Natürliche Waldentwicklung auf 10 % der niedersächsischen Landeswaldflächen (NWE10) als Beitrag zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt
DE - Landesrecht Niedersachsen

Natürliche Waldentwicklung auf 10 % der niedersächsischen Landeswaldflächen (NWE10) als Beitrag zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt

Natürliche Waldentwicklung auf 10 % der niedersächsischen Landeswaldflächen (NWE10) als Beitrag zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt

Gem. RdErl. d. ML u. d. MU v. 1.7.2018 - 405-02261/8-86 -
Vom 1. Juli 2018 (Nds. MBl. S. 665)
Geändert durch Runderlass vom 19. Juli 2023 (Nds. MBl. S. 533)
- VORIS 79100 -
Bezug: RdErl. d. ML v. 22.12.2010 (Nds. MBl. S. 81) - VORIS 79100 -
Redaktionelle InhaltsübersichtAbschnitt
Zielsetzung1
Flächenkulisse2
Umsetzung und Abgrenzung der NWE10-Flächen3
Zuordnung und Zuständigkeiten für die NWE10-Flächen4
Borkenkäfer-Sicherungsstreifen im Nationalpark Harz5
Festlegungen im Einzelfall6
Schlussbestimmungen7
Zusätzliche NWE10-Flächen in ha zur Schließung der noch vorhandenen LückeAnlage

Abschnitt 1 NWE10-RdErl - Zielsetzung

Als Beitrag zur Nationalen Biodiversitätsstrategie sollen bis zum Jahr 2020 10 % der Fläche des Landeswaldes (Referenzfläche 333 203 ha) dauerhaft einer natürlichen Waldentwicklung überlassen werden ("NWE10"). Hiermit leistet Niedersachsen seinen Beitrag zum 5 %-NWE- und zum 2 %-Wildnisziel des Bundes.
NWE10 soll dazu beitragen, den Verlust an Vielfalt der Arten, der Lebensräume und der genetischen Vielfalt aufzuhalten. Oberste Ziele in den NWE10-Wäldern sind die Gewährleistung der natürlichen Sukzession und der Ablauf natürlicher Prozesse ohne direkte Störungen durch den Menschen.
Red. Hinweis zur Geltungsdauer
Außer Kraft am 1. Januar 2029 durch Nummer 7 des RdErl. i.d.F. vom 19. Juli 2023 (Nds. MBl. S. 533)

Abschnitt 2 NWE10-RdErl - Flächenkulisse

Die NWE10-Zielfläche beträgt 33 320 ha. Zur NWE10-Kulisse gehören
die mit Eröffnungsbilanz zum 22.10.2015 bereits festgelegten Flächen der Anstalt Niedersächsische Landesforsten (NLF) einschließlich Nationalpark Harz und der Flächen der Domänen- und Moorverwaltung (373 ha) als Landeswald außerhalb der NLF mit insgesamt 28 170 ha,
die für den Lückenschluss zur Erreichung des 10 %-Zieles ausgewählten Flächen der NLF einschließlich Nationalpark Harz gemäß der Anlage mit 5 150 ha (5 450 ha einschließlich 300 ha Puffer).
Nicht betroffen von den Regelungen dieses Gem. RdErl. sind Waldflächen, die von anderen Waldbesitzerinnen oder Waldbesitzern in Anlehnung an das NWE10-Programm als Wälder mit natürlicher Entwicklung gemeldet werden.
Red. Hinweis zur Geltungsdauer
Außer Kraft am 1. Januar 2029 durch Nummer 7 des RdErl. i.d.F. vom 19. Juli 2023 (Nds. MBl. S. 533)

