksten im Winter und Sommer,
bei einem durch ungebremste THG-Emissionen weiterhin forcierten Klimawandel ist in Sachsen auch eine Erwärmung über 4 °C hinaus nicht auszuschließen (nach WEREX III circa 3 °C, WEREX IV 2 bis 3 °C, WETTREG 2010 3 bis 4 °C in der Periode 2071 bis 2100 wärmer als in der Vergleichsperiode 1961 bis 1990),
bezüglich des Niederschlages ist für den Sommer und damit die Hauptwachstumszeit ab Mitte des 21. Jahrhundert mit einem starken Rückgang der Niederschläge um etwa 20 Prozent sowie einer anschließenden Stabilisierung auf niedrigem Niveau zu rechnen (Klimasignal „Sommertrockenheit“),
von einem Niederschlagsrückgang sind nach dem Regionalisierungsmodell WETTREG 2010 insbesondere Regionen in Nord- und Ostsachsen betroffen,
in Kombination mit den erhöhten Temperaturen (Zunahme der Verdunstung) verschärft sich die Klimatische Wasserbilanz und somit die Wasserverfügbarkeit in der Vegetationszeit teilweise erheblich.
Diese Klimaveränderungen, in Kombination mit einer Zunahme von Extrem-Wetterereignissen, wie Hagel, Tornados, Starkniederschläge, Stürme und Hitze, wirken sich auf alle Belange von Natur und Landschaft, Wasser, Boden, die Landnutzungen und die menschliche Gesellschaft aus (Klimafolgen). Um die Klimafolgen im erträglichen Rahmen zu halten, sind an erster Stelle Maßnahmen zum Klimaschutz und parallel Anpassungsstrategien und -maßnahmen an den nicht abwendbaren Klimawandel unerlässlich. Damit die Auswirkungen des Klimawandels einigermaßen beherrschbar bleiben, müssen neben der umgehenden Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen die Ökosystemdienstleistungen zum Schutz des Klimas optimiert werden. Dazu sollen auch die Raumordung und Landschaftsplanung beitragen, zum Beispiel indem Möglichkeiten der Reduktion von Treibhausgasen bei raumbedeutsamen Planungen beachtet werden und Ökosysteme mit herausgehobener Funktion als Speicher und Senken von Kohlenstoff gesichert, renaturiert beziehungsweise neu entwickelt werden. Dafür sind die räumlichen und planerischen Voraussetzungen zu schaffen. Zu nennen sind hier insbesondere naturnahe Wälder, Moore und andere Feuchtgebiete sowie Grünland. Darüber hinaus müssen auch die bestehenden Landnutzungen hinsichtlich ihrer ökologischen Leistungsfähigkeit für den Klimaschutz geprüft und bei Erfordernis diese Leistungsfähigkeit verbessert werden. Für die gleichzeitig notwendigen Klimaanpassungsmaßnahmen im Bereich Biodiversität und Naturschutz sind folgende Kernthesen zu benennen:
Biodiversitätsveränderungen infolge des Klimawandels werden in Zukunft auch in Sachsen an Bedeutung gewinnen.
Ökosysteme und Arten sind bereits vielfältigen Beeinträchtigungen ausgesetzt. Klimawandel als zusätzlicher Wirkfaktor kann demgegenüber einerseits von geringerer Relevanz sein, andererseits aber auch die letztlich entscheidende Beeinträchtigung darstellen.
Neben den direkten Effekten des Klimawandels werden Ökosysteme und Arten künftig mit Effekten durch eine veränderte Landnutzung zum Schutz des Klimas (Energiegewinnung aus Biomasse, Wind- und Wasserkraft) beziehungsweise in Anpassung an den Klimawandel (zum Beispiel Beregnung bei Sonderkulturen in der Landwirtschaft) konfrontiert. Dadurch können zusätzliche Konkurrenzen und Gefährdungen (Grundwasserhaushalt, Bodenversalzung und so weiter) entstehen, die entsprechende Vermeidungsstrategien (Anpassungen) erfordern.
Viele Arten und Lebensraumtypen werden Veränderungen ihrer Häufigkeiten und Areale aufgrund von Klimaveränderungen erfahren. Diese Veränderungen können sowohl zu Abnahme bis hin zu regionalem Aussterben als auch zu Zunahme oder Neueinwanderung führen.
Der Klimawandel wird direkte physiologische Wirkungen und indirekte ökologische Wirkungen entfalten. Diese werden sich beispielsweise in vermehrtem oder verringertem Wachstum, früheren phänologischen Terminen und veränderter Konkurrenzfähigkeit widerspiegeln. Durch sich verschiebende Phänologien werden sich bestehende Nahrungsnetze desynchronisieren/entkoppeln.
Als langfristig besonders gefährdet durch den Klimawandel gelten Arten und Biotope, deren Habitate beziehungsweise Standorte verschwinden oder starken Veränderungen beziehungsweise Fragmentierungen unterliegen. Das ist beispielsweise für solche Arten und Biotope zu erwarten, die an kühle und feuchte Bedingungen angepasst sind (zum Beispiel Moore, hochmontan-subalpine Florenelemente). Bei wärmeliebenden und an Trockenheit angepassten Arten ist dagegen eher eine Ausbreitung nach Norden und in höhere Lagen der Gebirge wahrscheinlich (wenn geeignete Lebensräume vorhanden sind beziehungsweise entstehen) und teilweise schon zu beobachten (zum Beispiel bestimmte Libellen- und Heuschreckenarten).
Die Geschwindigkeit des Klimawandels übersteigt für eine Vielzahl von Arten und Biotopen deren Ausbreitungs- beziehungsweise Anpassungsfähigkeit.
Durch die unterschiedlichen Reaktionsgeschwindigkeiten beziehungsweise Ausbreitungsfähigkeiten kommt es wahrscheinlich zu einer räumlichen und zeitlichen Entmischung bisher bestehender Artengemeinschaften und damit zur Herausbildung neuartiger Lebensgemeinschaften. Hierzu werden auch Arten beitragen, die gegenwärtig in Deutschland noch nicht einheimisch sind, deren Areale sich aber als Folge der Klimaveränderung verschieben. Besondere Beachtung erfordern Neobiota, die bewusst oder unabsichtlich vom Menschen eingeführt/eingeschleppt wurden beziehungsweise zukünftig werden. Mit ihnen können Gefahren, aber auch Chancen verbunden sein. Gerade das Auftreten „jüngerer Neobiota“ ist häufig kritisch zu beurteilen.
Je nach Lage der einzelnen Regionen, der dort projizierten Klimaveränderungen und der vorhandenen Artenpools sind die Auswirkungen des Klimawandels unterschiedlich einzuschätzen. Vieles ist im Hinblick auf die Folgewirkungen für die Biodiversität noch nicht genau bekannt. Deshalb sollten die Auswirkungen des Klimawandels auf Arten, Biotope und Lebensgemeinschaften zukünftig verstärkt untersucht (zum Beispiel im Rahmen eines entsprechenden Monitorings) und hinsichtlich ihrer Bedeutung abgeschätzt werden.
Ferner ist mit dem Auftreten neuer Schadorganismen und deren Folgewirkungen zu rechnen.
Mit der Änderung der Biodiversität ist eine Änderung bestimmter Ökosystemdienstleistungen wahrscheinlich, wie zum Beispiel Wasserdargebot und Selbstreinigungsfunktion, genetische Vielfalt, Landschaftsbild, Landnutzung und Erholungswert.
Bestimmte Ökosysteme, wie zum Beispiel Wälder, wachsende Moore, Grünländer, können eine bedeutende Funktion als Speicher und Senken von Kohlenstoff übernehmen. Ihre Erhaltung ist wesentlich zur Vermeidung zusätzlicher CO₂-Emissionen.
