Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über die Verpflegung der Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten des Freistaates Sachsen (VwV Gefangenenverpflegung – VwV GefVerpfl)
Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz
über die Verpflegung der Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten des Freistaates Sachsen
(VwV Gefangenenverpflegung – VwV GefVerpfl)
Vom 17. November 2015
Inhaltsübersicht
I.
Allgemeine Bestimmungen
1.
Grundsätze
2.
Verpflegungssätze
3.
Werte für die Nährstoffzufuhr, Kostformen
4.
Transport- und Reiseverpflegung
II.
Selbstversorgung und Selbstkochen
1.
Selbstversorgung
2.
Selbstkochen
III.
Wahrnehmung der Dienstgeschäfte
1.
Leiter der Anstalt
2.
Leiter der Wirtschaftsverwaltung
3.
Anstaltsarzt
4.
Küchenpersonal
5.
Verwalter des Lebensmittellagers
6.
Küchenkommission
IV.
Speiseplan
1.
Erstellung des Speiseplanes
2.
Bekanntgabe
V.
Beschaffung, Abnahme, Verwahrung und Verwaltung der Lebensmittel
1.
Beschaffung von Lebensmitteln
2.
Warenannahme
3.
Lagerung
4.
Erfassung
VI.
Speisemengen, Übergabe der Lebensmittel
1.
Berechnung der Speisemenge
2.
Übergabe und Verrechnung
VII.
Essensrückstellprobe
VIII.
Essensausgabe
1.
Allgemeine Ausgabezeiten
2.
Abendessen
3.
Rückwirkende Essensausgabe
4.
Kühlung
IX.
Buchwerk
1.
Allgemeines
2.
Rechnungslegungen
3.
Jahresabschluss
X.
Bestands- und Buchprüfungen
1.
Prüfungen
2.
Nachweis der Prüfungen
3.
Abweichungen
XI.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
I. Allgemeine Bestimmungen
1.
Grundsätze
a)
Aufgabe der Verpflegungswirtschaft der Justizvollzugsanstalten und der Jugendstrafvollzugsanstalt (Anstalten) ist die Versorgung der Gefangenen mit Gemeinschaftskost.
b)
Insbesondere die Speiseplanung, die Bestandsverwaltung und die Sachrechnung erfolgen mittels der EDV-Programme Nexus-VeLiS-Küche und SaxMBS.
c)
Die Vordrucke des Programms Nexus-VeLiS-Küche sind ausschließlich zu verwenden.
d)
Die Verpflegung der Gefangenen besteht aus drei Tagesmahlzeiten.
e)
Die hygienischen Anforderungen sind entsprechend der gesetzlichen Vorschriften, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften einzuhalten.
f)
Lebensmittelrechtliche Vorschriften sind einzuhalten.
2.
Verpflegungssätze
a)
Vom Staatsministerium der Justiz wird für jedes Haushaltsjahr der Verpflegungshöchstsatz festgesetzt und den Anstalten mitgeteilt.
b)
Für jede Anstalt wird im Jahreshaushaltsgespräch mit dem Staatsministerium der Justiz der tägliche Verpflegungssatz (Verpflegungssatz) vereinbart, dessen Höhe sich im Rahmen des Verpflegungshöchstsatzes bewegt.
c)
Für besondere Maßnahmen, zum Beispiel das Selbstkochen, kann der Verpflegungssatz in eigener Verantwortung durch die Anstalten erhöht werden, soweit hierdurch die für den Zweck der Verpflegung zugewiesenen Haushaltsmittel nicht überschritten werden.
3.
Werte für die Nährstoffzufuhr, Kostformen
a)
Die Anstaltsverpflegung ist nach den Grundsätzen einer vollwertigen, ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung unter Beachtung der ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zusammenzustellen. Insbesondere sind die D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, Österreichischen Gesellschaft für Ernährung, Schweizerischen Gesellschaft für Ernährungsforschung und der Schweizerischen Vereinigung für Ernährung in der jeweils geltenden Fassung zu beachten. Es ist darauf zu achten, dass die Anstaltsverpflegung täglich frisches Obst und Gemüse beinhaltet.
b)
Der Energiegehalt der Tagesverpflegung soll im Wochendurchschnitt 12 500 Kilojoule betragen.
c)
Folgende Grundkostformen sind anzubieten:
aa)
Normalkost,
bb)
vegetarische Kost.
d)
Religiöse Speisegebote sollen bei der Anstaltsverpflegung nach Möglichkeit berücksichtigt werden.
e)
Der Anstaltsarzt ordnet medizinisch notwendige Zulagen oder besondere Kostformen unter Angabe von Art, Umfang und Dauer an.
f)
Die Kostformen sind im Programm Nexus-VeLiS-Küche aufzunehmen.
g)
Für Feiertage wird entsprechend des vereinbarten Verpflegungssatzes für die jeweilige Anstalt eine Kostzulage in Höhe von insgesamt zwei Verpflegungssätzen pro Jahr gewährt.
