Nuklearspezifische Gefahrenabwehr (Nachsorge)
Nuklearspezifische Gefahrenabwehr (Nachsorge)
Gem. RdErl. d. MU, d. MI u. d. MJ v. 15.6.1998 - 403-12135/1 -
Vom 15. Juni 1998 (Nds. MBl. S. 1039)
- VORIS 28800 00 00 00 051 -
Redaktionelle Inhaltsübersicht | Abschnitt |
---|---|
Definition | 1 |
Gefährdung durch radioaktive Stoffe | 2 |
Zwischenfälle | 3 |
Beteiligte Stellen | 4 |
Zuständigkeiten | 5 |
Maßnahmen | 6 |
Meldewege | 7 |
Eigensicherung | 8 |
Abschnitt 1 NuklSpGefAb - 1. Definition
Nukleare Nachsorge umfaßt die von den zuständigen Behörden zu treffenden Maßnahmen der nuklearspezifischen Gefahrenabwehr in Zwischenfällen, in denen radioaktive Stoffe (Kernbrennstoffe und sonstige radioaktive Stoffe) sich außerhalb ihres bestimmungsgemäßen Verbleibs befinden, insbesondere wenn sie gesetzeswidrig verwendet werden oder werden sollen.
Abschnitt 2 NuklSpGefAb - 2. Gefährdung durch radioaktive Stoffe
Aus derartigen Zwischenfällen mit radioaktiven Stoffen können sich erhebliche Gefahren für die Bevölkerung, die Einsatzkräfte und die Umwelt ergeben. Die von radioaktiven Stoffen ausgesandte Strahlung ist mit menschlichen Sinnen nicht wahrnehmbar. Eine Einschätzung der Gefahrenlage vor Ort ist deshalb oft nicht oder nicht sofort möglich. Um die von diesen Stoffen ausgehenden Gefahren so gering wie möglich zu halten, sind spezielle Schutz- und Sicherungsmaßnahmen zu treffen.
Abschnitt 3 NuklSpGefAb - 3. Zwischenfälle
Als Zwischenfälle mit radioaktiven Stoffen im Rahmen der Nachsorge sind insbesondere anzusehen:
Drohungen, Erpressungen, Anschläge,
Diebstahl, Unterschlagung, Raub,
illegaler Umgang (illegaler Handel, illegale Ein- und Ausfuhr),
Fehlbestand oder Verlust,
Auffinden.
Abschnitt 4 NuklSpGefAb - 4. Beteiligte Stellen
Die Vielzahl und Komplexität möglicher Fälle der nuklearspezifischen Gefahrenabwehr sowie die zu ihrer Bewältigung benötigte personelle Kapazität, Fachkompetenz und technische Ausstattung aus verschiedenen Bereichen erfordern es, daß verschiedene Behörden und Institutionen auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene zusammenarbeiten. Dieser RdErl. soll das koordinierte Zusammenwirken dieser bei einem Zwischenfall mit radioaktiven Stoffen beteiligten Stellen regeln. Beteiligte Stellen können insbesondere sein:
Gefahrenabwehrbehörden gemäß NGefAG,
Staatliche Gewerbeaufsichtsämter,
NLÖ,
Polizeibehörden,
Feuerwehren,
Rettungsdienste,
Katastrophenschutzbehörden,
Staatsanwaltschaften,
Zollbehörden,
Bundesministerien (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bundesministerium des Innern),
sonstige Bundesbehörden (z. B. Bundesamt für Strahlenschutz, Bundeskriminalamt, Luftfahrt-Bundesamt, Eisenbahn-Bundesamt)
sonstige Stellen (z. B. Universitäten, Kernforschungseinrichtungen, Firmen und Betriebe mit atomrechtlichen Umgangsgenehmigungen für radioaktive Stoffe),
erforderlichenfalls ausländische Stellen wie EURATOM oder IAEO.
Abschnitt 5 NuklSpGefAb - 5. Zuständigkeiten
5.1 Für die Maßnahmen zur nuklearspezifischen Gefahrenabwehr gelten die Maßgaben und Vorschriften des Atomrechts sowie des NGefAG mit den entsprechenden Zuständigkeitsverordnungen.
Vorbehaltlich im Einzelfall gegebener Besonderheiten sind zuständig:
5.1.1 das MU oder die Gewerbeaufsichtsämter als besondere Verwaltungsbehörden (§ 97 NGefAG) für die Maßnahmen der Gefahrenabwehr,
5.1.2 die Polizei für die unaufschiebbaren Maßnahmen der Gefahrenabwehr (§ 1 Abs. 2 Satz 1 NGefAG),
5.1.3 die Polizei und die Staatsanwaltschaft für die Aufklärung und Verfolgung von Straftaten (§§ 161 und 163 der Strafprozeßordnung),
5.1.4 die Polizei für die Leistung von Vollzugshilfe (§ 51 NGefAG) bei der Erfüllung der in Nr. 5.1.1 genannten Aufgaben. Die allgemeinen Verwaltungsbehörden, insbesondere die Gemeinden, sind für Aufgaben der nuklearspezifischen Gefahrenabwehr nicht zuständig.