Auch vor dem Hintergrund des Klimawandels kommt einer hohen Artenvielfalt zunehmende Bedeutung zu.
Luftqualität
Die Luftqualität in Sachsen wird durch ein stationäres Luftmessnetz kontinuierlich überwacht. Die Belastungen durch Luftschadstoffe sind zwischen 1990 und 2010 deutlich zurückgegangen. Trotzdem sind nach wie vor, auch zum Schutz von Natur und Landschaft und zum Erhalt der Erholungsfunktion der Landschaft, weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung erforderlich (vergleiche unter anderem die jährlichen Immissionsberichte auf http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/luft/5693.htm, Schlutow et al. 2010). Die Emissionen von Versauerungs- und Eutrophierungsgasen (SO₂, HCl, NO
x
und NH₃) haben seit 1990 bereits um circa 92 Prozent beziehungsweise um circa 44 Prozent abgenommen. Betrachtet man den Zeitraum der letzten 20 Jahre (1990 bis 2010), so sind fast alle untersuchten nassen Depositionen (Eintrag von Luftschadstoffen in Ökosysteme durch den Niederschlag) rückläufig (mit Ausnahme von Na+). Die Schwefeldepositionen haben sich seit 1995 (Mittelwert von 1991 bis 1995) um mehr als 60 Prozent reduziert. Die früheren, zum Teil sehr hohen Immissionen wirken sich aber noch nachhaltig auf Boden, Wasser und davon ausgehend auf die Vegetation aus. Insbesondere die Böden verfügen über ein „Langzeitgedächtnis“, sodass ihre regionsweise starke Versauerung anhält (zum Beispiel in Nadelwaldökosystemen der oberen Lagen des Berglandes, in der nördlichen Oberlausitz und in der Dübener Heide). Nach einem leichten Anstieg Mitte der 1990er-Jahre reduzierten sich die Gesamtstickstoff-Depositionen (aus Nitrat- und Ammoniumionen) in den letzten 20 Jahren um reichlich 10 Prozent (PAUSCH 2011). Trotzdem sind die Stickstoffeinträge, die seit Jahren zu einer fortschreitenden schleichenden Eutrophierung der Ökosysteme führen, auf hohem Niveau und überschreiten auf 99 Prozent der Rezeptorfläche die Critical Loads (Belastungsgrenzen) der Ökosysteme (SCHLUTOW & SCHEUSCHNER 2009). Hohe Belastungen durch Stickstoffverbindungen mit eutrophierender Wirkung auf Ökosysteme betreffen insbesondere das Erzgebirgsvorland, das Erzgebirge (vor allem Heiden und Grünland auf nährstoffärmeren Standorten im Osterzgebirge), die Sächsische Schweiz sowie die Waldreviere der Dresdner Heide, des Tharandter Waldes und der Dübener Heide. Der Luftschadstoff Ozon bereitet nach wie vor Probleme. Belastungen durch hohe Ozonkonzentrationen treten auch fernab von Emissionsquellen der Vorläufersubstanzen (VOC, CO, NO
x
) auf und führen unter anderem zu Schäden an der Vegetation in naturnahen Gebieten (obere Lagen und Kammlagen des gesamten Erzgebirges, des Vogtlandes sowie des Zittauer Gebirges). Zum Beispiel werden sie mitverantwortlich gemacht für neuartige Waldschäden. Die Zielwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit und zum Schutz der Vegetation werden nach wie vor bei bestimmten Wetterlagen (lang anhaltende Hochdruckwetterlagen mit hohen Temperaturen und überdurchschnittlicher Sonneneinstrahlung) vor allem bei den ländlichen Messstationen überschritten (PAUSCH 2011).
Einen besonderen Schutz vor Schadstoffbelastungen benötigen siedlungsklimatisch bedeutsame Bereiche gemäß Z 4.1.4.1, Erholungs- und Kurgebiete sowie Vorkommen von besonders schutzwürdigen Arten, Biotopen und Pflanzengesellschaften. Zu den Erholungs- und Kurgebieten zählen Schutzgebiete nach Bundesnaturschutzgesetz mit einem vorrangigen Schutzzweck Erholung (Landschaftsschutzgebiete, Naturparke), Freiräume für naturverbundene Heilung und Erholung im Umfeld von Kliniken, Bade- und Kureinrichtungen, kulturhistorisch attraktive Erholungsgebiete zum Beispiel im Bereich von Ferienstraßen, siedlungsnahe Gebiete für die Nah- und Kurzzeiterholung, bereits bestehende und in Entwicklung begriffene Erholungsgebiete in der Bergbaufolgelandschaft sowie Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Kulturlandschaftsschutz gemäß Z 4.1.1.12. Zu den aus Naturschutzsicht besonders wertvollen und vor hohen Schadstoffbelastungen zu schützenden Bereichen zählen Schutzgebiete nach
Bundesnaturschutzgesetz
, das Netz Natura 2000 sowie weitere Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Arten- und Biotopschutz gemäß Z 4.1.1.16.
Neben den technischen und administrativen Maßnahmen zur Luftreinhaltung ist auch die Einhaltung der spezifischen ökologischen Belastungsgrenzen (Critical Loads) für Luftschadstoffe zum Schutz von Ökosystemen (zum Beispiel Moore, Wälder, Magerrasen und Heiden) erforderlich.
2.5.2
Fachliche Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen
2.5.2.1
Siedlungsklima
Erläuterungen und Kriterien (Bezug zu Z 4.1.4.1)
Die Karte „Bioklimatisch und lufthygienisch wirksame Räume“ gibt einen Überblick zu den siedlungsklimatisch bedeutsamen Bereichen aus landesweiter Sicht (http://www.umwelt.sachsen.de/ umwelt/natur/26256.htm). Insbesondere sind Gebiete mit hohem Grünlandanteil für die Entstehung und den Abfluss von Kaltluft (weiße Flächen in der Karte; Pfeile bezeichnen Flächen mit dominierendem, starkem Kaltluftfluss) und größere Waldgebiete (grüne Signatur, relevant für die Entstehung von Frischluft) als bioklimatische und lufthygienische Ausgleichsräume von Bedeutung. Hohe sommerliche Wärmebelastungen, verbunden mit der Häufigkeit austauscharmer Wetterlagen (Inversionslagen), sind vor allem für das dicht besiedelte südliche Elbtal im Ballungsraum von Meißen über Dresden bis Pirna zu verzeichnen. Darüber hinaus kommen sie auch im Leipziger Raum, den Industriestädten im Erzgebirgsbecken, in den unteren Lagen des Erzgebirges und deren Vorland sowie im Raum Zittau häufiger vor. Aus bioklimatischer Sicht wichtige Gebiete für die Entstehung und den ungehinderten Abfluss von Kaltluft sind unbewaldete Freiflächen des Elstergebirges, Vogtlandes, Erzgebirges und Lausitzer Berglandes. Die Abflüsse dieser Kaltluft verlaufen dann über die Talsysteme sowie über Grünlandflächen. So sind beispielsweise für die Dresdner Elbtalweitung die südlichen (linken) Seitentäler der Elbe und die rechtselbischen Täler/Hochflächen für die Kalt- und Frischluftzufuhr in den Ballungsraum unverzichtbar. Weitere regional bedeutsame Kaltluftbahnen verlaufen zum Beispiel in den Tälern von Spree (für den Raum Bautzen) und Lausitzer Neiße (von Zittau bis Görlitz). In der Karte sind außerdem (mit blauen Signaturen) Kaltluftsammelgebiete und Gebiete mit Kaltluftstau dargestellt. In weiten Bereichen des nordsächsischen Tieflandes, in Teilen des Lösshügellandes sowie in Talsohlen bilden sich Kaltluftsammelgebiete heraus, wenn bei fehlender oder geringer Hangneigung die Kaltluft nicht abfließen kann. Wird die Kaltluft in Flusstälern durch abriegelnde Bebauung oder dichte Bewaldung im weiteren Abfluss behindert, entstehen Kaltluftstaus (zum Beispiel in Talabschnitten der Zwickauer und Freiberger Mulde, Weißen Elster, Zschopau, Flöha, Spree). In Kaltluftsammelgebieten und Bereichen mit Kaltluftstaus können sich bei austauscharmen Wetterlagen Luftschadstoffe besonders aus bodennahen Emissionsquellen anreichern. Die landesweite Übersichtskarte „Bioklimatisch und lufthygienisch wirksame Räume“ hat maßstabs- und darstellungsbedingt Grenzen in der Aussagefähigkeit, was bei Verwendung der Karte im Zuge der Landschaftsrahmenplanung zu beachten ist. So wirkt beispielsweise das Elbtal teilweise auch als Gebiet mit Kaltluftfluss (Ausgleichsraum). Aber auch im Siedlungsraum gibt es Kaltluftentstehungs- und somit Ausgleichsräume, was in der Karte nicht im Detail darstellbar ist. Eines besonderen Schutzes bedürfen die für das Siedlungsklima bedeutsamen Grünflächen (vor allem Grünland, Gehölze, Wälder, Gewässerauen) in den Ballungsräumen und Städten sowie in deren unmittelbarem Umfeld. Bei der Auswahl von Flächen zur Festlegung siedlungsklimatisch bedeutsamer (großflächiger) Frisch- und Kaltluftentstehungsgebiete im Zuge der Landschaftsrahmenplanung sollen folgende Kriterien Beachtung finden:
gesicherter Kaltluftabfluss,
keine bedeutenden Emittenten im näheren Umfeld,
keine stark befahrenen Straßen,
geringe Grundbelastung,
gute bodennahe Durchlüftungsverhältnisse.