Abschnitt 3 NWE10-RdErl - Umsetzung und Abgrenzung der NWE10-Flächen

Die NLF und die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) werden mit der
Umsetzung des NWE-10-Konzeptes und der Integration in das bestehende Naturwaldkonzept
beauftragt.
Für die mit der Eröffnungsbilanz gesicherten NWE-Flächen mit 28 170 ha ist die Prüfung abgeschlossen.
Eine exakte und abschließende Flächenabgrenzung der für den Lückenschluss ausgewählten NWE-Flächen gemäß der Anlage wird in einigen Fällen erst im Zuge der konkreten Umsetzung möglich sein. Dabei sollen die NLF als Eigentümerin der Flächen, die NW-FVA, der NLWKN und die unteren Naturschutzbehörden entsprechend ihrer fachlichen Zuständigkeiten zusammenarbeiten.
Im Rahmen dieses Abstimmungsverfahrens sind ausschließlich die für den Lückenschluss vorgesehenen Flächen gemäß der Anlage zu evaluieren.
Es ist davon auszugehen, dass im Zuge des Umsetzungsprozesses einzelne Flächen oder Flächenteile aus rechtlichen Gründen nicht für den Lückenschluss herangezogen werden können. In der Liste der NWE10-Flächen gemäß der Anlage ist hierfür zum Flächenausgleich ein Puffer von zusätzlichen 300 ha vorgesehen. Durch den Umsetzungsprozess soll die Fläche auf eine Zielfläche von 32 947 ha in der NLF und 373 ha in der Domänen- und Moorverwaltung zurückgeführt werden.
Sollten Flächenvorschläge im Zuge des Umsetzungsprozesses nicht realisierbar sein, entfallen die überschüssigen 300 ha ersatzlos, bis die Gesamt-NWE-Kulisse von 10 % (33 320 ha) erfüllt und die Lücke von 5 150 ha geschlossen worden ist. Entfallen mehr als 300 ha, wird die NLF gebeten, einen Schwerpunkt bei notwendigen Ersatzflächen nach Möglichkeit in der Angliederung dieser Flächen an größere NWE-Gebiete zu legen, um die Sicherung des 10 %-Zieles sicherzustellen (u. a. im FFH Gebiet "Östliche Wälder im Solling").
Red. Hinweis zur Geltungsdauer
Außer Kraft am 1. Januar 2029 durch Nummer 7 des RdErl. i.d.F. vom 19. Juli 2023 (Nds. MBl. S. 533)

Abschnitt 4 NWE10-RdErl - Zuordnung und Zuständigkeiten für die NWE10-Flächen

Die NWE10-Flächen werden wie folgt eingeteilt:
4.1 NWE10-Flächen der NLF außerhalb eines Nationalparks oder Biosphärenreservats sollen der Schutzgebietskategorie "Naturwald" zugeordnet werden, wenn jeweils ihre zusammenhängende Fläche im Fall von zonalen, großflächig verbreiteten Waldgesellschaften 20 ha überschreitet oder wenn sie bereits bestehende Naturwälder erweitern. Bei natürlicherweise kleinräumig vorkommenden azonalen Waldgesellschaften liegt die Mindestflächengröße bei 5 ha. Kleinräumig ausgebildete Waldgesellschaften sollen möglichst in Form einer Einbettung in größere NWE-Komplexe repräsentiert werden. Sie sind als neue Naturwälder den bestehenden Naturwäldern gleichgestellt. Sie dienen wie diese auch dem Monitoring und der Naturwaldforschung im Rahmen des Forschungsprogramms der NW-FVA. Einzelheiten der Naturwaldbetreuung im Rahmen des LÖWE-Programms regelt der Bezugserlass.
4.2 Kleinere oder für die Schutzgebietskategorie Naturwald ungeeignete NWE10-Flächen sind in den niedersächsischen Landesforsten nach dem LÖWE-Habitatbaumkonzept als "Habitatbaumfläche Prozessschutz" zu sichern und zu betreuen.
4.3 NWE10-Flächen, die im Nationalpark Harz oder in einem Biosphärenreservat liegen und nicht bereits Bestandteil der LÖWE-Schutzgebietskategorie Naturwald oder Naturwaldforschungsflächen der NW-FVA sind, sind bis zum Ende des Jahres 2022 in die Naturdynamikzone des Nationalparks Harz oder des Biosphärenreservats zu überführen und gemäß den Vorgaben des Nationalparkplans oder des Biosphärenreservatprogramms zu behandeln.
4.4 NWE10-Flächen außerhalb der NLF (Domänen- und Moorverwaltung) sind unmittelbar ohne weitere Nutzung oder Pflege der natürlichen Entwicklung zu überlassen.
Red. Hinweis zur Geltungsdauer
Außer Kraft am 1. Januar 2029 durch Nummer 7 des RdErl. i.d.F. vom 19. Juli 2023 (Nds. MBl. S. 533)