5.2 Bei den genannten Zwischenfällen mit radioaktiven Stoffen ist die Zuständigkeit des MU oder der Gewerbeaufsichtsämter dann gegeben, wenn konkret festgestellt wurde, daß es sich um radioaktives Material handelt oder der begründete Verdacht auf das Vorhandensein radioaktiver Stoffe besteht, von denen eine Gefährdung ausgehen kann. Sie treffen in diesem Fall insbesondere Anordnungen über die weiteren Sicherheitsvorkehrungen, den Abtransport (soweit noch nicht erfolgt) und den endgültigen Verbleib des radioaktiven Stoffes. Hierzu wird u. a. das NLÖ zu fachlichen Meß- und Beratungsaufgaben zugezogen.
5.3 Die in den Nrn. 5.1.1 bis 5.1.4 enthaltenen Aussagen gelten auch für mögliche Gefahrenlagen durch kriegswaffenfähiges radioaktives Material und sonstige gravierende Fälle der nuklearspezifischen Gefahrenabwehr.
5.4 Erfordert die Lage eine so enge Kooperation, daß sie im Rahmen des normalen Geschäftsgangs nicht gewährleistet werden kann, so wird in Anlehnung an den Beschluß des Landesministeriums vom 6.4.1976 ein interministerieller Stab gebildet, der auf Antrag des zuständigen Ressorts oder des MI in dann vorzubereitenden Arbeitsräumen im MI zusammentritt.
Abschnitt 6 NuklSpGefAb - 6. Maßnahmen
In Zwischenfällen sind von den zuständigen oder beteiligten Stellen unter dem Gesichtspunkt der Eigensicherung oder des Strahlenschutzes lagebedingt insbesondere folgende Maßnahmen zu treffen:
Bewertung des Wahrheitsgehalts einer Drohung und ihrer technischen Realisierbarkeit,
Bewertung der Glaubwürdigkeit eines Angebots radioaktiver Stoffe,
Beurteilung von Art und Ausmaß einer möglichen Gefährdung durch radioaktive Stoffe und der Dringlichkeit von Gefahrenabwehrmaßnahmen,
Suche, Lokalisierung des radioaktiven Stoffes,
Festlegung der Gefahrenabwehrmaßnahmen (z. B. Absperrung, Räumung, Verhinderung der wesentlichen Schadensausweitung, Warnung der Bevölkerung),
Sicherstellung, Grobanalysen vor Ort zur Beurteilung der Gefährlichkeit,
im Fall einer Kombination aus radioaktivem Stoff mit: einer Spreng- oder Brandvorrichtung müssen der Gefahrenbereich und die besonderen Maßnahmen in Abstimmung mit einer Entschärfungsstelle und ggf. mit dem Bundesamt für Strahlenschutz festgelegt werden,
ggf. polizeiliche Dokumentation,
Handhabung, sichere Verpackung, Transport der sichergestellten radioaktiven Stoffe
in einen gesicherten Bereich,
Dekontaminationen.
Ziel dieser Maßnahmen muß es sein,
eine Gefährdungs- oder Bedrohungslage umgehend zu beenden,
die radioaktiven Stoffe so schnell wie möglich in den Besitz der zuständigen Behörde zu bringen sowie
schädliche Auswirkungen auf die Bevölkerung und die Umwelt durch radioaktive Strahlung zu verhindern oder zu beseitigen.
Im Fall unterschiedlicher Interessen von Gefahrenabwehr und Strafverfolgung hat die
Gefahrenabwehr Vorrang.
Abschnitt 7 NuklSpGefAb - 7. Meldewege
Erkenntnisse im Zusammenhang mit einem Zwischenfall mit radioaktiven Stoffen werden von den Polizeibehörden gemäß Nr. 1.1.3 des RdErl. des MI vom 18.9.1996 (Nds. MBl. S. 1866) gemeldet. Die nach Nr. 4 zu beteiligenden Stellen werden jeweils von den Polizeibehörden oder dem Lagezentrum beim MI unterrichtet.
Das gleiche gilt, wenn bei einem Gewerbeaufsichtsamt, dem NLÖ oder dem MU eine Anzeige nach den §§ 79 oder 80 der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) eingeht.
Abschnitt 8 NuklSpGefAb - 8. Eigensicherung
Bei der Durchführung der Maßnahmen nach Nr. 6 ist die Eigensicherung gemäß
Leitfaden 450 "ABC-Wesen der Polizei", RdErl. des MI vom 15.8.1985 (Nds. MBl. 1986 S. 113),
Leitfaden 371 "Eigensicherung im Polizeidienst", RdErl. des MI vom 13.4.1992 (PolVBl. 1993 S. 7) oder
Einsatz- und Ausbildungsanleitung für Feuerwehren im Lande Niedersachsen, RdErl. des MI vom 26.8.1992 (Nds. MBl. S. 1325),
StrlSchV,
zu beachten.
An die Dienststellen der Staatlichen Gewerbeaufsicht das Niedersächsische Landesamt für Ökologie die Polizeibehörden und -einrichtungen die Staatsanwaltschaften
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