Für die Sicherung/Optimierung regional und überregional bedeutsamer Leitbahnen für Kalt- und Frischluftflüsse als Ausgleichsräume für den Luftaustausch gelten folgende Kriterien:
unversiegelte Flächen mit geringer Rauhigkeitslänge,
gegebenenfalls Nutzungsänderung zur Erhöhung der Durchlässigkeit (zum Beispiel Entsiegelung als Kompensationsmaßnahme),
Mindestbreite 300 m,
Leitbahnquerschnitt ohne abriegelnde Hindernisse,
Ausrichtung auf Wirkungsräume.
Zwischen Gebieten mit erhöhter oder zunehmender Immissionsbelastung sind ausreichende Freiflächen als Entstehungs- und Abflussgebiete für Kalt- beziehungsweise Frischluft zu erhalten und zu sichern. Bei der Planung und Durchführung von Bauvorhaben sollen Beeinträchtigungen der klimatischen Ausgleichsleistungen vermieden werden. In Luftaustauschbahnen, die der Frischluftversorgung von Siedlungsgebieten dienen, haben alle Maßnahmen zu unterbleiben, die sie in dieser Funktion beeinträchtigen würden. Insbesondere ist die Ansiedlung luftverunreinigender Betriebe zu vermeiden. Die lufthygienischen Verhältnisse (Kalt- beziehungsweise Frischluftentstehungs- und -abflussgebiete, Luftleitbahnen, Teilräume mit hoher Luftbelastung oder Überwärmungsgefahr) sind bei Planungen, insbesondere für Großprojekte wie emissionsintensive Betriebe, verstärkt zu berücksichtigen.
2.5.2.2
Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel
FZ 35 (Bezug zu G 4.1.1.19) Bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die Möglichkeiten zur Erhaltung und Erhöhung der C-Senken- und -Speicherkapazität der Landschaft besonders zu berücksichtigen.
Damit der Freistaat Sachsen zum Klimaschutz beitragen kann, müssen neben der weiteren Reduzierung der Emissionen von klimaschädlichen Treibhausgasen bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen auch die Möglichkeiten zur Erhaltung und Erhöhung der C-Senken- und -Speicherkapazität der Landschaft beziehungsweise der Ökosysteme besonders berücksichtigt werden, unter anderem durch:
verstärkte Aufstellung und Berücksichtigung von Treibhausgasbilanzen zur Bewertung von raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen,
besondere Berücksichtigung der Wirkungen als Senke oder Quelle für Treibhausgase (vor allem COCO₂) bei der Planung und Genehmigung von Landnutzungsänderungen,
verstärkte Beachtung von natürlichen C-Senken und -Speichern, zum Beispiel durch Erhaltung und Entwicklung naturnaher Moore, durch Wiedervernässung revitalisierbarer organischer Böden, durch strikte Begrenzung der Umwandlung von Grün- in Ackerland, durch Waldmehrung, eine ordnungsgemäße Waldbewirtschaftung unter Beachtung ökologischer Grundsätze und ökologischen Waldumbau.
In die Umweltprüfungen und die Bewältigung der Eingriffsregelung bei Planungen und Genehmigungsverfahren sind daher Klimachecks zu integrieren, die mögliche Wirkungen von Planungen und Maßnahmen auf die klimatischen Verhältnisse untersuchen.
FZ 36 (Bezug zu Z 4.2.1.2, Z 4.2.2.3 und Z 5.1.1)
Klimaschutzmaßnahmen, vor allem die Ausweitung des Anteils der Erneuerbaren Energien, und Klimaanpassungsmaßnahmen an die erwarteten Folgen des Klimawandels, zum Beispiel in der Land-, Forst- und Wasserwirtschaft und beim Hochwasserschutz, sollen so konzipiert und umgesetzt werden, dass sie im Einklang mit den Zielen und Anforderungen des Naturschutzes stehen.
Nicht nur der Klimawandel selbst, sondern auch die Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen der Gesellschaft und Landnutzungen können mit erheblichen Auswirkungen auf die natürliche biologische Vielfalt verbunden sein. Darunter fallen auch die Maßnahmen zur Ausweitung des Anteils der Erneuerbaren Energien, insbesondere Windkraft, Biomasseanbau und Photovoltaik (vergleiche Kapitel 5.1 im Festlegungsteil). Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist einerseits notwendig, um die Emission von Treibhausgasen und damit den Temperaturanstieg einigermaßen zu begrenzen. Die Anlagen wie zum Beispiel Windparks (vergleiche dazu FZ 16), die Änderungen in der Landwirtschaft zugunsten des Biomasseanbaus (vergleiche dazu FZ 17) oder der Bau neuer Hochspannungsleitungen (vergleiche dazu FZ 18) können erhebliche negative Wirkungen auf die Biodiversität haben, die es durch die Standortwahl, Ausgleichsmaßnahmen oder Anforderungen an die Betreiber/Landnutzer (zum Beispiel fledermausfreundliche Betriebsalgorithmen bei Windenergieanlagen, Nachhaltigkeitsanforderungen für den Biomasseanbau) zu begrenzen gilt. Darüber hinaus sind Anpassungen der Landnutzungen an die erwarteten Auswirkungen des Klimawandels geplant, so unter anderem in den LEP-Plansätzen Z 4.2.1.2 und Z 4.2.2.3. Diese Anpassungen sollen zum Beispiel Ertragsausfälle in der Landwirtschaft vermeiden oder die Erhöhung des Anteils standortgerechter und klimaangepasster Baumarten (Waldumbau) in der Forstwirtschaft umfassen. Bezüglich der Anpassungsmaßnahmen des Hochwasserschutzes an die zunehmenden Extremereignisse sind es insbesondere die technischen Anlagen wie Hochwasserrückhaltebecken, welche mit nachteiligen Auswirkungen für den Biodiversitätsschutz verbunden sein können. Beregnungen sollen nicht die Problematik eines im Zuge des Klimawandels angespannten Grundwasserhaushaltes oder eine geringere Wasserführung von Oberflächengewässern in Trockenperioden weiter verschärfen, ansonsten wirken sie ebenso wie der Anbau besonders bewässerungsbedürftiger Kulturen in vom Klimawandel stark betroffenen Regionen kontraproduktiv für den Schutz der an Gewässerlebensräume gebundenen Arten und Biotope. Waldmehrung und Waldumbau sollen aus Sicht des Naturschutzes mit jeweils hinreichend hohen Anteilen von Baumarten der natürlichen Waldgesellschaften und standortheimischen Baumarten erfolgen. Eine Beimengung standortgerechter fremdländischer Baumarten – auch in der Landschaftspflege – sollte im Interesse einer erhöhten Anpassungsfähigkeit (Artenvielfalt) nicht generell ausgeschlossen werden.
