Verordnung über die Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe durch freie Arbeit
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Verordnung über die Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe durch freie Arbeit

Verordnung über die Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe durch freie Arbeit

Vom 19. April 1996 (Nds. GVBl. S. 215 - VORIS 34120 00 02 00 000 -)
Auf Grund des Artikels 293 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 ( BGBl. I S. 469 ), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 16. Juni 1995 ( BGBl. I S. 818 ), in Verbindung mit § 1 der Verordnung zur Übertragung von Verordnungsermächtigungen nach dem Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 26. September 1974 (Nds. GVBl. S. 427), geändert durch Verordnung vom 22. Februar 1988 (Nds. GVBl. S. 35), wird verordnet:
Redaktionelle Inhaltsübersicht§§
Grundsatz1
Hinweispflicht2
Ablehnung der Gestattung3
Aussetzung oder Vollstreckung4
Abwendungserfolg5
Belehrung; Stellenzuweisung; Überwachung6
Pflichten der Verurteilten7
Widerruf; Beendigung der Gestattung8
Inkrafttreten9

§ 1 ErsFreihStrV - Grundsatz

(1) Die Vollstreckungsbehörde gestattet Verurteilten nach Maßgabe dieser Verordnung auf Antrag, die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch freie Arbeit abzuwenden. Ein Antrag kann zu jedem Zeitpunkt des Vollstreckungsverfahrens gestellt werden.
(2) Freie Arbeit im Sinne dieser Verordnung ist gemeinnützige, unentgeltliche Tätigkeit. Der Ersatz von Aufwendungen steht der Unentgeltlichkeit nicht entgegen.
(3) Verurteilten steht es jederzeit frei, die Vollstreckung dadurch abzuwenden, dass die
noch nicht getilgte Geldstrafe entrichtet wird.

§ 2 ErsFreihStrV - Hinweispflicht

(1) Ist die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe angeordnet und noch kein Antrag gestellt oder beschieden worden, so weist die Vollstreckungsbehörde spätestens mit der Ladung zum Strafantritt darauf hin, dass die Vollstreckung aufgeschoben wird, wenn innerhalb einer Woche nach Zugang ein Antrag nach § 1 Abs. 1 eingeht. Sie gibt zugleich Gelegenheit, eine Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 vorzuschlagen sowie eine Einverständniserklärung der in Aussicht genommenen Beschäftigungsstelle vorzulegen.
(2) Befinden sich Verurteilte in anderer Sache in Strafhaft, so erfolgt der Hinweis zugleich mit dem Ersuchen um Vormerkung von Überhaft für die Ersatzfreiheitsstrafe.

§ 3 ErsFreihStrV - Ablehnung der Gestattung

(1) Die Vollstreckungsbehörde kann den Antrag ablehnen, wenn
1.
Tatsachen darauf schließen lassen, dass Verurteilte freie Arbeit nicht leisten wollen,
2.
Gründe vorliegen, die eine Vermittlung in ein geeignetes Beschäftigungsverhältnis nicht nur vorübergehend unmöglich oder unvertretbar erscheinen lassen, oder
3.
Verurteilte innerhalb der letzten sechs Monate Gelegenheit hatten, die Vollstreckung durch freie Arbeit abzuwenden.
Zur Ermittlung der Voraussetzungen kann sich die Vollstreckungsbehörde der Gerichtshilfe bedienen.
(2) Die Vollstreckungsbehörde lehnt den Antrag ab, wenn
1.
Verurteilte sich der Kontaktaufnahme durch die Gerichtshilfe entzogen haben,
2.
Verurteilte die Beschäftigungsstelle nicht ermächtigen, der Vollstreckungsbehörde über den Arbeitseinsatz und etwaige Widerrufsgründe zu berichten, oder
3.
die von Verurteilten vorgeschlagene Beschäftigungsstelle ungeeignet erscheint und in angemessener Zeit ein anderes Beschäftigungsverhältnis nicht vermittelt werden kann.

§ 4 ErsFreihStrV - Aussetzung oder Vollstreckung

(1) Die Ersatzfreiheitsstrafe wird nicht vollstreckt
1.
vor der Entscheidung über einen Antrag nach Hinweis gemäß
§ 2 Abs. 1
oder
2
,
2.
nach Gestattung der Vollstreckungsabwendung gemäß
§ 1 Abs. 1
,
3.
bis zur Entscheidung über einen Antrag nach
§ 459f der Strafprozessordnung
.
(2) Befinden sich Verurteilte in anderer Sache in Strafhaft oder hat die Vollstreckung
der Ersatzfreiheitsstrafe begonnen, so wird die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe
oder die weitere Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe nach Gestattung der Vollstreckungsabwendung
ausgesetzt.
(3) In anderen Fällen kann die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe bis zur Entscheidung über den Antrag aussetzen.