Abschnitt 5 NWE10-RdErl - Borkenkäfer-Sicherungsstreifen im Nationalpark Harz

Mit dem Lückenschluss werden innerhalb des Nationalparks Harz weitere 2 800 ha Wald in eine natürliche Waldentwicklung überführt. Insoweit ist der 500 m breite Sicherungsstreifen, in dem bisher der Nationalparkverwaltung das Borkenkäfermanagement obliegt, bis zum Jahr 2022 sukzessive aufzuheben. Das Borkenkäfermanagement für den Schutz gegen Borkenkäferbefall wird in diesem Zuge in die angrenzenden bewirtschafteten Wälder der NLF verlagert.
Durch die Nationalparkverwaltung Harz und die NLF ist ein Plan für die stufenweise Aufhebung des Sicherungsstreifens aufzustellen und sukzessive bis zum Ende des Jahres 2022 umzusetzen.
Red. Hinweis zur Geltungsdauer
Außer Kraft am 1. Januar 2029 durch Nummer 7 des RdErl. i.d.F. vom 19. Juli 2023 (Nds. MBl. S. 533)

Abschnitt 6 NWE10-RdErl - Festlegungen im Einzelfall

6.1 NWE10-Flächen
Als NWE10-Fläche kann Wald i. S. des NWaldLG festgelegt werden ( § 2 NWaldLG ). Zum Wald i. S. des Gesetzes gehören danach u. a. auch Moore, Heiden, Wiesen, Gewässer und sonstige nicht bewirtschaftete Ländereien, die mit Wald zusammenhängen und natürliche Bestandteile der Waldlandschaft sind.
6.2 Betretensrecht und Verkehrssicherung
Auf NWE10-Flächen haben Schutz und Erhalt der Biodiversität, in Naturwäldern zusätzlich auch störungsfreie Forschung und langfristige Dauerbeobachtung natürlicher Abläufe Vorrang. Grundsätzlich soll in den neuen NWE-Flächen ein allgemeines Betretensrecht bestehen bleiben. Mit Bezug auf § 31 NWaldLG (Verbote und Sperren) kann das Betreten des Waldes eingeschränkt werden.
Aufgrund der gesellschaftlichen Forderung nach unberührten Wäldern und dem hieraus naturgemäß folgenden erhöhten Risiko für Waldbesucherinnen und Waldbesucher besteht im Bestandesinneren dieser Wälder keine Verkehrssicherungspflicht der Eigentümerin oder des Eigentümers für waldtypische Gefahren.
6.3 Wege, Bauwerke, Nutzung und Unterhaltung
Wege und Bauwerke, die dem Betrieb oder der Erholung dienen oder auf denen Rechte Dritter an der Wegenutzung sowie an Leitungen oder Sonstigem bestehen, müssen erhalten und unterhalten werden. Nicht mehr benötigte nicht gewidmete Wege und Bauwerke sollen i. S. der natürlichen Entwicklung der Wälder langfristig aufgegeben werden.
Für die neu hinzugekommenen Naturwälder sollen gebietsindividuelle Wegekonzepte erarbeitet werden, in denen alle Belange abgewogen und klare Zielvereinbarungen mit den zuständigen Forstämtern über Erhaltung und möglichen Wegerückbau getroffen werden.
6.4 Erstinstandsetzungen
Bis zum 31.12.2025 (im Harz noch bis 31.12.2028) sind naturschutzfachlich sinnvolle Erstinstandsetzungsmaßnahmen in den NWE10-Flächen zur ökologischen Aufwertung zulässig. Eine Verpflichtung hierzu besteht nicht.
6.5 Jagd
NWE10-Flächen/Naturwälder werden in dem Umfang bejagt, wie dies für eine natürliche Waldentwicklung oder die Erfüllung waldbaulicher und jagdlicher Ziele auch im weiteren Umfeld erforderlich ist. Dabei sind jagdliche Einrichtungen (vor allem feste Hochsitze) auf das fachlich notwendige Minimum zu beschränken.
6.6 Prozessschutz
NWE10-Flächen sind, unter Aussetzung jeglicher Nutzungs- oder Pflegeeingriffe durch den Menschen, der eigendynamischen Entwicklung (Prozessschutz) zu überlassen ( § 11 Abs. 3 NWaldLG ). Die Saatguternte und das Werben von Stecklingen oder Pfropflingen sind nur bei gefährdeten Arten oder Populationen und ausschließlich zum Zweck der Generhaltung in Absprache mit der NW-FVA zulässig. Das Werben von Wildlingen ist unzulässig. Die natürliche Waldentwicklung (Prozessschutz) hat Vorrang vor dem Erhalt von schützenswerten Lebensraumtypen oder einzelnen wertvollen Biotopen. Die Sukzession in Richtung anderer Lebensraumtypen (z. B. von Eichenlebensraumtypen hin zu Buchenwaldlebensraumtypen) ist daher zulässig, eine Anpassung bestehender Managementpläne ist ggf. erforderlich.
Sofern sich einzelne der in der Anlage aufgeführten NWE-Flächen in FFH-Gebieten befinden und deren Entlassung in die natürliche Sukzession zu einer erheblichen Verschlechterung des Erhaltungszustandes eines Wald-Lebensraumtyps führen würde, kann im Einzelfall eine naturschutzfachlich besonders problematische geplante NWE-Fläche im Zuge der Feinabstimmung aus der NWE-Kulisse entlassen werden.
Red. Hinweis zur Geltungsdauer
Außer Kraft am 1. Januar 2029 durch Nummer 7 des RdErl. i.d.F. vom 19. Juli 2023 (Nds. MBl. S. 533)