FZ 37 (Bezug zu G 4.1.1.15, Z 4.1.1.16, G 4.1.1.18 und G 4.1.1.19)
Nachteilige Auswirkungen des Klimawandels für den Schutz der natürlichen biologischen Vielfalt sollen durch eine entsprechende Anpassung der Naturschutzstrategien, -konzepte und -maßnahmen so weit wie möglich vermieden beziehungsweise abgepuffert werden.
Zu erwartende und schon eingetretene Folgewirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität wurden bereits in der Einleitung des Kapitels 2.5 beschrieben. Die Landschaftsplanung soll einen Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel entsprechend ihrer Möglichkeiten leisten. Für den Bereich Biodiversität, Natur und Landschaft sind dabei vor allem folgende Anpassungsstrategien und -maßnahmen relevant:
Es sind vor allem solche naturschutzfachlichen Anpassungsmaßnahmen zu planen und umzusetzen, die auch aus anderen Gründen notwendig und sinnvoll sind (zum Beispiel Biotopverbund) und gleichzeitig die Anpassungsfähigkeit der Natur an den Klimawandel weiter erhöhen (no regret-Strategie).
Ebenso bedeutend sind Strategien, die mögliche Synergien zwischen Klimaanpassung, Klimaschutz und anderen Schutzanforderungen, wie dem Natur-, Boden- und Gewässerschutz, konsequent nutzen. Klimaschutz und Anpassung sollten sich ergänzen (win-win-Strategie). Ein herausragendes Beispiel dafür ist die Renaturierung von Mooren. Notwendig ist auch eine naturschutzverträgliche Strategie zum notwendigen Ausbau der Onshore-Windenergie und der Übertragungsnetze.
Die Biotopverbundplanung ist unter Berücksichtigung der Erfordernisse, die sich durch den Klimawandel ergeben, konsequent weiterzuentwickeln. Es ist ein funktionsfähiger Biotopverbund zu etablieren, um Ausweich- und Wanderungsbewegungen der Arten in bioklimatisch zusagende Räume zu gewährleisten, deren Habitate sich durch den Klimawandel verschieben.
Der Wasserhaushalt von Mooren, Auen und anderen Feuchtgebieten ist zu stabilisieren und zu verbessern, um diese als Lebensräume von spezialisierten Lebensgemeinschaften klimasensitiver Arten zu erhalten und ihre Speicher- und Senkenleistung für Treibhausgase zu sichern, zu erhöhen oder wiederherzustellen. Naturnahe Moore und andere wassergeprägte Lebensräume sind von der Landschaftsrahmenplanung als Vorranggebiete Arten- und Biotopschutz einzubringen (vergleiche Z 4.1.1.16). Moore, die sich für Maßnahmen zur Renaturierung besonders eignen, sind aus der Suchraumkulisse in Karte A 1.2 auszuwählen (vergleiche G 4.1.1.19 und FZ 8). Renaturierungsbedürftige Moore sind von der Landschaftsrahmenplanung als „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ vorzuschlagen (vergleiche Z 4.1.1.6).
Die Instrumente Biotopschutz und Schutzgebiete sind durch Anpassung der Schutzziele und Managementmaßnahmen differenziert und flexibel weiterzuentwickeln (vergleiche FZ 22).
Naturentwicklungsräumen und der Nutzung von Naturprozessen muss unter dem Aspekt des Klimawandels eine höhere Priorität eingeräumt werden. Prozessschutzflächen, die verstärkte Integration von natürlichen Entwicklungen in die Landnutzung, die Entwicklung von Ausweichhabitaten sowie die Bereitstellung ausreichend großer (Puffer)Flächen und Zeithorizonte für dynamische Anpassungsprozesse fördern die eigendynamische Anpassung von Populationen und Ökosystemen an die sich durch den Klimawandel ändernden Umweltbedingungen (vergleiche G 4.1.1.18).
Es sind Konzepte für einen sinnvollen und pragmatischen Umgang mit Neobiota zu entwickeln, die aktuell oder als Folge des Klimawandels invasiv auftreten können und Schutzgüter des Naturschutzes gefährden können. Die in diesen Konzepten entwickelten Managementmaßnahmen sind umzusetzen.
Für die Anpassung an den Klimawandel sind die Naturschutzinstrumente weiterzuentwickeln (zum Beispiel Biotopverbund, Ex situ-Artenschutz), neuartige Konzepte zu erproben (zum Beispiel Ökosystemmanagement, das heißt Schutz funktions- und anpassungsfähiger dynamischer Ökosysteme anstatt bestimmter Arten) und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel durchzuführen (zum Beispiel Umsetzung des Biotopverbundes, Umsiedlung von Arten).
Erhaltung alter Laubwaldbestände über die Umtriebszeit hinaus (zum Beispiel alter Buchen- und Eichenmischwälder), die mit ihrem selbstgeschaffenen Innenklima die Effekte eines Klimawandels für viele Arten abpuffern (Sicherung als Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Arten- und Biotopschutz oder zum Schutz des vorhandenen Waldes, vergleiche auch Karte A 1.5 sowie Z 4.1.1.16, Z 4.2.2.2 und FZ 13).
2.5.2.3
Lufthygiene und Lärmschutz
FZ 38 (Bezug zu Z 4.1.4.1) Waldgebiete mit Funktion als lufthygienisch und bioklimatisch wirksame Ausgleichsräume sowie mit Lärmschutzfunktion sind besonders in Nachbarschaftslage zu urbanindustriellen Ballungsräumen zu erhalten, bei Bedarf hinsichtlich der Waldstruktur zu erneuern und gegebenenfalls zu erweitern. Zur Abschirmung und Pufferung von besonders gefährdeten Wirkungsräumen, vor allem von Wohngebieten, sind Gehölze mit Immissionsschutzfunktion zu erhalten, bei Bedarf zu erweitern beziehungsweise neu anzulegen.
Die entsprechenden Waldgebiete beziehungsweise Gehölze, die zu erhalten sind, sowie Bereiche, in welchen Gehölze mit Immissionsschutzfunktion neu angelegt werden sollten, sind in den Landschaftsrahmenplänen darzustellen.