4.
Transport- und Reiseverpflegung
a)
Transportgefangenen wird entsprechend Nummer 10 der
Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über den Gefangenentransport in Sachsen
vom 4. Dezember 2002 (SächsABl. 2003 S. 2), die durch die Verwaltungsvorschrift vom 28. Juni 2004 (SächsABl. S. 880) geändert worden ist, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 10. Dezember 2013 (SächsABl. SDr. S. S 832), in der jeweils geltenden Fassung, eine Transportverpflegung gewährt.
b)
Bei Entlassung oder bei genehmigten Aufenthalten außerhalb der Anstalt, die mehr als vier Stunden betragen, erhalten Gefangene auf Antrag im Voraus eine angemessene Verpflegung.
II. Selbstversorgung und Selbstkochen
1.
Selbstversorgung
a)
Gefangene können sich, insbesondere im offenen Vollzug, auf Antrag selbst versorgen.
b)
Bei Selbstversorgung hat der Gefangene keinen Anspruch auf Gemeinschaftsverpflegung.
2.
Selbstkochen
a)
Selbstkochen ist in Projekten im Rahmen der Gemeinschaftsverpflegung in jeder Justizvollzugsanstalt in geeignetem Umfang anzubieten.
b)
Gefangenen, die am Selbstkochen teilnehmen, sind für die selbst zubereiteten Mahlzeiten die für den Tag kalkulierten Zutaten der Gemeinschaftsverpflegung auszugeben oder der Verpflegungssatz für die entsprechende Mahlzeit zu gewähren. Ziffer I Nummer 1 Buchstabe c bleibt unberührt.
III. Wahrnehmung der Dienstgeschäfte
1.
Leiter der Anstalt
Der Leiter der Anstalt ist für die ordnungsgemäße Verpflegung der Gefangenen verantwortlich. Er kann Aufgaben an geeignete Bedienstete übertragen.
2.
Leiter der Wirtschaftsverwaltung
Die mit der Gefangenenverpflegung zusammenhängenden Geschäfte führt der Leiter der Wirtschaftsverwaltung.
3.
Anstaltsarzt
Der Anstaltsarzt berät die Anstalt in Ernährungs- und Hygienefragen.
4.
Küchenpersonal
a)
Die Leitung des Küchenbetriebes ist einem Küchenmeister oder Koch zu übertragen (Leiter des Küchenbetriebes).
b)
Der Leiter des Küchenbetriebes ist verantwortlich für die Qualität und Quantität der Speisen und die Einhaltung der jeweils geltenden Hygienevorschriften.
c)
Die Mitarbeiter des Küchenbetriebes sollen über eine einschlägige Berufsausbildung verfügen.
d)
Mit der Herstellung, Zubereitung und mit der Ausgabe von Speisen und Getränken dürfen nur Personen betraut werden, die gemäß den §§ 42 und 43 des
Infektionsschutzgesetzes
vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das zuletzt durch Artikel 70 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, die vorgeschriebenen gesundheitlichen und hygienischen Anforderungen erfüllen.
5.
Verwalter des Lebensmittellagers
a)
Für die Verwaltung der Lebensmittelbestände ist ein zuständiger Bediensteter zu bestimmen (Verwalter des Lebensmittellagers). Dieser Bedienstete darf nicht in der Küche tätig sein (Funktionstrennung).
b)
Die Funktionstrennung ist auch bei der Vertretungsregelung einzuhalten.
6.
Küchenkommission
a)
In jeder Anstalt ist eine Küchenkommission zu bilden.
b)
Die Küchenkommission besteht aus mindestens dem Leiter der Wirtschaftsverwaltung, mindestens einem Mitarbeiter des Küchenbetriebes und aus mindestens zwei Gefangenen.
c)
Es sind regelmäßige Besprechungen der Küchenkommission, mindestens einmal im Quartal, zu gewährleisten. Die Vorschläge der Gefangenen sind nach Möglichkeit zu berücksichtigen.