Abschnitt 7 NWE10-RdErl - Schlussbestimmungen

Dieser Gem. RdErl. tritt am 1.7.2018 in Kraft und mit Ablauf des 31. 12. 2028 außer Kraft.
Red. Hinweis zur Geltungsdauer
Außer Kraft am 1. Januar 2029 durch Nummer 7 des RdErl. i.d.F. vom 19. Juli 2023 (Nds. MBl. S. 533)
An die Anstalt Niedersächsische Landesforsten die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt die Domänen- und Moorverwaltung den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz die Nationalparkverwaltung "Harz" die Region Hannover, Landkreise und kreisfreien Städte

Anlage NWE10-RdErl - Zusätzliche NWE10-Flächen in ha zur Schließung der noch vorhandenen Lücke

Nr.WaldgebietLandkreisNWE altLückenschlussSumme
1SüntelHameln-Pyrmont4618401 301
2Großer DeisterRegion Hannover49224273
3Kleiner DeisterRegion Hannover532174
4SollingNortheim235170405
5Greener WaldNortheim59867
6Solling - BirkenbergNortheim83442
7NonnenholzGöttingen196483
8SiebenbergeHildesheim5116121
9Lewer BergGoslar84553
10HarlyGoslar117283
11BarnbruchGifhorn5153104
12Meerdorfer HolzPeine32023
13DormHelmstedt156681
14HerzogsbergeWolfenbüttel73744
15RiesebergHelmstedt5959118
16Bockmer HolzRegion Hannover441660
17Misburger WaldRegion Hannover43236
18ResseRegion Hannover12416
19LohnUelzen6942111
20BobenwaldUelzen54146
21WedeholzVerden85866
22Elmendorfer HolzAmmerland01212
23Mansholter HolzAmmerland121123
24Ihlower ForstAurich242650
25BrandCelle43943
26HolzurburgCuxhaven7714
27WindbrackenholzCuxhaven01515
28Biener BuschEmsland122638
29Forst UpjeverFriesland81927
30Thüster BergHameln183351
31GaimRegion Hannover01919
32Fuhse-AuwaldRegion Hannover02121
33Lohnder HolzRegion Hannover23234
34Großes Holz SeelzeRegion Hannover32023
35Basser HolzRegion Hannover21719
36RosengartenHarburg76168
37SundernHelmstedt01111
38ElmHelmstedt05050
39HolzbergHolzminden13839
40Barneführer HolzOldenburg01212
41StüheOldenburg12021
42Kleiner BergOsnabrück02525
43Gipskarst WalkenriedOsterode232851
44Ruschwedel-WaldStade55560
45Schafhauser WaldWittmund03131
Außerhalb des Nationalparks Harz2 650
Innerhalb des Nationalparks Harz2 800
Lückenschluss gesamt(inklusive 300 ha Puffer): 5 450
Red. Hinweis zur Geltungsdauer
Außer Kraft am 1. Januar 2029 durch Nummer 7 des RdErl. i.d.F. vom 19. Juli 2023 (Nds. MBl. S. 533)
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