Waldbestände und Gehölze sind grundsätzlich dazu geeignet, Funktionen als lufthygienisch und bioklimatisch wirksame Ausgleichsräume sowie Lärmschutzfunktionen zu erfüllen. Bedeutsam sind diese Funktionen insbesondere in oder in unmittelbarer Nachbarschaft zu Siedlungen (vor allem zu Wohngebieten) oder zu den Emissionsquellen (zum Beispiel Anlagen der Tierhaltung). Im Mittel kann davon ausgegangen werden, dass Depositionen in Waldstrukturen die 1,3- bis 2,2fache Höhe der Freilandwerte erreichen (SMUL 2005), das heißt Wälder beziehungsweise Gehölze filtern Luftschadstoffe und können Immissionen eingrenzen. Die Baumartenzusammensetzung, Waldstruktur (inklusive Waldrandstruktur) und -bewirtschaftung sowie die Lage und Bestandsgröße beeinflussen die erzielbaren positiven Waldfunktionen für Klima, Luft und Lärm maßgeblich, was bei der Anlage und Pflege entsprechender Wälder und Gehölze zu beachten ist. Zusammenfassend können die Funktionen von Wald und Gehölzen bezüglich Klima, Luft und Lärm wie folgt benannt werden:
sie führen zur Entstehung von größeren Kaltluftvolumina gegenüber Flächen mit niedriger Vegetation (zum Beispiel Grünland), können den Kaltluftabfluss unter Umständen aber auch etwas behindern,
schützen nachgelagerte Flächen vor Windeinwirkung,
fördern den Luftaustausch und tragen damit zu einer Verbesserung des Bioklimas im Siedlungsbereich bei,
verbessern die Luftqualität durch Verstärkung der Thermik und Turbulenz, was zu einer intensiveren Luftdurchmischung beiträgt,
verbessern die Luftqualität durch die Absorption von Luftverunreinigungen und stellen damit ein Senkengebiet für anthropogene Schadstoffemissionen dar,
mindern Verkehrs- und Industrielärm durch verstärkte Schallabsorption.
Bezüglich der Waldflächen kann die Lage von Wäldern mit besonderen Schutzfunktionen im Bereich Luft/Lärm aus der aktuellen Waldfunktionenkartierung entnommen werden. Relevant sind hier die Wälder mit besonderer Klimaschutzfunktion, die Wälder mit besonderer Immissionsschutzfunktion und die Wälder mit besonderer Lärmschutzfunktion beziehungsweise die Wälder mit gesetzlich vorgegebenen Funktionen (Schutzgebiete) als Klimaschutzwald, Immissionsschutzwald oder Lärmschutzwald (nach dem Waldgesetz für den Freistaat Sachsen als Schutzwald ausgewiesen) (SBS 2010). Die Landschaftsplanung kann dazu beitragen, vorhandene Wälder und Gehölze mit besonderen Klima-, Immissions- oder Lärmschutzfunktionen zu sichern und Bereiche mit Bedarf zur Neuanlage solcher Wälder und Gehölze zu ermitteln und im Landschaftsrahmenplan darzustellen. Hierbei besteht eine Verbindung zu den Zielen der Waldmehrung (vergleiche Z 4.2.2.1). Folgende Maßnahmen sind unter anderem im Zuge der Landschaftsrahmenplanung einzubringen:
Erhaltung und gegebenenfalls Optimierung vorhandener Wälder und Gehölze mit besonderer Klima-, Immissions- und/oder Lärmschutzfunktion,
Sicherung solcher Wälder und Gehölze durch Ausweisung als Schutzgebiete und -objekte nach Naturschutzrecht (vor allem Landschaftsschutzgebiet, Geschützter Landschaftsbestandteil), Integration in Frischluftentstehungsgebiete entsprechend Z 4.1.4.1, Integration in andere schutzbezogene Vorrangausweisungen (zum Beispiel Arten- und Biotopschutz gemäß Z 4.1.1.16, Schutz des vorhandenen Waldes gemäß Z 4.2.2.2 oder regionale Grünzüge und Grünzäsuren gemäß Z 1.5.4 und Z 2.2.1.8),
angemessene Pflege und Bewirtschaftung der entsprechenden Wälder und Gehölze, damit Strukturen erhalten oder entwickelt werden, welche die Schutzfunktionen fördern; im Interesse des Schutzes der natürlichen Biodiversität vorzugsweise Verwendung gebietsheimischer Gehölzarten, soweit zur Funktionserfüllung geeignet,
Ermittlung von Flächen, auf denen Wälder und Gehölze neu angelegt werden sollten, um durch Immissionen, Lärm oder Klimaeinflüsse besonders gefährdete Siedlungsbereiche zu schützen und Darstellung solcher Flächen im Landschaftsrahmenplan und kommunalen Landschaftsplan; dabei auch Beachtung der „Sanierungsbedürftigen Bereiche der Landschaft“ gemäß Z 4.1.1.6, die aufgrund des Kriteriums „lufthygienisch belastete Gebiete“ festgelegt werden,
bedarfsweise Anlage beziehungsweise Ausweisung von Immissionsschutz-, Klimaschutz- oder Lärmschutzwald nach dem Waldgesetz für den Freistaat Sachsen zur Abwehr oder Verhütung der durch Luftverunreinigung oder Lärm bedingten Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen, zur Kaltluftproduktion sowie zum Beispiel zur Verbesserung der Versickerungsleistung und des vorbeugenden Hochwasserschutzes als Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel.
FZ 39
In Gebieten, die überwiegend zu Wohn- oder Erholungszwecken genutzt werden, in ruhigen Gebieten nach § 47d Abs. 2
BImSchG
oder in Gebieten, in denen besonders lärmempfindliche Schutzgüter der Biodiversität vorkommen, soll ein Neubau von lärmintensiven Verkehrswegen grundsätzlich unterbleiben. Im Zuge der Landschaftsrahmenplanung sollen Gebiete ausgewählt und abgegrenzt werden, in denen besonders lärmempfindliche Schutzgüter der Biodiversität vorkommen.
Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und Ergebnissen der Lärmkartierung nach Umgebungslärmrichtlinie ist lauter Verkehr erwiesenermaßen eine der Hauptlärm- und -belastungsquellen. Die Bekämpfung von Lärm ist im Nachhinein nicht oder nur mit großem technischen und finanziellen Aufwand möglich. Deshalb trägt Verkehrsvermeidung erheblich zur Lärmminderung bei. Durch eine entsprechende vorausschauende Bauleit- und Verkehrswegeplanung (zum Beispiel Schaffung verkehrsberuhigter Gebiete bei Bestandsnutzungen), die sich an den Orientierungswerten für die städtebauliche Planung ausrichten, können gesundheitsgefährdende Belastungen und auch Lärmkonflikte von vornherein vermieden werden. Bestandteil der Planungen soll die Schaffung und Erhaltung verkehrsberuhigter Gebiete sein. Darüber hinaus tragen verkehrslenkende Maßnahmen erheblich zur Lärmminderung bei. Lärm als Belastungsfaktor hat eine hohe gesundheitliche Relevanz. Laut Sondergutachten des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen (Deutscher Bundestag, Drucksache 14/2300) liegt der kritische Wert für erhebliche Belästigung bei Mittelungspegeln von 65 dB(A) (außen, tagsüber). Dieser Wert sollte aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes vor Wohngebäuden nicht überschritten werden. Dies entspricht auch den Empfehlungen der WHO. Oberhalb eines Geräuschpegels von 65 dB(A) steigt nach medizinischen Erkenntnissen bei dauerhafter Exposition das Herzinfarktrisiko signifikant an. Bei Mittelungspegeln über 55 dB(A) während der Nacht ist ein ungestörter Nachtschlaf nicht mehr gewährleistet und es drohen ebenfalls gesundheitliche Beeinträchtigungen bei Langzeiteinwirkungen. So steigt beispielsweise das Bluthochdruckrisiko.
Die gesetzlich vorgeschriebene Lärmvorsorge nach dem
Bundes-Immissionsschutzgesetz
beim Neubau von Straßen kann allein die Probleme nicht lösen. Ein großes Problem stellen viele bestehende Straßen dar, für die keine Immissionsrichtwerte greifen. Hier ist bei wachsendem Verkehr eine stetige Zunahme der Belastung anzutreffen. Mit einer durchdachten Verkehrs- und baulichen Entwicklung in den Gemeinden kann von vornherein Lärmbelastung verhindert werden.