IV. Speiseplan
1.
Erstellung des Speiseplanes
a)
Der Leiter des Küchenbetriebes stellt unter Anwendung des Programms Nexus-VeLiS-Küche für jede Kalenderwoche im Voraus einen Speiseplan auf, der der Genehmigung des Leiters der Wirtschaftsverwaltung bedarf.
b)
Kurzfristige Änderungen sind bekanntzugeben.
2.
Bekanntgabe
Eine Abschrift des Speiseplanes ist den Gefangenen in geeigneter Weise bekannt zu geben. Mengen werden nicht angegeben.
V. Beschaffung, Abnahme, Verwahrung und Verwaltung der Lebensmittel
1.
Beschaffung von Lebensmitteln
a)
Der Bedarf an Lebensmitteln ist grundsätzlich durch die Arbeitsbetriebe der Anstalten zu decken. Der Wert ist zu erstatten.
b)
Für die Beschaffung der Lebensmittel gelten die Grundsätze sparsamer und wirtschaftlicher Haushaltsführung unter Beachtung der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen – Teil A vom 20. November 2009 (BAnz. Nr. 196a vom 29. Dezember 2009).
c)
Bedienstete und deren Angehörige im Sinne von § 11 Absatz 1 Nummer 1 des
Strafgesetzbuches
sind als Lieferanten nicht zugelassen.
2.
Warenannahme
a)
Bei Eingang der Lieferung ist die Übereinstimmung von Menge und Beschaffenheit der gelieferten Ware mit der Bestellung von mindestens zwei Mitarbeitern der Anstalt zu prüfen (Vier-Augen-Prinzip).
b)
Das Ergebnis der Prüfung ist auf dem Lieferschein zu vermerken.
c)
Ergeben sich Beanstandungen, ist die Abnahme der Ware zu verweigern oder unverzüglich Mängelrüge zu erheben.
3.
Lagerung
a)
Die Lebensmittel sind sachgemäß und sicher in den dazu bestimmten Räumen aufzubewahren. Sie sind so übersichtlich zu lagern, dass der Bestand jederzeit festgestellt werden kann.
b)
Es sind alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, die zum Schutz der Lebensmittel vor Witterungseinflüssen, Verlusten, Beschädigungen und Wertminderung notwendig sind.
c)
Die für die Aufbewahrung der Lebensmittel bestimmten Lagerräume dürfen grundsätzlich nur in Gegenwart des für die Verwaltung des Lebensmittellagers zuständigen Bediensteten betreten werden.
4.
Erfassung
a)
Die gelieferten Lebensmittel sind vom Verwalter des Lebensmittellagers im Programm Nexus-VeLiS-Küche aufzunehmen.
b)
Die Lebensmittel sind in handelsüblichen Mengeneinheiten nachzuweisen.
VI. Speisemengen, Übergabe der Lebensmittel
1.
Berechnung der Speisemenge
a)
Die Menge der benötigten Lebensmittel zur Herstellung der Speisen wird anhand der Rezeptur und der Gefangenensollzahl über das Programm Nexus-VeLiS-Küche berechnet. Entsprechend dieser Berechnung erfolgt die Lebensmittelausgabe.
b)
Die Ausgabe erfolgt in handelsüblichen Verpackungseinheiten.
2.
Übergabe und Verrechnung
a)
Die Lebensmittel werden vom Verwalter des Lebensmittellagers an die Küche gegen Unterschrift auf der Lager-Entnahmeliste übergeben.
b)
Nicht verbrauchte Lebensmittel werden bei der nächsten angeforderten Lebensmittelmenge verrechnet.
VII. Essensrückstellprobe
Eine Rückstellprobe des Mittagessens ist entsprechend der DIN 10526 „Lebensmittelhygiene – Rückstellproben in der Gemeinschaftsverpflegung“ aufzubewahren.
VIII. Essensausgabe
1.
Allgemeine Ausgabezeiten
Die allgemeinen Ausgabezeiten werden unter Berücksichtigung der folgenden Regelungen vom Leiter der jeweiligen Anstalt festgelegt.
2.
Abendessen
a)
Das Abendessen wird zwischen 16.00 und 17.00 Uhr ausgegeben.
b)
Eine frühere Ausgabezeit ist nur zulässig, wenn die Ausgabe zu der im Buchstabe a genannten Zeit zu einer Verkürzung der Freizeitangebote der Gefangenen, insbesondere des Aufenthaltes im Freien, führen würde.
c)
Die Ausgabe des Abendessens vor 15.15 Uhr ist in jedem Fall unzulässig.