§ 5 ErsFreihStrV - Abwendungserfolg

(1) Die Vollstreckung eines Tages Ersatzfreiheitsstrafe wird durch sechs Stunden freie Arbeit abgewendet. In Ausnahmefällen kann die Vollstreckungsbehörde den Anrechnungsmaßstab nach Gesamtwürdigung der persönlichen Verhältnisse der Verurteilten und der Art der freien Arbeit bis auf drei Stunden herabsetzen. Der Anrechnungsmaßstab wird bei der Gestattung festgelegt.
(2) Bleiben Verurteilte der freien Arbeit fern, so wird die versäumte Arbeitszeit auch dann nicht auf die Gesamtarbeitszeit angerechnet, wenn das Fernbleiben entschuldigt ist.
(3) Haben Verurteilte nur einen Teil der zu leistenden Arbeit erbracht, so wird dieser auf die zu vollstreckende Ersatzfreiheitsstrafe angerechnet. Ein Rest, der keinem vollen Tag Ersatzfreiheitsstrafe entspricht, bleibt außer Betracht.

§ 6 ErsFreihStrV - Belehrung; Stellenzuweisung; Überwachung

(1) Die Vollstreckungsbehörde belehrt die Verurteilten über ihre Pflichten sowie die Möglichkeiten des Widerrufs oder des Endes der Gestattung.
(2) Die Gerichtshilfe wählt, möglichst unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Verurteilten, im Auftrag der Vollstreckungsbehörde eine geeignete Beschäftigungsstelle aus und unterrichtet diese über die Zuweisung.
(3) Die Gerichtshilfe weist die Verurteilten in die Beschäftigungsstelle ein und überwacht die freie Arbeit.
(4) Die Gerichtshilfe unterrichtet die Vollstreckungsbehörde über Widerrufsgründe.

§ 7 ErsFreihStrV - Pflichten der Verurteilten

(1) Verurteilte haben den Weisungen der Vollstreckungsbehörde nachzukommen, die im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses ergehenden Anordnungen der Beschäftigungsstelle zu befolgen und mit der Gerichtshilfe getroffene Absprachen einzuhalten.
(2) Verurteilte haben erforderlichenfalls auf eigene Kosten eine für die Arbeitsaufnahme notwendige ärztliche Untersuchung vornehmen zu lassen und notwendige, von der Beschäftigungsstelle nicht vorgehaltene Arbeitskleidung selbst zu stellen.

§ 8 ErsFreihStrV - Widerruf; Beendigung der Gestattung

(1) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Gestattung, wenn Verurteilte
1.
ohne genügende Entschuldigung die freie Arbeit nicht aufnehmen, wiederholt versäumen oder vorzeitig beenden,
2.
gröblich oder beharrlich gegen Weisungen der Vollstreckungsbehörde oder Anordnungen der Beschäftigungsstelle verstoßen, Absprachen mit der Gerichtshilfe nicht einhalten oder mit ihr nicht zusammenwirken,
3.
durch sonst schuldhaftes Verhalten eine Weiterbeschäftigung für die Beschäftigungsstelle unzumutbar machen oder
4.
ohne Verschulden bei der Beschäftigungsstelle nicht mehr weiter tätig sein können, sofern ein anderes Beschäftigungsverhältnis in angemessener Zeit nicht vermittelt werden kann.
(2) Vor einem Widerruf ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Der Widerruf und seine Begründung sind schriftlich mitzuteilen. Dies gilt nicht, wenn Verurteilte unter der zuletzt von ihnen angegebenen Anschrift nicht erreichbar sind.
(3) Werden Verurteilte in Untersuchungs- oder Strafhaft genommen, so endet die Gestattung.

§ 9 ErsFreihStrV - Inkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt die Verordnung über die Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe durch freie Arbeit vom 12. Juli 1989 (Nds. GVBl. S. 293) außer Kraft.
H a n n o v e r, den 19. April 1996
Niedersächsisches Justizministerium
A l m - M e r k Ministerin
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