Lärm beeinträchtigt nicht nur die Menschen, sondern auch lärmempfindliche Tierarten. Besonders lärmempfindliche Arten enthalten die Artengruppen der Vögel sowie der Groß- und Mittelsäuger. Durch die Lärmwirkungen können Tiere in ihrem Verhalten beziehungsweise ihren Lebensweisen gestört werden, was zu Flucht- und Meidereaktionen führt. Außerdem kann die artspezifische Kommunikation beeinträchtigt werden. Dabei kommt es zu einer Überlagerung von Kommunikationssignalen durch Lärm, was zum Beispiel zu Beeinträchtigungen bei der Partneranlockung und Partnerwahl, bei der Revierabgrenzung, der Kommunikation zwischen Jung- und Alttieren, der Feindwahrnehmung und so weiter führen kann. Anhaltender starker Lärm kann zur völligen Verdrängung lärmempfindlicher Tiere aus den beeinträchtigten Teilhabitaten (zum Beispiel Brutplätzen, Fortpflanzungsstätten, Nahrungshabitaten, Ruhestätten, Rast-, Mauser- oder Überwinterungsgebieten) führen. Auch zeitlich begrenzter, impulsartiger Lärm wie zum Beispiel von Feuerwerken kann lärmempfindlichen Tierarten schaden.

Literaturverzeichnis

BASTIAN, O.; SCHREIBER, K.-F. (1999): Analyse und ökologische Bewertung der Landschaft, 2., neu bearbeitete Auflage, Heidelberg, Berlin: Spektrum Akademischer Verlag, 564 S.
BOBETH, A.; KÜCHLER, W.; MELLENTIN, U.; VÖLLINGS, A. (2010): Kompendium Klima – Sachsen im Klimawandel. Hrsg.: Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden. http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/klima/24253.htm
BÖHNERT, W.; FRANZ, U.; KAMPRAD, S.; ARNHOLD, A.; HENZE, A. (2009): Erfassung und Bewertung des Landschaftsbildes im Freistaat Sachsen, Freital. Unveröffentlichte Studie im Auftrag des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie.
BÖHNERT, W.; GUTTE, P.; SCHMIDT, P. A. (2001): Verzeichnis und Rote Liste der Pflanzengesellschaften Sachsens. Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege 2001, Hrsg.: Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Dresden, 303 S.
BRINKMANN, R.; BEHR, O.; NIERMANN, I.; REICH, M. (Hrsg.) (2011): Entwicklung von Methoden zur Untersuchung und Reduktion des Kollisionsrisikos von Fledermäusen an Onshore-Windenergieanlagen. Umwelt u. Raum Band 4, S. 406-424, Göttingen: Cuvillier Verlag.
BUDER, W. (2002): Untersuchungen zur gezielten Ausweisung und erfolgreichen Etablierung von Ackerrandstreifen im Rahmen bestehender beziehungsweise künftiger Agrarumweltförderprogramme. Unveröffentlichtes Gutachten im Auftrag des Sächsischen Landesamtes für Umwelt und Geologie.
BUDER, W.; UHLEMANN, S. (2010): Biotoptypen. Rote Liste Sachsens. Hrsg.: Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden, 140 S. https://publikationen. sachsen.de/bdb/artikel/11947
BURKHARDT, R.; BAIER, H.; BENDZKO, U.; BIERHALS, U.; FINCK, P.; LIEGL, A.; MAST, R.; MIRBACH, E.; NAGLER, A.; PARDEY, A.; RIECKEN, U.; SACHTELEBEN, J.; SCHNEIDER, A.; SZEKELEY, S.; ULLRICH, K.; VAN HENGEL, U.; ZELTER, U. & F. ZIMMERMANN (2004): Empfehlungen zur Umsetzung des § 3
BNatSchG
„Biotopverbund“. Ergebnisse des Arbeitskreises „Länderübergreifender Biotopverbund“ der Länderfachbehörden mit dem BfN. Naturschutz und Biologische Vielfalt, Heft 2, 84 S.
BURKHARDT, R.; FINCK, P.; LIEGL, A.; RIECKEN, U.; SACHTELEBEN, J.; STEIOF, K. & ULRICH, K. (2010): Bundesweit bedeutsame Zielarten für den Biotopverbund – zweite, fortgeschriebene Fassung. Natur und Landschaft 85 (11): S. 460-469.
DITTRICH, I.; KEßLER, K.; EDOM, F. unter Mitarbeit von WENDEL, D.; FEGER, K.-H. (2011): Informationssystem Moore. Erstellung eines Fachkonzepts für ein landesweites Informationssystem zur Lage und Verbreitung von Mooren und anderen organischen Nassstandorten (SIMON). Schriftenreihe des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Heft 14/2011, 90 S. + Anhänge. http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/boden/23800.htm
FELDWISCH, N. (2011): Umweltgerechter Anbau von Energiepflanzen. Rahmenbedingungen und Strategien für einen an Umweltaspekten ausgerichteten Anbau der für Sachsen relevanten Energiepflanzen. Schriftenreihe des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Heft 43/2011, 72 S. https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/15109
HAHN, M. (2011): Vorhaben zur weiterführenden Kartierung von Querverbauungen und Wasserkraftanlagen in Fließgewässern des Freistaates Sachsen – Bearbeitung der Wehrdatenbank 2009/2010. Unveröffentlichter Bericht im Auftrag des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, 20 S.
IPCC (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen) (2007): Vierter Sachstandsbericht. Synthesebericht und deutsche Zusammenfassungen unter http://www.de-ipcc. de/de/128.php
LFUG (SÄCHSISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT UND GEOLOGIE) (2000): Digitale Daten zur Biotopkartierung im Freistaat Sachsen, Dresden, (Mskr.).
LFULG (SÄCHSISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT, LANDWIRTSCHAFT UND GEOLOGIE) (Hrsg.) (2010): Bericht zum Zustand der sächsischen Wasserkörper 2009. Europäische Wasserrahmenrichtlinie, Dresden, 23 S. + Karten.
PAUSCH, A. (2011): Luftqualität in Sachsen. Jahresbericht 2010. Hrsg.: Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden. https://publikationen. sachsen.de/bdb/artikel/13852
SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN UND SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT (2009): Handlungsprogramm zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme im Freistaat Sachsen – unveröffentlicht.
SBS (STAATSBETRIEB SACHSENFORST) (Hrsg.) (2010): Waldfunktionenkartierung. Grundsätze und Verfahren zur Erfassung der besonderen Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes im Freistaat Sachsen. Graupa, 71 S. http:// www.smul.sachsen.de/sbs/download/ Waldfunktionenkartierung.pdf
SCHLUTOW, A.; NAGEL, H.-D.; SCHEUSCHNER, T.; WEIGELT-KIRCHNER, R. (2010): Ökologische Belastungsgrenzen unter Einfluss des Klimawandels. Schriftenreihe des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Heft 12/2010, 133 S. http://www.umwelt. sachsen.de/umwelt/luft/23161.htm
SCHLUTOW, A.; SCHEUSCHNER, T. (2009): Ökologische Belastungsgrenzen. Aktualisierung und Präzisierung der Erfassung von ökologischen Belastungsgrenzen und ihrer Überschreitungen im Freistaat Sachsen – Fortschreibung der Critical Loads/Level-Untersuchungen bis 2006. Schriftenreihe des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Heft 16/2009. https://publikationen. sachsen.de/bdb/artikel/14940
SCHMIDT, P.A.; HEMPEL, W.; DENNER, M.; DÖRING, N.; GNÜCHTEL, A.; WALTER, B.; WENDEL, D. (2002): Potentielle Natürliche Vegetation Sachsens mit Karte 1 : 200 000, Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege 2002, 230 S.