3.
Rückwirkende Essensausgabe
Abweichend von den allgemeinen Ausgabezeiten kann eine Essensausgabe nur ausnahmsweise in begründeten Einzelfällen erfolgen. Insbesondere ist auf religiöse Gebote bei der Essensausgabe (zum Beispiel während des Ramadans) nach Möglichkeit Rücksicht zu nehmen.
4.
Kühlung
Es ist sicherzustellen, dass die zu kühlenden Lebensmittel bis zur Ausgabe entsprechend aufbewahrt werden.
IX. Buchwerk
1.
Allgemeines
a)
Die Einhaltung der Funktionstrennung und die Anwendung des Vier-Augen-Prinzips sind bei allen finanzrelevanten Vorgängen zu dokumentieren.
b)
Bestellungen sind über das Programm Nexus-VeLiS-Küche zu dokumentieren.
2.
Rechnungslegungen
a)
Die Beschaffungskosten einschließlich der Nebenkosten sind in das Programm Nexus-VeLiS-Küche einzutragen.
b)
Eingehende Rechnungen und Belege sind zu registrieren.
c)
Der Verwalter des Lebensmittellagers leitet unverzüglich alle eingehenden Rechnungen mit den erforderlichen Belegen (zum Beispiel Lieferschein, Ausdruck des Bestellscheins und des Buchungsbelegs „Wareneingang“) dem zur Erstellung der Auszahlungsanordnung zuständigen Bediensteten zu.
d)
Ein Tagesabschluss ist mit dem Programm Nexus-VeLiS-Küche durchzuführen.
e)
Der Monatsabschluss ist mit dem Programm Nexus-VeLiS-Küche zu buchen.
3.
Jahresabschluss
a)
Am Ende des Haushaltsjahres ist der Jahresabschlussbericht über die Verpflegung der Gefangenen aus dem Programm Nexus-VeLiS-Küche zu generieren.
b)
Der Jahresabschluss ist bis zum 1. März des Folgejahres dem Staatsministerium der Justiz vorzulegen.
X. Bestands- und Buchprüfungen
1.
Prüfungen
a)
Der Jahresabschluss ist dem örtlichen Prüfer zur Prüfung vorzulegen.
b)
Einmal im Quartal sind die Buchungsunterlagen mit den Eintragungen im Programm Nexus-VeLiS-Küche durch den örtlichen
aa)
Prüfer abzugleichen und zu prüfen. Hierbei ist insbesondere zu prüfen, ob die Auszahlungsanordnungen den Haushaltsgrundsätzen genügen,
bb)
die Rechnungsbeträge korrekt verbucht wurden,
cc)
die Liefereingänge auf Lager korrekt verbucht wurden,
dd)
die Lagerausgänge anhand der Kalkulationsmengen nachvollziehbar sind,
ee)
die Vorgaben des Geschäftsprozesses „Beschaffung von Lebensmitteln“ eingehalten worden sind,
ff)
die Lagerbestände anhand der Ein- und Ausgänge vollständig sind.
c)
Die Prüfungen können auf aussagefähige Stichproben beschränkt werden. Mindestens eine Prüfung im Jahr hat ohne Vorankündigung zu erfolgen.
d)
Jährlich ist eine Inventur durchzuführen.
e)
Bei einem dauerhaften Wechsel des Verwalters des Lebensmittellagers ist darüber hinaus eine Inventur durchzuführen. Bei einer vorübergehenden Übernahme des Lagers erfolgt eine stichprobenartige Überprüfung der Bestände.
2.
Nachweis der Prüfungen
Über jede Prüfung ist eine Niederschrift anzufertigen.
3.
Abweichungen
a)
Abweichungen vom Buchbestand sind dem Leiter der Anstalt anzuzeigen.
b)
Änderungsanordnungen und die Abweichungsanzeige gemäß Buchstabe a sind als Belege zum Prüfprotokoll zu nehmen.
c)
Mehrbestände sind als Einsparung abzusetzen. Fehlbestände sind als Ausgaben zu buchen.
XI. Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Dezember 2015 in Kraft. Gleichzeitig tritt die
VwV Gefangenenverpflegung
vom 17. Juli 2007 (SächsJMBl. S. 292), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 10. Dezember 2013 (SächsABl. SDr. S. S 832), außer Kraft.
Dresden, den 17. November 2015
Der Staatsminister der Justiz
Sebastian Gemkow
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