SMUL (SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT) (Hrsg.) (2005): Immissionsschutzwald. Empfehlungen zur Anlage und Behandlung von Immissionsschutzwald um Tierproduktionsanlagen. 2. Auflage, Dresden, 24 S.
SRU (SACHVERSTÄNDIGENRAT FÜR UMWELTFRAGEN) (1999): Sondergutachten Umwelt und Gesundheit – Risiken richtig einschätzen. Deutscher Bundestag, Drucksache 14/2300.
STEFFENS, R.; BANGERT, U. & JENEMANN, K. (2007): Fachliche Arbeitsgrundlagen für einen landesweiten Biotopverbund im Freistaat Sachsen. Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.), Dresden. Naturschutz und Landschaftspflege. http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/17101.htm
WALZ, U.; SCHAUER, P.; UEBERFUHR, F.; HALKE, E. (2012): Historische Kulturlandschaften Sachsens, Schriftenreihe des Sächsischen Landesamtes für Umwelt Landwirtschaft und Geologie, Heft 33/2012, 128 S. https://publikationen. sachsen.de/bdb/artikel/15690

Karten

Karte 1
Karte 2
Karte 3
Karte 4
Karte 5
Karte 6
Karte 7
Karte 8
Karte 9
Karte 10
Karte 11
Karte 12
Karte A 1.1
Karte A 1.2
Karte A 1.3
Karte A 1.4
Karte A 1.5

Anlage zu Karte A 1.5

Großflächig naturnahe Waldkomplexe

Die folgenden großflächig naturnahen Waldkomplexe sind in der Karte A 1.5 dargestellt.
Waldkomplexe
Nummer Naturschutzgebiet Größe in ha
A) Gebiete mit Dominanz von Mischwaldkomplexen aus mesophilen Buchenwäldern, Edellaubbaumwäldern und Linden-Hainbuchen-Eichenwäldern Basaltberge der Oberlausitz mit anspruchsvollen Waldgesellschaften, wobei die heute naturnah erscheinenden Edellaubbaum- und Hainbuchen-Eichenbestände teilweise durch historische Waldnutzungen aus früheren Buchenwäldern hervorgegangen sind.
Nr. 38 NSG Rotstein und Umgebung 37 ha
Nr. 39 NSG Landeskrone 53 ha
Nr. 42 Löbauer Berg 57 ha
B) Gebiete mit Dominanz von bodensauren Buchenwäldern Hainsimsen-Buchenwälder und Fichten-Buchenwälder in montaner und hochmontaner Stufe; vegetationskundlich eigenständig sind planare Vorkommen in der Düben-Dahlener Heide (Nr. 1, 11). Vergesellschaftung von Buchen- und Kiefernwäldern sowie hohe Anteile offener Felsbereiche (> 15 %) auf Standortmosaiken des Sandsteins prägen die Waldgebiete im Zittauer Gebirge und in der Sächsischen Schweiz (Nr. 53, 55).
Nr. 1 Dübener Heide östlich von Söllichau 205 ha
Nr. 11 Dahlener Heide zwischen Lausa und Taura 96 ha
Nr. 18 NSG Dornreichenbacher Berg östlich von Wurzen 52 ha
Nr. 26 NSG Hohe Dubrau und Umgebung westlich von Niesky 160 ha
Nr. 30 Königshainer Berge 54 ha
Nr. 49 NSG Hengstberg und Umgebung 43 ha
Nr. 53 NLP Sächsische Schweiz 1 575 ha
Nr. 55 Zittauer Gebirge (mit NSG Jonsdorfer Felsenstadt) 269 ha
Nr. 56 Waldbereiche südwestlich Schmiedeberg (mit NSG Hofehübel Bärenfels) 67 ha
Nr. 57 Hirschsprung westlich Bärenstein (mit NSG Weicholdswald) 81 ha
Nr. 58 Hemmschuh bei Rehefeld-Zaunhaus (mit NSG Hemmschuh) 89 ha
Nr. 59 Hangwälder der Zwickauer Mulde (mit NSG Hartensteiner Wald) 189 ha
Nr. 60 Wälder um Olbernhau (mit NSG Rungstock, Hirschberg-Seiffener Grund) 515 ha
Nr. 61 Rauschenbachtal östlich Neuhausen 205 ha
Nr. 63 Burkhardtswald bei Lauter 125 ha
Nr. 64 Buchen-Hangwälder bei Niederschmiedeberg 57 ha
Nr. 66 Buchenwälder um Steinbach (mit NSG Steinbach) 217 ha
Nr. 68 NSG Zweibach und Umgebung 94 ha
C) Gebiete mit Dominanz von Mischwaldkomplexen aus Buchen- und Eichenwäldern Meist Waldkomplexe an Steilhängen der hochkollinen und submontanen Stufe, die neben bodensauren Hainsimsen-Buchenwäldern in hohem Anteil Färberginster-Traubeneichenwälder, Linden-Hainbuchen-Traubeneichenwälder, Schluchtwälder oder Waldmeister-Buchenwälder enthalten. Deutlich heben sich eichenreiche Bestände (Nr. 5) im nordostsächsischen Tiefland ab, die Schattenblümchen-Buchenwäldern und Waldreitgras-Kiefern-Traubeneichenwäldern zuzuordnen sind.
Nr. 4 Dübener Heide östlich Roitzsch 108 ha
Nr. 5 Oberer Park Bad Muskau, weitere Wälder Richtung Sagar 132 ha
Nr. 23 Grimmaer Stadtwald, Bahrener Muldeschleife, NSG Döbener Wald 238 ha
Nr. 24 Wermsdorfer Wald (mit NSG An der Klosterwiese) 118 ha
Nr. 29 NSG Seußlitzer Grund bei Diesbar-Seußlitz 129 ha
Nr. 33 Täler der Freiberger Mulde (NSG Scheergrund, Hochweitzschener Wald, Kirstenmühle-Schanzenbachtal, Eichberg, Maylust, Staupenbachtal) 311 ha
Nr. 34 NSG Großholz 35 ha
Nr. 35 Elbtalgebiet zwischen Meißen und Dresden (mit NSG Elbleiten) 627 ha
Nr. 36 Hangwälder im Lößnitzgrund nördlich Radebeul 39 ha
Nr. 40 NSG Prießnitz nordöstlich von Frohburg 61 ha
Nr. 41 Buchenwälder im Hohwald nordöstlich und südlich von Neustadt 489 ha
Nr. 45 Talhänge von Freiberger Mulde zwischen Siebenlehn und Reinsberg 120 ha
Nr. 48 Elbhangwälder zwischen Dresden und Graupa (mit NSG Dresdner Elbtalhänge) 365 ha
Nr. 50 NSG Weißeritztalhänge und NSG Rabenauer Grund 435 ha
Nr. 51 Eichen- und Buchenwälder im NSG Windberg Freital 22 ha
Nr. 54 Hangwaldkomplexe an der Elbe bei Pirna und in den Flusssystemen von Müglitz und Gottleuba (mit NSG Spargründe bei Dohna,Trebnitzgrund, Oelsen, Hochstein-Karlsleite, Müglitzhang bei Schlottwitz,Mittleres Seidewitztal) 1 927 ha
D) Gebiete mit Dominanz von Linden-Hainbuchen-Traubeneichenwäldern grundwasserferner Standorte Meist in ackerbaulich intensiv genutzten Regionen gelegen und deshalb heute nur noch relativ selten großflächig naturnah; oft an schwer bewirtschaftbaren Steilhängen.
Nr. 14 NSG Kleiner Berg Hohburg 48 ha
Nr. 22 Curtswald und Umgebung nordwestlich Grimma 86 ha
Nr. 28 Oberholz südlich Leipzig 118 ha
Nr. 32 Tiergarten östlich von Colditz 80 ha
Nr. 37 NSG Georgewitzer Skala 40 ha
Nr. 43 NSG Streitwald und NSG Hinteres Stöckigt 224 ha
Nr. 44 Hangwälder der Freiberger Mulde westlich Nossen 88 ha
Nr. 46 Hangwälder westlich Helbigsdorf-Blankenstein 58 ha
Nr. 47 Hangwälder bei Niederpesterwitz und Dölzschen westlich Dresden 66 ha
Nr. 52 Hangwälder im Lockwitzgrund südwestlich Dresden 85 ha
E) Gebiete mit Dominanz von Linden-Hainbuchen-Stieleichenwäldern mäßig vernässter Standorte Überwiegend im Hügelland auf mäßig vernässten Standorten, zum Teil in größeren Auen (Nr. 15, 25), hier mit höheren Anteilen an Traubenkirschen-Erlen-Eschenwäldern. Herauszuheben ist der Kämmereiforst (Nr. 9), der das landschaftstypische Standortgefüge gut repräsentiert. Beispielhaft für Auen sind die Bestände an der Röder.
Nr. 6 NSG Spröde östlich Delitzsch 86 ha
Nr. 9 Kämmereiforst nordwestlich Eilenburg 135 ha
Nr. 13 „Tannenwald“ nördlich Lindenthal 86 ha
Nr. 15 Röderaue bei Pulsen (mit NSG Röderauwald Zabeltitz) 187 ha
Nr. 17 Schulholz und Umgebung westlich Wurzen 71 ha
Nr. 21 Threnebruch und Schlangenwinkel bei Naunhof 105 ha
Nr. 25 NSG Auwald und Eisenberg Guttau und Umgebung 40 ha
Nr. 31 Großes Fürstenholz und Schildholz westlich Bad Lausick 62 ha
F) Gebiete mit Dominanz von Fichtenwäldern In den oberen Lagen des Erzgebirges dominieren bei hohem Anteil mooriger Standorte Torfmoos-Fichtenwälder, gefolgt von Moorkiefern-Moorgehölzen und Fichten-Moorwäldern. Wollreitgras-Fichtenwälder unvernässter Standorte treten dagegen kleinflächig, Waldversumpfungen nur lokal auf. Planare Kiefern-Fichtenwälder auf Nassstandorten repräsentierte das vom Braunkohletagebau betroffene Gebiet nahe Weißwasser (Nr. 8). Da dieses dem Tagebau Nochten zum Opfer fällt, wurde es bereits aus der Karte der großflächig naturnahen Waldkomplexe entfernt.
Nr. 8 Jagdschloss Weißwasser und Umgebung 168 ha
Nr. 65 Kühnhaider Moorwaldkomplex (mit NSG Mothäuser Heide) 293 ha
Nr. 67 Fichtenwälder bei Hammerbrücke (mit NSG Am alten Floßgraben) 95 ha
G) Gebiete mit Dominanz von Auenwäldern Insbesondere in Westsachsen noch großflächig erhaltene Eichen-Ulmen-Auenwälder, bei ausbleibender oder unzureichender Überflutung teilweise im Übergang zu Stieleichen-Hainbuchen-Eichenwäldern. Weichholz-Auenwälder als Zeiger freier Flussdynamik sind kaum noch vorhanden.
Nr. 10 Lauch bei Thallwitz an der Mulde 71 ha
Nr. 12 Nördlicher Leipziger Auenwald (mit NSG Burgaue, Luppeaue) 762 ha
Nr. 20 Südlicher Leipziger Auenwald (mit NSG Elster- und Pleiße-Auenwald) 301 ha
Nr. 27 Auenwald bei Zwenkau 110 ha
H) Gebiete mit Dominanz von Bruch- und Moorwäldern sowie Vegetationskomplexen waldfreier Moore In Abhängigkeit von Trophie und Nässegrad entweder Großseggen-Erlen-Bruchwälder oder Komplexe aus offenen Zwischen- und Niedermooren sowie Waldkiefern- oder Moorbirken-Moorwäldern. Erlen-Moorbirken-Bruchwälder sind selten.
Nr. 2 Muldeaue zwischen Tiefensee und Wellaune 49 ha
Nr. 3 Zadlitz-/Wildenhainer Bruch (NSG Presseler Heidewald und Moorgebiet) 310 ha
Nr. 7 NSG Gruna 56 ha
Nr. 16 NSG Dubringer Moor 771 ha
Nr. 19 Daubaner Wald westlich Förstgen 101 ha
I) Gebiete mit Dominanz von wärmegeprägten Hangwaldkomplexen aus Edellaubbaum-Hangschuttwäldern und Eichenwäldern Wärmegeprägte Steilhänge auf Diabas, in denen Ahorn-Linden-Hangschuttwälder dominieren, begleitet von Thermophilen Färberginster-Traubeneichenwäldern.
Nr. 62 Wälder der Weißen Elster (mit NSG Triebtal, Elsterhang bei Röttis) 114 ha
Stand: 25. September 2012 Quelle: SCHMIDT et al. (2002): Potentielle Natürliche Vegetation Sachsens mit Karte 1 : 200 000, Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege 2002, S. 115 ff.
1
Hinweise:
Eine Verletzung von Rechtsvorschriften gemäß § 12 Abs. 5 des
Raumordnungsgesetzes
(
ROG
) vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2986), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585, 2617) geändert worden ist, und
§ 8 Abs. 2 SächsLPlG
wird unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit der Verkündung des Landesentwicklungsplanes 2013 schriftlich gegenüber dem Sächsischen Staatsministerium des Innern als oberste Raumordnungs- und Landesplanungsbehörde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind.
Der Landesentwicklungsplan 2013 wird mit Begründung, einschließlich des Umweltberichts, der zusammenfassenden Erklärung gemäß § 11 Abs. 3 ROG und der Aufstellung der Überwachungsmaßnahmen nach § 9 Abs. 4 Satz 1
ROG
bei der obersten Raumordnungs- und Landesplanungsbehörde, der oberen Raumordnungsbehörde (Landesdirektion Sachsen), den Regionalen Planungsverbänden, den Landkreisen und den Kreisfreien Städten zu jedermanns Einsicht bereitgehalten und unter der Adresse www.landesentwicklungsplan.sachsen.de in das Internet eingestellt. Dort ist auch eine Liste mit den Adressen der Auslegungsstellen verfügbar.
Der Landesentwicklungsplan besteht aus den textlichen und zeichnerischen Festlegungen – den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung. Die Begründung ist nicht Gegenstand des Landesentwicklungsplanes 2013, sondern diesem nur beigefügt.
2
(bei Z 6.3.4 und 6.3.5) Nach der
Zweiten Verordnung des Sächsischen Staatsministerium für Kultus zur Änderung der Schulordnung Mittel- und Abendmittelschulen
vom 20. Februar 2013 (SächsGVBl. S. 123) führen die Schulen der Schulart Mittelschule ab 1. August 2013 die Bezeichnung Oberschule.
3
(bei Z 6.3.4) Aufgrund der zu erwartenden Veränderung des Übergangsverhaltens von der Grundschule zu den weiterführenden Schulen infolge der geänderten Bildungsempfehlung ist bis einschließlich des Schuljahres 2014/2015 von Mitwirkungsentzügen bei Mittel-/Oberschulen gemäß Landtagsbeschluss vom 15. Dezember 2010, Drucksache 5/4498 zu Drucksache 5/4251 (Schulmoratorium), abzusehen.
Markierungen
Leseansicht